Úterý 24. kvìtna 1932

Im Zusammenhange mit der Stellungnahme zu der in Frage stehenden Gesetzesvorlage muß jedoch in wenigen Worten auch der bestehenden Arbeiterunfallversicherung Erwähnung getan werden. Der § 1 der Regierungsvorlage bestimmt, daß die Entschädigung der Berufskrankheiten durch die Arbeiterunfallversicherungsanstalt zu erfolgen hat. Ich führte bereits an, daß wir auf Grund der bisherigen Erfahrungen diese Tatsache mit recht gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehmen. Stimmt uns schon die dieser Anstalt übertragene Durchführung recht mißtrauisch, so stehen wir nicht minder auch dem gesamten Arbeiterunfallversicherungsgesetz ziemlich ablehnend gegenüber. Es kann wohl auch nicht anders sein, wenn man bedenkt, daß dieses Gesetz seit 1887 besteht und somit nahezu 50 Jahre alt ist. Bedenkt man ferner, daß es innerhalb dieser Zeit fast keine Abänderung erfahren hat, so darf man wohl im Hinblick auf den Fortschritt, der inzwischen zu verzeichnen war, mit Fug und Recht behaupten, daß dieses Gesetz den Anforderungen nicht mehr entspricht, die man an ein modernes Unfallversicherungswesen zu stellen hat. Die technische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten 50 Jahre hat die im Unfallversicherungsgesetz festgelegten Gedanken und Bestimmungen längst überholt. Vor 50 Jahren waren die Dampfmaschine und die von ihr ausgehenden Gefahrenmomente die bedeutendsten Probleme für die Unfallversicherung. Die Einführung der Explosions- und Elektromotore, sowie andere bedeutsame Neuerungen haben der Zeit und ihrem Geschehen einen anderen Stempel aufgedrückt. Damit wurde aber auch das Unfallversicherungswesen vor neue Aufgaben gestellt. Mit der zunehmenden Industrialisierung, mit der ständig zunehmenden Zahl an Menschen, die zur industriellen Arbeit gedrängt wurden, wuchs sowohl die Unfallsgefahr, als auch die Zahl der tatsächlichen Unfälle. Die immer schärfer werdende Rationalisierung und erhöhte Antreibung vergrößern das allgemeine Gefahrenmoment. Dringend bedarf es daher einer Novellierung des Arbeiterunfallversicherungsgesetzes und seiner Anpassung an die bestehenden Verhältnisse. Hiebei gestatte ich mir, im besonderen auch auf den von mir eingebrachten Antrag, Druck 199, betreffend die Ergänzung des Unfallversicherungsgesetzes durch Einbezug der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, zu verweisen. Der sozialpolitische Ausschuß hat die diesbezügliche Erweiterung des Umfanges der Versicherungspflicht bereits im Jahre 1919 als dringend bezeichnet, ohne daß es bis heute zum Einbezug der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter gekommen wäre. Im Hinblick auf die große Zahl von Unfällen, die sich alljährlich in der Land- und Forstwirtschaft ereignen, erscheint es mir neuerlich für notwendig, den Einbezug der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter in die Unfallversicherung mit allem Nachdruck zu fordern. Es geht nicht an, daß man die Hinterbliebenen tötlich Verunglückter dieser Berufskategorie ohne Rente und die durch Unfälle ganz oder teilweise arbeits- und erwerbsunfähig gewordenen Arbeitsmenschen dieses Berufes irgendwelchen Gnadengaben oder schutzlos ihrem Elend überläßt.

