Ètvrtek 2. èervna 1932

Ich muß mich auch gegen die Vorwürfe verwahren, die gestern von Seite des Abg. Pekárek von der èechischen Gewerbepartei gegen uns Hakenkreuzler geführt wurden. Ich möchte die Regierungsparteien aufmerksam machen, daß sie besser daran täten, wenn sie ihre Staatsanwälte und ihre Gendarmen zu den Großbanken und zu den großen Steuerdefraudanten schicken würden, wodurch sie der Wirtschaft, dem Vertrauen und der Sicherung für die Wertung des Staates einen größeren Dienst erweisen würden, als Verfolgungen und Polemiken gegen uns zu führen.

Unannehmbar wird die Vorlage insbesondere durch die Bestimmungen des § 9, weil bei Herabsetzung des Banknotenumlaufes der entfallende Betrag zur Tilgung der Schuld des Bankamtes des Finanzministeriums in Liquidation oder auf den Rest der Staatsnotenschuld verrechnet wird, weil wir grundsätzliche Gegner der Anerkennung einer solchen Staatsnotenschuld sind. Diese Staatsnotenschuld ist eine fiktive Verpflichtung des Staates gegenüber der staatlichen Notenbank und mit der Währungshoheit des Staates unvereinbar und stellt eine teuer verzinsliche Schuld gegenüber der Einräumung eines lukrativen Rechtes dar. Ferner fehlt eine Bestimmung über die Verwendung des zu erhoffenden Prägegewinnes; auch hier liegt die Vermutung nahe, daß dieser zur Abdeckung der Staatsnotenschuld, die für uns nie eine war, verwendet und so der staatlichen Wirtschaft, die jede Krone, geschweige denn Millionen zu erhoffenden Gewinne braucht, indirekt verloren geht. Der § 9 zeigt, wie sehr selbst die Staatswirtschaft und die Staatsfinanzen von der privaten Notenbank abhängig sind und wie dieses Abhängigkeitsverhältnis zu ungunsten der staatlichen Wirtschaft sich neuerlich in den Bestimmungen selbst des geänderten § 9 auswirkt, was zusammen mit den vorhergehenden Argumenten ein Anlaß mehr ist, gegen dieses Kleingeldgesetz zu stimmen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. dr Hassolda (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! In einer für das Sudetendeutschtum tief ernsten Stunde betrete ich hier die Tribüne des Parlamentes, um zu laufenden Angelegenheiten Stellung zu nehmen, was für die ganze Öffentlichkeit außerordentlich dringlich geworden ist. Sowohl der Immunitätsausschuß, dessen Auslieferungsbegehren seit Tagen immer wieder von der Tagesordnung abgesetzt werden, als auch eine Anzahl weiterer Organe dieses Staates befassen sich in der letzten Zeit in überaus starkem Maße mit einem Gesetz, das zwar nicht auf die Tagesordnung dieses Hauses gestellt wird, das aber ungezählten Personen unerwünschterweise auf die Tagesordnung gesetzt wurde, das Gesetz zum Schutz der Republik, mit welchem man in immer steigendem Maße politische Verfolgungen sowohl von Parlamentariern als auch von Volksgenossen ohne Unterschied des Alters und Standes sowie ihrer Parteizugehörigkeit durchführt.

Zu Beginn dieser Woche hat beim Kreisgericht in Pilsen ein Schutzgesetzprozeß den Reigen einer Anzahl von politischen Prozessen eröffnet, die sich in der nächsten Zeit in diesem Lande abspielen sollen. Das Ergebnis des ersten Prozesses liegt vor und es ist dringend notwendig, daß wir hier zu diesem Ergebnis und zu den noch zu erwartenden weiteren politischen Prozessen Stellung nehmen. Es ist dringend notwendig, an der Hand eines durchgeführten Beispiels die Methoden, vor allem die politischen Methoden aufzuzeigen, nach welchen diese Prozesse durchgeführt werden, weil es in Wirklichkeit keine Rechtsangelegenheiten und Rechtsverfolgungen, sondern politische Justifizierungen sind.

