Ètvrtek 19. kvìtna 1932

Meine Herren! Die Landwirtschaft steht heute ohne Kredit da. Bei der Landwirtschaft ist es heute so, daß selbst Bauern, die schuldenfrei sind, wenn sie 3000 bis 4000 Kè Steuern schuldig sind, nicht in der Lage sind, bei Raiffeisenkassen oder sonst wo Kredit zur Zahlung der Steuern zu bekommen und die Exekution über sich ergehen lassen müssen. Wir brauchen eine ausgiebige Kredithilfe für die Landwirtschaft, weil es unmögliche Verhältnisse sind, die bei uns eingerissen sind. Dem goldenen Kalbe zuliebe, einem vollkommen unbegreiflichen Dienst an der angeblichen Aufrechthaltung des Kurses der Krone zuliebe, wird das Wirtschaftsleben gedrosselt, unser wirtschaftliches Leben unterbunden und totgeschlagen. (Souhlas.) In dieser Art und Weise kann es nicht weitergehen. Wir können nicht weiter bloß davon sprechen, was wir in Zukunft von den Maßnahmen erwarten, die das Ausland treffen will, von einem Tardieu-Plan und anderem. Davon kann keine Rede sein und das ist ausgeschlossen. Wir müssen uns endlich zu dem entschließen, was wir selbst tun können und was wir aus eigener Kraft in die Wege zu leiten imstande sind. Was wir brauchen, ist die Schaffung und Sicherung unseres Inlandmarktes und die Kultivierung dieses Inlandsmarktes, die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten, damit das Geld, das wir bisher nutzlos auf Arbeitslosenunterstützung verpulverten, wenigstens zu produktiver Arbeit verwendet wird. Das sind die Probleme, die uns beschäftigen müssen. Wir aber sehen stets nur leere Ministerbänke. Wir hören von Beratungen über Kleinigkeiten im Vergleich zu den großen Dingen, die uns bewegen, und wir sehen das Ende einer Session vor uns, die zwar Versprechungen gebracht hat, aber keine Erfüllung, keine wirkliche Hilfe. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.) Und wenn niemand vom Bunde der Landwirte hier sich dazu aufraffen kann, die wirkliche Meinung der deutschen Bauernschaft hier zu sagen, so erkläre ich hier: Zumindest die deutsche Bauernschaft ist am Ende ihrer Geduld und ich bin überzeugt, daß auch Sie von der èechischen Seite wissen werden, daß auch die èechische Bauernschaft länger nicht mehr warten will, weil sie nicht mehr warten kann. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Scharnagla (viz str. 47 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die zur Verhandlung stehende Regierungsvorlage bezüglich der Erzeugung von Spiritus und Regelung des Absatzes desselben durch perzentuelle Beimischung zu Betriebsmitteln soll der Landwirtschaft teilweise zu Hilfe kommen, insoferne sie den Überschuß der Kartoffelernte durch Verbrennung verwenden soll. Bekanntlich erfolgte die Spiritusbewirtschaftung bisher auf Grund eines bloßen Ermächtigungsgesetzes, mit dessen Durchführung die Spiritusverwertungsgesellschaft betraut war. Die zahlreichen analogen Beispiele in anderen Staaten sind als günstige Vorzeichen des Gesetzentwurfes zu werten, umsomehr als auch die dort gemachten Erfahrungen keine schlechten sind. Belebung der Spiritusindustrie, Verminderung der Arbeitslosigkeit und ein günstiger Einfluß auf die Handelsbilanz sind volkswirtschaftliche Vorteile dieses Systems. Es soll für unsere Landwirtschaft der Absatz der Kartoffeln sichergestellt. bzw. an manchen Orten erst ermöglicht werden. Da die Kartoffel eine der Hauptfrüchte unserer Gebirgsgebiete ist, die in der gegenwärtigen Krisis mehr als andere Gebiete leiden, wäre diese Hilfe eine sehr