Ètvrtek 12. února 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 104. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 12. února 1931.

1. Øeè posl. Hodiny (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Gelegentlich einer Aussprache von aus verschiedenen Wirtschaftszweigen hervorgegangenen Persönlichkeiten erklärte ein der nationaldemokratischen Partei angehöriger Industriellenvertreter: Wir stimmten im Jahre 1930 nur deshalb für den 150-Millionen-Fond, da im nächsten Jahre Arbeitslosigkeit zu gewärtigen war und diese 150 Millionen dann für Arbeitslosenunterstützungen notwendig sein werden.

Im Jahre 1930 sehen die Industriellen in gewissen Konzernen zusammengeschlossen unter Führung bzw. im Abhängigkeitsverhältnis zu dem Großbankenkonzern die i. J. 1931 aufkommende Arbeitslosigkeit voraus und stimmen ohne Rücksicht auf andere Erwerbstätige den Unterstützungskrediten zu, um sie dann mit Hilfe der arbeitslos gewordenen Industriearbeiterschaft einseitig für diese Zwecke in Anspruch nehmen zu können.

War es denn in der Èechoslovakei tatsächlich notwendig, daß eine solche Wirtschaftskatastrophe eintrat?

Die Èech oslovakische Republik übernahm aus der Erbmasse nach der österreichischungarischen Monarchie einen außerordentlichen Prozentsatz der Industrie. Bei den verschiedenen Industriezweigen erreichte der èechoslov. Anteil die Höhe von 60 bis 80, ja auf manchem Gebiete sogar 92 % der gesamten österreichisch-ungarischen Produktion.

Anders stand es damals mit der Aufteilung des Inlandsmarktes. Auf diesem Gebiete entfiel auf die Èechoslovakei kaum der Anteil von 25 %, da von rund 54 Millionen Menschen nur 13 1/2 Mill. Menschen als Inlandskäufer übernommen wurden. Es ist dies gewiß eine Erscheinung, die für die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Lage eines Staates von außerordentlicher Wichtigkeit ist.

Von Haus aus war aus diesen Zahlen zu entnehmen, daß hier die Ausfuhr von Industrieartikeln hauptsächlich in Betracht kommen wird, wenn die Industrie in dem übernommenen Ausmaße erhalten bleiben soll. Unsere natürlichen Abnehmer von industriellen Produkten waren Deutschland und Österreich, während alle anderen Staaten, unsere Ausfuhr betreffend, erst hernach rangierten.

So weist uns unsere Handelsstatistik aus, daß bis in die letzte Zeit unser Außenhandelsverkehr mit Deutschland 1 1/2mal so groß war wie der Außenhandelsverkehr mit Nordamerika, Argentinien, Ungarn, Rumänien, Polen und Jugoslavien.

Unsere größten Abnehmer waren Deutschland und Österreich! Naturnotwendigerweise hätte man annehmen sollen, daß gerade mit diesen Hauptabnehmern möglichst bald ein Abkommen getroffen und Handelsverträge geschlossen werden, um sich diesen Absatz zu sichern. Statt dessen wurden gerade diese Großkäufer so behandelt, daß sie, durch diese Behandlung dazu gezwungen, daran gehen mußten, möglichst auf allen Gebieten die Selbstgenügsamkeit zu erreichen.

Die Folgen traten bald ein (Souhlas.) und wirken sich dieselben heute umso ärger aus, als sowohl der Staat als auch die Industrie selbst sich durch die in der Nachkriegszeit eingetretene Industriekonjunktur verblenden ließen, um dieses Staatsgebiet - die seinerzeitigen Kornkammern Österreich-Ungarns in ein reines Industriegebiet umzuwandeln begannen. Die. Konjunktur war günstig. Durch die Kriegszeit und das Unvermögen nachzuschaffen, war großer Bedarf der verschiedensten Industrieprodukte eingetreten. Die schönen Gewinne lockten, der Staat versprach sich gute Steuereinkünfte davon und es wurde deshalb gebaut, vergrößert, erneuert, was und wie es nur gerade möglich war. Und die nächsten Folgen? Sie fanden sich sehr bald ein, da eben gerade der Inlandsmarkt so klein übernommen wurde mit seinen 13 1/2 Mill. Menschen, während der übernommene, ohnehin unnatürlich große Anteil der Industrie durch diese Konjunkturgründungen unnatürlich vergrößert wurde.

