"Der völkerrechtliche Minderheitsschutz ist auf alle nationalen Minderheiten auszudehnen und in geschlossenen Gebieten mit siedelnden Minderheiten die demokratische Selbstverwaltung anzustreben. Den zersplittert wohnenden Minderheiten ist die Gleichberechtigung und die Freiheit des Gebrauches ihrer Sprache, sowie Entwicklung ihrer Schule und Kultur zu verbürgen." Wenn auch das "Právo lidu" die Veröffentlichung des zweiten Teiles dieser Resolution der Exekutive der sozialdemokratischen Arbeiterinternationale unterschlagen hat, so ist die èechische Sozialdemokratie durch die Zustimmung ihres Vertreters dennoch an den Beschluß gebunden. Durch die eigentümliche Stellungnahme des Herrn Abg. Beneš, der von gerechter Èechisierung in kulturellen Fragen spricht, wendet sich die èechische Sozialdemokratie gegen die Beschlüsse der Arbeiterinternationale.
In meiner Stellungnahme zum Staatsvoranschlage habe ich bereits Gelegenheit gehabt, bei Besprechung von außenpolitischen Angelegenheiten mich mit der Notlage der Landwirtschaft zu befassen und konnte nachweisen, wie stiefmütterlich die Landwirtschaft bei Abschlüssen von Handelsverträgen trotz schwerer Not behandelt wurde und oftmals unsere schwer erkämpften Gesetze zum Schutze der landwirtschaftlichen Produktion wirkungslos gemacht wurden. Von verschiedener Seite wird nun versucht, die Notlage der Landwirtschaft auf eine verfehlte Agrarpolitik zurückzuführen, für die der Bund der Landwirte und die èechische Agrarpartei verantwortlich gemacht werden. Infolge dessen ist es notwendig, das Gedächtnis der Vertreter der nichtlandwirtschaftlichen Kreise etwas aufzufrischen und diese Parteien an ihr Verhalten zu erinnern. Schon im Feber des Jahres 1926 hat der Bund der Landwirte die Initiative ergriffen, um die landwirtschaftliche Produktion vor der übermäßigen Einfuhr aus dem Auslande zu schützen und eine halbwegs annehmbare Preisbildung möglich zu machen. Am 16. Feber 1926 wurde von uns der Antrag Nr. 115 auf Erhöhung der landwirtschaftlichen Schutzzölle eingebracht, nachdem bereits im Jahre 1922 der Industrie 15-48fache Friedenszölle widerstandslos gewährt worden sind. Die Annahme dieses Antrages, für den der Bauer Matzner der schlesischen Berge nicht stimmen durfte, brachte der Landwirtschaft einen entsprechenden Schutz und eine angemessene Preisbildung. Mit diesem Schutze fanden wir durch 2 1/2 Jahre das Auskommen. Durch die Auswirkungen der übermäßigen Anbauflächenerweiterung in den überseeischen Staaten, der Rekordernten des Jahres 1927/28, des russischen Dumping am europäischen Markte usw. kam allmählich Anfang 1929 der Verfall der Preise für landwirtschaftliche Produkte und machte neue Maßnahmen zum Schutze der landwirtschaftlichen Produktion notwendig. Der Bund der Landwirte verlangte deshalb bereits im März 1929, nachdem alle umliegenden Staaten ihre Landwirtschaft durch Erhöhung der Zölle neuerlich geschützt hatten, eine Revision des Zolltarifes und eine Erhöhung der Zölle für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf den lofachen Friedenszoll. Dieser berechtigten Forderung verschlossen sich die deutschen und èechischen Christlichsozialen, obzwar sie sich so oftmals als Retter der Landwirtschaft auf den Dörfern draußen aufzuspielen versuchen. Es kam Ende September 1929 zur Auflösung der beiden Häuser und unmittelbar nach Zusammentritt des neuen Parlamentes haben wir vom Bunde der Landwirte am 12. Dezember 1930 wiederum sofortige Maßnahmen zum Schutze unserer landwirtschaftlichen