Pátek 18. prosince 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 161. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 18. prosince 1931.

1. Øeè posl. Zajièka (viz str. 6 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Grundsatz unserer Wohnungspolitik wurde im Jahre 1920 durch den damaligen sozialdemokratischen Fürsorgeminister Habrman formuliert: "Die Mieten in den alten Häusern sollen den Mieten in den neuen Häusern angeglichen werden." Angngleichen heißt nicht, daß die Mieten in den alten Häusern so hoch sein sollen, wie in den neuen Häusern. Werden diese Mieten angeglichen, so ergibt sich eine Spannung von ungefähr einem Drittel. Wie kommen wir nun zu diesem Ziel der Angleichung der Wohnungsmieten? Es gibt da zwei Wege. Die einen sagen: "Kümmern wir uns um die Mieten in den neuen Häusern überhaupt nicht und erhöhen wir die Mieten in den alten Häusern." Wer diesen Weg geht, muß die Mieten in den alten Häusern mindestens um das Achtfache erhöhen. Der zweite Weg - den wir gehen ist der, daß wir sagen: Wir müssen trachten, daß die Mieten in den neuen Häusern herabgesetzt werden, dann brauchen wir sie in den alten Häusern nicht so wes entlich zu erhöhen.

Das Problem: "Wie senken wir die Mieten in den neuen Häusern?" hat zwei Seiten; die einen sagen: Wir müssen für diese Mieten Höchstpreise einsetzen. Wir sind grundsätzlich dagegen, weil wir sagen, daß durch eine derartige Dekretierung die Zwangswirtschaft, die ja abgebaut werden muß, verschärft würde. Aber wir sind auch aus einem anderem Grunde dagegen: Wenn wir Höchstpreise festsetzen würden für Mieten in neuen Häusern, wird es keinem reichen Menschen einfallen, ein Zinshaus zu bauen. Man kkönnte sagen, da würden eben die Genossenschaften und Gemeinden einspringen, die genug bauen könnten. Die Erfahrung lehrt uns aber, daß die Genossenschaften, besonders aber die Gemeinden diese Aufgabe nie und nimmer voll und ganz erfüllen können und daß nach wie vor der Privatinitiative ein groß er Spielraum gelassen werden muß.

Es gibt aber ein anderes Mittel, um die Mieten in den neuen Häusern ganz emppfindlich zu senken: Wir müssen möglichst viel bauen. Es muß ein möglichst großes Angebot neuer Wohnungen geschaffen werden, dann werden die Mieten in den neuen Häusern von selbst heruntergehen. Wir sehen das ja schon in der Praxis. Es gibt in den neuen Häusern eine Menge von groß en Wohnungen, die nicht anzubringen sind und wenn sie vermietet werden, kosten sie nicht vielleicht das zwei- oder dreifache von dem, was eine kleine oder mittlere Wohnung kostet, sondern bedeutend weniger, u. zw. aus dem Grunde, weil wir an großen Wohnungen in neuen Häusern schon ein Überangebot haben. Wenn nun auch ein Überangebot an kleinen und mittleren Wohnungen in den neuen Häusern bestände, würden auch diese Mieten von selbst heruntergehen. Wenn wir sagen, das Bauen mü sse gefördert werden, so tun wir es auch deswegen, weil wir die Mieten in den neuen Häusern herabsetzen wollen.