Wir sehen, wie rasch beinahe die ganze Industrie in die Zinsknechtschaft von einigen Großbanken gelangte. Der Konjunkturgewinn läßt die doch sicherlich auf solidesten Grundlagen aufgebaut gewesene Industrie in diesem Staate selbst die Scheu vor den geforderten Wucherzinsen verlieren. So sehen wir einen Betrieb um den anderen in vollständige Abhängigkeit geraten, da selbst die schönen Gewinne der Konjunkturzeit die Darlehensprozente von 9, 10, 14 ja selbst 18% nicht auszuhalten vermochten. Es soll mich gar nicht wundern, wenn wir demnächst bei einer gesamtstaatlichen Volkswirtsschau die Großbanken in edelstem Wetteifer werden bemüht sehen, der Welt vor Augen zu führen, die tausende von ehedem solid fundierten Produktionsstätten und Unternehmungen, die durch den unmöglichen Darlehenzinsfuß bereits in volle Banken-Abhängigkeit gebracht worden sind. Die Großbanken sind Händler übelster Sorte geworden und darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn dieses wucherische Verdienenwollen zu Gunsten weniger Einzelpersonen nunmehr auch schon die Massen der gewöhnlichen Sterblichen befällt und Lug, Betrug und Diebstahl als Eigenschaften gepriesen werden, die allenfalls eine raschere Bereicherung ermöglichen.

Wundern wir uns nicht mehr darüber, wenn wir Städte und Städtchen finden, in denen auf je 18 bis 25 Personen schon eine Person ausgewiesen scheint, die sich mit irgendeinem Handel beschäftigt, leben will oder sich auf welche Art immer - bereichern will, um es den Großbanken und deren Drahtziehern nachmachen zu können.

Als weitere Folge der Überindustrialisierung, die noch dazu durch die seinerzeit in geradezu mörderischer Art überlizitierten Industriezölle gegen jede Auslandskonkurrenz vollständig geschützt war, trat nach anfänglich gutem Inlandsabsatz das Stocken dieses Absatzes ein, da der außerordentliche Nachkriegsbedarf bald gedeckt war. Nun kam die bange Frage: Wohin mit dieser Überproduktion?

Ein Mittel, war bald gefunden! Die Landwirtschaft war in ihrer Produktion vollständig ungeschützt. Der Weg war gefunden. Und nun begann ein fröhlich Jagen! Die Industrieprodukte fanden im übrigen Auslande Absatz. Daß sich diese Staaten, um nicht in ihrer Wirtschaft erdrückt zu werden, zur Wehr setzten, ist selbstverständlich. Die unbegrenzte Ausfuhr ihrer landwirtschaftlichen Produkten-Überschüsse war die Gegenforderung - und sie wurde leider bewilligt. Industrie und Bankenwelt war imstande gewesen, die seitens der Landwirtschaft erhobenen Bedenken zu zerstreuen. Damit war der heimischen Landwirtschaft das Urteil gesprochen. Auf Kosten der Landwirtschaft sollte die weitere Industrieförderung durchgeführt werden.

