Hohes Haus! Das Gesetz über die Staatshilfe anläßlich der Elementarkatastrophen wird in dem vorliegenden Entwurf dahin abgeändert, daß der Unterstützungsbeitrag von 95 Millionen Kè auf 172 Millionen Kè erhöht wird. Dieser Betrag reicht zwar nicht im entferntesten aus, um die Schäden, verursacht durch die Elementarereignisse, zu decken, jedoch mit Rücksicht auf die allgemeine Notlage der arbeitenden Schichten der Bevölkerung ist er doch beachtenswert, und ein Teil der größten Not kann damit gelindert werden, wenn - ich hebe das ausdrücklich hervor wirklich die Bedürftigen und die vom Unglück am meisten Betroffenen unterstützt werden. Es muß nun die Frage "Wer sind die am meisteten geschädigten Landwirte?" sehr gewissenhaft und streng untersucht werden. Vor allem muß festgestellt werden, welcher Landwirt in seiner Existenz am meisten gefährdet ist; und da kommen in erster Linie die in den höheren Gebirgsgegenden wohnenden Landwirte in Betracht. Der größte Schaden, den die landwirtschaftliche Produktion im heurigen Jahre erlitten hat, ist durch die nasse Witterung entstanden, besonders dort, wo die Reife des Getreides erst Ende August und im September eintritt. Ich habe mich selbst überzeugt und habe gesehen, daß die heurige Getreideernte in manchen Gebirgsgebieten ein Häufchen verfaultes Stroh war. In diesen höher gelegenen Gebieten gibt es fast nur Kleinlandwirte und Häusler, welche nicht einmal soviel Korn bauen, um die eigene Familie mit Brot zu versorgen. Diese Kleinlandwirte und Häusler sind in normalen Zeiten nicht imstande, ihre Familien aus dem Erträgnis der Landwirtschaft auch nur zum Teile zu ernähren, alle sind sie gezwungen, wenn sie nicht die bitterste Not oder sogar Hunger leiden wollen, anderwärts Arbeit und Verdienst zu suchen. Aber in letzter Zeit gibt es immer weniger Verdienstmöglichkeiten. Frher stand ihnen Österreich, besonders die Stadt Wien, und Deutschland offen. Diese Kleinbauern und Häusler üwaren die eigentlichen Wanderarbeiter. Heute ist es vorüber dank der überstürzten Rationalisierung und der plan- und ziellosen Wirtschaft. In dem Streben der Staaten nach Autarkie schließen sich die Länder und Ländchen voneinander ab. Sogar jahrzehntelang im Ausland arbeitende Menschen werden ausgewiesen und kehren an ihre Elendsstätte zurück. Diese inhumanen Ausweisungen der Staaten beruhen natürlich auf Gegenseitigkeit. Schon im vergangenen Winter gab es Familien, die sich vom Wasser, Brot und Kartoffeln ernähren mußten, und wenn sie sich ausnahmsweise ein Kilogramm Mehl oder etwas Fett kaufen konnten, so war das für sie ein ausgesprochener Feiertag. Mit banger Sorge sehen diese Menschen den kommenden Tagen entgegen. "Wie wird es in diesem Winter werden?" ist ihre bange Frage. Die Kartoffelernte ist in diesen rauhen Gebirgsgegenden zum Teile verfault, das Getreide reicht bei den meisten bis zum Jänner, Feber oder März, manche haben nicht einmal das Saatgetreide, der Steuerexekutor ist hier häufiger Gast, und wegen verhältnismäßig kleiner Steuerschulden wird der Viehstand, insoweit einer vorhanden ist, gepfändet. Im Falle es aber zur Feilbietung kommt und das gepfändete Vieh zu Schundpreisen versteigert wird, ist ihre Existenz für immer ruiniert.
Diese Gebirgsbauern bearbeiten mit größtem Fleiß und den bescheidensten Ansprüchen an das Leben diesen mageren Acker- und Weideboden und leiden dabei die größten Entbehrungen. Der Staat sollte eigentlich froh sein, einen solchen Menschenschlag zu haben, der den Städten und Industrieorten neue Kräfte und neues Blut zuführt. Es ist ein Unglück für einen Staat, der kein solches Hinterland hat. Ich kann nicht oft genug darauf hinweisen, daß dieser Menschenschlag vor der größ ten Not geschützt werden muß. Das liegt doch auch im Interesse des Staates selbst. Ihr Häuschen und ihre Parzelle schützen sie nicht mehr vor Not und Entbehrung. Bemerkt sei, daß der bessere Boden und die Wälder im Besitze der Großgrundbesitzer und teilweise im Besitze des Staates sind.
