Støeda 2. prosince 1931

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, volám vás k poøádku pro urážlivé výroky, kterých užíváte.

Posl. dr Hassold (pokraèuje): Es ist mehr als ein Skandal, selbst wenn das nicht zulässig wäre, weil man [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 2. prosince 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] der Öffentlichkeit vortäuscht, daß hier die Vertreter des Volkes im gegenseitigen Meinungsaustausch über das wichtigste Problem des Staates, über den ganzen Staatshaushalt debattieren, sprechen und in ernsten Beratungen zu einem Ergebnis zu kommen trachten. Es ist geradezu tragikomisch, hier oben zu stehen und den Widerhall der leeren Wände entgegenzunehmen, als ob man sich üben würde, Echo im Wald hervorzurufen.

Meine verehrten nicht anwesenden Damen und Herren! Die Budgetdebatte geht also einem elenden Ende entgegen. Ein Überblick über diese Debatte kann wohl keinen vernünftigen Menschen befriedigen. Eine Unzahl Reden wurden gehalten, und wenn Shakespeare dieses Trauerspiel sähe, würde er wohl sagen: "Viel Lärm um Nichts." Mitten in der Debatte fielen wieder einmal Schüsse auf unzufriedene Bewohner dieses Staates. Die Schüsse erinnern gegen über diesen unfruchtbaren Arbeiten hier an die harte Wirklichkeit draußen im Leben. Der Staatsvoranschlag hat den Boden der realen Tatsachen unter sich verloren, noch während über ihn ihr hier im Parlament debattiert wird. Das Sinken des englischen Pfunds hat auf die Staatswirtschaft auch dieses kleinen mitteleuropäischen Staates mehr Einfluß als die gesamte Staatsvoranschlagsdebatte im Parlament. Die tatsächlichen Entscheidungen in wirtschaftlichen und politischen Fragen werden doch auch bei weitem nicht hier im Parlament gefällt, man läßt ja hier nur einer Art demokratischer Form einen gewissen Spielraum, welche die Bevölkerung befriedigen und in Wirklichkeit täuschen soll. Dem Vernehmen nach wurde erst gestern abends unter dem Einfluß des wankendem englischen Pfundkurses plötzlich eine Sitzung der Nationalbank einberufen, zu der auch der Herr Finanzminister herbeigeholt wurde. Es ist ja möglich, daß die Herren heute schon wieder bei einer ähnlichen Sitzung versammelt sind, sodaß sie keine Zeit haben, sich um das Parlament zu kümmern. Dort, bei dieser Sitzung, wird jedenfalls, fern vom Parlament, einflußreichere Politik gemacht, als hier in diesem Hause, das eigentlich dazu berufen wäre. (Sehr richtig!)

Ich benütze also lediglich die Gelegenheit, um in dieser Diktierstube einige Mitteilungen und Beschwerden für die Presse vorzubringen. Eine Beschwerde geht gegen das Finanzministerium bzw. die Finanzlandesdirektion. Ich muß hier auf eine vollkommen widersinnige Sprachenpolitik aufmerksam machen, die unter Auftrag des Finanzministeriums und der Finanzlandesdirektion von Prag bei den Steuerämtern gehandhabt wird. Die Abteilung VI. der Finanzlandesdirketion hat unter der Geschäftszahl 2.396 ai 1931 einen Erlaß herausgegeben, mit welchem die deutschèechischen Drucksachen aufgelassen und nur èechische Drucksachen eingeführt wurden. Es werden nun die Erhebungen bezüglich der Übertragungsgebühr von Liegenschaften u. dgl. seitens der Steuerämter an die deutschen Gemeindeämter nur èechisch durchgeführt. Es ergibt sich immer wieder in unserem Gebiet die Tatsache, daß weder ein Mitglied der Gemeindevertretung, noch der Vorsteher, noch sonst ein Bewohner das Ortes in der Lage ist festzustellen, was eigentlich vom Steueramt der betreffenden Gemeinde geschrieben worden ist. Die Folge davon ist, daß diese Mitteilungen liegen bleiben; die schwerwiegende Folge aber davon ist, daß man ohne Rücksicht auf die Verwandschaftsverhältnisse bei den zu übertragenden Liegenschaften einfach die höchsten Sätze vorschreibt, die nach dem Steuergesetz zulässig sind. Eine Unsumme von Rekursen, die in üblicher Weise jahrelang herumgezogen werden und herumliegen, nie eine Erledigung finden, sind die Folge dieser widersinnigen und unsinnigen Sprachenpolitik. Obwohl niemand von den in Betracht kommenden Herren im Hause ist, mn uß ich aufmerksam machen, daß es höchst an der Zeit ist, daß der Herr Finanzminister die Finanzlandesdirektion Abteilung VI veranlaßt, diesen Erlaß zurückzuziehen, weil er einfach mit dem praktischen Leben nicht rechnet und in Wirklichkeit durch schikanöse Behandlung dieser Erlaß letzten Endes nichts anderes als eine Schädigung des Staatsfiskus selbst bedeutet. Aber es ist in diesem Falle der Beweis erbracht, daß man nicht einmal dann von der chauvinistischen Einstellung ablässt, wo man den Staatssäckel selbst schädigt.

