Støeda 25. listopadu 1931

Dies gilt natürlich nicht nur für den èechoslovakischen Staat, sondern auch für alle Kulturstaaten Europas. Der Rechnungsabschluß 1930 weist einen Abgang von 830 Millionen Kè gegenüber dem Staatsvoranschlag auf der eigentlich mit 52 Millionen Aktivum abschließen sollte. Bedenkt man, daß heute bei den Bahnen ein Abgang einschließlich des im Staatsvoranschlag vorgesehenen Staatszuschusses von 800 bis 1000 Millionen zu verzeichnen sein wird, so bleibt die Frage offen, wie man weiterhin diesen Abgang decken wird, nachdem aller Voraussicht nach die veranschlagten Steuereinnahmen im kommenden Jahre noch bedeutend hinter denen des Jahres 1931 zurückstehen dürften. Es ist deshalb gar nicht verwunderlich, wenn man die Befürchtung ausspricht, daß der Abschluß des Rechnungsjahres 1932 die Gefahr in sich birgt, mit einem Passivum von 1 1/2 Milliarden abzuschließen. Bedenken denn die Staatsmänner dieses Staates nicht die Gefahren, die ein solch leichtfertig zusammengestellter Voranschlag in sich birgt, und dies noch in Zeiten kolossaler wirtschaftlicher Depression und unter ständiger Erregtheit aller Volksschichten?

Man denkt heute schon daran, eine In- und Auslandsanleihe aufzunehmen und vergißt dabei ganz, daß das Schuldenmachen einem Haushalte den schlechtesten Dienst erweist. Die Regierung hat bereits sogenannte Notstandsgesetze beschlossen und dem Parlamente zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt. Mag man auch diese Gesetze als ein notwendiges Mittel zur Hebung der Wirtschaftskrise bezeichnen und als vorübergehende Krisensteuer benennen, so glaubt daran doch niemand, weder der Deutsche noch der Èeche, da das Wort "vorübergehend" bereits einmal bei der Umsatzsteuer täuschend gebraucht wurde. Nicht nur der heute so stark bedrückte Gewerbe- und Handelsstand steht solchen Versprechungen mißtrauisch gegenüber, sondern die gesamte Bürgerschaft dieses Staates ist vom Mißtrauen ergriffen. Als Beweis hiefür gelten die in der letzten Zeit zu hunderten stattgefundenen Protestkundgebungen von Gewerbe und Handel, einem Stande, der sonst in Ruhe und Ordnung seiner Arbeit nachging. Ob durch ungehaltene Versprechungen das Vertrauen der Staatsbürger zur Regierung und zur gesetzgebenden Körperschaft géhoben wird, bleibt dahingestellt, und ich erachte es für meine Pflicht, im Namen tausender Erwerbstätiger und Steuerzahler von dieser Stelle nochmals die warnende Stimme zu erheben, abzulassen von neuen Belastungen. Versagen einmal die Leistungen dieser steuerzahlenden Schichten, dann bricht auch jede geordnete Staatswirtschaft zusammen und wird dem Anarchismus und Bolschewismus Tür und Tor geöffnet.