Nutzlos war der Hinweis auf die beispielgebende Arbeit der Landwirtschaft, die sie in der Nachkriegszeit zwecks Erhöhung der ha-Erträge aufnahm, wodurch in wenigen Jahren die Produktion bis zur Selbstgenügsamkeit gesteigert wurde. Die warnenden Stimmen vom Jahre 1925 wurden nicht gehört. Die zum Schutze der Landwirtschaft von uns deutschen Landwirten gestellten Anträge wurden leider erst nach Eintritt der Preiskatastrophe in Verhandlung gezogen. Das vorgetäuschte Schreckgespenst der sofort einsetzenden Teuerung nach Bewilligung von landwirtschaftlichen Schutzzöllen war imstande gewesen, genügenden Schutz für die Landwirtschaft zu verhindern. Die vollständig ungenügenden Zollsätze des Jahres 1926 waren der einzige Erfolg unserer Bemühungen.

Die Ernte des Jahres 1928 und des Jahres 1929 zeigten uns, daß die Landwirtschaft der Èechoslovakei die Versorgung der Bevölkerung bis auf wenige noch fehlende Prozente durchzuführen vermag. Trotzdem wurden im Jahre 1929 40.000 Waggon Brotgetreide eingeführt, so daß wir, die frühere Kornkammer Österreichs, die höchste Einfuhr von Mehl und Mehlgetreide aufzuweisen haben. Während beispielsweise die Mehleinfuhr nach England nur 3·4 kg und nach Deutschland nur 0·7 kg pro Kopf und Jahr beträgt, erreichte die Mehleinfuhr bei uns 15 kg pro Kopf und Jahr der gesamten Bevölkerung.

Selbstredend führte eine derartige schier unbeschränkte Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten einen Preisverfall sämtlicher landwirtschaftlichen Produkte herbei, ohne daß bis heute die konsumierende Bevölkerung eine den jetzigen Preisen entsprechende Herabsetzung der Detailpreise beim Lebensmitteleinkaufe verspürt.

Die Industrie stellte sich auf den Standpunkt, nur bei billigsten Lebensmittelpreisen den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Preisherabsetzungen bei ihren Produkten seien mit Rücksicht auf die Löhne unmöglich. Steuerstundungen, Steuernachlässe und Ausgleiche kamen trotzdem immer mehr und mehr auf. Der Auslandsabsatz wird geringer, da unterdessen heimische Industrielle und die Großbanken im Hinblick auf den im Inlande immer geringer werdenden Gewinn im Ausfuhrlande selbst Fabriken einrichten. Die Produktion ist dort billiger und die Hauptsache, der Gewinn größer. Deshalb werden skrupellos und ohne Rücksicht auf die eigene Volkswirtsuhaft, auf die Tausende vernichteter Existenzen nur mit Hilfe von Beiträgen der Auslandsstaaten im Auslande Industrien gegründet und im Inlande das Elend vergrößert.

Der Landwirt, der größte Konsument der Industrieprodukte, mußte zur Selbsthilfe greifen, wenn er die bereits auf 22 Milliarden angewachsene Verschuldung des landwirtschaftlichen Besitzes nicht ungeheuerlich steigern wollte. Das einzige Hilfsmittel in der Not, das Sparen, setzte ein und damit ging der letzte Inlandskäufer zur Gänze verloren. Wie soll nun der Landwirt, der heute umgerechnet kaum 50% der Friedenspreise für seine Produkte erhält, während die Produktionskosten um 150 % gestiegen sind, aufnahmsfähig bleiben.

Der vollständige Zerfall und Zusammenbruch der Landwirtschaft ist damit besiegelt. Und hat denn wenigstens der Konsument etwas davon, wenn der Landwirt für seine Produkte nichts bekommt? Nein! Die Preissenkung der Lebensmittel steht in gar keinem Verhältnisse zur Preissenkung unserer Produkte. (Jawohl!)

