Heute gibt es Tausende, die 1/4 bis 1/3 ihres Einkommens für die Miete ausgeben und es gibt Hunderttausende, die durch den Mietzinsaufwand gezwungen sind, ihre übrigen Lebensbedürfnisse tief unter ein Minimum herabzudrücken. Sie sind gar nicht in der Lage und wahrscheinlich auch gar nicht gewillt, allein dem Heer der Staatsangestellten bei allgemeiner Mietensteigerung ein korrigierendes Äquivalent an den Bezügen zu garantieren. Ihr Einfluß auf die übrigen Lohnund Erwerbsverhältnisse ist gleich Null und jeder staatliche Schutz würde früher oder später durchbrochen werden. Und doch kommen Sie um das Problem nicht herum und Millionen sind in steter Aufregung, weil sie Art, Ziel und Tempo Ihrer Maßnahmen nicht kennen. Während wir novellieren, ist der große Reformentwurf angeblich bereits fertig und seine Bestimmungen in hunderten Paragraphen verankert. Streng wird das Geheimnis seines Inhaltes gehütet vor den Augen der Opposition, und kommt der Entwurf zur Verhandlung, dann muß er in Stunden durchgepeitscht werden und die Opposition, die auch Millionen von Wählern und Mietern vertritt, ist wieder ausgeschlossen von jeder Mitarbeit. Gerade weil wir später keinen Einfluß nehmen können, sprechen wir heute zu allen diesen Fragen und sagen Ihnen schon heute, daß nur ein großes Werk Hilfe schaffen kann und daß größtmögliche Bauförderung erst den Weg für die anderen Wohnungsgesetze frei zu machen vermag.
Noch nie war es so dringend, den Weg der Bauförderung zu beschreiten, wie jetzt. Nicht nur zur Steuer des Wohnungselends und der Wohnungsnot, sondern auch der Krise wegen. Die Ankurbelung der Wirtschaft könnte damit auf einem bedeutenden Teilgebiet erfolgen. Sie werden auch um die Frage des Geldzinses nicht herum kommen, wenn Sie das Bauen und Wohnen verbilligen wollen, mögen Sie auch für diese Maßnahmen vorläufig nichts übrig haben. Denn auch ein Brüning ist in wenigen Wochen aus einem Saulus ein Paulus geworden und der Kampf zwischen Blut und Gold wird auch hier entbrennen. Sie müssen die Mietzinse befreien von Steuerzuschlägen und Mietzinshellern, wiederum nach dem Muster Deutschlands. Heute lasten auf hundert Kè Mietzins 70 Kè Steuern und Abgaben an die Gemeinden, die dank den Regierungsmaßnahmen sich in Not befinden, aber selbst eine 40 bis 50% ige Belastung des Mietzinses macht jede Reform unmöglich. Wenn Sie diese Abgaben aufheben, so vergessen Sie nicht, daß diese Großzügigkeit Sie selbst nichts kostet, sondern der Löwenanteil auf die Gemeinden, ein kleiner Rest auf Bezirk und Land entfällt. Neben den Umlagen handelt es sich um die größten Einnahmsposten der Kommunen, denen Sie diese durch andere Zuweisungen umsomehr ersetzen müssen, da die Gemeinden durch die Neubauten besonders bei offener Bauweise weit größere Opfer bringen müssen als der Staat mit seiner Bauförderung, wie ich einmal nachgewiesen habe. Bevor die Bausaison beginnt, fordern wir einesteils radikalen Eingriff auf dem Baumaterialienmarkt, andererseits eine gesetzliche Regelung der Ansprüche der Bauhandwerker und eine Sicherung der Tarifverträge der Bauleiter. Fördern Sie die Baugenossenschaften und belasten Sie diese nicht durch schikanöse Steuern und Abgaben. Bei aller Anerkennung der vielen Schwierigkeiten, die einer baldigen und gerechten Lösung des Problems entgegenstehen, erhoffen wir trotz aller Enttäuschungen der letzten Jahre die Einlösung eines Ministerwortes und die Einlösung der Versprechungen des Parlaments. Wir können in der heutigen Novelle nicht einmal den Versuch einer Teillösung erblicken, sondern nur eine verschämte Verlegenheitsgeste, die uns das Vorhandensein einer Regierung mehr vortäuschen soll, während doch zwei feindliche Lager nur einen Waffenstillstand geschlossen haben, in der wahren Hoffnung, daß die Zeit alles heilt. Wir sehen, daß die heutige Zeit nicht heilt, sondern immer neue Wunden aufreißt, und daß unser Wirtschaftskörper totkrank ist. Beim sozialdemokratischen Parteitag in Deutschland wurde erklärt, daß die Sozialdemokratie der Arzt zu sein hat am Krankenbette des Kapitalismus. (Výkøiky posl. Geyera a Simma.)
