Pátek 27. listopadu 1931

Wir gleiten eigentlich immer mehr von der Linie der internationalen Zusammenarbeit ab. (Souhlas.) Internationale Zusammenarbeit ist dieses heilige Moment gewesen, das neben der Erhaltung des Friedens von sämtlichen Diplomaten zum Ausdruck gebracht wird. Der Wille zu internationaler Zusammenarbeit lebt auch in den Völkern, und doch sehen wir, daß die wirtschaftlichen Notverhältnisse den umgekehrten Weg gehen, daß die wirtschaftlichen Notverhältnisse zu autarkischen Bestrebungen in Reinkultur hinführen. Meine Herren, ich warne vor diesen Autarkiebestrebungen, denen bald ein Ende gemacht werden muß; denn sie sind nichts anderes als das Zurückziehen auf den eigenen Handelsstaat, als das zurückziehen auf die Befriedigung der Bedürfnisse durch die eigene Wirtschaft im Staate selbst. (Výkøiky posl. Geyera.) Das bedeutet nichts anderes als das Bekenntnis zur restlosen Schwächung des eigenen Wirtschaftskörpers; denn es ist keine Volkswirtschaft des einzelnen Staates imstande, auf lange Dauer die Lasten, die ihr durch dieses System aufgebürdet werden, zu ertragen, und deswegen glaube ich, daß wir in diesem Zeitpunkt der Not sowohl der Repräsentant der Außenpolitik als auch der Finanzverwaltung und der Nationalbank, diesen pro onzierten Vertretern der heutigen Zeit, zurufen müssen, daß sie sich unendliche Verdienste um Staat, Land, Bevölkerung, Gesamtheit und Individuum erwerben können, wenn sie nichts unversucht lassen, den Weg der internationalen Zusammenarbeit möglichst bald zu erreichen. Man sagt, der heutige Zeitpunkt sei dafür nicht geeignet; und ich erkläre Ihnen, daß gerade die heutige Zeit geeignet ist, die internationale Zusammenarbeit zu erreichen. Gelingt sie nicht heute, in der Zeit der Not, so kommt sie nie mehr zustande.

Meine Herren, wir haben im heurigen Jahre in diesem Hause sehr viel über das Problem der Zollunion gesprochen. Und ich glaube, die deutsche Seite ist in der Behandlung der Zollunionsfrage viel mißverstanden worden. Man hat auf èechischer Seite den Kampf um die Zollunion bei den Sudetendeutschen eigentlich nur vom Standpunkte des Nationalismus aus gesehen; das war ein grundlegender großer Fehler. Im Gegenteil, er sollte nichts anderes sein als der Ausdruck der Begrüßung des Beginnes einer Zusammenarbeit. Heute liegt nicht das Problem darin: Zusammenarbeit bloß der kleinen Staaten; heute liegt das Problem nicht drain; Zusammenarbeit mit oder ohne Deutschland; heute liegt das Problem darin, daß wir in das Stadium des Beginnes der Zusammenarbeit kommen müssen, weil es heute um nichts anderes geht, als um den Kampf um einen größeren Wirtschaftsraum. Heute drehen sich politisch - seien wir doch ganz ehrlich - die Dinge darum, daß die politische Selbstständigkeit unangetastet bleibt. Ist die politische Selbständigkeit verbürgt, dann handelt es sich um nichts anderes als um die Erringung, Errichtung größerer Wirtschaftsräume, wo die einzelnen zwangsläufig klein gewordenen Wirtschaften sich etwas ausdehnen und ausbreiten können. (Posl. inž. Jung: Geschieht das nicht, so droht in Österreich und in Ungarn die Habsburgergefahr!) Bitte, Herr Kollege, da mögen Sie recht haben, aber ich glaube, daß diese Frage heute nicht zur Diskussion steht. In diesen Bestrebungen der Selbsthilfeaktionen sehen wir eigentlich zwei verschiedene Standpunkte vertreten. Wir sehen heute die Selbsthilfeaktion, wie sie z. B. Mussolini durchsetzt, der der Wirtschaft für mittlere Kredite 5 Milliarden Lire zur Verfügung stellt. Andere Selbsthilfeaktionen verwandeln sich in das Gegenteil: Schutzzölle, wie in England. Ich habe das Empfinden, daß wir durch diese Methode in eine undurchdringliche Abkapselung der Wirtschaften kommen und daß wir durch autarkische Methoden, ich möchte sagen zwangsläufig, in die Verarmung der Welt geraten.