nachhaltige. Doch fehlt es bei uns durchwegs in den deutschen Randgebieten an den notwendigen Brennereien. Die Neuerrichtung von genossenschaftlichen Brennereien stößt auf ganz gewaltige Schwierigkeiten finanzieller Natur. Hier trägt zum Großteil die Regierung die alleinige Schuld. In der kurzen Spanne Zeit hat man der gesamten Volkswirtschaft ganz gewaltige Kapitalien abgeknüpft, die jetzt zum fehlen kommen. So unter anderem war es zuerst das Kriegsanleihegesetz, die Vermögensabgabe, und die Hinaufschraubung aller anderen direkten und indirekten Steuern. Ganz besonders aber hat sich auf dem Gebiete des Steuerwesens die jetzige Regierungsmajorität hervorgetan. Seit dem Jahre 1929, wo die Preise für alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse ständig im Sinken begriffen sind, kommt die Regierung mit ständigen neuen Steuern und Abgaben. Die gesamte Landwirtschaft ist heute derart verschuldet, daß man sich wohlweislich hüten muß, an sie mit neuerlichen Lasten heranzutreten. Die Not wächst Tag für Tag und von berufenen Stellen geschah bisher nichts, diese Not nur einigermaßen zu lindern. Das Budget des Staates ist alles andere als kein Krisenbudget. Die Ausgabeseite des Staatsvoranschlages muß bedeutend herabgesetzt werden, wenn nicht die gesamte Volkswirtschaft vernichtet werden soll. Besonders schwer trifft die Neuerhöhung der Umsatzsteuer von 2 auf 3% bei einem Einkommen von über 150.000 Kè die gesamte Volkswirtschaft.

Die Erhöhung der Tabakpreise wird sicherlich nicht jene Millionen bringen, die man sich von ihr versprochen hat. Die Regierung hat diese Verordnung ohne die Raucher gemacht und heute sehen Sie, daß sie anstatt mehr weniger einnimmt. Auf diese Art und Weise, wie man bisher regiert hat, wird der Landwirtschaft nicht geholfen. Geradezu goldene Berge hat man versprochen, geschehen ist bisher nichts. Vor Jahresfrist sprach man in diversen Versammlungen von seiten der Regierungsparteien über Erntesicherung und dergleichen mehr. Geschehen ist tatsächlich auch hier nichts. Der landwirtschaftliche Ausschuß wurde seit Monaten nicht einberufen und nun verhandelte er seit dem 14. April über diese, eigentlich kleine Vorlage.

Der Artikel V der Regierungsvorlage ist eine einzige Ermächtigung an den Herrn Finanzminister, da dort in jedem Absatz die Worte: "Der Finanzminister kann" zu lesen sind. Dringend notwendig brauchten wir in den Randgebieten Verwertungsstellen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, zu denen wir in erster Reihe die Kartoffel rechnen. Durch Errichtung von Brennereien in diesen Gebieten würde ein Hauptprodukt der landwirtschaftlichen Erzeuger Verwendung finden und an Kraftfuttermitteln würde man diesen wirtschaftlichen armen Gebieten ein wenig unter die Arme greifen. Aus eigenen Mitteln ist gegenwärtig an die Errichtung von Genossenschaftsbrennereien und Maschinen dazu nicht zu denken. Wir verlangen deshalb von der Regierung, daß sie die Bildung derartiger Genossenschaften durch Subventionen und langfristige niederverzinsliche Kredite errichten hilft. Diese für die Wirtschaftsförderung verwendeten Gelder kommen dem Staate und der Wirtschaft sicherlich wieder reichlich zugute. Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe, sie leiden außer an den in der gesamten Weltwirtschaft sichtbaren krisenhaften Verhältnissen, den gegenseitigen Absperrungsmaßnahmen und dem verringerten Konsum, hervorgerufen durch die Arbeitslosigkeit, an Absatzmöglichkeiten.