Jedoch nicht nur der Umfang der Versicherungspflicht bedarf einer Erweiterung, auch die Leistungen der Arbeiterunfallversicherung sind im allgemeinen viel zu niedrig und unzureichend. Die Renten verdienen daher in ihrer Gesamtheit eine Erhöhung und Aufbesserung. Ohne hiebei auf besondere Härten einzugehen, muß festgestellt werden, daß die zuerkannten Renten oftmals einem wahren Bettel gleichen, durch den der Versicherte keineswegs der Sorge ums Leben enthoben wird. Trostlos ist ganz besonders auch die Lage der Vorkriegsrentner, deren Renten nach den Löhnen der Vorkriegszeit errechnet wurden. Die inzwischen zuerkannten Teuerungszulagen sind zu gering, ganz abgesehen davon, daß jene, die eine Einbuße der Erwerbsfähigkeit um weniger als 41% zu verzeichnen haben, überhaupt keine Zulagen erhalten. Ich habe mich mit einer Interpellation an den Herrn Fürsorgeminister gewandt und darin ersucht, daß auch dieses bestehende Unrecht beseitigt werde. Es bleibt nun zu hoffen, daß die aufgestellten Forderungen im Interesse der Unfallvorkriegsrentner raschestens erfüllt werden.

Einen besonderen Hinweis verdient aber auch die Frage der Unfallversicherung der Lehrlinge. Eine Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes vom 3. Oktober 1927 besagt, daß "als niedrigster Jahresverdienst voll entlohnter Arbeiter der Verdienst eines Arbeiters in demselben Betriebe unmittelbar nach der Auslehre anzusehen ist". Und dieser Verdienst bildet nun die Grundlage für die Versicherung der Lehrlinge. Dadurch werden die Lehrlinge, wenn sie während der Lehrzeit einen Unfall erleiden, auf das schwerste geschädigt. Bleiben dem Lehrling dauernde Unfallsfolgen, so muß er sich für die Zeit seines Lebens mit einer überaus niedrigen Rente begnügen, mit der er natürlich das Auslangen nicht zu finden vermag. Auch in diesem Falle ist eine dringende Neufassung der gesetzlichen Bestimmungen notwendig. Es ließen sich noch viele Mängel anführen, die jedoch alle in derselben Weise beweisen würden, wie unhaltbar das veraltete Arbeiterunfallversicherungsgesetz geworden ist.

Da die Entschädigung der Berufskrankheiten nach dem Arbeiterunfallgesetz erfolgen soll, so werden wir wohl dem vorliegenden Gesetze unsere Zustimmung geben, fordern aber zugleich auch die rascheste Novellierung des Arbeiterunfallversicherungsgesetzes, um sowohl die von Unfällen als auch Berufskrankheiten betroffenen Arbeitsmenschen vor schweren Schädigungen und Benachteiligungen zu bewahren. (Potlesk.)

2. Øeè posl. dr Schollicha (viz str. 21 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! In Verhandlung steht das Gesetz über die Berufskrankheiten. Ich halte mich also durchaus im Rahmen der Tagesordnung, wenn ich bei dieser Gelegenheit auf gewisse Ausführungen des Herrn Außenministers Dr. Beneš zurückkomme. Handelt es sich doch bei ihm auch um eine Berufskrankheit, die man im allgemeinen als Vielrederei bezeichnet, die allerdings gemeingefährlicher Natur ist und außerordentlich großen Schaden anrichten kann.