Produktion verlangt. Anläßlich der Regierungserklärung habe ich am 20. Dezember 1929 namens meines Klubs ausführlich dargelegt, wie wir uns eine wirkungsvolle Landwirtschaftshilfe vorstellen. Am 10. Jänner 1930 hat meine Partei und die èechische Agrarpartei einen weiteren Antrag eingebracht, um den Verfall der landwirtschaftlichen Produktion zu verhindern. Wir verlangten den zehnfachen Friedenszoll, die Anwendung des Art. 8 der Zollgesetznovelle vom Jahre 1926, einen Stützungsfond für Getreide und Hopfen, Erweiterung des Einfuhrscheinsystems, Teilnahme an der Arbeit für ein europäisches Wirtschaftsbündnis und Bereitstellung von Mitteln für tatsächliche Arbeitslose aus den erhöhten Zolleinnahmen. Wie wurden unsere berechtigten Forderungen von den übrigen Parteien aufgenommen? Der Repräsentant der Sozialdemokratie, der bekannte Herr Ernährungsminister, bezeichnete unser begründetes Verlangen als eine Ungeduld, die nur noch psychologisch zu entschuldigen ist. Er beschuldigte uns, daß wir den Zusammenhang mit den Konsumenten verloren haben und die handelspolitischen Folgen übersehen. Zur Genüge habe ich diese fadenscheinigen Argumente wiederholt von diesem Platze aus widerlegt. Der Weizenpreis beispielsweise könnte gegenwärtig, um 70 h per 1 kg höher sein und die Semmeln dürften nicht teurer werden, wenn das Ernährungsministerium, das mit 14,531.000 Kè im Staatsvoranschlage 1932, gegenüber einem Betrage von 12 Mill. 248.000 Kè im Jahre 1930 dotiert ist, seine Pflicht erfüllen würde. Das Ernährungsministerium hat sich in dieser schweren Zeit als vollkommen überflüssig erwiesen und die 14 1/2 Millionen Kè könnten ruhig für bessere Zwecke Verwendung finden. Für die Ausarbeitung eines Milchgesetzentwurfes brauchen wir kein Ernährungsministerium, sondern ist dies Sache des Ministeriums für Landwirtschaft. Handelspolitische Folgen konnten keine erwachsen, weil die umliegenden Staaten die Zölle schon früher verhältnismäß ig höher festgelegt hatten, und weitere Maßnahmen zum Schutze ihrer Landwirtschaft vorbereiteten. Wieder eine andere Partei bezeichnete unser Eintreten für die notleidende Landwirtschaft als einseitige extreme Maßnahme. Sogenannte Volksparteien brachten 6 Wochen später auch ähnlich lautende Anträge ein, doch bei der Behandlung im Landwirtschaftsausschusse, wo Farbe bekannt werden mußte, da glänzten sie durch Abwesenheit, weil der städtische Flügel die Teilnahme des bäuerlichen Vertreters nicht wünschte. Offen erklärten die deutschen Nationalsozialisten, daß sie die Anträge zum Schutze der Landwirtschaft ablehnen und stimmten gegen alle landwirtschaftlichen Gesetze im Ausschuß wie im Plenum; sie verlangten durch ihre Sprecher vollkommen freie Einfuhr ausländischer landwirtschaftlicher Produkte und bezeichneten die Lage des Kleinbauernstandes im Jahre 1931 als erträglich. Die Vertreter der nichtlandwirtschaftlichen Kreise in der Regierung schwächten unsere begründeten Forderungen in langwierigen Verhandlungen wesentlich ab. Im Landwirtschaftsausschuß wie im Plenum des Parlamentes habe ich namens meiner Partei und der schwer bedrohten Landwirtschaft nichts unterlassen, nachzuweisen, daß die Hilfe dringend not tut. Die Landwirtschaftskrise wäre auch bei Annahme unserer Forderungen nicht von uns abzuwenden gewesen, aber sie hätte nicht mit jener Schwere uns betroffen, die nahezu zur Verzweiflung führt. Durch Erhaltung der teilweisen inneren Kaufkraft wäre der Binnenmarkt, der für unsere Industrie noch einen Weg zur Rettung