Pátek 27. listopadu 1931

Kurz und gut, die Ereignisse in Freiwaldau wurzeln genau so wie andere ähnliche Ereignisse im System, das vom Innenminister Slávik und seinem Sektionschef Bobek zur allerhöchsten Blüte gebracht worden ist, wenn man dieses Wort anwenden darf. Die vielgerühmte Verwaltungsreform, die die früheren Regierungsparteien angenommen, und die jetzigen nicht geändert haben, hat diesem System wesentlich Vorschub geleistet. In den Lichtspielhäusern läuft gegenwärtig ein Film, der heißt: "Der Kongreß tanzt". Darin tritt der selige Metternich auf. Wenn wir uns aber umschauen, wie viele Metternichs gibt es eigentlich in der Èechoslovakei? Jeder Polizeiagent, jeder Gendarmeriewachtmeister ist ein kleiner Metternicht. Der allergrößte Metternich ist der Sektionschef Bobek und der Innenminister, der ihn stützt und alles für gut findet, was der Sektionschef macht. Wie sich Sektionschef Bobek benommen hat, werde ich Ihnen heute dokumentarisch nachweisen:

Metternich ist also gar nicht tot, er hat sich lediglich hinter die spanische Wand der Demokratie verkrochen. Im allgemeinen herrscht er über alle. Das zeigt uns die Handhabung der Presse- und Versammlungsfreiheit, die doch den Gipfelpunkt der Demokratie darstellen soll. Wie schaut denn heute die Versammlungs- und Pressefreiheit aus? Wie es auf diesem Gebiet bestellt ist, hat Koll. Krebs im Haushaltsausschuß sehr ausführlich dargelegt. Aber es haben sich unterdessen neue Fälle ereignet, die Ihnen blitzlichtartig die Verhältnisse aufzeigen werden. Ich beginne mit einem Streiflicht auf die Versammlungsfreiheit in diesem Staate. Der Nationalsozialistische Jugendverband hat für den 8. November soziale Jugendtage angeordnet. Schon der Titel beweist, womit man sich beschäftigen wollte. Die Entschließung, die diese Jugendtage annehmen sollten, beweist dadurch, daß sie die eheste Schaffung von Jugendschutzämtern fordert und andere soziale Forderungen aufstellt, klipp und klar, daß es sich um nichts anderes gehandelt hat, als um wirklich soziale Kundgebungen. Was aber haben die Behörden in diesen Kundgebungen vermutet? Sie haben das vermutet, was die èechische Hetzpresse, insbesondere die "Národní Politika" uns ständig unterschiebt: den Ausbruch einer Revolution. Von München sollten einige Organisatoren kommen, uns bewaffnen und ausgerechnet am 8. November sollte eine Revolution ausbrechen. Es fehlte nur noch die Plakatierung. Das ganze ist natürlich nichts als eine blödsinnige Angstpsychose. Man merkt bei jeder Gelegenheit das schlechte Gewissen der Herren und infolgedessen sehen sie in jeder Kleinigkeit schon gleich weiß Gott was. Die ganzen sozialen Jugendtage sind verboten worden. Ein einziger in Troppau war gestattet. Warum? Weil er in Form einer Vereinsversammlung stattfand, in einem ganz kleinen Lokal, das ungefähr 120 Menschen faßt. Und selbst dieser wurde nach 10 Minuten Dauer aufgelöst. Ich habe teilgenommen. Er hat sehr würdig begonnen, mit einem Musikstück und einem Vortrag, dann folgte eine Rede und bei den einleitenden Worten der Rede erfolgte schon die Auflösung. An dieser Versammlung haben teilgenommen ein Polizeioberkommissär, vier Agenten und auf der Straße ein Polizeiaufgebot von 12 Mann. Das alles ist hinausgeschmissenes Geld für eine so kleine Veranstaltung. Die Polizeidirektion in Troppau erklärt bei jeder Gelegenheit, sie habe zu wenig Leute und die Herren Verbrecher haben wunderschöne Zeiten; sie können machen was sie