Eine andere Frage ist die Auszahlung der alten Kroneneinlagen von der Wiener Postsparkassa. Es ist geradezu unerhört, daß man im Verlaufe der letzten Jahre alle möglichen Finanzaktionen durchgeführt hat und daß die Zusammenwirkung der fähigsten Köpfe aller interessierten Nachfolgestaaten bisher nicht imstande war, den Wert einer solchen Krone der österreichischen Postsparkasse festzustellen. Dort, wo man zahlen soll, ist man in 12 Jahren nicht imstande gewesen, den Wert einer Krone festzustellen, weil man sie auszuzahlen gehabt hätte. Wo man sie aber nehmen konnte, hat man sie wahllos genommen, alte und neue Kronen, eingelegte, Kriegsanleihenkronen, Vermögensabgabekronen, es war keine Krone im Säckel eines Steuerträgers sicher, daß sie der Staat nicht gefunden hätte. Aber trotzdem war man unter den verschiedensten Ausflüchten nicht bemüßigt, die alten Kronen irgendwie einzulösen. Gerade in der Zeit einer außerordentlichen Geldknappheit und einer allgemeinen Wirtschaftskrise wäre es von Bedeutung, in die Wirtschaft Geld, Betriebskapital hineinzubringen, weil das sich nur fruchtbar im Gesamtwirtschaftsbetrieb auswirken könnte. Es ist gerade in diesem Staate eine der Hauptursachen der verschärften Wirtschaftskrise, daß man unter den verschiedensten Titeln aus der Wirtschaft möglichst viel Betriebskapital herausgezogen hat, ohne hineinkommen zu lassen. Wenn man 12 Jahre lang gebraucht hat, wäre es hoch an der Zeit, daß endlich an die Auszahlung der alten Wiener Kroneneinlage in der Postsparkassa geschritten würde. Es wird in dieser Frage ein Versteckenspiel getrieben, weil es bald heißt, daß Ungarn einem Abkommen nicht beigetreten sei, dann ist wieder Rumänien nicht beigetreten. Erst jetzt in jüngster Zeit hat der Finanzminister eine Interpellation beantwortet, in der er erklärt, man sei sich über den Wert der Krone noch immer nicht klar. Kurz und gut, man macht ununterbrochen Ausflüchte, und bis heute warten die Einleger, die einmal geglaubt haben, daß die Postsparkassa ein Institut ist, das soweit unter staatlichem Schutze und dem der öffentlichen Moral steht, daß das Geld nicht abhanden dommen könnte. Man ist in Prag gerade jetzt damit beschäftigt, aus einem Kloster in einen großen Neubau am Wenzelsplatz die Prager Postsparkassa zu übertragen. Man kann die Öffentlichkeit schon jetzt aufmerksam machen, mit ihren Einlagen sehr vorsichtig zu sein. Was man bei der Wiener Postsparkassa gekonnt hat, kann man auch von der Prager erwarten. Und so kann man nicht erwarten, daß sich die Einleger in Schlangenlinien anstellen werden, um in diesem Institut ihre Kronen einzulegen, deren Vorgängerin noch keine Auszahlung gefunden hat. Es ist unerhört, daß man so rücksichtslos vorgeht, zumal bei der Postsparkassa nicht die großen Banken und die Großaktionäre, sondern die kleinen Sparer und die kleinen Einleger ihre Sparkronen eingelegt haben. Wenn Sie sich an die Zeit im alten Österreich erinnern, da gab es die Karten, auf denen die Kinder mit den damaligen Zehnhellermarken Krone für Krone zusammengetragen haben, um sie dann beim Postamt in die Sparkassa in Wien einzulegen. Man hat sich bis heute noch nicht geniert - mehr würde ich ja nicht verlangen - diese Frage aus der Welt zu schaffen, die kleinen Sparer nicht Jahre lang darum zu betrügen, was sie in der Wiener Postsparkassa eingelegt haben.