bedeutet, erhalten geblieben. Die Verhandlungen im Frühjahr 1931 über die Sicherung der Ernte wurden absichtlich hinausgezogen und das Ergebnis dieser langwierigen Beratungen ist die nichtssagende Getreideeinfuhrkommission, zu der wir schon auf Grund der Zusammensetzung kein Vertrauen haben können. Die gewählte Form der Regelung der Getreideeinfuhr bietet nicht die Gewähr, daß die Getreide- und Mehleinfuhr auf das Maß des tatsächlichen Bedarfes der Èechoslovakei eingeschränkt wird und daß das aus dem Auslande eingeführte Getreide und Mehl zu Preisen in den Inlandshandel kommt, bei denen die Bildung von für unsere heimische Landwirtschaft auskömmlichen Preisen möglich ist. Ich habe es für notwendig befunden, die agrarpolitische Entwicklung in aller Kürze seit dem Jahre 1926 in Erinnerung zu bringen und aus dieser Entwicklung ist ersichtlich, daß die Bemühungen des Bundes der Landwirte recht schlecht entlohnt wurden. Die Tore des Parlamentes schlossen sich im Juli 1931, ohne daß der Landwirtschaft jene Hilfe gebracht worden wäre, die in Anbetracht der mißlichen Lage notwendig war. Die Richter von heute, die durch Beschuldigung anderer ihre eigene Schuld zu verschleiern suchen, werden zu Schuldigen. Für uns war das Verhalten der nichtlandwirtschaftlichen Kreise eine schwere Enttäuschung, die umso tiefer geht, als die Frage der Linderung der landwirtschaftlichen Krise auch eine Angelegenheit der gesamten Volkswirtschaft ist. Die Parteien, die unsere Forderungen in langwierigen Verhandlungen nach Möglichkeit abgeschwächt oder ni ht zugestimmt haben, haben keine Ursache damit zufrieden zu sein, daß sie der Landwirtschaft mit Erfolg Widerstand geleistet haben. Wenn wir sie fragen, was sie veranlaßt haben, um die wirtschaftliche Not des Bauern- und Kleinbauernstandes zu bannen, unter der weitere Bevölkerungsschichten leiden, müssen sie verschämt schweigen. Betrachten wir uns den Voranschlag des Jahres 1932 für das Ministerium für Landwirtschaft, dessen Ausgaben der produktiven Landwirtschaftsförderung dienen, so kommt in der neuerlichen Herabsetzung des Voranschlages um 12 1/2 Millionen Kè die stiefmütterliche Behandlung auch auf diesem Gebiete zum Ausdrucke.
Was auf dem Gebiete der Schädigung unserer Getreide-, Vieh-, Flachs- und Hopfenproduktion die Entwicklung der innerpolitischen Verhältnisse, unterstützt durch eine landwirtschaftlich-unfreundliche Handelspolitik mit sich gebracht hat, das ergänzt das Handelsministerium im Obstbau. Einigen wenigen Exporteuren sollte die alleinige Ausfuhrbewilligung für Obst gegeben werden. Durch diese Maßnahme hätte man 20 größeren Obsthändlern die Möglichkeit gegeben, preisbestimmend unter Ausschluß der Produzenten am Obstmarkte diktatorisch und willkürlich herrschen zu können. Nach längeren Verhandlungen ist dieser Anschlag auf unseren Obstbau abgewehrt worden. Das Bewilligungsverfahren für die Obstausfuhr blieb jedoch und zeitigte ganz eigentümliche Früchte. Am 24. Juli fanden in meiner Anwesenheit im Handelsministerium Verhandlungen über den Beginn der Obstausfuhr statt. Damit kein unreifes Obst auf den Markt im Auslande kommt, haben wir als Vertreter der Produzenten und im Interesse des Ansehens unseres einheimischen Obstes am Auslandsmarkte den 5. August als ersten Lieferungstag verlangt. Die Èechofruct trat jedoch für den 1. August ein und das Handelsministerium erklärte sich eigentümlicherweise damit einverstanden. Nach meinem Verlassen des Handelsministeriums wurde neuerlich der 5. August als