Pátek 18. bøezna 1932

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 172. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 18. bøezna 1932.

1. Øeè posl. Geyera (viz str. 4 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ehe ich mich laut Klubvereinbarung mit der Stellungnahme zum Bankengesetz befasse, muß ich wenigstens mit einigen Worten auf die Fortsetzung der Hetze gegen unsere Parteiangehörigen und ihr Nahestehende zu sprechen kommen. Wie dumm und wie leichtsinnig und wie aufreizend dabei die èechische Presse die Leidenschaften aufstachelt, geht aus solchen Schlagzeilen (ukazuje noviny) und ihren Kommentaren hervor. Nicht nur, daß man seit zwei oder drei Tagen gegen die Koll. Krebs, Jung und Schubert eine Verhaftung um die andere affigiert, (Výkøiky.) geht man nun dazu über, die Gerüchte noch nebuloser und phantastischer zu gestalten. Sie haben hier den "Polední list" (Výkøiky), der den Abg. Krebs bereits im Ausland sieht. (Výkøiky posl. Krebse.) Ich stelle fest, daß Koll. Krebs gestern in der Hranièáøi-Versammlung in Aussig gewesen ist, sich nicht nur beim Referenten, sondern auch beim Vorsitzenden der Versammlung gestellt und zu Gegenäußerungen gegenüber dem Referenten auch das Wort erbeten hat. Man hat ihm das Wort verweigert. (Výkøiky posl. Krebse.) Da gabs keine Diskussion. Wir kneifen nicht feige aus, sondern wir stellen uns auch dem Gegner in seiner eigenen Versammlung. Aber auch dieser Gegner hat in Aussig nicht den Mut gehabt, die Gelegenheit zur Klarstellung - das wäre eine Richtigstellung all der Tatarennachrichten gewesen - zu geben, es wird vielmehr weiter mit Vernaderungen und Verdächtigungen gewettert. (Výkøiky.) Wir verwahren uns gegen weitere Verhaftungen von Personen, die mit der Angelegenheit gar nichts zu tun haben, die deshalb, weil sie einmal irgendwo in einem Briefe oder sonst um etwas gefragt werden, nun in den sogenannten engeren Kreis der Geheimbündelei und Spionage einbezogen werden.

Wir sehen die Dinge voraus und möchten den Èechen raten, diese Dinge endlich von einer klaren Seite zu betrachten, statt sie zu einer Staatsblamage auswachsen zu lassen (Výkøiky.) und wir erwarten dies auch von den èechischen Parteien, die noch ein bischen Wert legen auf das Motto: "Die Wahrheit siegt!" (Potlesk.) Nach mehr als 14 Tagen muß auch der Untersuchungsrichter imstande sein zu sagen, worin denn das Vergehen besteht. (Výkøiky.) Man muß wohl noch monatelang suchen, bis man durch irgendeinen Zufall irgendwelche Anhaltspunkte findet. (Výkøiky.) Man soll sich nur keiner Täuschung hingeben! Koll. Jung hat schon gesagt, man solle uns mit derlei Dingen ungeschoren lassen, sonst wird eine Frucht aufgehen, die entgegengesetzt ist der, die einst Švehla als Ministerpräsident als Losung verkündet hat, das Wort von der Gleichheit, von den Gleichen unter Gleichen, richtiger gesagt von Gleichen neben Gleichen. Sonst wird auch auf der anderen Seite die Erkenntnis kommen, daß man mit der Vergrößerung der Polizei und der Erhöhung der Schnüffelei die wirtschaftlichen Dinge nicht ändert. Wie drüben in Amerika wird der Hunger, der hier im Staate auch beim èechischen Volke um sich greift, eine Revision des heutigen Systems vornehmen.

So kann ich mich nun zum Gegenstande der heutigen Verhandlungen zuwenden, zur Regierungsvorlage Druck Nr. 1622.