Der einzige Lichtblick in ihrer schweren Lage sind die Notstandsbauten, welche mit Hilfe der produktiven Arbeitslosenunterstützung hergestellt werden. Leider sind die meisten Gemeinden nicht imstande, den hierzu notwendigen Zuschuß zu leisten. Aber diese Menschen sind in ihrer Not bereit und auch glücklich, um 8 Kè arbeiten zu können. Es muß hier in aller Öffentlichkeit erklärt und festgestellt werden, daß das Ministerium für soziale Fürsorge in Erkenntnis der großen Not dieser armen Randgebiete, die jetzt so schwer von der Mißernte betroffen sind, angemessene Beträge für produktive Arbeitslosenunterstützung überwiesen hat.
Die Herren Agrarier mögen also bedenken, daß von jenen Geldern, welche dem Ministerium für soziale Fürsorge überwiesen werden, ein beträchtlicher Teil den Kleinlandwirten zugute kommt. Das vorliegende Gesetz ist mit der Motivierung und Zusage von Seiten der Agrarier und insbesondere der èechischen Agrarier zustande gekommen, daß hauptsächlich die wirtschaftlich Schwachen, also die Kleinlandwirte, unterstützt werden sollen. Wenn dies ehrlich gemeint ist, so weise man 50% des verfügbaren Betrages den ärmsten und am meisten betroffenen Landgemeinden für produktive Arbeitslosenunterstützung zu und lasse Weg- und Straßenbauten herstellen, welche für die Landwirtschaft von eminenter Bedeutung sind. Den Herren Agrariern wird dies zwar ein wenig paradox erscheinen, aber ich spreche hier die Tatsache aus, daß dies ein gangbarer Weg ist.
Es würde dadurch folgendes erreicht werden: 1. eine Verdienstmöglichkeit für die Kleinlandwirte, 2. eine Verdiens tmöglichkeit für die größeren Bauern - mit Pferdebespannung - durch Fuhrenleistungen, 3. ein für die Allgemeinheit und besonders für die Landwirtschaft erzielter Vorteil durch die Errichtung neuer Straßen und Wege. Eine bessere Verwendung des Geldes kann man sich nicht vorstellen. Nur müßte der im Gesetz vorgesehene Betrag auf mindestens 500 Millionen erhöht werden. Die Bedeckung der noch notwendigen Mittel wäre durch strenge Steuereintreibung bei jenen reichen Steuerschuldnern vorzunehmen, welche die Steuer aus Berechnung nicht zahlen und absichtlich hinterziehen wollen. Den kleinen Häuslern pfändet man die letzte Kuh und den reichen Unternehmern läßt man Millionenbeträge nach. Korrupte Profitwirtschaft, von hohen Persönlichkeiten durchgeführte Interventionen tragen an diesen Manipulationen die größte Schuld. Von den fünf Milliarden Kè rückständigen Steuern entfallen auf die kleinen Landwirte beiläufig 100 Millionen Kè, auf die ganz kleinen Gewerbetreibenden beiläufig 250 Millionen Kè. Die armen kleinen Steuerträger schulden also 350 Millionen Kè, die großen mehr als dreizehnmal soviel, das sind 4.650 Millionen Kè. Wäre da nicht in Erwägung zu ziehen, den kleinen, armen, wirtschaftlich schwachen Steuerträgern die Steuern abzuschreiben und bei den zahlungsfähigen reichen Steuerschuldnern ernstlich daran zu gehen, die Steuern einzutreiben? Aber die Steuerbehörden befassen sich hauptsächlich mit den kleinen Schuldnern und lassen die Steuerrekurse der Steuerhinterzieher liegen, denen später die Steuern zum größten Teil abgeschrieben werden. Dieses System trägt zum großen Teil die Schuld an der heutigen Krise und ³etzten Endes an dem Ruin einer jeden Volkswirtschaft.