Bedenkt man, daß dort die alten österreichischen Kronen zu ihrem damaligen Kaufwerte eingelegt wurden, so müßte man erwarten, daß der sechs- bis zehnfache Betrag des damaligen Nominales, zu dem die Krone eingelegt wurde, zur Auszahlung gelangen sollte. Was hören wir demgegenüber in der jüngsten Antwort und Mitteilung des Finanzministers? Er teilt mit, daß wahrscheinlich nur eine Honorierung mit einer 25 oder 30%igen Quote in Aussicht gestellt werden könne. Das bedeutet nichts anderes, als daß man die Krone zuerst um das Sechs- bis Zehnfache vermindert hat und von diesem Zehntel, das übrig bleibt, nur noch 25 bis 30 % auszahlen und 70 bis 75 % verschwinden lassen will. Das ist geradezu ungeheuerlich, und es wäre wirklich nicht ferneliegend, wenn die Einleger der Postsparkassa diesen letzten Bettel dem Finanzminister Trapl - es wird nicht vielmehr übrig bleiben - als 13. Monatsgehalt zur Verfügung stellen würden, damit er eine Erinnerung an die ausgestohlene weiland Wiener Postsparkassa hat.

Noch einen Punkt will ich vorbringen. Eine Geschichte, wie sie in dieser Art schon vielfach ruchbar in diesem Staate geworden ist, um im Bilde zu bleiben. Es ist eine Spiritusskandalgeschichte, die wenn sie richtig verfolgt würde, einen ziemlich weitreichenden Geruch verbreiten dürfte, eine der vielen Geschichten, die sich in diesem Staate ereignet haben, die meist durch einen neuen und größeren Gestank in der Versenkung verschwinden. Sonst hätten die früheren Benzin- und Spiritusgeschichten ein anderes Schicksal erfahren müssen. Sie sind aber überholt worden von der neuen Skandalgeschichte, und so lebt man davon, daß eine Skandalgeschichte die andere jagd, daß die letzte neu und die andere alt, aber nie erledigt wird. Es ist eine reine Spiritistengeschichte, die ich zum Vortrag bringen will. Im Feber wurde bei der Finanzlandesdirektion in Prag, Abteilung XVIII, die Anzeige erstattet, daß ein Beamter einer großen Spiritusfabrik durch einige Jahre hindurch unversteuerten Spiritus an Spiritusgroßhandlungen geliefert hat. Als der Spiritusschmuggel entdeckt wurde - die Sache geht bis 1926 zurück - entließ die Firma wohl den kompromittierten Beamten, die Sache wurde aber sonst geheim gehalten. Später erfolgte eine Anzeige betreffs der Gefällsstrafe bei der Abteilung XVIII der Finanzlandesdirektion, wobei dem, der die Mitteilung machte versprochen wurde, daß er gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ein Drittel der hinterzogenen Gefällsstrafe erha ten werde. Es handelt sich um die Firma František Xaver Brosche Sohn A. G., Spiritusfabriken in Prag VIII-Lieben, welche an die Großverkaufsfirma Jaroslav Pecold in Karolinenthal lieferte. Das Resultat einer durchgeführten Untersuchungg ergab, daß cca 2.400 Liter Spiritus geschmuggelt worden sind, das entspricht einem Wert von ungefär 86.000 Kè. Es wäre somit die zehnfache Gefällsstrafe mit einem Betrage von 860.000 Kè zur Vorschreibung fällig gewesen. Der Übermittler der Nachricht an die Finanzlandesdirektion wurde mit einigen Raten versuchsweise abgespeist, man trachtete, ihn wieder aus der Finanzlandesdirektion