Für unsere Landwirtschaft soll durch die gegenwärtige Vorlage der Absatz der Kartoffeln sichergestellt bzw. an manchen Orten überhaupt erst ermöglicht werden. Da die Kartoffel eine der Hauptfrüchte unserer Gebirgsgebiete ist, die in der Krisis mehr leiden als andere Gebiete, wäre diese Hilfe eine sehr nachhaltige, umsomehr als die neu zu errichtenden Brennereien nur in Kartoffelbaugebieten zur Errichtung gelangen sollen. Doch erscheint trotz all den scheinbar günstigen Bestimmungen der Regierungsvorlage über die Spiritusbewirtschaftung der praktische Erfolg für unsere deutschen Randgebiete sehr problematisch. Besonders für unseren deutschen Böhmerwald, der ohnedies sehr, sehr arm an Brennereien ist, wird sich die Tatsache, daß Wiesenboden gegenüber Ackerboden für die Zuteilung des Kontingentes nur ein Viertel zählen, sehr erschwerend, wenn nicht völlig die Errichtung von Brennereien hindernd, zeigen. Dazu kommt, daß, wie ich oben angeführt habe, die finanzielle Tragkraft dieses. Gebietes ganz schwach ist und daß wir ohne Hilfe von außen sei es Staat, sei es Land, wohl kaum die nötigen Gelder aufbringen werden, die zur Errichtung einer modernen Spiritusbrennerei notwendig sind. Nicht gerade ermunternd wirkt es auch, daß von den heute bereits bestehenden 900 landwirtschaftlichen Brennereien alle kaum bis zur Hälfte ihrer Erzeugungskapazität arbeiten können und daß auch nach eventueller Erhöhung der Produktion infolge Einführung der Benzinmischung ihre Produktionsfähigkeit nicht voll ausgenützt werden wird. Aus Fachkreisen ist vielfach die Forderung laut geworden, daß man mit Errichtung von neuen Brennereien stillhalten soll, bis ein Verbrauchsbedarf von 1,035.000 hl jährlich gewährleistet sein wird. Ob die geplante Benzinmischung diesen erwünschten und erhofften Stand erreichen wird, ist heute noch nicht klar. Dazu kommt noch die Schwierigkeit, daß unsere gegenwärtig in Not stehende Zuckerindustrie sich ebenfalls auf Spirituserzeugung umzustellen wünscht. Die langen und äußerst schwierigen Beratungen, die dieses Gesetz erfordert hat, waren ja nicht in letzter Linie darauf zurückzuführen, daß man sich auf die Verteilungsschlüssel nicht einigen konnte. Sowohl das Verhältnis zwischen den landwirtschaftlichen Genossenschaften und den industriellen Brennereien, wie auch das Verhältnis der aus Kartoffeln und der aus Rohzucker erzeugenden Brennereien waren heftig umstrittene Fragen. Man hat sich damit geholfen, daß der Artikel IV in allen diesen Fragen dem Finanzminister die Ermächtigung gegeben hat, durch Verordnungen die Zuteilungsschlüssel zu regeln. Das bedeutet eine Vertagung dieser wichtigen Entscheidungen, aber noch keine Lösung. Die Schwierigkeit besteht doch darin, daß sowohl die armen Kartoffelbaugegenden wie auch die ehedem reichen Zuckerrübengebiete sich bei dem erhöhten Spiritusabsatz eine Besserung ihrer gegenwärtigen Lage erhoffen.