Weiter mache ich darauf aufmerksam,
daß es dringend notwendig wäre, einen Betrag für Frühjahrsanbau
in den Notstandsgebieten zu reservieren, da eine große Anzahl
von Landwirten nicht in der Lage sein wird, sich selbst Saatgut
zu verschaffen. Wir lehnen es auch entschieden ab, uns das Saatgut
von den Lagerhäusern zuweisen zu lassen, da wir aus Erfahrung
wissen, daß man für Bargeld gutes, geeignetes Saatgut bekommt,
welches für Klima und Höhenlage paßt und oft viel billiger ist
als das aus den Genossenschaften bezogene. Der Kleinlandwirt trägt
auch Bedenken gegen Hyppothekardarlehen, die im Gru dbuche vorgemerkt
werden. Die Bemessung der Schadensumme bei Kleinlandwirten ist
nämlich in der Regel so klein, daß er die Verbücherung ablehnt.
Die Kommissionen, die zur Bemessung der Schäden ernannt wurden,
sind fast durchwegs Großbauern und politische Gegner der Kleinen.
Infolgedessen hat auch der Kleinlandwirt und Häusler kein richtiges
Vertrauen zu ihnen. Es haben auch die größeren und großen Besitzer
ihre Schäden zum großen Teil um 50% höher angemeldet, als sie
in Wirklichkeit sind. Wieviel soll da nun auf die Kleinlandwirte
entfallen? Deshalb und weil die kleinen Landwirte bei früheren
Notstandsaktionen nicht berücksichtigt wurden ... (Posl. dr
Stern: So werden Sie jetzt für unsere Anträge stimmen, denen zufolge
ausschließlich Kleinlandwirte berücksichtigt werden sollen!) Ihre
Anträge, Herr Stern, muß man sehr genau anschauen, denn
für demagogische Anträge können wir selbstverständlich nicht stimmen.
(Výkøiky komunistických poslancù.)
Místopøedseda Stivín (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Leibl (pokraèuje): Ich wiederhole, deshalb, weil die kleinen Landwirte bei früheren Notstandsaktionen nicht berücksichtigt wurden ... (Výkøiky posl. dr Sterna.) Sie haben draußen gar keine praktische Arbeit geleistet. Sie sind nur hinausgegangen, haben die Leute dort aufgehetzt und sie dann sitzen gelassen. Das ist reine Tatsache.
Es hat sich auch jetzt schon ein kleiner Teil der kleinen Landwirte als geschädigt gemeldet. Wir werden noch einmal versuchen, die kleinen Landwirte dahin zu bringen, daß sie sich melden. Nur ersuchen wir das Landwirtschaftsministerium dringend, die Anmeldefrist bis 15. Jänner zu verlängern. Die von mir gemachten Vorschläge bieten den kleinen Landwirten sicher manchen Vorteil. Ich fürchte nur, daß diese Wünsche und Forderungen seitens des Ministeriums für Landwirtschaft nicht genügend berücksichtigt werden. Ich gebe zu, daß die Herren die Absicht haben, einigen Forderungen zu entsprechen, aber das, was um den Herrn Minister so herum ist, sind starre, konservative, keinen fortschrittlichen Gedanken zugängliche Menschen. Sie leben in ihrem Egoismus. Die landwirtschaftlichen Genossenschaften dienen hauptsächlich großagrarischen Interessen. Sie pflegen nicht das Zusammenarbeiten mit den Konsumenten, sondern Profit und Handel ist ihre Devise. (Výkøiky posl. dr Sterna, Gottwalda, Hodinové, Schweichharta. - Místopøedseda Stivín zvoní.) Heute haben die Agrargenossenschaften einen großen Teil des Getreidehandels an sich gerissen, besonders was die Ein- und Ausfuhr anlangt. Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn dies in wahrem genossenschaftlichen Sinne geschehen wäre. Ihre Genossenschaften sind aber nichts anderes als eine nach kapitalistischen Grundsätzen geleitete Handelsgenossenschaft. (Hluk na levici. - Rùzné výkøiky.)
