In einem der nächsten Abschnitte heißt es dann weiter:
"Bei den in Oberschlesien herrschenden Verhältnissen wird sich häufig die Zugehörigkeit zu einer Minderheit, besonders der Sprache oder der Rasse, nicht klar aus den Tatsachen ergeben. Eine solche Ungewißheit könnte z. B. hinsichtlich der Sprache da bestehen, wo eine Person weder deutsch noch schriftpolnisch spricht, oder aber mehrere Sprachen kennt und anwendet, hinsichtlich der Rasse in den Fällen der gemischten Ehen. Wenn die Behörden zu einer Nachprüfung oder einer Bestreitung des Inhaltes der Erklärung der Person selbst schreiten wollten, dann ist es wenig wahrscheinlich, daß sie in solchen Fällen der Wirklichkeit näherkommen würden. Ein derartiges Vorgehen seitens der Behörde würde überdies in den Augen der Bevölkerung leicht den Eindruck einer Schikane erwecken, die die politischen Leidenschaften entflammen und die Absicht der Befriedigung durchkreuzen würde, die auch die der Bestimmungen über den Schutz der Minderheiten ist."
Was gab es denn bei der Volkszählung hauptsächlich für Angriffspunkte? - Genau wie oben zitiert: Wo eine Person mehrere Sprachen kennt und anwendet und hinsichtlich der Rasse in Fällen der gemischten Ehen.
Und hat nicht die Duldung der so unglaublichen Schikanen vieler Zählkommissäre, Revisoren und Amtsstellen gelegentlich der Volkszählung neuerlich, wie oben erwähnt, die politischen Leidenschaften entflammt und die Absicht der Befriedigung durchkreuzt?
Allerdings finden wir diese Worte in einem Urteil des Haager internationalen Gerichtshofes über das deutsch-polnische Abkommen. Waren denn die èechischen Staatsmänner seinerzeit tatsächlich im Stande, das Vorhandensein der großen deutschen Minderheit mit 3·5 Millionen Deutschen gegenüber dem èechischen Staatsvolk von 7 Millionen vollständig in Abrede zu stellen und womöglich die 3·5 Millionen Deutsche als Angehörige des èechischen Volkes auzuweisen? Und war es nur diesem Umstand zuzuschreiben, daß kleineren völkischen Minderheiten wohl ein Minderheitenschutz gewährleistet wurde, während die deutsche Minderheit in diesem Staate zum Verschwinden gebracht wurde? Oder sind seitens der èechischen Unterhändler mit Rücksicht auf das Verhältnis der Deutschen zu den Èechen in diesem Staate 1: 2 Zusagen über die selbstverständliche Sicherung der Rechte dieser großen deutschen Minderheit gegeben worden, die man heute mit Rücksicht auf die immer noch geduldeten Nebenregierungen nicht in die Tat umzusetzen wagt?
Hier halte ich es wieder mit den Worten der Regierungserklärung. Es heißt dort: "Wir müssen uns hier mit allen Kräften um zwei Dinge kümmern: Erstens um Arbeit und zweitens um die Möglichkeit der Existenz für jene, welche ohne ihr eigenes Verschulden ihre Beschäftigung verloren haben."
Was für fürchterliche Bilder erscheinen da vor unseren Augen? Die Tausende und Abertausende mutwillig entlassener deutschen Beamten und Arbeiter, die bei der unzulänglichen Versorgung die ersten Arbeitslosen wurden. Und zwar Arbeitslose, die keine Arbeit scheuten, jede Arbeit aufnahmen, im èechoslovakischen Staat den Beweis schon erbracht hatten und mit Stolz auf ihre Leistung als Beamte und Arbeiter hinweisen konnten, weil - weil sie eben Beamte und Arbeiter in Staatsbetrieben waren, um dort zu arbeiten. Heute ist es vielfach modern geworden, Beamtenstellen und staatliche Arbeitsposten anzustreben, damit der Staat Gelegenheit bekommt, diesen Herren, die noch dazu nie zufrieden sind, den Gehalt und Lohn auszahlen zu dürfen. Die Arbeit wird den Wenigen überlassen, denen das Wort "Staatsbeamter" bereits mehr geworden ist. Daß unter solchen Verhältnissen diese "Auch-Staatsbeamten" sich zu jeder Aktion gegen die anderen Nationen angehörigen Staatsbürger mißbrauchen lassen und um sich zu behaupten, im èechischen Chauvinismus ihre Qualifikation erstreben, ist nur zu bekannt.