Seit der Verabschiedung des Staatsvorans chlages für das Jahr 1932 hat sich die wirtschaftliche Lage der Republik in einem rasenden Tempo verschlechtert. Die Steigerung der Arbeitslosigkeit hat Dimensionen angenommen, die die Krisenzeiten aller vorausgegangenen Depressionsperioden in den Schatten stellt. Der offizielle Bericht führt für Dezember 486.000, für Jänner 581.000 und für Feber 630.000 Arbeitslose an, d. i. ein Viertel der laut Ausweis 64 der èechoslovakischen Nationalbank durchschnittlich krankenversicherten Personen, dit mit 2,400.000 ausgewiesen sind. Zu diesen offiziell gezählten Arbeitslosen ist noch das Heer der Nichterfaßten, der Kurzarbeiter hinzuzuzählen und weiters zu erganzen durch jene zehntausende kleiner Existenzen des Kleingewerbes, des Handels und des kleinbäuerlichen Grundbesitzes, die alle in ihren Einkommen der Unterstützungsempfänger zurückgeworfen sind und in vielen Fällen infolge der Verschärfung der Bestimmung, trotz vollkommener Zerstörung ihrer Existenz nicht einmal die spärlichen Brosamen der Fürsorgeaktionen teilhaft werden können. Untätig sieht die Regierung seit Monaten der Verschlimmerung der Lage im Wirtschaftsleben zu, ohne positive Vorkehrungen zu ergreifen oder auch nur den Anlauf hiezu zu nehmen. Ruhig sieht das Parlament zu, wie durch neue Zwangsmaßnahmen einzelner Ressorts, insbesondere der der Kontrolle des Parlamentes entrückten èechoslovakischen Nationalbank die letzten Reste von Handel und Verkehr, von Arbeitsmöglichkeit und Beschäftigung durch widersinnige Devisenvorschriften zerstört und hunderttausende von Haushalten in die Katastrophe getrieben werden. Umsonst bemüht man sich in den Kreisen der Koalition, durch einen gehässigen Streit und gegenseitiges Zuschieben der Schuld diese Untätigkeit zu verschleiern. Man greift zu Ablenkungsmanövern, indem man sich in die Rüstkammer des Chauvinismus begibt und, wie Koll. Jung so trefflich ausführte, zur Sensation der Spionageriecherei und Geheimbündelei greift, um eine Welle politischer Verdächtigung loszulassen, um von dem im èechischen Volke um sich greifenden Hunger abzulenken. Ein sehr langweiliges und auf die Dauer ermüdendes Ablenkungsmanöver stellt auch die in Verhandlung stehende Bankenvorlage, Druck 1622, dar, die unter dem Deckmantel der Sicherung der Einlagen und Festigung des Vertrauens nicht nur viel zu spät kommt, sondern aus den noch zu erörternden Gründen ganz ungeeignet erscheint, diesen Zweck zu erreichen.