Nicht die Heilung des Kapitalismus
wollen wir, sondern die Umstellung des Denkens und der Wirtschaft
in unserem Sinne. Und der angekündigte Entwurf einer endgültigen
Regelung wird nur Hilfe bringen der Wirtschaft und ihren Trägern,
den Menschen, wenn er für wesentliche Best immungen zinsfreie
Anleihen aus der nationalsozialistischen Gedankenwelt macht. (Potlesk.)
Hohes Haus! Gesetze haben den Zweck, Recht zu schaffen, Gerechtigkeit zu fördern, Ungerechtigkeit zu verhindern. Wenn wir heute über das Wohnungsgesetz sprechen, müssen wir auch da das geltende Recht von diesen Gesichtspunkten aus betrachten. Tun wir das, so kommen wir zu der Überzeugung, daß das Mieterschutzgesetz diesen Voraussetzungen eines Gesetzes nicht mehr entspricht, eeil die Voraussetzungen, unter denen es geschaffen wurde und unter denen es ein sozial gerechtes Gesetz war, nicht mehr zurecht bestehen. Als es während der Kriegszeit notwendig war, die Mieter zu schützen, nicht nur als sozialen Gründen zuhause, sondern au ch mit Rücksicht auf die im Felde Stehenden, war es natürlich und selbstverständlich, daß man einen allgemeinen Schutz der Mieter festlegte und dadurch Ungerechtigkeiten und soziale Härten verhinderte. Aber was im Jahre 1917 recht und billig war, war schon im Jahre 1920 nicht mehr voll richtig, weil die eigenartigen Verhältnisse nach dem Kriege es bewirkt haben, daß zunächst einmal eine starke Baubewegung eingesetzt und sich auch die merkwürdige soziologische Erscheinung gezeigt hat, daß die Städte nicht leer geworden waren, wie man im Kriege annahm, sondern aufgefüllt wurden durch Abwanderung vom Lande in die Städte; in allen Städten, insbesondere in den großen und größten, ist eine Überfüllung eingetreten, die es verhindert hat, der Entwicklung in der Wohnungsgesetzgebung rechtzeitig freie Bahn zu lassen. Schon im Jahre 1920 hat es sich ergeben, daß durch die Neubauten eine Gruppe von Mietern - die Neumieter - geschaffen wurde, welche den Mieterschutz nicht in Anspruch nehmen konnte und dem Gesetz von Nachfrage und Angebot an Wohnungen vollkommen schutzlos gegenüberstand. Die Entwicklung hat bewirkt, daß eine immer wachsende Zahl von Einwohnern aus den Wohltaten des Mieterschutzes ausgeschieden wurde, abgesehen von der Zahl jener, die schon im Jahre 1917 vom Mieterschutz nicht erfaßt wurden, nämlich die Untermieter, und daher auch nicht geschützt waren.
