Ètvrtek 12. kvìtna 1932

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 184. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 12. kvìtna 1932.

1. Øeè posl. Krebse (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist in der letzten Zeit nahezu zu einer ständigen Einrichtung geworden, daß wir jede sich uns bietende Gelegenheit benützen müssen, um über Persekutionen unserer Bewegung der Öffentlichkeit in breitestem Umfange Bericht zu erstatten. Ich muß auch heute wieder über eine Unzahl von Übergriffen und schändlichsten Polizeiakten berichten und die Verwahrung meiner Partei gegen die Art und Weise, wie in diesem Lande der Gummiknüppel und Polizeimanieren zur Herrschaft gelangen, einlegen. In der feierlichen Erklärung zur Verfassungsurkunde vom 29. Feber 1920 heißt es wörtlich: "Hiebei erklären wir, das èechoslovakische Volk, daß die Verfassung und alle Gesetze unseres Landes in gleicher Weise im Geiste unserer Geschichte wie im Geiste der im Prinzip der Selbstbestimmung enthaltenen modernen Grundsätze durchgeführt werden. Denn wir wollen unter der Gesellschaft der Völker als ein gebildetes, friedliebendes, demokratisches und fortschrittliches Mitglied uns anschließen." Ich will heute nicht untersuchen, ob eine der Regierungen der Èechoslovakischen Republik diese schönen Versprechungen in der Präambel der Verfassung jemals ernst gemeint hat. Ich will aber diesen schönen Worten heute die nackten Tatsachen gegenüberstellen. Ich will auch keinerlei politische Konsequenzen daraus ableiten, ich will lediglich einige Tatsachen feststellen.

Was in der letzten Zeit an Gesetzesver letzungen der Organe und der Behörden in der Èechoslovakischen Republik, was in der letzten Zeit durch die Zensur, ferner durch die Organe der Gendarmerie und Staatspolizei, ja sogar selbst einzelner Bezirksbehörden zu verzeichnen war, das übersteigt das Maß dessen, was wir auch hierzulande beinahe schon gewohnt sind. Fast 1000 Hausdurchsuchungen sind bisher bei den Mitgliedern und Anhängern der nationalsozialistischen Arbeiterpartei in den letzten 2 1/2 Monaten durchgeführt worden, weit über 200 Verhaftungen sind erfolgt, eine endlose Konfiskation der Parteipresse - das sind die äußeren Zeichen einer Persekution, wie wir sie in einer so massenhaften Art und Weise noch niemals, auch in diesem Lande nicht, gewöhnt waren. Ich will einen Vergleich mit den Zuständen im alten Österreich nicht anstellen. Seit dem Sommer 1931, seitdem das Verbot des Tragens der Braunhemden erflossen ist, brechen die verschiedenen Persekutionen gegen unsere Bewegung nicht mehr ab.

Ich habe im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses bereits Stellung nehmen können gegen die unwahre und lügenhafte Berichterstattung einzelner Unterbehörden. Ich habe dem Herrn Minister des Innern und dem Sektionschef Dr. Bobek die Tatsachen gegenüber den unrichtigen und unwahren Berichterstattungen vor Augen halten können. Wir haben aber nicht feststellen können, daß sich die Behörden bemüht hätten, auch nur den geringsten Schein einer Objektivität zu wahren, im Gegenteil, seitdem am 29. Feber 1932 die Auflösung des nationalsozialistischen Verbandes "Volkssport" durchgeführt worden ist, begannen mit dem 2. März erst die Verhaftungen, die auf der einen Seite nicht mehr abrissen und auf der anderen Seite eine einzige Kette von Blamagen der Behörden geworden sind.

