Interessant ist, daß ich vorhin in einer Wiener Zeitung gelesen habe, daß das ÈTK mitteilt, daß die Zündhölzer bei uns teurer werden. Wenn man den Voranschlag durchliest, findet man, daß die Zündholzsteuer im Jahre 1932 um 44 Millionen Kè mehr tragen soll. Weiters glaubt der Herr Finanzminister, daß er von der Tabakregie um 157 Millionen Kc mehr einnehmen wird, obwohl doch bekanntlich weniger geraucht wird als früher. Das ist nur so zu erklären, daß wir mit der größten Wahrscheinlichkeit damit rechnen dürfen, daß der Tabak verteuert und die Zündhölzchensteuer erhöht wird. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß auch der Teezoll und der Kaffeezoll erhöht wird, und Koll. Dr. Winter hat gestern bereits angekündigt, daß auch die Einkommensteuer erhöht werden wird. Wenn Sie sich noch daran erinnern, daß die Steuerexekutionen rücksichtslos durchgeführt werden, daß sich dabei Dinge ereignen, die kein Mensch billigen kann, so haben wir eine Lage, wie sie wirklich ist, nicht wie sie uns vor zwei Tagen geschildert worden ist. (Souhlas.)
Meine Herrn! Wir kritisieren nicht nur Wenn man uns fragt: "Was schlaget ihr vor, daß wir wieder zu geordneten finanziellen Verhältnissen kommen?" so will ich hier nur einige wenige Punkte anführen, die wir vorschlagen. Wir sagen:
1. Wir müssen sparen bei weniger produktiven Ausgaben, vor allem radikal bei den Militärausgaben.
2. Ökonomische Arbeit in den Staatsämtern, vor allem bei den Staatsbahnen. Staatsbetriebe, die dauernd passiv sind, müssen abgestoßen werden. Das Bevormunden der privaten Initiative, das überflüssige Verstaatlichen bringt dem Staat und seinen Bürgern gewöhnlich große Verluste.
3. Hebung der Kaufkraft der Landwirtschaft. Ich verweise da auf unseren Agrarantrag vom Feber 1930. Wir können mit Befriedigung feststellen, daß der Herr Ministerpräsident zu den Journalisten Gedanken geäußert hat, die wir damals schon ausgesprochen haben, aber die damals natürlich nicht beachtet worden sind. Wir verlangen auch erhöhte Fürsorge für das Landproletariat, um die Landflucht einzudämmen, die die Krisis der Industriearbeiter immer wieder verschärft. Interessant ist, daß der Ministerpräsident in seinem Exposé, das er hier im Hause gehalten hat, über die Notlage der Landwirtschaft kein einziges Wort gesprochen hat.
4. Weiters verlangen wir vor allem Fürsorge für die Arbeitslosen, und da stimmen wir wieder mit dem Ministerpräsidenten überein, wenn er sagt: Wir müssen trachten, daß kein Arbeitsloser ohne Brot bleibt. Er kündigt eine erhöhte produktive Arbeitslosenfürsorge an. Hier müssen wir folgendes offen feststellen: Die Arbeitslosigkeit ist im deutschen Gebiete weitaus größer als im èechischen. Und doch ist in den letzten Jahren mehr Geld in das èechische Gebiet geflossen, als in das deutsche. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.) Wir haben wiederholtfeststellen müssen, daß bei Notstandsarbeiten in deutschen Gebieten die einheimischen Arbeitskräfte übergangen und Arbeiter aus fremden Bezirken verwendet wurden. Gegen eine derartige Anwendung des Gesetzes müssen wir entschieden protestieren. Wir halten es ohne große finanzielle Belastungen für möglich, daß schon der 60jährige Industriearbeiter Anspruch auf eine Altersrente hatt. Es ist notwendig, daß ehestens durch internationale Vereinbarungen die Vierzigstundenwoche in gewissen Fabriksbetrieben eingeführt wird. Die Überstundenarbeit muß eingeschränkt werden. Ferner glauben wir, daß es gut durchführbar wäre, die Arbeitslosenunterstützung wenigstens zum Teil in natura zu verabfolgen, ohne daß der Transport und die Verteilung den Staat oder die Arbeitslosen belasten dürfte.