Wie fördert man nun das Bauen? Das Wichtigste ist, daß wir besonders in den großen Städten billige Bauplätze zur Verfügung stellen können. Es ist Tatsache, daß bis zum Sommer dieses Jahres in zahlreichen Orten die Bauplätze ganz wesentlich im Preise gesunken sind. Mit dem Sturze des englischen Pfundes trat bei uns eine große Unruhe ein, viele Leute flüchteten vom èechischen Gelde, es wurden große Bauplätze gekauft und die Folge war, daß die Preise der Bauplätze wie der anzogen. Wir haben in den Zeitungen gelesen, daß Minister Bechynì den Plan gefaßt hat, dem Parlament ein Gesetz vorzulegen, auf Grund dessen unbebaute Bauplätze mit einer Sondersteuer belegt werden sollten zugunsten des Staates und der Gemeinden. Der Antrag war sicherlich gut gemeint. Wir dürfen darauf hinweisen, daß wir ja ein ähnliches Gesetz bereits besitzen. Der § 38 des Gesetzes 329 vom J. 1921 gibt den Gemeinden das Recht, von solchen Baupplätzen eine Abgabe einzuheben. In der Praxis aber hat sich dieses Gesetz fast gar nicht ausgewirkt. Wir fürchten das eine: Wenn auf diese Bauplätze eine neue Abgabe gelegt wird, wird mancher Besitzer es verstehen, den Bauplatz ganz einfach um diese Abgabe teuerer zu verkaufen und der Zweck dieses Gesetzes ist vereitelt. Wir sind uns dessen bewußt, daß bei dieser Frage unbedingt radikal vorgegangen werden muß und ich glaube, wir könnten es ruhig verantworten, wenn wir für große Städte folgenden Grundsatz einführten: Große Städte sollen das Recht haben, große baureife Gründe zu enteignen, u. zw. nicht zu einem Preis, er gang und gäbe ist, sondern zu einem viel niedrigeren Preis. Die Gemeinden müßten dann dieses Gelände mit Straßen und Kanälen durchziehen und könnten die Bauplätze verhältnismäßig billig abgeben. So wie die Stadtgemeinde Prag das getan hat, dürfte es nicht geschehen, die seinerzeit vom Stifte Strahov riesiges Gelände für ein paar Kronen per Quadratmeter gekauft hat und es für tausende von Kronen weiterverkauft hat. Das ist nichts anderes als Wucher (Sehr richtig!)

Bei dieser Gelegenheit muß ich darauf aufmerksam machen, daß große Bauparzellen durch das Bodenamt verkauft worden sind. Auf diesen Bauplätzen stehen seit 5 bis 10 Jahren Häuser und viele Besitzer sind nicht imstande, Hypotheken auf die Häuser zu bekommen, weil viele Sparkassen sagen: "Zuerst muß Dir der Grund zugeschrieben sein, erst dann bekommsst Du die Hypothek". Da wäre es notwendig, daß das Bodenamt daran ginge, in erster Linie diese Baugründe verbüchern zu lassen.

Zweitens brauchen wir, um wirklich eine große Bauaktion unterstützen zu können, genügend Geld. Wir müssen da sagen, daß in der Èechoslovakei die Verhältnisse vielleicht besser sind als in manchen anderen Staaten. Aber auf der anderen Seite gibt es Staaten, die in dieser Beziehung besser stehen als wir und ich kann da den Vorwurf nicht unterdrücken, daß es leider auch deutsche Geldinstitute gibt, die sehr zugeknöpft sind, die sich sogar weigern, Geld für die zweite Hypothek zu borgen, obwohl die Staatsgarantie gegeben ist. Dann, meine Herren, müssen wir alles machen, um gewisse Baumaterialien im Preise zu drücken. Es ist wahr, das Bauholz ist im Preise ganz gewaltig heruntergegangen, aber es gibt doch genug Baumaterialien, die noch außerordentlich hoch im Preise sind, z. B. Zement und Eis n, in einzzelnen Gegenden auch Ziegel. Unlängst lasen wir den Bericht einer großen Zementfabrik. Während alles jammert, erklärt diese Fabrik, außerordentlich zufrieden mit den Ergebnissen zu sein. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß ich vor 13 Monaten schon im Sozialpolitischen Ausschuß einen Resolutionsantrag eingebracht habe, der auch angenommen wurde, in dem die Regierung aufgefordert wird, mit allem Nachdruck sich für die Verbilligung dieser Beumaterialien einzusetzen. Der Resolutionsantrag wurde von beiden Häusern angenommen und ich habe mir erlaubt, am 20. März an die Gesamtregierung eine Interpellation zu richten, in der ich an diese Resolution erinnerte. Meine Herren, ich stelle fest, daß diese Interpellation bis heute nicht beantwortet ist und ich stelle weiter fest, daß die Regierung nichts gemacht hat, um den Preis dieser Baumaterialien herabzusetzen. Es ist Tatsache, daß im Deutschen Reiche heute viele Baumaterialien um ein Drittel billiger sind als bei uns (Sehr richtig!)