erster Lieferungstag festgesetzt. Dies geschah aber nicht, um ausgereiftes Obst auf den Auslandsmarkt zu bringen, sondern damit die Obsthändler, Exporteure und Genossenschaften der Obstproduzenten, die der Èechofruct nicht angeschlossen sind, über das Ohr gehauen werden können. Die nichtangeschlossenen Obsthändler und Exporteure, sowie Genossenschaften der Obstproduzenten hatten noch keine Ausfuhrscheine in den Hä nden, während die Èechofruct bereits am 2. August eine große Anzahl Waggons Birnen über die Grenze brachte, welche am 4. August in Berlin und am 5. August in Kopenhagen ausgeladen wurden. An diesen zu früh gepflückten und gelieferten Birnen soll die Èechofruct viel Geld verdient haben. Wieso dieselbe zu den Ausfuhrscheinen bereits am 2. August gekommen ist, möge den Gegenstand einer Untersuchung beim Handelsministerium, Abteilung für Kontrolle der Ein- und Ausfuhr, bilden. Diese Abteilung machte den an die Èechofruct nicht angeschlossenen Exporteuren und Genossenschaften der Erzeuger die größten Schwierigkeiten bei der Ausfolgung von Ausfuhrscheinen, so daß ich gezwungen war, während der Erntearbeiten in den Ferien allwöchentlich nach Prag zu fahren, um den Widerstand des Herrn Dr. Vala zu brechen und damit der Obstabsatz nicht ins Stocken gekommen ist. Mir vorliegende Telegramme und Briefe aus Berlin, Stockholm, Goetheburg und anderen nordischen Städten vom 7. und 8. August d. J. besagen, daß die Èechofruct die Preise zu einer Zeit am Auslandsmarkte unterboten hat, wo eine solche Notwendigkeit noch gar nicht gegeben war und dadurch zur Schädigung der Inlandspreise beigetragen hat. Die Èechofruct versuchte den Handel mit Ausfuhrscheinen und bot dem Obsthändler Heller, Neschwitz, Bezirk Tetschen, die Abnahme seiner Birnen unter der Bedingung an, wenn er an der Grenzstation dieselben mit einem Nutzen von 18 h per kg wieder übernimmt. Das ist eine Bezahlung für einen Ausfuhrschein, welcher die Èechofruct ungefähr 40 Kè kostete, von nicht weniger als 900 Kè, also ein Verdienst von 860 Kè ohne besondere Arbeit. Von einem anderen Obsthändler, welcher der Èechofruct nicht angeschlossen war, verlangte man 20 h Nutzen für 1 kg oder 1000 Kè per Ausfuhrschein. Hier ist wohl die Frage berechtigt: Was wäre geschehen, wenn die Èechofruct das alleinige Ausfuhrrecht nach den Plänen des Herrn Ministerialrats Dr. Kaufmann vom Handelsministerium gehabt hätte? Diese Frage werde ich bei Gelegenheit eingehend beantworten. Das Bewilligungsverfahren für die Obstausfuhr hat den Zweck einer Heb ung des Ansehens unseres Obstes im Auslande nicht erfüllt, sondern hat zu grobem Unfug zum Schaden der Obstbauer und einer großen Anzahl von Gewerbetreibenden geführt. Das Bewilligungsverfahren muß fallen. Wir begrüßen Maßnahmen des Obsthandels zur Einführung von Besserungen in Handelsbräuchen, die aber nur in der Ausarbeitung und Festlegung von Bestimmungen für die Qualitätsverbesserungen, Einführung besonderer Handelsmarken nach dem Herkunftsgebiet und Schaffung einer ausgiebigen Kontrolle in den Grenzstationen bestehen können.
An den Herrn Handelsminister gestatte ich mir noch die Anfrage zu richten, ob die Gerüchte, die sich hartnäckig behaupten, daß die Èechofruct eine Million Kè an Subvention aus den Erträgnissen der Ausfuhrscheine erhalten soll, richtig sind. Diese Subvention würde nichts anderes bedeuten, als die Unterstützung einiger privater Händler, die ohne allen Grund und Ursache die Preise im In- und Auslande vorzeitig herabgedrückt haben.