In mancher Hinsicht sind gewiß auch in anderen europäischen Staaten ähnliche Zustände und der vom Außenminister für so einflußreich gehaltene Völkerbund hat sich bis heute mit wirtschaftlichen Plänen sehr wenig beschäftigt. Die Diplomaten bringen es nicht einmal fertig, politische Konflikte zwischen einzelnen Staaten zu lösen. Sie sitzen in Genf beisammen und beraten über den Frieden und über die Abrüstung der Wehrmacht und im fernen Osten sprechen die Kanonen eine deutlichere Sprache. Der Streit China-Japan ist ein Beweis von der Ohnmacht, die dem so viel versprechenden Völkerbund anhaftet. Die Wirtschaftskrise in der ganzen Welt drängt auf eine Entscheidung und es sollte in allen Ohren Tag und Nacht der Ruf klingen: "Hinweg mit den Worten, setzt Taten an deren Stelle, die zum Wohle der Menschheit führen!" Man braucht heute nur die Auswirkungen des Dawes- und Youngplanes näher zu betrachten, so findet man, daß heute schon ein Teil der Diktatoren der Friedensverträge nach dem Weltkriege zu der Überzeugung gekommen ist, daß die Friedensverträge einen Großteil der Schuld an der derzeitigen Weltwirtschaftskrise tragen. So konnte man in der letzten Zeit lesen und hören, daß englische, amerikanische und italienische Diplomaten ganz ernstlich an eine gerechte Revision dieser Verträge zum Wohle aller Staaten denken. Auch die in den letzten Monaten stattgefundenen Besuche der Diplomaten einst feindlicher Länder geben Zeugnis, daß sich diese Erkenntnis langsam aber sicher Bahn bricht. Große Wirtschaftsgebiete aus der Vorkriegszeit wurden durch die Friedensverträge zertrümmert und der Austausch der Waren und Güter wurde vollkommen unterbunden und so der Volkswirtschaft aller dieser betreffenden Staaten ein kolossaler Schaden zugefügt. Die Außenpolitik des èechischen Staates ist leider noch bis heute nicht zur Erkenntnis gelangt, daß eine Verständigung der Völker und ein gegenseitiges Zusammenarbeiten mit den Nachbarstaaten zur Gesundung und Besserstellung aller Bürger führt. Ein Teil der führenden Staatsmänner des Èechenvolkes ist von einer unverständlichen Angst um ihre Selbständigkeit befangen und sieht in den Nachbarn Deutschland, Ungarn und Österreich immer noch die Feinde, und diese Mentalität hindert die wirtschaftliche Zusammenarbeit auf handelspolitischem Gebiete. Eine Angst und Mißtrauen ist aber gegen diese Nachbarstaaten - die wohlgemerkt abgerüstet haben - durchaus grundlos. Ich glaube wohl sagen zu können, daß der Feind dieses Staates innerhalb der Grenzen des Staates erzogen wird durch die unvernünftigen Maßnahmen der Regierung und der gesetzgebenden Körperschaften. Es werden nämlich selbst Stimmen im èechischen Lager laut, die unverblümt aussprechen, daß es ihnen im alten Österreich besser ergangen ist, als in ihrem eigenen "befreiten" Lande. Das sind wohl Anzeichen, die auf eine Unzufriedenheit und Erbitterung im èechischen Lager hinweisen, während die durch Jahrhunderte zur Ruhe und Ordnung erzogenen Deutschen keineswegs derartige kritische Worte über den Staat finden, wie das sogenannte Staatsvolk selbst. Ich empfehle deshalb den èechischen Staatslenkern, sich unter das Volk hinauszubemühen, um von den eigenen Leuten die Stimmung zu erfahren. Dann werden diese Herren über die Lage des erwerbenden steuerzahlenden Mittelstandes eines anderen belehrt werden und zur Erkenntnis kommen, daß Sparsamkeit im Staatshaushalte und Rücksicht auf den wirtschaftlich schwer darniederliegenden Mittelstand notwendig ist. Die Handhabung der Steuergesetze und die drakonischen rücksichtslosen Eintreibungen der Steuerrückstände durch Pfändungen und Exekutionen haben bereits einen gewissen Widerstand auch in Kreisen jener Bevölkerung hervorgerufen, die stets für Ruhe und Ordnung war, weil die Heranziehung derselben zu Leistungen seitens des Staates ungerecht und überspannt erscheint. Wie bei den Arbeitslosen heute der Hunger weh tut, so wehrt sich heute der um seine Existenz ringende Mittelstand um die Erhaltung seines Arbeitsplatzes und seine mühsam für sich und seine Familie ersparten wenigen Groschen. Solch einen Feind in den eigenen Staatsgebieten groß zu ziehen, ist eine Gefahr für jedes geordnete Staatswesen und ich warne nochmals die Staatslenker vor solch selbstmörderischen Schritten, die zum Verhängnis für jede geordnete Gesellschaftsordnung führen könnten.