Bei dieser Gelegenheit muß ich mich noch mit einer Angelegenheit beschäftigen, die im letzten Jahre bei uns sehr aktuell geworden ist: Seit 1 1/2 Jahren bri cht sich bei uns in der Èechoslovakei die sog. Bausparkassenbewegung Bahn. Ich habe am 29. Jänner d. J. dem Herrn Fürsorgeminister eine Interpellation überreicht, in der ich sagte, daß im Deutschen Reiche eine mächtige Bausparbewegung entstanden ist, daß es dort, von kleineren Kassen abgesehen, 15 große Bausparkassen mit 170.000 Bausparern gibt und daß die Bausparkassen im Deutschen Reiche 2 Milliarden Goldmark besitzen. Ich mache aufmerksam, daß auch bei uns gewisse Bausparkassen bestehen, die nicht besonders gut fundiert sind und daß die Gefahr besteht, daß bei uns die LeLeute ums Geld kommen, weil sich niemand um diese Bewegung kümmert. Ich fragte den Herrn Minister, ob er bereit ist, die in der Republik bestehenden Bausparkassen ständig überwachen zu lassen und die solid arbeitenden Bausparkassen in jeder Hinsicht zu fördern, ob er bereit ist, überall einzuschreiten, wo die Gefahr besteht, daß die Bausparer geschädigt werden. Ich bekam dann eine Antwort vom Herrn Minister, die mich insofern befriedigt hat, als er sagte, daß er die soliden Bausparkassen unterstützen, daß er eine Schädigung der Interessen der Sparer nicht zulassen wolle. Er machte mich aber aufmerksam, daß ihm jede gesetzliche Handhabe fehlt. Diese Bauspargenossenschaften unterstehen dem Revisionsverband oder dem Handelsgericht oder der Landesbehörde, aber mit ihrer eigentlichen Tätigkeit könne sich das Ministerium für soziale Fürsorge nicht beschäftigen. Koll. Krumpe hat in derselben Sache etwas später an den Innenminister eine Interpellation gerichtet und vor kurzem hat der Innenminister ungefähr dasselbe geantwortet, nämlich: ebenso fehlt mir die gesetzliche Grundlage zur Überprüfung der Aufrufe und Reklameflugblätter dieser Genossenschaften hinsichtlich ihrer Verläßlichkeit, ferner zur Durchführung einer strengen Revision der gemachten Versprechungen und der tatsächlich erfüllten Leistungen. Meine Herren! Wer sich nur ein bischen umschaut, was da draußen getrieben wird, wundert sich, daß der Staat bis heute dem Treiben einzelner Agenten dieser Genossenschaften ruhig zugeschaut hat. Ich habe hier ein Flugblatt, es ist von den vielen, die in der ganzen Èechoslovakei herumgehen, und da preist sich eine Genossenschaft folgendermaßen an: "Sie gibt Darlehen, zinsfrei." Das ist schon der erste Schwindel: "An jedermann." Nach diesem Flugblatt auch an den größten Haderlumpen! Es heißt dann weiter, daß die erste Hypothek gewöhnlich 10% kostet. Eine Lüge! Außerdem ist jeder Darlehensempfänger prämienfrei versichert, so daß eine Schuld bis 100.000 Kè sofort erlischt, sofern er vor der Rückzahlung derselben etwa stirbt. Wenn also einer heute beitritt und die Bausumme 100.000 Kè beträgt, so ist die ganze Schuld von 100.000 Kè erloschen, wenn er morgen stirbt. Das höchste Ziel, heißt es, ist, die Höchstwartezeit auf die Mindestwartezeit herabzudrücken, also allen Sparern ausnahmslos innerhalb 6 Monaten das Darlehen zuzuteilen. Das ist eine derartige Kühnheit, daß wir staunen müssen, daß keine Staatsbehörde dagegen auftritt. Das allerschönste aber kommt erst: Es heißt, das ganze Risiko für jeden einzelnen bilden 10 Kè Geschäftsanteile, weitere 10 Kè Haftpflicht und 50 Kè Eintrittsgebühr. So macht man bei uns Genossenschaften und verspricht den Leuten das Schlaraffenland. Zahllose Agenten hausieren die Ortschaften ab, kassieren @a konto-Zahlungen ein, versprechen den Leuten alles Mögliche und ich glaube, daß die nicht einmal imstande sind, auch nur 1% ihrer Versprechungen zu erfüllen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Regierung endlich diese Bausparkassen genau und ständig überprüfen soll, auf der anderen Seite aber die soliden Bausparkassen in jeder Hinsicht fördern muß. Im Ministerium für soziale Fürsorge ist bereits ein Entwurf vorhanden, wie man eses Bausparkassenwesen überwachen soll. Der Entwurf ist sehr gut, ich frage aber heute und habe auch gestern schon gefragt: Was hat es für einen Sinn, diesen Entwurf im Ministerium für soziale Fürsorge zu lassen? Da wäre es doch vernünftiger, den Entwurf ins Parlament zu geben, damit diesen Leuten das Handwerk gelegt werden kann.