hinauszubringen. Er erhielt tatsächlich zwei Raten, u. zw. Zahlungen von zusammen 10.000 Kè, am 28. Mai 1931 5.000 Kè und am 9. Juni 1931 5.000 Kè. Später, am 3. September d. J. erhielt er noch 20.000 Kè, zusammen tatsächlich 30.000 Kè ausbezahlt. Laut Mitteilung der Abteilung XVIII der Finanzlandesdirektion erhielt die Erzeugungsfirma eine Gefällsstrafe von 180.000 Kè, die Händlerfirma von 70.000 Kè, zusammen also 250.000 Kè. Die Firmen erhielten somit statt einer Gefällsstrafe von 860.000 Kè eine solche von 250.000 Kè, d. h., der Staatssäckel hat auf die Differenz von 610.000 Kè Verzicht geleistet. (Posl. Matzner: Prämien!) Ja, Prämien. Es wäre interessant - und das ist der Zweck der Übung - zu erfahren, warum auf diese mehr als eine halbe Million Verzicht geleistet worden ist. Dieselbe Spiritusfirma, deren Aktionäre nach meinen Informationen größtenteils Ausländer sind, zahlt eine jährliche Dividende von 6 Millionen Kè aus.

Es liegt zweifellos im öffentlichen Interesse der Steuerträger, zu erfahren, welche Beweggründe für die Abteilung XVIII der Finanzlandesdirektion maßgebend dafür gewesen sind, daß eine derart kapitalskräftige Aktiengesellschaft einen derart großen Nachlaß erhalten konnte. Leiter der Abteilung XVIII der Finanzlandesdirektion ist Regierungsrat Dr. Kohn, Referent ist der Finanzrat Dr. Bulíèek. Interessant an dem Falle ist, daß der Schmuggel, cca. 2 bis 3 Fässer zu je 300 Liter monatlich, mit einer ziemlichen Beharrlichkeit und ziemlichen Zeiteinteilung durch mindestens drei Jahre betrieben werden konnte, was den betreffenden Kreisen, die dort mitbeschäftigt waren, eine ziemlich bekannte Sache war, den revidierenden Finanzkontrollorganen jedoch jahrelang verborgen geblieben sein soll. Eine Anzahl von namentlich mir bekannten Beamten und Arbeitern der Firma wußte von der Angelegenheit. Am 3. September 1931 anläßlich der Ausfolgung von 20.000 Kè an den Angeber mußte dieser nicht nur eine Bestätigung über

den erhaltenen Betrag unterfertigen, sondern auch eine Erklärung, daß er mit diesem Betrag als Abrechnungsbetrag einverstanden sei und keine weiteren Ansprüche mehr stelle. Es müßte doch für einen Herrn aus dem Finanzministerium, vielleicht sogar für den Herrn Finanzminister unterhaltend sein, über eine seiner Finanzlandesdirektionen derartige Mittei³ungen entgegenzunehmen. Diese erzwungen abgegebene Erklärung wurde nachträglich von dem, an dem diese Erpressung vorgenommen wurde, schriftlich widerrufen und derselbe hat neuerdings Anspruch auf ein volles Drittel der Gefällsstrafe erhoben. Obengenannte Firma Brosche Söhne verkündete nun anläßlich der Gehaltsabrechnungstermine ihren Beamten, daß sie ganz empfindliche Gehaltsabzüge durchführen werde. Diese Maßnahme begründete die Firma damit, daß sie in diesem Jahre, wie es wörtlich heißt, ganz unvorhergesehene Auslagen hatte, die für das Geschäft uneinbringliche Verluste bedeuten. Damit sollen die durch Jahre an die Beamten und Angestellten bezahlten außerordentlichen Zubußen, sowie auch die Bekleidungszulage gestrichen werden. Nach meinen Berechnungen dürfte beides ungefähr je 