Herr Ministerpräsident Udržal hat im Budgetausschusse durchblicken lassen, daß schärfere Maßnahmen getroffen werden müssen - unter Ausschluß der gesetzgebenden Körperschaften - falls die Verhältnisse sich nicht ändern. Diese versteckte Drohung mit einer Diktatur hat großen Staub aufgewirbelt und mußte der Herr Ministerpräsident den Rückzug antreten. Dieser Vorfall wirft aber ein grelles Licht auf die Zustände in diesem Staate. In einer Zeit der sich so kraß auf die erwerbenden Mittelständler, insbesonders auf die Handwerker und Kaufleute auswirkenden Wirtschaftskrise macht sich weiters ein System bemerkbar, das dahin abzielt, jede privatwirtschaftliche Betätigung langsam, aber sicher zu vernichten. Nicht nur das Bestreben mancher Parteien, die Sozialisierung und Vergesellschaftung der erwerbenden Stände auf unblutigem Wege herbeizuführen, ist es, die jeder selbständigen Erwerbstätigkeit sich hindernd in den Weg stellt, sondern auch die so oft getroffenen Maßnahmen der Regierung, besonders der derzeitigen Koalition im èechoslovakischen Parlamente helfen mit, den selbständigen Erwerbstätigen die Existenz zu erschweren und besonders den sich neu etablierenden Handwerker und Kaufmann das Aufkommen und die Festigung seines Geschäftes zu erschweren. Diese Wahrnehmungen sind besonders festzustellen durch die immer neu entstehenden staatlichen Unternehmungen, sei es im Verkehrswesen oder in anderer privatwirtschaftlicher Hinsicht. Gefördert und beschleunigt werden solche Bestrebungen durch den bei den meisten politischen Parteien vorhandenen Parteiegoismus, der nichts anderes bezweckt, als einzelnen Personen ihrer Parteirichtung eine angenehme Existenz zu schaffen. Derartige Bestrebungen werden, wie es die praktischen Erfahrungen lehren, niemals der Gesamtvolkswirtschaft dienlich sein, weil dadurch gerade das Umgekehrte erreicht wird, als man selbst wollte und was ein objektiv denkender Volkswirtschaftler stets vor Augen haben müßte. Staatliche Unternehmungen sind fast zu 90% passiv, müssen somit aus öffentlichen Mitteln unterstützt und erhalten werden. Sie verhindern das Neuentstehen von Steuerquellen für den Staat und für die Selbstverwaltungskörper und verringern natürlich dadurch die finanziellen Einnahmen. Hiedurch wird auf der einen Seite die Ausgabenpost des Staatshaushaltes erhöht, auf der anderen Seite die Einnahmenpost verringert, und man muß, ob man will oder nicht, um den Ausfall der Eingänge wettzumachen, mit neuen Belastungen die Privatwirtschaft besteuern. Dieses Vorgehen wird mit sichtlicher Befriedigung von allen jenen politischen Parteien zur Kenntnis genommen, die auf ihre Fahnen die Vernichtung jedweder selbständigen Erwerbstätigkeit geschrieben haben, die weiter jeder sich neubildenden privatwirtschaftlichen Berufsgruppe den Aufstieg erschweren, weil sie hiedurch eine unbezahlbare Hilfe für die planmäßig betriebene Sozialisierung oder Vergesellschaftung finden. Die Meinung mehrerer Volkswirtschaftler, daß nur auf genossenschaftlichem Konsumvereinswege oder in der Form großer Aktiengesellschaften und Konzernen der Volkswirtschaft geholfen werden kann, ist eine kolossale Irrmeinung und wird, wenn sie restlos durchgeführt werden sollte, verhängnisvoll für jeden Staat und deren Gesellschaftsordnung auswirken müssen. Bei den bereits bestehenden vorgenannten Einrichtungen in der Produktion und deren Verteilung an den Konsumenten und Verbraucher durch eigene auf das ganze Land verteilte Verkaufsfilialen wird, wie man es bereits verspürt, nicht eine Verbilligungsaktion durchgeführt, sondern eine Preisdiktatur festgelegt, die weder dem Staate noch der konsumierenden Bevölkerung dienlich sein kann. Es entwickelt sich durch ein derartiges System der Vergesellschaftung auf der einen Seite der Sozialismus, auf der anderen Seite eine Monopolstellung des Staates, die unbedingt auf die breiten Schichten der Bevölkerung ausbeutend wirken muß. In der Finanzpolitik bemerken wir, daß die Verwalter des Großkapitales es geschickt verstehen, die mühsam erworbenen Spargroschen den mittelständischen Kassen zu entziehen und den Bestrebungen des Großkapitales dienstbar zu machen. Hiebei darf nicht an jenes Kapital gedacht werden, das von Volksgeldanstalten verwaltet und immer wieder der gesamten Volkswirtschaft dienstbar gemacht wird und daher befruchtend auf die Wirtschaft wirkt, sondern nur an die Anhäufung jener Kapitalien, die es sich zur Aufgabe stellen, allen kleineren und größeren Unternehmungen Gelder, allerdings gegen hohe Zinsen, zur Verfügung zu stellen und sie auf diese Weise aufzusaugen und unter ihre Botmäßigkeit zu bringen trachten.

