Ètvrtek 30. èervna 1932

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 199. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 30. èervna 1932.

1. Øeè posl. dr Keibla (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mich mit dem auf der Tagesordnung befindlichen Gesetzentwurfe beschäftige, halte ich es für meine Pflicht, auf die traurigen Vorfälle zu sprechen zu kommen, die sich am vergangenen Samstag und Sonntag anläßlich des Gaufestes des nordwestböhmischen Turngaues in Dux abgespielt haben.

Das Fest begann Samstag abends mit einem Fackelmarsch der deutschen Turner und Turnerinnen vom Festplatz über den Markt und wieder zurück. Es beteiligten sich daran etwa 1000 Turner und 400 Turnerinnen. Schon während des Aufmarsches wurde festgestellt, daß eine Menge fragwürdiger Gestalten, Burschen und Weiber, die Straßen bevölkerte und sich zu größeren und kleineren Trupps zusammenballte. Sie stießen auch schon Schmährufe aus. Eine dieser Gruppen rief mehreremal "Heil Hitler!" Doch an der Aussprache erkannte jeder, daß die Rufer Èechen waren. Als der Zug sich zum Festplatze zurückbewegte, wurde sein Ende in der Nähe des Stadtkinos überfallen. Es fuhr plötzlich ein unbeleuchtetes, dicht mit Èechen besetztes Auto in voller Fahrt von rückwärts in die marschierenden Turner und drängte dieselben auf den engen, dicht mit Èechen besetzten Bürgersteig.

Dies war das Signal zum allgemeinen Angriff. Die Angreifer sprangen vom Auto und begannen sofort mit Messern und anderen Gegenständen auf die Turner einzuschlagen, während sich aus den Fenstern der umliegenden Häuser und aus den Reihen der schauer ein Hagel von Steinen und Wurfgegenständen, Blumentöpfen usw. auf die Turner ergoß. Es entwickelte sich ein furchtbarer Tumult. Aus den einmündenden Seitengassen versuchten èechische Stoßtrupps vorzudringen und den Zug der Turner zu zersprengen. Sie rissen den Turnern die Fackeln aus den Händen und entzündeten damit vorbereitete Benzinlachen, welche auf die Straßen gegossen waren, so daß überall lodernde Stichflammen den Weg versperrten.

Das Ergebnis der rohen Angriffe waren innerhalb weniger Minuten 17 verletzte Turner, darunter 2 schwer. Die Turnermädchen wurden von den Raufbolden geohrfeigt und getreten. Die Gendarmerie, die tagsüber eine rührige Tätigkeit entfaltet hatte, um die Beflaggung der Häuser mit unerlaubten Farben zu verhindern, hatte sich während der ganzen Dauer des Fackelzuges auf den Straßen nicht blicken lassen, schritt auch während des Überfalles nicht ein, trotzdem stellenweise schon vorher versucht wurde, einzelnen Turnern die Fackeln zu entreißen.

Als ein Turner einen mit einem Messer bewaffneten Raufbold ergriff und ihn einem Gendarmen übergab, führte ihn dieser in ein Haustor und ließ ihn unbehelligt laufen. Während sonst bei jedem Auflauf Dutzende verhaftet werden, gelang es hier der Gendarmerie, nur einen zu fassen. Während sonst die Gewehre der Gendarmen gleich losgehen, wenn der erste Stein fliegt, duckten sie sich diesmal so geschickt unter dem Steinhagel, daß die hinter ihnen marschierenden Turner getroffen wurden.

Wie notwendig die von der Festleitung getroffene Schutzmaßnahme war, erwies sich bald. Zweimal versuchten die èechischen Angreifer auf den Festplatz einzudringen. Sofort nach Bekanntwerden des Überfalls begaben sich Abg. Knirsch und Bürgermeister Hartig zur Gendarmeriestation und zur Bezirksbehörde, um das Einschreiten der Gendarmerie zu fordern. Auf dem Wege dahin wurden die Abgesandten von èechischen Angreifern erkannt, umzingelt und insultiert. Ein in der Nähe befindlicher Gendarmerieposten lehnte es trotz Aufforderung der beiden Herren ab einzuschreiten, unter Hinweis darauf, daß es nicht Sache der Gendarmerie ist, bei derartigen unbedeutenden Exzessen einzuschreiten. (Posl. Horpynka: Wie der Herr, so der Knecht! Wie der Innenminister, so die Gendarmerie! - Rùzné výkøiky.)