Scheinbar ist die Masse der Konsumenten, die Landwirtschaft, das notwendige und ehrlich arbeitende Gewerbe und der Staat selbst nicht imstande, den wenigen paar hundert Leuten, die zwischen uns und den Konsumenten stehen, ohne Arbeit und auf Kosten beider Gruppen maßlose Reichtümer ansammeln, das Handwerk zu legen. Die Erziehung durch die Presse ist soweit gediehen, daß nur alles Fremde brauchbar, das Heimische dagegen als unbrauchbar hingestellt wird. Wäre ansonsten der große Schwindel mit englischen Stoffen, die in Wirklichkeit aus Jägerndorf, Reichenberg oder Brünn stammen, möglich? Muß wirklich das Gebäck aus heimischem Weizenmehl ungenießbar und nur das ausländische als bekömmlich hingestellt werden? So gäbe es Beispiele genug, wie Obst, Gemüse, Wein, Trauben, Flachs - alles dies ist, sofern es aus dem Inlande stammt, ungenießbar und unbrauchbar und müssen Millionen und Millionen dafür ans Ausland abgegeben werden, da wir alle diese fremden Produkte nur deshalb von heimischen Konsumenten aufgenommen sehen, weil sie eben aus der Fremde stammen und recht teuer sind.

Allein vermögen wir Landwirte diesen weiten Weg zwischen dem Erzeuger und Verbraucher nicht zurückzulegen, da muß uns schon der Konsument von der anderen Seite entgegenkommen. Vereint erst durch die Arbeit werden wir imstande sein, den illoyalen und illegalen Zwischenhandel auszuschalten nur zum Nutzen beider Bevölkerungsgruppen.

Diese Opferung der Landwirtschaft, um dadurch der Industrie aufzuhelfen, führte nicht zum Ziele. Die Landwirtschaft reißt alles andere mit in das Elend.

Erst ein Wiedererstarken der landdwirtschaftlichen Bevölkerung vermag auch den übrigen Ständen Rückhalt zu geben und wenigstens den Inlandsmarkt zu beleben.

Die sündhaften Künste der Rationalisierung, die den Menschen durch die Maschine ersetzt, vermochten nicht die Arbeitslosigkeit zu beheben. Im Gegenteil! Die in der Industriekonjunkturszeit unter Vorspiegelung der gesicherten Existenz in die Stadt gelockten Dorfmenschen wurden vielfach durch die Rationalisierung erwerbslos. Bitter rächt sich auch auf diesem Gebiete das seinerzeit ausgegebene Schlagwort - "Rationalisierung". Wie viele Arbeiter, besonders aber Arbeiterführer versprachen sich von der Rationalisierung Alles für die Arbeiterschaft, und ersehen jetzt zu ihrem großen Erschrecken, daß insbesondere die Volkswirtschaft keine Spiegelfechterei mit Schlagworten verträgt. (Výkøiky poslancù nìm. soc. demokratické strany.)

Tausende Arbeitslose sind heute mit das Opfer des großen Umsturzes, den das Kriegsende auch auf dem Gebiete der Wirtschaft brachte. Leider benützen unverantwortliche Elemente diese Not zur Weiterführung ihres dunklen Handwerkes; Zerstörung alles Bestehenden ohne Besseres und Mögliches aufzeigen zu können, ist das Um und Auf dieser Arbeit. Die Vorfälle in Dux sind der Erfolg der Bekämpfung der Krise auf diese Art.

Koll. Dr. Zadina wies auf die gerade laufenden Handelsvertragsverhandlungen hin. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir hiefür den neuen Zolltarif schon zur Verfügung hätten. Vergeblich waren unsere Mahnungen, das Monstrum Zolltarif endlich den jetzigen Anforderungen entsprechend zu gestalten. Da gibt es so viele Nachträge, Fußnoten, Hinweise, Verordnungen, Abänderungen usw. usw., daß zum Gebrauche unseren jetzigen Zolltarifes nur mehr Genies zugelassen werden dürfen, die ihn entweder vollständig im Kopfe haben oder die Kunst zustande bringen, sich darin, ohne irgendetwas von den Ergänzungen zu übersehen, auskennen.