Wenn ich bei den Ausführungen über das Schutzgesetz und über die unerhörten Auswirkungen und unglaublichen Härten der Anwendung des Schutzgesetzes in diesem Rahmen sprechen will, muß ich einige Punkte des Schutzgesetzes besprechen. Die damalige Regierungsmehrheit aus dem Jahre 1923 wußte wohl, daß sie mit dem Schutzgesetz der Staatsgewalt eine außerordentlich gefährliche Waffe in die Hand gibt, und ich bin überzeugt, daß das ja auch die Absicht und die Zweckbestimmung des Schutzgesetzes war, aber ich glaube, daß die heutige Handhabung und Anwendung des Schutzgesetzes selbst den Rahmen der Absicht der damaligen Gesetzgeber sogar noch übersteigt. (Výkøiky posl. dr. Schollicha.) Das Gesetz zum Schutze der Republik, wie der Name schon sagt, entstand in einer Zeit, in der man die republikanische Staatsform nicht für genügend gesichert hielt gegenüber monarchistischen Umsturzversuchen. Und man hat damals - hauptsächlich geht das aus den seinerzeitigen parlamentarischen Reden und auch aus dem Motivenbericht zu diesem Gesetz hervor - die republikanische Staatsform in besonderem Maße schützen wollen. Das Schutzgesetz ist ein Ausnahmsgesetz, worauf ich ausdrücklich hinweisen muß, denn das normale Gesetz für Strafverfolgungen und die Strafrechtspflege im Staate ist das Strafgesetz, das man aus dem alten Österreich übernommen hat und das viele Jahrzehnte hindurch zur Aufrechterhaltung der sogenannten Ruhe und Ordnung genügt hat. Es ist bezeichnend, daß man glaubte, mit dem normalen Strafgesetz nicht auszukommen und darüber hinaus ein neues Gesetz schaffen mußte, das mit seinen unerhörten Strafbestimmungen niemals wohl eine Zierde für eine demokratische Republik gewesen ist. Es sind darin weit über das Strafgesetz hinaus Härten und Strafausmaße enthalten, die geradezu alles, was öffentlich geschieht, unter Strafe stellen und vor allem jeden Einzelnen, der sich in der Öffentlichkeit betätigt, der Gefahr aussetzen, jederzeit unter die Paragraphen des Schutzgesetzes gezogen und justifiziert zu werden.

Eine Anzahl von Paragraphen dieses Gesetzes werden in der nächsten Zeit die Aufmerksamkeit der gesamten Öffentlichkeit auf sich lenken, weil nicht mehr, wie es normaler Weise vorkommt, einzelne Fälle unter diese Paragraphen fallen, sondern weil es heute mehr als 300 unserer Volksgenossen sind, die nach den Paragraphen des Schutzgesetzes verfolgt werden, zum Teil schon abgeurteilt worden sind, zum Teil dem Schauspiel eines öffentlichen politischen Prozesses ausgesetzt sein werden. Der Hauptpunkt der Anklagen, sowohl der Anklage des schon durchgeführten Prozesses, wie der Anklageschrift für die bevorstehenden, die als ein illustres Beispiel, wie eine ernste Anklageschrift nicht aussehen soll, jüngst herausgegeben wurde, in dem Falle von 7 Verhafteten, von denen 5 noch in Pankratz im Kerker sind, ist der § 2, der die "Vorbereitung von Anschlägen gegen die Republik" beinhaltet. Ich werde Ihnen an der Hand des durchgeführten Prozesses zeigen, was alles "als Vorbereitung von Anschlägen gegen die Republik" angesehen wird und Sie werden es nicht für möglich halten, daß Dinge, die im täglichen Leben vorkommen, ohne daß darin schon ein Verbrechen zu suchen ist, mit schwerem Kerker von 1 bis 5 Jahren, bei erschwerenden Umständen mit 5 bis 10 Jahren bestraft werden. Eine besondere Härte dieses Ausnahmsgesetzes ist es, daß die Richter gebunden sind, nicht unter die unterste Grenze des gesetzlichen Strafausmaßes zu gehen, so daß im Falle einer Verurteilung auch wegen eines geringfügigeren Verbrechens zumindest das unterste Ausmaß von 1 bis 3 Jahren, ja sogar von 5 Jahren schweren Kerkers, angewendet werden muß.

Der § 6, ein beliebter Paragraph, mit dem ebenfalls jede Verfolgung, vor allem jede politische Verfolgung, durchgeführt werden kann, ist ein Paragraph über den militärischen Verrat. Sie werden an der Hand des vorliegenden Prozesses ein Beispiel bekommen, was alles unter militärisches Geheimnis und unter militärischen Verrat gestellt wird. Es ist geradezu ungeheuerlich, was sich am Anfang dieser Woche zugetragen hat, daß trotz der Aufklärung harmloser Begebenheiten über meine ausdrückliche Aufforderung der Staatsanwalt von der Anklage des militärischen Verrates nicht zurückgetreten ist, obwohl auf dieses Verbrechen als Mindestmaß 3 bis 5 Jahre, unter erschwerenden Umständen 5 bis 20 Jahre schweren oder auch lebenslänglicher schwerer Kerker gesetzt ist.