Nun zum Gesetz selbst: Wir erklären ganz offen, daß der Abbau des Mieterschutzes bei vielen Kategorien in einem viel rascheren Tempo vor sich gehen könnte, ohne daß man den Mietern allzusehr weh getan hätte. Man spricht immer von den armen Mietern, aber nicht davon, daß es Tausende kleiner Besitzer von Häusern gibt, die viel schlechter daran sind als so ein armer Mieter. In der Novelle, die dem Parlamente vorgelegt ist, heißt es - das ist keine neue Bestimmung - daß der Staat, das Land, Bezirk und Gemeinde einen um 340% erhöhten Mietzins zu zahlen haben. In der vorliegenden Novelle wurde diese Bestimmung auch auf Fonds ausgedehnt, die vom Staat verwaltet werden. Ich hatte gestern den Antrag gestellt, man möge diese Ziffer auf 400 % hinaufsetzen, weil wir doch alle der Anschauung sind, daß der Mieterschutz für die schwachen Leute gilt. Wenn sich aber Staat und Land schützen lassen, so ist das nach meiner Ansicht eine Blamage vor dem ganzen Ausland. Nach der zweiten Bestimmung sollen aus dem Mieterschutz alle herausfallen, die ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 75.000 Kè haben. Diese Bestimmung ist gerechtfertigt. Die dritte Bestimmmmmmnmung geht dahin, daß Fünfzimmerwohnungen aus dem Mieterschutz herausfallen sollen. Ordinationsz immer der Ärzte, Kanzleien der Advokaten werden nicht als Zimmer gezählt. Wir haben nun im Ausschuß die Frage aufgeworfen: Wie verhält es sich mit dem Studierz immer des Universitätsprofessors, oder mit dem Arbeitszimmer des Schriftstellers, des Redakteurs? Die Entscheidung hierüber können wir doch nicht den Gerichten überlassen. Es wäre leicht möglich gewesen, daß im Gesetz klar zu sagen oder mindestens im Motivenbericht anzuführen. Leider ist es nicht geschehen. Nach der vierten Bes timmung sollen die von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemieteten Räume voll aus dem Mieterschutz hinausfallen. Als ich vor 13 Monaten einen solchen Antrag stellte, hieß es, daß der Antrag nicht durchführbar sei. Jetzt auf einmal ist er durchführbar. Die fünfte Bestimmung lautet, daß große Räumlichkeiten ebenfalls aus dem Mieterschutz herausfallen sollen. Was ist nun ein großer, ein mittlerer und ein kleiner Betrieb? Im § 11 des Gesetzes Nr. 44 vom Jahre 1930 heißt es, daß darüber das Gericht entscheidet. Der Herr Berichterstatter Langr hat heute selbt zugegeben, daß die Gefahr besteht, daß es zu einer Menge von Streitigkeiten kommen wird. Ich hatte gestern im Ausschuß die Fassung beantragt: "Groß ist jene Betriebsstätte, für die im Frieden eine Miete von 3.000 Goldkronen gezahlt wurde." Das ist sehr einfach, der Antrag ist aber leider nicht angenommommen worden.

