Im Punkt 4 wird der Regierung aufgetragen, das Lieferungswesen einer Kontrolle zu unterziehen. Kol. Pohl hat hier von der Vergebung der Kohlenlieferungen im Eisenbahnministerium gesprochen. Es ließe sich sehr lange in diesem Hause über das Lieferungswesen bei andern Behörden und in anderen Materialien sprechen. Wir haben eine Vergebunsordnung aus dem Jahre 1920, die deshalb allgemein abgelehnt wird, weil sie eine allzu große Willkür bei der Vergebung ermöglicht. Wir bemühen uns aus der Wirtschaft heraus schon lange, eine Novelle dieser Vergebungsordnung zu erreichen, weil wir erkannt haben, daß es nach ihr immer möglich ist, unsachlich und unkorrekt zu vergeben. Wenn ich von dem nationalen Moment in der Verwaltung gesprochen und in Ihrem eigenen Interesse Sie gewarnt habe, weiter die Zustände bestehen zu lassen, gilt das auch von der Vergebungsordnung. Ich könnte Ihnen Fälle anführen, wo mit den merkwürdigsten und ungesetzlichsten Begründungen eine deutsche Firma von der Lieferung ausgeschaltet wird und wo es schließlich immer wieder - so wie in Personalfragen - gelingt, das Recht zu beugen, indem man nicht nach dem Gesetze vorgeht.
Allein, ich habe nur die Gelegenheit benützen können bei diesem Anlaß im Rahmen der begrenzten Redezeit auf Mißbräuche der Verwaltung hinzuweisen und festzustellen, daß es für uns untragbar wäre, wenn es bei der platonischen Abstimmung dieser vier Anträge bliebe. Mein Klub hat sich dem Antrage des Koll. Keibl angeschlossen, über die Punkte einzeln abzustimmen. Es würde uns z. b. nicht genügen, daß en bloc über den Punkt 1: "Der Bericht des Ausschusses wird zur Kenntnis genommen" abgestimmt wird. Wir stimmen dagegen; da dieser Bericht uns nicht entspricht, können wir nicht dafür stimmen.
Was den Punkt 2 anlangt, beanständen wir, daß die Regierung als Zwischenglied genommen wurde, um die Verdächtigungen oder Beschuldigungen vor den Richter zu bringen. Ich glaube, es hätte einen viel größeren moralischen Eindruck gemacht, wenn nach dem Parlamente der Staatsanwalt dagegen wäre, ohne das Zwischenglied der Regierung, wenn sich also die Regierung a priori solidarisch mit dem Parlamente erklärt hätte, daß hier das ordentliche Gericht entscheiden muß.
Der Punkt 3 genügt uns nicht. Die Regierung an ihre Pflicht zu erinnern, halten wir des Hauses nicht für würdig. Es wäre vielleicht viel berechtigter, wenn das Haus fragen würde, warum denn die Regierung nicht schon von ihren weitgehenden Rechten, die in den Gesetzen enthalten sind, Gebrauch gemacht hat, bevor der Fall Støíbrný vor das Tribunal des Parlamentes kommen mußte.
Dem Punkt 4 stimmen wir zu, wenn er wirklich ernst gemeint ist. Aber wenn es sich hier um einen, sagen wir, Wohlverhaltungsantrag des Parlamentes handelt und wenn wir nicht schon im Herbste über eine Novelle der Vergebungsordnung verhandeln, hat das Ganze keinen Sinn gehabt. Dann hat man der Bevölkerung nur etwas vorgemacht, ohne den Willen zu haben, die Dinge tatsächlich zu bessern.
Wir glauben schließlich, daß es ohne radikale Änderung des Verhältnisses zwischen Parlament und Verwaltung, ohne Durchsetzung des Willens des Parlamentes gegenüber der hohen Bürokratie, ohne ein höheres Selbstbewußtsein des Hauses unmöglich sein wird, die Verhältnisse, die zu bessern Sie die Absicht im Drucke 1278 kundtun, tatsächlich zu bessern. Ich gebe zu, daß es einem Hause, wo in der Weise, wie es von der äußersten Linken hier geschieht, eine noch so ernste Aussprache gestört und alles herabgesetzt wird und nur Demagogie vorherrscht, schwer wird, sich durchzusetzen. Aber ich glaube doch, daß dies im allgemeinen Interesse wäre und ich habe auch den Mut zu sagen, daß es auch ein deutsches Interesse ist, sich in diesem Hause von der Demagogie zu befreien und hier wie in den Ausschüssen positive Arbeit zu leisten.