Es ist für den Wirtschaftspolitiker bemerkenswert, daß dieses Gesetz bereits seine Vorläufer hat, nämlich die Gesetze Nr. 237, 238 und 239 vom 9. und 10. Oktober 1924, mit welchen die Errichtung eines Spezialfonds, eines allgemeinen Fonds und die Regelung der Einlageordnung und der Revision der Banken und Bankinstitute geregelt werden soll. Das Entstehen dieser Gesetze fällt zeitlich zusammen mit der ersten großen Deflationskrise, die alle Goldwährungsländer in den Jahren 1922 bis 1924 betroffen hat und fiel in eine Zeit, wo diese Deflationskrise als beendet angesehen werden konnte. Kam also zu spät um vorzubeugen. Aber früh genug, um einer Reihe notleidender èechischer Banken beizustehen und sie aus den Fondsmitteln zu sanieren. Seit mehr als 7 Jahren erfuhr die Öffentlichkeit nicht das geringste über die Höhe der jährlichen Fondsmittel, noch weniger über die Art und Höhe der Fondsunterstützungen und zum allerwenigsten den Namen der Institute, die aus diesem Fond saniert werden. Diese Geheimnistuerei ist nicht nur undemokratisch, sondern auch im höchsten Grade ansteckend und unsozial, weil diese Protektion, die einseitige Ausnützung des Fonds, eine unsoziale Verkürzung der deutschen Spar- und Volksgeldanstalten in ihren berechtigten, nicht durch eigenes Verschulden, sondern durch Vismajorverluste, aus den Kriegsanleihegesetzen, resultierenden Unterstützungsansprüche darstellt. Auch bei der Erweiterung der vorgenannten Gesetze durch die gegenwärtige Vorlage ist die Analogie mit dem Jahre 1924 sinnfällig. Seit 1929 wirkt sich eine neue Deflationswelle von ungeheuerer Wucht gegenüber der gesamten Wirtschaft aus, drosselt und zerstört dieselbe. Fast drei Jahre sieht man dem von Monat zu Monat zunehmenden Verfall unserer Volksund auch der Staatswirtschaft zu und verschließt sich hartnäckig allen Warnungen und positiven Vorschlägen. Ich habe im Hause schon anläßlich der sogenannten Konsolidierungsvoranschläge im Jahre 1928 und 1929 den damaligen Finanzminister Dr. Engliš vor den Illusionen der dauernden Stabilität der Staatsfinanzen gewarnt, insolange nicht eine absolut stabile Innenwährung als unerläßliche Voraussetzung hiezu geschaffen ist und gehandhabt wird. Wir Nationalsozialisten haben nicht nur gegenüber der damals protegierten Goldkernwährung, sondern bei der gesetzlichen Festlegung der Goldwährung im Jahre 1930 in diesen Grundsätzen die Preisgabe der staatlichen Währungsautonomie und die Ankoppelung an die Typen des ununterbrochen schwankenden Goldstandards erblickt, sondern auch die Folgen dieser Schaukelwährung auf die heimische Wirtschaft vorausgesagt. Unsere Voraussagen sind nur zu pünktlich eingetroffen. Als in den vereinigten Staaten unter der Wirksamkeit der sogenannten Indexbill, also einer manipulierten Währung, zu der auch seit dem 21. September 1931 unter Fallenlassen des Goldstandardes England griff, sich das amerikanische Wirtschaftsleben von dem Schrekken der Deflation allmählich erholte und prosperierte, fiel unter der Vermehrung des Nationalvermögens der ausbeuterische Exponent der Goldwährung als einer Monopolinstitution der Zins auf 2 und 2.5%. Das war für die großen Geldbesitzer des Signal zum Rückzug des Geldes und fand seinen demokratischen Ausdruck in der Aufhebung der Indexbill und der Rückkehr zur reinen Goldwährung durch die sogenannte Goldbill vom November 1924. Die Wirkung blieb auch nicht aus. Die Reservebanken schritten zur sukzessiven Einziehung des Geldes und zur Abschöpfung der Noten und beraubten damit den Wirtschaftsapparat seines Austauschmittels. Der Geldumlauf wurde nicht nur eingeschränkt, sondern verlangsamte sich, wodurch es zu einer ungeheueren Einengung des Zahlungsvolumens kam. Gleichzeitig trat auch der Kredit in einen Sympathiestreik mit dem langsamer und träger umlaufenden Gelde ein und verkleinerte von Monat zu Monat das Kaufvolumen. Geldknappheit, Umlaufstockung führten zwangsläufig zu Zahlungsstockungen und damit zum Losschlagen von Ware und Arbeitsvorräten auch zu niedrigerem Preis. Damit war der allgemeine Preisabbau als wirtschaftliches Prinzip proklamiert und den Goldmagnaten das Gelingen einer der gigantischesten Spekulationen garantiert. Denn nur alzuleicht läßt sich der Arbeiter, der kleine Handwerker und Bauer aus der Preissenkung eine bessere Lage seiner durch Geld und Kreditstreik hervorgerufenen bedrängten Lage vortäuschen. Aber es bleibt leider nur eine Täuschung, denn Preisabbau verspricht man ihm und Lohnabbau trifft ihn. In den Gestehungskosten jeder Ware steckt ein wesentlicher Teil als Bezahlung der aufgewendeten Arbeit. Die übrigen Kosten, Verzinsung der Anlage, Steuern und Abgaben, allgemeine Regie und Reklame und Profit des Unternehmens sind nicht so leicht beweglich und trotzen dem Abbau, wie auch wir in der Èechoslovakei bei der Vorschreibung und Eintreibung der Steuern ihre Erhöhung trotz aller Proteste konstatieren müssen. Die Hypothek- und Bankzinsen sind trotz allen Abbaubestrebungen in gleicher Höhe geblieben, ja selbst die Nationalbanken haben zur Drosselung des Geld- und Kreditumlaufes ihre Diskontsätze erhöht. Eine kostspielige Reklame verteuert ohne Aussicht auf Wirkung und Erfolg und als letzte Konsequenz bleibt unter dem falschen Namen der Preissenkung effektiv nur die Lohnsenkung übrig. Damit wird aber das Kaufvolumen neuerdings herabgesetzt, ungeheuere Mengen von Waren bleiben trotz dringenden Bedarfes unverkäuflich und führen zur Einschränkung und Stillegung der Betriebe und dadurch zu neuer Herabdrückung von Kaufkraft bzw. Koufvolumen. Mit jedem Arbeitslosen scheidet ein Käufer vom Markte aus, mit jedem Kurzarbeiter bezw. seinem verkürzten Lohn verliert auch der Handwerker einen Abnehmer seiner Produkte und das tragische Ergebnis dieser verfehlten Währungspolitik ist das Vorhandensein einer angeblichen Überproduktion, der der tatsächliche Unterkonsum gegenübersteht. Hunderttausende hungern trotz voller Lagerhäuser, frieren in der Nähe riesiger Kohlenhalden. Dem Landwirt bleiben seine Produkte ganz oder teilweise unverkäuflich und zwingen ihn, auf notwendige Anschaffungen, Reparaturen, Verbesserung seines Betriebes zu verzichten, so daß also auch von dieser Seite die Sinnwidrigkeit eines erzwungenen Unterkonsums als Folge des Geld- und Kreditstreikes unleugbar ist. Unterstützt wird die Deflation durch die Zurückhaltung der Käufer. Sind die Arbeitslosen und Kurzarbeiter vom Kaufen ausgeschlossen, sind die Bauarbeiter und Handwerker und kleine erwerbende Stände durch die Deflation außerstande gesetzt, ihre landwirtschaftlichen oder gewerblichen Produkte abzusetzen und mit dem Erlös wieder kaufend anzutreten, so ist der übrige Teil der Bevölkerung, der über Geldeinnahmen in kleinerem oder größerem Maße verfügt, den Verhältnissen gegenüber abwartend, ja spekulativ. Wer Geld hat, wartet zu, kauft nicht heute, sondern später, um beim späteren Einkauf zu profitieren. Dadurch wird der Geldumlauf weiter gehemmt und ein Großteil des im Verkehr befindlichen Geldes übt seine Funktion nicht aus, weil seine Besitzer, ehe sie sich zu kaufen anschicken, erst einen neuerlichen Preisfall abwarten und diesen Preisfall auch zu Ungunsten der Produzenten und der daran beteiligten Arbeiter auch durchsetzen. Diese Psychose führt zur Hamsterung oder Thesaurierung von Geld bis zu einem Ausmaße, das die Wirtschaft weiterhin lähmt und eine allgemeine Katastrophe herbeiführen muß. Es ist beispielsweise bezeichnend, daß in den Sommermonaten Reichsfinanzminister Diettrich von rund 6 Milliarden Notenumlauf im Deutschen Reich 2ÿ5 Milliarden als gehortet und aus dem Verkehr gezogen angibt. Am 12. Feber d. J. ernannte Präsident Hoover in der Person des John Knox einen Antihortungskommissär, dem die Aufgabe zufallen sollte, die auf 1250 Millionen geschätzten Hortungsnoten der USA, bei einem Gesamtausgabestand von 2600 Millionen Dollar wieder in den Verkehr zu treiben. Das Ergebnis wird das gleich klägliche sein, wie die Bemühungen des österreichischen und des reichsdeutschen Preisabbaukommissärs, die beide von ihren Ämtern zurückgetreten sind, letzterer auch noch mit dem bemerkenswerten Eingeständnis, daß selbst mit dem § 48 eine lineare Senkung der Preise nur dort eingetreten ist, wo nicht das Diktat des Kommissärs, sondern nur die Dynamik der Deflation ihm dieses Geschäft automatisch abnahm. Die Tätigkeit beider Funktionäre führte weder zu einer Erleichterung der Wirtschaft noch zur Erhöhung des Konsums, sondern zur Verschärfung der Stagnation, deren sinnfälliger Ausdruck die Steigerung der Zahl der Arbeitslosen von 4 Millionen auf 6,127.000 selbst für einen staatlichen Kommissär so ernüchternd wirken mußte, daß er sich selbst abbaute.