Um zur Spiritusbewirtschaftung noch einige Worte zu sagen, so wäre es an sich vom Standpunkt des Fiskus zu begrüßen, wenn die staatliche Finanzverwaltung, wie ja auch der § 6 der Vorlage vorsieht, auf eigene Rechnung wirtschaften würde und den, ja nicht geringen Reingewinn, für die gegenwärtig so bedürftige Staatskasse zur Verfügung stellen könnte. Nun hat scheinbar die Finanzverwaltung selbst nicht genügend Zutrauen zur staatlichen Bewirtschaftung und wird wohl die im Gesetze vorgesehene zweite Alternative wählen, der sie auch bisher die Spiritusbewirtschaftung anvertraut hatte, nämlich die einer Gesellschaft. Begrüßenswert sind all die Vorsichts- und Kontrollmaßnahmen, die sich die Finanzverwaltung gegenüber der Gesellschaft im Gesetze sichert. Wir wissen aber nicht, ob diese Maßnahmen eine Gewähr für eine sachliche und gerechte Behandlung der Agenda verbürgen. Eine eigene Handelsgesellschaft mit der Spiritusbewi rtschaftung zu betrauen, ist vor allem für diejenigen, die in dieser Gesellschaft vertreten sein werden, von großem Vorteil. Haben doch die Bruttoeinnahmen dieser Gesellschaft für die Jahre 1931/32 auf Grund der gegenwärtigen Produktionsverhältnisse 344 Millionen Kè betragen. Für das neue Kontingent von 500.000 hl Betriebsstoffen würde die Gesellschaft weitere 175 Millionen, also zusammen 519 Millionen Kè einnehmen. Wenn wir die Regie mit 55 Millionen veranschlagen, so würde bei diesem gewaltigen Umsatz doch ein sehr beträchtlicher Reingewinn abfallen. Nachdem es in diesem Staate vielfach Sitte sein soll, daß von Reingewinnen von Wirtschaftskörpern auf manche politischen Parteien, die auf die Führung der Staatsgeschäfte maßgebenden Einfluß ausüben, etwas und manchmal mehr als etwas abfällt, ist es begreiflich, daß sich auch hier die Befürchtung einstellt, daß die Einflußnahme gewisser politischer Parteien auf die Spiritusgesellschaft in dem oben angeführten ungünstigen Sinne erfolgen kann. Denn die Möglichkeit von reichen Einnahmsquellen dürfte sehr verlockend sein. Ganz abgesehen davon, daß der erhöhte Spiritusverbrauch den Wirkungsbereich der Gesellschaft bedeutend erweitern wird, womit die Möglichkeit einer Schaffung von reich dotierten Pfründen gegeben ist. Es müßten in dem gegebenfalls für die Schaffung der eigenen Handelsgesellschaft für Spiritusbewirtschaftung vorgesehenen Gesetz Maßnahmen getroffen werden, daß alle wirtschaftlichen Körperschaften, die an dieser Frage interessiert sind, ohne Rücksicht auf nationale Zusammensetzung oder Parteirichtung vertreten sind. Wir haben deshalb den Resolutionsantrag eingebracht, der im gewissen Sinne den Absatz VIII im § 6 ergänzt, indem wir fordern, daß gleichzeitig mit dem Rechnungsabschluß ein Bericht über die gesamte Spiritusbewirtschaftung der Nationalversammlung vorgelegt wird. Das Gesetz sieht zwar vor, daß die Spiritusgesellschaft innerhalb 4 Monaten nach Abschluß ihres Verwaltungsjahres einen genauen Bericht dem Finanzminister vorlegt und daß das Finanzministerium seinen Bericht nach 4 Monaten nach Vorlage des Berichtes der Spiritusgesel schaft der Nationalversammlung vorlegt. Wir begrüßen diese Bestimmung und glauben, unsere Anregung habe deswegen Berechtigung, weil ja die Spiritusbewirtschaftung ein verschleiertes Monopol darstellt und deshalb der Bericht mit der Vorlage des Rechnungsabschlusses der Nationalversammlung vorzulegen ist, dadurch genügend begründet ist. Es ist damit die Garantie gegeben, daß die Nationalversammlung jedes Jahr über dieses wichtige Gebiet der Wirtschaft Aufklärung erhält und zugleich die Garantie gegeben, daß das Verwaltungsjahr der Spiritusgesellschaft nicht allzu willkürlich in die Länge gezogen wird. Die Vorlage über die pflichtgemäße Mischung des Spiritus mit Betriebsstoffen hat ihre letzte Ursache und Begründung darin, daß der Verbrauch an Spiritus gehoben und damit unserer heimischen landwirtschaftlichen Produktion geholfen werden soll. Wenn auch wie aus meinen kurzen Ausführungen andeutungsweise ersichtlich ist, der Erfolg noch gar nicht sichergestellt ist, sondern vielleicht nur darin bestehen wird, daß den bestehenden Brennereien ein wenig geholfen wird, so wird an eine großzügige industrielle Verwertung des Kartoffelüberschusses unserer armen Gebirgskartoffelgebiete wohl kaum zu denken sein. Da die beiden Vorlagen von dem Gedanken der Hilfe an die gegenwärtige notleidende Landwirtschaft getragen sind, wird ihnen mein Klub, trotz vielfacher Bedenken, seine Zustimmung nicht versagen. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Russa (viz str. 61 tìsnopisecké zprávy):

Im Zusammenhang mit den verschiedenen Wirtschaftsvorlagen der letzten Zeit, die im krassen Gegensatz zu den Lebensnotwendigkeiten der großen Masse der werktätigen Bevölkerung stehen, weil sie alle eine Belastung der Lebensexistenz mit sich brachten, habe ich den Auftrag der Bevölkerung des Erzgebirges, hier von neuem die Notlage dieses Gebietes zur Sprache zu bringen. Am 18. März hat hier im Hause bereits Gen. Hadek darüber gesprochen und ausführlich die himmelschreienden Zustände dieses Gebietes dargelegt, wie sie von einer Delegation unseres Klubs, der Arbeiterhilfe und Pressevertretern festgestellt wurde, welche die Bezirke Graslitz, Neudek, Preßnitz und Weipert besuchten und feststellten, daß nach Aussagen von Ärzten bereits Todesfälle wegen Unterernährung, also Hungertod, vorgekommen sind. Bis heute wurde aber trotzdem von Seiten der Regierung nicht das geringste getan, um Abhilfe zu schaffen.

Aber nicht nur von unserer Seite wurde die Notlage des Erzgebirges konstatiert, auch bürgerliche Zeitungen haben die Verhältnisse geschildert und ich verweise hier speziell auf die Artikel von Herrn Dr. Max Brod im "Prager Tagblatt", der eine dringende Hilfe für das Erzgebirge als unbedingt notwendig erklärte. Es hat sich bereits ein Komitee von Leuten gebildet, die versuchen, von privater Seite dem hungernden Erzgebirge Hilfe zu bringen. Wirkliche Hilfe kann aber nur geleistet werden, wenn tatsächlich auch die Regierung, der Staat helfend eingreift. Unser Klub hat entsprechende Anträge eingebracht und verlangt, daß ohne weiteres 10 Millionen Kè zur Verfügung gestellt werden, die für die Allerbedürftigsten der Bevölkerung des Erzgebirges verwendet werden sollen. Wir haben weiters eine ganze Reihe von Notstandsarbeiten verlangt, die dringend notwendig sind, die auch seit langem bereits projektiert sind, aber nicht durchgeführt werden können, weil die Gemeinden und Bezirke ohne Geldmittel dastehen. Nur auf diesem Wege ist es möglich, der arbeitenden Bevölkerung des Erzgebirges einigermaßen Arbeit und Brot zu verschaffen.

Ich hatte in den letzten Wochen selbst Gelegenheit, speziell das Gebiet des Neudeker und Graslitzer Bezirkes zu besuchen und konnte aus eigener Beobachtung konstatieren, welch ungeheure Notlage dort herrscht. Die Bevölkerung hat nichts, der Großteil der Bevölkerung ist arbeitslos. Besonders seit die Eisenwerke von Neudek-Rothau und Schindelwald von dort abgewandert sind. In der Textilindustrie ist das Gleiche der Fall, die Produktion ist ungeheuer eingeschränkt, die Arbeiter werden entlassen, die Löhne herabgesetzt. Besonders groß ist die Zahl der arbeitslosen jugendlichen Arbeiter, und wenn sie schon Arbeit finden, müssen sie sich mit 30 Kè Wochenlohn abspeisen lassen. Wir sehen also, daß selbst da, wo die Arbeiter noch einigermaßen Arbeit haben, mit so niedrigen Löhnen gearbeitet wird, daß die Arbeiter kein menschenwürdiges Leben führen können. Mit dem Einzug des Frühlings und Sommers hoffte die Bewohnerschaft Arbeit zu bekommen. Die Arbeiter glaubten, daß die Anträge unserer Fraktion im Hause verhandelt und angenommen werden würden, aber bis heute ist nichts geschehen, und die Anträge sind irgendwo in einer Schublade vergraben, und ruhen dort, während die Arbeiterschaft an Hunger zugrunde geht.