Zur Führung solcher Verhandlungen gehört vor allem Ruhe und Vertrauen zu den Unterhändlern. Vertrauen insoferne, als es neutrale Menschen sein müssen, die wissen, daß sie als Staatsbeamte nicht nur die eine Gruppe auf Kosten der anderen zu vertreten haben.

Und darum gipfelt wohl die Hauptforderung der Landwirtschaft: Vollständige Gleichstellung der Landwirtschaft den übrigen produzierenden Ständen gegenüber! Diesem Satze habe ich als Deutscher noch hinzuzufügen: Aber auch vollständige Gleichstellung sämtlicher deutschen schaffenden Stände mit den èechischen. Viel der Klagen gibt es in dieser Beziehung, deren Behebung schon sehr, sehr lange auf sich warten läßt. Auch auf diesem Gebiete leben wir in einer schweren Krise. Auch hier brauchen wir einen mutigen Unterhändler, der mit kundiger Hand dieses Lebensproblem der Èechoslovakei zu lösen versucht.

Als größtes Hemmnis für die Lösung dieser schwierigen kulturellen, wirtschaftlichen und völkischen Aufgaben erweist sich heute und wird dies so ziemlich auch von sämtlichen èechischen Parteien zugegeben - die Beamtenschaft. Ich sagte mit Absicht nur Beamtenschaft, denn Staatsbeamte sind derzeit noch wenige vorhanden. Eher wäre da noch das Wort "Partei-" statt "Staats-Beamtenschaft" zu gebrauchen. Dieser Umstand der angenommenen Selbstherrlichkeit des Beamten wirkt sich noch ärger aus, wenn wir es von der völkischen Seite betrachten.

Daß da natürlich jeder Akt, der von Weitem nur als "deutscher" angesprochen werden kann, auf andere Behandlung gefaßt sein muß, ist selbstverständlich. Ich habe diesbezügliche Daten in meinen Ausführungen zum Unterrichtsbudget genügend gebracht. Ich will solche Beispiele anführen, die eben beweisen, wie weit wir noch hievon entfernt sind, hier von Staatsbeamten sprechen zu können.

In Angelegenheit einer Bauplatz-Enteignung wird über Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes neuerlich Kommission geführt. Der Besitzer weist nach, daß noch etliche ha Baugrund bei der im Orte befindli hen Baugenossenschaft vorhanden sind und demnach laut Gesetz privater Baugrund nicht enteignet werden kann.

Das Fachorgan der Bezirkshauptmannschaft, der Staatstechniker, sagt nun zum Kommissionsleiter: Wenn ich über die Enteignung des Genossenschaftsbauplatzes protokollieren soll, dann muß ich zu Protokoll geben: "Der Platz ist geeignet". Dies durfte nicht geschehen, der private Bauplatz mußte enteignet werden, da er ja doch nur dem Deutschen Kulturverbande gehört! Deshalb erscheint als rettender Engel der èechische Kommissionsleiter der politischen Behörde und sagt: "Die Eignung wird nicht zu Protokoll gegeben und werde ich ein Gutachten abgeben, wonach der Genossenschaftsbauplatz eben zu Bauzwecken ungeeignet ist." Und so verfügte bzw. protokollierte eben nur der èechische Beamte der deutschen Partei gegenüber - niemals jedoch der Staatsbeamte.

Ein zweiter Fall: In Brünn besteht eine zweiklassige èechische Minderheitsschule. Die freigewordene Lehrstelle wird mit einer èechischen Lehrerin besetzt, die das Unglück hatte, eine gemischte Ehe mit einem Deutschen einzugehen.

Diese Lehrerin betritt die Klasse und findet statt über 20 Kinder nur 3. "Wo sind die anderen Kinder?" "Die kommen nicht!" Und nun muß die Lehrerin erfahren, daß die Eltern in Schulstreik traten, weil sie dieser ehrvergessenen Èechin, die ihr Volk verraten und einen Deutschen geheiratet, ihre Kinder nicht zur Erziehung anvertrauten.