Der vorliegende Gesetzesentwurf geht geflissentlich all diesen grundlegenden Dingen aus dem Wege. Und wie im Jahre 1924 will man auch im Jahre 1932 nicht die Ursachen beheben, sondern kuriert an den Folgeerscheinungen herum. Leider hat man dieses Prinzip auch in den abgelaufenen drei Jahren gehandhabt und ist dadurch immer tiefer in das Chaos hineingeraten. Die europäischen Zollerhöhungen fanden ihr Gegenstück in der amerikanischen zollp olitischen Abschließung. Die zwischenstaatlichen Kreditabriegelungen und die Zurückziehung der kurzfristigen Kredite brachten der eigenen Wirtschaft nicht nur keinen Nutzen, sonden schädigten sie durch die im Gefolge auftretende Zerrüttung in der Wirtschaft des Kreditnehmers. Sind in der Einzelwirtschaft die sich steigernde Zahl der Betriebseinschränkungen, Stillegungen, die Vorboten und Begleiter der sich damit steigernden Konkurse und Ausgleiche, so sind erst recht die staatlichen Moratorien, die Hinausschiebung des Zahlungsausgleiches und die Unterbindung des Leistungsaustausches die Vorboten einer staatlichen Bankrotterklärung. Es soll hier nicht auf die fortgesetzte Störung des Zahlungsausgleiches zwischen Sieger- und besiegten Staaten ausführlich Stellung genommen werden. Es soll der Hinweis genügen, daß die Reparationen durch die Erhöhung des Goldstandardes gegenüber dem Arbeitsprodukt "Waren" eben in Waren ausgedrückt, im inneren mehr als die Hälfte an Wert zugenommen haben, daher untragbare Lasten darstellen. Erschreckend sind aber die letzten Folgen des staatlichen Wirtschaftskampfes, welcher Zölle, Kontingente, Ein- und Ausfuhrverbote, Tarifprotektion u. a. kleinere Schikanen als auf die Dauer unwirksam erkannt hat und es nun versucht, mit der Devisensperre nach Außen der inneren Schwierigkeiten Herr zu werden. Die Folgen sind gerade in den letzten zwei Monaten erschreckende. Der Krieg aller gegen alle führt zur systematischen Ausrottung des Außenhandels und die Fortsetzung der Deflation hindert auch den Binnenhandel, der ja in den meisten Staaten 80% der Produktionsgüter austauscht, diesen Austausch zu vollziehen.