Sie beklagen sich von Zeit zu
Zeit über eine Überschwemmungg des Marktes mit ausländischem Getreide,
und Sie sind es selbst, die die Einfuhr tätigten. Die unseligen
Einfuhrscheine, die den Staat jährlich einige Millionen Kè kosten,
kommen hauptsächlich den Exportgenossenschaften zugute. (Hluk
trvá.) Auf Grund der Einfuhrscheine wird auch eine große Anzahl
von Rindern und Schweinen aus Polen, Rumänien und Jugoslavien
eingeführt, was die Viehpreise unter die Gestehungskosten drückt.
Durch diese Manipulationen wurden gerade die viehzüchtenden kleinen
Landwirte am meisten geschädigt. Und wieder ruft in demagogischer
Weise die agrarische Presse: Schuld sind die Sozialdemokraten!
Wir wollen einmal ernstlich die Agrarier daran erinnern, daß wir
immer, soweit es erträglich war, für ihre Anträge stimmten, wenn
diese darauf hinzielten, der Landwirtschaft zugute zu kommen,
und wir sind auch in Zukunft bereit, für solche Anträge zu stimmen.
Die Verleumdung, daß die Sozialdemokraten Feinde der Landwirtschaft
sind, muß aufhören. In allen Staaten, wo die Sozialdemokratie
Einfluß hat, stehen die Getreidepreise über den Weltmarktpreisen.
Unsere Getreidepreise bewegen sich in der Höhe von 60, 70, 80%
über dem Weltmarktpreise. Wenn die Herren Agrarier wünschen, so
kann es anders gemacht werden. Die Ansichten der Agrarier widersprechen
sich in recht kurzen Intervallen. Es ist ja noch nicht lange her,
daß diese Herren hier, im Hause erklärt haben: Wir wollen den
Weltmarktpreis. Nun, dieser Wunsch kann erfüllt werden. (Hluk
a rùzné výkøiky. - Místopøedseda Stivín zvoní.) Die
Agrarier sind aus begreiflichen Gründen gegen ein staatliches
Getreidemonopol. Ihnen ist das Bewilligungsverfahren viel lieber,
auch wenn der Herr Außenminister Dr. Beneš mit hineinredet,
und zwar deswegen lieber, weil ihre nach kapitalistischen Grundsätzen
geleiteten Genossenschaften gute Geschäfte machen können. Durch
die Einführung des Bewilligungsverfahrens und dessen jetzige praktische
Durchführung haben wir neben dem Schaden doch eine gute Lehre
erhalten. Wir wissen nun, wie ein Monopol aussehen muß, damit
man von den Agrariern nicht übers Ohr gehauen wird. Das jetzige
Bewilligungsverfahren, das auch manches mit einem Monopol gemein
hat, ist ein ausschließliches - Instrument der agrarischen Handelsgesellschaften,
genannt Agrargenossenschaften. Wieso kommt es, daß egoistische
Handels- und Profitinteressen im Vordergrund stehen und die Außenpolitik
bekanntermaßen nicht immer den wirtschaftlichen Verhältnissen
im Lande entspricht? Die Herren Agrarier beantragen u. a. ein
halbjähriges Steuermoratorium. Einem Steuermoratorium, so wie
es die Agrarier vorschlagen, stimmen wir nicht zu. (Hluk. Rùzné
výkøiky. - Místopøedseda Stivín zvoní.) Sie verlangen
die Stundung der Steuern bei kleinen und mittleren Landwirten.
Zuerst müßte die Frage gelöst werden: Wer ist kleiner und wer
ist mittlerer Landwirt. Diese Frage wurde von den Agrariern auch
schon so interpretiert: Landwirte mit einem Besitz bis 50 ha sind
kleine Landwirte und Besitzer bis 150 ha sind mittlere Landwirte.
(Hluk. Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Stivín zvoní.)