Als dann endlich Gendarmerie am Festplatze erschien, säuberte sie nicht etwa erst die einmündenden Straßen von den Belagerern, sondern schritt gegen die am Eingang stehenden Turner ein, nahm ihnen die in ihren Händen befindlichen Stöcke ab und übergab diese an èechische Zivilisten, die mit ihrer Beute befriedigt das Weite suchten. (Výkøiky posl. dr Hassolda.) Der Gendarm, der sich dieses Kunststück leistete, bekannte ausdrücklich dem Koll. Knirsch gegenüber, daß er die Leute gar nicht kenne, denen er die Stöcke übergeben hatte.

Weiters mußten sich sämtliche Turner, die mit Stöcken in der Hand von der Gendarmerie angetroffen wurden, legitimieren. Unterdessen zogen die èechischen Radaubrüder lärmend und nationale Lieder singend durch die Straßen der Stadt und rissen Fahnen und Guirlanden von den geschmückten Häusern, ja sie drangen sogar in einzelne Wohnungen ein und forderten die Einziehung von nicht erreichbaren Fahnen. Bis in die späten Nachtstunden wurden die Turner am Festplatz regelrecht belagert und sie konnten sich weder in ihre Quartiere in der Stadt, noch zum Bahnhof begeben, ohne Gefahr zu laufen, von den Èechen überfallen zu werden. Auch im Laufe des folgenden Sonntags kam es an zahlreichen Stellen zu Zusammenstößen. So wurde schon am Morgen, als sich die Musikkapelle zum Festplatz begab, um den Weckruf durchzuführen, auf dem Wege dorthin von dem Schuldiener der èechischen Schule, der sich unvermutet und noch sehr mangelhaft bekleidet auf die große Trommel stürzte und mit einem spitzen Gegenstand das unschuldige Trommelfell zerstach, um ebenso rasch wieder zu verschwinden, die erste Heldentat geleistet. (Posl. Krebs: Das war also ein èechischer Staatsangestellter!) Jawohl, ein èechischer Staatsangestellter, der Schuldiener der èechischen Schule. (Výkøiky posl. dr Hassolda.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid. (Hluk. - Výkøiky: Wo ist der Innenminister?)

Prosím o klid. (Výkøiky posl. dr Hassolda. - Pøedseda zvoní.).

Prosím o klid. (Výkøiky: Die Ordnung hätten Sie in Dux aufrechterhalten müssen! - Výkøiky posl. Krebse. - Pøedseda zvoní.)

Prosím pana øeèníka, aby pokraèoval.