Einige Worte zur Vergabe der öffentlichen Bauten und Lieferungen durch Staat und Land in deutschem Gebiete. Hier kann von der Reinheit der Verwaltung des Staates nicht die Rede sein. Es gibt gewisse Firmen, die eine derartige Protektion vom Arbeitsministerium und bei der Landesbehörde genießen, daß man nicht umhin kann, sie trotz oftmaliger schlechter Erfahrungen, die bei der Bauausführung gemacht wurden, wieder mit Bauten zu betrauen. Wir können die Zurücksetzung der Deutschen bei Vergabe öffentlicher Bauten und Lieferungen, selbst im deutschen Gebiete immer wieder beobachten. In unserem deutschen Industriegebiete herrscht Arbeitslosigkeit im verstärkten Maße, auf die wir stets das Arbeitsministerium und die Landesbehörde aufmerksam gemacht haben. Die ortsansässigen Firmen, deren Regie infolge der Nähe der auszuführenden Bauten niedriger ist und die deshalb günstigere Angebote machen können, werden in der ungerechtesten Weise bei der Vargabe öffentlicher Bauten und Lieferungen des Staates wie des Landes übergangen und den Protektionskindern des Arbeitsministeriums und der Landesbehörde aus den entferntesten èechischen Städten die Arbeiten übertragen. Besonders muß hervorgehoben werden, daß einzelne Landestechniker sogar bei den Bezirksbehörden ihren Einfluß für bestimmte Firmen geltend machen und oft jedes günstige Offert zurückstellen, um der Protektionswirtschaft, die sehr ernste Formen angenommen hat, zu entsprechen. Qualität und Preislage ist bei den Vergaben oft Nebensache und auf die Interessen von Staat und Land wird keine Rücksicht genommen. Oftmals werden, um zum Ziele zu kommen, bei der Vergabe niedrige Offerten von solchen Günstlingen abgegeben, um sich dann nachträglich mit einer Mehrkostenrechnung schadlos zu halten. Eine Folge dieses Mißstandes ist die Überschwemmung deutscher Gebiete, die unter der Arbeitslosigkeit schwer leiden, durch èechische Arbeiter, welche von den ausführ enden Firmen aus èechischen Gebieten angeworben werden. Das herrschende System bei Vergabe von öffentlichen Bauten und Lieferungen muß endlich verschwinden. Eine entsprechende Verteilung der Lieferungen von Staat und Land unter den Nationen und eine Behebung der Protektionswirtschaft liegt im Interesse des Staates, unseres Gewerbes und des deutschen Arbeitsplatzes. Die volle Gleichberechtigung aller Bürger dieses Staates muß auch nach dieser Richtung zum Ausdrucke kommen.
Das Parlament möge weitere Mittel für die Elektrifizierung des flachen Landes dem Arbeitsministerium zur Verfügung stellen, damit die Gesuche um Unterstützung eine Erledigung finden können. Heute müssen sie mit der Begründung unerledigt bleiben, daß vorläufig keine Gelder zur Verfügung stehen.
Die Reform des Berggesetzes, zu welcher die interessierten Kreise ihre Stellungnahme bereits bekanntgegeben haben, ist Aufgabe des Ministeriums für öffentliche Arbeiten. Dieser Frage weiche man nicht aus, weil die Härten dieses veralteten Gesetzes für Hausund Grundbesitz unerträglich sind.
Das Ministerium für soziale Fürsorge hat uns 2 Gesetzentwürfe in der letzten Zeit präsentiert. Den Entwurf über die 40stündige Arbeitszeit und die obligatorische Arbeitsvermittlungen. Obzwar es uns verständlich ist, daß in der Seele des arbeitsamen Menschen, wenn er arbeitslos ist, die Verzweiflung um das nichtverdiente, ungerechte Schicksal innewohnt und es unser größter Wunsch ist, daß die Arbeitslosigkeit durch Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten zum Großteil behoben wird, so bezweifeln wir doch, daß die 40stündige Arbeitswoche ein Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist. Die 40stündige Arbeitswoche bringt keine Erhöhung der Kaufkraft, auf die es besonders ankommt, sondern nur eine Verschiebung derselben, weil bei den heutigen Verhältnissen die Unternehmer nur dieselben Arbeitslöhne zahlen werden. Durch vermehrte soziale Lasten, sowie Arbeit für Lohnabrechnungen u. a. m. werden sich die Produktionskosten erhöhen und die Konkurrenzfähigkiet am Auslandsmarkte nicht gegeben sein, so daß weitere Betriebseinstellungen folgen würden. Dadurch ist der sozialpolitische Gewinn - Verminderung der Arbeitslosigkeit - leider illusorische geworden. Die natürlichen Gesetze der Volkswirtschaft verlangen von allen Berufen, wenn sie in Not geraten sind, sich durch Fleiß und Arbeit wieder aufzuhelfen und man würde bei gegenteiligen Ansichten den Privatmann nicht verstehen. Wenn der Staat zu einem anderen Mittel greift, dann nennt man das ein sozialpolitisches Ereignis. Durch weniger Arbeit wird man aus der gegenwärtigen Krise nicht herauskommen, umsomehr, wenn andere Staaten nicht gewillt sind, uns in dieser Verkürzung der Arbeitszeit zu folgen. Die Verwirklichung des Gesetzentwurfes über die 40stündige Arbeitswoche ist ein neuer Irrtum, ein Scheinmittel, das sehr populär klingt, bei deren Anwendung aber unsere Volkswirtschaft umso schwerer zu leiden kommt. Wir müssen Brot und Arbeit Tausenden von Menschen schaffen und es darf die Èechoslovakei nicht zu einem Wohlfahrtsstaate werden. Bei dieser Gelegenheit verweise ich neuerlich auf meinen Antrag vom Jänner 1931 betreffend ein Verbot der Verwendung jugendlicher weiblicher Arbeiter in den Fabriksbetrieben, welches neben der Erhaltung der Gesundheit, Förderung der Entwicklung des Körpers im zarten Alter und an frischer Luft auch ein Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist. Die weiblichen Hilfsarbeiter, die heute den männlichen die Arbeit wegnehmen, finden bei der Landwirtschaft vollauf Beschäftigung. Ein Ausgleich des Überflusses und Bedürfnisses an Arbeitskräften zur Zeit katastrophaler Arbeitslosigkeit ist bei einigem guten Willen möglich.