wollen, sie werden niemals entdeckt. Warum? Weil unsere Polizei sich mit ganz anderen Dingen beschäftigen muß. Der Wachmann muß schauen, ob nicht jemand ein Hakenkreuz trägt - das ist ja staatsgefährlich - oder ob nicht jemand irgendwo eine Koppel versteckt hat oder ob nicht irgendwo bei einem Winterrock ein Braunhemd herausschaut. (Posl. Geyer: Oder ein weißes!) Oder ein weißes Hemd. Ein weißes Hemd darf man nicht mehr tragen, weil das die Herren anscheinend nicht zu ertragen vermögen. Hemden und Westen müssen schmutzig sein, damit sie in das ganze System hineinpassen. Jetzt sind einige Frauen, Parteigenossinnen verurteilt worden, weil sie "Uniformen" getragen haben, sie haben nämlich Dirndlkleider getragen. In Zwittau beim Völkischen Tag verlangte der Regierungsvertreter Oberkommissär Dr. Rùžièka, also ein Röslein, ganz besonderer Art allerdings, daß die Frauen die braunen Dirndlkleider ausziehen sollen, weil sie eine Uniform seien. Ich habe ihm darauf geantwortet: Ordnen Sie das gefälligst selbst an, ich will nicht mit dem Sittlichkeitsparagraphen in Konflikt kommen, weil ich nicht weiß, was sie darunter anhaben. Sehen Sie, solche Dummheiten geschehen. Dazu brauchen wir die Beamten. Das sind die Schmerzen des Stellvertreters eines Bezirkshauptmanns und da wundern Sie sich, daß wir [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 89 této tìsnopisecké zprávy.] Stellung nehmen. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Die Jugendtagungen waren also überall verboten und überall gab es ein ungeheueres Aufgebot von Gendarmerie und Polizei. Was die Troppauer Tagung anbelangt, stelle ich ausdrücklich fest, daß der Regierungsvertreter die Versammlung auflöste ohne auch nur den Referenten mit einem Wort ermahnt zu haben. Jetzt ist uns der Grund des Vorgehens klar. Wir sind nämlich durch einen günstigen Zufall in den Besitz eines Runderlasses der Landesbehörde für Böhmen gelangt (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.), hinausgegeben an alle ihr unterstehenden Ämter. In diesem Runderlaß werden sämtliche Erlässe seit dem 1. Jänner 1931 zitiert. Herr Koll. Simm hat gestern schon darauf hingewiesen, neun solcher Erlässe, in welchen den Behörden eingeschärft wird, die Nationalsozialisten sehr genau zu beobachten, ihnen keine einzige Kundgebung im Freien, keinen Umzug zu bewilligen und auch ihre Untergliederungen als das sind Verband "Volkssport", "Nationalsozialistischer Jugendverband" und "Wanderndes Jungvolk" derselbenstrengen Kontrolle zu unterziehen. Es besteht kein Zweifel, daß derselbe Runderlaß auch von der mährischen Landesbehörde herausgegeben wurde. Nun ist uns auch vollständig klar, daß das Verbot des Tragens der Braunhemden auf diesen Runderlaß zurückzuführen ist. Koll. Krebs hat sich, wie ich schon bemerkte, im Haushaltsausschuß mit diesen Verboten und Unterdrückungen ausführlich befaßt und dargelegt, daß unsere Partei und Bewegung mit durchaus legalen Mitteln für ihre Forderungen eintritt. Legal heißt mit gesetzlich zulässigen Mitteln. Man hat das allerdings in der uns feindlichen Presse in Loyalität gefälscht. Loyal sind wir nicht, das sage ich hier ganz ruhig, denn loyal sein, heißt kriechen wollen. Wir kämpfen für Forderungen, nur wählen wir zu diesem Kampfe gesetzlich zulässige Mittel, weil wir keinen Anlaß haben, die Unserigen noch größeren Verfolgungen auszusetzen, als sie ohnehin bereits ausgesetzt sind. Herr Sektionschef Bobek hat nun die Anklagen