Ich werde mich mit dem meritorischen Teil der "Volkssport"-Angelegenheit nicht beschäftigen, weil das Verfahren gegenwärtig bei den ordentlichen Gerichten stattfindet und ich mir einen Eingriff in das Verfahren der ordentlichen Gerichte nicht zuschulden kommen lassen will, wie sich das der Herr Minister des Innern Dr. Slávik in seiner bekannten Rede vom 7. März ebenso wie der Herr Unterrichtsminister Dr. Dérer in der Entlassung des Parteigenossen Hochschulassistenten Ing. Haider zuschulden kommen ließen. Ich will die Gesetze mehr achten, als es die Herren, die Wahrer und Hüter der Gesetze sind, getan haben, aus dem Grunde, weil wir überzeugt davon sind, daß die Gerichte auch über diese Fragen noch zu urteilen und zu sprechen haben werden. Ich will nur konstatieren, daß gerade auch bei diesen Massenverhaftungen in der unglaublichsten Weise die Mißstände in unserer politischen Verwaltung und in der Justizverwaltung klar und deutlich zum Vorschein gekommen sind. Vier bis sechs Wochen wurden die wahllos in Haft genommenen Nationalsozialisten in Haft behalten, ohne auch nur ein einziges Mal verhört zu werden; entgegen den klaren Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm, entgegen den klaren Bestimmungen der Gerichtsordnung werden die Leute wochenlang., ja man kann heute schon sagen monatelang in Haft behalten, ohne auch nur der geringsten Einvernahme unterzogen zu sein. Aber nicht die Untersuchungsrichter, ich möchte das ausdrücklich feststellen, tragen die Schuld an diesen Zuständen. Es ist ein Skandal der Justizverwaltung, der gerade jetzt in diesem Augenblick zur offenen Tatsache wird. Mehr als 200 Fälle hat z. B. der Untersuchungsrichter im Strafgefängnis von Pankrác zu untersuchen und trotz wiederholter Vorstellungen, die ich bis zum Justizminister hinauf durchgeführt habe, war es nicht möglich, zu erreichen, daß ein zweiter Untersuchungsrichter mit diesen Massenfällen beschäftigt wird. Man hat dem Untersuchungsrichter sogar die Schreibmaschinenkraft weggenommen und der Untersuchungsrichter mußte Wochen hindurch selbst auf der Schreibmaschine Konstitute und Protokolle anfe igen. Erst vor einigen Tagen ist dieser Skandal infolge Eingreifens des Justizministers, dem ich dafür Dank weiß, endlich beseitigt worden. (Smích a výkøiky komunistických poslancù.) Jawohl, wir können auch das ruhig feststellen; wir erklären, daß wir eine Korrektheit anerkennen - und es ist nichts anderes, als daß die technischen Mittel diesem armen Untersuchungsrichter, der auch nur ein Mensch ist und keine Maschine und 200 Fälle untersuchen soll, zur Verfügung gestellt werden. Daß unter diesen Umständen Richter und Untersuchungshäftlinge gelitten haben und leiden müssen, ist ganz klar, und so kam es, daß die Leute ohne jeden Grund, nur infolge eines Übergriffes von sogenannten untergeordneten Organen, 4, 5, 6 und mehr Wochen zwecklos in Haft gehalten wurden, (Posl. inž. Jung: Vielleicht deshalb, weil einer vor 3 Jahren ein Braunhemd getragen hat!) jawohl, weil vielleicht einer vor 3 Jahren ein Braunhemd getragen hat, trotzdem man bei den Leuten draußen dann zu Hause nichts gefunden hat, so kam es, daß sie infolge von Denunziationen verhaftet wurden, daß bei ihnen Hausdurchsuchungen vorgenommen wurden, daß man den Leuten die Dienstposten entzogen, sie entlassen, ihre Existenz vernichtet hat, einzig und allein durch diese skandalöse Untersuchungsführung. (Výkøiky komunistických poslancù.) Wenn Sie sich das gefallen lassen, wir lassen uns das nicht gefallen, wir treten für die Verhafteten ein! (Výkøiky komunistických poslancù.) Sie wissen ja nicht, was Sie wollen. Es ist ein Schaden angerichtet worden, der nicht nur ein Schaden an der Gesundheit ist, sondern auch ein Schaden am Ansehen. (Výkøiky komunistických poslancù.) Mit den Herren polemisieren wir nicht mehr. Ich wiederhole, ein Schaden am Ansehen zum Gaudium der aufgehetzten chauvinistischen Straße und ihrer Skandalpresse. Wie sich diese Skandalpresse aufgeführt hat, diese Methode kann man friedliebend oder gar demokratisch beim besten Willen nicht nennen. Über diese Art, wie oft in ganz ungesetzlicher Weise gelogen, in welch politisierender Art die Hausdurchsuchungen durchgeführt worden sind, darüber wird noch eingehend gesprochen werden. Wir sammeln das Material und werden es dem Hohen Hause und den Ausschüssen zugänglich machen, damit Sie sehen, in welcher Art und Weise hierzulande entgegen den klaren gesetzlichen Bestimmungen und entgegen jeder modernen Rechtsprechung diese Hausdurchsuchungen vorgenommen worden sind. Mehr als einmal kam es vor, daß die Polizei- und Gendarmerieorgane die Eltern der Verhafteten mit Entlassung bedroht haben, daß diese Organe während ihrer Amtshandlungen gemein geschimpft haben, in der ordinärsten Weise davon redeten, daß alle Hakenkreuzler aufgehängt werden sollten. (Výkøiky komunistických poslancù. - Posl. inž. Jung: Hast Du gehört, was die dort jetzt gesagt haben? Sie sagten, daß es richtig wäre, alle Hakenkreuzler aufzuhängen!) Ja, wir danken ihnen für diese Offenheit! Dieses ganze Material werden wir in einwandfreier Weise der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wir danken übrigens den Kommunisten auch für die Assistenz, die sie der Justiz und den Verfolgungen geleistet haben. Sie sehen, wir sind auch Ihnen gegenüber höflich. Wir werden noch eingehendes Material dem Hohen Hause vorlegen, was alles bei den Beschlagnahmen möglich ist. Ich möchte heute nur einige Originaldokumente dem Hause vorlegen. Was konfisziert man alles als sehr wichtig und für den gesamten Prozeß als unentbehrlich? Ich habe das Original eines solchen Protokolles, von dem ich übrigens sagen muß, daß es eine sogenannte Rarität ist, weil sich die Herren Gendarmerie- und Polizeiorgane gar nicht die Mühe gegeben haben, solche Protokolle anzufertigen. Da ist ein Protokoll aus Neudörfel vom 4. April d. J. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.)