Auch hier haben wir in der Bekämpfung dieser Krise insbesonders für den Herrn Außen- und Innenminister ein weites Feld zur Betätigung. Der erstere schildert in hellsten Farben den in seinem Staate bereits eingezogenen Völkerfrieden, während der zweite nicht im Stande ist, die renitenten Výbor-Leute in und außerhalb der Ämter zu Paaren zu treiben, um das vom Außenministerium geschilderte Friedensbild endlich auch in den gleichen Farben zeigen zu können.
Daß diese Volkszählung im In- und Auslande entsprechend eingeschätzt wird, dafür sorgten èechische Staatsmänner und èechische Politiker selbst, die sich von ihren èechischen Zeitschriften über diese, eines modernen Staatswesens ganz unwürdigen Vorkommnisse unverholen äußersten. Die Verlautbarung des Ergebnisses der Volkszählung wird erst den Erfolg der deutschen Einsprachen aufzeigen und Gelegenheit geben, der ganzen Welt über den Grad Objektivität der durchgeführten Volkszählung Aufschluß zu geben.
Abhilfe auf diesem Gebiet der Krise ist nur möglich durch endliche Aufnahme von Qualitätsarbeit, durch energisches Wollen, durch Anerkennung des nächsten Nebenmenschen in seiner Arbeit und Existenzberechtigung, insbesonders durch ehrliche Erkenntnis der naturgegebenen Tatsachen.
Dieselben Hilfsmöglichkeiten sehe ich auch auf dem Gebiete der Wirtschaftskrise, hervorgegangen aus den Kriegsfolgen und wohl auch durch eigenes Verschulden der damalig verantwortlichen èechischen Staatsmänner, die schon damals den naturgegebenen Tatsachen nicht Rechnung trugen. Auch heute, zur Zeit der großen Wirtschaftsnot will ein Großteil der èechischen Verantwortlichen den natürlich gegebenen Verhältnissen nicht Rechnung tragen, nur weil es zur Gewohnheit geworden ist, die großen Abnehmer und Nachbarn Deutschland und Österreich samt Ungarn zugunsten der übrigen kleinen Ententestaaten und Frankreich zu vernachlässigen.
Dies ist wohl möglich, wenn die gerade gewünschte Politik allein im Stande wäre, alle Verh ältnisse zu meistern. Die Wirtschaft, die sich derlei Bocksprünge nicht zu leisten vermag, die sonst in soliden Bahnen geführt plötzlich zu Politik gemacht wurde, nunmehr aufzeigt, wieweit es der Mißbrauch der Wirtschaft durch Politik zu bringen vermag, mahnt nun energisch zur Vernunft, da ansonsten der vollständige Zusammenbruch unvermeidlich ist.
Die Mahnungen insbesondere der deutschen Landwirtschaft in der Èechoslovakei verklangen ungehört und zu spät kommen heute Viele zur Erkenntnis der an der Landwirtschaft dieses Staates begangenen Sünden. Bei der Zusammensetzung der Bevölkerung nach Erwerbsverhältnissen, durfte es zu einer Störung des Gleichgewichtes zwischen Erzeugung und Verbrauch nicht kommen. Die Bevölkerung dieses Staates wollte es selbst nicht anders und hemmungslos trieb die Volkswirtschaft der Katastrophe zu. Als endlich die Erkenntnis der verfehlten Führung kam, fanden sich nicht genügend Mutige, die in der Erstarkung des Innenmarktes die erste mögliche Waffe sahen, mit der diese herankommende allgemeine Wirtschaftskrise mit halbwegs Aussicht auf Erfolg bekämpft werden konnte.
"Die Landwirtschaft ist nicht genügend in Bezug auf Steuern erfaßt", wurde zum geflügelten Worte und alles wirft sich auf die Landwirtschaft, um sie zu effassen - und es gelang! Die bücherliche Verschuldung dürfte nicht mehr weit von 24 Milliarden entfernt sein - dies ist der Erfolg der Industriepolitik auf Kosten der Landwirtschaft.