In diesem Zusammenhange muß ich auf das Schärfste gegen die von der Nationalbank im Einvernehmen mit dem Finanzminister erlassenen neuen Devisenbestimmungen bezüglich des Reiseverkehrs protestieren, weil sie geeignet sind, den letzten Aktivposten, unseren Fremdenverkehr, durch seine systematische Unterbindung zum Verschwinden zu bringen und die Orte des Fremdenverkehrs, die Weltbäder, Sommerfrischen und Touristenorte durch Repressalien des Auslandes noch mehr zu veröden, als es in den letzten Jahren schon der Fall war. Der Herr Finanzminister und die Herren des Finanzministeriums mögen sich den gestrigen Artikel in der "Bohemia" des Dr. Uhlig aus Karlsbad hernehmen und sehen, was sie angerichtet haben. Im Vorjahre haben schon einige èechische Chauvinisten beim Finanzministerium versucht, dieses zur Einführung einer Ausreisegebühr zu veranlassen. Doch hat der § 48 der Brüningverordnung die Durchführung des Planes verhindert, weil man nach 8 Tagen schon die ungeheuerlichen Folgen, welche das für unseren Fremdenverkehr hier gehabt hätte, erkannte. Nun kommt man wieder mit solchen Vorschriften. Diese würden aber nicht nur die deutschen Bäder treffen, sondern auch die Bäder in der Tatra und die staatliche Bäderverwaltung würde abermals ein Riesendefizit aufweisen, so daß das Ergebnis wohl die Errichtung eines neuen Sanierungsfonds wäre. Das Parlament sollte endlich seiner Pflicht eingedenk sein und auf die staatliche Notenbank einwirken, damit diese nicht solche falsche Maßnahmen gegenüber den letzten Handels- und Verkehrsaktiven ergreife. (Rùzné výkøiky.)