Die Wirtschaftskrise hat auf der ande ren Seite aber natürlich auch große politische Gefahren und wir dürfen es nicht übersehen, darauf aufmerksam zu machen. Es läßt sich heute die Behandlung dieses ganzen staatlichen, europäischen Problems ohne bestimmtes großzügiges Denken nicht erledigen. Im Grunde genommen macht es doch fast den Eindruck, als ob wir noch im Stadium der Liquidierung, des Krieges, der Liquidierung der Nachkriegszeit ständen und im Stadium eines bestimmten Völkerhasses stehen würden, der bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht überwunden ist. Denn wäre er überwunden, dann wäre das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich bereits geklärt. Wenn wir heute die Referate über die Wirtschaft hören und lesen, so sind sie eigentlich alle nur ein Notschrei, ein Notschrei aus der Industrie, dem Handel, dem Gewerbe, seitens der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Alles sucht Hilfe bei der Regierung und wir sind auch in diesem Sinne entgegen den früheren Ideen, wonach der Staat eigentlich den Zweck erfüllte, die Existenz und das Eigentum des Bürgers zu schützen, hinübergerückt in ein vollständiges System des Subventionismus. Ich gebe das auch den Herren auf der èechischen Seite zu bedenken, ob dieser Subventionismus, der in der Èechoslovakei großgezogen worden ist, nicht mit ein Faktor der Schuld ist an den Verhältnissen, daß wir heute sämtliche Reserven versiegt sehen.

Wir sind heute in das Stadium getreten, wo eigentlich der Staat seine Mission überschritten hat, wo der Staat, sagen wir, durch den Ausdruck der parteipolitischen Macht zwangsläufig in das System des Subventionismus hineingetrieben wurde. Würden heute der Regierung, der Finanzverwaltung jene Kapitalien zur Verfügung stehen, dann brauchten wir keine Abstriche am Budget, dann brauchten wir auch keine Erhöhungen der Einnahmen, dann brauchten wir von neuen Belastungen nicht zu sprechen. Es wird, glaube ich, einmal die Zeit kommen, wo wir über diese Dinge werden sprechen müssen. Dann der Staat, der früher der Kompagnon am Gewinn war durch die Einhebung der Steuern, wird durch diesen Subventionismus, durch die unterschiedslose Sanierung doch eigentlich in eine ganz andere Mission hineingetrieben, als ihm zukommt und kommt dadurch zu großen Verlusten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch ein paar Worte über unsere Einstellung zu der èechoslovakischen Krone, zur Devisenbewirtschaftung, zum Bewilligungsverfahren und zu den Zöllen sagen. Ich möchte vorher noch zum Ausdruck bringen, daß wir den Zeitpunkt der internationalen Zusammenarbeit sehnlichst herbeiwünschen, und daß wir große Hoffnungen knüpfen möchten an die im Feber stattfindende Abrüstungskonferenz. Denn letzten Endes wird es sich ja darum drehen, dort eine vernünftige Regelung zu erreichen, damit man im wesentlichen imstande ist, in den europäischen Staaten das Gleichgewicht im Haushalt aufrechtzuerhalten, die Währungsstabilität wieder herbeizuführen, die allgemeinen Kreditfragen zu lösen, wobei ich ausdrücklich feststelle, daß man in den ganzen Wirtschaftsnöten keine Änderung wird herbeiführen können, wenn es nicht gelingt, die Vertrauenskrise, die Kreditkrise zu lösen.