Der § 7 des Schutzgesetzes behandelt verschiedene Angriffe auf das Leben verfassungsmäßiger Faktoren. Auch zu diesem Paragraphen bin ich in der Lage, zu zeigen, wie eine nicht ernst zu nehmende Redewendung in einem Briefe bereits als vorbereiteter Anschlag auf das Leben von verfassungsmäßigen Faktoren, der Herren Minister dieses Staates angesehen wurde, ein Verbrechen, auf das ebenfalls schwerer Kerker, ausgedehnt bis lebenslänglich, gesetzt ist.

Ein Paragraph für sich ist der § 12, der ebenfalls zur Verfolgung angewendet wird, besonders in politischen Dingen, das ist Nichtverhinderung und Nichtanzeige strafbarer Unternehmungen. Der Zwang zur Denuntiation - so ungefähr würde ich diesen Paragraphen überschreiben - zur Denuntiation selbst politischer Gesinnungen! Denn in dem letzten durchgeführten Falle, besonders aber in dem jüngsten Fall der vorliegenden Anklageschrift, wird nicht einmal mehr ein konkreter Tatbestand unter Anklage gesetzt, sondern sogar die politische Gesinnung. (Výkøiky). Und dieser § 12 verlangt sogar, daß die Kenntnis von einer "staatsfeindlichen" Gesinnung notwendigerweise angezeigt werden muß. Das bedeutet eigentlich nichts anderes, als daß sogar im Parlament die mit ihren bekannten politischen Programmen vertretenen Parteien sich gegenseitig bei den Behörden wegen ihrer politischen Gesinnung zum Zwecke der Strafverfolgung nach dem Schutzgesetz anzeigen müßten. Tun sie das nicht, so begehen sie das Verbrechen der Nichtanzeige einer staatsfeindlichen Gesinnung und sind daher laut Schutzgesetzbestimmung mit schwerem Kerker von 6 Monaten bis zu einem Jahr zu bestrafen.

Ihnen allen werden die § § 14 und 15 des Schutzgesetzes bekannt sein, die berühmtesten Kautschuckparagraphen (Posl. dr Schollich: Ich werde es bereits demnächst verspüren!) Koll. Schollich wendet richtig ein, daß er schon seit Tagen mit einer Immunitätsangelegenheit dieser Art auf der Tagesordnung steht, die scheinbar immer wieder abgesetzt werden muß, um das Damoklesschwert möglichst lange über seinem Haupte schweben zu lassen.

Die § § 14 und 15 sind Kautschukparagraphen von unendlicher Dehnbarkeit. Es sind eine solche Anzahl von Vergehen da angeführt, daß ich kurz zusammenfassend sagen kann: Wer etwas unternimmt, wird mit Kerker von 6 Monaten bis zu einem Jahr, von 1 bis zu 5 Jahren, von 10 bis zu 20 Jahren bestraft und unter passenden Umständen auch lebenslänglich eingesperrt. Es steht fast nicht dafür, die einzelnen Punkte - es sind nicht weniger als 10 - einzeln hier anzuführen.

Auf eine Sache möchte ich besonders aufmerksam machen, weil sie von besonderer politischer Bedeutung ist, nämlich auf den § 32 des Schutzgesetzes. In diesem § 32 wird bestimmt, unter welchen Umständen der Verlust der "bürgerlichen Ehrenrechte" eintritt.

