Die ungeheure Not unter den Arbeitslosen in unserer Stadt ist eine derartige, daß eine große Anzahl derselben nicht mehr in der Lage ist, die Hauszinse zu bezahleñ, oder für sich und ihre Kinder die notwendigste Kleidung und Nahrung zu beschaffen. Die Gemeinde selbst ist leider nicht mehr in der Lage den Arbeitslosen aus ihren Mitteln irgendwelche Unterstützungen zu gewähren. Die wirtschaftliche Lage in Zwickau ist so schlecht, daß auch die wenigen noch vegetierenden Geschäftsleute und Gewerbetreibenden nicht mehr irgendwelche Unterstützungen gewähren können, sondern selbst noch unterstützt werden möchten. Der Stadt stehen auf Grund dieser Verhältnisse, da die Umlagen ausbleiben, immer weniger und weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Ein Gewerbetreibender nach dem an eren geht auf Grund dieser Verhältnisse zugrunde. Die Stadt ist mit den Mitteln für die öffentliche Armenfürsorge vollständig erschöpft, so daß sie auch im Wege der Armenfürsorge nicht mehr helfend eingreifen kann.
Die Bezirksbehörde in Deutsch-Gabel benützt den Erlaß des Ministeriums für soziale Fürsorge über die staatliche Ernährungsaktion für Arbeitslose und beschränkt arbeitende Personen zur weiteren Bedrückung der Arbeitslosen und ihrer Angehörigen. Auf Grund der fortwährenden Streichungen und neuer die Aktion erschwerender Weisungen der Bezirksbehörde haben sich bereits bei den letzten Meldungen über 300 Arbeitslose nicht mehr arbeitslos gemeldet. Die Anzahl der für die Stadt zugewiesenen Lebensmittelkarten wird von einer Ausgabe zur anderen reduziert, so daß ein großer Teil der gemeldeten Arbeitslosen trotz ihres notorischen Elends, von der sozialen Kommission der Stadt nicht berücksichtigt werden kann. Die Bezirksbehörde läßt in den vorgelegten Ausweisen der Arbeitslosen durch einen Beamten der Bezirksbehörde wahllos Streichungen vornehmen. Sämtliche Bauarbeiter werden als Saisonarbeiter geführt, die in der sogenannten Saison trotz verkürzter Arbeitszeit soviel verdient haben sollen, daß sie über die nichtbeschäftigte Zeit leben können und infolgedessen von der Bezirksbehörde gestrichen werden. Kleinhäusler werden gestrichen, weil ihr Hausbesitz noch nicht vollständig verschuldet ist, Witwen, trotzdem sie einen selbständigen Haushalt führen, als ledig geführt. Frauen von Arbeitslosen, wo der Mann auch arbeitslos ist und eine kleine Unterstützung auf Grund des Genter Systems bezieht, werden gleichfalls von der Bezirksbehörde nicht anerkannt. Arme aber noch arbeitsfähige Leute, welche von der Gemeinde eine Armenunterstützung über 40 Kè oder eine sonstige Rente in dieser Höhe beziehen, werden gestrichen. Einwendungen gegen derartige Streichungen werden mit Redensarten wie "solche Leute müssen von der Gemeinde zur Gänze erhalten werden" abgetan, ohne daß dies aber möglich wäre.
Bei der Meldung der Arbeitslosen des vorigen Monates haben sich in Zwickau 618 Personen für den Bezug der Lebensmittelkarten gemeldet. Der Beamte der Bezirksbehörde reduzierte diese Anzahl auf 498. Bei der neuerlichen Revision der Ausweise durch den Oberkommissär Vyskoèil wurde diese Zahl auf 465 Haushaltungsvorstände vermindert. Die Landwirte, die auf Grund der staatlichen Ernährungsaktion Milch an die Kinder der Arbeitslosen liefern, müssen drei und vier Monate auf Abrechnung der abgelieferten Milchkarten warten. Durch diese Praxis wird die Not unter den kleinen Landwirten künstlich gesteigert, da ihnen doch über die Wintermonate nur die Gelder zur Verfügung stehen, die aus der Milchwirtschaft kommen.
Die Stadtvertretung hat auf Grund dieser Tatsachen den Eindruck gewonnen, als ob die Bezirksbehörde die Arbeitslosen und ihre Angehörigen zur Verzweiflung treiben wolle. Die Erregung unter der gesamten Bevölkerung wird durch diese Maßnahme der Bezirksbehörde aufs höchste gesteigert. Dieser Eindruck wurde auch verschärft durch die Ausführungen des Herrn Oberkommissärs Vyskoèil der Delegation gegenüber, die nach der Intervention in Prag am 17. März bei der Bezirksbehörde vorgesprochen hat. Die Stadtvertretung ersucht das Ministerium für soziale Fürsorge um besondere Berücksichtigung ihrer schweren Lage, um dringende Behandlung dieses Memorandums, um Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung unter den durch die herrschende Not zum Leiden gezwungenen Bevölkerungsschichten vorzubeugen."