Selbst heuer noch wagten die Steuerreferenten der Finanzlandesdirektionen, trotz der im Jahre 1930 gegenüber 1929 so stark gesunkenen Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, bei den Verhandlungen über die Festsetzung der Pauschalsätze für die Personaleinkommensteuer 1930 mit einem Antrag auf Erhöhung der Pauschalsätze zu kommen. Und ganz merkwürdigerweise sollten gerade die in den fruchtbarsten Gebieten gelegenen Landwirtschaften ohne Erhöhung bleiben, während die schlechtesten Wirtschaftsgebiete mit einer ganz ausgiebigen Erhöhung der Sätze bedacht werden sollten. Dieses frevelhafte Beginnen müßte endlich doch einer besseren Einsicht weichen, trotzdem sich das Finanzministerium gerne auf die von den Erhebungsorganen festgesetzten Ertragsmengen beruft. Erntemengen ja - aber die Preise! Hat denn das Finanzministerium noch immer keine Ahnung davon, daß die Erzeugerpreise auf Schleuderpreise herabgedrückt wurden, nur deshalb, weil in der Èechoslovakei in geradezu selbstmörderischer Art die landwirtschaftlichen Hilfsgesetze hinausgezogen wurden und in ihrer Auswirkung auf das Allergeringste herabgemindert worden sind?
Alle anderen Staaten, insbesondere unsere Hauptabnehmer Deutschland und Österreich, sicherten und hoben den Inlandsmarkt durch zeitgerechte und ausgiebige Schutzmaßregeln, während bei uns nach der berüchtigten Methode: "Ich möchte gerne, aber ich mag nicht", mit der Landwirtschaft Spielball getrieben wurde. Alle Parteien auf deutscher und èechischer Seite fanden wohl schöne Worte für die Landwirtschaft, in Wirklichkeit konnten wir jedoch überall die geballte Faust zu spüren bekommen.
Heute haben wir draußen Arbeitslosigkeit infolge der Unmöglichkeit, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse an den Mann zu bringen. Da von einer Deckung der Gestehungskosten keine Rede war, mußte alles verfüttert werden, deshalb ist nun auch auf dem Gebiete der Vieh- und Fleischverwertung die gräßliche Katastrophe eingetreten. Anläßlich dieser Ertragskatastrophen, die sich besonders kraß beim Flachs, Wein, Gemüse und Hopfen auswirken, fordere ich aus dem bereits bewilligten Notstandsfond von 150 Millionen die Hälfte für die Förderungs- und Hilfemaßnahmen der Landwirtschaft.
Insbesondere ist es der Flachsbauer, der wohl am härtesten getroffen wurde. Die Ernte des Jahres 1930 ist größtenteils durch Unwetter vernichtet und die Ernte des Jahres 1929 größtenteils noch unverkauft in Händen des Besitzers. Der Stengelflachs ist heute dem Streustroh-Preis gleich und um diesen Preis nicht zu verkaufen, da der Flachs zu Streuzwecken nicht geeignet ist. Niemand will diesem unter den schwersten Bedingungen schaffenden Menschen gegenüber soviel Verständnis aufbringen, daß auch ihm die Existenzbedingungen gesichert werden müssen. Der Steuerexekutor ist in diesen Gebirgsdörfern der tägliche Gast. Die Verzweiflung wächst unter diesen harten Menschen und höchste Zeit ist es, sich ihrer auch zu erinnern. Falsche Freunde, die sich hier verraten, sind mit gleisenden Worten an der Arbeit, sie sich selbst und ihren Organisationen abspenstig zu machen. Der letzte Artikel des Prof. Horpynka, die Reden des Herrn Prof. Schollich und des Herrn Prof. Hilgenreiner, sowie der sozialistischen Freunde, lassen diese Landwirtsfreunde im richtigen Lichte erscheinen.