Wir leben in einer Zeit, die an Verlogenheit nicht ihresgleichen hat, in der Lüge, Ge meinheit, Unaufrichtigkeit, Verdrehungskunst, Scheinheiligkeit und Phrasenschwall die Öffentlichkeit beherrschen und als geeignetste Mittel im diplomatischen Ränknkespiel angesehen werden. Während die heutigen verantwortlichen Staatsmänner durch die Demokratie, durch die demokratische Welle der Jetztzeit aus ihrem sehr bescheidenen Dasein auf Stellen emporgeschwemmt wurden, für die sie zwar keine Befähigung, wohl aber eine Portion angeborener Frechheit und starken Eigendünkels mitbringen und in ihren Äußerungen nur so von gleißnerischen Phrasen über Demokratie, demokratische Freiheit, Menschentum und Mens chenwürde schwelgen, während alle diese demokratischen Staaten der Jetztzeit in ihrer Verfassung den Grundsatz verankert haben, daß das Volk die Quelle aller Macht sei, daß alle Rechte vom Volke ausgehen müssen und daß vor dem Gesetz alle Staatsbürger gleich seien, daß es keine religiösen, nationalen, sozialen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen in der Entwicklung der einzelnen Völker geben düfre, zeigen demgegenüber die Handlungen dieser Staaten und Völker und ihrer führenden Staatsmänner das Gegenteil und beweisen täglich auf's neue, daß all das nur Geflunker für einige Dumme ist, die sich täuschen lassen wollen und die auf diesen Schwindel hineinfallen, die Phrasen für bare Münze zu nehmen. Mehr denn je gilt heute für die neue Demokratie, für die diplomatische Fähigkeit der einzelnen Staatsmänner, daß viele Worte nur ein Behelf sind, um die Gedanken zu verbergen. Es gab noch keine Zeit in der geschichtlichen Entwicklung, die so unaufrichtig und korrupt gewesen wäre, wie das glorreiche Zeitalter der Demokratie. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 24. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz tìsnopiseckou zprávu o 189. schùzi posl. snìmovny.] Zum Beweis meiner Behauptung könnte ich auf die Vergangenheit zurückgreifen, ich könnte auch unzählige Beweise für die Richtigkeit aus der jüngsten Vergangenheit erbringen. Ich will mich aber nur auf jene Äußerungen beschränken, die der vielbeschäftigte Herr Außenminister Beneš jüngst einem Berichterstatter der "Tribune de Lausanne" gegenüber machte und die nicht unwidersprochen bleiben dürfen, weil sie sich mit der Stellung des Sudetendeutschtums zum èechoslovakischen Staate beschäftigen. Es könnte dadurch leicht der Eindruck erweckt werden, daß die von Dr. Beneš wiedergegebenen Ansichten richtig sind, wenn ihnen nicht widersprochen würde, daß sie der Wahrheit entsprechen, daß sie also die Stimmung, die seelische Verfassung des Sudetendeutschtums wiederspiegeln.

Wir sind es durch die vielen Jahre, seitdem Herr Beneš das Außenministerium bekleidet, bereits hinreichend gewohnt, daß er den Staat bei allen möglichen und unmöglichen Anlässen vertritt. Wir sind gewohnt, daß er in seiner Vielgeschäftigkeit, in seiner - man könnte vielleicht richtiger sagen - Gschaftelhuberei, viel Redens von sich macht, seine politische Weisheit bei jeder Gelegenheit verzapft, so daß er in der diplomatischen Welt nur mehr ein Lächeln auslöst. Mit Recht wird ein Witz erzählt, der ihn mit dem berühmten Komiker Grock gleichstellt und wo gefragt wird, worin denn beide mit einander übereinstimmen, und die Antwort lautet: Beide reisen viel herum, beide haben viel Gepäck und über beide lacht die ganze Welt. Es ist richtig, dieser Witz trifft bei Beneš das richtige. Wir sind nicht mehr überrascht, wenn wir bei dieser [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 24. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] ergebnislosen Emsigkeit Dr. Beneš's feststellen müssen, daß er es bei seinen Äußerungen mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nimmt, daß er geschichtliche Begebenheiten anders darstellt, wirtschaftliche Schwierigkeiten mit seinem stets rosenroten und beneidenswerten Optimismus einfach hinwegleugnet, in der lächerlichen Annahme, damit diese schwierigen Probleme von selbst einer befriedigenden Lösung zugeführt zu haben. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 24. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Ich erinnere in diesem Zusammenhange nur an das bekannte und berühmte Schwindelmemoire III, das die èechische Friedensdelegation seinerzeit der Friedenskonferenz vorgelegt hat, um die Bedenken der anderen Delegierten über die nationale Zusammensetzung des neuen Staates zu zerstreuen. Die Geschichte weiß von mancher Dokumentenfälschung zu berichten, die in der Folge die verdiente Verurteilung und Verachtung gefunden hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Königinhofer Handschrift. Daß das Memoire III in seiner Lügenhaftigkeit und in der Kühnheit seiner Verdrehungen nicht seinesgleichen hat, wird auch dereinst die Geschichte unrühmlich feststellen. Beneš's Name ist aber mit diesem Memoire III innig verknüpft für alle Zeiten. Wenn wir dies wissen, überrascht es uns nicht, wenn es Beneš auch bei seiner Auskunft an den Berichterstatter der "Tribune de Lausanne" mit der Wahrheit nicht genau genommen hat. Es überrascht uns nicht, wenn er hier über das deutsche Problem in der Èechoslovakei Ansichten zum besten gab, die mit der Wahrheit so ganz und gar nicht übereinstimmen, ja geradezu eine grobe Verdrehung bedeuten, auch wieder wahrscheinlich in der Absicht, das Ausland über das wichtigsste Problem des Staates, ja ganz Mitteleuropas hinwegzutäuschen, in der fälschlichen Annahme, daß damit das Problem selbst vielleicht beseitigt und einer Bereinigung zugeführt wird.