Dann aber, meine Herren, ist es
notwendig, daß Sie an Haupt und Gliedern, also auch an unserem
Parlamentarismus Änderungen vornehmen, die ihn erst in die Lage
versetzen, tatsächlich gesetzgeberische Arbeit zu leisten, in
vollem Bewußtsein der Verantwortung, in vollem Bewußtsein, daß
schließlich die Arbeit, die hier geleistet wird, jedem Volke und
auch dem deutschen Volke zum Vorteile gereicht. Wenn die Episode
Støíbrný dazu etwas Wesentliches beigetragen haben sollte,
dann soll es uns recht sein. Jede Reform, jeden Versuch, Mißstände
und Unkorrektheiten zu bekämpfen, wollen wir auch unterstützen.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Die Beschuldigungen, welche Herr Abg. Dr. Stránský in der Plenarsitzung der Abgeordnetenkammer am 23. Feber d. J. gegen den Abgeordneten und gewesenen Eisenbahnminis ter Støíbrný allgemein erhoben und später spezialisiert hat, tragen zweifellos den Charakter sensationeller Enthüllungen über die Mißwirtschaft in einem der staatswirtschaftlich wichtigsten Verwaltungszweige in sich. Dieser Umstand und nur dieser verpflichtet uns, in die Debatte einzugreifen, wie wohl wir an dem zugrundeliegenden persönlichen Kampf vollkommen desinteressiert sind und den Rivalitäten zwischen èechischen Politikern vom Standpunkte des deutschen Volkes aus ganz gleichgiltig gegenüberstehen.
Der notgedrungen über diese Beschuldigungen zur Prüfung der aufsehenerregenden Affäre eingesetzte Untersuchungsausschuß hat nunmehr dem Plenum des Hauses einen Bericht vorgelegt, und verlangt, den Ausschußbericht zur Kenntnis zu nehmen und weiters den Beschluß zu fassen, das durch den Ausschußreferenten gesammelte Material an die Regierung zur pflichtgemäßen Ahndung abzutreten.
Der Klub der deutschen christlichsozialen Volkspartei lehnt es ab, den Bericht des Ausschusses, welcher höchst auffallend gegenüber dem 154 Schreibmaschinenseiten langen Bericht des Referenten an den Ausschuß für das Plenum des Hauses parteiisch gekürzt worden ist, zur Kenntnis zu nehmen, erachtet sich aber dem Gewissen nach verpflichtet, dem Auftrage, der weiters an die Regierung gegeben worden ist, zuzustimmen und das in der Voraussetzung, daß er als Beschluß des Abgeordnetenhauses auch vorbehaltslos von der Regierung verwirklicht werden wird, um die aufgedeckte Korruption und alles was damit zusammenhängt in der öffentlichen Verwaltung mit allen gesetzlichen Mitteln zu sühnen und die schärfste Verfolgung gegen alle Beteiligten ohne Unterschied der Partei durchzuführen. Mit der gleichen Bestimmtheit stellen wir fest, daß die Angelegenheit im Ausschuß wieder nur als eine reine Koalitionsangelegenheit behandelt worden ist. Das ist ein Umstand, den wir entschiedenst verurteilen müssen, zumal dabei das offensichtliche Bestreben überwog, den Mantel über den Vorkommnissen nur soweit zu lüften, als es gerade die Person des Abg. Støíbrný betrifft. Ohne dabei die schwerwiegenden Beschuldigungen gegen den gewesenen Eisenbahnminister auch nur im geringsten zu unterschätzen oder uns der unbedingten Verfolgung der einzelnen Anklagepunkte entgegenzustellen, verwahren wir uns auch dagegen, daß die ganze Affäre etwa nach dem Ausschußberichte so gedeutet wird, als ob es sich letzten Endes nur um einen Streitfall