Was nun? Der Minderheitsschul-Inspektor weiß einen Ausweg! Für die streikenden Kinder wird rasch eine 3. Klasse eröffnet und hiezu ein dritter Lehrer berufen. Die verfehmte Lehrerin unterrichtet nur 3 Kinder. Nach 8 vollen Tagen wird diesem Unfug erst ein Ende gemacht.

Ich wünsche sehr, daß dieses Beispiel auf deutscher Seite Schule macht, denn gerade bei unseren Schulen suchen die Oberbehörden mit Vorliebe èechische Lehrpersonen, die gemischte Ehen eingegangen haben, um ihnen dann die Leitung von deutschen Volks- und Bürgerschulen, ja selbst Mittelschulen anzuvertrauen, wohin sie nach dem Fall Brüsau ganz gewiß nicht hingehören.

Und noch ein dritter Fall: In Poppitz, Südmähren, hören wir folgendes Gespräch zwischen dem èechischen Minderheitslehrer und einem armen Deutschen: "Haben Sie Kinder?" "Ja! Vier!" "Gut! Sie unterschreiben mir das Protokoll, wonach Sie sich verpflichten, Ihre Kinder in die èechische Schule zu senden und erhalten dann das Darlehen von 7000 Kè." (Rùzné výkøiky na levici.)

Solcher Fälle von Auffassung ihres Dienstes als Staatsbeamte gibt es Tausende u. zw. in allen Beamtenkategorien. Von der untersten Stufe bis zur höchsten finden wir noch immer die Meinung verbreitet: "Ich bin Èeche und nur für die Èechen hier. Der Deutsche und die sonstigen Völkern angehörigen Staatsbürger existieren für mich nicht." Wie wäre es ansonsten möglich, daß die deutschen Anbote für staatliche Arbeiten und Investitionen übergangen werden, trotzdem die Zeitschrift "Masarykùv lid" nachweist, daß die von den 3·5 Millionen Deutschen gezahlte Steuer größer ist als die Steuer der 8·9 Millionen Èechen und Slovaken. So wurden im Jahre 1930 die Instandsetzungsarbeiten an den Staatsstraßen aus dem Straßenfonds im Betrage von 186 Millionen sämtliche 186 Millionen nur an èechische Firmen vergeben, während deutsche leistungsfähige Firmen vollständig leer ausgingen.

Oder zeigt der Finanzwachhausbau in der Nähe von Asch nicht auch bösartige Krisenzeichen auf, wenn selbst dieser kleine Bau aus Staatsmitteln, mit Umgehung all der Hunderte von deutschen Bauunternehmern und Bauarbeitern im deutschen Gebiet, an einen Baumeister aus der Reichshauptstadt Prag vergeben werden muß? Dieser Prager Baumeister muß dann, um vor dem "Národ" bestehen zu können, auch èechische Arbeiter bis in den äußersten Winkel bei Asch hinziehen, als ob es dort im deutschen Gebiet überhaupt keine arbeitswilligen Bauarbeiter geben würde.

Diese Dinge und solcherlei Vorgänge dürfen uns weiter nicht Wunder nehmen, wenn in Erfahrung gebracht werden kann, daß derartige Vergebungen von Arbeiten und staatlichen Lieferungen nur an solche Fi rmen bewilligt werden, bei welchen oft auch Angehörige der höchsten Beamtenstellen kapitalistisch mitbeteiligt sind oder als stille, kleinere oder größere Reingewinnteilhaber mitgeführt werden.

Wir begrüßen mit besonderer Genugtuung folgenden Abschnitt der Regierungserklärung.

"Die Regierung wird daher mit allen Mitteln bestrebt sein, die erforderliche Ruhe und Ordnung im Staate aufrecht zu erhalten" nachdem im Satze vorher ausgesprochen wurde, daß "der Staat zur Linderung und Beseitigung der Wirtschaftskrise Ruhe und Ordnung bedarf".