Posl. dr Keibl (pokraèuje): Im Verlaufe des Sonntag Vormittags begab sich eine Abordnung der Festleitung mit dem Bürgermeister Hartig, dem Koll. Knirsch und mir zur Bezirkshauptmannschaft. Wir kamen bis auf den Marktplatz. Dort umringte uns eine schreiende Menge halbwüchsiger Burschen und wollte uns den Weg versperren. Bürgermeister Hartig wurde angespuckt. Die am Marktplatz befindlichen Gendarmen sahen dem allem untätig zu. Der Bezirkshauptmann versprach uns allerdings jeden möglichen Schutz. Aber es zeigte sich, daß seine Mittel hiezu ganz unzureichend waren, zumal wir sichere Nachricht hatten, daß der Mob aus den umliegenden Dörfern mobilisiert und im Anmarsch begriffen war, daher entschloß sich die Festleitung schweren Herzens, den Festzug ausfallen zu lassen und das Fest so zu beschleunigen, daß es in den ersten Abendstunden beendet war. Nur in geschlossenen Formationen konnten die Turner durch die abgesperrten Straßen zum Bahnhof gelangen, die von einer wild blickenden und erregten èechischen Volksmenge erfüllt waren. Schlimmer erging es denen, die auf dem Rade in die nächste Umgebung wollten. Der Abzug der Turner nach Haan und Oberleutensdorf Sonntag abends brachte neuerliche Zusammenstöße mit den Demonstranten. Längs der Teplitzer Straße hatten diese rechts und links in den Feldern Aufstellung genommen, schmähten und beschimpften die unter Gendarmeriebedeckung vorbeiziehenden Turner und gingen schließlich an mehreren Stellen zum Angriff über. Es hagelte Steine, die die Turner zumeist trafen [ ]. Mehrere Turner wurden verletzt, darunter zwei so schwer, daß sie zur Behandlung ins Krankenhaus eingeliefert werden mußten. So oft die Turner sich schützend vor die Turnerinnen stellten und die Angriffe energisch abzuwehren versuchten, wurden sie von den Gendarmen aufgefordert, Ruhe zu geben, weiter zu marschieren und nicht zu provozieren. (Výkøiky: Pfui!) Schließlich löste sich der Zug, der von einer immer mehr wachsenden Menge bedrängt wurde, gänzlich auf und die Turner eilten, die Turnerinnen schützend, ihren Heimatsorten zu, ohne daß die Gendarmerie zu ihrer Sicherheit beigetragen hätte. Weiber aus der Menge entrissen den Turnerinnen die Schleifen von ihren Ehrenkränzen, durch die sie sich wegen der alten weißroten Turnerfarben provoziert fühlten. Die Verfolgung der Turner ging bis Oberleutensdorf.

Für uns ergibt sich daraus Folgendes: Zunächst hat die Gendarmeriemannschaft nicht nur vollkommen versagt, [ ]. Sie hat nichts zu ihrem Schutze unternommen, sie sah nur darauf, daß sie selbst unverletzt blieb. (Výkøiky.) Das ist Feigheit. Wenn die Gendarmeriemannschaft am Sonntag Nachmittag in der Stadt Dux ihre Pflicht halbwegs erfüllte, tat sie es offenbar nur, weil ihre Offiziere und die politischen Beamten sie nicht aus den Augen ließen und unsere Vorsprache beim Bezirkshauptmann nichts an Deutlichkeit hat fehlen lassen. Dort aber, wo sie allein gelassen wurde, am Samstag und Sonntag Vormittag und außerhalb der Stadt Dux, da zeigte sie ihr wahres Gesicht, da benahm sie sich pflichtvergessen, [ ] Es fällt mir nicht ein, an die Regierung ein Verlangen oder eine Beschwerde zu richten, mir und uns Deutschen genügt diese Feststellung. Wissen wir doch alle, daß jedes unserer Worte umsonst gesprochen wäre. Aber die èechoslovakische Armee kann sich zu so einem Bestandteil wahrlich gratulieren. Das Verhalten der Gendarmeriemannschaft in Dux färbt auf sie ab, auch vor dem Auslande.