Mit Rücksicht auf die Überfüllung der Städte ist die Gruppe dieser schutzlosen Untermieter auch immer mehr angewachsen. Ich will nicht in Abrede stellen, daß die Untervermietung ein Gewerbe ist, das ausserordentliche soziale Auswirkungen hat, insoferne als es - vielen Menschen, welche sonst keine Einkünfte haben, durch die Vermietung ihrer Räume an Untermieter den Lebenunterhalt schafft. Dennoch ist festzuhalten, daß es letztenendes eben eine ganz große Gruppe von Menschen gibt, die nicht geschützt sind, da sie in Untermiete wohnen. Auch in dieser Frage der Untermieter liegt eine außerordentliche soziale Härte, weil eine Begrenzung oder auch nur eine Beengung der Preisbildung bei den Untermieten nicht vorhanden ist und wenn auch die alten braven Mütterchen, die von der Untervermietung z. b. an Studenten leben, sicherlich keine allzugroßen Ansprüche an ihre Untermieter stellen - hat sich doch eine ganze Reihe von Härten und Ungerechtigkeiten hier ergeben, die es wohl zulassen, daß man von einer Aus wucherung der Untermieter sprechen kann. Aber sie sind noch in anderer Hinsicht auf das härteste betroffen; es ist ihnen unmöglich, sich ein eigenes Heim zu schaffen, wenn sie heiraten wollen, weil die Mieten in den neuen Häusern allzuteuer sind. Ich glaube, daß gerade von sozialer Seite in diesen Tatsachen außerordentlich starke Impulse dazu liegen würden, doch den ganzen Wohnungsmarkt in Bewegung zu setzen und dadurch es zu ermöglichen, daß die Mieten in neuen Häusern für neue Hausstände erschwinglich werden. Jedenfalls sehen wir gerade an dem Beispiel der Untermieter, daß die Erstarrung der sozialen Gesetzgebung auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge sehr nachteilig ist und so lange nachteilig bleiben wird, als man sich nicht entschließt, hier eine große gesetzgeberische Handlung zu setzen.
Ich möchte dabei offen sagen, daß das Zögern, in der Wohnungsfrage einen entscheidenden gesetzgeberischen Schritt zu tun, durchaus nicht bloß vom Gesichtswinkel dieser speziellen Frage zu betrachten ist, sondern von der inneren Schwäche unserer Gesetzgebung aus, die nicht nur auf diesem Gebiete, sondern auch auf vielen anderen nicht den Mut findet, große Gesetzeswerke zu schaffen, insbesondere vom Standpunkt der Grundlage aller Gesetzgebung, nämlich dem Präventivprinzip der Gesetzgebung, um jeder sozialen Ungerechtigkeit vorzubeugen. Mut zeigen unsere gesetzgebenden Körperschaften nur sehr selten, am allerwenigsten freilich in der Wohnungsfürsorge.
Der Herr Referent hat hier von den kleinen Hausbesitzern gesprochen und bedauert, daß man ihnen nicht helfen kann. Diese Feststellung ist, soweit ich die verschiedenen Stellungnahmen zu diesem Gesetz, seitdem ich dem Hause angehöre, verfolgen kann, neu und eigentlich ein Fortschritt, insoferne man hier eine ganz große Gruppe von Hausbesitzern anerkennt, welche tatsächlich unter der Aufrechterhaltung des Mieterschutzes außerordentlich leiden: die Besitzer kleiner Häuschen sind keine reichen Menschen, sie sind Arme. Sie sind heute um ihr Lebenssziel eines bequemen Alters gebracht worden. Ich kenne die Verhältnisse in Nordböhmen und Westböhmen, wo immer Sie wollen. Dort hat es ohne Bausparkassen schon lange vor dem Kriege ein Bausparen in dem Sinne gegeben, das der um sein Alter besorgte Arbeiter und kleine Beamte alles daran gesetzt hat, in sein eigenes Häuschen einzuziehen. Er hat sich auf den richtigen Standpunkt gestellt, ein Häuschen zu bauen, für sich eine Wohnung und für einen oder zwei Mieter eine Wohnung. Seine Wohnung ermöglichte ihm ein Wohnen ohne Entgelt und der ganz bescheidene Zins, den er von dem Mieter der zwei oder drei Wohnungen bekommen sollte, hätte es ihm ermöglicht, sein Häuschen in Stand zu halten. Dadurch nun, daß dieser kleine Hausbesitzer jetzt eine Bagatelle für die Vermietung seiner zweiten Wohnung erhält, ist er außerstande, sein Haus in Stand zu halten. Das Haus verfällt und er ist eigentlich um die Früchte der Arbeit seines ganzen Lebens gebracht. Darin liegt eine ungeheure Ungerechtigkeit und ich würde wünschen, daß schon jetzt, obgleich Sie sich vorgenommen haben, das Definitivum nur bis zum 30. Juni 1932 zu vertagen, diesen Menschen geholfen würde.