5. Wir brauchen gute Handelsverträge, die schließlich zu einem wirtschaftlich geeinten Mitteleuropa führen müssen. Der Ausbau der Kleinen Entente zu einer Wirtschaftsentente wäre der Ruin der heimischen Landwirtschaft. Allgemein gesprochen: Wir müssen trachten, die Einfuhr überflüssiger Dinge, die Einfuhr von Produkten, die bei uns erzeugt werden, zu drosseln.
Im heurigen Jahre sind Handelsverträge mit Südslavien und Rumänien verabschiedet worden. Diese haben unserer Landwirtschaft geschadet und unseren Fabriken nichts genützt. Es waren das ausgesprochen politische Handelsverträge. Dann ist vor kurzem der Handelsvertrag mit Österreich abgeschlossen worden, wo wir die Verlierenden sind. Jetzt wird schon seit Monaten mit Ungarn verhandelt, und kein Mensch weiß authentisch, wie weit diese Handelsvertragsverhandlungen stehen, und doch ist gerade dieser Handelsvertrag für uns außerordentlich wichtig, weil er der Schlüssel zu unserer gesamten Handelspolitik ist.
Der Wert des Auß enhandels betrug im Jahre 1929 40 Milliarden Kè. Im Jahre 1930 sank er auf 33 Milliarden und heuer dürfte er auf höchstens 20 Milliarden kommen. Er ist also in zwei Jahren von 40 auf 20 Milliarden gesunken. Das sind ernste Ziffern.
6. Wir verlangen billige Kredite. Die Deckungsvorschriften für Banknoten sind durch internationale Vereinbarungen zu ändern. Der bargeldlose Verkehr ist zu fördern. Versuchsweise könnte durch eine eigene Anstalt sogenanntes zinsenloses Geld ausgegeben werden, das nicht durch Gold gedeckt wird. Von diesem Geld werden Häuser gebaut, und diese Häuser wären die Deckung für die ausgegebenen Banknoten.
7. Dringend nötig ist ein Bankenkontrollgesetz und ein Gesetz, das jenen zu Leibe rückt, die sich durch Kartelle und Abmachungen dem Verbilligungsprozeß widersetzen.
8. Wir sind entschieden gegen neue Steuern und ebenso entschieden gegen einen Gehaltsund Lohnabbau, auf der einen Seite deswegen, weil die Konsun kraft geschwächt wird, aber auch deswegen, weil dadurch die Vorräte der Landwirte und der Industrie sich steigern. Je größer die Vorräte, desto mehr müssen die Preise sinken.
9. Endlich glauben wir, daß die Wirtschaft energisch angekurbelt werden muß durch ein langfristiges, gutes Bauförderungsgesetz und durch großzügige Investitionen.
Meine Herren! Über alle diese Forderungen hat sich der Ministerpräsident fast ganz ausgeschwiegen. Nicht gesprochen hat er auch über drei sehr aktuelle Fragen. Wir hatten vor einigen Wochen Gemeindewahlen und Sie wissen, daß besonders einige Parteien immer wieder gefordert haben: Das wichtigste, was wir brauchen, ist die Sanierung der Gemeindefinanzen. Die Wahlen sind vorüber und die Wahlschlager werden zur Seite gelegt. Der Herr Ministerpräsident spricht mit keinem Worte darüber. Ebenso aktuell für uns war die Abrüstungskonferenz. Vor einigen Wochen haben wir ein Präludium gehört, müssen aber sagen: der èechische Primgeiger und seine Mitspieler haben sich bei diesem Präludium gar nicht ausgezeichnet. Und endlich sind wir auch darüber erstaunt, daß der Herr Ministerpräsident mit keinem Worte über die so großen nationalen Probleme gesprochen hat.
Was wir in den beiden letzten Jahren getan haben, werden wir auch in der Zukunft tun. Wir werden jeden Gesetzesantrag prüfen; dient er dem öffentlichen Wohl, werden wir für ihn stimmen. Insbesondere erklären wir: die èechische Krone zu schützen ist nicht Sache einer Partei oder einer Regierungskoalition. Das ist Pflicht aller und wir werden uns auch als Oppositionspartei dieser Pflicht nie entziehen.