über persönliche Ehrenhaftigkeit handeln würde. Die aufgezeigte Mißwirtschaft an Amtsmißbräuchen, unerhörten Bereicherungen und Schiebungen aller Art, beleuchtet blitzartig ein System, das im Interesse der gesamten Bevölkerung ohne Ansehung der Person und ihrer politischen Zugehörigkeit der rücksich tslosen Ausrottung unterzogen werden muß. Wir fordern daher, daß der Staatsgrundsatz: "Die Wahrheit siegt" bei der weiteren Verfolgung der Angelegenheit keine wie immer geartete Einschränkung erfährt und - um ein berüchtigtes Haßwort des Pariser Gesandten Osuský gegen das deutsche Volk im richtigen Augenblicke zurückzugeben - alle die Helden des Verbrechens rücksichtslos bestraft werden. Dies entspricht auch dem allgemeinen Wunsche und Bedürfnisse unserer Bevölkerung, welche ohnedies nicht nur das, was der Ausschuß aufgezeigt und die Untersuchung ergeben hat, sondern die ganze Serie der Skandalaffären, die sich seit Bestand des Staates zugetragen haben, als einen unerträglichen Balast für den Staat und alle seine Völker empfindet, welcher auch nicht zuletzt zur Verschärfung der Wirtschaftskrise beigetragen hat. Nichts ist unserer Überzeugung nach imstande, das Ansehen des Staates und das Vertrauen zu ihm, insbesondere seitens der steuerzahlenden Bevölkerung so zu unterggraben, wie gerade Bestechungsskandale, welche durch politische Untriebe entstehen und etwa nur aus politischen Rücksichten niedergeschlagen werden oder solange straflos bleiben, bis die Verjährung ein verläßlicher Bundesgenosse geworden ist.
Die heute zur Debatte stehende
Affäre bietet die Gelegenheit, den Kampf gegen die Hydra der Korruption
energisch aufzunehmen, um nicht etwa aus politischem Rachedurst,
sondern in Entsprechung eines allgemeinen Bedürfnisses die schwer
getroffene öffentliche Moral wiederherzustellen. Der Untersuchunsausschuß
hat hiefür nur einen schwächlichen Kompromißantrag gefunden. Insbesondere
hat er auch die Ablehnung des Antrages Hlinka auf Überprüfung
der Vermögensverhältnisse der staatsgewaltigen Politiker vorgenommen,
was einen höchst ungünstigen Eindruck hervorgerufen hat. Umsomehr
müssen wir jetzt von der Regierung die starke Hand fordern, daß
sie endlich die Justizverwaltung zwingt, und ihrerseits auch alles
dazu beiträgt, die schweren moralischen und materiellen Schäden,
welche im Zusammenhang mit der in Verhandlung stehenden Affäre
entstanden sind, zu beseitigen und überhaupt die Staatsverwaltung
endlich einmal von den wohlbekannten aber immer noch geduldeten
Korruptionsherden, welche sie aufweist, gründlichst und mit unparteiischer
und unnachsichtiger Strenge zu reinigen. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Seit dem 13. Feber d. J., an welch em Tage der Abg. Dr. Stránský scheinbar im Auftrage seiner Partei oder bestimmter Personen seiner Partei schwerwiegende Beschuldigungen gegen den Abg. Støíbrný in öffentlicher Sitzung des Abgeordnetenhauses erhoben hat, ist die allgemeine Diskussion über die in diesem Staate herrschende Massenkorruption aus der èechischen und deutschen Inlandspresse nicht mehr verschwunden, ja sogar das Ausland hat zu diesen Erscheinungen in seiner Presse in einer Weise Stellung genommen, die sehr wenig schmeichelhaft für diesen Staat ist.