Gestern habe ich im Ausschuß bekrittelt und der Herr Berichterstatter hat mir gestern und heute auch recht gegeben, daß man in den letzten Jahren immer nur Gesetze zugunsten der Besitzer von groß en Häusern schafft, aber für die Besitzer von kleinen Häusern überhaupt nichts getan hat. Da soll man nicht vergessen, daß es Tausende von Sozialisten gibt, die ein kleines Haus haben, das sie vielleicht geerbt haben. In der einen Wohnung wohnen sie, die andere haben sie vermietet. Diese Häuser verfallen und seit Jahren bekommen diese armen Hausbesitzer keinen Heller mehr. Ich habe schon vor 2 Jahren und vor 13 Monaten und wiederum gestern gesagt, daß wir diesen Besitzern von kleinen Häusern Kredite geben müssen. Man fragte uns, woher man das Geld nehmen soll. Ich staune darüber, daß der Staat es heute noch zuläßt, daß Besitzer von Villen und großen Zinshäusern nicht nur Zehntausende, sondern Hunderttausende schon vom Staat an Unterstützung bekommen haben, und sogar noch weiter bekommen, heuer und so und so viele Jahre. Es fällt uns nicht im Traume ein, das Regreßrecht ausüben zu wollen, wenn es sich um Kleinsthäuser oder Genossenschaftshäuser handelt, aber es ist unverständlich, warum der Staat in der heutigen schweren Zeit nicht das Geld dort nimmt, wo es tatsächlich vorhanden ist und es dann den armen kleinen Besitzern von Häusern gibt. Aus diesem Fond könnte man auch armen Mietern etwas geben, damit sie die Miete bezahlen können. Das sind Gelder, die auf der Straße liegen, das sind Gelder, die heute greifbar wären und trotzdem ist die Regierung nicht dafür zu haben, diesen Schritt endlich einmal zu tun.

In meiner Rede vom 19. November 1930 habe ich an dieser Stelle gesagt, daß wir mit der größ ten Wahrscheinlichkeit sagen können, daß wir in einem Jahr wieder ein Provisorium bekommen werden, daß in einem Jahre wieder geflickt werden wird. Leider Gottes haben wir recht behalten. Als wir zu Beginn dieses Jahres sahen, daß die Regierung keine Maßnahmen trifft, um zu einem definitiven Wohnungsgesetz zu kommen, habe ich am 20. März an die Gesamtregierung eine Interpellation gerichtet, in der es heißt: Der Ministerpräsident, mehrere Minister und Parteiführer haben im Vorjahre dezidiert erklärt, man wolle das jetzige Mieterschutzgesetz keineswegs über den 31. Dez ember 1931 hinaus unverändert verlängern, das Wohnungspro blem werde heuer ganz bestimmt endgültig geregelt werden. Im Herbst, sagte ich weiter, hat erfahrungsgemäß das Parlament nicht die nötige Zeit, um dieses wichtige Gesetz gründlich durchzuberaten. Es ist notwendig, den Entwurf noch vor dem parlamentarischen Sommerferien vorzulegen. Das wurde verlangt am 20. März dieses Jahres und niem and kann sagen, daß das eine demagogische Interpellation gewesen wäre. Was ist ges chehen? Die Regierung hat sich Zeit gelassen, wie sie es im Vorjahr getan hat und jetzt knapp vor Weihnachten kommt sie und sagt, innerhalb 24 Stunden müsse das neue Provisorium fertig sein. Es ist interessant, daß die Regierung von der Kanzlei dieses Hauses dreimal urgiert worden ist, sie solle endlich einmal antworten. Wozu haben wir eine Geschäftsordnung, in der es im § 68 heißt, daß ein Minister verpflichtet ist, innerhalb zweier Monate zu antworten? Wir haben ja gesehen, wie die Geschäftsordnung geh andhabt wird, wir können uns noch genau erinnern, wie die Geschäftsordnung im Jahre 1926 gehandhabt worden ist, wie Ministerbänke zertr ümmert worden sind. Was ist den Herren geschehen? (Posl. dr Luschka: In die Regierung sind sie dafür gekommen!) Und wenn jetzt ein junger kommmmunistischer Abgeordneter ein paar Zwischenrufe macht, kommt die Parlamentswache und der arme Teufel wird von der Koalition für so und so viele Sitzungen ausgeschlossen. Wenn die Geschäftsordnung verschärft worden ist, muß sie auch für den Ministerpräsidenten und die Gesamtregierung gelten und wenn wir Fragen an sie stellen, sind die Herren gesellschaftlich verpflichtet, darauf zu antworten. Man darf nicht vergessen, daß wir schließlich und endlich die Interpellation nicht an die Herren So und So, sondern an Repräsentanten des Staates richten. Wir müssen dagegen protestieren, daß diese Herren die Gesetze, die sie mitgeschaffen haben, in einer derartigen Weise mißachten.