Aber für eine Regierungserklärung
zu stimmen, die versteckt eine neuerliche unnötige Belastung der
breiten Öffentlichkeit ankündigt; für eine Regierungserklärung,
die der großen Not der Landwirtschaft mit keinem einzigen Worte
gedenkt; für eine Regierungserklärung, die an den wichtigsten
Problemen - auch an dem nationalen - vorbeigeht und die jede Führung
und Zielsetzung, jede planmäßige Arbeit vermissen läßt, für diese
Regierungserklärung werden wir nicht stimmen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Zu Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten Udržal wurden die Forderungen der verschiedenen Parteien, Stände und Klassen durch ihre Vertreter bekanntgegeben und auch begründet. Gestatten Sie nun, daß auch ich im Namen der Vertreter der deutschen Landwirtschaft für dieselbe zu dieser Erklärung die Stellungnahme bekanntgebe.
Die Ereignisse in der großen Welt, in Europa und in der eigenen Umwelt bezeugen, daß wir eigentlich erst jetzt gezwungen sind, die Kriegsfolgen zu bereinigen. Die Friedensverträge regelten wohl die Grenzen der Staaten, aber sie konnten die wirtschaftlichen Lebensbedingungen nicht in geordnete Bahnen lenken. Staaten, welche in der Kriegszeit nicht unmittelbar an den kriegerischen Handlungen teilnahmen, Staaten, welche erst in den letzten entscheidenden Monaten den Kriegsschauplatz bezogen hatten, konnten glänzende Wirtschaftszeiten erleben und es war ihnen möglich, die Produktion ins Ungemessene zu steigern. Der Warenhunger in den vom Kriege heimgesuchten Staatsgebieten wurde von diesen Staaten gestillt. Die ungeheueren Gewinne dieser Blütezeit wurden zum weiteren Ausbau der Produktionsstätten und Produktionsmöglichkeiten benützt. Die technischen Errungensschaften der Neuzeit wurden herangezogen, um die Produktion stetig zu vermehren.
Auf landwirtschaftlichem Gebiete trat zuerst die Überproduktion zutage. Im Verlaufe der Zeit wurde es unmöglich, diese Überproduktion unterzubringen, es trat eine Entwertung der Erzeugnisse und im Verlaufe der Zeit die Absatzkrise hinzu. Die jetzt herrschende Wirtschaftkrise nahm ihren Ausgangspunkt von der Landwirtschaftskrise. Daß die Èechoslovakei hievon nicht verschont blieb, hat verschiedene Ursachen, die aufzuzählen sich erübrigt. Nur eines muß festgestellt werden, daß es trotz anstrengendster Bemühungen unsererseits noch immer nicht gelungen ist, die entscheidenden Machtfaktoren hievon zu überzeugen und durch die geschaffene Überzeugung dafür zu gewinnen, die Abhilfe in die Wege zu leiten und eine Gesundung herbeizuführen.