Weil Støíbrný nach seiner Verdrängung aus der èechischen nationalsozialistischen Arbeiterpartei es wagte, sich ein Abgeordnetenmandat zu erwerben und oppositioneller Abgeordneter zu werden, erlebten wir den seltenen Fall, daß das an und für sich arbeitsunfähige Parlament sogar einen Untersuchungsausschuß einsetzte, dem die löbliche Aufgabe zugedacht wurde, jene Vorarbeiten zu leisten, welche letzten Endes den Mandatsverlust Støíbrný's und dessen Verdrängung aus dem politischen Leben zur Folge haben sollen. Mit dem sachlichen Inhalt der gegen Støíbrný erhobenen Anklage hat sich die Tagespresse, der Untersuchungsausschuß und die Redner in- und außerhalb des Parlamentes schon ausgiebig genug beschäftigt und außerdem ist ja Aussicht vorhanden, daß noch öffentliche Gerichte Teile dieser Materie zum Gegenstand ihrer Untersuchung machen müssen, so daß ich es mir ersparen kann, darüber auch nur noch ein Wot zu verlieren.
Ich darf mich wohl darauf beschränken, die politischen Ursachen und Schlußfolgerungen aus dieser Affäre zu besprechen, soweit es im Rahmen einer Parlamentsrede bei eingeschränkter Redezeit überhaupt möglich ist. Wir Sudetendeutschen sind nun einmal durch die sogenannte staatliche Neuordnung Europas, wie sie in den Friedensdiktaten von Versailles und St. Germain eingerichtet wurde, Zwangsbürger dieses Staates geworfen und haben daher nicht nur ein Recht, sondern auch die Pflicht, kr itisch zu allen Angelegenheiten Stellung zu nehmen, die sich in der internen Häuslichkeit des èechischen Staatsvolkes abspielen, zumal ja die Reflexe davon auch ihren bestimmenden Einfluß auf unser öffentliches Leben ausüben, was ja bei der gegebenen Sachlage gar nicht zu vermeiden ist. Nur ein kurzsichtiger Politiker oder ein ganz kleinlicher Journalistengeist kann behaupten, daß wir Sudetendeutschen die reinste Freude, nämlich die Schadenfreude über jeden kleinen und großen Korruptionsskandal im èechischen Lager empfinden können. Ganz im Gegenteil! Mit der Schärfe eines Blitzlichtes hat das Aufrollen der Affäre Støíbrný uns wieder einmal gezeigt, wie eigentlich das èechische Volk aussieht, das sich anmaßt, uns Sudetendeutsche als Minderheitsvolk in diesem Staate zu beherrschen. Daß wir Deutschen darüber keine Freude empfinden können, ist wohl selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich ist es aber auch, daß wir mit Dank aus solchen èechischen Affären jene Waffen entgegennehmen, welche wir zu unserem seit Jah ren schon geführten Kampfe gegen das hier herrschende System benötigen.
Der heute zur Debatte stehende Bericht des Untersuchungsausschusses ist in seinem moralisierenden Teil sehr unaufrichtig, weil er die politischen Ursachen der Aufrollung der Støíbrný-Affäre vollkommen verschweigt. Gerade deshalb, weil der Untersuchungsausschuß zu dieser Aufrichtigkeit nicht den Mut gefunden hat, ist aus der Anklage gegen einen Korruptionisten der Schutz vieler anderer Korruptionisten hervorgegangen, ist die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses derart einseitig beschr änkt worden, daß der. Endzweck, nämlich die Säuberung des öffentlichen Lebens, auch durch die schönsten Schlußanträge des Ausschusses niemals erzielt werden kann. Wenn heute das Parlament den dritten Antrag des Untersuchungsausschusses annimmt, in welchem die Regierung aufgefordert wird, alle Vorkehrungen zu treffen, um die Missetaten in der staatlichen Verwaltung und den Mißbrauch des Mandats durch Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften zu verhindern, dann spricht das Parlament über sich selbst und über seine Mitglieder ein vernichtendes Urteil aus, dann setzt es den èechoslovakischen Parlamentarismus dem öffentlichen Gespött aus und verhindert, daß jemals auch in Zukunft das parlamentarische System zu Würde und Ansehen kommen könnte.