Die deutsche Gewerbepartei, die vor ca. 11 Jahren die politische Bewegung der Handwerker und Kaufleute in die Tat umgesetzt hat, betrachtet ihre Betätigung im öffentlichen Leben nicht als Selbstzweck, sondern ist sich der schweren Aufgabe bewußt, gerade in der jetzigen Zeit schwerer Zerrüttung des gesamten Wirtschaftslebens alle die vorgenannten Gefahren energisch zu bekämpfen, um dadurch im edlen Wettstreit zwischen den einzelnen Berufsgruppen von Handwerk, Handel und Gewerbe der Allgemeinheit dienstbar zu sein. Ein Beweis, wie sich ein in wenigen Händen oder bei Einzelunternehmern angehäuftes Kapital auf den erwerbenden Mittelstand auswirkt, ist das Unternehmen Baa, über welches bereits eine Aussprache im Budgetausschuß abgeführt wurde. Der Handelsminister hat sich auf Grund der dortselbst vorgebrachten Beschwerden bemüßigt gefühlt, eine Erwiderung zu geben, die uns Gewerbetreibenden, besonders aber den Schuhmachern gar nicht entsprechen kann. Es muß leider bei dieser Erwiderung mit Bedauern festgestellt werden, daß der Handelsminister doch etwas zu große Sympathien für den Großkapitalisten Baa zeigt und es wäre ein grundfalscher Weg, wenn er der Idee des Schuhkönigs Baa hinsichtlich der Beteilung mit Schuhreparaturen an die einzelnen Schuhmachergenossenschaften oder Schuhmacher beipflichten würde. Das würde gewiß nichts anderes bedeuten, als die noch bestehenden Schuhmacher zu modernen Sklaven zu machen. Ich behaupte, daß es Baa gar nicht notwendig hat, sich mit Schuhreparaturen zu befassen und es wäre kein Fehler, wenn sich die gesetzgebende Körperschaft zu einer "Lex-Baa" entschließen würde. Der Meinung des Herrn Handelsministers, daß die Schuhmacher die Erklärung abgegeben hätten, keine Baa-Schuhe zu reparieren, kann entgegnet werden, daß diese Feststellung 8 Jahre zurückliegt, und kann die damalige Erklärung heute nicht mehr als Argument ins Treffen geführt werden.

Als Beweis, wie sich das Umsatzsteuergesetz zu Gunsten der Firma Baa mit fast 25 Millionen Kè Ersparnis auswirkt, diene Ihnen nachstehende Erläuterung:

Als die èechoslovakischen Steuergesetzgeber die Wirtschaft mit der Umsatzsteuer beglückten, sahen sie nicht voraus, zu welchem Privileg diese Steuer für die kapitalsstarke Industrie werden würde. Heute liegt die Sache so, daß durch die Umsatzsteuer ganze Branchen ruiniert werden. Das überzeugendste Beispiel dafür bietet die Leder- und Schuhwarenbranche. Nach Baas eigenen Berechnungen werden in der Èechoslovakei jährlich an 50 Millionen Schuhe verkauft, was einem Umsatz von etwa 5 Milliarden Kè entsprechen würde. Baa partizipiert an diesem Umsatz mit 40 %. 5 Milliarden Umsatz in einer einzigen Branche bedeutet nicht nur für den Staat eine enorme Steuerquelle, es bedeutet vor allem, daß viele tausende Bürger in diesen Gewerben Arbeit und Lebensunterhalt fanden. Die Kleingewerbetreibenden und Lederhändler sind nun in immer stärker auftretendem Maße von der Umsatzsteuer in ihrer Existenz bedroht, dag egen kommt dem sogenannten kombinierten Großbetrieb der Schuhmacherbranche die Umsatzsteuer zu Hilfe, und das aus folgendem Grunde:

Unter "kombiniertem" Betrieb versteht man einen Betrieb, der infolge seiner geldlichen Kapazität imstande ist, alle notwendigen Rohprodukte selbst zu gewinnen. Die Automobilfabrik Ford in Amerika und besonders Baa bei uns sind Beispiele für diese kombinierten Betriebe. Was in anderen Staaten zur Segnung werden kann, wird in der Èechoslovakei zum Fluche, denn die Art der Einhebung unserer Umsatzsteuer gibt jedem kombinierten Betrieb gegenüber einem nichtkombinierten Betrieb einen großen Vorsprung. Ein Schuhfabrikant wie Baa, der Leder selbst gewinnt, in eigener Regie Schuhleisten, Schuhbänder, Gummisohlen und Absätze, Nägel, Zwirn usw. selbst herstellt, zahlt die Umsatzsteuer nur ein einzigesmal, dann nämlich, wenn der erzeugte Schuh in die Hand des Käufers gelangt. Ganz anders ist dies bei einem nichtkombinierten Betriebe. Der Lederfabrikant zahlt beim Kauf der rohen Häute 1% Umsatzsteuer, der Schuhfabrikant beim Kauf des Leders 3%, der Schuhhändler für den fertigen Schuh an den Erzeuger 2% und nach Jahr und Tag, wenn er den Schuh endlich verkauft, abermals 2%. Während der kombinierte Betrieb pro Million Umsatz ein für allemal nur 2% Umsatzsteuer abführt, also 20.000 Kè, muß der nichtkombinierte Betrieb 80.000 Kè an Umsatzsteuer bezahlen. Die Differenz von 60.000 Kè ist aber in den meisten Fällen für den kleinen und mittleren Händler das Existenzminimum, dessen Nichtvorhandensein ihn an den Rand des Ruins bringt. Die erschreckende Insolvenz- und Konkurswelle in der Leder und Schuhbranche die von Jahr zu Jahr in immer beängstigteren Maße ansteigt, bestätigt meine Ausführungen gegen die Ungerechtigkeit bei der Bemessung der Umsatzsteuer.

Es ist begreiflich, daß die Großkapitalisten trachten, kombinierte Betriebe einzurichten und sich gegen die Aufhebung dieses Privilegs entschieden wehren. Diese Abwehr sollte aber gerade die Lenker unserer Wirtschaft zu jeder Einsicht bringen, welche die Grundlage der Gerechtigkeit bildet oder bilden sollte. Die Bevorzugung des Kapitalsstarken ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen, sie ist ungerecht, unsozial und schädigt den Staat selbst um viele Millionen Steuergelder, die von anderen Nichtbegünstigten aufgebracht werden müssen, sie fördert die Arbeitslosigkeit und vernichtet zahllose Existenzen.

Eine solche Anwendung der Umsatzsteuer ist eine Ungeheuerlichkeit, wie sie nur der Willkür mittelalterlicher Steuerpraxis gleichzustellen ist. Gerechtigkeit und kluge Voraussicht müßten die Triebfedern sein, die diese steuergesetzliche Ungeheuerlichkeit beseitigen sollten. Kluge Voraussicht darum, da ja das Staatsinteresse mit dem Interesse von Hunderttausenden Steuerträgern parallel läuft, denn, geht es den kleinen und mittleren Steuerzahlern schlecht, geht es auch dem Staate schlecht. Es gibt also eine ganze Anzahl schwerwiegender Gründe, die für eine Novellierung des Umsatzsteuergesetzes sprechen. Wird dieses in seinen Wirkungen furchtbare Gesetz geändert, so fällt eine der Hauptursachen des Unterganges von Tausenden Existenzen.

Zur Umsatzsteuer sei noch bemerkt, daß die im Jahre 1926 angenommene Resolution, wodurch die Möglichkeit der Abfindung für die kleingewerblichen und kaufmännischen Betriebe gegeben erscheint, von Seiten des Finanzministers nicht in die Tat umgesetzt wird.