Die Novellierung der Sozial- und Krankenversicherung ist spruchreif geworden. Trotz steter Erhöhung der Krankenkassenbeiträge schulden dieselben der Zentralversicherungsanstalt nicht weniger als 60 Millionen Kè, die statt pflichtgemäß abgeführt zu werden, zur Deckung der laufenden Ausgaben Verwendung finden. Darüber hinaus sollen mindestens 50 Millionen Kè notwendig sein, um die Krankenkassen für den Augenblick zu sanieren. Das Hauptübel liegt in dem mangelnden Gleichgewichte zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Kassen und in der ungenügenden Refundierung von Ausgaben für die Einhebung der Beiträge, der Altersund Invaliditätsversicherung durch die Sozialversicherungsanstalt an die Krankenkassen. Die Einnahmen müssen, um für die Wirtschaft tragbar zu sein, von der heutigen unnatürlichen Höhe 6 bis 7 1/2 % des mittleren Lohnes wieder auf ein erträgliches Maß von 4 1/2 bis 5 % herabgesetzt werden.
Die Ausgaben, namentlich in der Verwaltung müssen bei den Krankenkassen, wie bei der Sozialversicherung eingeschränkt werden. Die Gehälter der leitenden Beamten in vielen Krankenkassen und Sozialversicherungsanstalten entsprechen nicht dem Grundsatze kaufmännischer Gebarung in einer Zeit, wo die Landwirtschaft von der Substanz lebt und der männliche Arbeiter, oft Familienvater, einen wöchentlichen Durchschnittslohn von 120 Kè bis 180 Kè hat. Es ist an der Zeit, hier Ordnung zu machen, ansonsten das Gebäude der Krankenversicherung zusammenbrechen muß. Wir sind grundsätzliche Gegner der Zwangswirtschaft, welche die Wohnungsgesetze beinhalten und verlangen einen rascheren Abbau der Mieterschutzgesetze.
Sehr treffend hat Koll. Scholz bei der vorjährigen Aussprache zum Staatsvoranschlag im Senat erklärt, daß das Gesundheitsministerium aus dem Dornröschenschlaf nun endlich aufgerüttelt wurde. Die Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen und braucht eine fürsorgliche Betreuung durch das Ministerium für öffentliches Gesundheistwesen. Vieles wurde in den letzten zwei Jahren zum Wohle der Volksgesundheit beigetragen, noch mehr wäre geschehen, wenn die notwendigen Mittel zur Verfügung, stehen würden.
Und nun zum Schlusse zu einem unseren wichtigsten Kapitel im Staatsvoranschlag, der unsere Finanzen betrifft. Die Èechoslovakische Nationalbank hat durch außerordentliche Maßnahmen auf dem Geld- und Devisenmarkte den Abfluß des Geldes und Kapitalien ins Ausland verhindert und dadurch die Währung der èechoslovakischen Krone gestützt. Diese Vorsorge mußte getroffen werden, jedoch ist die Erhöhung des Diskonts um 1 1/2% in einer Zeit schwerer wirtschaftlicher Erschütterungen eine unerträgliche Maßnahme für unsere Volks- und Privatwirtschaft und berührt insbesonders die Exportinteressen unserer Industrie. Der Ruf nach Herabsetzung des Zinsfußes, der allgemein geworden ist, hat volle Berechtigung; die Verbilligung des Kredites ist die Voraussetzung für die Neubelebung unserer Wirtschaft. Weiters ist notwendig, daß die Nationalbank die Lombardierung der Staatspapiere nicht ablehnt, weil sie nicht einzig und allein als Façade der Währung gelten kann.