Die Landflucht ist bereits derart groß, daß wir bald - und nun will ich ein Beispiel aus Frankreich anführen - ähnliche Dorfruinen wie dort finden werden, da sich in Kürze schon niemand finden wird, den kargen Boden der Gebirgsgebiete um den Hungerlohn der derzeitigen landwirtschaftlichen Erzeugungspreise betreuen zu wollen. Die Stadt lockt ja, zum Vergnügen und zum Verbrechen. Ob dann noch - wenn es zu spät ist, die paar Bajonette imstande sein werden, das russische Gespenst aufzuhalten, bleibe dahingestellt.
Gebt jedem Arbeit und Bezahlung, aber auch dem Landwirt Lohn für seine nimmermüde Arbeit.
Abhilfemaßnahmen stellt uns die Regierungserklärung in Aussicht. Mittel für Investitionen sind im Budget vorgesehen und müssen, wenn notwendig, beschafft werden. Doch womöglich nicht auch noch durch erneute Besteuerung. Es gibt Menschen, die ungeheuere Vermögen ohne Arbeit zu leisten, zu verdienen verstanden. Den Händen und dem Hirn des Arbeiters, des Bauern und des Festbesoldeten haben sie dies Vermögen zu verdanken. Volk in Not - heißt die Losung aller Völker dieses Staates. Die großen Verdiener, sie mögen das Vermögen behalten, aber zu geringsten Zinssätzen dem Staat zur Durchführung von Notmaßnahmen zur Verfügung stellen, Geradezu aufreizend wirkt es, wenn die Banken ungeheuere Reinerträge ausweisen, den obersten Aufsichtsorganen Hunderttausende von Kronen an Tantiemen auszahlen, die Direktoren der Großbanken und Industriekonzerne Millionäre werden, während die von Banken gestützten und von den Direktoren geleiteten Industrien zugrunde gehen. Die Zinsfußherabsetzung darf nicht allein beim Einlagenzinsfuß durchgeführt werden! Ohne ausgiebige Herabsetzung des Bankzinsfußes bei Darlehen ist jede Hilfe für die Industrie überhaupt aussichtslos. Die heimischen Brauereien mit ihren Riesengewinnen fordern ein Gerstenausfuhrverbot, da sie infolge ihres schlechten Geschäftsganges nicht einmal die bis vor 14 Tagen geltenden Gerstenpreise bezahlen wollten, in der Hoffnung, die Gerstenpreise noch tiefer drücken zu können. Da nun die Landwirtschaft im Ausland für die Gerste halbwegs annehmbare Preise erzielte, muß rasch der Ernährungsminister zur Hilfe gerufen werden, um auch diese Preise noch auf das Niveau der übrigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse herabzudrücken. Wer wird aber im folgenden Falle zu Hilfe kommen, um auch hier den Preis zu drücken?
Eine kleine Gemeinde zahlte bisher für die durch die Wasserleitung entnommenen Wassermengen dem bisherigen Waldbesitzer einen jährlichen Anerkennungszins von 10 Kronen. Seit kurzem ist der Staat Besitzer und schon verlangt die geschäftstüchtige Staatsverwaltung 12 Heller für 1 m3 Wasser, was den Verbrauchern dieser armen kleinen Gemeinde, plötzlich eine unerwartete Belastung von 5000 Kè jährlich aufbürdet.
Ganze Romane könnten erzählt werden, wie sich alles um die Herabsetzung der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse bemüht, ohne zu fragen, auf welche Weise der Landwirt seinen Verpflichtungen nachzukommen vermag, ob er seine Arbeit eingerechnet und bezahlt bekommt, ob die Arbeit der eigenen Kinder in der Wirtschaft entsprechend bezahlt wird und ob endlich auch für den Arbeitsveteranen, das alte Ausgedingerpaar, entsprechend vorgesorgt ist. Das alles wird dem Landwirt selbst überlassen und er, der Arbeitsgewohnte, gibt sein einziges Schutzmittel, seinen Stimmzettel Jedem, der ihm etwas verspricht, ohne daß der Landwirt erst gründlich untersucht, ob bei dem Versprechenden auch tatsächlich der Wille und die Möglichkeit vorhanden ist, das Versprechen zu erfüllen. Die Selbsthilfe, die bisher über so manches hinausgeholfen hat, reicht nicht mehr aus - hierher gehört ausgiebige Staatshilfe, um durch Abkürzung des Weges zwischen dem Erzeuger und dem Verbraucher der Nahrungsmittel, sowohl dem Landwirt entsprechende Entlohnung, wie auch dem Verbraucher entsprechend wohlfeile Lebensmittel bieten zu können. Die heutige Krisenzeit erfordert eine außerordentliche Vergrößerung und Umstellung der landwirtschafts-genossenschaftlichen Selbsthilfsorganisationen. Die dazu notwendigen Mittel hat die Landwirtschaft nicht. In diesem Selbsthilfe-Bestreben blieb die Landwirtschaft auf ihre eigenen Mittel angewiesen und vermochte trotz ständiger Urgenz, die staatliche Förderung nicht zu erreichen.