Schon in den Jahren 1928/1929 war ersichtlich, daß der Landwirtschaft ein schwerer Existenzkampf bevorstand. Zu dieser Zeit war auf industriellem Gebiete noch die höchste Blüte zu verzeichnen. Man ging achtlos an den Zeichen der Zeit vorbei, die da geboten, dem inneren Markte schärfste Beobachtung zu widmen und vorzusorgen, daß der Teil von 40 % der Bevölkerung, welcher in der Landwirtschaft beschäftigt ist, in seiner Kaufkraft erhalten bliebe. Der Innenmarkt wurde nicht beachtet und Industrie- und Handelskreise wandten ihr ganzes Augenmerk nur der Ausfuhr in das Ausland zu. Doch dort traten gleichartige oder ähnliche Verhältnisse wie bei uns in Erscheinung. Der Absatz auch dahin wurde immer schwieriger und mit der Zeit immer mehr eingeengt. So kam es, daß wir einen zerrütteten Innnenmarkt haben, denn zu den in seiner Kaufkraft ungeheuer geschwächten Kreisen der Landbevölkerung kam nun auch die durch mangelnde Aufträge und die Rationalisierung der Betriebe überflüssig gewordene Arbeiterschaft. Der mangelnde Aufträgebestand zwang unsere Betriebe zum Sperren derselben. Weitere Arbeitslosigkeit war die Folge. Eine Besserung auf dem Auslandsmarkt ist leider auch nicht eingetreten, denn es sind in der letzten Zeit nur Verschlechterungen erfolgt. Es sei mir erlaubt, darauf hinzuweisen, daß es z. B. auf landwirtschaftlicher Seite zu neuen Hemmungen und Erschwernissen kam. Die Ausfuhr von Hopfen nach Deutschland wurde durch den in Deutschland eingeführten Verwendungszwang erschwert und seit dem 12. Oktober d. J. wird ein Zoll von 150 Mark für 100 kg Hopfen eingehoben, das sind 1200 Kè, während man für 50 kg besten Saazer Hopfens 420 Kè zahlt. Aber auch das uns politisch so befreundete Frankreich hat in den letzten Wochen den Hopfenzoll auf 400 Francs erhöht und läßt nur ein Kontingent von 18.000 Zentnern zu dem ermäßigten Zollsatz von 200 Francs zu, obwohl bei der heutigen schlechten Hopfenernte in Frankreich ein zu deckender Bedarf von 60.000 bis 80.000 q besteht. Unsere Gerste- und Malzausfuhr ist fast auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Die Preise für Gerste decken ebensowenig wie die Hopfenpreise die Selbstkosten. Dabei ist noch zu bemerken, daß in der Slovakei heuer durch die Dürre die Ernteergebnisse wie beim Weizen auch bei der Gerste stark vermindert sind.
Ich erlaube mir noch darauf aufmerksam zu machen, daß durch den Pfundsturz auch die Zuckerrüben bauende Bevölkerung dieses Staates in eine weitere wirtschaftliche Bedrängnis geraten ist. Nach den Abmachungen im heurigen Früjahr geht ein Teil der Kosten der Verminderung des Rohzuckerpreises auf Kosten der Landwirtschaft. Wenn nun durch den Pfundsturz der Rohzuckerpreis in Aussig auf 65 und in Kojetein auf 55 Kè gesunken ist, so werden Sie es erklärlich finden, daß nach den Abmachungen der Rübenbauer für seine Rübe 9 Kè und vielleicht einige Heller darüber erhalten wird. Diese 9 Kè decken nicht einmal die Zufuhrkosten in die Fabrik. Wenn der Mann am Felde seine Rübe verlädt und es ihm möglich ist, 2000 kg auf ein Fuhrwerk aufzuladen, also 2 Tonnen, so bekommt er für diese ganze Fuhre sage und schreibe 180 Kè. Wofür nimmt er diese 180 Kè? Für die Entlohnung der Arbeiter, die die Rüben putzen, oder nimmt er sie zur Verzinsung des Wertes seines Fuhrwerks, zur Bezahlung des Kunstdüngers, den er aufgewendet hat, nimmt er sie zur Entlohnung der Frühjahrsarbeit oder für etwas anderes? Was bleibt ihm bei dieser Einnahme als Entgelt für seine Mühe und Sorge als Betriebsleiter, was bleibt ihm als Entgelt an Zinsen für sein aufgewendetes Kapital und was bleibt ihm von diesem Betrage, um auch dem Staate zu geben, was der Staat von ihm verlangen zu können glaubt?
Der Zustand in der Landwirtschaft wird immer unerträglicher. (Posl. Zierhut: Was ist mit den Kartoffeln?) Mit der Kartoffel steht es so, wie auf den anderen Gebieten. In vielen Gebieten hat der Kartoffelbau durch die Ungunst der Witterung Schaden gelitten, so daß der Bauer nicht Erdäpfel nach Hause führen kann, sondern er müßte Mist nach Hause führen, da die Kartoffeln infolge der Nässe verfault sind. Und das, was er nach Hause gebracht hat, bedarf ständiger Obsorge, damit es nicht weiter verfault.