Bezüglich der èechoslovakischen Krone muß ich ausdrücklich feststellen, daß ich seitens des "Sozialdemokrat", ich weiß nicht, ob bewußt oder unbewußt, beschuldigt wurde, durch meine Ausführungen im Budgetausschuß ein inflationssüchtiger Unternehmervertreter zu sein, der vom Finanzminister in die richtigen Bahnen zurückgeführt wurde, indem der Herr Finanzminister mich angeblich über den Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Krone aufklärte. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß scheinbar die Ausführungen des "Sozialdemokrat", dessen besonderer Beliebtheit ich mich erfreue, den Zweck verfolgt haben, mir eins am Zeug zu flicken. Gerade die Vertreter der Sozialdemokraten sind im Budgetausschuß Zeuge dessen gewesen, daß ich das Gegenteil von dem behauptet habe, was mir in die Schuhe geschoben wird, und zwar aus dem Grunde, weil ich in der Lage bin nachzuweisen, daß bereits zur Zeit der Steuerreform, bereits in der Generaldebatte zu dem Übereinkommen mit der Nationalbank, in der Generaldebatte zu den einzelnen Budgets ich zum Ausdruck gebracht habe, daß wir Sudetendeutschen eigentlich - bei objektiver Darstellung der Dinge - uns restlos dazu bekennen müssen, daß die èechoslovakische Währungs- und Anleihepolitik eine gesunde gewesen ist. Ich habe ausdrücklich anerkannt, daß in dieser Hinsicht seitens der èechoslovakischen Finanzverwaltung sehr viel getan worden ist, und habe auch konstatiert, daß Herr Finanzminister Engliš in seinem Exposé vom Jahre 1929 ausdrücklich erklärt hat, daß der Stand der èechoslovakischen Krone der Bevölkerung die allergrößten Opfer auferlegt hat. Diese Opfer bestanden einmal in der Zurückhaltung der Hälfte des Privatbesitzes an den Banknoten, der Vermögensabgabe, in der Behandlung der Kriegsanleihe, in der Einführung der Umsatzsteuer, der Kohlensteuer, der Verkehrssteuer, der Erhöhung der direkten und indirekten Steuern, und es wäre natürlich heute ein Wahnsinn, diese ungeheueren Opfer restlos preisgeben zu wollen. Im Gegenteil, Ich bin in der Lage nachzuweisen, daß ich in der Generaldebatte zum Budget wörtlich erklärt habe: "Die Inflation ist ihrem Begriffe nach - ich habe damals von Harzburg gesprochen - das einzige Mittel, das aus der Krise herausführt. Dieser Grundsatz ist meiner Ansicht nach falsch. Er ist nichts anderes als der Wunsch, seine Schulden billig zu bezahlen. Ich erkläre es deshalb für einen Wahnsinn mit der Inflation zu spielen, weil die Inflation, einmal eingetreten, einfach nicht mehr aufzuhalten ist."

Bitte meine Herren, das ist doch gerade das Gegenteil von dem, dessen mich der "Sozialdemokrat" bezichtigt. Ich habe auch anläßlich der Behandlung des Finanzministeriums über die Dinge gesprochen und ausdrücklich erklärt, daß heute bestimmte Kreise mit inflationistischen Gedanken spielen, daß es aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen ausgeschlossen ist, sich damit zu befassen und daß es auch ausgeschlossen ist, auch nur mit geringer Inflation spielen zu wollen, weil wir heute einfach nicht in der Lage sind, eine Inflation in der Hand zu haben, weil die Mittel zum Einhalten der Inflation nicht gegeben sind. Aus diesem Grunde habe ich ausdrücklich erklärt, daß jene Recht haben, die sagen, daß wir den Stand der Krone halten müssen. Ich sage das einfach aus dem Grunde, weil heute die Zeit, in der wir leben, nicht dazu angetan ist - sagen wir - den Einzelnen etwas am Zeuge zu flicken und weil gerade die heutige Zeit leicht dazu angetan ist, uns Deutschen den Vorwurf der Staatsfeindlichkeit, des Irredentismus zu machen. Deshalb habe ich die Verhältnisse ausdrücklich hier in dieser Beziehung so darzulegen mir erlaubt, wie sie in Wirklichkeit sind und ich glaube konstatieren zu dürfen, daß hinsichtlich der èechoslovakischen Krone, hinsichtlich der Devisenbewirtschaftung, des Bewilligungssystems und auch der Zölle schließlich die maßgebenden Faktoren bestrebt sind, wirklich vernünftig jene Maßnahmen zu treffen, die unter den gegebenen Verhältnissen notwendig sind.