des Parteigenossen Krebs mit dem Hinweis darauf beantwortet, daß Angehörige unserer Partei und insbesondere Angehörige des Verbandes "Volkssport", die Angehörigen gegnerischer Parteien und Richtungen ständig provozieren und unter anderem die Überfälle in Staab, Proschwitz und Schwaderbach herbeigeführt hätten. (Posl. Simm: Hätte er gewartet, hätte er das Urteil erfahren können!) Ich komme schon darauf zu sprechen. Ich habe den Fall Schwaderbach schon einmal im Hause erwähnt. Wie stehen die Dinge? Sektionschef Bobek hat sich in seinem Kreuzzug gegen die Hakenkreuzler eine blamagle Niederlage geholt. Soviel ich weiß, heißt Bobek Lorbeer. Ich muß schon sagen, daß dieser Lorbeer von Sektionschef sich keine Lorbeeren geholt hat im Feldzuge gegen uns. Sein eigener Minister hat ihn Lügen gestraft, denn am Dienstag ist im Hause die Antwort auf eine Interpellation der Abgeordneten Mayr-Harting und Genossen, Zahl 1421/XIX, aufgelegt worden. Da stellt der Innenminister Dr. Slávik entgegen den Ausführungen seines Sektionschefs ausdrücklich fest, daß in Schwaderbach die Nationalsozialisten aus Anlaß eines Muttertages von 300 Kommunisten überfallen worden sind. Den Muttertag haben die Christlichsozialen veranstaltet und deshalb haben sie auch die Interpellation eingebracht. Hätten wir die Interpellation eingebracht, dann hätte man uns die Sache so beantwortet, wie es dem Herrn Sektionschef Bobek gepaßt hat. Gott sei Dank gilt auch im Ministerium das Wort, daß die Rechte nicht weiß, was die Linke tut. So erfolgte diese für uns so günstige Antwort, die uns wirklich sehr erfreut. (Posl. Horpynka: Koll. Jung, es ist kein Widerspruch darin, hier in diesem Staate provoziert man nur dadurch, daß man da ist! Die Nationalsozialisten haben provoziert, weil sie da waren! Genau so wie wir Sudetendeutschen eine Provokation für die Èechen sind!) Sehr richtig.

Ich gehe nun zum zweiten Fall, zum Fall Proschwitz über. Gestern hat das Reichenberger Schwurgericht den angeklagten Nationalsozialisten einstimmig freigesprochen. Es ist klar erwiesen, daß in Proschwitz nicht die unseren, sondern daß die Kommunisten es waren, die dort überfallen haben. Und Sektionschef Bobek hat die Stirne, im Hause das Gegenteil zu behaupten. Wir haben vom Präsidium des Abgeordnetenhauses verlangt, daß der Bericht des Budgetausschusses richtig gestellt wird. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Im alten Österreich hätte ein solcher Beamter nicht 24 Stunden lang im Dienste bleiben dürfen. Wäre er nicht selbst gegangen, so hätte man ihn glatt geschickt, wenn er sich so blamiert, aber wir leben in der Èechoslovakei und daher wird Bobek uns weiter erhalten bleiben, wird weiter Lorbeeren pflücken, selbst dann, wenn seine Nachtigall Slávik ihm auch manchmal in irgendeiner Interpellationsbeantwortung ein unangenehmes Liedchen pfeift. So also liegen die Dinge und dann wundern sich die Herren darüber, daß man an solchen Vorgängen Kritik übt. "Wie der Herr, so das Gscherr", so lautet ein alter treffender Spruch. Wie der höchste Beamte aussieht, so ist es auch natürlich mit den Unterbehörden bestellt, denn er gibt ihnen Weisungen. Dann darf man sich natürlich nicht wundern, daß die Bezirksbehörden Übertretungen strafen, bevor sie erlassen sind. Hier habe ich einen kennzeichnenden Fall, der Rekurs der Lina Wilfert aus Roßbach, an die Landesbehörde in Prag. Der Rekurs beginnt damit, daß die Betreffende sagt: "Gegen eine Kundmachung der