Was ist konfisziert worden? 14 Blätter mit Liedern, bezeichnet mit 1 bis 14, 4 Photographien, ein völkisches Liederbuch, 6 Exemplare der Zeitung "Jungdeutsches Volk", ein Exemplar "Sudetendeutscher Beobachter" und drei Exemplare, betitelt "Braune Front", ein Fo rmular für eine Beitrittserklärung, eine Einladung zu einer § 2-Versammlung, eine Mitgliedskarte des Bruno Patzner, 4 nationalsozialistische Abzeichen, und zwar Abzeichen für den Völkischen Tag in Teplitz-Schönau, Parteiabzeichen, ein Fähnlein mit Hakenkreuz und ein Krawattenring mit Hakenkreuz. Das ist alles, was in diesem Falle beschlagnahmt wurde und zum Gegenstand nicht nur von Hausdurchsuchungen, sondern auch von Verhaftungen gemacht worden ist. In einem zweiten Fall wurden beschlagnahmt: verschiedene Geräte, Kessel, Faustbälle usw., einige Schriften, Zeitungen, wie z. B. "Der Tag", "Volksbote", "Der Gewerkschafter", Karten vom NSP-Verlag, Abzeichen und die gesamte Privatkorrespondenz. Ich habe hier ferner das Protokoll einer Hausdurchsuchung, die am 29. März in Aich bei Karlsbad vorgenommen worden ist. Beschlagnahmt wurden: Notizbücher, Kalender, Braunhemd und Kappe, Tagehefte, Broschüren aller Art, die im Verlage der nationalsozialistischen Arbeiterpartei erschienen sind. Bewilligungen der Bezirksbehörde für Veranstaltungen - sogar Bewilligungen der Bezirksbehörde sind beschlagnahmt worden - Theaterstücke, Lichtbilder, Drucksorten, Beitrittserklärungen, Erlagscheine - die Staatspolizei will wahrscheinlich die Schulden dieser Ortsgruppe bezahlen - Bücher, wie z. B. "Zinsrechner", "Deutsche Dichtung", ein Buch "Über das Judentum", "Der Sumpf", Radiohefte, "Buch für alle", Kinderhefte für die Schuljugend (Goethehefte), ausgearbeitete Vorträge, Trommeln, ferner einige Zeitungen, wie z. B. "Der Tag", "Deutscher Volksbote", "Sudetendeutscher Beobachter", "Völkische Rundschau", "Jungdeutsches Volk", "Der Gewerkschafter" - alles inländische Zeitungen weiters Flugschriftensammlung, Zeitungsausschnitte aus inländischen Zeitungen und zum Schluß Wanderkarten. Das war bekanntlich das allerwichtigste.