60.000 Kè ausmachen, sowohl diese außerordentliche Zubuße, wie auch diese Bekleidungszulage. Damit hätte die Firma bereits 120.000 Kè wieder eingenommen. Offensichtlich will die Firma, die 6 Millionen Jahresdividende an die Aktionäre auszuzahlen vermag, durch diese Maßnahme die Gefällsstrafe auf die Beamten und Angestellten überwälzen. Es ist doch wirklich eine Ungeheuerlichkeit und man kann gespannt sein, ob sich nicht wenigstens für diese Sache, wenn schon nicht das Parlament so doch die Öffentlichkeit in entsprechender Weise interessieren wird. Damit ist ein Fall aus ungezählten vielen als typisch herausgegriffen und zur öffentlichen Diskussion gestellt, da die Angelegenheit von Interesse für die Öffentlichkeit ist. Angesichts des obigen Sachverhaltes, angesichts der krisenhaften Finanzlage des Staates dürfte die Sache wohl einer Aufhellung und Aufklärung bedürfen. So habe ich mir erlaubt, heute mit entsprechenden, dazu passenden Anfragen eine dringende Interpellation an den Herrn Finanzminister einzubringen und er wird wohl Gelegenheit haben, zu dieser Sache Stellung zu nehmen und sie entsprechend untersuchen zu lassen und wird sich hoffentlich nicht in Schweigen hüllen und sehr bald Mitteilungen über den näheren Sachverhalt dieser Dinge machen. Der Staat sucht Einnahmen hauptsächlich bei den kleinen und kleinsten Steuerträgern. Ein kleiner Gewerbetreibender, ein kleiner Landwirt wird bis zur Bewußtlosigkeit gepfändet. Meine Herren, ich habe Gelegenheit diese Dinge beruflich zu sehen und es ist haarsträubend, was die Steuerämter das gehört in dieses Kapitel, ich spreche ausnahmsweise heute sogar zur Tagesordnung - was die Steuerämter sich mit den Steuerträgern leisten. Ich will Ihnen einen Fall aus der Praxis zeigen. Ein Landwirt, der von der Exekution so verfolgt ist, daß er mit der primitivsten Existenz kämpft, bringt auf Grund des § 276 des Finanzgesetzes einen Antrag auf Abschreibung seiner Steuern ein aus dem Titel der Existenzgefährdung. Dieser Antrag wird beim Steueramt in Mies eingebracht und wird versehentlich anstatt zur Steueradministration zum Steueramt hineingegeben. Der Brief liegt geschlagene 5 Monate im Steueramte, obwohl die Steueradministration eine Tür daneben hat. Keiner der Herren, die dort sitzen, hat es der Mühe wert gefunden, den Brief, in dem die Existenzfrage eines Landwirtes behandelt wird, auch nur die nächste Tür hinüber zu reichen. Es bedarf der Intervention eines Abgeordneten - wei³ auch so etwas scheinbar noch Politik in diesem Lande ist, daß man interveniert - daß der Brief überhaupt gefunden wird. Er wird gefunden und über meine Intervention in der Steueradministration abi gegeben. Ich glaube die Sache nun geordnet. Es dauert ein halbes, ein dreiviertel Jahr und derselbe Bauer kommt und beschwert sich neuerlich, daß noch nichts geschehen ist. Nach dreiviertel Jahren besuche ich dasselbe Steueramt und stelle fest, daß der Brief, der versehentlich ein halbes Jahr beim Steueramte gelegen ist, nun drei Viertel Jahre bei der Steueradministration gelegen ist und auch dort nicht behandelt worden ist. Ich bin zum Amtschef