Bezirksbehörde in Asch vom 3. Oktober 1931 kann ich mich am 10. Mai 1931 überhaupt nicht vergangen haben." [Další slova byla usnesením pøedsedníctva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Das ist ein Fall unter vielen. (Posl. Geyer: Unter 21 Fällen!) Also bitte, einer unter 21. Sie sehen also mit wie wenig Geist und mit wieviel Dummheit wir regiert werden. (Posl. Geyer: Da ist ein Gendarmeriekapitän, der konstruiert alle diese Fälle und bestraft im Vorhinein!) Sehr richtig. Die Herren haben vollständig das Gefühl dafür verloren, daß die Grundsätze, auf denen die Verfassung ihres Staates beruht, also auch das Gebäude dieses Staates dadurch ins Wanken kommen, daß in der Bevölkerung das Gefühl für Recht und Billigkeit durch ein derartiges Vorgehen der Behörden untergraben wird. Nicht wir sind es, die es tun, sondern die Behörden, die Gendarmerie, die Bezirkshauptleute und die Polizeidirektionen, die bei jeder Gelegenheit verurteilen. Nehmen wir noch so einen kennzeichnenden Fall: Die Troppauer Polizeidirektion. Ich habe schon einmal auf sie hingewiesen, weil dort die rechte Hand des Polizeidirektors ein Agent namens Olšanec ist. Das letztemal habe ich seinen Namen nicht genannt, heute nenne ich ihn, weil er immer noch dort sitzt. Er bemühte sich, in unseren eigenen Reihen einen Spitzel zu finden. Diese Polizeidirektion hat recht merkwürdige Anschauungen über den Schutz des Staates. In Troppau läuft eine Operettenrevue "Im weißen Rößl". Ich habe sie selbst nicht gesehen, habe mir aber sagen lassen, daß man dort sehr lachen kann. In ihr tritt Kaiser Franz Josef unter dem Titel "Der Kaiser" auf. So hat er wenigstens in Österreich geheißen, wo diese Revue entstanden ist. Österreich ist eine Republik und könnte genau so Angst haben wie die Èechoslovakei, daß irgendein verstorbener Kaiser sie bedroht. Aber in der Èechoslovakei hat der Kaiser "Der Herzog" heißen müssen, damit die Republik nicht in Gefahr kommt. Nun ist der Herzog aufgetreten. Im weißen Bart, in Uniform, Feldmarschallshut, wie der alte Franz Josef. Überall wird er beklatscht, überall hat man sich gefreut, weil das Ganze eigentlich eine Lustigmachung darsteltl. In den èechischen Theatern läuft dieselbe Revue. Nirgends ist die blödsinnige Verfügung erfolgt, daß der Herzog sich den weißen Bart abnehmen lassen muß, daß er auch keine Uniform tragen darf, wie Franz Josef. Nur in Troppau, das damit sozusagen der Exponent des ganzen geistigen Inhaltes dieser Republik geworden ist. (Posl. Geyer: Hoffentlich wird er keine Schwimmhose vorgeschrieben bekommen!) Das wäre schon eine recht gefährliche Uniform. Wie er einmal auftrat, klatschten der Redakteur Fischer von der "Deutschen Post" und der Schauspieler Engelhart, weil sie den Darsteller aus Wien kennen. Aus dem Grunde sind die beiden wegen monarchistischer Kundgebungen verurteilt worden und zwar Fischer zu 500 Kè resp. 5 Tagen Arrest, und Engelhart zu 200 Kè bzw. 2 Tage Arrest. Jetzt sagen Sie mir, wo leben wir eigentlich, in einem Kabarett oder in einem Staate? Derartige Dinge werden nicht etwa gerügt, ein Polizeibeamter bekommt keine Nase, er wird für jeden Schnitzer den er macht, immer und immer wieder gedeckt, weil man glaubt, daß eine Kritik an diesem Vorgehen das Ansehen des Staates schädigt. Aber das Ansehen des Staates wird durch solche [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Beamte geschädigt und durchaus nicht durch diejenigen, die an ihnen Kritik üben.