Meine Damen und Herren! Wenn diese sogenannten bürgerlichen Ehrenrechte mit der persönlichen Ehre des Einzelnen identisch wäre, würden wir alle bereits ehrlos zu erklären sein, ohne Unterschied der Volks- oder Parteizugehörigkeit, wie immer wir hier versammelt sind. In diesem Paragraph heißt es: "Erkennt das Gericht wegen eines in dem Gesetze angeführten Verbrechens auf eine Strafe von mindestens einem Jahr, so spricht es gleichzeitig als Nebenstrafe aus, daß der Verurteilte der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig wird." Also ohne Rücksicht darauf, ob der Angeklagte aus ehrenhaften oder unehrenhaften Motiven gehandelt hat, ist absolut mit dem Strafausmaß über ein Jahr der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verbunden. Dasselbe spricht das Gericht aus. (Výkøiky posl. dr Schollicha a Krebse.) Ich werde Ihnen an einem praktischen Fall zeigen, daß hier ein Prozeß vorliegt, in welchem ausdrücklich, sowohl von seiten des Gerichts als von Seiten des militärischen Sachverständigen kein Zweifel in die idealistische Gesinnung und in die Ehrbarkeit des Angeklagten gesetzt werde. Trotzdem wurde, nachdem das Strafausmaß auf über ein Jahr lautete, durch den Zwang des Gesetzes der Verlust der "bürgerlichen Ehrenrechte" ausgesprochen. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Eine weitere Bestimmung besagt, daß das Gericht dasselbe ausspricht, wenn es wegen eines Verbrechens auf eine Strafe von weniger als einem Jahr erkennt, wenn dieses aus niedrigen und unehrenhaften Beweggründen begangen wurde. Es ist also hier im Wortlaut des Gesetzes gesagt, daß die niedrigen und unehrenhaften Motive nur bei einem minderen Strafausmaß als ein Jahr gegeben sein brauchen. Es ist das nicht nur unlogisch, sondern direkt ein Schlag ins Gesicht, daß die Unehrenhaftigkeit nicht durch die Beschaffenheit der Tat und nicht durch den Charakter des Täters, sondern durch das mathematische Ausmaß der Strafbemessung bestimmt wird. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Die Aufklärung dafür ist leicht zu geben. Mit dieser Gesetzesbestimmung wollte man dem Staatsapparat eine mächtige Waffe in die Hand spielen, mit welcher man die Folgewirkungen der Ehrloserklärung in die Hand bekommen wollte. Diese Folgewirkungen sind die Aberkennung nicht nur des aktiven, sondern auch des passiven Wahlrechtes. Das ist der Zweck dieses Paragraphen, und dieser Zweck wird ziemlich ungeniert zugegeben, denn es werden ausdrücklich taxativ aufgezählt: Der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedeutet den dauernden Verlust von Auszeichnungen, Orden, Dinge, die leicht zu verwinden wären - Ehrenzeichen, von öffentlichen Diensten, Würden und Funktionen, akademische Würden - immerhin eine Bestimmung, die eines Kommentars bedarf, denn es sind jetzt eine große Anzahl von jungen und alten deutschen Akademikern in die Prozesse verwickelt und es ist darauf hinzuweisen, daß zwingend mit einer Verurteilung auch die Aberkennung der akademischen Grade verbunden ist. Weiter heißt es: Der Verlust von Ruhe- und Versorgungsgenüssen, womit man jeden Altpensionisten und jeden im Staatsdienst Stehenden von vornherein bedrohen kann, natürlich, wenn er nicht der Staatsnation angehört. Denn ich werde Ihnen an einem der Fälle heute zeigen, daß der Richter Vážný, der auch der Strafverfolgung ausgesetzt war, salonmäßig behandelt wurde. (Výkøiky.) Man hat ihn mit einer Disziplinarstrafe belegt, gegen die er einen Rekurs an das Oberste Verwaltungsgericht eingebracht hat, also ungefähr ein Begräbnis I. Klasse dieser Angelegenheit. Denn er wird inzwischen noch lange avanzieren können, bis diese Angelegenheit durchgeführt sein wird. Ich verweise da nur auf den Unterschied in der Behandlung des Ing. Haider, der Hochschulassistent gewesen ist. Er war lediglich auf eine Anzeige hin in Untersuchung gezogen worden. (Vykøiky posl. dr Schollicha.) Vom juristischen Standpunkt aus betrachtet, bedeutet das weiter gar nichts, daß gegen ihn eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet wurde, worauf er von seinem Dienst hätte suspendiert werden können. Es ist aber ungeheuerlich, daß in ein schwebendes Verfahren sich der Minister hineinmischt und die Entlassung aus dem Dienste verfügt. Es ist ein krasses Beispiel, den Gegensatz zu zeigen in der Behandlung des deutschen Hochschulassistenten Ing. Haider und des èechischen Richters Vážný, wobei ich wohl behaupten kann, daß letzterer schon nach den zum Teil zugegebenen Umständen Dinge nachgewiesen bekommen hat, die ein Deutscher sich gar nicht erlauben darf, weil er dann erstens sofort verhaftet würde - das typische Zeichen der Behandlung Deutscher gegenüber èechischen Beschuldigten - und weil er zweitens nach einem halben Jahr Untersuchungshaft erst erfahren hätte, worum es sich eigentlich handelt, und dann entsprechend justifiziert worden wäre, während es in diesem Falle zu einem Begräbnis erster Klasse kommt.