Das jetzige Provisorium wird auf 6 Monate verlängert. Ich frage mich: Warum auf 6 Monate? Im Motivenbericht heißt es: Der Entwurf des neuen Wohnungsgesetzes ist fertig und wurde schon der Regierung vorgelegt. Das ist unterschrieben worden am 16. Dezember vom Ministerpräsidenten und vom Fürsorgeminister. Jetzt frage ich mich: Wenn dieses neue Gesetz schon fix und fertig ist, wenn es in die Regierung eingebracht worden ist, warum brauchen wir dann 6 Monate Zeit, bis es im Parlamente verhandelt wird? Ich habe gestern gesagt, daß wir das Gesetz auf 3 Monate verlängern sollen. Natürlich ist dieser Antrag abgelehnt worden. Was wird im Jahre 1932 ges chehen? Im Jänner wird der Ausschuß zusammenkommen, dort wird Dr Kalaš mit Koll. Langr ein bischen raufen ud man wird saggen: Ein Grund dafür, den Ausschuß zu vertagen. Dann kommt der Fasching, dann kommt der April, da werden wir in den April geschickt, dann kommt der schöne Wonn emonat Mai, dann kommen die Ferien, dann heißt es "My nemáme èas" und es kommt wiederum ein Provisorium. Ich verstehe den Koll. Langr nicht; er zeichnet den Bericht über die gestrige Ausschußsitzung mit dem Vorsitzenden, darin sagt er, daß der sozialpolitische Ausschuß der Überzeugung ist, daß dieses Provisorium das letzte ist. Wenn wir gestern über diesen Satz privat abgestimmt hätten, der ganze Ausschuß hätte darüber gelacht, daß man von uns so etwas behauptet. Ich bin überzeugt, vom ganzen Ausschuß sind vielleicht 2 überzeugt, daß es zu einem Definitivum kommt, alle anderen sind überzeugt, daß ein neues Provisorium kommen wird. Wir glauben nicht daran, daß wir in der nächsten Zeit ein Definitivum bekommen, aus dem einfachen Grunde, weil uns ein Definitivum wiederholt versprochen wurde und das Versprechen wurde bisher nie gehalten wie auch andere Verspre chungen nicht gehalten wurden. Ich erinnere Sie daran: Udržal, Trapl, Dr. Franke, haben vor kurzer Zeit noch gesagt: Selbstverständlich bekommt ihr die Weihnachtszulage! Und auf einmal hieß es: Ihr bekommt sie nicht oder nur zum Teil. Als vor einem halben Jahr in den Zeitungen die Meldung auftauchte, daß die Zündhölzchen teurer werden, wurde diese Meldung sofort dementiert, gestern haben wir darüber abgestimmt. Denken Sie an die vielen Versprechungen über die Abrüstung, wer glaubt an diese Versprechungen? An die Versprech en vom nationalen Frieden, auch daran glaubt bei uns niemand. Wenn man vom sozialen Frieden spricht - uns hallen noch immer im Ohr die Schüsse von Freiwaldau, die deutlich zeigen, wie weit es mit dem sozialen Frieden hier bestellt ist. Wie es mit der Demokratie in diesem Staate steht, haben wir wieder gestern gesehen. Vor 13 Monaten hatte ich den Antrag gestellt, daß ein Fonds gegründet werden soll, aus dem den Besitzern kleiner Häuser Geld zur Reparatur ihrer verfallenen Häuser gegeben werden soll. Aber was hat damals am 20. November von dieser Stelle der Herr Berichterstatter Langr gesagt? Daß die Kommission, die vom Fürsorgeministerium eingesetzt ist, diese und andere Vorschläge erwägt, und daher beantragt er die Ablehnung des Antrages. Gestern, als ich neuerdings von der Not der Besitzer von kleinen Häusern sprach, sagte der Herr Berichterstatter Langr, was er heute sagte, daß wir diese kleinen Leute ganz vergesseen haben und daß etwas geschehen muß. Als ich ihm einen Resolutionsantrag hinlegte, in dem die Regierung aufgefordert wird, ehestens einen Fonds zu schaffen, aus dem Besitzer kleiner Häuser billige Darlehen zu Hausreparaturen erhalten, was sagte der Herr Berichterstatter Langr dazu? "Herr Kollege, was Sie verlangen, steht schon im neuen Gesetz, daher beantrage ich die Ablehnung." Und in einem halben Jahr, wenn wir wieder da sein werden und den Antrag vielleicht wieder stellen werden, wird es heißen, daß diese und andere Wünsche, die wir haben, schon längst konkretisiert sind, daß Sektionschef Kubišta diese Entwürfe schon seit Jahren in seiner Tasche hat. Davon haben wir nichts, diese Entwürfe müssen heraus ins Parlament und vom Parlament beschlossen werden.