Die neuen Vorschriften erinnern an die ärgsten chaotischen Verhältnisse der Nachkriegsjahre und müssen jeden Grenzübertrittsort zu einer "Hölle von Lundenburg" machen und die vom Fremdenverkehr lebenden Bevölkerungsschichten und Landschaftskreise dem finanziellen Ruin entgegenführen. Wir fordern daher die Zurücknahme dieser Verfügungen, um die Steigerung des auch in den Kurorten und Fremdenverkehrsplätzen um sich greifenden Elends hintanzuhalten.

Waren die Jahre 22 bis 24 in der ersten Deflationsperiode eine Abwrakung der Wirtschaft im größten Maßstabe, so übertrifft die gegenwärtige Deflationskrise diesen Einengungsprozeß noch bei weitem an Höhe und Intensität. Während die Zusammenbrüche der kleinen Existenzen und die Einschrumpfung des Wirtschaftsapparates von den Wirtschaftsführern ohne sonderliche Erregung hingenommen, ja als eine Gesundungskur und notwendige Selbstverständlichkeit bezeichnet werden, während man kühl und tatenlos zusieht, wie die Wirtschaft in Scherben geht und Hunderttausende im bittersten Elend verkommen müssen, werden diese Wirtschaftsführer und Exponenten hellhörig und geschäftig, wenn die Scherben der Wirtschaft die Geldkanäle zerschneiden und die Herzkammern des heutigen kapitalistischen Systems, die auf der Goldhortung aufgebauten Banken, in den Strudel der Ereignisse hineinzureißen drohen. Dann ist man um ein demokratisches Mäntelchen nicht verlegen und schützt und stützt diese Zentrale des Kapitalismus, indem man sich auf einmal ihrer Verbindung mit der notleidenden Wirtschaft erinnert. So ist auch das reichsdeutsche Bankengesetz und das österreichische Sanierungsgesetz aus der gleichen Wurzel entstanden wie diese Vorlage Nr. 1622 im èechoslovakischen Staate, die unter der Motivierung der Verstärkung der staatlichen Aufsicht die Sozialisierung der Verluste dieser Institute, abgesehen von den inoffiziellen Unterstützungsaktionen der Vorjahre, fortlaufend und offiziell durch Mehrheitsbeschluß ermöglichen soll. Und ist es nicht bezeichnend, daß 1924 die Weltwirtschaftsführer erst andern Sinnes wurden und die Deflation beendeten, als die Bank- und Industriemagnaten Castiglioni und Stinnes von der Deflation ins Nichts zurückgeschleudert wurden und ein Fanal zur Änderung des Kurses aus dem Zusammenbruch dieser Giganten ableiteten. Ist es nicht wieder eine Analogie der Verhältnisse, daß man nach dem Zusammenbruch des Lahusen-Konzerns nunmehr nahe dem Scheitel der Deflationswelle im neuerlichen Zusammenbruch des Ivar Kreuger-Konzerns in Amerika schon ernsthaft bei den sich häufenden Anzeichen eines Ergriffenwerdens auch der Mächtigsten in der Bank- und Industriewelt sich nun rüstet, neue Wege der Währungspolitik einzuschlagen, die die bereits im Unterhause angenommene Glassbill zum Gegenstande hat. Ist man aber in Amerika zur Erkenntnis gekommen, daß die Fortsetzung der Deflation, abgesehen vom Handelskrieg der Staaten untereinander, zum unausweichlichen Bürgerkrieg im eigenen Lande führen muß, so hätte diese Erkenntnis, wenn sie hierzulande bestünde, zu einer ganz anderen Abfassung des Bankengesetzes führen müssen. Da diese Erkenntnis hier nicht besteht und man den währungspolitischen Anteil an der Krise in Abrede stellt, so ist es klar, daß die gesamte Gesetzesvorlage solange ihren Zweck nicht erfüllen wird, als man an der Deflation festhält, weil eine Kur an den Folgen unwirksam bleibt, wenn sie nicht die Ursache und Wurzel zum Ausgangspunkt hat.