Die Frage des Berichterstatters dieser Zeitung, ob es eine deutsche Irredenta gibt, verneinte Herr Dr. Beneš. Er sagt, und zwar mit einer entschiedenen Gebärde: "Niemand bei uns, niemand von den Èechen und ni emand aus der Mitte der Deutschen denkt an eine Loslösung der deutschen Minderheit vom èechischen Heimatland. Niemand, ich will damit sagen, kein ernster Mensch." Wenn also Herr Beneš die deutsche Irredenta in der Èechoslovakei leugnet, wenn er keine Gefahr für den Bestand seines Staates sieht, dann ist es mir unbegreiflich, daß die lächerlichen Verfolgungen, die ewige Spionageriecherei und die Hochverratsaffären noch nicht eingestellt worden sind, daß Herr Beneš es noch nicht an der Zeit fand, einzugreifen, und ihnen ein Ende zu bereiten. Seit Monaten geht diese Welle von Hochverratsprozessen über uns hinweg, täglich fordert sie neue Opfer; ohne Anhaltspunkte, auf bloße Verdachtsgründe hin werden Menschen einer hochnotpeinlichen Untersuchung unterzogen und es spielen sich dabei unerhörte Szenen ab. Wir haben diesen Gegenstand vor Wochen einer eingehenden Behandlung hier unterzogen. Ich habe dazu Stellung genommen, das System gekennzeichnet und mich vielleicht der trügerischen Hoffnung hingegeben, daß doch das Anständigkeitsgefühl die èechischen Staatsmänner veranlassen wird, hier endlich einzugreifen und diesen unerquicklichen Dingen ein Ende zu bereiten. Wir müssen heute feststellen, daß es in nichts besser geworden ist, daß die Verfolgungen weiter andauern, ja daß sie noch weitere Kreise ergriffen haben.

In den letzten Tagen ist man auch zur Auflösung der "Grenzlandjugend", der Jugendorganisation der deutschen Nationalpartei geschritten. Die Bezirksbehörde Deutsch-Gabel fand es für notwendig die Ortsgruppe unserer Jugendorganisation in Zwickau aufzulösen, mit der Begründung, daß sie eine dauernde und gleichmäßige Vereinstätigkeit entwickle, die im Widerspruch stehe mit dem Vereinsgesetz vom 5. November 1867 und daß daher die "Grenzlandjugend" eine illegale Organisation sei, welche nach § 28 des zitierten Vereinsgesetzes einzustellen wäre. (Posl. Horpynka: Auf das römische Recht berufen sie sich nicht?) Es ist interessant, daß man sich bei diesen Gelegenheiten immer wieder auf die alten österreichischen Gesetze beruft, ja selbst, wie bekannt, noch zum alten Prügelpatent greift, um eine Handhabe für derartige Persekutionen und Verfolgungen zu besitzen.

Es ist interessant, daß genau so wie im Falle "Volkssport" auch hier dieser Auflösung eine Menge von Hausdurchsuchungen folgten, daß man bei diesen Hausdurchsuchungen selbstverständlich staatsgefährliche Dinge zutage förderte: Mitgliedskarten, Parteinadeln, Protokollabschriften, Zeitungsartikel, Zeitschriften, Kassabücher und selbst der von mir herausgegebene "Taschenzeitweiser" fand keine Gnade und wurde konfisziert. Als man noch dazu ein sogenanntes Luftgewehr und eine zerbrochene Säbelklinge fand, war selbstverständlich der Verdacht gegeben, die verantwortlichen Funktionäre der Jugendgruppe einem hochnotpeinlichen Verhör in der Richtung zu unterziehen, ob nicht eine ungesetzliche Bewaffnung durchgeführt und militärische Übungen seitens der Jugendorganisation abgehalten wurden.