In seiner Rede von 28. Oktober hat der Herr Staatspräsident von der Zusammenarbeit der Regierung mit der Opposition gesprochen und er hat sich darüber beklagt, daß wir keine kritische, mitschaffende Opposition haben. Wie ist es in Wirklichkeit? Wenn die Opposition mitschafft, wenn die Opposition mitarbeitet, dann finden wir auf der anderen Seite immer wieder Ablehnung. Ich habe den Eindruck - nicht nur ich, sondern auch andere Kollegen der Opposition man hat dem Präsidenten der Republik ein Denkmal hier im Hause gesetzt, aber um seine Worte kümmern sich viele Herren der Regierung überhaupt nicht mehr. Wir warnen die Regierung und die Regierungsparteien, weiterhin so "demokratisch" zu "regieren". Wir müssen sagen, es geht hier nicht um die Hausbesitzer und Mieter allein, es geht nicht um ein paar Anträge, die angenommen oder abgelehnt werden, sondern um etwas viel größeres. Durch dieses Nichthalten von Versprechungen, durch das Durchpeitschen von Gesetzen, durch diese Behandlung der Opposition wird die Staatsautorität in ihrem Kredite auf das schwerste bedroht.

In den letzten Wochen und Monaten wird auch hier in Prag ein Film gedreht mit der Überschrift "Berge in Flammen". Dieser Kriegsfilm zeigt, wie an der Südfront der Col d'alto von österreichischen Truppen besetzt ist. Auf der anderen Seite des Berges sind Italiener. Diese Italiener bohren den Berg an, stoßen immer tiefer und tiefer vor und die österreichischen Truppen hören immer deutlicher die fürchterlichen Geräusche der Bohrmaschinen. Es werden immer größere Mengen von Dynamit in diesen Berg hineingetragen und dieser wird endlich in die Luft gesprengt.

Wir müssen und doch klar darüber sein, daß heutzutage nicht nur wir, sondern jeder ob er da oder dort in der Welt ist, auch auf einem Berg in Flammen sitzt und wir müssen bei dieser Gelegenheit wieder einmal feststellen: Die Männer, die in diesen brennenden Berg bewußt oder unbewußt Dynamit hineintragen, sitzen nicht nur auf der äußersten Linken, sondern auch auf der Rechten dieses Hauses. Damit schließe ich. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Schuberta (viz str. 11 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Nicht nur im Hause des Einzelnen, sondern auch im hohen Hause hat das große Reinemachen begonnen und der Betrieb ist so rationalisiert worden, daß nicht mehr gearbeitet, ja nicht einmal gesprochen werden muß, sondern es genügt das automatisierte Händeheben um den Volke zu zeigen, daß die wahrheit siegt.

Und die erhobenen Hände bringen nicht nur sinnige Weihnachtsgeschenke, wie den Entzug oder die Minderung der Weihnachtszulage tausender Beamtenfamilien, sondern auch eine 50% ige Verteuerung der Zündhölzchen und die frohe Weihnachtsbotschaft, daß weitere Belastungen des Lebens im kommenden Jahr folgen werden.