Denn jeder Mensch in seinem beschränkten Untertanenverstand muß es doch lächerlich empfinden, daß ein Parlament, das über der Regierung stehen sollte, das nach der Verfassung berufen ist, die Macht des souveränen Volkes auszuüben, die Hilfe der Regierung anruft, damit diese den Augiasstall ausräume und als Polizist über die Moral des Parlaments wache. Durch Annahme der Anträge 3 und 4 des Untersuchungsausschusses gesteht das Abgeordnetenhaus ein, daß es unfähig ist, in seinen eigenen Reihen Ordnung und Sittlichkeit aufrecht zu erhalten. Das Parlament begibt sich jeder Initiative, ja es spricht sich selbst jede Daseinsberechtigung ab. Der Bericht des Untersuchungsausschusses stellt ausdrücklich das Recht und die Pflicht des Parlamentes fest, die ausübende Staatsgewalt zu kontrollieren und autonom über die eigene Ehre und Würde des Parlaments zu wachen. Ein solches Recht ist illusorisch und eine solche Pflicht wird niemals erfüllt, wenn das Parlament die Regierung, deren ausübende Gewalt es selbst kontrollieren soll, selbst auffordert, im Parlamente Ordnung zu machen, den Mißbrauch des Mandats zu verhindern, durch Verordnung jede Korruptionsmöglichkeit im Lieferungs- und Vergebungsverfahren zu vernichten und anderes mehr. Das ist ein Scheinmanöver unter der Devise: "ut aliquid fecisse videatur". Das wirkliche Ergebnis wird sein, daß ein Korruptionist aus dem Parlament herausfliegt, eine ganze Reihe anderer Korruptionisten aber darin bleiben und ihr schmähliches Handwerk in der Zukunft sogar noch gesicherter wird fortsetzen können.
Schließlich warr ja die von vornherein dem Untersuchungsausschuß gestellte Aufgabe, den Mandatsverlust eines einzigen Abgeordneten einzuleiten, keineswegs aber die im Staate herrschende Korruption irgendwie zu bekämpfen. Das erkennt man schon ganz deutlich aus der dem Antrag des Untersuchungsausschusses vorgesetzten Prä ambel, in welcher der Zweifel über die Ehrenhaftigkeit des Abg. Støíbrný ausgesprochen wird, was ja schließlich das Wichtigste an dem genzen Ausschußberichte ist und worum in den letzten Tagen in den Reihen der der Regierung angehörenden Koalitionsparteien am heftigsten gekämpft wurde. Schon daraus, aber auch aus der Art, wie die Untersuchung im Ausschusse geführt wurde, erkennt man ganz deutlich, daß es sich nur darum gehandelt hat, der Partei des Außenministers Dr. Beneš einen Gefallen zu tun, ihr ehemaliges Mitglied und jetzigen Gegner des Außenminister s, den Abg. Støíbrný aus dem parlamentarischen Leben auszuschalten. Und das ist die verschwiegene Ursache für das Aufrollen der Støíbrný-Affäre, die allerdings gleichzeitig auch ein ganz merkwürdiges Licht auf die politischen Methoden des Außenministers Beneš wirft. Daß jeder Staatsmann und jeder Politiker gerade aus dem Titel seiner öffentlichen Tätigkeit seine Gegner hat und zahlreiche Kritiker findet, ist eine gegebene Tatsache, die solange besteht und bestehen wird, als es eben Politik gab und geben wird. Die Qualität eines Politikers läßt sich nicht nur aus den von ihm gesetzten Taten beurteilen, sondern am allerbesten aus der Taktik und den Methoden, wie sich ein Politiker mit seinen Gegnern und Kritikern auseinandersetzt, wie er gegen sie den Angriff oder die Abwehr führt. Die Wahlen in das dritte Parlament haben dem Außenminister Dr. Beneš die unangenehme Überraschung gebracht, daß der von ihm aus dem Gesandtschaftsdienst herausgedrängte Dr. Pergler und der aus der èechischen nationalsozialistischen Partei ausgeschlossene Abg. Støíbrný als Mandatsträger in die gesetzgebende Körperschaft einzogen und sich von allem Anfang an als seine schärfsten Gegner deklarierten. (Posl. Nitsch: Und noch der dritte!) Mit dem werde ich mich noch ausgiebig beschäftigen.