Auf dieses Memorandum der Stadtgemeinde Zwickau ist bis jetzt noch keine Antwort des Ministeriums für soziale Fürsorge eingelaufen, trotzdem das Memorandum am 17. oder am 18. März bereits abgeschickt wurde, und es hat sich an diesem System Vyskoèil im Deutsch-Gabler Bezirk bis jetzt auch nichts geändert. Also müssen die Arbeitslosen dort draußen, muß die Bevölkerung annehmen, daß Minister Czech mit dem Vorgehen des Herrn Vyskoèil einverstanden ist.
Ich möchte jetzt auf den Ton zu sprechen kommen, dessen sich der Herr Oberkommissär Vyskoèil den Arbeitslosen gegenüber bedient, wenn sie einmal auf die Bezirksbehörde gehen müssen. Ich bin selbst dabei gestanden, wie der Oberkommissär Vyskoèil eine Witwe behandelt hat, Mutter von vier Kindern, die schon lange Monate arbeitslos ist und dort vorsprach, um mehr Karten zu bekommen, da sie von diesem minimalen Quantum unbedingt nicht leben kann, und die auf ihre Schuhe zeigte und sagte: "Ich habe keine Schuhe mehr, ich hätte nicht nach Deutsch-Gabel kommen und den weiten Weg machen können, wenn mir nicht jemand Schuhe geborgt hätte", da sagte Vyskoèil zu diesem Weibe: "Und wenn Sie nackt herumlaufen, das geht mich einen Dreck an." Das war die Antwort dieses Mannes auf die Not der arbeitenden Bevölkerung. Aber der Herr Oberkommissär Vyskoèil verpulvert Geld haufenweise bei anderen Gelegenheiten. Wenn von der Bezirksbehörde nur irgendwie in Erfahrung gebracht wird, daß irgendwo Arbeiter vielleicht zu einer Versammlung zusammenkommen könnten, oder wenn die Arbeiter eine öffentliche Versammlung anmelden, da marschiert zu jeder derartigen öffentlichen Versammlung der Herr Oberkommissär mit 20 bis 30 Gendarmen auf. Es ist in diesem Bezirke überhaupt fast schon unmöglich, eine Versammlung abzuhalten.
Wir haben es erleben müssen, daß uns Kommunalkonferenzen, wo Gemeindevertreter zusammengekommen sind und die auf Grund des § 2 einberufen waren, auseinandergejagt wurden, weil sie angeblich nicht der Form des Gesetzes entsprochen haben. Ich war bei einer derartigen Konferenz, die wir einberufen hatten, und da wurde vom Oberkommissär Vyskoèil eine Kontrolle der dort Anwesenden vorgenommen und dabei ging er folgendermaßen vor: Erst beanständete er die Präsenzlisten, sie sollten angeblich nicht richtig geführt sein, weil die Nummern durcheinander geschrieben waren. Als er da keinen Grund zu einer Beanständung fand, weil alle mit der ordnungsmäßig ausgefertigten § 2-Zetteln gekommen waren und niemand ohne diese Zettel eingelassen worden war, ging er zu folgendem Vorgang über: Er lief herum - es waren ungefähr 60 Teilnehmer anwesend - und fragte einige 20 der Teilnehmer um ihre Namen, bis er einen fand, wo ich dessen Name nicht sofort sagen konnte, und da sagte er: "Ja, Sie kennen diesen Mann nicht gut, infolgedessen ist Ihre Versammlung aufgelöst und verboten." Die Gendarmen stürzten herein und trieben die Leute hinaus. Diese Leute, die aus dem Lokal weggingen, wurden aber von den Gendarmen auf der Straße weiter verfolgt. Wo einer oder der andere in irgendein Wirtshaus abschwenkte, stürmten die Gendarmen in dieses Gasthaus und räumten in Deutsch-Gabel auf dem Wege bis hinein in die Stadt sämtliche Wirtshäuser; aus sämtlichen Gasthäusern wurden auch diejenigen Gäste, die mit dieser Kundgebung gar nichts zu tun hatten, herausgejagt.
Sehr niedlich bemerkbar machte
er sich auch am 1. Mai. Das ist so ein Glanztag für ihn, [Další
slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna
1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké
zprávy.] Schon im vorigen Jahr hatten es ihm die Abzeichen
zum 1. Mai angetan, die die Leute trugen. Er versuchte schon im
vorigen Jahre, sie zu verbieten. Heuer hat er in Deutsch-Gabel
[Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze
dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké
zprávy.] damit es zu Zusammenstößen komme, und es ist nur
der Besonnenheit der Arbeiter und ihrer Ordner zu verdanken, daß
es nicht wirklich zu ernsten Auseinandersetzungen gekommen ist.
Schon in der Früh, als die Leute anmarschierten und der Zug der
Demonstranten zusammengestellt wurde, hatte Vyskoèil nichts anderes
zu tun, als hinauszugehen, anzuordnen, daß jedes Maiabzeichen,
das man angesteckt hatte, verschwinden müsse, daß kein Abzeichen
mehr verkauft werden dürfe, und jeder Sowjetstern, den irgendjemand
trug, mußte abgenommen werden und verschwinden. Weil sich aber
die Arbeiter immer noch [Další slova byla usnesení pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn.
øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] die Ruhe bewahrten,
der Aufforderung der Ordner, den Weisungen des Herrn Vyskoèil
nachzukommen, Folge leisteten, da ist er zu gröberen Maßnahmen
übergegangen. Er hat erklärt: "dort sind sieben Leute, die
haben schwarze Hemden an", sieben junge Leute im Alter von
7 bis 20 Jahren, es waren drei Burschen und vier Mädeln, diese
sieben jugendlichen Arbeiter ließ er verhaften, und dann erst
ließ er die Arbeiter nach Deutsch-Gabel hineinziehen, wo die Kundgebung
abgehalten wurde. Nach der Kundgebung erklärte er, jetzt müsse
das Programm zu Ende geführt werden, wenn der letzte Redner wird
gesprochen haben, müssen die Leute sofort mit der Musik abmarschieren.
Nun verlangten die Arbeiter die Freilassung der sieben grundlos
Verhafteten; es bega sich eine Deputation auf die Bezirksbehörde,
die vom Bezirkshauptmann diese Leute frei bekam. Aber mittlerweile
hat Vyskoèil unten auf dem Markte die Musikanten aufgefordert,
weiter zu marschieren, auf ei nmal aber besann er sich eines Besseren
und pfiff nach der Gendarmerie; es kamen sofort 30 bis 40 Mann
Gendarmerie und veranstalteten in Deutsch-Gabel eine regelrechte
Hetzjagd. Das Erste war, daß sie in die Musikbanda, die bereits
abmarschierte, hineinprügelten. Dann wurde ganz Deutsch-Gabel
systematisch geräumt, d. h. man verprügelte alle Spaziergänger
und Fußgänger, traktierte sie mit Gewehrkolben und verjagte sie
vom Platze. Es war nur der Besonnenheit, das sage ich noch einmal,
unserer Ordner zu danken, daß es nicht zu irgendwelchen ernsten
Auseinandersetzungen kam, [Další slova byla usenesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn.
øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Warum geschah
dies alles dort? Vor allen Dingen war Herr Oberkommissär Vyskoèil
in der letzten Zeit sehr zornig auf die ganze werktätige Bevölkerung.
Herr Oberkommissär Vyskoèil braucht sehr viel Geld, er braucht
es, wenn er abends seine Autofahrten machen muß, die er in Begleitung
von 4 bis 5 Gendarmen stundenweit macht, um in jedes Gasthaus
zu gehen und nachzusehen, ob dieses nicht um Vierteleins in der
Nacht noch ein Glas Bier ausschenkt. Er muß alles kontrollieren,
um neue Schikanen zu erfinden. Er getraut sich aber nicht allein,
deshalb müssen immer, wohin er auch geht, die Gendarmen mit ihm
gehen, dazu braucht er ein Auto und das kostet Geld. Es kostet
auch Geld, die Gendarmen bei guter Laune zu erhalten; zu diesem
Zwecke wird er auch diese oder jene Ausgabe machen müssen. Infolgedessen
hat er sich ganz einfach 6000 Kè aus der Kasse der Bezirksvertretung
auszahlen lassen, und das wurde aufgedeckt, und deshalb hat er
jetzt einen Zorn. Ja, kann denn der Oberkommissär ohne Beschluß
der Bezirksvertretung mit den Geldern wirtschaften wie er will,
noch dazu bei dieser Notlage im Bezirke, wo für die primitivsten
sozialen Anforderungen kein Geld vorhanden ist? Oberkommissär
Vyskoèil entnimmt dieser Bezirkskassa 6000 Kè und der Bezirkshauptmann
Hittel deckt dies, indem er erklärt: "Wenn in der Staatskasse
kein Geld vorhanden ist und das Geld durch die Behörde gebraucht
wird, kann es ganz ruhig aus der Kassa der Bezirksvertretung entnommen
werden." Das wurde in der Zeitung veröffentlicht. Die Folge
davon war, daß Herr Oberkommissär Vyskoèil seine Gendarmen zu
den Bezirksausschußmitgliedern schickte. Er machte auf die Bezirksausschußmitglieder
Jagd, es fehlte nur noch, daß er den ganzen Bezirksausschuß verhaften
ließ, weil er gewagt hat, diese Sachen des Oberkommissärs Vyskoèil
an die Öffentlichkeit zu bringen. Das sind Heldentaten, die Herr
Oberkommissär Vyskoèil verübte. Die gesamte werktätige Bevölkerung
leidet maßlos unter der Not, sie leidet aber auch maßlos unter
der Bedrückung und es wird einmal die Zeit kommen, es wird nicht
mehr lange dauern, [Další slova byla usnesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn.
øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Die Arbeiterklasse
wird es sich wohl merken, wie sie dann mit diesen Leuten wird
Abrechnung halten müssen und mag die Unterdrückung der werktätigen
Bevölkerung durch die Bourgeoisie, durch die Regierung auch noch
so scharfe Formen haben [Další slova byla usnesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn.
øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] (Potlesk komunistických
poslancù.)