So muß die Außerachtlassung der gesetzlichen Forderung auf Währungstabilität und Einbeziehung der Nationalbank in den Wirksamkeitsbereich des Gesetzes als folgenschwere Unterlassung bezeichnet werden. Denn gerade die Nationalbanken der einzelnen Staaten tragen ein Hauptmaß der Schuld an dem Entstehen und an der Fortführung der Deflation, auch wenn dies von offizieller Seite geleugnet wird. Es ist interessant, die Stellungnahme des Gouverneurs der èechoslovakischen Nationalbank Dr. Pospíšil zu jenen Tatsachen zu vergleichen, die in den Bulletins der Nationalbank eine ganz andere Illustration erfahren, als es der Bericht vom 29. Feber über die Generalversammlung tut. Die aus der Presse bekannt gewordenen Ausführungen des Herrn Gouverneurs sollten wohl in erster Linie den Gefühlen der Aktionäre schmeicheln, können aber einer objektiven Kritik nicht Stand halten. Man mag zugeben, daß die Nationalbank keine beabsichtigte Deflation betreibe; aber die Aufrechterhaltung des Wechselkurses mit dem Dollar bringt es ganz von selbst mit sich, daß bei einer Goldwertsteigerung des Dollars und des Abgleitens der Warenpreise auch der Inhalt der èechischen Krone wertvoller wird und das Abgleiten der Inlandpreise, wenn auch in einem gewissen zeitlichen Abstand, infolge der Arbitrage analog der amerikanischen sich einstellen muß. Dadurch ist das Faktum gegeben, wenn auch der Urheber außerhalb des Staates liegt, daß ja auch die Folgen bei allen Goldwährungsländern mit unerbittlicher Konsequenz sich einstellen. Das Bekenntnis zur Goldwährung wird von unserer Nationalbankleitung in Übereinstimmung mit dem der Bank von Frankreich und der Federalreservebanken der Union erneuert und als orthodoxer Glaubenssatz hingestellt, weil Gold angeblich die einzige feste Grundlage ist und weil in der Einlösbarkeit für Gold nicht eine Dienstbarkeit, sondern eine Disziplin erblickt werden soll, und daß einzig und allein in ihr eine Bürgschaft für die Heiligkeit der Vorträge und die Sittlichkeit der Abmachung gegeben ist. Ein Blick in die Bulletins hätte den Herrn Gouverneur zu einer anderen Ansicht bekehren müssen. Das Schaubild auf Seite 161 zeigt das Abgleiten des Großhandelsindex zu Anfang 1929 von 150 auf ca. 108, d. h. zu Anfang 1929 hat eine gewisse Menge Durchschnittsware 150 Kè gekostet, die ich heute für 108 Kè kaufen kann. Das Geld hat also seinen Innenwert geandert. Es ist nicht stabil geblieben, sondern hat rund 50% zugenommen. Im Gegensatz hiezu wurde die Arbeit im gleichen Maße entwertet. Ob bei diesen Tatsachen man mit Recht von einer festen Unterlage sprechen kann, ohne sich absichtlich selbst zu täuschen, muß jedem überlassen bleiben, der die Indexziffern objektiv beurteilt und mit einem Blick auf die graphische Darstellung die Schwankungen des Goldwertes erkennt. Eine stabile Währung ist das keinesfalls, denn eine solche setzt einen gleichbleibenden Gesamtindex voraus. Wer das geflissentlich übersieht, täuscht sich selbst oder spielt mit Begriffen.

Auf die Unzuverlässigkeit des Goldes haben seit seiner allgemeinen Einführung als Wertmesser und Währungseinheit ungezählte Fachleute und Kritiker hingewiesen. Die Währungsgeschichte der letzten 50 Jahre ist ein historisches Dokument und gerade der Weltkrieg hat die Unverläßlichkeit der Goldwährung unleugbar erwiesen. Es ist kein Zufall, daß England am 21. September 1931 den Goldstandard aufgab und eine manipulierte Währung als Ausweg aus dem Weiterversinken in die Krise anwendet. England ist dabei gut gefahren, sein Index ist in der Zwischenzeit zwischen dem unteren Punkt von 107.8 und dem oberen von 108ÿ3 fast stabil geblieben und die Wirtschaft erholte sich allmählich - England ist somit auf dem Wege, die nationale Währungsautonomie durchzusetzen und es ist interessant, wie einer der hervorragendsten Kenner der Geldwirtschaft sich im Gegensatz zu den Goldgouverneuren einzelner Notenbanken sich äußert.