Ich möchte hier nur das Beispiel einer Frau Lehrer anführen. Sie ist 32 Jahre alt, Mutter von 4 Kindern und mußte wegen Unterernährung ins Neudeker Krankenhaus eingeliefert werden. In Frühbuß, wo schon vorher ein Arzt in einer Familie Unterernährung konstatierte, sind drei Kinder nacheinander an Unterernährung zugrunde gegangen.

Es ist klar, daß bei dieser Notlage auch die gesundheitlichen Verhältnisse ungeheuer schlecht sind. Besonders die Kinder haben darunter zu leiden. Seit den Wintermonaten grassiert im Bezirke Graslitz die Diphtherie, und die Krankenhäuser sind mit solchen Fällen überfüllt, so daß zwei Kinder in einem Bette liegen müssen. Trotzdem kann nur ein geringer Prozentsatz der Kranken untergebracht werden, ein Großteil dieser Kinder muß daheim ohne die nötige Pflege bleiben. Im Ort Neuhaus, Bezirk Neudek grassiert die Grippe. Die Bevölkerung war gezwungen, die Hilfe der Bezirksbehörden in Anspruch zu nehmen, weil das Geld für die Anschaffung von Medikamenten fehlte. Wirklich geholfen werden kann, wie ich schon gesagt, nur vom Staate werden. Es ist unbedingt nötig, die projektierten Notstandsarbeiten jetzt durchzuführen, wozu die Bezirke und Gemeinden außerstande sind. Straßen müssen repariert und neu gebaut werden. Krankenhäuser sind notwendig. Aber die Geldmittel der Gemeinden und Bezirke sind erschöpft. Ein Beispiel: die Bezirksstraße von Rothau nach Hochgarth wurde bereits angefangen, mußte aber wieder eingestellt werden, weil die Geldmittel nicht ausreichen, um den Bau weiterzuführen. Einem Großteil der Gemeinden, die in ihren Voranschlägen dafür Geldmittel bereitstellen wollten, wurde dieser Betrag gestrichen, weil sie gezwungen wären, Darlehen aufzunehmen. Der Bevölkerung stehen nur noch Lebensmittelkarten zur Verfügung. Aber wie schaut es da aus? Die Verheirateten erhalten höchstens Lebensmittelkarten im Betrage von 80 Kè, Ledige 40 Kè. Ich frage: wer ist imstande, mit diesem geringen Betrag seine Existenz zu fristen? Aber auch von diesen Lebensmittelkarten ist ein Großteil der Arbeitslosen ausgeschieden, vor allem die Jugendlichen bis zu 17 Jahren. Ferner sind in derselben jene, die seit 1929 eine Beschäftigung von 3 Monaten nicht nachweisen können, vom Bezug der Lebensmittelkarten ausgeschlossen, so auch kleine Rentenempfänger. In der Stadt Graslitz beträgt die Zahl der Ausgeschalteten 500, im Bezirke über 2000, die auf Grund der Kontrollmaßnahmen des Fürsorgeministeriums ausgeschieden sind. Wir können hier sehen, auf welche Art und Weise für die Leute gesorgt wird. Aber nicht nur die Arbeiter leiden ungeheuer unter dieser Notlage, sondern neben den Arbeitern sind es auch die Kleinbauern, die regelrecht zugrunde gehen! Diese Kleinbauern können nur