Ich will mich mit diesen lächerlichen Dingen nicht weiter beschäftigen, sie sind mir nur ein Beweis dafür, daß die "Grenzlandjugend", die Jugendorganisation der deutschen Nationalpartei bereits einen gewissen Umfang erreicht hat, welcher sie als staatsgefährlich erscheinen läßt, sie sind mir nur ein Beweis dafür, daß man selbstverständlich auch diese Jugendorganisation nicht wünscht, ihr die größte Aufmerksamkeit zuwendet und trachten wird, sie mit allen Mitteln zu unterdrücken. Das alles, so beurteilen wir es wenigstens, ist gut und heilsam, gut und heilsam auch für viele Deutsche im eigenen Lager, die der Ansicht waren und sich der Hoffnung hingaben, daß die Teilnahme deutscher Parteien an der Regierung eine Änderung des Regierungssystems herbeiführen wird, die sich von den schönen Worten verantwortlicher Staatsmänner @a la Švehla täuschen ließen und die jetzt einen entsprechenden Aufklärungsunterricht oder sagen wir Unterricht in staatsbürgerlicher Erziehung genießen. Es ist dies nach dem èechischen Urteil selbst das Verkehrteste, was ein Staat in solchen Verhältnissen machen kann. Gerade im "Èeské slovo" war am 1. Mai ein Artikel von einem gewissen Šantrùèek abgedruckt, der die Verhältnisse im alten Österreich behandelte und nachwies, wie seitens der èechischen Nationalsozialisten der Kampf gegen das alte Österreich in die Jugend hineingetragen wurde; er wurde aus dem Parlament in die Armee und bis in das Volk getragen, heißt es hier. "Im Schatten der Bajonette, Gefängnisse und Gewehre wächst immer die Revolte", heißt es hier ausdrücklich. Und nun zeigt er, wie gerade dadurch die Nationalsozialisten eine begeisterte Jugend bekamen gegenüber den vielen, welche zur Vorsicht mahnten, den opportunistischen Politikern, die das als gefährliches Spiel gegen das alte Österreich bezeichneten, und er kommt zu dem Schlusse, die Geschichte habe der Jugend Recht gegeben.

Es ist wichtig, dies gerade im Zusammenhang mit den Verfolgungen unserer Jugendorganisationen festzustellen, die voraussichtlich und hoffentlich das gleiche Ergebnis zeitigen werden, wie seinerzeit im alten Österreich die Verfolgungen der nationalsozialistischen Jugendorganisation. Daß sich die èechischen Chauvinisten heute gegen die Deutschen so austoben dürfen, daran sind meines Erachtens die deutschen Regierungsparteien selbst schuld, weil sie bisher, bar jeder Würde, es nicht verstanden haben, zugunsten der bedrohten deutschen Volksgenossen einzugreifen, wahrscheinlich nur deshalb, weil diese einer anderen Partei angehören. Sie sind schuld, daß den èechischen Koalitionskollegen noch nicht klar gemacht wurde, daß die deutschen Regierungsparteien weitere Verfolgungen Deutscher nicht ertragen können, daß sie sie mit ihrer nationalen Würde nicht vereinbar finden. Nur durch das schwächliche Verhalten der deutschen Regierungsparteien haben die Èechen den entsprechenden Mut bekommen, diese Verfolgungen fortzusetzen. Ich frage in diesem Zusammenhange: Was haben die deutschen Minister zum Schutze der unterdrückten und bedrohten Volksgenossen bisher getan? Man hat ihre Einflußnahme nirgends bisher zu spüren bekommen. Sie haben den besten Beweis dafür geliefert, wie stark ihr Anteil an der Macht ist. Es ist interessant, daß Herr Minister Spina eine unpolitische Organisation, den deutschen Kulturverband, und dessen Hauptversammlung dazu benützen mußte, um über die angeblichen Erfolge der Regierungspolitik zu sprechen, weil er wußte, daß er bei diesem Anlaß und in dieser Körperschaft keine Widerrede finden kann und wird. Wir werden auf seine Ausführungen bei anderer Gelegenheit und an einem anderen Orte zurückkommen. Es war bemerkenswert, daß er es nicht unter seiner Würde fand, bei diesem Anlasse scharfe Angriffe auch gegen die deutschen Oppositionsparteien zu richten, um wieder die Öffentlichkeit darüber hinwegzutäuschen, daß die bisherige Regierungspolitik durchaus ergebnislos blieb. Wie hohl seine Worte waren, das zeigte sich am besten beim Bericht über die Tätigkeit des Kulturverbandes, als gezeigt wurde, daß es trotz jahrelangen Bemühens in vielen Gemeinden nicht möglich war, deutsche Schulen selbst bei der nötigen Anzahl von Kindern zu errichten, die dazu notwendige Erlaubnis zu erhalten. Es ist bemerkenswert, daß es dem Abg. Hodina in seiner eigenen Gemeinde Markt Tyrnau bisher nicht gelungen ist, eine deutsche Minderheitsschule ins Leben zu rufen.