Bei dieser Interpretation würden wie bei allen Aktionen, jene
Landwirte von 10 ha aufwärts (Hluk. Rùzné výkøiky. - Místopøedseda
Stivín zvoní.) wie immer bisher Steuerabschreibungen bekommen
und die kleinen Landwirte würden nach Ablauf des Steuermoratoriums
weiter gepfändet werden. (Hluk. Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Stivín (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Leibl (pokraèuje):
Wir verlangen Steuerabschreibung und gänzlichen Steuernachlaß
bei den wirklich wirtschaftlich Schwachen. Die heurige Miß ernte
hat eben nicht nur die Gebirgsbauern zur Verzweiflung gebracht,
sondern ist bei den Kleinlandwirten, besonders im Hopfengebiet,
zur Katastrophe gekommen. Der Hopfenpreissturz von 4000 Kè auf
150 bis 200 Kè runiniert unrettbar die Kleinlandwirte, weil diese
zum großen Teil Grundpächter sind. Der Pacht beträgt heute noch
durchschnittlich 3000 Kè pro Strich, natürlich ist das ein ungeheuerer
Bodenwucher. Wenn sich die Agrarier als die Freunde der Kleinbauern
aufspielen, so wäre es hier in erster Linie am Platz, diesen Bodenwucher
abzuschaffen. (Hluk. Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Stivín
zvoní.) Der Erlös des Hopfens deckt nicht einmal die Regie,
und wir erhalten viele Zuschriften über die Not der hiesigen Gebiete.
Ich will einen solchen Brief vorlesen, der lautet: "Wir wollen
Ihnen hier die Notlage der Kleinpächter schildern; denn in unserer
Hopfengegend ist die Lage der kleinen Pächter wohl mit am schlimmsten.
Der Pachtpreis für einen Strich mit Hopfen bebauten Feldes beträgt
3000 Kè. Ein Strich Feld trägt 30 Schock Hopfen, heuer bei dieser
Massenernte wurden durchschnittlich 6 q geerntet. Wir erzielten
einen Preis von 150 Kè, ergibt also eine Bruttoeinnahme von 900
Kè. Nun kostet das Pflücken und Darren per Zentner 200 Kè, so
daß nicht einmal diese Kosten gedeckt sind. Wovon sollen wir nun
Pacht zahlen? Vier Jahre zahlen wir schon drauf. Findet sich wirklich
keine Partei, die sich der Forderungen der kleinen Pä hter energisch
annimmt? Nicht nur Wirtschaften bis 8 ha soll man in Betracht
ziehen, auch größere, die mit Schulden und Ausgedinge belastet
sind. In dem von unserem Verbande eingebrachten Gesetzesantrag
ist ein Pachtpreis vorgesehen, bei dem Pächter und Verpächter
bestehen könnten. Bei den heutigen Preisen jedoch sind bei den
Pächtern Pfändungen und Verkäufe an der Tagesordnung. Sollen wir
den Glauben an die Bewegung und die Partei nicht verlieren, so
treten Sie für unsere gerechte Forderung im Abgeordnetenhause
ein und retten Sie tausende kleine um ihre Existenz ringende Bauern
vor dem gänzlichen Ruin. Solche Briefe erhalten wir dutzendweise.
(Posl. Windirsch: Aus welcher Gegend?) Aus der Saazer Gegend,
Podersam. Aus diesen Zeilen liest man die Verzweiflung heraus.
Wir haben bei jeder Gelegenheit auf die bedrohliche Lage der kleinen
Landwirte hingewiesen, wir haben uns direkt an Verpächter wegen
Herabsetzung des Pachtzinses gewendet, aber vergebens. Diese haben
uns durch Herrn Senator Stöhr sagen lassen, daß von einer
Herabsetzung des Pachtes keine Rede sein kann. Wir fordern daher
nachdrücklichst ein Pächterschutzgesetz und verlangen, daß die
Pachtpreise geregelt werden. Wir fordern auch, daß bei den jetzigen
Notstandsaktionen diese KIKIeinpächter und Kleinlandwirte auf
jeden Fall berücksichtigt werden. Auch andere größere Bauern,
welche durch zu hohe Investitionen und andere Unglücksfälle unverschuldet
in Not geraten sind, sollen mit in erster Linie in Betracht gezogen
werden. Wir legen dem Herrn Landwirtschaftsminister nochmals dringend
ans Herz, diese Menschen nicht zugrunde gehen zu lassen. Den Herrn
Finanzminister ersuchen wir, die Notlage der Kleinlandwirte und
Kleinpächter auf kürzestem Wege prüfen zu lassen und den Steueradministrationen
den Auftrag zu erteilen, sofort die Steuern abzuschreiben, wenn
die Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen wurde und durch die Eintragung
der Steuern die Existenz gefährdet ist. Durch die Abschreibung
dieser Beträge wird der Staatshaushalt nicht gestört, da es sich
im Verhältnis um keine großen Summen handelt. Auf der anderen
Seite würden die Steuerbeamten entlastet und könnten sich den
großen Steuerhinterziehern mehr widmen, und der den Kleinen abgeschriebene
Betrag könnte dadurch rechtzeitig um das Mehrfache von den Steuerhinterziehern
hereingebracht werden. Die kleinen Landwirte zahlen nicht nur
verhältnismäßig höhere Steuer als die Großbauern und Großagrarier,
was wir schon des öfteren ziffernmäßig nachgewiesen haben, sondern
sie zahlen Steuern, die die großen Besitzer überhaupt nicht zu
zahlen brauchen. Ich meine hier nicht die Berechnung der Einkommensteuer,
wo dem großen Besitzer das Recht eingeräumt ist, die Kosten der
verwendeten fremden Arbeitskräfte in Abzug zu bringen, was dem
Kleinen natürlich verwehrt ist, sondern ich meine die Mehlumsatzsteuer.