Weiters muß uns die Frage beschäftigen: Wer stand hinter dem Mob? Die èechischen Parteien von Dux sind gleich am Sonntag Vormittag beim Bezirkshauptmann gewesen und haben erklärt, sie hätten mit den Ausschreitungen nichts zu tun, es seien die Kommunisten gewesen. Und so lautete auch die behördliche Berichterstattung. Ich sah am Sonntag die Menge und es fiel mir gleich auf, daß wir es mit der Hefe der Bevölkerung zu tun haben, mit jenen Menschen, die ganz außerhalb jeder Organisation stehen und als Lumpenproletariat gemeiniglich bezeichnet werden. Diese Menschen sind zu allem fähig, vorausgesetzt, daß sie dafür bezahlt werden. Wenn wir nun im "Rudý veèerník" lesen, daß einzelne besonders bekannte èechische Raufbolde zum Vorgehen gegen die deutschen Turner gemietet wurden, daß man für jede erbeutete Hakenkreuzlerfahne 30 Kè und 30 ägyptische Zigaretten bot (Výkøiky: Das ist ein Skandal!), daß man an den Straßenecken Leute aufstellte, welche kommunistische Parolen und "Heil Hitler!"-Rufe ausstoßen sollten und tatsächlich auch ausgestoßen haben, schon ehe der Fackelzug kam, wenn festgestellt wurde, daß sich der Mob unter Führung von Leuten befand, die durch ihre gestickten Schwarzhemden als èechische Faszisten kenntlich waren und wenn wir schließlich erfahren, daß der einzige von der Gendarmerie Verhaftete ein bekannter Regierungsspitzel war, so haben wir schon einen Fingerzeig, wo die Urheber des jüngsten Verbrechens zu suchen sind. Den richtigen Fingerzeig erhalten wir aber, wenn wir uns die Berichterstattung der èechischen Blätter zur Hand nehmen. Da ist die Demaskierung eine vollständige. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Es gibt keine noch so blöde Lüge, die da nicht der staunenden èechischen Öffentlichkeit aufgetischt wurde. Selbstverständlich haben da nur die deutschen Turner die èechische Taubennatur gereizt. Ja, man faselt sogar von rabiaten Überfällen der Turner auf die harmlosen Duxer Èechen. Dabei war der èechische Überfall von langem vorbereitet.

Ich stelle fest: Der Festzug am Sonntag Nachmittag fand gar nicht statt; der Fackelzug am Samstag abends. bewegte sich ohne jede Fahne bei völliger Dunkelheit durch die Straßen etwa 15 m vom Havlíèek-Denkmal entfernt. Daher ist die Meldung der èechischen Blätter, dem Zuge wäre die Staatsflagge von einem stadtbekannten Blödel vorangetragen, das Havlíèek-Denkmal wäre angespuckt worden und anderes mehr eine bewußte, ganz gemeine und niederträchtige Lüge. Die provozierenden Zurufe hat der bezahlte èechische Mob selbst getan.

Aber sehen wir uns doch die èechischen Blätter selbst an! Allen voran ist es die Boulevardpresse des dunklen Ehrenmannes Støíbrný, dann folgen der "Národ", die "Národní listy", die "Národní politika", das "Èeské slovo", der "Polední list" und der "A-Zet", hinter dem der Herr Minister Dr. Beneš steht, und der "Venkov", hinter dem der Herr Ministerpräsident steht. [ ] Dort sitzen die Schuldigen. Und sollten wir noch zweifeln, so belehrt uns eine Stelle aus dem "Polední list" eines Besseren. Dort heißt es: "Die Èechen in verdeutschtem Gebiete wüßten sehr wohl, daß sich hier das nationale Interesse mit dem staatlichen Interesse deckt. Darum haben sich die Duxer Èechen gemeldet und seien in vollem Glauben, daß sie sowohl die nationalen, als auch die staatlichen Interessen verteidigen, vorgegangen. Es sei keine Ursache, diesen Nationalcharakter zu verdecken und die Schuld auf die Kommunisten zu schieben." In Dux haben eben die Èechen gesprochen. Das wollen wir uns einmal ordentlich merken. In Dux haben eben alle Èechen gesprochen. [ ] (Výkøiky posl. dr. Hanreicha.)

Místopøedseda Špatný (zvoní): Volám pana poslance dr Hanreicha k poøádku.

Posl. dr Keibl (pokraèuje): [ ]. Wir schauen da in einen Abgrund voll Haß hinein. Was für ein leidenschaftlicher Haß muß den erfüllt haben, der es vermochte, einem Turner durch Turnerbluse und Hemd die Armmuskeln durchzubeißen! Wie muß die Seele jener Weiber beschaffen sein, die die kleinen Turnermädchen aus dem Zuge zerrten, würgten und schlugen!