Andererseits möchte ich doch darauf hinweisen, daß eine andere große Gruppe von Mietern hier ist, welche unter der Aufrechterhaltung des Mieterschutzes individuell leidet; das sind die neuen Mieter. Ich habe am eigenen Leib verspürt, was es bedeutet, wenn man sich seinen Hausstand in einem neuen Haus schaffen muß; es gab eine Zeit, wo 35% meines Einkommens dazu verwendet werden mußten, eine meiner geistigen Verdienstarbeit entsprechende Wohnung zu halten. Dagegen hat ein anderer, der unter deselben Voraussetzungen seinen Lebensstandard betritten hat, wenn er zufällig in die Wohnung seiner Eltern einziehen konnte, nicht 35%, sondern vielleicht nur 9 bis 14% seines Einkommens für sein Wohnen verwenden müssen. Hier ist eine klaffende Ungerechtigkeit, die sowohl Staatsbeamte als auch Privatbeamte und jeden trifft, der unter denselben materiellen Voraussetzungen arbeitet und schafft wie derjenige, der nicht in eine neue Wohnung einziehen mußte.
Ich möchte einige Bemerkungen kultureller und soziologischer Art zum Mieterschutz machen und darauf hinweisen, daß der heutige tatsächliche Zustand der ist, daß man an den angeführten Dingen nichts ändert, der Entwicklung freien Lauf läßt und daher in die kulturellen und soziologischen Entwicklungen mit dem Mieterschutz in dem Sinne eingreift, daß man durch ihn die Entwicklung hemmt. Es ist ganz fraglos, daß durch das Bauen nach dem Krieg auch in der Èechoslovakei ein Beginn einer Wohnkultur angedeutet war (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.). Wenn auch vielleicht gewisse Erscheinungen vorgekommen sind, daß z. B. jemand mit seinem Badezimmer nichts anzufangen wußte und eventuell in der Badewanne Karnickel gezogen hat, außer Frage aber haben die Wohnungen in den neuen Häusern eine Wohnungsethik geschaffen, die meines Erachtens vom sozialen und kulturellen Gesichtspunkte aus auf das lebhafteste zu begrüßen ist. Aber diese En twicklung scheint mir jetzt wesentlich gehemmt zu sein, weil die Bevölkerung die Überzeugung gewinnt, daß es bei der ganzen parteipolitischen Konstellation nicht so bald dazu kommen wird, die Wohnungsgesetzgebung nach großen Gesichtspunkten neu zu regeln und es daher dafür steht, in den alten unhygienischen, dem Lebensstandard des Einzelnen vielleicht nicht mehr entsprechenden Wohnungen zu bleiben, statt nach den modernen hygienischen und kulturellen Gesichtspunkten zu wohnen. (Posl. dr Rosche: Wir werden in einem halb en Jahr wieder kein Definitivum bekommen!) Ich möchte es beinahe befürchten. Ich glaube, daß Sie in Widerspruch kommen, wenn Sie diese Entwicklung vom Standpunkte der Population betrachten. Ich möchte sagen, daß aus der Erstarrung des Wohnungsproblems sicherlich eine sehr nachteilige Entwicklung für die Population kommen muß, weil Sie es einer jungen Frau nicht zumuten können, daß sie in Untermiete innerhalb eines einzigen Raumes ein Kind zur Welt bringt und erzieht. Infolgedessen glaube ich, daß jede Erstarrung, jedes Stehenbleiben auf dem heutigen Standpunkte der Wohnungsgesetzgebung ein ungeheurer Nachteil von kultureller und sozialer Bedeutung ist.