Senator Tichý der Gewerbepartei sprach gestern davon, daß die Landwirtschaft durch ihre genossenschaftliche Selbsthilfe, gewerbliche Existenzen bedrohe. Wir haben gar kein Interesse daran, Existenzen zu vernichten und den sozialistischen und kommunistischen Parteien neuen Zuzug zu verschaffen. Brüderlich standen wir Seite an Seite im Kampf um Heimat und Dorf und wollen es weiter so halten. Das seuchenhaft auftretende Ziel, verdienen zu wollen, im Anblick des Unglückes des stärkeren Bruders, ließ das Gewerbe eine Zeitlang andere Wege suchen. Einige dadurch erzwungene landw. Genossenschaften, brachten Vernunft und stellten die alte Freundschaft wieder her.
Und doch hatten es die Gewerbetreibenden in der Hand, der Landwirtschaft ausgiebige Hilfe zu bringen. Auf die Dauer der Notzeit verarbeiteten und verkauften wir nur aus heimischen landwirtschaftlichen Produkten hergestellte Lebensmittel und greifen nur bei eintretenden Mangel auf die ausländische Ware. Das wäre die Zauberformel, die ungeahnt viel hätte helfen können.
Der heimische Verbraucher denke doch daran, daß auch er durch Verbrauch heimischer Nahrungsmittel, die zumindest den Vergleich mit den fremden aushalten, beizutragen hat, die Krise rascher zu übertauchen.
Die Steuerverwaltung eröffne sich endlich die Quellen dort, wo bisher scheinbar auch für sie die Türen mit 7 Schlössern verschlossen waren und raffe sich endlich zur Einführung der Ertragssteuern, bei der Landwirtschaft unter Ausschaltung der nur einseitig der Landwirtschaft aufgezwungenen direkten Steuern mit der so bequemen Umlagenfähigkeit. Ist der Ertrag also tatsächlicher Verdienst hier - dann entsprechend hohe Steuern; fehlt aber der Ertrag - dann auch den Landwirten Schonung, Steuerabschreibung, Stundung, geduldeter Ausgleich usw.
Wir verschließen uns nicht der Erkenntnis der heutigen Verhältnisse. Infolge der Zerstörung des Innenmarktes ist die fürchterlichste Not über die Arbeiterschaft hereingebrochen. Möglichste Hilfe durch Unterstützung, aber insbesondere durch Schaffung von Arbeit tut Not.
Wo die hiefür notwendigen Mittel herzunehmen sind, habe ich bereits angedeutet. Die praktische Verwendung für produktive Investitionen erfordert aber auch verständnisvolle Mitarbeit in den verschiedensten Amtsstellen unter vollständiger Ausschaltung aller völkischen Voreingenommenheiten.
Wo Not - dorthin Hilfe, aber nicht nur für die gewissen Organisationen, sondern für alle Arbei tswilligen, die arbeitslos geworden sind.
Ministerpräsident Udržal kündigte Verhandlungen mit anderen Staaten an, die angeblich einen günstigen Verlauf nehmen. Bisher wurden 13 Handelsverträge geschlossen; leider sind diese Staaten recht weit vom Schuß oder unsere Interessen in diesen Staaten sind nur verhältnismäßig gering.
Zu diesen, nunmehr auch mit den nähergelegenen Staaten in Fluß kommenden Verhandlungen, fehlt uns leider der von deutscher Seite immer wieder geforderte Zolltarif.