In dem § 32 wird auch der Verlust der Erlangung und Wiedererlangung der oben angeführten Rechte ausgesprochen, besonders auch des Wahlrechtes, des Rechtes gewählt oder berufen zu werden und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, aberkannt. Es ist das jene gesetzliche Bestimmung, die auch in diesem Hohen Hause schon ihre praktische Verwendung gefunden hat, indem man Abgeordnete, die der Meinung gewesen sind, daß sie gewählte Vertreter des Volkes seien und, wie es in der Verfassungsurkunde heißt, unbeeinflußt nach bestem Wissen und Gewissen abzustimmen haben und die einmal auf die Leimrute der Verfassung gegangen sind und im guten Glauben nach eigenem Gewissen und nicht nach Kommando abgestimmt haben, dafür nach den willfährigen Bestimmungen einer solchen Gesetzgebung vor den Wahlgerichtshof geschleift wurden, um dort über die Interpretation der Verfassungsurkunde in der Staatssprache eines besseren belehrt zu werden. Auf Grund dieses § 32 sehen Sie, daß man die Verfolgten nicht nur in den Kerker werfen kann, sondern daß man sie auch noch jeglichen weiteren Rechtes, ja sogar der weiteren Möglichkeit einer Existenz berauben kann. Es erübrigt sich darauf hinzuweisen, daß der § 35 dieses Schutzgesetzes die bedingte Verurteilung so weit verklausuliert, daß sie praktisch so gut wie ausgeschlossen ist. (Posl. dr Schollich: Haben die Sozialdemokraten als Regierungspartei noch nicht beantragt, dieses Gesetz abzuschaffen?) Das haben sie nicht, aber ich gestatte mir mitzuteilen, daß ich heute den Antrag auf Außerkraftsetzung des Schutzgesetzes eingebracht habe, weil für das Schutzgesetz heute keine Notwendigkeit mehr gegeben ist, weil in einem geordneten Staatswesen für die Strafrechtspflege das Strafgesetz vollkommen genügt und weil wir die Geißel der ungezählten Jahre Kerkers nicht mehr über den Minderheitsvölkern brauchen, wo man doch behauptet, daß dieser Staat so enorm konsolidiert sei. Und diejenigen, die meinen, daß sie selbst vom Schutzgesetz hedroht sind, denen muß ich eine Hoffnung zerstören, wenn einer von Ihnen auf der Auslieferungsliste des Immunitätsausschusses steht. (Posl. dr Schollich: Das sprichst Du zur Opposition!) Man weiß nicht, wer später in Opposition sein kann, infolgedessen ist es für alle wissenswert, wenn ich die Hoffnung auf das Staatsgefängnis zerstöre und den Glauben, daß ein Parlamentarier im Falle einer Verurteilung wegen seiner politischen Tätigkeit einen Salonwagen beigestellt bekommt, um ins Staatsgefängnis gebracht zu werden. Der wird sich bitter täuschen. Aber auch dieses Gesetz über das Staatsgefängnis, von dem der Herr Justizminister Meissner gesagt hat, daß man gar wohl mit ihm zufrieden . . . (Posl. inž. Kallina: Wo ist der Herr Justizminister, Herr Präsident veranlassen Sie, daß der Herr Justizminister ins Haus kommt!) Es wäre wertvoll, wenn der Herr Justizminister diese Ausführungen anhören würde, aber leider ist auch der Herr Eisenbahnminister, der hier gesessen ist, vorhin mit dem Schnellzug abgefahren; ich hoffe, daß er draußen nicht über ein Geleise stolpert.

Also das Staatsgefängnis wird nur jenen politischen Häftlingen zuteil, die mit einer derart geringen Strafe belegt werden, daß es gar nicht dafür steht, wenn man von der Kerkerzelle, in der man sitzt, in die Salonzelle übersiedelt. Es ist aber ganz ausgeschlossen, wenn man nach dem Schutzgesetz verurteilt wird - und das kommt meist in Betracht und da müssen unehrenhafte Motive subsumiert werden. Dies ist meist tatsächlich der Fall und ich werde es im Verlaufe meiner Ausführungen an einem ganz besonders ausgesprochen politischen Prozeß zeigen, der sich in dieser Woche in Pilsen abgespielt hat, wo es mir nicht möglich gewesen ist, den Verurteilten in das Staatsgefängnis zu bringen, weil mir der Vorsitzende des Senats erklärt hat, das Staatsgefängnis sei zwar eine sehr hübsche Einrichtung, wer aber politisch auf Grund des Schutzgesetzes bestraft würde, bekommt unehrenhafte Motive angehängt und ist infolgedessen als gemeiner Verbrecher zu behandeln, er hat keinen Anspruch darauf, in dieses Staatsgefängnis zu kommen.