Aber eine besondere Erscheinung bei den Hausdurchsuchungen muß ich heute schon besprechen, es ist dies die sog. fliegende Kommission der Prager Staatspolizei mit dem Polizeirat Preininger an der Spitze. (Posl. inž. Jung: Diätenschinderkommission!) Jawohl, man könnte sie so nennen. Sie wird bei uns die "Peiningerkommission" statt Preininger-Kommission genannt. Diese vier Mann starke Kommission, die plötzlich in Nordwestböhmen erschienen ist und in der gesetzwidrigsten Weise Hausdurchsuchungen vorgenommen hat, ist eine Spezialität für sich, als ob es in den Bezirken und Städten nicht genügend Gendarmerie und Staatspolizei gäbe. (Posl. Jung: Die sind eben unzuverlässig!) Ja, es scheint so. Diese Kommission kommt bei Nacht und Nebel angesaust, führt Hausdurchsuchungen in der brutalsten Weise durch, nimmt ohne Grund Verhaftungen in Massen vor. Die Verhafteten werden niemals von den zuständigen Gerichten einvernommen und die Kommission blamiert sich und ihre Auftraggeber. Diese Preiningerkommission trat zum erstenmal im April auf, als es offenkundig wurde, daß die ganze "Volkssport"- Affäre eine Blamage für das Prager System und die ganze Regierungskunst zu werden drohte. Der Polizeigeist konnte nicht begreifen, daß keine Waffen gefunden wurden, und so erschien der Spezialist Preininger. Das Auftreten dieser Kommission kann nur so erklärt werden, daß die Herren in Prag den èechischen Gendarmen und Polizisten in Nordböhmen nicht mehr trauten und offenbar der Ansicht waren, daß man da energisch direkt von Prag aus einschreiten müsse. Wenn ich recht unterrichtet bin, wurde die Preininger-Kommission sowohl von einer Anzahl von Bezirksbehörden, als auch Polizeikommissariaten nachhause geschickt und energisch abgelehnt, weil sie diese Unterstützung als ein Mißtrauen gegenüber ihrer eigenen Amtsführung empfunden haben. Die Art des Vorgehens dieser Preininger-Kommission, die meist noch von 4 Ortsgendarmen - aber nur zur Assistenz - unterstützt wurde, war empörend. Sie war so aufreizend, daß es in einigen Orten fast zu Zusammenstößen gekommen wäre.

Ich zitiere hier den Bericht der "Kaadener Zeitung". Das Blatt schreibt zuerst über die Verletzung der Gesetze durch die Hausdurchsuchungen und sagt dann: "Nachdem ein Gesetz, das die Fälle aufzählt, in welchen Durchsuchungen ohne richterlichen Befehl vorgenommen werden können, bis heute vom Parlament nicht beschlossen und kundgemacht wurde, muß der Verfassungsurkunde entsprechend ausnahmslos jeder Durchsuchung ein richterlicher Befehl zugrunde liegen. Ein solcher aber wurde, soweit bis jetzt bekannt ist, bei keiner der hier durchgeführten Durchsuchungen beigebracht. In keinem Falle wurden die beiden laut Strafprozeßordnung vorgeschriebenen Gerichtszeugen - als solche können die durchführenden Organe nicht in Betracht kommen - beigezogen, ausgenommen die Durchsuchung bei dem Beamten Unger, der auf der Zeugenbeiziehung beharrte und zwei Nachbaren selbst herbeirief. Mit keiner der nach der Durchsuchung verhörten und wieder entlassenen Personen wurde ein Protokoll aufgenommen, das der Verhörte mit unterfertigt hätte. Und keinem der von Durchsuchung Betroffenen wurde innerhalb der im Verfassungsgesetze vorgeschriebenen 24 Stunden wenigstens nachträglich der richterliche Befehl oder die schriftliche Bestätigung über die vorgenommene Durchsuchung, die Gründe ihrer Vornahme und die bei ihm beschlagnahmten Gegenstände ausgefolgt. Stadtrat Kern, Stadtvertreter Grund und Jugendführer Klemm wurden Freitag nachtz nach 10 Uhr in die Untersuchungshaft in das Bezirksgericht eingeliefert. Vor der Gendarmeriestation in der Bahnhofstraße warteten zahlreiche Gesinnungsfreunde der Verhafteten ungeduldig die En tscheidung über das vorläufige Schicksal ihrer Parteigenossen ab. Als einzelne der Versammelten, ohne weiter in die Amtshandlung einzugreifen, den Gruß der Eskortierten durch Handerheben und "Heil!" erwiderten, stürzten sich die zur fliegenden Kommission gehörigen, nicht uniformierten Beamten mit Gummiknüppeln auf die Nationalsozialisten. Samstag nachmittags wurden drei Nationalsozialisten aus Willomitz, wohin die fliegende Kommission von Kaaden aus geeilt war, ins Bezirksgericht eingeliefert. Die gesamte volksbewußte Bewohnerschaft der Stadt, ohne Unterschied der Parteirichtung, ist entrüstet und erbittert über dieses Vorgehen."