Im übrigen wird ja behauptet, daß diese Deutschenverfolgungen hierzulande in letzter Zeit über Befehl Frankreichs durchgeführt werden mußten, weil diesem Staat, dem Geburtsvater der Republik, der doch wesentlich an dem Bestand der Èechoslovakei interessiert ist, gewisse Zweifel in die Verläßlichkeit gekommen sind, ob die Èechoslovakische Republik im Ernstfalle mit ihren 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen eine verläßliche Stütze für Frankreich im Kampfe gegen Deutschland bieten wird. Es mußte daher die deutsche Geduld erprobt werden. Wenn diese Annahme richtig ist, dann müssen wir wohl behaupten, daß die Probe glänzend gelungen ist, wenn man das Verhalten der deutschen Regierungsparteien damit beurteilt.

Herr Dr. Beneš sagte also in Genf, es gebe keine deutsche Irredenta, weil kein ernsthafter Mann die Loslösung der sudetendeutschen Gebiete wünschen könnte. Ich verstehe nicht, warum das èechische Staatsvolk eine derartige Heidenangst vor einer deutschen Irredenta hat. Es muß die Furcht des eigenen schlechten Gewissens sein, die Furcht vor der eigenen Vergangenheit, daß sich im eigenen Staate das wiederholen könnte, was die Èechen im alten Österreich getan haben. Im übrigen gebe ich Herrn Dr. Beneš Recht: ich selbst glaube auch, daß die Deutschen in ihrer heutigen Verfassung kaum für eine Irredenta geeignet sind, daß ihnen die Irredenta nach ihrer Veranlagung nicht liegt; aber ich behaupte, daß das Vorgehen der Èechen geeignet ist, diese Irredenta nachgerade und allmählich zu schaffen. Denn wenn die 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen Irredentisten wären, dann würde der èechische Staat überhaupt nicht mehr bestehen. Daß er besteht, daß das sogenannte Staatsvolk mit seinen 6 1/2 Millionen Seelen gegen 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen den Staat als Machtposition erhalten kann, daß es die anderen Minderheitsvölker unterdrücken, vergewaltigen und daß es ungestraft alle ihre Ansprüche verkürzen kann, das ist ein Zeichen der Schwäche dieser Minderheiten, ein beklagenswertes Zeichen auch der deutschen Schwäche, ein Zeichen für die schlechte sudetendeutsche Politik, die bisher gemacht wurde, die es nicht verstand, die Kräfte des Sudetendeutschtums zusammenzufassen zu einem einheitlichen Willen, zu einer einheitlichen Abwehr und zum Angriffskampf gegen jede Bedrückung.