Wir Deutschen in diesem Staate haben bereits das Klagen verlernt. Aber wir erinnern uns in dem Zusammenhang an die einsetztenden Hausdurchsuchungen, an die Verhaftung des Sekretärs Werner in Jägerndorf, des Sepp Schwarz und des Rentmeisters Müller, bzw. an die Verurteilung des ersteren, an die Einkerkerung der 150 jungen Leute der Volkssportbewegung, an das Verbot der Turnermärsche, an die immer wieder sich [ ], an die Verbote betreffs der ausländischen, besonders der reichsdeutschen Redner bei nationalsozialistischen Versammlungen, an die in jüngster Zeit efrolgten Verbote der völkischen Tage der Nationalsozialisten und nicht zuletzt an das Verbot des sudetendeutschen Sängerspruchs (Výkøiky posl. dr Hassolda.) Wir erinnern uns an die Schikanierungen unserer deutschvölkischen Presse, [ ]. Støíbrný hetzt weiter. Es kann diese Hetze den Auftakt bilden für einen Deutschen- und Judenpogrom in dieser Stadt. [ ]. Ich sage es hier, damit die Regierung sich nicht ausreden kann, sie wisse von nichts. Ich mache die Regierung für alles, was sich aus der Støíbrný-Hetze ergibt, verantwortlich, [ ].

Nur noch eine Frage sei mir in diesem Zusammenhang gestattet. Berühren diese Verhältnisse, die doch nicht neu sind, die deutschen Regierungsparteien gar nicht? Gerade die Duxer Vorfälle, der durch sie wieder einmal geoffenbarte Haß der Èechen, paßt er nicht wunderbar als Illustration zur Spina'schen Rede in Mähr. Neustadt? Getraut sich Herr Spina und mit ihm der Bund der Landwirte auch heute noch, uns Deutschen Mäßigung und Zurückhaltung zu predigen, damit die Èechen ja nicht gereizt werden? In einem gebe ich Herrn Spina recht: die Èechen und Herr Dr. Beneš sehen mit wachsendem Mißbehagen, daß draußen im Reich die deutsche Rechtsbewegung fo rtschreitet und augenscheinlich sich eine völkische Wiedergeburt Deutschlands vorbereitet. Sie wissen ganz genau, daß dies für sie in Zukunft in mehr als einer Beziehung sehr unangenehm werden kann. [ ]. Wir Deutschnationalen aber ziehen daraus einen anderen Schluß: wir begrüßen die beginnende Wendung der Dinge da draußen. [ ] wir nehmen gerne und mit Stolz das Martyrium der jetzigen Zeit auf uns. Wenn der Bund der Landwirte mit Herrn Spina kein Interesse an der Erstarkung des deutschen Volkes und Reiches hat, wenn ihnen die Symbiose schon das bißchen Rückgrat zerfressen hat, dann mögen sie dies doch offen und ehrlich sagen und nicht immer ein politisches Janusgesicht zeigen. Glaubt der Bund der Landwirte wirklich, daß es jetzt nach diesen Vorfällen, nachdem es wahrscheinlich ist, daß die Brünner deutsche Technik aufgelöst wird, nach den fortgesetzten Qualen, die wir hier in diesem Staate erdulden müssen, genügt, eine dringende Interpellation an die Gesamtregierung zu richten, in der "Landpost" einen schönen Leitartikel loszulassen und damit all ihren Verpflichtungen als deutsche Partei genüge getan zu haben? Glaubt sie im übrigen, weiter in der Regierung bleiben zu können und mit dem Austritte nur für den Fall drohen zu brauchen, wenn die agrarischen Interessen nicht richtig gewahrt werden? Der Leitsatz "Alles fürs Geschäft" hat im bürgerlichen Leben seine Berechtigung, in die Politik übertragen aber führt er in den moralischen Sumpf. Will der Bund der Landwirte nicht mit allen Schiebern und skrupellosen Nutznießern der heutigen Zeit in einen Topf geworfen werden, dann mögen ihm die Duxer Vorfälle ein Anlaß werden, einmal seine Stellung in der sudetendeutschen Politik unter die Lupe zu nehmen und sich zu fragen, ob er vor der Geschichte und den künftigen Geschlechtern die Verantwortung tragen kann, das èechische Staatssystem, [ ] auch noch weiter und trotz alledem gestützt und getragen zu haben.