Ein weiterer Bericht liegt mir vor aus der "Marienbader Zeitung". Dort heißt es: "Es muß noch besonders hervorgehoben werden, daß man in die Wohnung des Herrn Krismanek mittels eines Dietrichs eindrang, weil der Besitzer nicht zuhause war, worauf man sämtliche Bücher durchstöberte und einige Schriften konfiszierte. Es muß besonders bedauert werden, daß die Redaktion trotz Ersuchens über die Verhaftung und die laufende Untersuchung weder vom Herrn Polizeikommissär Dr. Chudoba, noch von den die Untersuchung leitenden Beamten aus Prag auch nur Informationen erhalten konnte, ja es ist uns nicht einmal gelungen, auf eine offizielle Anfrage den Namen des Polizeirates aus Prag zu erfahren."

Wahrscheinlich schämen sich die Herren heute schon dafür.

Wochenlang arbeitete also die Kommission, die bei uns Diätenschinderkommission genannt wird. Ihr Erfolg ist gleich Null. Die Verhafteten muß das Gericht, sobald sie unterucht werden, auf freien Fuß setzen, weil kein Haftgrund vorhanden ist und nun ist die einzige Strafe, die sie erdulden müssen, die, daß sie oft wochenlang auf diese Untersuhung warten müssen und inzwischen oft ihre Posten verloren haben. Es ist in nahezu allen Fällen kein einziger Haftgrund vorhanden. Zum Schluß bleibt eine Riesenblamage, Riesenkosten und Riesenscherereien, aber auch ein riesiges Unrecht übrig. So wurde z. B. der Hauptgeschäftsführer Endler in der Nacht aus seinem Bette geholt, das heißt, man wollte ihn holen, er war aber auf einer Versammlung in Nikolsburg in Südmähren. Man hat gegen ihn sofort einen Steckbrief erlassen. Parteigenosse Endler ist sofort nach seiner Rückkehr . . . (Posl. inž. Jung: Man be hauptete, er müsse da sein, weil ein Hut von ihm vorhanden war!) Jawohl ein Bürger der Èechoslovakei darf wohl nicht zwei Hüte haben. Sofort nach seiner Rückkehr ist End ler bei mir erschienen und in meiner Gegen wart zur Polizei gegangen, um sich selbst zu stellen. Zur selben Zeit wurden der Kreisleiter Richter aus Komotau, Ing. Brehm aus Saaz, Sekretär Kilberth aus Komotau und Parteigenosse Krismanek aus Marienbad in der Zeit vom 6. bis 10. Mai verhaftet. Die Erstgenannten sind bereits aus der Haft wieder entlassen worden und es beweist dies, mit welcher Leichtfertigkeit die Polizeiorgane die Verhaftungen vornahmen. Die Verhaftungen erfolgten ohne Einvernahme, ohne zuständigen Richter, ohne irgendeine Assistenz, ohne die vorgeschriebenen gesetzlichen Be dingungen. So ist es z. B. auch in Leitmeritz geschehen, daß der schon aus der Haft entlassene Herausgeber des "Sudetendeutschen Beobachters" Kudelka am 25. April wieder verhaftet und dem Kreisgericht Leitmeritz eingeliefert wurde, von dort dem Untersuchungsrichter in Pankrac zugeführt wurde und dort am 3. Mai ohne weiteres Verhör wieder entlassen worden ist. Wieder ein Beweis, mit welcher Leichtfertigkeit und mit welcher unerhörten Schikane diese Verhaftungen vorgenommen werden. Wer ihnen einfach draußen paßt, den nimmt man mit. So sehen unsere staatsbürgerlichen Freiheiten aus! Die Herren scheinen sich zu irren. Sie sollten mit diesen Methoden warten, bis der nächste Kriegszustand ausgebrochen sein wird. Sie scheinen sich schon darauf zu üben. Wir fragen den Herrn Polizeiminister Dr. Slávik, wie kann er in einer Zeit, wie die jetzige, die keinen Anlaß zu derartigen Gewaltmaßnahmen bietet, diese Dinge verantworten, wie kann er den Bruch der Gesetze, den Bruch aller Vorschriften, den Bruch aller gesetzlichen Anweisungen verantworten? Wir richten an ihn die Frage, nicht nur wie er diese Dinge verantworten kann, sondern auch wie er sie decken kann. Wie lange soll das noch dauern?