McKenna's Rede über das Ende der Goldwährung in England hat eine historische Bedeutung. Es wird sowohl von wissenschaftlicher Seite wie aus den Kreisen der Fachleute immer ernst davor gewarnt, vom Goldstandard, von der Goldparität abzugehen. Inflation im Innern sei die notwendige Folge. Nun sind in England wie in Schweden, die sich beide vom Gold gelöst haben, zwar die intervalutarischen Kurse gegenüber den Goldwährungsländern erheblich gefallen. Trotz einer 30 %igen internationalen Entwertung hat die Schweden-Krone ihre innere Kaufkraft behauptet. Der Großhandelsindex ist infolge des Preisfalles der Agrarprodukte sogar gefallen. Im September gab England die Goldparität auf. Der Sterling-Großhandelsindex ist zwischen dem 18. September von 100 auf 107ÿ8 gestiegen; nach einem Höchststand Ende November von 110ÿ3 ist er wieder auf 108ÿ3 gesunken. Seit dem 18. September 1931 aber fielen die entsprechenden Preise in den Vereinigten Staaten und Deutschland stetig (in den U. S. A. um 7.5, in Deutschland um 5 %). Die englischen Preise blieben stabil. England hat damit die nationale Währungsautonomie durchgesetzt. Beachtenswert im höchsten Maße ist die Rede, die der Chairman der Midländ Bank Ltd., R. McKenna über die jüngste Entwicklung in England hielt.

McKenna erklärte, daß "die Zeit jenes kindlichen Glaubens" vorüber sei, der annimmt, daß alles in Ordnung sei, solange ein Land nur den Goldstandard habe. Er gibt zu, daß der Goldstandard bis zum Kriege "erträglich gut" gearbeitet habe, aber nur, weil England das Gold einwandfrei verwaltet habe. Eigene Gesetze, nach denen das Gold arbeite, gebe es nicht. Wären wir eine Nation von Schätzesammlern gewesen, oder wären wir vom Geist der "finanziellen Isolierung" erfüllt gewesen, so würde der Goldstandard niemals erfolgreich gewirkt haben. Denn keine metallische Währungsbasis kann erfolgreich wirken, wenn die Hauptgläubiger-Nationen einen "corner" in diesem Metall inszenieren. Denn dann müssen die Schuldnernationen die Waren verschleudern, um so die Preiskatastrophe herbeizuführen. Fachleute glaubten noch immer, daß Gold die sicherste Basis für ein zuverlässiges Geld sei. Diese Ansicht sei offensichtlich falsch, denn in den letzten 20 Jahren vor dem Kriege sei das allgemeine Preisniveau um rund 40 % gestiegen. Das sei ein deutliches Beispiel einer Inflation trotz eines vollwirkenden Goldstandards. Dieser habe immer nur in Schönwetterzeiten funktioniert, aber in Sturmzeiten stets versagt. Er könne nicht einsehen, weshalb allein eine Goldwährung eine zuverlässige Währung darstelle. Zuverlässig könne sich nur beziehen auf die Kaufkraft im Lande. In dieser Hinsicht habe aber kein Standard mehr versagt als gerade der Goldstandard in jüngster Zeit und es sei hier auf die Bulletins der Nationalbank verwiesen, die diese Feststellung für die Èechoslovakei erhärten. England habe eine manipulierte Währung ohne Gold und arbeite heute ohne Gold mit der gleichen Technik wie beim Goldstandard, aber mit dem Ziel der Aufrechterhaltung eines gleichbleibenden Index, während beim Goldstandard das Ziel der intervalutarische Kurs sei. Die Gleichhaltung des Preis- und Lebenshaltungsindex sei erzielt und dadurch habe sich der Grundsatz der manipulierten Währung bewährt. Wenn das Pfund eine konstante Kaufkraft nach innen habe, dann zeigen die Schwankungen der Wechselkurse gegenüber den Goldwährungsländern nur an, in welchem Grade das Gold wie etwa jede andere Einzelware in seinem Werte schwanke. McKenna warnt vor dem Irrglauben an die automatische Funktion des Goldes, der ein kindlicher Glaube sei. Entscheidend sei nur die Zuverlässigkeit, Fachkundigkeit und das Verantwortungsbewußtsein, mit welchem Kredit und Währung gehandhabt würden, sei es nun mit oder ohne Gold. Die Aufrechthaltung eines Goldstandards, den ein anderes Land durch seine Überlegenheit des Goldvorrates bestimmt, sei für die Abhängigen immer eine Zeit großer und wachsender Opfer für ein mißverstandenes Ideal.


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