Diese Steuer haben wir den Herren Agrariern zu verdanken, den
deutschen, sowie den èechischen. Aber auch den beiden Landeskulturräten
und den ständigen Delegationen der beiden Landeskulturräte. Damit
aber unsere Herren Agrarier, die deutschen Landbündler miteingerechnet,
nicht leugnen können, verlese ich einen Erlaß des Herrn Finanzministers.
Diesen Erlaß erhielten wir auf wiederholte Eingaben um Aufhebung
der Mehlumsatzsteuer. Er lautet: "Das Finanzministerium teilt
mit, daß es an die Aufhebung des Umsatzpauschales bei Mehl, Mahlprodukten
und Kleie nicht denkt, weil sich die beteiligten Kreise durch
den Mund des Landeskulturrates in Vertretung der ständigen Delegation
der Landeskulturräte nachdrücklich für die Erhaltung des Pauschals
aussprechen." Dieser Erlaß beweist nunklipp und klar, daß
die Agrarier durch ihre Körperschaften für das Umsatzpauschale
eingetreten sind. Sie selbst mit ihrem Pferdegespann können ihr
Getreide selbst in die Mühle führen und sind von der Umsatzsteuer
befreit. Der Kleinlandwirt mit seinem Kuhgespann, manche haben
nur eine einzige Kuh, können oft des weiten Weges halber nicht
selbst fahren, was besonders in Gebirgsgegenden vorkommt, und
im Winter, bei vereisten Wegen, kann er überhaupt nicht fahren;
dann muß er sich eine fremde Fuhre aufnehmen - und zwar jeder
einzeln, ein Zusammenladen gibt es nicht und so muß der Kleinlandwirt
das Fuhrwerk und die Umsatzsteuer zahlen. Daß aber ein solches
ungerechtes Gutachten von der Institution der Landeskulturräte
abgegeben werden kann, daran ist die undemokratische alte Wahlordnung
schuld, welche die Kleinlandwirte fast gänzlich ausschaltet. Die
Agrarier haben es meisterhaft verstanden, ihre Vorteile und ihren
alleinigen Einfluß zu wahren und dieses reaktionäre Gesetz aufrecht
zu erhalten. Solange die Kleinlandwirte in ihren gesetzlichen
Körperschaften nicht das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht
besitzen und dort vertreten sind, solange werden sie auch nicht
ihr Recht finden. Wir ersuchen daher den Landwirtschaftsminister,
ein demokratisches Wahlrecht für den Landeskulturrat ehebaldigst
vorzulegen, damit dieser Schaden in unserer Republik beseitigt
wird. Erst dann wird das Unrecht gegen die Kleinlandwirte und
Pächter und Häusler aufhören. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Falle handelt es sich um die Verhandlung eines Gesetzentwurfes, dem wir eigentlich auch innerlich zustimmen können. Besser wäre es freilich, wenn dieser Gesetzentwurf überhaupt nicht erst verhandelt zu werden brauchte, denn es handelt sich dabei um ein ausgesprochenes Notgesetz. Wenn wir untersuchen, wie weit die Mittel reichen, die dieses Gesetz zur Verfügung stellt, so finden wir, daß die großen Schäden, die der Landwirtschaft zugefügt wurden, eigentlich nur zu einem geringfügigen Teil gedeckt werden können und daß die Beträge trotz ihrer Erhöhung immer noch unzureichend sind. Die Summe hätte besonders für jene Fälle, in denen die Landwirte überhaupt in das Stadium der Zahlungsunmöglichkeit geraten, bedeutend vermehrt werden müssen.