gegangen und habe mich beschwert. Es hat eine lange Weile gedauert, bis die Sache überhaupt ausfindig gemacht wurde, ich habe wiederholt interveniert. Es ist nichts als ein Durchlaufer für das Steueramt. Die Sache braucht nur weiter an die Finanzlandesdirektion in Prag zu gehen, wo sie erst meritorisch behandelt wird. Ich habe festgestellt, daß dieses Gesuch, das auf Grund eines Paragraphen zur Sicherung der Existenz von einem in der Existenz Gefährdeten eingereicht wird, nach fünf Viertel Jahren noch nicht einmal die Durchlaufstelle von Mies passiert hat und immer noch nicht in Prag angekommen ist. Meine Herren, soll man tatsächlich da noch den Ernst zu diesen ganzen Steuerunternehmungen haben? Aber dessen ungeachtet ist inzwischen die Exekution selbstverständlich bei vielen Hunderten anderen, die ich aus meiner beruflichen Tätigkeit kenne und auch bei dem hier Genannten durchgeführt worden, das Vieh aufgeschrieben worden und wahrscheinlich die Frau auch noch dazu, aber das Abschreibungsgesuch, das nach dem Gesetze begründet ist, das dem Sinne des Gesetzes nach entsprechend ist, ist bis heute aus diesem Kasperltheater noch nicht herausgekommen. Wenn tatsächlich in dieser Richtung keine schärfste Kontrolle über die Rückstände der Steuerämter durchgeführt wird, hat diese Finanzspielerei hier gar keinen Sinn und Zweck [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 2. prosince 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Von einer systematischen Finanzgebarung, von einer systematischen Steuerbehandlung, von einer Steuergrundlage, von einem Steuerbuch, von der Kenntnis der Bevölkerung, wie sie eigentlich zu zahlen hat, was sie schuldig ist, gar keine Rede. Ich verweise auf einen anderen Fall, einen Vermögensabgaberückstand aus dem Jahre 1920/21, wo ein Rückstand von 18.000 bis 19.000 Kè vorgeschrieben wurde, und wo heute der Bauer mit einer Exekution auf 30 bis 31.000 Kè verfo³gt wird. Bis zu diesem Betrage sind die Zinsen bereits emporgewachsen. Es würde mich nur interessieren, ob der Staat, wenn er Schuldner ist, ebenfalls solche horrende Zinsen bezahlt. Wenn dies der Fall wäre, müßte, um auf voriges Beispiel zurückzugreifen, jeder Einleger der Wiener Postsparkasse gerade schon mindest eine halbe Million herausbekommen. Ich habe aber noch nie gehört, daß der Staat, wenn er selbst Schuldner ist, eine entsprechende Verzinsung geleistet hätte, wohl aber, daß der Zuwachs an den Zinsenlasten zu den rückständigen Steuervorschreibungen und Gerichtsgebühren und Exekutionsgebühren oft das Doppelte des vorgeschriebenen Betrages ausmacht und in Wirklichkeit eigentlich eine systematische Zerstörung der Wirtschaftsbasis der Bevölkerung, sowohl der Gewerbetreibenden als auch der Landwirte ist. Die Vorschreibungen werden in der rücksichtslosesten Weise durchgeführt und auch eingetrieben und je kleiner und schwächer der vom Fiskus Bedrohte ist, desto schärfer der Zugriff, je größer die Firma, desto salbungsvoller wird die Hand und wenn es sich dann gar um Spiritusmillionen handelt, da scheint die Hand besonders entgegenkommend und salbungsvoll zu sein.