existieren, wenn sie während der Saison Arbeiten verrichten oder Familienmitglieder haben, die in die Fabrik gehen können. Das ist aber jetzt vorüber und ausgeschlossen. Früher war es diesen Leuten möglich, nach Sachsen in Arbeit zu gehen, jetzt ist aber die Grenze gesperrt und das bißchen Grund und Boden, das sie ungeheuer schwer bearbeiten müssen, ist nicht imstande, diese Leute über Wasser zu halten. Nach dem Kleinbauern sind es die Kleingewerbetreibenden, die ebenfalls zugrunde gehen und warum? Wenn die großen Massen der arbeitenden Bevölkerung ohne Mittel dastehen, ist auch diesen Kleingewerbetreibenden der Lebensnerv abgeschnitten. Die Kaufleute und Händler wollen heute schon z. B. die Lebensmittelkarten nicht mehr einlösen, weil sie sie vom Staat nicht refundiert bekommen, weil sie Monate lang auf diese Refundierung warten müssen, sie haben aber nicht mehr das nötige Geld, um Waren einkaufen zu können und den Arbeitern Nahrungsmittel auf diese Lebensmittelkarten ausfolgen zu können. So sehen wir, wie ein Stand nach dem andern der Vernichtung anheimfällt. Ungeheuer schlecht geht es den Kleinhäuslern. Wer sich in den letzten Jahren der Konjunktur noch etwas ersparen und davon ein Häuschen erbauen konnte, ist heute nicht einmal imstande, dieses Häuschen zu verkaufen, weil sich kein Käufer findet. Die Folge ist, daß diese Leute ohne weiters gepfändet werden. Wir sehen, daß in diesen Bezirken die Zahl der Steuerexekutoren verdoppelt wurde und daß diese rücksichtslos gegen die Kleinhäusler, Kleingewerbetreibenden und Kleinbauern vorgehen. Hier muß unbedingt helfend eingeschritten werden, hier muß der Staat eingreifen. Bezirke und Gemeinden sind ausgepumpt und nicht in der Lage zu helfen. Hier kann nur Hilfe geschaffen werden, wenn die von unserem Klub gestellten Anträge verwirklicht werden. Aber ich glaube, daß diese Bevölkerung noch Monate lang warten kann. Wir müssen ihr deshalb zurufen: Wenn sie wirklich will, daß etwas getan wird, dann muß sie energisch den Kampf gegen diese Verhungerung und gegen diese Verelendung führen. Nur unter der Bedingung wird es möglich sein, Hilfe zu schaffen, wenn alle Arbeiter, Kleinbauern und Kleingewerbetreibenden geschlossen den Kampf um ihre Existenz führen, dann werden sie die Forderungen, die wir gestellt haben, erfüllt sehen. Die kommunistische Partei wird Sorge tragen, daß diese Verelendung und dieser Hunger nicht nur in unserem Staat bekannt wird, sondern weit hinaus über die Grenzen der Èechoslovakei, genau so wie damals im Karpathenland. Wir werden Sorge tragen, daß die Welt weiß, daß die Èechoslovakei keine Insel der Seligen ist, sondern eine Insel, wo Not, Elend und Hunger herrschen, wo die Arbeiter in Massen zugrunde gehen.