Wir haben einen Antrag überreicht, in welchem wir fordern, daß der Herr Innenminister sofort im Hause erscheine, über die Duxer Vorfälle Bericht erstatte und das über diesen Bericht alsogleich die Debatte eröffnet wird.

Es mutet mich wie eine neue Groteske an, wenn unter den geschilderten Umständen der Staat durch die auf der Tagesordnung stehende Vorlage auch von uns Deutschen erhöhte Steuern fordert, [ ]. Dem Herrn Finanzminister fehlen angeblich heuer 1700 Millionen Kè. Die will er durch eine Reihe neuer Steuern einbringen. Wir bezweifeln vor allem, daß das tatsächliche Defizit so hoch sein kann. Nach den vielen Steuererhöhungen und insbesondere nach der Preiserhöhung von Tabak sind im Jahre 1932 die Staatseinnahmen auf der budgetierten Höhe geblieben. Außerdem hatte der Staat eine außerordentliche Einnahme von 700 Millionen aus der französischen Anleihe. Die Ausgaben sind gesunken und werden noch weiter sinken um 100 Millionen durch sachliche Ersparungen, um 230 Millionen durch Nichtzahlen der politischen Schulden (Hoovermoratorium), um 100 Millionen durch Nichtzahlen der Rate auf die Staatsnotenschuld an die Nationalbank (Gewinn aus dem Kleingeldgesetz) und um weitere Beträge durch Nichtausführung von beschlossenen Investitionen. Wozu das Geld? Hinter verschlossenen Türen hat der Finanzminister laut "Lidové noviny" das Eingeständnis gemacht, daß 1700 Millionen im Budget nicht vorgesehene Ausgaben gemacht wurden. Ein Teil davon ist Eisenbahndefizit, sind erhöhte Ausgaben für die Arbeitslosigkeit. Aber das macht nur ungefähr die Hälfte des genannten Betrages aus. Wohin sind die anderen Hunderte Millionen geflossen? Der Finanzminister wird offen erklären müssen, welche Industriegesellschaften er durch Vorschüsse und Garantien saniert hat, er wird erklären müssen, bei welchen Banken er neue exorbitante Einlagen gemacht hat, er wird erklären müssen, wie viel er der Postsparkasse schuldet, welche unter Finanzminister Trapl aus dem ehemals liquidesten Institut, das Taggeld gegeben hat, zu einem Institut wurde, welches sehr hohe Bankeinlagen in Empfang genommen hat, er wird erklären müssen, wieso die Nationalbank aus der französischen Anleihe 100 Millionen Franken weniger ausgewiesen hat, als die Anleihe effektiv betrug, er wird weiters über die Situation des Straßenfonds sprechen müssen, der angeblich 230 Millionen Verpflichtungen abzutragen hat, kurz, er wird über alles Aufklärung geben müssen, was ohne Parlament geschehen ist. Man kann nicht von der Bevölkerung Zahlung verlangen und ihr verschweigen, wofür sie zahlen soll.