Ich möchte dabei ausdrücklich wiederholen, daß wir nicht um die Devisenbewirtschaftung herumkommen, nicht um die Schutzzölle, um Einfuhrbewilligungen, und daß bezüglich der Krone unter allen Umständen wir den Standpunkt einnehmen müssen, daß wir alles veranlassen müssen, um ihren Stand zu erhalten.

Bevor ich ein paar Worte über das Budget spreche, nur noch einige Worte zum Kapitel "Sozialpolitik" und zwar deshalb, weil auch in dieser Hinsicht sehr viel falsche Meinungen zum Ausdruck kommen. Ich hatte Gelegenheit, die Rede des Herrn Abg. Hampl und auch die Rede des Herrn Abg. Kremser zu verfolgen. Ich gebe ohne weiters zu, daß der Herr Abg. Hampl in seiner Auffassung die Dinge richtig sieht und daß vielleicht mit vollem Recht von ihm der Wunsch zum Aus druck gebracht wurde, daß auch in der Arbeiterschaft eine Einigung zustande kommen sollte. Ich unterschreibe restlos den Standpunkt, daß heute die Sozialpolitik in erster Linie Fürsorge für die Arbeitslosen bedeutet. Wenn ich mich aber jenen Meinungen gegenübersehe, die von dem außerordentlichen Notstandsfond sprechen, einem Problem, das heute die Wirtschaft weiter belasten soll, so kann ich es mir nicht nehmen lassen, doch hier aufmerksam zu machen, daß in einer derart schweren Zeit die Wirtschaft unter keinen Umständen neue Belastungen verträgt. Man will aber durch den außerordentlichen Notstandsfond Handel, Gewerbe und Industrie neuerlich belasten. Ich erkläre Ihnen: Die Wirtschaft verträgt keine neue Belastung, und die Mission jener Wirtschaftszweige, jener Wirtschaftseinheiten, die heute noch in der Lage sind, den Betrieb aufrecht zu erhalten, besteht darin, den Arbeitern Beschäftigung zu geben, während die Sozialpolitik die Mission hat, die Wirtschaft nicht neuerlich durch Kapitalsentzug zu schwächen. Es muß einmal zwischen uns das Wort ausgesprochen werden - und da widerspreche ich dem Abg. Kremser, der da die Sache mit dem Satze abtun wollte, die Steuerreform habe 5 Milliarden Kè Gewinn gebracht. Ich habe keine Ahnung über die Rechnung, aber ich sage: Angenommen, aber nicht zugegeben, es wäre richtig, so sind die 5 Milliarden Reserven schon längst aus der Wirtschaft verschwunden, und ich möchte doch die sozialdemokratische Seite einmal darüber aufklären, mit den Reserven keine Schindluderei zu treiben. Seien Sie froh, daß die Industrie heute Reserven aus besseren Zeiten gehabt hat. Hätte sie diese nicht gehabt, dann wäre der Effekt der, daß sie bereits vor Jahresfrist oder noch länger die Arbeitslosigkeit gehabt hätten, die wir heute haben. Es ist auch nicht mit einem Satze abzutun, daß die heutige Wirtschaftskrise durch die kapitalistische Produktionswirtschaft verursacht ist, genau so wie ich als bürgerlicher Abgeordneter mich nicht mit dem Satze begnügen kann, daß man durch sozialistische Planwirtschaft die Dinge ändern wird. Die sozialistische Mehrheit in England, die sozialistische Arbeiterregierung dort war absolut nicht imstande, die Dinge zu ändern. (Posl. Häusler: Sie hatte ja keine Mehrheit!) Herr Kollege, zu Beginn war die Mehrheit vorhanden und sie ist erst später durch die Verhältnisse gewichen. Wenn Sie heute von sozialistischer Planwirtschaft sprechen, vielleicht haben Sie Recht. Aber erklären Sie uns doch einmal, was Sie machen? Warum bringen Sie denn die sozialistische Planwirtschaft nicht einmal in der Praxis bei den sozialisierten Betrieben oder sagen wir, bei den Staatsbetrieben zur Anwendung? Warum bringen Sie die sozialistische Planwirtschaft nicht einmal bei Eisenbahn und Post zum Ausdruck? Eisenbahn und Post sind Staatsunternehmungen. Alle sind wir uns klar über die Pleite dieser Unternehmungen und kein Mensch weiß, wie man diesen Karren in eine andere Bahn bringen wird. Ich glaube, wenn Sie heute von der sozialistischen Planwirtschaft sprechen, kämen Sie morgen in die allergrößte Verlegenheit, wenn Sie vor die Tatsache gestellt würden, sie auszuführen. Dann würden Sie erst sehen, wie schwer es ist, Arbeit zu verschaffen und ins Land zu bringen, wenn die Verhältnisse der ganzen Welt die Lage beeinflussen. Ich bin nüchtern genug, zu den Dingen so Stellung zu nehmen, wie sie in Wirklichkeit sind, aber ich glaube, wir müssen uns auch in dieser Hinsicht von jeder Demagogie freihalten.