Beim Staatsvoranschlag des Finanzministeriums finden wir die größten Abstriche. Ganz besonders muß eine Post her vorgehoben werden, weil sie die Vermutung aufkommen lä ßt, als müßte sich das Gleichgewicht des Staatsvoranschlages auf eine Einnahme stützen, die der viel gepredigten Steuermoral entgegenstehend bezeichnet werden muß. 120 Millionen Kronen an Exekutionsgebühren, Strafgeldern und Verzugszinsen will Herr Finanzminister im Jahre 1932 auf die Schuld der Steuerträger legen, zu einer Zeit, wo die schaffenden Stände unter der kritischen Wirtschaftslage zusammenzubrechen drohen. Wir verstehen nun die Worte des Herrn Finanzministers anläßlich des Abschlusses der Debatte über den Staatsvoranschlag im Budgetausschuß, daß die Finanzverwaltung bei der Eintreibung der Steuern kein Kompromiß kenne. Die direkten Steuern werden durch Exekutionsgebühren, Strafgelder und Verzugszinsen um durchschnittlich 6% und die Umsatzsteuer mit 4% belastet. Der Herr Finanzminister setzt große Hoffnungen auf seine bestellten Inspektoren zum Zwecke der Steuereintreibung, die aus der Zahlungsunfähigkeit der Steuerträger Kapital mit Hilfe von Exekutionsgebühren, Strafgeldern und Verzugszinsen herauszuschlagen suchen. Mutet das nicht sonderbar in der heutigen Zeit an, wenn das Gleichgewicht des Staatshaushaltes durch solche Maßnahmen hergestellt werden soll. Ist es da nicht am Platze, wenn unter solchen Verhältnissen von uns die Herabsetzung der unproduktiven Ausgaben immer wieder verlangt wird?
Wir haben wiederholt erklärt, daß wir dem Staate geben, was des Staates ist, wir verlangen aber auch, daß die Zahlungsfähigkeit der Steuerzahler geprüft und unnütze Schikanen und Verursachung von Kosten unterlassen werden. Was sich jetzt auf den Dörfern, wo der Steuerexekutor ständiger Gast ist, abspielt, kann für die Dauer keinen Fortgang nehmen. Die Interpellation der Abgeordneten des Bundes der Landwirte vom 4. November d. J. betreffend das Vorgehen der einzelnen Steuerbehörden hat nur einige dieser Mißgriffe hervorgehoben. Wir könnten sie zu hunderten ergänzen, wo trotz nachgewiesen momentaner Zahlungsunfähigkeit hypothekarische Einverleibungen und Exekution vorgenommen wurden. Wir müssen uns insbesonders dagegen stellen, daß Vieh und andere landwirtschaftliche Produkte zu Schleuderpreisen der zahlungsunfähigen Landwirtschaft entrissen wird, damit andere gute Geschäfte machen können. Diese Art der Steuereintreibung erinnert an die Eintreibung der Robottabgaben des Mittelalters; das unmenschliche Vorgehen der Steuerbehörden in der Zeit der größten Not untergräbt jede Steuermoral.
Wir haben die Kriegsanleihe verloren, die Vermögensabgabe bezahlt und wir sind unserer Steuerl eistung solange nachgekommen, als es uns halbwegs möglich war. Es ist nicht unsere Schuld, wenn durch die Ungunst der Verhältnisse und das geringe Verständnis der nichtlandwirtschaftlichen Kreise unsere einheimische Landwirtschaft nicht nur jede Kaufkraft verloren hat, sondern aller Barmittel und Reserven erschöpft, nunmehr von der Substanz und Materie das Leben fristen muß. Die Verschuldung von 26 Milliarden Kronen seit dem Jahre 1920 ist ein Beweis der vollständigen Verarmung. Das Finanzministerium hat die Pflicht, den Steuerbehörden Weisungen zwecks Überprüfung der Zahlungsunfähigkeit des in Schwierigkeit geratenen Steuerzahlers ergehen zu lassen und die Steuereintreibungen nicht der Willkür eines Beamten anheim stellen.