Ich mußte die Ausführungen über das Schutzgesetz vorausschicken, um Ihnen dessen Auswirkungen an einem praktischen Beispiel zu zeigen. Bevor ich auf den konkreten Fall eingehe, möchte ich noch ausdrücklich darauf aufmerksam machen, welch ungeheurer Unterschied bei der Verfolgung von deutschen und èechischen Volkszugehörigen gemacht wird, u. zw. in einer Art und Weise, daß man schon gar nicht mehr bestrebt ist, dies zu verdecken. Ein Beispiel: Im November vorigen Jahres wurde ein junger Mann, der zeitweise als Wanderredner für den Bund der Deutschen in Böhmen tätig war, namens Sepp Schwarz nach dem Schutzgesetz verhaftet und in den Kerker gebracht, und er ist heute noch dort, wo er damals hingebracht wurde. Zur gleichen Zeit hat sich, ebenfalls im Kreisgerichtssprengel Pilsen, ein Schutzgesetzfall ereignet, der genau so von der Gendarmerie dem Kreisgericht zur Anzeige gebracht wurde, nur mit dem Unterschied, daß in dem zweiten Falle - es handelt sich um einen èechischen Volksangehörigen das Gericht nicht eingegriffen hat, daß der Betreffende nicht verhaftet wurde, ja, daß es bis heute trotz wiederholter Versuche nicht einmal gelungen ist, ein Verfahren bei den Gerichten zu erzielen, während zur gleichen Zeit im Falle des deutschen Wanderredners dieser bei seinem Herauskommen aus der Kirche in Hostau einfach gefangengenommen und abgeführt wurde. Der Fall, von dem ich spreche, war bereits unter vielen anderen im Jänner d. J. Gegenstand eines offenen Briefes an den Herrn Justizminister Dr. Meissner. Ich habe auch eine Antwort auf diesen Brief bekommen, daß die Angelegenheiten untersucht werden und dann darüber Auskunft gegeben werde. Das war am 19. Jänner d. J. Ich erlaube mir höflichst die meritorische Antwort hier öffentlich zu urgieren, weil sie bisher noch nicht zum Vorschein gekommen ist. Sollte man der Meinung gewesen sein, daß ich die Angelegenheiten vergessen hätte, so stelle ich fest, daß das ein Irrtum ist. In dem Fall, um den es sich handelt, hat ein gewisser Wenzel Janovec beschimpfende Aussprüche gegen das deutsche Volk sich geleistet, wie ich gleich aufzeigen werde. Dieser Wenzel Janovec ist èechischer Landeskulturratsdelegierter, ich bin höflich genug, auf die dort verzapfte Kultur keinen Rückschluß ziehen zu wollen. Dieser Landeskulturratsdelegierte war Restgutspächter, weiland Restgutspächter, er hat längst abgewirtschaftet und ist nicht mehr im Besitz eines Gutes, zu dem er auf - sagen wir zwar landesübliche, aber ungewöhnliche Art und Weise gekommen ist, jedenfalls auf billige Weise. Dieser Meierhofspächter Janovec aus Zebau bei Mies fuhr öffentlich in einem vollbesetzten Waggon nach Pilsen. In der Station Tuschkau geriet er mit Mitfahrenden in Streit und rief: "Pfui auf das deutsche Volk, Schweine seid Ihr und Räuber seid Ihr heute noch!" Diese Angelegenheit wurde sofort aufgegriffen und sogar so weit fest . . . (Posl. inž. Kallina: Hat er ein zweites Restgut dafür bekommen?) Er würde damit so fertig werden wie mit dem ersten, er scheint außer seiner nationalen Gesinnung nichts für die Bewirtschaftung beigebracht zu haben. Die Gendarmerie konnte nicht umhin, diesen Fall anzuzeigen, nicht vielleicht aus derselben Tendenz, mit der gleichen Wollust, mit der die Gendarmerie bei Deutschen eingreift, sondern aus dem einfachen Grunde, weil die Gendarmerie mit ihm in Feindschaft lebte und aufgefordert wurde, die Anzeige zu erstatten. Es wurde beim Kreisgericht Pilsen urgiert; ich habe mir nie eingebildet, daß in einem solchen Falle ein Èeche verhaftet würde, ich rufe auch nicht nach der Verhaftung, weil das nicht notwendig ist, ebenso wenig in dem deutschen Falle, es genügt, den Tatbestand gerichtsordnungsmäßig festzustellen, nach dem Gesetze zu verfolgen, nur daß in dem deutschen Falle die Verhaftung kam und die Verhandlung schon durchgeführt ist, auch die Kerkerstrafe schon verhängt wird, während man bei dem Exrestgutbesitzer bisher noch nicht einmal eine Verfolgung erzielen konnte, obwohl sich beide Fälle bei demselben Gerichte ereignet haben. (Posl. dr Schollich: Hoch Švehla, Gleiche unter Gleichen!) Aber sehr tief unter den Gleichen. Ich wollte diesen Fall als einen von vielen - ich mute Ihnen nicht zu, die Unzahl von Fällen, die vorgekommen sind, hier sich aufzählen zu lassen - aufzeigen, vor aller Öffentlichkeit, vor allem in Angelegenheiten, die in die Politik einschlagen, daß wir eine Gerechtigkeit ja gar nicht mehr erwarten; wir wären schon froh, wenn wir überhaupt nur von einem noch vorhandenen Minimum von Schamgefühl auf der Gegenseite leben könnten, weil damit dann doch noch etwas mehr auf uns entfallen würde, als es die tatsächlichen Begebenheiten jetzt zeigen.