Genau so die Einstellung zur Vierzigstundenwoche. Ich bin modern genug, meine Herren auf sozialistischer Seite, Ihnen zu sagen: Ich bin mit der Vierzigstundenwoche sofort einverstanden, wenn sie allgemein eingeführt wird. Aber nicht einverstanden bin ich damit, die Vierzig-Stundenwoche in der Èechoslovakei einzuführen, während die Umgebung derselben in dieser Hinsicht nicht gebunden ist. Ein Staat, der mit einem so hohen Prozentsatz seines Gesamtumsatzes auf den Export angewiesen ist, wird mit solchen Dingen in schwerer Notzeit nicht arbeiten können. Ich verwechsle das absolut nicht mit den Bemühungen um die Einstellung von Arbeitslosen in die Arbeit. Das ist etwas anderes als die Einführung der Vierzigstundenwoche. Es ist doch bestimmt eine Anomalie, die Vierzigstundenwoche in einer Zeit einführen zu wollen, wo wir keine Beschäftigung haben. Ich erkläre Ihnen als Industrieller, wir wären froh, 24 Stunden arbeiten zu können. Wenn der Herr Koll. Kremser erklärt, daß wir dadurch in der Lage wären, von 300.000 Arbeitslosen 150.000 in den Betrieb einzustellen, so erwidere ich ihm, daß das unrichtig ist, denn heute gehört etwas anderes dazu, als einfach mit einem Satz zu sagen: Durch die Vierzigstundenwoche werden die Leute in den Betrieb eingestellt, während auf der anderen Seite der Bedarf an Ware nicht vorhanden ist. Zu der Regelung, die Sie hier wollen, brauchen wir geordnete Wirtschaftsverhältnisse, dann können wir darüber sprechen, aber nicht in einer Zeit, wo alles brach liegt und keine Arbeit hier ist. Also kein Mißverständnis. Sofort bin ich einverstanden, wenn Sie heute sagen können, daß die 40-Stundenwoche international eingeführt wird. Nich einverstanden kann ich sein, wegen der Belastung, die eintritt, wenn die Nachbarstaaten sie nicht annehmen. Zu dieser Ansicht zwingt uns der Charakter der Èechoslovakei als Exportstaat. Ich muß mir in diesem Zusammenhang einmal doch die Konstatierung erlauben, daß man auf sozialistischer Seite speziell in den heutigen Zeiten auch zu dem privaten Unternehmertum, ob es Handel, Gewerbe, Industrie oder Landwirtschaft ist, eine etwas andere Einstellung bekommen muß, denn heute dreht es sich nicht mehr um den allgemeinen Satz, weil heute durch die Verhältnisse dieser Satz eine kollossale Einengung bekommen hat. Wenn Sie wollen, stehe ich heute genau so wie Sie zum großen Teil schon im Kampfe gegen die Großindustrie, weil ich die Entwicklung der Dinge kommen sehe, daß die Klein- und Mittelindustrie, Gewerbe und Handel in rücksichtsloser Entwicklung der Dinge soweit kommen werden, daß diese Stände restlos proletarisiert sind. Dieser Ihr Gedankenkreis hat eine Erweiterung erfahren, und ich werde mir erlauben, bei der Besprechung des Problems Baa ein paar Worte darüber zu sprechen, aber ich muß mich auch dagegen wehren, daß man heute das private Unternehmertum in leichtsinniger Weise so hinstellt, als ob es einfach die Arbeiter auf die Straße wirft und den Betrieb unnütz absichtlich schließt. Kommen Sie hinaus in die Praxis, dann werden Sie anders sprechen. Bringen Sie mir keine Ausnahmen, Ausnahmen bestätigen die Regel, aber Sie müssen zugeben, daß auch der größte Teil der privaten Unternehmerschaft, ob Handel, Gewerbe oder Industrie, im Interesse seiner eigenen Arbeiterschaft unerhörte private Opfer bringt. Nehmen wir in dieser ernsten Zeit nicht diese Kampfstellung gegen einander ein. Deswegen habe ich es lebhaft bedauert, daß von nationalparteilicher Seite im Budgetausschuß anläßlich der voraussichtlichen Kürzung des Gehaltes der Staatsbeamten in der Besprechung des Finanzressorts davon gesprochen wurde, daß die Staatsbeamten sich nicht wehren können und so weiter und daß bezüglich der Privatwirtschaft wörtlich gesagt wurde: "Wenn heute der Unternehmer schlechte Geschäfte macht, setzt er die Löhne und Gehälter herab, oder macht seinen Laden zu". Da will ich aus Erfahrung sagen, daß die Wissenschaft, die in diesem Satz zum Ausdruck kommt, nicht so einfach ist und zu den Tatsachen des Lebens in großem Gegensatz steht. Wir brauchen uns über die Stellung von Handel, Gewerbe und Industrie zu den dort vertretenen Arbeitnehmern nicht zu unterhalten. Ich muß sagen, daß ich in der heutigen Zeit der ernsten Wirtschaftsnot es gleichfalls nicht verstanden habe, wie ein so prominentes Mitglied der èechischen Agrarpartei, Herr Minister Viškovský, eine Rede halten konnte, in der er in so prägnanter Weise die Verhältnisse der Zeit nach der Krise vor Augen führt. Ich gebe zu, daß vie leicht der Herr Minister Viškovský in mancher Beziehung bitter recht hat, aber doch vielleicht die Dinge etwas zu parteipolitisch sieht, daß vielleicht der Wunsch zum großen Teile der Vater des Geda kens ist; aber ich kann es nicht verstehen, daß der Herr Minister Viškovský so ganz seelenruhig aussprechen konnte, daß nach dieser Krise ein großer Teil der Industrie verschwunden sein wird und dieser Teil durch den Ausbau der intensivierten Landwirtschaft und landwirtschaftlichen Industrie suppliert wird. Da möchte ich jetzt einmal auch die sozialistischen Kreise fragen, wie sich denn der Herr Minister Dr. Viškovský die Übernahme von einer Million Menschen, die er durch diese Theorie ausschaltet, in die Beschäftigung vorstellt. Ich glaube es ist nicht richtig, daß sich die Landwirtschaft in dieser Hinsicht auf den Standpunkt zurückzieht, daß sich die Èechoslovakei in der Umgruppierung der Wirtschaft auf einen rein agrarischen Staat umstellt. Herr Koll. Hodina, Minister Viškovský hat durch die Erklärung seiner Rede in Ratiboøice nichts anderes erklärt als die Umstellung der Èechoslovakei auf einen reinen Agrarstaat, indem er sagt, daß nach der Krise ein Großteil der Industrie verschwunden sein werde und wir uns in eine intensivierte Landwirtschaft und landwirtschaftliche Produktion und Industrie umgruppiert haben werden. Wie mag sich Minister Viškovský es vorstellen, daß man heute einen Standpunkt vertreten kann, daß man Wirtschaftszweige, die dem Staat und der Staatsverwaltung die größten Mittel gebracht haben, fallen läßt Im Gegenteil, man hätte von einem so einsichtsvollen Politiker wie Minister Viškovský erwartet, er werde eher die Frage aufwerfen: "Wie sind wir heute imstande, die Wirtschaft zu erhalten", und nicht erwartet, daß er sich damit beschäftigt: "Was sollen wir fallen lassen". Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich heute von der Gegenseite eine gegenteilige Aufklärung bek äme. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.)