Die Staatsbeamten werden heuer keine Weihnachtsremunerationen erhalten und wahrscheinlich trotz aller Dementis ein Viertel ihrer Gehälter und Pensionen verlieren. Man müßte denken, daß das genügen müsse. Übrigens gibt es noch genug Gelegenheiten, wo der Finanzminister sparen könnte. Da ist vor allem das Ministerratspräsidium. Von den 20 1/2 Millionen Kè, die es jährlich verbraucht, könnte mindestens die Hälfte erspart werden, denn das Deutsche Reich kommt bei der Reichskanzlei mit 9 1/2 Millionen Kè aus. Ganz überflüssig erscheint uns auch die Post von 12 Millionen Kè für Unvorgesehenes, eine halbe Million für Feste und Reisen, Informationsdienst 3 1/2 Millionen, Honorare und Subventionen 1/2 Million. Hier allein könnten 20 bis 25 Millionen ohne weiters erspart werden. Beim Außenministerium, das derzeit jährlich 155 1/2 Millionen verschlingt, könnte bequem eingespart werden: Bei den vier Propagandafonds zusammen 25 Millionen, ferner die Ausgaben für die russischen Emigranten von 3.3 Millionen, das slavische und russische Archiv 1.5 Millionen, Gästebewirtung 0ÿ8 Mill onen, von den Gesandtschaften und Konsulaten, die zusammen 46ÿ5 Millionen kosten, sind mindestens zwei Drittel überflüssig, so daß sich daraus 30 und beim Außenministerium insgesamt mindestens 60.6 Millionen ersparen ließen. Beim Militär könnten wegfallen der Rüstungsfond mit 350 Millionen und durch ordentliche Abrüstung 600 Millionen, zusammen also 950 Millionen. In einer Zeit, da der Staat beinahe für gar nichts mehr Geld hat, werden Manöver abgehalten, wo jeder Schuß mehr kostet, als die Kosten einer mittleren Familie für eine ganze Woche, in einer solchen Zeit fährt man in die Bucht von Cattaro und hält dort Scharfschießübungen ab. Das ganze Unifizierungs- und das Volksernährungsministerium samt dem Bodenamt ist überflüssig. Da sind weitere 42 Millionen zu ersparen. Alles zusammengenommen kommen schon jetzt 1100 Millionen heraus! Damit wäre bereits das Loch von 1700 Millionen zum Teil gestopft. Wird erwogen, daß es doch wahrscheinlich ist, daß [ ] von der Lausanner Konferenz irgend etwas profitiert, ein Gewinn, der mindestens mit 550 Millionen veranschlagt werden kann, so ist der budgetäre Ausgleich schon da und es ist nicht wahr, daß die Staatsausgaben alle notwendig sind und ihre Bedeckung erfahren müssen, wie es im Motivenbericht so schön heißt.

Vom Standpunkt der reinen Finanzwissenschaft halte ich die Vorlage für verfehlt. Zunächst sind die Sätze insbesondere bei der Einkommensteuer viel zu hoch, so daß dadurch die Steuermoral schwer leiden muß. Es ist das eigentlich keine Steuer mehr; wenn man alle diese verschiedenen Steuern zusammennimmt - und für den Steuerzahler ist das alles eine Einheit - so kommt man schon dazu, daß der Staat beinahe sämtliche Einkünfte und Erträgnisse eines Jahres für sich konfisziert. Das ist keine Steuer mehr, das ist schon eine Vermögenskonfiskation. Man kann auch in Krisenzeiten ohne weiters Steuern vorschreiben, ob man sie erhält, ist eine zweite Frage. [ ] (So ist es!) Vom Standpunkt der Volkswirtschaft aber ist es geradezu unerträglich. Hier muß man alle die verschiedenen alten und neuen Steuern zusammenfassen und wird dann zu dem Ergebnis kommen, daß sie einmal das Leben wesentlich verteuern, das anderemal die Kaufkraft der breiten Schichten wesentlich herabsetzen.