Aber wenn unsere Regierung für die Hungernden und Elenden nichts übrig hat, um ihnen ihre Existenz zu sichern, so können wir auf der anderen Seite Verfolgungen der Arbeiterschaft konstatieren, wenn diese sich gegen diesen Hunger wehrt. Die Persekutionen und Verfolgungen der Arbeiterschaft gegenüber sind ungemein scharf und schwer. Ich verweise nur auf den Fall Hittl, der vier Wochen im Kerker gesessen ist, ohne zu wissen, warum. Er wurde verhaftet und ins Bezirksgefängnis nach Graslitz überführt, dort trat er in den Hungerstreik, weil er wußte, daß er unschuldig eingesperrt war. Von dort wurde er ins Kreisgefängnis nach Eger überführt. 11 Tage blieb er im Hungerstreik. Am 9. Tag versuchte man ihn gewaltsam zu ernähren und brach ihm dabei die Zähne aus. Endlich wurde er nach 4 Wochen auf freien Fuß gesetzt, er mußte entlassen werden, weil kein Vergehen konstatiert werden konnte, das die Zurückbehaltung im Gefängnis gerechtfertigt hätte. Ein anderer Fall sind die Persekutionen im Bezirk Komotau. Samstag fanden dort über 50 Hausdurchsuchungen statt, Sonntag sollte das Jugendtreffen stattfinden, der Bezirkshauptmann von Komotau glaubte wahrscheinlich, daß irgendwelche staatsumstürzlerische Gedanken verbreitet werden sollten und wollte daher energisch eingreifen. Überdies ist dieser Bezirkshauptmann aus den von ihm getroffenen Maßnahmen beim letzten Bergarbeiterstreik bekannt, er wollte durch diese Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung beitragen, es ist aber gerade dadurch zu den schwersten Ausschreitungen der Gendarmerie und zu den schwersten Zusammenstößen gekommen. Nun wurden 50 Hausdurchsuchungen bei der kommunistischen Jugend und bei der Pionierbewegung vorgenommen, gefunden wurde aber nichts. Wogegen aber aufs schärfste protestiert werden muß, ist, daß man auch bei der kommunistischen Abgeordneten Kuhn ohneweiters Hausdurchsuchungen vornahm. Das Zimmer der Genossin Kuhn ist an der Türe mit dem Namen derselben gekennzeichnet und als das den Gendarmen gesagt wurde, erklärten sie, sie würden beim Bezirkshauptmann Instruktionen einholen. Nach kurzer Zeit kamen sie wieder und hatten. tatsächlich eine Bewilligung, daß ihnen vom Bezirkshauptmann das Recht erteilt wird, Hausdurchsuchung in der Wohnung der Genossin Kuhn abzuhalten. Ich frage: hatte dieser Bezirkshauptmann vom Präsidium dieses Hauses die Bewilligung, dort eine Hausdurchsuchung vorzunehmen? Ich glaube, daß das nicht der Fall ist, sondern daß er willkürlich von sich selbst aus diese Hausdurchsuchung vornehmen ließ und dadurch die Immunität der Abgeordneten aufs gröblichste verletzt hat. Wir verlangen, daß dieser Mann zur Rechenschaft gezogen und bestraft wird, denn wir können es nicht dulden und uns nicht gefallen lassen, daß kommunistische Abgeordnete zum Freiwild dieser Bezirkshauptleute werden. Wir sind viele Verfolgungen gewohnt. (Posl. Horpynka: Der Bezirkshauptmann von Komotau ist organisierter Sozialdemokrat!) Das ist ungemein bezeichnend, speziell bezeichnend für diese Partei, die vorgibt, die arbeitenden Massen zu vertreten, und heute, wo sie mit den Mehrheitsparteien in der Regierung sitzt, die Arbeiterschaft aufs schwerste belastet, und die Hand dazu reicht, daß die Arbeiterschaft, die sich gegen Not und Elend wehrt, aufs schärfste verfolgt wird. Wir sahen diese Partei schon öfter, wo sie mit der Knüppelgarde und Gendarmen gegen die Arbeiterschaft losgegangen ist und es ist bezeichnend, wenn dieser Bezirkshauptmann tatsächlich Mitglied der sozialdemokratischen Partei ist. Es nimmt uns dann nicht Wunder, wenn dort die Maßnahmen schärfer sind, als in anderen Bezirken. Wir werden es uns nicht ruhig gefallen lassen, daß man ohne weiters die Gesetze übertritt, und daß man glaubt, mit uns machen zu können, was man will.

Wir müssen den arbeitenden Massen sagen, daß sie gegen diese Persekutionen, gegen Not und Elend den schärfsten Kampf führen müssen, daß sie gegen diese wirtschaftlichen Gesetzesvorlagen, die die Arbeiterschaft immer mehr belasten, energisch kämpfen müssen, und wenn sie aus diesen elenden Zuständen herauskommen wollen, können sie es nur dann erreichen, wen sie alle Kraft aufwenden, um den Sturz des kapitalistischen Systems herbeizuführen. (Potlesk.)

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