Wir können von diesem Gebiete auf ein anderes übergehen. In der letzten Zeit ist der Viehpreis derart gesunken, daß eine Rentabilität der Viehzucht nicht zu verzeichnen ist. Um 4 Kè ist Rindvieh auf jedem Markt als Lebendgewicht zu kaufen. (Posl. Windirsch: Sogar Prima Vieh!) Ja, Prima Vieh. Für Kälber bekommt man heute 5 bis 6 Kè. Wo da die Erträgnisse bleiben, die man uns andichtet, bleibe dahingestellt. Die sich versorgende Bevölkerung möge diese Preise vergleichen mit den Preisen, die man auf den Tafeln bei den Geschäften in Prag und anderswo liest. (Výkøiky: Wo bleibt die Milch!) Es wird mir zugerufen: wo bleibt die Milch? Die Milch ist ebenso ertraglos, denn wenn der Landwirt heute für Milch von 1% Fettgehalt nur noch 24 Heller bekommt, so erhält er bei 4% 80 Heller pro Liter. Hier in Prag kostet ein halber Liter gewöhnlicher Milch in jeder Milchhalle 1 Kè 80 h. Wie weit ist der Abstand von den Einnahmen des Händlers, der die Milch nur mit dem Milchmaß in die Töpfe schüttet, gegen die Einnahmen dessen, der vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zu dessen Ende sich sorgen muß um die wenigen Heller, die ihm seine Arbeit einbringt. Auf der anderen Seite sehen wir in den Randgebieten, wo unsere Bevölkerung seßhaft ist, Milch, Butter, Eier und Quark usw. aus den Nachbarstaaten hereinkommen, während wir nichts ausführen können. Die draußen haben Zollschutz, während unser Staat es noch nicht der Mühe wetr gefunden hat, auf diesem Gebiete die hartringende landwirtschaftliche Bevölkerung zu schützen, und doch sind es ja die Kleinsten der Kleinen, die in diesen Randgebieten wohnen und auf diese paar Heller zur Erhaltung ihrer Lebensführung angewiesen waren und heute noch sind. (Posl. Windirsch: Wer ist schuld an dem mangelhaften Schutz?) An all dem sieht man, wie wenig Sorgen man in der Allgemeinheit hat, um es der Landwirtschaft zu ermöglichen, lebensfähig zu bleiben, die Kulturhöhe, auf der sie steht, zu wahren und weiter fortschrittlich zu arbeiten. Es ist darum begreiflich, daß die deutsche Landwirtschaft, die ständig besorgt war, ihre Lage zu verbessern, entsprechende Vorschläge macht und Forderungen stellt. So haben wir heuer in der Zeit der Parlamentsferien gefordert, es möchte die Einfuhr von Getreide bis Ende dieses Jahres gedrosselt werden. Ich glaube, es war noch nie eine Forderung eines bedrängten Standes so berechtigt wie diese. (Sehr richtig!) Denn es besteht und bestand nie die Gefahr, daß innerhalb dieser Zeit bis Ende des Jahres auch nur irgendein Prozentsatz der heimischen Bevölkerung Hunger leiden könnte. Soweit sind die Erträgnisse der Ernte gesichert, daß man ruhig behaupten kann: Nein, es ist kein Mangel zu erwarten und es wäre die Möglichkeit gegeben, den Verkauf dieser Ernte im Inland zu sichern und das Geld aus dieser Einnahme wäre sofort wieder in die heimische Wirtschaft zurückgeflossen, hätte diese belebt, es wäre eine Erleichterung auf allen Gebieten zu verzeichnen gewesen. Kurzsichtig verschließt und verschloß man sich dieser Forderung. Ja, im Gegenteil, man hat die Einfuhr von Getreide in großen Gewichtsmengen - man spricht von 8000, von 12.000 Waggons usw. - aus den Ländern des Balkans, aus Südslavien und Rumänien mit Hilfe des Außenministeriums gestattet. Kontingente wurden bewilligt, landwirtschaftliche Kreise wurden um ihr Gutachten gar nicht angegangen und