Eine Regierungsvorlage liegt bereits vor, nach der die Republik dem Zollfrieden beitreten solle, während wahrscheinlich aus lauter falscher Scham mit den besten und größten Abnehmern noch nicht einmal die rechten Vorbedingungen für die Verhandlungen in Angriff genommen werden. Der Freunderl-Wirtschaft, bei der die Landwirtschaft in der Èechoslovakei immer zur Gänze an die Wand gedrückt wurde, muß endlich bei diesen Verhandlungen ein Ende gemacht werden.
Für die gesamte Volkswirtschaft dieses Staates wird doch endlich einmal ein Standpunkt in Betracht kommen, von welchem, wie von einer höheren Warte aus, das bisherige Elend der Kleinkramarbeit überblickt, ein etwas besserer Zug und eine bessere Auffassung über das zu leisten Notwendige in die Verhandlungen hineingetragen wird.
Bei der Untersuchung, welche Staaten für eine wirtschaftliche Kooperation in Betracht kommen, ergibt sich auf Grund der Handelsstatistik ein Bild, welches verdient festgehalten zu werden. Die Èechoslovakei allein in Verbindung mit Südslavien und Rumänien erschlägt die eigene Landwirtschaft. Der Nachbar Ungarn läßt sich nicht umgehen und kommt auch noch mit seinen landwirtschaftlichen Überschüssen, so daß bei den außerdem noch Polen erwiesenen Freundschaftsdiensten die heimische Landwirtschaft verschwinden würde, und trotzdem die Agrarüberschüsse dieser Staaten bei weitem nicht aufgenommen werden könnten. Für den Überschuß an Landwirtschaftserzeugnissen aus Ungarn, Jugoslavien und Rumänien käme bei Schaffung einer in agrarischer und industrieller Hinsicht sich ergänzenden Staatengruppe neben der Èechoslovakei als Staat, der landwirschaftliche Erzeugnisse einzuführen gezwungen ist, noch Österreich in Betracht. Aber auch Österreich und die Èechoslovakei vermögen nicht den ganzen Überschuß dieser Länder aufzunehmen. Als Einfuhrland für Landwirtschaftserzeugnisse kommt für die osteuropäischen Staaten vor allem Deutschland in Betracht. Deutschland ist mit seinen Handelsinteressen auch in anderer Richtung ganz bedeutend interessiert, so daß vorerst eine Staatengruppe der genannten fünf kleinen Staaten in Erwägung zu ziehen ist. Die Sicherung der gemeinsamen Wirtschaft aller dieser Staaten wäre gegeben, wenn Deutschland noch hinzutreten würde, weil dieses Land als größtes Einfuhrland für landwirtschaftliche Erzeugnisse die einzige Abnahme-Sicherheit für den Überschuß der Agrarprodukte der sogenannten Agrarländer bildet.
Die 5 Staaten bieten in ihrer Erzeugung, in ihrem Bedarf und in ihrem Absatz die natürlichen Unterlagen für die aufzunehmenden Arbeiten zur Gesundung der Volkswirtschaft auch in unserem Staate. Dieses mitteleuropäische Wirtschaftsgebiet, bestehend aus den 5 Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns unter dem späteren Hinzutritt Deutschlands und allenfalls anderer mitteleuropäischer Staaten würde in seiner Wirtschaft konsolidiert so stark werden, daß es einerseits dem Druck Rußlands und andererseits der Geschäftstüchtigkeit Amerikas gegenüber genügend Widerstandskraft besäße, die Volkswirtschaft und dadurch Ruhe und Frieden in den Staaten genügend sichern zu können.
Die Regierungserklärung spricht von ihrem aufrichtigen Bestreben, in tunlichst kurzer Zeit mit allen Staaten, also auch mit unseren nächsten Nachbarn, zur Regelung geordneter Handelsbeziehungen zu gelangen.
Dies ist nicht möglich, wenn sich morgen oder übermorgen die beiderseitigen Unterhändler zusammensetzen und den Handelsvertrag machen, den dann nachträglich mit allen vom Außenministerium dazugesetzten Geheimklauseln zu genehmigen das Parlament verpflichtet wird. Wollen wir doch die Regelung dieser wirtschaftlich so ungeheuer schweren und komplizierten Fragen etwas ehrlicher aufnehmen.