Ich bin erstaunt, daß bei der Fixigkeit und guten und raschen Arbeit des Statistischen Staatsamtes die wichtigste Statistik aus dem Jahre 1930 noch nicht erschienen ist, und zzwar die Statistik der Wohnungen. Es ist doch bei der Volkszählung aufgenommen worden, wie die einzelnen Familien leben, und es wäre sehr wichtig, daß wir diese offizielle Statistik endlich kennen lernen, weil wir meiner Anschauung nach parteipolitisch im Finstern tappen. Es sind lauter Hausnummern, die angeführt werden, wenn man irgendwie in dem Komplex dieser Fragen mit einer Statistik aufwartet. Im großen und ganzen können wir feststellen, daß, solange diese Statistik des Statistischen Staatsamtes nicht erschienen ist, wir nicht wissen werden, wie eigentlich die Verhältnisse liegen. Ich berufe mich deshalb weder auf die Statistik der einen, noch der anderen Seite, möchte aber den Wunsch aussprechen, daß möglichst bald diese Statistik ersch int, damit wir endlich wissen, wie die tatsächlichen Verhältnisse liegen. Ich glaube, daß für die Arbeit, die sich dieses Haus, besser gesagt diese Koalition und Mehrheit, bei dieser Novelle vornimmt, es unerläßlich ist, diese Statistik zu kennen, weil sonst viele Vorurteile und Schlagworte aufrecht bleiben, unter denen man bisher Provisorien gemacht hat. Wenn man ein definitives Gesetz bringen will, gehört als Voraussetzung diese Statistik dazu und zwar deshalb, damit man objektiv feststellen kann, wie Recht und Unrecht in der Wohnungsfrage verteilt ist; ich bin fest überzeugt, daß manches Vorurteil, welches dazu dient, die Erstarrung der Wohnungsgesetzgebung aufrecht zu erhalten, zusammenbrechen wird, weil dieses Vorurteil heute seine rechtliche Voraussetzung nicht mehr behalten hat.
Ob wir bis zum 30. Juni, wie es der vorliegende Entwurf ankündigt, das definitive Gesetz haben werden, weiß ich nicht. Ich möchte es beinahe bezweifeln, weil die einzelnen Herren von der Mehrheit, wenn sie hier gesprochen haben, sich auf die schlechte wirtschaftliche Lage berufen haben. Ich bin weit entfernt zu behaupten, daß die wirtschaftliche und soziale Lage gut ist, im Gegenteil, ich glaube und befürchte, daß sich die wirtschaftliche Lage noch bedeutend verschlechtern wird. Aber eines haben wir schon in der Volkswirtschaft gesehen und das ist, daß es eine gradlinige Entwicklung der Volkswirtschaft bei uns nicht gibt, weil wir als Exportstaat immer wieder darauf angew iesen sein werden, wie es in der Welt geht und welche Handelspolitik wir machen. (Sehr richtig!) Daher abwarten, bis vielleicht Tage, Wochen oder Jahre eines besonderen Wohlstandes über uns kommen und dann die Lösung des Wohnungsproblems machen, das hieße die Vertagung des ganzen Problems ad calendas graecas. Ich glaube, daß die Statistik, von der ich sprach, nachweisen wird, daß die Zahl der Geschützten und Ungeschützten, also jener, die durch den Mieterschutz einen persönlichen Gewinn haben, und jener, die keinen haben, beinahe ausgeglichen sein wird und daß es daher recht und gerecht sein wird, wenn man gewissermaßen ohne Rücksicht auf die sozialen Verhältnisse das Problem angeht. Dabei stehe ich durchaus nicht an, hier zu erklären, daß wir keinerlei Gesetzesregelung erwarten oder ihr auch nicht zusti mmen würden, die von heute auf morgen ein so gewaltiges soziales Problem liquidieren wollte .... (Posl. dr Rosche: Das will nicht einmal der