Zum Budget selbst. Ich kann sagen, daß Finanzminister Trapl sicher ein sehr gutes Exposé, das in seinen Ausführungen im Budgetausschuß ergänzt worden ist, vorgetragen hat, daß er die Dinge nüchtern sieht, frei ist von Illusionen, wie sie heute vielfach in optimistischen Äußerungen zum Ausdrucke kommen. Ich glaube, Minister Trapl sieht den Dingen so entgegen, wie sie liegen, und wir können mit seinen Ansichten über die Weltwirtschaftssituation, die Rationalisierung, Überproduktion und die Entwicklung der Krise, über die ungünstige Entwicklung der Staatsbetriebe und die Rationalisierung der Staatsadministrative vollständig einverstanden sein. Nicht einverstanden können wir uns mit seinem Optimismus erklären, der etwas zu groß ist. Einverstanden sind wir mit seinen ergänzenden Ausführungen bezüglich der Unantastbarkeit der Spareinlagen und bezüglich der Zwangsanleihen, auch restlos einverstanden sind wir mit seinem elementaren Grundsatz, daß wir heute sparen müssen. Für die heutige Zeit gilt der Satz, daß es in der Vergangenheit besser gewesen wäre, wir hätten etwas sparsamer gelebt, denn: Spare in Zeit, dann hast Du in der Not. Sehr richtig ist die Erkenntnis Trapls, daß wir in der Vergangenheit über unsere Verhältnisse gelebt haben, wir haben vieles größer, geräumiger, kostspieliger geschaffen, als es beim Umfang des Staates erforderlich war. Richtig ist auch, wenn er sagt, die Eingriffe in die heutige Wirtschaft hätten nicht so weit kommen müssen, wenn die früheren Jahre die Ausgaben nicht so vermehrt und die staatliche Wirtschaft nicht so erweitert worden wäre. Ich erinnere daran, wie speziell von deutscher Seite immer wieder auf die Überdimensionierung des Staatshaushaltes aufmerksam gemacht wurde. Wir haben in den Wind geredet, und heute bekommen wir vollständig recht. Unsere Anerkennung beeinflußt absolut nicht unsere Einstellung zu den Opfern, die verlangt werden. An den Beamten mit der Kürzung des 13. Monatsgehaltes ist ja schließlich doch von Regierung, Parlament mit samt der Presse in der Überrumpelung ein Betrug begangen worden.