Und die erhobenen Hände bedeuten fast in allen Sitzungen die Auslieferungen von Kollegen an eine willfähige Justiz Äußerungen wegen, die im vielgelästerten Kaiserstaat Österreich ni emals zur Preisgabe der Immunität geführt hätten, die aber uns immer wieder den Beweis liefern für die Freiheit, wie Sie sie meinen und die ihre geradlinige Fortsetzung finden in jenen drakonischen Knebelungsmaßnahmen roter Innenminister oder Polizeipräsidenten. (Posl. dr Rosche: Wir wollen die Kommunisten absolut nicht unterstützen, was aber im Fall des Abg. Major geschieht, ist ein offener Skandal!) Ja, das ist ein Skandal. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)

Und die erhobenen Hände bedeuten auch noch die Zustimmung zu jener Art von Gesetzgebung, die die Wiener mit dem Wort "Fortwursteln" kennzeichnen und der man hier das Beiwort "Novelliherung" gibt.

In diesem System spricht sich aus der große Gegensatz im Regierungslager, der vor der Öffentlichkeit geleugnet und so lang als möglich überbrückt werden muß. Mangel an Mut zur Wahrheit und zur klarer Lösung läßt Sie immer einer eine Politik des Tages betreiben, die diktiert wird von der Sorge um die Erhaltung der Mehrheit und nicht von der Sorge um die Menschen, deren Interessen einzig und allein das Gesetz des Handelns Ihr Tun und Lassen beeinflussen sollte. Sie betreiben keine Politik auf lange Sicht, obwohl Sie doch wissen müssen oder wissen sollten, daß nur ein großzügiges Progr amm der aus tausend Wunden blutenden Wirtschaft helfen kann. Kaum sind sechs Monate herum, kommt ein neues Provisorium. Vor uns liegt wieder eine Novelle, der Druck 1538, der nicht nur die gesetzlichen Bestimmungen über den Mieterschutz regelt, sondern auch die über Wohnungsfürsorge und Bauförderung, obwohl die Bestimmnmungen über Staatsgarantie und Staatszuschuß bereits Dienstag durch eine eigene Novelle verlängert wurden.

Was man von den Versprechungen der hohen Regierung und ihres willfährigen Instrumentes, des Parlaments, halten kann, ersehen wir aus der Tatsache, daß wir wieder eine Verlängerung zu beraten haben. Das hohe Haus legt ebensowenig Wert darauf, Versprechungen einzulösen, wie die wohlweise Regierung, und beide dürfen sich dann nicht wundern, wenn ihr Ansehen schwindet wie der Märzschnee, wenn der Glaube versiegt an tönende Worte und leere Versprechungen, und dann dürfen Sie nicht immer behaupten, wir untergraben den Glauben an die Demokratie, da Sie selbst sich geradezu krampfhaft bemühen, diese Demokratie, deren Exponenten und Verteidiger Sie sein wollen und sein sollten, in den Augen der Bevölkerung herabzusetzen.

Und wenn sie noch so sehr mit der Vergeßlichkeit der Wählerschaft spekulieren, so können Sie weder die Tatsache aus der Welt schaffen, daß wir seit Jahr und Tag eine Novelle der anderen folgen lassen, noch die wiederholten Versprechungen einer endgiltigen Regelung. Und wenn Sie die im Vorjahre beschlossene Novelle die letzte nannten, so beraten wir heute noch nicht die allerletzte. Sie begleiten auch deren Gesetzwerdung mit dem feierlichen Versprechen einer endgiltigen Regelung der Bauförderung und des Mieterschutzes in den nächsten Monaten. Ob Sie den Mut und die Kraft haben, muß ja die nächste Zeit aufzeigen, oder wir werden einen neuerlichen Bruch eines gegebenen Versprechens feststellen. Die Bauförderung ist ja weitgehendst abgebaut und umso unheilvoller wirken sich diese ewigen Provisorien aus, die Hindernisse der Entwicklung der Bautätigkeit sind, zumal bei der derzeitigen Wirtschaftslage am Geld und Arbeitsmarkt der Anreiz zum Bauen ohnehin äußerst gering ist. Die Bestimmungen über die Bauförderung sollen daher vor allem erörtert werden, weil ihnen die Priorität vor der - Mieterschutzgesetzgebung gebührt und weil eine ausgiebige und genügende Bauförderung erst den Weg frei machen kann zu einer erträglichen Regelung der Mietverhältnisse.


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