Dr. Perglers Tätigkeit während der èechischen Auslandsrevolution zur Zeit des Weltkrieges war dem Minister Dr. Beneš sicherlich nicht unerwünscht, zumal er ja diese guten Dienste sogar durch Übernahme in den Gesandtschaftsdienst honorierte. Niemand zweifelte auch Perglers èechoslovakische Staatsangehörigkeit an, als sich der Staat das Recht anmaßte, Pergler wegen seiner Tätigkeit als Gesandten in Tokio zu disziplinieren. Als aber Perglers Kampf im Abgeordnetenhaus gegen Dr. Beneš diesem unbequem zu werden begann, da mußte plötzlich der Wahlgerichtshof, das Innen- und Außenministerium künstlich einen Zweifel an der Staatszugehörigkeit Perglers konstruieren, um ihn des Mandates für verlustig erklären zu können. Es wird kein Mensch auf der ganzen Welt behaupten können, daß solche Methoden im politischen Kampf einwandfrei oder sittlich begründet sind. Jeder muß zu dem Urteil kommen, daß der Außenminister Beneš nicht fähig war, seinen politischen Gegner Dr. Pergler mit sachlichen und politischen Argumenten abzuwehren und zu bekämpfen und daß er schließlich zu einem Mittel gegriffen hat, das mit Politik nichts zu tun hat, wohl aber mit Hilfe der Korrumpierung von staatlichen Ämtern und Institutionen möglich war.
Auf die gleiche Art und Weise wird jetzt der Kampf gegen den politisch unbequemen Gegner Støíbrný geführt. Solange Støíbrný in der Partei war, da war er der allgemein anerkannte "pašák", der patente Kerl, von dem alle Geld genommen haben, trotzdem sie wußten, aus welchen Quellen Støíbrný und sein Anhang die der Partei und einzelnen Personen zur Verfügung gestellten Geldmittel schöpfte. Jetzt, wo es gilt, einen Stil zu der Hacke zu finden, mit welcher dieser Beneš-Gegner definitiv erschlagen werden soll, greift man zurück auf die jahrelang geduldeten Korruptionsaffären und kitzelt das moraliche Gewissen des Parlaments und der Öffentlichkeit, um den gewünschten Zweck zu erreichen. Es wird zwar behauptet, daß der Zweck die Mittel heiligt, die Menschen aber, die solche Mittel anwenden, dürfen nicht Anspruch auf Heiligkeit, nicht einmal auf Ehrenhaftigkeit erheben. Wir Sudetendeutschen haben allen Grund, die schärfsten politischen Gegner des Außenministers Dr. Beneš zu sein. Wir können diesen rein sachlichen Kampf mit ausgesprochen politischen Mitteln nur solange führen, solange wir die Überzeugung haben, daß unser politischer Gegner auch ein politischer und ehrenhafter Kämpfer ist. Geht uns diese Überzeugung verloren - und das muß eintreten, wenn wir sehen, mit welchen fragwürdigen Mitteln Dr. Beneš sich seiner parlamentarischen Gegner zu entledigen trachtet - dann muß sich unsere sachliche Gegnerschaft mit der Zeit in Haß und Verachtung wandeln. Übrigens hat Dr. Beneš diese Methode des Kampfes auch gegen eines reichsdeutschen Journalisten, Ingenieur Kornhuber, angewendet, den er nur deshalb aus der Èechoslovakei ausweisen ließ, weil er sei Gegner war.