Unser Parteiblatt "Neue Zeit" hat über die Vorfälle anläßlich der sozialen Jugendtage einen Bericht veröffentlicht. Die Nummer schaut so aus (ukazuje noviny). Ich bitte Sie, sich die Pressefreiheit einmal im Bilde anzuschauen. Was ist hier beschlagnahmt worden? Zuerst ist der Titel "Der Vormärz kehrt wieder", als ob er nicht schon da wäre. Dann der Untertitel "Großkampftage der Staatspolizei und Gendarmerie gegen nationalsozialistische Versammlungen". Weiters "Troppau, Der Novotný", ein Glosse. Es gibt bei der Staatspolizei keinen Novotný, aber es sollten mit dieser Glosse die untergeordneten und geistigminderwertigen Organe gekennzeichnet werden. Er hätte ja auch Procházka heißen können. Es ist eben ein Sammelname. Der Novotný darf also nicht in der Zeitung erscheinen. Er wurde vollständig beschlagnahmt. Ich will nichtalles vorlesen, ich habe ja eine Interpellation eingebracht und hoffe, daß sie mir das Parlamentspräsidium nicht zensurieren wird, daß es nicht auf dem [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn øádu vylouèeno z tìsnopisecké zprávy.] Standpunkt stehen wird, der Staat sei in Gefahr, wenn man eine solche Dummheit kritisiert. Ich wundere mich nur darüber, daß der Troppauer Staatsanwalt sich dieser Anschauung angeschlossen hat. Die Polizeidirektion hat die ihr unangenehmen Stellen aus der Zeitung herausgestrichen und der Staatsanwalt hat das bestätigt. Meine Herren, oberster Grundsatz eines modernen Staates ist doch, daß Kläger und Richter nicht in einer Person vereinigt sein dürfen. Hier haben wir den Fall. Die Polizeidirektion hat die Stellen, in denen sie kritisiert wird, konfisziert. Sie ist also Kläger und Richter in einer Person. Derartige Zustände sind natürlich unhaltbar. (Posl. Geyer: Das ist das Korrupte!) Natürlich das ist das Korrupte.

Die "Deutsche Post" in Troppau, Nr. 269 vom 19. November 1931 ist auch an zwei Stellen beschlagnahmt u. zw. eine Notiz unter dem Titel "Der 13. Monatsgehalt nur zu einem Achtel bedeckt". Und eine zweite Notiz "Versicherungsanleihe des Staates von 250 Millionen Kronen". Diese zwei staatsgefährlichen Notizen sind in einer groß en Anzahl von Blättern unbeanständet erschienen u. zw. im Prager Tagblatt, Bohemia, Deutsche Presse, Prager Presse, ferner Ostrauer Morgenzeitung, Brünner Tagesbote. Die haben das bringen dürfen, da war der Staat nicht in Gefahr. In Troppau ist der Staat merkwürdigerweise immer in Gefahr. "Erkläret mir Graf Örindur, diesen Zwiespalt der èechoslovakischen Natur!" Was in Ostrau gut is t, ist in Troppau schlecht, das sind doch verrückte Dinge. Und nun etwas von der Pressezensur in Aussig und Leitmeritz, denn die Polizeidirektion in Aussig und die Staatsanwaltschaft in Leitmeritz gehören zusammen. In Aussig wurde die Folge 219 unseres Hauptblattes "Der Tag" vom 14. November beschlagnahmt, u. zw. ein guter Teil des Aufsatzes "Schulautonomie". Wenn jemand glaubt, daß der Artikel staatsgefährlich sei, so möge er sich die "Deutsche Post" anschauen, dort ist nämlich der Artikel vollinhaltlich abgedruckt. In Troppau war er nicht staatsgefährlich. Warum das in Aussig und Leitmeritz der Fall ist, kann ich mit meinem Laienverstand nicht begreifen.

Ein anderer Fall: Ich war kürzlich in Ostpreußen. "Der Tag" hat über meine Versammlung in önigsberg einen Bericht aus einer preußischen Zeitung entnommen. Der Bericht schaut so aus (ukazuje list). Und was stand darin? "Man muß es sich abgewöhnen, die Deutschen nur innerhalb der heutigen Reichsgrenzen zu suchen, das wahre Deutschland ist viel viel größer als das Deutsche Reich. Enge Verwandschaft verknüpft uns Sudetendeutsche mit Preußen. Ich komme aus dem Quellgebiet der Oder". Das Quellgebiet der Oder ist also staatsgefäh rlich. Der Zensor von Aussig, bzw. Leitmeritz scheint mit Quellen nicht gern etwas zu tun zu haben. Er will das Quellgebiet der Oder anscheinend abtreten. Von rechtswegen sollte man den Herrn nach dem Schutzgesetz zur Verantwortung ziehen.