Würde man an Stelle der allzu rigorosen Handhabung des Umsatzsteuergesetzes bei den kleinen Steuerzahlern die Einschätzung unter Mithilfe der Vertrauensleute der Fachgenossenschaften vornehmen, so würde an Stelle der Ärgernis erregenden Übergriffe bei der Steuerbemessung Vertrauen Platz greifen. Es gibt bereits heute einige einsichtsvolle Steuerbemessungsämter, die unter Mitwirkung der dort bestehenden Genossenschaften bei der Steuerbemessung einvernehmlich mit den Steuerträgern für den Staat ertragsreichere und reibungslose Wege beschreiten und gleichzeitig auch den Steuerzahlern den ihnen zustehenden gesetzmäßigen Schutz der Existenz gewährleisten. Ansonsten findet man leider die Steuerschikanen zur höchsten Blüte entfaltet und sind die Finanzorgane des Staates am Werke, den ohnedies darniederliegenden erwerbenden Mittelstand vollständig dem Ruin entgegenzutreiben. Unerhörte Steuereintreibungen durch Exekutionen und hypothekarische Sicherstellungen treiben die Steuerträger zur Verzweiflung, wodurch zwangsläufig das Vertrauen zur Finanzverwaltung schwinden muß und Verbitterung und Haß an dessen Stelle tritt. Trotz aller möglichen Vorstellungen von unserer Seite bei den maßgebenden Finanzämtern, sowie beim Finanzminister muß ich leider feststellen, daß das Vorhaltsverfahren bei der Einkommen- und Erwerbsteuer nur selten angewendet wird. Es wäre doch sicher auch im In teresse der Steuerbehörde gewesen, falls diese den Einbekenntnissen nicht Glauben schenkt, das im Gesetz vorgesehene Vorhaltsverfahren in einer dem Interesse der Sache dienenden Form durchzuführen. Daß im Zuge eines solchen Vorhaltsverfahrens ohne die Abverlangung von Büchern und komplizierten Ausweisen bei den kleinen Steuerträgern ein besserer Erfolg zu erzielen sein wird, steht fest. Nicht die ständigen Drohungen und Zwangsmaßnahmen werden zum Ziele führen, sondern nur Einsicht und Verständnis allein werden günstige Resultate für beide Teile erzielen. Zur Illustration von Schikanen der Steuerämter dienen unter anderem folgende Fälle:

In Lichtenau bei Grulich im Steuerbezirk Seftenberg, in einen armen Gebirgsdorf, ist ein Bäckermeister namens Franz Peukert. Derselbe arbeitet mit einem Gehilfen und seine Frau hilft nebenbei im Hause mit. Der Handwerker setzt jährlich 60.000 Kè um. Sachverständige bestätigen, daß ein höherer Umsatz unter diesen Verhältnissen einfach nicht möglich ist. Trotzdem lauten die Umsatzsteuervorschreibungen für das Jahr 1929 auf 150.000 Kè, im Jahre 1930 auf 180.000 Kè. Berufungen werden entweder nicht erledigt oder abgewiesen. Der Gewerbetreibende ist der Verzweiflung nahe, denn er bringt die hohen Steuern einfach nicht mehr auf und ich will mich nicht wundern, wenn man seinen Namen bald unter den Todesopfern der Steuer lesen würde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Ein zweiter Fall ist im Steuerbezirk Freiwaldau im Bezirke Zuckmantel zu verzeichnen, wo eine Reihe Steuerträger gegen zu hohe Umsatzsteuervorschreibungen Rekurse einbrachten. In allen diesen Berufungen wurde darauf hingewiesen, daß die Vorschreibungen wegen eines Mangels im Verfahren gesetzwidrig erfolgt sind, weil das gesetzlich festgelegte Vorhaltsverfahren nicht eingeleitet worden ist. Wesentlich ist festzustellen, daß der Umsatz gerade in der Grenzstadt Zuckmantel, die auf den Fremdenverkehr angewiesen ist, bedeutend zurückgegangen ist. In den meisten Rekursen wurden dann noch über die Arbeit, über das Alter oder Krankheit von den Gewerbeinhabern Anmerkungen gemacht. Nun hat die Steuerverwaltung in Freiwaldau durch das Steueramt in Zuckmantel eine führende gewerbliche Persönlichkeit einvernommen und derselben erklärt, daß die Rekurse deswegen abgewiesen werden müssen, weil sie "schablonenmäßig" verfaßt worden sind. Bei den vielen Steuergesetzen und deren komplizierten Bestimmungen kann man gewiß nicht verlangen, daß der einfache Gewerbetreibende in denselben restlos Bescheid weiß; er muß deshalb anderwärts Hilfe bei der Verfassung derartiger Berufungen usw. suchen. Ich stelle an den Herrn Finanzminister die Frage, ob er die Ansicht der Steuerbehörde in Zuckmantel teilt, die dahingeht, einen Rekurs "schablonenhaft" zu bezeichnen, wenn er von Steuerfachleuten verfaßt worden ist? Den Finanzbehörden möchte ich zum Beispiele Österreich vorhalten. In der letzten Ministerratssitzung in Wien wurde das Finanzministerium beauftragt, die Unterbehörden anzuweisen, die Immobilarexekutionen zur Deckung von Steuerrückständen gegenüber den Kleingewerbetreibenden und Bauern für 3 Monate einzustellen. Das Finanzministerium hat auch an alle Landesregierungen Schreiben gerichtet mit der Anregung, sich dieser Aktion der Regierung bezüglich der Exekutionen der Landessteuern anzuschließen. Weiters werden die Advokaten- und Notarstarife durch eine Regierungsverordnung um 10 bis 20% herabgesetzt. Außerdem hat die Regierung angeordnet, daß Verlassenschaften für Minderjährige und Erbschaften, die 25.000 Kè nicht überschreiten, durch die Bezirksgerichte unter Vermeidung aller Kosten und Spesen durchgeführt werden sollen.