Bei den Einvernahmen bei der Staatspolizei zeichnete sich dieser Herr Preininger besonders aus. Auch darüber ist uns jetzt einiges Beweismaterial endlich in die Hände gelangt. Er droht den Menschen mit weiteren Verhaftungen und Einsperrungen, er brüllt die Verhafteten in niederträchtiger Weise an. Er beschimpfte den Herausgeber des "Sudetendeutschen Beobachters" z. B. mit den Worten: "Sie sind ein Betrüger!" Er fabrizierte falsche Protokolle, indem er z. B. bei einer Einvernahme die Worte "turnerische Übungen und Märsche" mit "vojenské cvièení" protokollierte. Wie lange wird ein solcher Mensch an diesem Posten noch behalten werden? Im alten Österreich wären derartige Dinge nicht ei nmal im Kriege möglich gewesen und wie hätten sich die Herren Èechen im Wiener Parlament aufgeregt, was für einen Krawall hätte es gegeben, wenn solche Dinge ihnen passiert wären! Das war im alten Österreich nicht mitten im Krieg möglich, wie man sich hier mitten im Frieden uns gegenüber benimmt. (Posl. Babel: Dafür hat er sich bei Meissner noch bedankt!) Dafür ist der Innenminister verantwortlich. Die Polizei gehört dem Innenminister.

Aber es ist bei der Persekution der Nationalsozialisten nicht geblieben. In der letzten Zeit hat eine ganze Reihe von weiteren Fällen von Persekution sich ereignet, in den letzten Tagen wird wieder die Grenzlandjugend der Nationalpartei verfolgt und aufgelöst. Eine ganze Reihe von anderen Jugendverbänden befinden sich in derselben Situation. Die unbeteiligten Eltern der Verhafteten werden geängstigt und bedroht, wie es z. B. der Fall Düringer in Warnsdorf in eklatanter Art und Weise zum Ausdruck bringt. Hier schreibt eine Warnsdorfer Zeitung, die "Abwehr", die ich bei dieser Gelegenheit zitieren möchte - ein angesehenes Lokalblatt - folgendes: "Düringer hat sich ni emals politisch hervorgetan, seine öffentliche Betätigung erschöpfte sich bei der "Eghalanda Gmoi", der er angehörte. Bekannt ist sein entschlossenes Eingreifen in der Nacht zum 14. Juni 1924, in der er als Verkehrsbeamter vom Dienst eine in der Station St. Georgenthal beim Verschieben durchgegangene und auf der abfallenden Strecke gegen Warnsdorf durchrasende Lastzugsgarnitur auf dem Hauptbahnhof in Warnsdorf auf ein totes Geleise leitete und zum Stehen brachte. Damals hat seine Geistesgegenwart ein großes Unheil verhütet und die Eisenbahndirektion hat ihn belobt, jetzt reicht die politische Betätigung seines Sohnes dazu aus, um ihn zu bestrafen mit der Versetzung nach Königgrätz."