Wenn dieses Gesetz den durch Elementarkatastrophen geschädigten Landwirten irgendwie nützen soll, dann ist hierzu auch die Voraussetzung seine liberale Handhabung. Wenn wir die Durchführungsverordnung zu dem Gesetze Nr. 122 vom heurigen Jahre betrachten, so finden wir, daß als äußerster Termin für die Überreichung von Gesuchen um Zuerkennung von Zinsenzuschüssen, bezw. bezüglich der Übernahme der vollen Staatsgarantie die bis 31. Oktober angeführte Frist viel zu kurz bemessen ist. Aus dem Grunde wünschen wir, daß die Einreichungsfrist nicht etwa stillschweigend verlängert wird, sondern daß man ausdrücklich im Wege einer geänderten Durchführungsverordnung zur Novelle bestimmt, daß man in Verbindung mit diesem Gesetz Eingaben mindestens bis zum 31. Oktober 1932 annimmt. Die Begründung hierfür ist insoferne leicht, als das Gesetz Nr. 122 ja doch im heurigen Jahre und zwar im Frühsommer verabschiedet wurde, zu einer Zeit, wo zwar Elementarkatastrophen verzeichnet werden konnten, aber der richtige Umfang der vorgekommenen Elementarkatastrophen in diesem Jahr noch nicht einmal abgesehen werden konnte. Dieses Gesetz wurde Anfang Juni 1931 verabschiedet. Wir haben aber, wenn wir die Zeit seither betrachten, erfahren müssen, daß gerade in der Zeit nachher die Landwirtschaft alle Ursache hatte, über Elementarkatastrophen Klage zu führen. Aus dem Grunde wäre es schon unter allen Umständen mit erforderlich, die bisher festgesetzte Frist um mindestens drei Monate zu erstrecken, so wie ich das hier in Vorschlag gebracht habe. Eine wohlwollende Behandlung später eingelangter Gesuche nützt meinem Dafürhalten nach nicht viel, und zwar deswegen, weil die Behandlung später eingelangter Gesuche immerhin schon wiederum eventueller Protektion Tür und Tor öffnet. Es handelt sich hier um die Einflußnahme politischer Persönlichkeiten oder politischer Parteien, um in bestimmten Fällen auch noch zu erreichen, daß später eingelangte Gesuche gleichfalls in zustimmendem Sinne miterledigt werden. Im übrigen ist auch Folgendes nicht zu übersehen: Wenn ursprünglich die Einreichungsfrist bis spätestens zum 31. Oktober bestimmt war, so muß man doch daran denken, daß die jenigen, die diese Gesuche vorgelegt haben, den hilfsbedürftigsten Teil der Landwirtschaft darstellen. Es handelt sich hier durchwegs um Kleinlandwirte, die alle in ihrem Betrieb vorkommenden Arbeiten auch selbst auszuführen haben. Die Landwirte haben nicht immer Zeit, wenn sie von physischer Arbeitsleistung müde geworden sind, sich hinzusetzen und das Gesuch auszufertigen, sondern sie warten ab; und dann ist es auch sehr häufig vorgekommen, daß so und so viele, die ungemein hilfsbedürftig sind, von der ihnen durch dieses Gesetz zugedachten Wohltat keine Ahnung hatten. Erst später sind sie nach und nach dahinter gekommen, daß für sie die Möglichkeit besteht, im Wege des Gesetzes Nr. 122 Zinsenzuschüsse bezw. die volle Zinsengarantie durch den Staat zu erreichen. Die Landwirte, die infolgedessen ihre Gesuche nicht zum richtigen Zeitpunkte ausfertigen konnten, wurden später auch daran gehindert, weil wir alle wissen, daß im Spätsommer und im Frühherbst die Landwirtschaft gewaltig zu leiden hatte unter der Ungunst des Wetters, was häufig dazu geführt hat, daß die Landwirte keine anderen Gedanken hatten, als immer wieder darauf zu achten, wie sich der Gang des Wetters gestaltet. Immer wieder haben die Landwirte ihren Blick zum Fenster hinaus gerichtet und haben darauf gewartet, wiederum ihren Arbeiten draußen auf dem Felde nachgehen zu können. Dadurch ist es natürlich nicht