Die Schrift: "Sudetendeutsche Autonomie" von Dr. Robert Goldberg, wurde in Troppau gedruckt und zensuriert. Vom kleinen Novotný bei der Staatspolizei in Aussig wurde sie so hergerichtet (ukazuje list). [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] - ich weiß nicht, ob er überhaupt lesen kann - hat sogar das Verzeichnis der Quellen beschlagnahmt. (Veselost.) Die Herren in Aussin stehen mit den Quellen anscheinend auf Kriegsfuß. Mit den geistigen sowohl, wie mit den Flußquellen. Es darf also in einer Schrift nicht einmal stehen, woher der Verfasser seine Unterlagen genommen hat. Das ganze nennt sich Zensur. Da kann man beim besten Willen nicht mehr mit. Das ist so das System von heute.

Ich habe Ihnen das alles nur kurz geschildert, um Ihnen einige Streiflichter vorzuführen. Um noch einmal auf die "Neue Zeit" zurückzukommen, so ist ihre Folge 93 vom 21. November d. j. abermals beschlagnahmt worden. Stehen geblieben ist nur der Titel "Mitteleuropa lacht". Warum es lacht, das darf man in Troppau nicht drucken. Warum lacht Mitteleuropa? Weil der Troppauer Polizeidirektor Dummheiten macht. Es wird nämlich angeführt, daß die Verurteilungen des Redakteurs Fischer und des Schauspielers Engelhart wegen einer Revue in einer großen Anzahl von Blättern kritisiert und ins Lächerliche gezogen wurde. Es waren auch reichsdeutsche und österreichische Blätter. Fassen wir zusammen: Solange man die Herren Polizeiagenten wirtschaften läßt, wie sie wollen, solange soll man uns nicht von Grundsätzen und Grundlagen der Demokratie und vom Fortschritt der Demokratie sprechen.

Zur Vervollständigung des Bildes einige Worte bei Hultschin. Dort äußert sich dieses Polizeiknüppelregim nt am furchtbarsten. Die Volkszählung, die ja ohnehin unter den größten Bedrückungen der Menschen vorgenommen wurde, denn jeder Volkszählungskommissär hat sich die einzelnen Leute solange hergenommen, bis aus der Volkszählung die notwendige Volksverzählung wurde, hat damit abgeschlossen, daß jetzt alle diejenigen, die darauf beharrten, daß sie Deutsche sind, unerhört bestraft werden. Man verurteilt arme Teufel zu 200 Kè Geldstrafe. Das sind skandalöse Vorfälle. Herr Koll. Hodina, Sie als Angehöriger einer Regierungspartei sollten sich der Sache annehmen, damit unsere Regierungsparteien wenigstens derartige Dinge abstellen, wenn sie schon grundsätzlich nichts erreichen. So ein Skandal darf doch nicht vorkommen.