Aber diese Methoden gehen noch in einer ganzen Anzahl weiter. Ein chauvinistischer Terror hat sich in den Ämtern breit gemacht und eingenistet und versucht jede Bewegung niederzuhalten, die ihm unangenehm geworden ist. Was sagt man dazu, daß der Vertreter der staatlichen Röhrenwerke die Entlassung von 3 Beamten der Zentralverkaufsstelle erzwungen hat, obzwar diese Beamten kurze Zeit nach ihrer Verhaftung auf freien Fuß gesetzt werden mußten, weil sich herausgestellt hat, daß die ihnen zur Last gelegte geheime Tätigkeit gegen den Staat überhaupt niemals erfolgt ist. Aber um ihre Posten hat sie der Vertreter der staatlichen Röhrenwerke gebracht. (Posl. inž. Jung: Das war der Grund der Verhaftung, drei èechische Bedienstete haben sie denunziert!) Ja, das war der Grund der Verhaftung!

Wo alles haßt, möchte ich in Variierung eines bekannten Worten sagen, kann auch der Unterrichtsminister nicht lieben, und in dieser Beziehung ist der Fall Haider ein markanter Fall. Sie alle wissen, daß der Ing. Haider einer der ersten unter den Verhafteten war. Er war als Assistent an der technischen Hochschule in Prag tätig; über seine Tätigkeit will ich in dies em Zusammenhang nicht sprechen, weil auch darüber die ordentlichen Gerichte zu befinden und zu entscheiden haben werden. Aber obzwar heute noch nicht einmal im entferntesten eine Anklageschrift gegen Ing. Haider vorliegt, obzwar er sich in ordentlicher Untersuchungshaft nach § § 175 und 180 der Strafprozeßordnung befindet, hat das Schulministerium aus eigener Machtvollkommenheit die Dienstentlassung des Ing. Haider verfügt. (Posl. inž. Jung: Der sozialdemokratische Schulminister! Und das Hauptblatt der Sozialdemokraten hat ihm Beifall geklatscht!) Ja, hat ihm Beifall geklatscht. Das sind die Herren, die sich nachher beschweren, wenn darauf als Antwort in anderen Gegenden natürlich Gegenmaßnahmen kommen werden, und wir versprechen Ihnen, für jede Entlassung eines der unseren werden andere daran kommen; hart auf hart, wenn es sein muß!

Nun kommt die Presse und macht sich zum Anwalt des verletzten Rechtsempfindens der Bevölkerung und des verletzten Rechtes. Da setzt nun die Zensur in dies em Staate ein, diese Zensur, die auch heute noch als Überbleibsel aus den Zeiten des alten Österreich, nein, nicht des alten Österreich, sondern aus der Kriegszeit des alten Österreich übrig geblieben ist. Mit Ausnahme der wenigen Länder, in denen eine effektive Diktatur sich nicht hinter einer demokratischen Verfassung versteckt, sondern sich als öffentliche Diktatur deklariert hat, haben wir es in keinem europäischen Lande mit einer sokchen Zensur zu tun, wie in dieser demokratischen Republik. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 12. kvìtna 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz tìsnopiseckou zprávu o 185. schùzi posl. snìmovny]. Wenn heute 14 Jahre nach dem Krieg die Zeitungen so ausschauen (ukazuje èasopis) und diese Zeitungen dann nach England, Amerika und Belgien kommen, so ist das eine Visitkarte für die Republik, die ihresgleichen sucht. Wir werden das nicht nur tun, sondern wir haben es schon getan, daß wir diese Art des Maulverbindens der gesamten Weltöffentlichkeit bekanntgegeben haben. Wenn ein Staat das im Krieg tut, so tut er das sozusagen in Notwehr. Wenn er es im Frieden tut, so ist das eine der schändlichsten Arten der Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Was in den letzten Wochen auf diesem Gebiete geleistet worden ist, das übertrifft das volle Maß dessen, was sonst in diesem Lande normal ist.