Wie falsch und unaufrichtig die Moralduselei über die Ehre und Würde des Parlamentes in dem Berichte des Untersuchungsausschusses ist, kann man schon daraus ersehen, daß heute noch der General der russischen Legionen Rudolf Gajda Besitzer eines Abgeordnetenmandates sein kann. Dieser Mensch, mit welchem noch im Jahre 1926 nationale Kreise der Èechen sympatisierten, als er gegen uns Deutsche in diesem Staate eine Diktatur aufrichten wollte, der ist heute nicht nur degradierter General der èechischen Armee, sondern durch das Buch Sacharows, das bereits in zweiter Auflage erschienen ist und nun auch in fremden Sprachen herausgegeben wird, als gemeiner Meuchelmörder, als ein Mensch, der sein ganzes Leben nur von Betrug, Diebstahl und Lüge gelebt hat, entlarvt. Trotzdem sind ehrliche Menschen gezwungen, mit ihm auf derselben Abgeordnetenbank zu sitzen. Herrn Außenminister Dr. Beneš fällt es gar nicht ein, die Ehrenhaftigkeit dieses Individuums anzuzweifeln und eine Untersuchung vor dem Völkerbund zu beantragen, um die schwere Anschuldigung des russischen Generalleutnants Sacharow gegen Gajda auf ihre Stichhältigkeit zu überprüfen. Im Gegenteil, man verbietet die Verbreitung des Buches von Sacharow im Inlande, wahrscheinlich um zu verhindern, daß hier die Wahrheit über so manchen Befreier der Èechoslovakei an das Tageslicht komme. Aber gerade durch die hier angewandte Methode des politischen Kampfes gegen Støíbrný haben Sie in der weitesten Öffentlichkeit die Meinung verbreitet, daß der Befreiungskampf der Èechen während des Weltkrieges nur deshalb erfolgreich zu Ende geführt werden konnte, weil es ein gutes Geschäft für die Taschen der Freiheitskämpfer war und auch noch weiter sein sollte. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. èervna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 73 této tìsnopisecké zprávy.] Ein Abgeordneter und Minister außer Dienst, der einmal auch so ein Träger dieses korrupten Systems gewesen ist, wird jetzt aus dem Parlamente vielleicht hinausgedrängt, die heutigen Träger des korrupten Systems bleiben aber weiter darin, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. èervna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Denn wie soll man das nennen, wenn aus dem ursprünglichen Bericht des Untersuchungsausschusses über Intervention der einzelnen Regierungsparteien alle Namen und alle Stellen weggelassen werden mußten, welche einzelnen Parteien und einzelnen Personen der Regierungsparteien, den jetzigen Ministern und jetzigen Abgeordneten irgendwie unangenehm sind oder sie irgendwie belasten.
Ist das nicht der beste Ausdruck und der klarste Beweis dafür, daß man durch den Untersuchungsausschuß nur einen Feldzug persönlicher Rache gegen Støíbrný geführt hat, daß man aber keineswegs für die Moral, für die sittliche Hebung des gesamten parlamentarischen Lebens arbeiten wollte, wovon auch niemanden die patroidiotische Moralisierungskomödie überzeugen wird, die heute der Ankläger Dr. Stránský hier aufgeführt hat. Wir Sudetendeutschen werden nicht eine Sekunde lang bedauern, wenn der Abg. Støíbrný, dieser geschworene Feind alles Deutschen, eines Tages dieses Parlament wird verlassen müssen. Es wird uns mit Genugtuung erfüllen, daß das Schicksal, das dem Abg. Støíbrný seine eigenen Volksgenossen bereiteten, auch uns Deutsche für das von ihm erlittene Unrecht an ihm rächt. Wir bedauern nur, daß den Abg. Støíbrný auf diesem Wege nicht alle jene Personen begleiten werden, die an materieller und moralischer Korruption irgendwie beteiligt waren und noch beteiligt sind.
Wir Deutschen brauchen nicht zu befürchten, daß die Seuche der Korruption auch auf uns ansteckend wirken könnte, selbst bei der engen Berührung, die zwischen uns und den Èechen jetzt auf der Ministerbank hergestellt ist. Die deutschen Regierungsparteien werden von den Èechen peinlich weit von jeder parlamentarischen Macht gehalten und damit gleichzeitig auch vor jeder Korruption bewahrt, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. èervna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.]
Zum Schlusse habe ich zu erklären,
daß meine Partei für den zweiten und vierten Antrag stimmen wird,
dagegen dem ersten und dem dritten Antrag ihre Zustimmung versagt.
(Potlesk.)