Zum Abschlusse etwas Heiteres. In Karwin wurde am 14. November die deutsche Turnh alle als Sammelpunkt aller Deutschen feierlich eröffnet. Die Behörde genehmigte die Beflaggung mit zwei schwarz-rot-goldenen Fahnen unter der Bedingung, daß die Staatsfahne ober dieser Fahne hängen muß. Das ist geschehen! Daraufhin haben die Karwiner Èechen gesagt, das gibt es nicht, die blau-weiß-rote Fahne muß auf der rechten Seite des Einganges hängen. Daraufhin hat dieselbe Behörde gesagt: Jawohl, das muß so sein, die schwarz-rot-goldene Fahne muß weg, rechts vom Eingang muß die Staatsfahne hängen, links darf die schwarz-rot-goldene Fahne sein. Wo war die zweite schwarz-rot-goldene Fahne? Die flatterte stolz über den beiden anderen! Sehen Sie, das ist ein Symbol. Die großdeutschen Farben flatterten also in Karvin über der Staatsfahne und das durch die Verfügung einer hochwohlweisen Behörde. (Posl. Horpynka: Leider hat es die Republik überlebt, sehr zu bedauern!) Jawohl. Es ist das das Sinnbild dafür, daß auch das System Slávik-Bobek nicht von ewiger Dauer ist, aber auch ein Sinnbild, daß die Entwicklung auch vor der Èechoslovakei nicht halt machen wird. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Kunze (viz str. 39 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr verehrten Herren! Noch nie habe ich die Rednertribüne des Hauses mit so schwerem Herzen bestiegen wie heute, wo es mir die Pflicht auferlegt, die Bluttaten, die sich in meiner Heimat in den letzten Tagen ereignet haben, hier wahrheitsgemäß zu illustrieren, um dadurch unrichtigen Berichten wie Ergänzungen von amtlicher Quelle entgegenzutreten. In dem friedlichsten Bezirke Schlesiens, in meiner Heimat, in Freiwaldau ist Blut geflossen. Mußte das sein? Schon vorgestern war in dies em Hause Aufregung über die Bluttat in unserem Weltkurort Nieder-Lindewiese und der Herr Minister des Innern hat sich bemüßigt gefunden, eine parlamentarische Untersuchungskommision an Ort und Stelle zu entsenden, um die wahren Ursachen dieser Bluttat zu erheben und festzustellen. (Posl. Pohl: Nur beigezogen!) Es wurden drei Parlamentarier beigezogen, jedenfalls über Weisung des Herrn Ministers, oder über Beschluß des Ministerrats. Das Bedauerliche ist nur, daß man auch hier an der Schwelle des Todes den bisher so oft geübten Koalitionsgedanken, der alles andere nur nicht demokratisch ist, nicht aufgab und diese drei Herren nur aus der Koalition ernannte. Und es hatte Mühe gekostet, den Herrn Landespräsidenten Èerný dazu zu bewegen, zu gestatten, daß auch die Parlamentarier aus dem Bezirke bei der Untersuchung anwesend sein dürfen. Es war dies eigentlich keine Untersuchung, es war dies nicht eine Feststellung der Tatsachen, sondern es war nur ein Bericht der Behörden, den wir uns dort 2 Stunden lang anhören konnten. Warum? Die Untersuchung wurde von Herrn Landespräsidenten Èerný geleitet. Nach Feststellung der Tagesordnung über die Untersuchungsmodalitäten verlangte ich, daß auch Zeugen gehört werden, weil in der Tagesordnung nur der Bericht des Bezirkshauptmanns und des Generals der Gendarmerie enthalten waren. Ein solcher Bericht kann für uns nicht maßgebend sein und wir können ihn nur als amtliche Mitteilung, nicht aber als Untersuchung des Falles betrachten. Mein Verlangen, daß Zeugen einvernommen werden mögen, die an Ort und Stelle bei den Ereignissen zugegen waren, um über die näheren Tatbestände zu berichten, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß man der gerichtlichen Untersuchung nicht vorgreifen dürfe. Es blieb jedoch uns Parlamentariern vorbehalten, diese Zeugen einzuvernehmen und so haben wir schon am Vorabend der Untersuchnug, schon am Tage des Unglücks kompetente Zeugen in der Gemeindestube in dem Kurort Nieder-Lindeweise einvernommen. Nicht nur Zeugen von deutscher Seite, sondern auch von èechischer Seite, auch èechische Staatsbeamte mußten bestätigen, was die Deutschen uns dort über die Vorfälle berichteten.