Hausbesitzerverein!) Jam auch sie wollen es nicht, Allerdings möchte ich zugeben, daß diese kluge Zurückhaltung erst aus jüngster Zeit stammt, heute aber besteht sie tatsächlich und sollte auch von der anderen Seite respektiert und honoriert werden. Ich glaube, daß die Hausbesitzerschaft heute ein Partner für die Verfechter der Mieterinteressen ist, mit dem man verhandeln und eine Lösung finden kann, die allen Teilen gerecht wird. Ich möchte mich gegen jene wenden, die überhaupt mit Härte die Liquidierung des Problems verlangen, aber auch gegen jene, die glauben, daß das Problem ohne Bauförderung geregelt werden kann. Darüber kann gar kein Zweifel sein, daß ohne Schaffung neuer Wohnräumlichkeiten und neuer Wohnungen die Lösung des Wohnungsproblems in einem Chaos endigen müßte, weil, wenn einmal die Bewegung der Ausmietung erfolgt, ohne daß die Möglichkeit gegeben ist, die Wohnungslosen unterzubringen, sich sozial sehr harte Verhältnisse ergeben würden.
Wir haben durch Statistiken feststellen können, daß das Bedürfnis etwa zu 75% sich auf jene Wohnungen bezieht, die entweder nur eine Wohnküche oder Küche und ein Zimmer haben. Ich möchte sagen, daß in dieser Beziehung unter allen Umständen vorgesorgt werden muß, d. h., daß es nötig ist, solche Wohnungen zu schaffen. Allerdings glaube ich, daß es bisher insofern ein Fehler der Gesetzgebung war, als man der privaten Wohnbautätigkeit keinen Anreiz gegeben hat, indem man nicht denjenigen, die solche kleine Wohnungen privat bauen, eben solche Begünstigungen gibt wie den Städten oder den Genossenschaften. Heute versucht natürlich der auf Gewinn Bauende Häuser zu errichten mit möglichst großen Wohnungen, weil es natürilich bequemer ist, mit wenigen Mietparteien Verträge abzuschließen und ihnen die Wohnungen zu vermieten, als vielen, die nur in kleinsten Wohnunggen wohnen. Dennoch glaube ich, daß die private Initiative, insbesondere wo sie sich deckt mit dem Interesse eines großen Werkes, sicherlich sehr angeregt werden würde, wenn eine gleichartige Förderung aller derjenigen erfolgen würde, die Kleinwohnungen bauen.
Wenn wir das vorliegende Gesetz betrachten, so möchten wir uns damit abfinden, daß die Frist bis zum 30. Juni erstreckt wird, bis zu welcher das definitive Gesetz vorgelegt wird. Es ist uns lieber, Sie nehmen sich von diesem Hause eine längere Frist, um ein besseres Gesetz zu machen. Wenn aber diese Frist dazu dienen sollte, daß, wie schon seit Jahren, erst in den letzten Tagen vor Ablauf der Frist der Versuch einer Regelung gemacht wird, dann würden wir es bedauern, daß Sie aus parteitaktischen Gründen einen Termin genannt haben, den einzuhalten, Sie sich gar nicht vorgenommen haben. Wie im Leben, so muß wohl auch zwischen der Mehrheit und der Minderheit im Parlament ein gewisses loyales Verhältnis in dem Sinne bestehen, daß eine Verpflichtung, die heute übernommen wird, doch auch verbindlich ist und nicht später wieder zurückgenommen wird. Wir setzen daher voraus, daß der Termin bis 30. Juni diesmal eingehalten wird, wir setzen voraus, daß in kürzester Zeit die breite Öffemtlichkeit erfährt, was Sie sich im definitiven Gesetz vorgenommen haben, und daß man sowohl den beteiligten wirtschaftlichen und sozialen Körperschaften als auch uns selbst die Möglichkeit gibt, rechtzeitig und mit Verantwortungsgefühl an dem Besserwerden des Gesetzes mitzuwirken.