wenn irgendein Gutachten abgegeben wurde, wurde es einfach ignoriert. Man kümmert sich nicht um 40 % der Bevölkerung, ob sie leben oder zugrunde gehen. An dieser Einkaufstätigkeit in Südslavien beteiligte sich auch Generaldirektor Lustig von der Großeinkaufsgenossenschaft in Prag zu einer Zeit, wo die einheimische Landwirtschaft mitten in der Ernte stand, wo sie von Unwetter heimgesucht war, wo die Ernte gefährdet war, wo nur unter Aufbietung der größten Sorgfalt, Zeit und Kraft es möglich wurde, irgend etwas zu bergen, und zu dieser Zeit sicherte man dieser hart arbeitenden Bevölkerung den Ertrag ihrer mühevollen Arbeit nicht. Die Maßnahmen, die dann ergriffen wurden, hatten zur Folge, daß die Häfen an der Donau, welche für die Getreideeinfuhr in Betracht kommen, in kürzester Zeit verstopft waren. Das Getreide wurde zu einer Zeit eingeführt, wo die von der Regierung geplante Getreideeinfuhrkommission noch nicht aktiviert war. Ohne Sorge stürzte sich die Spekulation auf dieses Gebiet, um durch die vorhandenen Mengen von Getreide auf die Regierung einen Druck auszuüben, um es schließlich hereinzulassen. Sie sehen also, daß die Landwirtschaft genötigt ist, weiter zu kämpfen und daß wir trachten müssen, unserer hart bedrängten Landwirtschaft Erfolge zu erzielen. Wir müssen gegen die uns unfreundlichen, ja direkt feindlichen Kräfte ankämpfen. Von deutscher landwirtschaftlicher Seite wurde bereits seit dem Jahre 1930 der Schutz für unsere Produktion angefordert, sowohl seitens der Vertreter des Bundes der Landwirte von dieser Tribüne aus, als auch außerhalb des Hauses von den hiezu berufenen landwirtschaftlichen Organisationen zu jeder Zeit und mit allen in Betracht kommenden Machtfaktoren. Es ist tiefbedauerlich, daß es diesen angestrengten Bemühungen nur gelungen ist, eine zeitweise Abhilfe zu schaffen und daß die Krise in der Landwirtschaft ständig neue Opfer fordert. Die Versteigerung kleiner und mittlerer Landwirtschaften nimmt von Tag zu Tag zu und zeigt am besten, wie verarmt die Landwirtschaft derzeit dasteht. Die Hilflosigkeit derselben ist umso größer, weil auch die ländlichen Geldinstitute infolge Mangels an Einlagen nicht mehr in der Lage sind, billige Kredite zu gewähren.
Eine vorausschauende Regierung muß demgemäß auf Abhilfe bedacht sein. Die Kreditbeschaffung seitens der Regierung muß daher in kürzester Zeit aufgenommen werden, soll unser Bauer nicht gezwungen sein, von Haus und Hof davonlaufen zu müssen. Unsere Betriebe sind fast durchwegs ohne Ertrag und so ergibt sich die traurige Tatsache, daß die Landwirtschaft treibende Bevölkerung wohl nicht arbeitslos, aber verdienstlos ist. Was soll mit ihr geschehen? Wo soll sie ein Betätigungsfeld finden, wenn sie den letzten Rest ihrer Wirtschaftssubstanz aufgezehrt hat und wenn die Schuldenhöhe so groß geworden ist, daß ihr niemand mehr etwas borgt, um den Betrieb weiter zu führen? Wenn es soweit gekommen sein wird, werden tausende und tausende fleißiger Arbeitskräfte frei werden, da die Bauernschaft nicht in der Lage sein wird, dieselben zu entlohnen.
Alle Maßnahmen, die Arbeitslosigkeit zu beheben, werden wir fördern, soweit sie auf dem Gebiete der Produktivität sich bewegen werden. Wir wissen, daß es Tausende von Menschen gibt, die die Arbeitslosigkeit schwer tragen, aber auch als Empfänger der Arbeitslosenunterstützung nicht befriedigt sind.