Nachdem ich die Lust daran verloren habe, diesen hohen leeren Bänken weiter Vorträge zu ha³ten, nehme ich doch an, daß sich die Presse dieser Ausführungen einigermaßen bemächtigen wird und ich will zum Schluß die abwesende Regierung noch auf etwas aufmerksam machen und es würde von großem Interesse, ich glaube für das gesamte Sudetendeutschtum sein, wenn die Regierung in einer Angelegenheit noch eine Erklärung abgeben würde, vor der Abstimmung des Budgets. Meine Herren, ich erlaube mir die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß bei dem Kreisgericht in Klattau ein Schutzgesetzprozeß durchgeführt wurde, und daß in diesem Schutzgesetzprozeß irgendeine unbekannte Größe, die in ihrem Leben nie genannt worden wäre, wenn sie sich nicht gerade so ausgedrückt hätte, ich verschweige den Namen, weil er nicht wert ist, in das Protokoll selbst dieses Parlamentes einverleibt zu werden, der sich einigen Personen gegenüber in Klattau dahin geäußert hat, unsere Grenzdeutschen sind Schweine und Hammelknechte, unsere Grenzdeutschen, das sind Schweine und Hammelknechte. Die Staatsanwaltschaft hat sich veranlaßt gesehen, diesem Mann den Prozeß nach dem Schutzgesetz zu machen. Hören und staunen Sie, das Kreisgericht Klattau hat diesen Mann mit der Begründung freigesprochen, da es zur Überzeugung gelangt ist, daß diese Erklärung "die Deutschen sind Schweine und Hammelknechte", das deutsche Volk nicht beleidigt, daß das friedliche Zusammenleben der Völker in diesem Staate dadurch nicht gestört wird. Die Bezeichnung von Schweinen und Hammelknechten ist also für die deutsche Minderheit eine von der ersten Instanz einer staatlichen Einrichtung, eines Kreisgerichtes sanktionierte Bezeichnung. Glauben Sie nicht, daß ich als Jurist und Advokat mich über diese Sache aufregen werde. Ich stelle lediglich trocken fest, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 2. prosince 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] daß es deswegen nicht strafbar sei, weil diese Äußerung im èechischen Gebiet erfolgte. Stellen Sie sich das Gegenstück vor, daß beim Kreisgericht in Eger, in einer deutschen Stadt ein Deutscher hingeht und die Èechen Schweine und Hammeldiebe schimpft und das Kreisgericht in Eger gleiches Recht für alle - ebenfalls feststellt, daß die Beschimpfung der Èechen als Schweine und Hammeldiebe keine Beleidigung sei. Dann sind wir ja glücklich in einem Schweinestall gelandet, in dem wir uns friedlich finden können, ohne daß das friedliche Zusammenleben dieser Schweine gestört wird. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, aber hier fällt mir just die gestrige Rede des Koll. Prof. Lukavský ein, denn dieses Urteil scheint ein Kind seiner Gedanken zu sein. Es ist nicht überraschend, daß das Gericht im Wahlkreis des Dr. Lukavský liegt. Sein Haßgesang ist allbekannt, den er auch hier wieder angestimmt hat, indem er den Kulturverband verdächtigte und beschimpfte und seine üblichen Redensarten wiederholte, die jedem schon zum Halse herauswachsen, weil man sie zur Genüge kennt, die er hier wieder abgedroschen hat und die wahrscheinlich möchte ich mich ausdrücken - ihm eine kulture³le Befriedigung an den genannten gerichtsordnungsmäßig geduldeten Bezeichnungen geben dürften. Um alles zu sagen, stelle ich fest, Staatsanwalt Dr. Tauš hat gegen das Urteil die Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht. Ich bin neugierig, ob wir vielleicht auch vom Obersten Gericht dieses Staates werden als Schweine und Hammelknechte deklariert werden. Ich glaube aber, daß, wenn eine solche Entgleisung beim Kreisgericht erfolgt ist, es Sache des Justizministers wäre, u. zw. noch vor Abstimmung des Budgets, hier eine Erklärung abzugeben, nicht in dem Sinne, daß sie Stel³ung nimmt zum Gerichtsverfahren, ich weiß als Jurist, daß er erklären wird, er könne in ein schwebendes Verfahren nicht eingreifen, aber in dem Sinne - es könnte noch besser der Herr Ministerpräsident Udržal die Erklärung abgeben - daß man wenigstens im Parlament nicht der Meinung ist, daß wir Schweine und Hammelknechte sind. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein solches deutsches Schwein für den Staatsvoranschlag die Hand erheben wird, weil das wirklich ein Skandal ist und ich nicht weiß, ob nicht doch das Klattauer Gericht sinngemäß und übertragen eine gewisse Berechtigung zu dieser schmähenden Bezeichnung hatte. Wenn die Regierung zu diesem Skandal keine Erklärung findet, glaube ich, daß von uns nicht erwartet werden kann, daß sich die Hand eines deutschen Schweines und Hammelknechtes für diesen Staatsvoranschlag erhebt. (Potlesk.)

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