Nur ein Beispiel dieser Willkür von Steuerbeamten. Herr Steuerdirektor Richter, Steueramt Bensen, verbuchte Steuereinzahlungen in der Höhe von 1200 Kè vom Jahre 1928 auf ein falsches Konto. Der Steuerträger kommt im Jahre 1930 auf diesen Fehler und verlangt die Richtigstellung dieses vom Steueramt verschuldeten Irrtums. Nach langwierigen Verhandlungen bequemte sich Herr Steuerdirektor Richter, den Betrag von 1200 Kè auf das Konto des Einzahlers zu verbuchen. Das wiederholte Ansuchen um Abschreibung der durch diesen Fehler erwachsenen Verzugszinsen beachtete Herr Steuerdirektor Richter überhaupt nicht. Sein herausforderndes Benehmen geht soweit, daß er im Oktober 1931 den Betrag von 838 Kè rückständigen Steuern aus dem Jahre 1930 zu Unrecht pfänden will, obzwar er wußte, daß dieser Rückstand nur dadurch entstanden ist, weil er durch falsche Verbuchungen Verzugszinsen berechnete. Herr Steuerdirektor Richter hat bis heute die verlangte Richtigstellung betreffend der Berechnung der Verzugszinsen ganz einfach nicht vorgenommen.
Weiters läßt derselbe Herr Steuerdirektor Richter in vielen Gemeinden bereits bezahlte Steuern pfänden, gibt Vorschreibungen über Rückstände an die Steuerträger, die oftmals nicht zu Recht bestehen. Die Mahnung ist kaum 8 Tage erfolgt und schon wird die Pfändung oder hypothekarische Sicherstellung bei Steuerträgern vorgenommen, wo keine Gefahr besteht, daß irgendwie die Steuerzahlung zum Schaden der Staatsverwaltung in Gefahr kommen könnte.
Gegen ein solches unmenschliches, herausforderndes Benehmen in der Zeit schwerer, wirtschaftlicher Not müssen wir uns wenden und ich ersuche die Finanzlandesdirektion, Herrn Steuerdirektor Richter, Bensen, zu belehren, wie er sich als Leiter des Steueramtes Bensen gegenüber den willigen Steuerträgern zu benehmen hat.
Es muß ein Unterschied gemacht werden zwischen jenen Steuerträgern, die nicht zahlen können und jenen, die nicht zahlen wollen. Der Bauer und Kleinbauer kann heute nurmehr sich behaupten, weil er keine Ansprüche an das Leben stellt. Was nützen Versprechungen von Hilfe für die Landwirtschaft, wenn aus dieser selbst erborgte Gelder in Form von Steuern rücksichtslos herausgepreßt werden. Den Bedürfnissen der Gegenwart kann nur entsprochen werden, wenn in erster Linie bei den Steuern Erleichterungen geschaffen werden. Die Art der Steuerexekutionen in einer Zeit größter wirtschaftlicher Not kann niemals im Sinne einer sozial denkenden Regierung stehen.
Wir anerkennen die Bemühungen des Herrn Finanzministers, den Staatshaushalt unter den gegenwärtigen ungünstigen Verhältnissen im Gleichgewvichte zu erhalten, verlangen aber auch anderseits, daß dem Menschen auf der Scholle die Möglichkeit des Lebens gegeben wird.
Es war unsere Aufgabe vom wirtschaftlichen
und nationalpolitischen Gesichtspunkte aus, anläßlich der Aussprache
zum Staatsvoranschlage 1932 die gegenwärtigen innen- und außenpolitischen
Verhältnisse eingehend zu beleuchten. Wenn wir diese Aussprache
dazu benützt haben, um namentlich die vielen Beschwerden vorzubringen,
so geschieht das im Interesse des Staates und seiner Bürger. Trotzdem
vom Herrn Finanzminister die èechoslovakische Kronenwährung als
fest bezeichnet wurde und trotzdem der Herr Außenminister die
Staatswirtschaft als gut und solvent bezeichnete, ist die Èechoslovakei
keine Insel der Seligen, sondern die Lage ist bitter ernst. Nur
krankhafter Optimismus könnte das Gegenteil behaupten. Die allernächste
Zeit wird an Staat und seine Völker große Anforderungen stellen.
Nationaler und wirtschaftlicher Friede, aufrichtige freundschaftliche
Zusammenarbeit im In- und Auslande kann uns über die schwere Zeit
hinweghelfen. (Potlesk.)