Dr. Beneš behauptet demnach, daß niemand - er sagte wörtlich niemand - niemand von den Èechen und niemand von den Deutschen an eine Loslösung der deutschen Minderheit vom èechoslovakischen Heimatlande denkt. Er spricht also von einem èechoslovakischen Heimatlande als von einer geographisch gegebenen Einheit, wobei ich feststellen muß, daß seine Ausdrucksweise durchaus unrichtig und geographisch falsch ist. Im Rahmen der heutigen Èechoslovakei gibt es Gebiete, die seit jeher von Èechen bewohnt waren, es gibt Gebiete, die, seit sie in die geschichtliche Erscheinung traten, vom deutschen Volk bewohnt wurden, wenngleich uns, wie Sie wissen, die offizielle èechische Geschichtsbetrachtung diese Bodenständigkeit aberkennt und obgleich es selbst der Staatspräsident Masaryk beim Betreten des Landes am 22. Dezember 1918 für notwendig fand, in Verdrehung der geschichtlichen Tatsachen uns als Kolonisten und Immigranten hinzustellen. Diese Auffassung Masaryks ist unhaltbar. Sechs Jahrhunderte vor der Einwanderung der Èechen saßen bekanntlich schon Markomannen und Quaden in Böhmen und Mähren und sie erhielten sich in den gebirgigen Randgebieten, als die Èechen vom Innern Böhmens Besitz ergriffen. Wir wissen, daß im 13. Jahrhundert geschichtlich nachweisbar ein neuer breiter Strom deutscher Kulturbringer, von den damaligen böhmischen Königen gerufen und begünstigt, in den Sudetenländern einwanderte, hier Städte gründete, Gemeinwesen schuf und Handel und Gewerbe in Blüte brachte. Die Deutschen haben also hier eine Heimat, hängen auch mit allen Fasern ihres Herzens daran.

Dr. Beneš folgert, daß diese verschieden national besiedelten Gebiete auch in Zukunft zusammenbleiben müssen, und zwar sei aus zwei Gründen eine Loslösung unmöglich, wie er sagt: "Die deutsche Minderheit ist zu bedeutend, als daß die Èechoslovakei ihre Abtrennung ertragen könnte; sie ist aber nicht bedeutend genug, um einen wirklich einheitlichen Block zu bilden."

Wir wollen uns mit diesen Äußerungen des Dr. Beneš etwas auseinandersetzen. Er sagt näher ausführend: "Erster Grund: Die deutsche Minderheit ist von Lebensinteresse für unser Land. Nehmen Sie an, daß man sie dem Reich zuschlagen wollte, dann würde dies heißen, ihm die ganze Èechoslovakei zu übergeben, und das würde Europa nicht erlauben. Die Grenze wäre von Prag 60 km entfernt. Böhmen bildet überdies ein unteilbares geographisches Ganzes. Wenn Sie einen Teil abschneiden, verurteilen Sie den Rest zum Untergang." Ich greife zunächst das wertvolle Zugeständnis heraus, daß nach Dr. Beneš die deutsche Minderheit ein Lebensinteresse für die Èechoslovakei ist. Es ist schade, daß Herr Dr. Beneš dies nicht näher ausführte und nur geographisch begründete, und zwar mit dem Hinweis darauf, daß die Grenze von Prag nur 60 km entfernt wäre. Ich finde, daß das kein Grund ist, um die Lebensnotwendigkeit des deutschen Gebietes für den èechischen Staat zu begründen. Denn schließlich kann eine Hauptstadt auch verlegt werden, wenn sie zu nahe der Grenze ist und in Gefahr kommen könnte. Wir haben Beweise dafür auch in ganz jüngster Zeit.

Es genügt auch nicht, einfach zu sagen: "Die geographische Einheit muß gewahrt werden". In der heutigen Zeit des Verkehres, der Technik gibt es wohl kaum eine solche geographische Einheit, wie sie in früheren Jahrhunderten bestand, eine Einheit, die in sich vollständig abgerundet war, wo die Grenze gebildet wird durch Flüsse oder Gebirge. Auch diese sind heute kein Hindernis mehr. Eine Zusammenfassung und Bildung von Staaten nach ethnographischen Gesichtspunkten. ist außerordentlich leicht möglich, ja geradezu im Zeitalter der Demokratie, wo das Volk die oberste Quelle der Macht ist, eigentlich ganz natürlich und selbstverständlich. (Posl. Horpynka: Im Zeitalter des Kellogg-Paktes braucht man doch keine strategischen Grenzen!) Sehr richtig!