Ich habe im Ausschusse ausgeführt, daß die Finanzverwaltung den Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschehen, mit Wirtschaft und Bevölkerung nicht verlieren darf, daß die Finanzverwaltung bei richtiger Meisterung der Dinge zum Segen für Staat, Land und Bevölkerung werden kann, daß sie aber auf der anderen Seite natürlich auch zum Ruin der ganzen Bevölkerung und der Wirtschaft werden kann. Ich glaube, daß heute die Vertrauensfrage das Maßgebende in der ganzen Politik und der Regelung der Dinge ist. Es ist aber nicht nur das Vertrauen der Finanzverwaltung notwendig, wir brauchen auch das Vertrauen der Bevölkerung selbst. In dieser Beziehung muß ich einige Worte darüber sprechen, ob sich die Bevölkerung zu den Dingen richtig einstellt.

Da müssen wir allerdings sagen, daß die Bevölkerung in der Vergangenheit recht oft in ihrem Vertrauen enttäuscht worden ist, ob es sich nun um die Vermögensabgabe, die Kriegsanleihe, die Behandlung der Sparkassen usw. gehandelt hat. Die Bevölkerung wird natürlich in den Kreislauf der wirtschaftlichen Notverhältnisse mit hineingezogen, wenn sie zum ganzen Wirtschaftskörper des Staates das Vertrauen verliert und zur Thesaurierung übergeht. Ein Großteil der Geldknappheit ist darauf zurückzuführen, daß die Bevölkerung, in ihrem Vertrauen erschüttert, das Kapital dem Wirtschaftskörper durch Abhebungen entzieht. Das ist kein richtiger Standpunkt. Im Gegenteil, die Bevölkerung müßte eher dem Wirtschaftsleben durch Einführung des zur Verfügung stehenden Kapitals Impulse geben.