Ich habe hier ein Schriftstück von 28 Seiten, das Original der Anklage gegen den Rentmeister Robert Müller und gegen Josef Schwarz. Josef Schwarz ist 1910 geboren, also ein junger Mensch von 22 Jahren, Rentmeister Robert Müller ist Familienvater von 4 Kindern und in Stellung. Beide wurden im Vorj ahre verhaftet und in den Kerker gebracht, der eine erst nach langen Bemühungen zu Ostern wieder aus dem Kerker herausgelassen, der andere ist weiter darin geblieben und in dieser Woche am Montag und Dienstag hat sich ein Prozeß als erster in dem Reigen der bevorstehenden politischen Prozesse in Pilsen abgespielt. Ich möchte zur Beruhigung des Präsidiums jetzt hier eine Feststellung machen. In èechischen Blättern, soviel ich weiß, besonders im "Èeský denník" wurde angekündigt, daß ich die Absicht habe, meine Immunität dazu zu mißbrauchen, um militärische Geheimnisse hier zu immunisieren, die ich durch den beschlossenen Ausschluß der Öffentlichkeit bei dem Prozesse erfahren habe. (Výkøiky.) Ich stelle fest, daß ich diese Absicht nicht habe, daß ich meine berufliche Anwaltspflicht so gewissenhaft nehme, daß ich es als einen Mißbrauch meines Mandates ansehen würde, wenn ich nun tatsächlich so ein militärisches Geheimnis verraten würde. Wenn Sie meiner Auffassung sind, so werden Sie mir zustimmen, daß die Bettenzahl für so und so viele Soldaten von Prachatitz zwar manchmal ein Geheimnis ist, aber bestimmt kein militärisches, und so werden Sie einsehen, daß ich leider nicht in der Lage bin, Ihnen militärische Geheimnisse aus dem Prozesse mitzuteilen. Es war pikant, als die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde und ich nun gefaßt war, alles mögliche zu erfahren, ich mich in einer Generalsuniform gefühlt habe, wie mancher, der darin gesteckt ist und daraus wieder herausgekommen ist. Aber leider Gottes bin ich ein blanker Zivilist geblieben und habe nichts von militärischen Dingen erfahren können. (Posl. inž. Kallina: Ich habe den Prachatitzer Bericht unter meinen Akten!) Das ist ein militärisches Verbrechen nach dem Schutzgesetze, das mit Kerker von einem bis zu fünf Jahren und unter erschwerenden Umständen mit 10 bis 20 Jahren schweren Kerkers zu bestrafen ist.

Die Anklageschrift zeichnet sich ebenso durch Ausdehnung wie durch Inhaltslosigkeit aus. Würde man sie einem Shakespeare geben und ihm sagen, er solle darüber ein Trauer spiel schreiben, würde ihm sicherlich der Titel "Viel Lärm um Nichts" einfalleñ, wenn er nicht schon vor Jahrhunderten dieses Trauerspiel geschrieben hätte. Wer nichts anzuklagen weiß, muß viel anführen. Von diesem Grundsatze ist die Anklage ausgegangen. Es ist eine Anzahl von Briefen, sogar eine Anzahl von Liebesbriefen in diese Anklageschrift gekommen und abgedruckt worden, und ich wäre in der Lage, sie Ihnen mitzuteilen. Es ist eine solche Anzahl dieser Liebesbriefe in diesem Prozeß vorgelesen worden, daß ich offiziell die Anfrage gestellt habe, ob Liebe ebenfalls unter das Schutzgesetz als Verbrechen gestellt ist, was erst bewirkt hat, daß man von diesem sonderbaren Beginnen bei einem politischen Prozeß Abstand genommen hat. Die Anklageschrift hat - und hier kann ich nun anknüpfen an die Interpretation des Schutzgesetzes - bei beiden Angeklagten das Verbrechen gemäß § 2 als gegeben erachtet, also die Verbindung mit dem Auslande zwecks Anschläge gegen die Republik. Worin haben diese Anschläge gegen die Republik in dem vorliegenden Prozeß gegen Schwarz und Müller am Montag und Dienstag in Pilsen bestanden? (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)