Die Ursachen der Demonstration - im Freiwaldauer Bezirk sind wir an Demonstrationen gewöhnt, es vergeht fast kein Vierteljahr ohne eine solche Demonstration, wenn auch ich und meine Partei nicht der Ansicht sind, daß man auf der Gasse Gesetze machen soll, diese Demonstrationen jedoch haben nie einen blutigen Charakter angenommen - waren ein bevorstehender Lohnabbau in der Steinindustrie, der sich aus dem Rückgang der Aufträge aus dem Ausland ergeben soll und mit welchem Lohnabbau man den dortigen Arbeitern bereits gedroht hatte. Nun haben sämtliche Gewerkschaften mit Ausschluß der kommunistischen diese Demonstration abgelehnt. Wie es nun aber schon bei Demonstrationen vorkommt, sei es durch Agitation, sei es durch Terror, es sind auch Angehörige anderer Parteien mit hineingerissen worden und die Totenliste bestätigt meine Behauptung, da auch nichtkommunistische Arbeiter unter den Kugeln der Gendarmerie gefallen sind.

In den Zeitungen wurde von 800 bis 1000 Personen geschrieben. Ich muß richtigstellen, wie auch die gestrige Untersuchungskommission festgestellt hat, daß es sich im ganzen um 250 bis 300 Personen gehandelt hat, die sich an jener Stelle versammelten, wo die gefährliche Situation eingetreten ist, was auch bei den kommissionellen Verhandlungen festgestellt wurde. Die Übergriffe, bezw. die Zusammenstöße ereigneten sich schon gegen 9 Uhr vormittags in der Gemeinde Setzdorf. Von den 68 Gendarmen des Bezirkes hatte man 45 für diese Demonstration zusammengezogen und in den einzelnen Stadtteilen verteilt. Nach Setzdorf, wo man einen größeren Zuzug von Steinarbeitern erwartete, hatte man 23 Gendarmen beordert, und schon in der Gemeinde Setzdorf wurde mit Steinen geworfen und mit Gummiknütteln dreingehauen, so daß schon bevor die Leute herausgekommen sind, eine große Erregung beiderseits sowohl bei der Gendarmerie wie bei den Demonstranten festgestellt werden konnte. Als nun diese 250 bis 300 Demonstranten den Gendarmeriekordon umgingen, um in die Bezirksstadt Freiwaldau zu kommen, formierten sie sich beim Eintritt in die Gemeinde Nieder-Lindewiese. Dort, wo die Straße von Setzdorf auf die Reichsstraße einmündet, wurden die Frauen in die vorderen Reihen gestellt und die Männer marschierten in Viererreihen hinter ihnen. Während diese Formation vorgenommen wurde, kam ein Auto aus Freiwoldau mit 15 Gendarmen, die die 8 Meter breite Straße absperrten und die Demonstranten aufforderten, sich zu zerstreuen. Wir wissen, wie es bei solchen Anläss en zugeht. Wenn man vernünftig ist, wenn verhandlungsgeschickte Leiter an der Spitze stehen, sowohl bei der Polizei wie auf Seite der Demonstranten, läßt sich ein Blutvergießen verhindern. Und ich behaupte dies, weil zur selben Zeit auf der entgegengesetzten Seite der Stadt eine Masse Leute gegen die Stadt anrückten, wo sich ein Gendarmeriekordon mit einem Regierungskommissär befand, und dieser Regierungskommissär in schlichtem Zivilgewand hat es fertig gebracht, daß die Leute umkehrten und eine sechsgliedrige Deputation zum Bezirkshauptmann entsandten.

Wir werden heute ganz objektiv kritisieren und wir werden auch diejenigen anklagen, die an dieser Bluttat mittelbar oder unmittelbar die Schuld tragen. An dieser Stelle hatten wir nur die bewaffnete Gendarmerie und die erregte Menge, nachdem es in Setzdorf bereits zu Zusammenstößen gekommen war. Sie haben gelesen und gehört, daß viele Rückenschüsse vorgekommen sind. Das ist nicht zu verwundern. Die Menge wollte sich zerstreuen, viele drängten vor, andere zurück, und dadurch sind die Rückenschüsse entstanden. Ein Steinwurf von rückwärts verletzte den Kommandanten am Gesicht. Es sind im ganzen drei Gendarmen verletzt worden, nicht 8 oder 10 oder 13, wie geschrieben wurde, und sie sind eine Stunde nach Anlegen des Verbandes und nach der Reinigung aus dem Krankenhause entlassen worden.


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