zur entsprechenden Konzentration bei ihnen gekommen, die dahin geführt hätte, auch zum richtigen Zeitpunkt die notwendigen Gesuche auszuarbeiten und zur Vorlage zu bringen. Im Übrigen ist dabei auch noch Folgendes nicht außeracht zu lassen. Manche Bezirksbehörden hatten von der Existenz dieses Gesetzes überhaupt keine Ahnung und wenn interessierte Parteien zu den Behörden um Auskunftserteilung kamen, so konnte ihnen darüber einfach nichts bekanntgegeben werden. Und als schließlich schon bei den Behörden eine gewisse Informiertheit bestand, dann fehlten wiederum bei sehr vielen Bezirksbehörden die notwendigen Drucksorten, um die notwendigen Gesuche ausarbeiten zu können. Ich verweise in Verbindung damit darauf, daß sie nicht nur bei den Bezirksbehörden fehlten, sondern auch nicht einmal bei der Landesbehörde in Böhmen die notwendige Anzahl von Gesuchsformularen vorhanden war, damit die Ansprüche der ansuchenden Bezirksbehörden in entsprechender Weise erfüllt werden könnten. Wenn es infolgedessen mit Rücksicht auf diesen Sachverhalt zu Verzögerungen kam, darf man doch diejenigen, die Hilfe heischen und die tatsächlich in diesem Falle der Hilfe bedürftig sind, unter keinen Umständen für diese Versäumnis verantwortlich machen! Es ist erfreulich, daß im Anhange zu dem Entwurf,- über den wir heute zu verhandeln haben, sowohl der Landwirtschafts- als auch der Budgetausschuß sich in der Richtung aussprechen, daß man gegenüber hilfsbedürftigen Landwirten besondere Rücksicht in Steuerangelegenheiten üben möge. Es ist das deswegen ungemein erfreulich, weil schließlich an diesen so sehr bedeutungsvollem Ort, am Boden des Parlaments, die Finanzverwaltung aufmerks am gemacht wurde, wie sehr es notwendig ist, daß der Landwirtschaft und besonders der durch Elementarkatastrophen geschädigten Landwirtschaft, in Steuerangelegenheiten entgegengekommen wird. Wie freilich dieses Entgegenkommen ausschaut, das konnten wir erst in den allerletzten Tagen erfahren, u. zw. gelegentlich der Verhandlungen, die von Seite der Steueradministrationen mit den Vertretern der Landwirtschaft hinsichtlich der Höhe der Reineinkommendurchschnitte für die Landwirtschaft für das Jahr 1931 geführt wurden. Wir haben bei diesem Anlaß nun hören können, daß die Finanzverwaltung - ich rede hier nur von der Finanzlandesdirektion für Böhmen - obwohl die Verhältnisse in der Landwirtschaft im laufenden Jahr äußerst ungünstig gewesen sind, nur ein ganz minimales Entgegenkommen bewies. Wenn wir die Reineinkommendurchschnitte des Jahres 1930 mit denen des Jahres 1931 vergleichen, so finden wir in den verschiedenen Stufen lediglich einen Nachlaß in der Höhe von 50 Kè. Diese 50 Kè-Spannung ist natürlich nichtssagend, u. zw. deswegen, weil dieser Nachlaß in keinem Verhältnis steht zu den eigentlichen Schäden, die im Laufe des letzten Jahres unsere Landwirtschaft erlitten hat und weil weiter im weitesten Sinne von Seite der Finanzlandesdirektion keine Rücksicht darauf genommen wird, daß wohl der größte Teil derjenigen landwirtschaftlichen Betriebe, die Gebrauch machen können vom Reineinkommendurchschnitte, überhaupt vollständig passiv geworden ist. Von einer passiv gewordenen Landwirtschaft nun auf Grund errechneter Reineinkommendurchschnitte vielleicht noch eine Einkommensteuer zu verlangen, ist natürlich etwas, was erkennen läßt, daß unsere Finanzverwaltung die Verhältnisse in der Landwirtschaft absolut nicht zu beurteilen vermag und daß sie insbesondere im heurigen Jahr den wirklichen Verhältnissen in der Landwirtschaft vollständig fremd gegenübersteht.