Robert Müller wurde lediglich auf Grund von Gendarmerieanzeigen verfolgt und ich bin hier bei einem besonderen Punkt angelangt und muß diesen Punkt besonders ausführen. Die Stellung der Gendarmerie in diesem Staate - ich gebe gerne zu, daß es unter den Gendarmen auch anständige Ausnahmen geben kann - wird langsam wie eine Kosakenherrschaft über besetzte Gebiete außer den èechischen Gebieten durchgeführt. Es ist langsam eine Kosakenbesatzung und ihre Manieren und ihre Art entspricht ganz dieser Bezeichnung. Weil es mir gerade einfällt, so will ich dem Hause etwas mitteilen, ich habe schon einmal davon gesprochen. Es ist ein Kollege von der kommunistischen Fraktion in Haida einmal von einer Gendarmerieperson verprügelt worden, der dann der Prozeß gemacht wurde, in Anwesenheit von uns, weil ich als Zeuge dort war und der kommunistische Kollege als der Geschlagene. Dieser Gendarm wurde in der ersten Instanz vom Divisionsgericht verurteilt. Ich habe dann durch die übliche Indiskretion, auf welche Weise man alles erfahren kann, erfahren, daß in diesem Falle ein Berufungsverfahren durchgeführt wurde, wobei der vor unseren Augen verurteilte Gendarm wieder freigesprochen worden ist, u. zw. mit der Begründung, daß er dadurch, daß er einen gewählten Volksvertreter ins Genick geschlagen und ihn mit seinem Fuß in die Stelle, die in der Verlängerung der Wirbelsäule liegt, gestoßen hatte, damit er rascher in die Haustüre hineinkommt, nicht über den Rahmen der ihm zustehenden Tätigkeit als Gendarmerieperson gehandelt hat. (Posl. inž. Kallina: Also derselbe Fall, wie es mir in Karlsbad passiert ist!) Der einzige Unterschied ist nur der, daß Dich der Gendarm von vorne geschlagen hat, den Kommunisten aber von hinten. In Wirklichkeit war es aber derselbe Effekt.

Nun bin ich in der Lage, Ihnen einen Originalgendarmeriebericht vorzulesen, damit Sie an Hand so eines Beispiels sehen, wie Gendarmerieberichte und Anzeigen gemacht werden, wie bei uns die Gendarmeriepersonen gestellt sind und wie ihnen durch das hier herrschende System Rechte eingeräumt werden, wie ihnen Einbildung und Großmannssucht eingeimpft werden, so daß sie meinen, daß sie nicht zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung bestimmt sind, sondern daß sie die Herrschergewalt selbst repräsentieren, so daß der einzelne Gendarm nicht weiß, daß er Diebe und Gauner fangen soll, sondern glaubt, daß er als politischer Regierungsvertreter über die Gesinnung jedes einzelnen Anzeigen machen müsse. (Výkøiky: Der einzige immune Mensch ist der Gendarm!) Solange allerdings die Bevölkerung nicht weiß, was sie in Notwehr zu machen hat!

Die erwähnte Anzeige stammt vom Gendarmeriepostenkommandanten Kaòkovský aus Gossengrün . . . (Posl. inž. Kallina: Nicht aus Gossengrün, derzeit in Gossengrün!) Also derzeit in Gossengrün, Bezirk Lubenz im deutschen Egerland. Sie werden an Hand dieses Beispiels sehen, was alles diese Gendarmerieperson überwachen zu müssen glaubt, welches Urteil er selbstherrlich spricht, bevor das Gericht die Möglichkeit hat, überhaupt Stellung zu nehmen. Damit Sie die ganze tragische Folgewi rkung einer solchen Anzeige ermessen können, gebe ich die Auswirkung dieser Anzeige vorweg bekannt, daß nämlich auf Grund dieser Anzeige der Rentmeister Müller einfach auf den Gendarmerieposten gelockt, dort verhaftet und ins Kreisgericht überführt wurde und tatsächlich 4 Monate über Weihnachten bis Ostern im Einzelkerker in Pilsen gesessen ist und daß man ihn dann am Dienstag mangels eines strafbaren Tatbestandes freisprechen mußte. (Výkøiky.) Es ist dies ein ähnlicher Fall, wie der des Sekretärs Werner in Schlesien. Er unterscheidet sich nur dadurch, daß Werner 6 Monate, Müller "nur" 4 Monate gesessen ist.


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