Wie schon erwähnt, fehlt dazu ein neuer, der Gegenwart entsprechender Zolltarif. Deshalb können wir bis zu dessen Gesetzwerdung nur kurzfristige Provisorien eingehen. Sofort sind jedoch die für den Zolltarif notwendigen Vorarbeiten aufzun ehmen, damit wir womöglich nach 10 Jahren nicht wieder, wie schon seit dem Jahre 1924, hören müssen: "In zwei Jahren ist der Zolltarif fertig". Wir brauchen den Zolltarif umsomehr, als wir ja heute schon gedrängt werden zum sog. Genfer Zollfriedensvertrag Stellung zu nehmen bzw. beizutreten. Während beinahe sämtliche anderen Staaten ihre neuen Zolltarife und neuen Schutzzollmaßnahmen, insbesondere für die landwirtschaftliche Produktion, in Ordnung haben, stehen wir eigentlich erst am Anfange der Arbeiten.
Die Arbeiten am Zolltarife, die Führung der Handelsvertrags-Verhandlungen und die sonstigen Amts- und Dienstesobliegenheiten stellen an die damit betrauten Personen derartige Anforderungen, daß dies alles von denselben Personen beim besten Willen und Anspannung aller Kraft eben nicht geleistet werden kann.
Teilung der Arbeit ist da notwendig. Deshalb empfehle ich zur Ergänzung die Einsetzung einer Studienkommission für die rascheste Erforschung der inneren Hemmungen unserer Volkswirtschaft selbst. Die zur Behebung dieser Hemmungen zu beschreitenden Wege kann nur diese, aus den besten Fachleuten der verschiedenen erwerbenden Gruppen der Bevölkerung zusammengesetzte Kommission finden.
Ähnliche Studienkommissionen wären für die Nachbarstaaten anzuregen, soweit sie nicht in diesen Staaten bereits in voller Arbeit sind. Leider scheinen wir da schon wieder nachzuhinken.
Nach Erledigung dieser Aufgabe haben diese Kommissionen der betreffenden Staaten zusammenzutreten, um gemeinsam den möglichen Ausweg aus dem durch die Zerreißung des einheitlich aufgebauten Wirtschaftsgebietes der ehemaligen öster.-ungar. Monarchie entstandenen Wirtschaftschaos zu finden. Gewiß eine Aufgabe, wert, die besten Männer der einzelnen Staaten mit der Lösung dieser Frage zu betrauen.
Hiebei darf die in der Èechoslovakei so gerne zur Schau getragene falsche Scham keine Rolle spielen.
Wir Deutschen sind bereit zur Lösung dieser Aufgabe unsere besten Volkswirte, ob Industrie oder Landwirtschaft, zur Verfügung zu stellen, wodurch wir der in der Regierungserklärung geforderten "gegenseitigen und zielbewußten Mitarbeit aller Faktoren des Staates und der Bevölkerung" entsprechen. Die Initiative hiezu zu ergreifen, wäre meines Erachtens Pflicht des Außenministers Dr. Beneš. Nichts wäre besser imstande, den ehrlichen Willen zur tatsächlichen Abrüstung zu beweisen, als die Inangriffnahme und Lösung dieser Aufgabe, wobei auch gleichzeitig die Qualifikation für den Vorsitz in der Abrüstungskonferenz gegeben wäre.
Erst durch diese ernste Arbeit beweisen wir, ja zwingen wir unseren Nachbarn den Glauben auf an unseren ehrlichen Willen, durch Sicherung der Volkswirtschaft in den einzelnen Staaten erst so recht den Frieden zu begründen. Erst dadurch wird der Satz der Regierungserklärung: "Es ist ferner unser aufrichtiges Bestreben, in tunlichst kurzer Zeit mit allen Staaten zur Regelung geordneter Handelsbeziehungen zu gelangen", so recht den wahren Wert der Regierungserklärung aufzeigen.