So, meine Herren, sieht eine wahre Steuerhilfe aus, die auch bei uns der Kleingewerbetreibende und Landwirt dringendst benötigen würde. Im Zusammenhang mit der Kritik der Steuerpraxis möchte ich noch an zwei Beispielen die Mißstände im staatlichen Lieferungswesen beleuchten:

In Friedek wurde in geheimer Sitzung des Stadtrates beschlossen, die Vergebung eines Wasserleitungs-Millionen-Projektes durchzuführen. Zur näheren Erläuterung der Angelegenheit sei mitgeteilt, daß auf die Ausschreibung des Friedeker Projektes eine ganze Anzahl Firmen ihre Offerte bei der ausschreibenden Brünner Landesbehörde eingebracht hatte. Diese Behörde übersandte das Material dem Friedeker Stadtrat zu geheimer Behandlung und beantragte 3 Firmen für den unter Ausschaltung des Stadtvertreterplenums und der städtischen Fachkommissionen und Referenten aufzustellenden Ternovorschlag. Sehr sonderbar muß die Tatsache berühren, daß unter den von der Landesbehörde beantragten Firmen sich auch solche befanden, die andernorts von derselben Behörde als nicht leistungsfähig oder nicht genügend qualifiziert ausgeschieden wurden. Als die deutschen Stadtvertreter im Stadtrat entschieden Protest einlegten, erkühnte sich der Vertreter der Brünner Landesbehörde, dem deutschen Bürgermeister das Wort zu verbieten und erklärte schließlich, daß die Stadtgemeinde jeder Subvention verlustig gehe, wenn die Vertreter Friedeks sich nicht dem Wunsche der Brünner Landesbehörde fügen. Nicht nur die deutschen Stadtvertreter, sondern auch die Vertreter des èechischen Bürgerblocks und die èechischen Sozialdemokraten protestierten in einer darauf stattgefundenen Stadtvertretersitzung entschieden gegen eine derartige verdächtige Lieferungspraxis.

Die deutschenStadträte und Stadtvertreter Friedeks haben an das Landwirtschaftsministerium und Ministerratspräsidium in Prag sowie an die mährisch-schlesische Landesregierung in Brünn telegraphisch und schriftlich Protest eingelegt.

Ein zweiter Fall betrifft den Bau des Amtsgebäudes in Freiwaldau. Die Mittel für diesen Bau müssen zu je einem Drittel vom Bezirke Freiwaldau, von der Stadt Freiwaldau und vom Staate aufgebracht werden, jedenfalls zum überwiegend größten Teil von deutschen Steuergeldern. Es wäre also nur ein Gebot der Gerechtigkeit, daß dieser Bau, der mit etwa 2 Millionen veranschlagt ist, auch von jenen Körperschaften, die den größ ten Teil des Geldes beschaffen mußten, vergeben würde. Wie so vieles in diesem Staate, so ist auch hier ein Fall, der deutlich zeigt, wie die Gleichberechtigung in diesem Staate aussieht und was die Deutschen von der Regierung zu erwarten haben. Wie mitgeteilt wurde, vergibt den Bau nicht die Stadt, nicht der Bezirk Freiwaldau, sondern die Regierung in Prag. Die Stadtgemeinde Freiwaldau, die Bauherrin ist, erhielt lediglich das Recht eingeräumt, einen Dreier-Vorschlag zu erstatten. Auf Grund der Anbote erstattete die Stadtverwaltung ihren Antrag in dem Sinne, daß drei deutsche Bauunternehmer vorgeschlagen wurden. Die Regierung in Prag ließ diesen Antrag der Stadtgemeinde Freiwaldau unbeachtet und übertrug die Ausführung des Baues der einzigen èechischen Firma, die ein Angebot eingebracht hatte. Diese Tatsache zeigt deutlich, wie die Regierung in Prag überall auch in rein wirtschaftlichen Angelegenheiten sich lediglich vom èechischen Haßstandpunkte leiten läßt. Auf solche Art wird die wirtschaftliche Schwächung der Deutschen systematisch weiter betrieben, die Steuergelder der deutschen Bevölkerung wandern über den Staat in andere Hände. Dabei soll und darf nicht vergessen werden, daß der Neubau des Amtsgebäudes in Freiwaldau auch deshalb besonders betrieben wurde, um eine Arbeitsmöglichkeit für die vielen Arbeitslosen im Bezirke Freiwaldau zu schaffen. Daß in erster Linie bei diesem Bau einheimische Arbeitslose verwendet werden, darüber zu wachen, ist Sache der deutschen Stadtvertreter.