In formaler Beziehung hat das Budget absolut keine Änderung erfahren. Es scheint, als wenn hier eine hundertjährige Tradition herrschen würde, daß das Budget trotz der eingehenden Behandlung im Ausschusse und im Hause, trotz den angestrengtesten Bemühungen seitens der Regierungsparteien und der Opposition absolut keine Änderung erfahren kann. Es ist ganz merkwürdig, daß diesbezüglich bei dem heurigen Budget noch ein neuer Umstand dazu kommt. Das heurige Budget ist im Ausschuß in 29 Sitzungen, in 181 Stunden und mit 207 Reden verhandelt worden. Es wurden 329 Abänderungsanträge und 201 Resolutionsanträge, im ganzen also 530 Abänderungs- und Resolutionsanträge gestellt. Von diesen 530 Anträgen sind 8 Resolutionsanträge angenommen worden. Nicht ein einziger Abänderungsantrag ist genehmigt worden. Dazu kommt aber, daß die Wirtschaftsminister in dem Zeitpunkte, wo das Haus über den Staatsvoranschlag überhaupt noch nicht abgestimmt hat, wo das Budget noch überhaupt nicht im Senat ist, in dem Zeitpunkte der Unentschiedenheit über das Gesetz, schon Beschlüsse gefaßt haben, daß das Budget weiter herabgesetzt werden muß, und daß sich die Wirtschaftsminister zusammensetzen, um die Quellen im Budget, die eine Herabsetzung dulden, zu suchen. Das ist eine derartige Farce, wenn Sie wollen, ein offener Skandal, daß heute 450 Volksvertreter, Abgeordnete und Senatoren zusammen, nicht imstande sind, das Budget nur um 5 Kè hinauf oder herunter zu ändern - ich spreche nicht allein von einer Erhöhung des Budgets - daß 450 Abgeordnete und Senatoren nicht imstande sind, eine Post zu verschieben, und daß heute die Ministerkollegien in einem Zeitpunkte über Änderungen beraten und beschließen, wo das Haus ein Budget mit ganz anderen Ziffern beschließt. Das ist ein offener Skandal, der hier so recht zum Ausdrucke kommt. Wenn wir ganz ehrlich sind, sind die Dinge so, daß wir in Zeiten restloser Diktatur der Ministerkollegien

leben, die heute einfach über den Kopf der Abgeordneten beschließen, und es ist ihnen ganz Wurst, welche Stellungnahme die Abgeordneten zu den Dingen beziehen. Das ist ausgesprochene Diktatur, die hier herrscht, und eine Diskreditierung des ganzen Parlamentarismus und des Begriffes der Demokratie. Demokratie ist Diskussion, ist Erörterung der Verhältnisse, wie sie sind. Anderseits ist es ein Hohn, ein Schlag ins Gesicht der Demokratie, wenn man diese Verhältnisse sieht, wie sie in Wirklichkeit sind. Auch das System ist falsch, das wir heute neben den Diktaturerscheinungen der Ministerkollegien den Zeitpunkt kommen sehen, daß wir jeden Minister durchschnittlich nur ein einziges Mal im Jahre reden hören, daß er seine Rede im Budgetausschuß abliest und daß die Minister es sich abgewöhnt haben, im Abgeordnetenhause zu erscheinen, hier vor der gesamten Öffentlichkeit auf Anfragen und Interpellationen zu antworten, daß es den Parlamentariern restlos genommen ist, im Hause mit den Ministern zu diskutieren. Schauen Sie sich die Ministerbank an; es wird über ein Budget von 20 Milliarden beraten, und nicht einen einzigen Minister haben Sie hier sitzen. Ja, meine Herren, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn in dieser Beziehung Beschwerden vorkommen. Wir müssen doch eigentlich einmal mit diesen Dingen aufräumen und daran gehen, diese Dinge ernstlich zu ändern. (Posl. Prause: Auch einmal streiken!) Herr Kollege, einen Streik würde ich Ihnen nicht empfehlen. Wenn Sie das Wort Streik sagen ... (Posl. Prause: Werden wir niedergeschossen!). Nein, aber einen Streik brauchen wir im Abgeordnetenhause nicht, weil der Streik an und für sich schon da ist. Schauen Sie sich das Abgeordnetenhaus an. Von 300 Abgeordneten sehen Sie hier 30 bis 40, und das ist ein gutbesuchtes Haus. Wir brauchen nicht zu streiken, weil die Leute ohnehin nicht kommen. Schauen Sie, Kollege Prause, auch darüber müssen wir uns unsere eigenen Gedanken machen. (Posl. Prause: Die Minister streiken auch uns gegenüber!) Selbstverständlich.


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