Der Motivenbericht zu der Gesetzesvorlage sagt ja ausdrücklich, daß das Gesetz, das das Ministerium für soziale Fürsorge ausgearbeitet hat, bereits der Regierung übergeben ist. Es wäre doch das Zeichen einer schlechten Arbeit der Regierung, wenn sie von jetzt an, wo sie das Gesetz bereits vorliegen hat, bis indie Nähe des Termins, den sie sich selbst gesetzt hat, um ein definitives Gesetz zu schaffen, verstreichen ließe, ohne an diese ganze Materie mit dem entsprechenden Ernst und mit der entsprechenden Verantwortlichkeit heranzutreten.
Ich möchte hier auf eine andere Sache kurz zu sprechen kommen; das ist die Spannung, in der sich nicht nur die sogenannte Opposition, sondern auch die Mehrheit selbst gerade in dieser Stunde befindet, weil man ihr von der Regierung und vom Präsidium des Hauses zumute, innerhalb drei bezw. vier Tagen ein Gesetz von grundlegender Bedeutung zu erledigen, nämlich das Bankengesetz, von dem wir alle - auch Sie von der Mehrheit - noch nicht wissen, ob es heute oder morgen oder nach Weihnachten eingebracht wird. (Posl. dr Rosche: Angeblich soll es noch vor Weihnachten eingebracht werden!) Wenn jeder einzelne für sich es sich gefallen läßt, sich zu einer so ob erflächlichen Arbeit des Parlamentarismus zwingen zu lassen, dann verdient dieses Haus nichts anderes als die Mißachtung, die daraus spricht, daß man im letzten Augenblick ein Gesetz von 300 Paragraphen vor das Parlament schmeißt und verlangt, daß es ohne Gewissenhaftigkeit erledigt wird. (Posl. Geyer: Das sind auch unehrenhafte Motive!) Könnte auch sein. Es kann niemanden von Ihnen gleichgültig sein, wie die Öffentlichkeit über diese Art parlamentarischer Arbeit denkt. Aber ich glaube, daß es unter uns hier noch immer genug verantwortungsbewußte Menschen gibt, die dagegen nicht nur auf das schärfste Einspruch erheben, sondern auch die Überzeugung gewinnen, daß auf diesem Wege die Krise des Parlamentarismus nicht überwunden wird. Und wenn schließlich die Vorlage im letzten Augenblick und die rasche Erledigung des Bankengesetzes vom Hause möglich gemacht wird, wäre es auch möglich, daß es ebenso mit dem schon als fertig angekündigten und trotzdem nicht der Öffentlichkeit übergebenen Wohnungsgesetz geschieht, d. h., daß wiederum so wie jetzt - ich glaube am 15. Dezember, bei Einschaltung der Feiertage - das Gesetz im letzten Augenblick vorgelegt wird und daß im Grund genommen erst ein gewisser Widerwille von uns allen überwunden werden muß, um überhaupt einen dem Parlament zum Schlucken übergebenen Gesetzesantrag anzunehmen.
Ich schließe meine Ausführungen
in der festen Hoffnung, daß mit uns nicht falsches Spiel getrieben
worden ist, als man neuerdings einen Termin gesetzt hat, um ein
definitives Gesetz in der Wohnungsfrage einzubringen. Ich glaube,
daß es die Verantwortlichkeit einerseits und die große soziale
Not andererseits, die trotz des Mieterschutzes besteht, zustande
bringen werden, daß endlich rechtzeitig das definitive Wohnungsgesetz
eingebracht wird und daß die mit diesen Fragen befaßten Körperschaften
die Möglichkeit bekommen, sich mit diesem Gesetz allen Ernstes
zu beschäftigen - daß aber auch wir selbst dazu Gelegenheit finden,
wir, die wir es mit der Arbeit an der Gesetzgebung ernst meinen
und stets dazu bereit sind, an einem richtig und wohl abgewogenen
Gesetz Anteil zu haben. (Potlesk.)