Und solcher Fälle gibt es Hunderte, in denen das Deutschtum und besonders die deutschen Lieferanten benachteiligt wurden. Diese Fälle zeigen mit greller Deutlichkeit, daß wir noch himmelweit von dem Spruch "Gleiche unter Gleichen" entfernt sind.

Der Minister für soziale Fürsorge beabsichtigt, zur Steuerung der Arbeitslosigkeit die 40-Stunden-Woche einzuführen. Schon die Einführung des 8-Stunden-Tages hat sich nicht bewährt, denn bei eintretender Wirtschaftskrise wird durch eine Verkürzung der Arbeitszeit das Problem der Arbeitslosigkeit nicht gelöst. Diese Behauptung findet ihren Beweis bei den Ford'schen Unternehmungen in Amerika, die zuerst die 5-Tage-Woche einführten, dann zur 4-Tage-Arbeitswoche übergingen; zum Schlusse wurden in den Unternehmungen Ford's auf Grund der durch die Verkürzung der Arbeitszeit verursachten Krise 300.000 Arbeiter entlassen.

Das Experiment des Fürsorgeministers würde sich sicher in ähnlicher Weise auswirken wie in Amerika und nur noch die Arbeitslosigkeit steigern. Der Staat hat selbstverständlich Sorge zu tragen, daß seine Arbeitslosen beschäftigt werden. Es gilt bei uns genug notwendige und auch produktive Arbeit zu leisten. Für das Kleingewerbe sowie für die Saisonarbeiter erkläre ich, daß wir die geplante Einführung der 40-Stunden-Woche restlos ablehnen und auch den gesamten Gewerbe- und Handelsstand zum Protest gegen ein solches Gesetz aufrufen werden.

Alle Maßnahmen, die von der derzeitigen Regierung unter ausschlaggebendem Einfluß des sozialistischen Übergewichtes getroffen wurden, dienten nicht zur Besserung der wirtschaftlichen Lage und es hat mit vollem Recht ein Redner in einer der letzten Protestkundgebungen behauptet, daß es noch keine Regierung in diesem Staate gegeben hat, die so große Anforderungen an die Finanzkraft des steuerzahlenden Bürgers gestellt hat, als die heute herrschende Mehrheit. Obwohl man noch eine ganze Reihe von Klagen der heute vom Staate so hart bedrückten Bürgerschaft vorbringen könnte, halte ich es nur noch für angezeigt, der Regierung die große Verantwortung vor Augen zu halten, die sie gegenüber ihren Staatsbürgern hat. Die Regierung sollte in einer derartigen ernsten Zeit nicht eine Politik der Augenblickhascherei betreiben, sondern für die gesamte Volkswirtschaft jene Grundlagen schaffen, die für die Erhaltung eines geordneten Staatswesens notwendig erscheinen. Nicht Preiserhöhung durch neue Steuern, sondern Preissenkung durch Steuerherabsetzung sei deshalb die Parole.

Der zur Beschlußfassung vorgelegte Staatsvoranschlag kann uns als Vertreter des steuerzahlenden und erwerbenden Mittelstandes in diesem Staate nicht befriedigen und wir werden deshalb demselben unsere Zustimmung versagen. (Potlesk.)

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