Das alles aber bedeutet noch wenig gegen die im § 2 bestimmte Rückwirkung des Gesetzes auch auf das Steuerjahr 1931. Eœ wird gewiß der Zuschlag erst 1932 und auch vom Erträgnis des Jahres 1932 gezahlt, aber dann ist es eben doppelt und es sind dann nicht die in der Vorlage enthaltenen Stufen die richtigen, sondern man hat sie mit zwei zu multiplizieren und das allein beweist ihre unerträgliche Härte. Kein Kaufmann konnte im Jahre 1931 das in seine Preise einkalkulieren. Da zu vermuten ist, daß wir in alle Zukunft mit solchen Rückwirkungen zu tun haben werden, so hört sich durch solche Steuergesetze jeder geordnete Handel und Wandel einfach auf. Treue und Glauben sind erschüttert, der Steuerdefraudation werden Prämien ausgesetzt. Die Preise aller Waren werden erhöht. Es wäre das dann zu ertragen, wenn der Stand der Währung gleichzeitig sinken würde. Der steigt aber auch und so kann die Wirtschaft nicht bestehen. Der hiesige Staat baut nur auf seine politische Bindung mit Frankreich. Ihr bringt er auch seine Wirtschaft zum Opfer. Auch dieses Gesetz ist letzten Endes ein politisches. Stehen aber einmal in diesem Staat alle Räder still, [ ]. Wir bewilligen nicht einen Heller neue Steuern. Die Weltgeschichte geht ihren Gang, auch wenn Herr Beneš und seine Konsorten sich ihr entgegenstemmen wollen. Soll Lausanne, soll Genf erfolglos verlaufen, wir können warten. Auch die Bäume der èechischen Faszisten mit und ohne Ministersessel werden nicht in den Himmel wachsen, je bunter sie und ihre anderen Komplizen es hier in Europa treiben werden, [ ]. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Knirsche (viz str. 14 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Parteivorstand der deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei hat sich in seiner gestrigen Sitzung eingehend mit den tiefbedauerlichen traurigen Vorfällen anläßlich des Duxer Gauturnfestes befaßt und auf Grund der wahrheitsgetreuen Darstellungen folgende Entschließung gefaßt:

"Anläßlich des Gauturnfestes in Dux ist es zu blutigen Zwischenfällen gekommen, die auf deutscher Seite mehr als 20 Verletzte, davon einige lebensgefährlich zur Folge hatten. Diese schändlichen Zwischenfälle sind von unverantwortlichen èechischen Elementen hervorgerufen worden, da durch zahlreiche Augenzeugen einwandfrei festgestellt ist, daß der rückwärtige Teil des Fackelzuges unter dem Schutz der Dunkelheit planmäßig und meuchlerisch angegriffen wurde und die Angreifer mit Messern und Knütteln bewaffnet waren. Die deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei stellt weiter fest, daß sich alle Turner und deutschen Bewohner streng an die behördlichen Vorschriften, an welche das Fest gebunden war, hielten. Die Meldungen èechischer Blätter von angeblichen deutschen Provokationen sind völlig böswillige Erfindungen. Es wurde weder in beleidigender Weise eine Staatsfahne vor dem Zug getragen, noch wurde das Havlíèek-Denkmal insultiert oder angespuckt. Die deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei protestiert deshalb energisch gegen den blutigen Überfall der deutschen Turner. Die letzte psychologische Ursache solcher blutiger Vorfälle liegt allerdings in dem politischen Verfolgungssystem gegen deutsche Staatsbürger, wodurch sich die nationalen Gegensätze bis zur Siedehitze steigerten. Die Regierung und insbesondere das Innenministerium tragen also indirekt einen guten Teil der Schuld auch an den Duxer Vorfällen. Die deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei fordert daher eine strenge und objektive Untersuchung der Umstände, die zu dem Duxer Blutbad beitrugen und führten. Ferner verlangen wir die Bestrafung der Schuldigen und die Einleitung des Verfahrens gegen jene, welche es an den notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit fehlen ließen. Insbesonders hat die Gendarmerie bei den blutigen Zusammenstößen am Samstag abends versagt, [ ]. Die Duxer Vorfälle sind geeignet, das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit und in die Objektivität der Behörden und der Gendarmerie bei der deutschen Bevölkerung noch mehr als bisher aufs schwerste erschüttern. Die deutschen Nationalsozialisten verlangen die restlose Sühne des an den Deutschen begangenen Unrechtes und eine offene Stellungnahme der Regierung zu den blutigen Vorfällen in Dux."


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