Wie kann man nun diese Zusammenfassung als geographische Einheit und Notwendigkeit begründen, wenn man schließlich doch feststellen muß, daß auch die heutigen Grenzen der Èechoslovakei in vielfacher Hinsicht gar nicht natürlich sind. Ich greife nur die Grenzführung im Egerer Ländchen heraus, das da Jahrhunderte zu Deutschland gehörte. Ich greife die Grenzgebiete in Nordwestböhmen heraus, die nach dem Laufe der Elbe geographisch und wirtschaftlich durchaus nach Deutschland gravitieren. Ich greife die Grenzgebiete in Nordmähren, in Schlesien, in Südmähren heraus, wo man die Grenzen überhaupt geographisch nicht sieht, so daß die Gebiete ebenso gut zum angrenzenden deutschen Sprachgebiet zugeschlagen werden könnten, ja kraft ihrer natürlichen Voraussetzungen, der Stammesgleichheit der Bevölkerung eigentlich zu diesem Gebiete geschlagen werden müßten. Auf diesem Wege würden allerdings sehr viele Minderheitsgebiete in Mitteleuropa ausscheiden und die Reibungsflächen würden sich, wenn die Neuordnung nach natürlichen Voraussetzungen und nach ethnographischer Bedingtheit erfolgen würde, zwischen den einzelnen Völkern und Staaten wesentlich verringern. Damit würde aber auch zugleich in Erfüllung gehen, was Wilson bekanntlich seinerzeit bei der Neuordnung der Welt anläßlich des Friedensschlusses als Selbstbestimmungsrecht den Völkern versprochen hatte.

Geographisch bildet die deutsche Minderheit kein Lebensinteresse für die Èechoslovakei, aber sie scheint für die Èechoslovakei notwendig zu sein, wenn man sieht, daß die Deutschen aus ihrer inneren Veranlagung heraus in allen Staaten die besten Staatsbürger darstellen, loyal ihre Staatspflichten erfüllen, während für die anderen Völker, auch für das Staatsvolk, der Staat eigentlich nichts anderes ist als die Melkkuh und Futterkrippe, an der sich jeder nach Maßgabe der Möglichkeit bereichert. Ich meine, die Notwendigkeit unserer Zugehörigkeit zur Èechoslovakei könnte vom èechischen Standpunkt nur damit begründet werden, daß wir allein den Kitt für diesen Staat darstellen, da die Èechen, auf sich allein gestellt, wahrscheinlich die notwendige staatsbildende Kraft nicht aufbringen würden und in den verschiedenen Korruptionsskandalen schließlich die staatliche Selbständigkeit verlieren würden. (Výkøiky posl. Horpynky.)

Ich muß dabei der Ansicht des Herrn Dr. Beneš entgegentreten, daß die Abtrennung der deutschen Gebiete bedeuten würde, daß die ganze Èechoslovakei dem Deutschen Reiche übergeben werden müßte, daß der übrigbleibende èechische Rest daher zum Untergang verurteilt wäre. Der èechische Staat, auf seine natürliche Grundlage gestellt, auf seine èechischen Gebiete allein beschränkt, könnte gewiß für sich allein bestehen bleiben, wenngleich ich zugeben will, daß er infolge seiner Kleinheit genötigt wäre, Anschluß und Anlehnung an einen größeren Nachbarn zu suchen. Im übrigen schreit, möchte man sagen, die ganze moderne Zeit darnach und es ist ja das Schlagwort der Jetztzeit, diese Kleinstaaten zusammenzu schließen und die gefährliche Rückbildung ins Mittelalter, die Aufrichtung unübersteigbarer Zollmauern durch Zusammenfassung der natürlichen Wirtschaftsgebiete zu verhindern.


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