Auf der anderen Seite muß die Forderung aufrecht bleiben und ihre Durchführung angestrebt werden, daß für jede geldliche Leistung auf diesem Gebiete eine Gegenleistung in Form von Schaffung irgendeiner wertigen Arbeit nicht versagt werden darf. Wenn nun zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit von verschiedenen Interessentenkreisen die 40-stündige Arbeitszeit gefordert wird, haben wir gegen diese Art der Regelung unsere Bedenken. Ich setze voraus, daß es allgemein bekannt ist, daß wir in den landwirtschaftlichen Betrieben bereits mit der 8-stündigen Arbeitszeit das Auskommen nicht finden konnten. Sollte diese Arbeitsverkürzung nur in industriellen Betrieben eingeführt werden, so gebe ich zu bedenken, daß wohl am Anfang eine Abnahme des Standes der Arbeitslosen eintreten dürfte, aber die bessere Arbeitszeit würde sofort auf Kreise, welche in den Genuß einer solchen verkürzten Arbeitszeit nicht treten könnten, verlockend wirken; so mancher ländliche Arbeiter, der derzeit mit seinem Los noch so leidlich zufrieden ist, würde sich in die Reihen der Arbeiterschaft drängen, welche dieser Begünstigung der vierzigstündigen Arbeitszeit teilhaftig ist, um mit zu genießen. Die verschuldeten ertraglosen Bauernwirtschaften würden verlassen werden, der Bauer mit seinen Söhnen würde versuchen, unter den besseren Bedingungen in den Industrieorten Arbeit zu finden. Nach kurzer Zeit würde das Heer der Arbeitslosen wieder anschwellen, die Not im Lande würde nur noch größer werden, weil ja die Möglichkeit durch eigene Bodenerzeugnisse den Lebensbedarf der Bevölkerung zu decken, ebenfalls nicht mehr bestünde. Denn das entblößte flache Land könnte eben den Aufwand an Arbeit durch die verbliebene Bevölkerung nicht aufbringen. Schon jetzt kann in manchem Gehöfte der Betrieb nicht so geführt werden, wie es eine ordnungsmäßige Betriebsführung erfordert. Der Bauer sieht sich außerstande, die Lohngelder für das Gesinde aufzubringen, er muß daher mit seinen und seiner Familie Kräften sich behelfen, daher muß die Betriebsführung erleichtert werden. Aus diesem Grunde fordern wir, daß die Einteilung der Bauernsöhne und der ländlichen Arbeiter in die Ersatzreserve zur Regel wird und die Herabsetzung der Heeresdienstpflicht endlich zur Tat wird. (Sehr gut!) Dies würde die Sparmaßnahmen der Regierung fördern, bei der Abrüstungskonferenz im nächsten Feber würde dies für die Èechoslov kei günstig vermerkt werden und es würde die Sorgen so vieler in der Landwirtschaft tätiger Menschen vermindern. Wenn ich mir hiebei zu erwähnen erlaube, daß diese Forderung mit Rücksicht auf die Siedlungsverhältnisse der deutschen Bevölkerung in diesem Staate eine dringende Notwendigkeit ist, so wird jeder Kenner der Tatsachen dies nur bestätigen. Denn in unseren Lagen sind leider die Arbeitsverhältnisse nicht so günstig, wie im Innern dieses Staates. Gerade in den deutschen Randgebieten herrscht auch die größte Arbeitslosigkeit und daher muß die Regierung bei ihren Hilfsmaßnahmen diesen Gebieten ihr besonderes Augenmerk zuwenden. Eine vorsorgende Regierung wird darauf bedacht sein, diese Gebiete sorgfältig zu betreuen.
Auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung fordern wir alle möglichen Erleichterungen, welche den Gang der Wirtschaft fördern. Demgemäß weniger Bürokratismus als wahrhaftes Verständnis für die Erfordernisse des tätigen Lebens. Seitens einer nicht nur für die geordnete Staatswirtschaft, sondern auch für eine blühende Volkswirtschaft verantwortlichen Be amtenschaft fordern wir rasches Handeln, zielbewußte Arbeit und kein Aufgehen in bürokratischen Formelkram. Die Verantwortung der einzelnen Beamten soll nicht durch Abwälzen auf andere vermindert werden. Es kann durch Verkürzung des Aktenlaufes kostbare Zeit erspart werden. Um nur eines herauszugreifen: es kommt nicht darauf an, daß ein Akt viele Zahlen, Stampiglien und unleserliche Unterschriften trägt, sondern daß er einer raschen Erledigung zugeführt wird. Die Ersparung kostbarer Arbeitskraft auf diesem Gebiete ist erstrebenswert und eine auch ohne besondere Störung für das staatliche und wirtschaftliche Leben erreichbare Zielsetzung. Sparmaßnahmen auf dem Gebiete der Verwaltung würden sich in dieser Hinsicht im Staatshaushalt bald angenehm bemerkbar machen. Aber auch auf anderen Gebieten der Verwaltung verlangen wir eine den Erfordernissen des praktischen Lebens entsprechende Abhilfe. Ich weiß bestimmt, daß alle Regierungskreise Gewicht darauf legen, daß sich der Verkehr mit den Selbstverwaltungskörpern, mit den Angehörigen insbesondere der schaffenden Stände und schließlich mit jedem Staatsbürger glatt und reibungslos abwickelt. Dem steht jedoch die Sprachenpraxis entgegen. Die Sorge, dem Staat durch rasches und reibungsloses Abwickeln der notwendigen Amtsgeschäfte Bewegungsfreiheit zu verschaffen, ist auch dem deutschen Landvolk eigen. Wissen wir doch ganz genau, daß Ruhe und Ordnung im Staat von einer geordneten Verwaltung abhängt. Diese Notwendigkeit schließt aber die andere nicht aus, es der Bevölkerung zu ermöglichen, selbstätig Anteil an der Führung der Geschäfte zu haben. Diese Anteilnahme kann aber nur so zum Wohle des Staates geübt werden, wenn die Amtierung in der Sprache des Volkes geschieht.
Alle Maßnahmen der Regierung,
welche die Stabilität der Währung sichern sollen, werden jederzeit
unsere Förderung und Unterstützung erfahren. Wir begrüßen die
Ersparung im Staatshaushalt für das Jahr 1932 im Betrage von mehr
als 900 Millionen und geben der Erwartung Ausdruck, daß es der
Staatsverwaltung gelingen wird, noch weitere Sparmaßnahmen in
die Wege zu leiten. Die Belange des Staates erfordern eine geordnete
Wirtschaftsführung. Die geordnete Wirtschaftsführung bedingt,
daß man die Quellen der Wirtschaft nicht verstopft. Eine der ergiebigsten
und sichersten Quellen, aus denen der Staat Nutzen ziehen kann,
ist die Arbeit seiner Bürger. Das deutsche Landvolk hat noch nicht
einen Augenblick gezögert, auf diesem Gebiete Vorbildliches zu
leisten. Bienenfleißig war unser Volk vor dem Umsturz, bienenfleißig
ist es nach dem Umsturz. Es bedarf nur des Schutzes seiner Arbeit
und es bedarf nur der Regelung, diese Arbeit erträglich zu machen.
Mit der Zeit kann niemand im Staate verlangen, daß ein Großteil
der Bevölkerung umsonst arbeitet, sich umsonst müht und abrackert.
So wie wir bereit sind, dem Staate zu geben, was des Staates ist,
so fordern wir vom Staate, dem Volke zu geben, was des Volkes
ist. Wir fordern, daß man es dem deutschen Landvolk ermöglicht
zu existieren, seine Arbeit wird zum Wohle des Staates und zum
Wohle seiner ganzen Bevölkerung ausschlagen. Die Verständigung
der Völker innerhalb des Staates ist mit allen Mitteln anzustreben.
Denn zur wirtschaftlichen Fürsorge gehört auch die kulturelle
Fürsorge, und nur der Staat wird in dem Ringen, das in der Welt
anhebt, das in Zentraleuropa sichtbar ist, bestehen können, in
dem die Arbeitskraft und die Kultur auf höchster Stufe steht.
Das deutsche Landvolk will keines missen. Es will arbeiten, es
will kulturell bestehen. Es hofft aber auch, daß diese seine Forderungen,
die nur ein Teil der Ford rungen sind, die wir vorzubringen hätten,
seitens der Regierung Unterstützung finden werden. Des Staates
bester Bürger darf und soll nicht untergehen. (Potlesk.)