"Der Tag", unser Zentralorgan, ist in den letzten zehn Tagen sechsmal an 14 verschiedenen Stellen konfisziert worden. Eine davon habe ich jetzt zur Kenntnis gebracht. Was wird konfisziert? Was in allen anderen Zeitungen unbeanständet bleibt, das wird im Aussiger "Tag" konfisziert und beschlagnahmt. (Posl. inž. Jung: Mit der Begründung, daß seine Leser gefährliche Leute sind!) Jawohl! Da hat die "Brüxer Zeitung" und andere nordböhmischen Zeitungen einen Aufsatz von Dr. Fritz Koberg über die Entlassung des Ing. Haider veröffentlicht. Am Schluß befaßt er sich zum Teil auch mit den rechtlichen Verhältnissen und schreibt: "Wir leben in einem Staat, der die Demokratie in seiner Verfassung verankert hat und seine führenden Männer berufen sich hierauf bei jeder Gelegenheit. Wo bleibt die Demokratie, wenn solche Verfügungen möglich sind, ohne daß sie das Parlament sofort zum Gegenstand seines Einschreitens und einer Untersuchung macht? Wir fragen: Wie können Vorgänge, wie wir sie jetzt erleben, neben demokratischen Grundsätzen und Methoden bestehen?" Ich frage Sie, was an diesem Artikel zu beschlagnahmen ist. Der Polizeikommissär von Aussig wird natürlich sagen, daß das eine Aufrei zung gegen eine staatliche Verfügung ist.

Ein zweiter Aufsatz, der in nordwestböhmischen und zum Teil auch in anderen Zeitungen erschienen war, ein Bericht vom 26. April, der in summarischer Art und Weise eine Übersicht über die Verfolgung der sudetendeutschen Nationalsozialisten darstellt und den Titel trägt "450 Hausdurchsuchungen, 100 Verhaftungen (inzwischen sind es nahezu 1.000 geworden, die Herren sind also wirklich fleißig, vielleicht auch im Diätenschinden) und 120 Gerichtsverfahren" wird an folgender Stelle beschlagnahmt: "Dazu kommen dann noch die Verfolgungen anderer Verbände, Vereine und Einzelpersonen, über die kein zusammenfassendes Material vorliegt. Die Verfolgungsaktion gegen die deutschen Verbände hat also einen Umfang angenommen, der in mehr als einer Beziehung erstaunlich ist. Außerdem erstreckt sich die Hausdurchsuchungs- und Verhaftungsaktion bereits auf einen Zeitraum von über 2 Monaten. Unzählige Fälle haben erwiesen, daß jede Kleinigkeit, irgendein harmloser Brief oder eine anonyme Anzeige genügt, um eine Haupt- und Staatsaktion der Genda rmerie heraufzubeschwören. Dabei sind einzelne Gendarmen von einer rührenden Verständnislosigkeit und beschlagnahmen Dinge als staatsgefährlich, an denen sonst ein gesunder Menschenverstand wirklich nichts staatsgefährliches entdecken kann. Wenn z. B. ein Theaterschwert beschlagnahmt wird, mit dem ansonsten der fürchterliche Ritter Theobald die treulose Kunigunde auf der Bühne eines Theatervereins ermordete, so müßte die Republik schon auf sehr schwachen Füßen stehen, wenn sie glaubt, durch besagtes Theaterschwert ebenfalls in ihrer Sicherheit bedroht zu sein. Was ansonsten durch die Gendarmen alles an Abzeichen, Hemden, Riemen, Zeitungen, Schriften usw. zusammenbeschlagnahmt wurde, dürfte nachgerade ein ganzes Möbelmagazin füllen." (Posl. inž. Jung: Das dient zur Ausrüstung des erhöhten Rekrutenkontingents!) Das wird fein ausschauen. "Wie die "Nationalsozialistische Korrespondenz" von unterrichteter Seite erfährt, wurde der ganze Hausdurchsuchungsrummel deshalb inszeniert, weil das Innenministerium einmal eine Gesamtübersicht über alle unterirdischen Strömungen im Sudetendeutschtum bekommen wollte. Das gefundene Material müßte nachgerade zu dieser Übersicht genügen und es wäre endlich an der Zeit, daß der Feldzug der Behörden, der viel zu viel Staub aufgewirbelt hat, endlich abgebrochen wird. Die seit 2 Monaten fast täglich erfolgenden Verhaftungen, die sich zum großen Teil als unbegründet erwiesen haben, haben in allen Kreisen der Bevölkerung nicht nur Aufregung und Unruhe, sondern auch Erbitterung ausgelöst."


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