Wir werden der Regierung die erbetene
Mitarbeit nicht verweigern. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Angesichts der furchtbaren Notlage, in die ohne Quentchen eigener Schuld hunderttausende Staatsbürger getrieben wurden, angesichts der Tatsache, daß heute hunderttausende von Menschen verzweifelt umherirren und vergeblich nach Brot und Arbeit für Frau und Kinder suchen, angesichts der grauenhaften Zustände, daß ungezählte Kinder hungrig zu Bette gehen müssen, hungrig, mit Lumpen nur notdürftig bekleidet zur Schule, sollte man wohl meinen, daß alle sonstigen Gegensätze hier auf kurze Zeit zu schweigen hätten, daß auch alle Parteistandpunkte zurücktreten müßten, daß nur einzig und allein die Stimme der Menschlichkeit zum Worte kommen dürfte. Was alles uns sonst trennt und uns gegeneinander führt, oft in hitzigem Streite, was uns programmatisch, sogar weltanschaulich scheidet, alle unsere Zukunftspläne, alles müßte zurücktreten vor dem einen Programm, vor einem Problem: Wie retten wir diese Menschen vor dem Hungertod? Es hungern Brüder und Schwestern, es hungern Kinder, es verelenden Kinder, es werden Kinder in ein Krüppeldasein hineingetrieben und es ist, so hart das Wort auch klingt, noch nicht einmal das Ärgste, daß Kinder einem frühzeitigen Tode verfallen, denn es steht vielen von ihnen noch Schlimmeres bevor.
Und da, in einer solchen Zeit, wenn etwas von dem Scheine gerettet werden soll, den wir meinen, wenn wir von Kultur sprechen, müßte man daran gehen, alle Kraft dem einen Zwecke zu widmen, dieses Elend abzuwenden. Ich möchte sagen, es gibt in diesem Augenblicke eine einzige wirkliche Kulturfrage: Brot für die Menschen, die des Brotes bedürfen, damit sie nicht ein vorzeitiges elendes Ende nehmen. Wenn ein Haus brennt, gibt es eine einzige Notwendigkeit: Löschen. Wenn ein Mensch am Ertrinken ist, heißt es, ihn zu retten, und alle Diskussionen, warum das Haus brennt - die noch so notwendig sind, um ähnlichen Ereignissen in Zukunft vorzubeugen - ebenso wie die Frage, warum der Mann ins Wasser gefallen ist, müßten zurücktreten vor dem einen, was der Augenblick notwendig macht: Retten! Das ist das Gebot der Stunde. Ich frage: Lebt dieser Rettungswille hier? Nein! Es muß festgestellt werden, daß die großen Nutznießer dieser Gesellschaftsordnung für die Opfer dieser Ordnung nichts übrig haben, es muß festgestellt werden, daß vor allem die èechoslovakische Unternehmerschaft für die Opfer ihrer Wirtschaft freiwillig gar nichts zu tun bestrebt ist. Unsere Unternehmerschaft ist die einzige in Mitteleuropa, die für die Opfer der Krise nichts übrig hat. Die Unternehmer Österreichs haben 60 Millionen Schillinge für die Arbeitslosenfürsorge gegeben. Wenn wir das in unserer Währung und in unseren Größenverhältnissen umrechnen, würde das einem Betrag von 600 Millionen Kè entsprechen. Aber unsere Unternehmer haben Profite eingeheimst, und in der Zeit guter Konjunktur sehr reiche Profite. Besonders will ich hier die Textilunternehmer vornehmen. Aber sie haben, als die Profite nachgelassen und aufgehört haben, augenblicklich ihre Bude geschlossen und einen blauen Teufel sich darum gekümmert, was aus den Arbeitern werden soll, die von ihnen auf die Straße gesetzt worden sind. Sie haben die Gewinne zur Rationalisierung verwendet, sie haben die Rationalisierungsmaschinen angekauft, die heute stille stehen. Wir haben heute eine Reihe von kleinen Unternehmern, die wirklich nicht mehr mitkönnen, und billige Objekte für die Banken werden dürften, und daneben die großen Unternehmer, die die Courage und den traurigen Mut aufbringen, die furchtbare Situation, die heute aus der Profitwirtschaft heraus über die Massen der Menschen gekommen ist, zu Lohnräubereien zu benützen.