Wenn die Staatsgewalt bereit ist im Bedarfsfalle von den schärfsten Mitteln Gebrauch zu machen, um russischen Agenten und Aufwieglern beizeiten das Handwerk zu legen, dann erwarten wir zumindest dieselbe Energie der verantwortlichen Staatsstellen bei der Wiederherstellung der Ordnung auf den von mir geschilderten Gebieten - ja im Beamtenkörper überhaupt.

Die beste Waffe zur Bekämpfung einer solch fürchterlichen Krise ist das Vertrauen der ganzen Bevölkerung zur Regierung und zu deren durchführenden Organen - zur Staatsbeamtenschaft. Dieses Vertrauen würde auf deutscher Seite sehr rasch wachsen, wenn in diese Beamtenverhältnisse einmal gründlich hineingeleuchtet und mit einem eisernen Besen Ordnung gemacht würde. Und dies geschähe nicht nur im Interesse des Staatsbürgers und Steuerträgers, sondern insbesonders auch im Interesse des Staates selbst, da die ehrlich arbeitenden Staatsbeamten durch den Herausschmiß der vielen Tausenden von Drohnen und sonstigen Schmarotzern, in ihrer schweren und verantwortlichen Arbeit anerkannt, umso intensiver an der Bewältigung der Krise arbeiten könnten.

Auf welch tiefes Niveau wurde der Staatsbeamte durch die Ernennung so vieler Volkszählungskommissäre und Revisoren zu Staatsbeamten herabgewürdigt! Ein Großteil dieser èechischen Volkszählungsbeamten mißbrauchte direkt seine Dienstpflicht dazu, um teils infolge eigenen Wollens, größtenteils jedoch über Druck der noch immer regierenden Výbor- und Jednota-Leute dem Staate geradezu gefälschte Volkszählungsdaten zu liefern, auf Grund welcher Daten dann das statistische Staatsamt der Regierung Zahlen liefern soll, die während eines ganzen Jahrzehnts, insbesondere fûr die sogenannten Minderheitsvölker von einschneidender Bedeutung werden sollen.

Leider sind meine Befürchtungen, denen ich schon gelegentlich der Budgetdebatte Ausdruck verlieh, in Erfüllung gegangen. Die polnischen Methoden, die zurzeit der letzten polnischen Wahlen ihre schönsten Blüten trieben, fanden vor dem derzeit höchsten Völkerforum eine noch sehr glimpfliche, aber den vertraglich festgelegten und geübten Minderheitenschutz grell beleuchtende Verurteilung. Die von Marschall Pilsudski eingesetzte Nebenregierung der "Freunde zum Schutze des Vaterlandes" scheute auch vor Gewalt und Mord nicht zurück, um der dortigen Minderheit das Bekenntnis zum Staatsvolk recht leicht verständlich aufzuzwingen.

Und was taten unsere Nebenregierungen? Ich habe mich in meinen Ausführungen schon wiederholt mit diesen Výbor- und Národní jednota-Gewaltmenschen befaßt. Nicht genug daran, daß heute noch Privatpersonen, ehemalige Umsturz-Bezirkspaschas, diese in der Umsturzzeit begreifliche Tätigkeit ungestraft weiter betreiben können, finden wir heute Staatsbeamte niederster bis höchster Stufe auf führenden Posten dieser gegen die Minderheiten dieses Staates ganz skrupelund rücksichtslos vorgehenden Nebenregierungen, sowohl außerhalb ihres Amtes als Privatpersonen, als auch im Amt - als sogenannte Staatsbeamte bei der Arbeit.

Die Erziehung zum Staatsbeamten ist natürlich ein sehr schweres Problem. Die Regierung darf sich nicht wundern, wenn angesichts der Haltung von solcherart Staatsbeamten und der Duldung von Sabotagen angeordneter Regierungsmaßnahmen durch Teile der Beamtenschaft, Privatpersonen, diesem Beispiel folgend, mit den Gesetzen in Kollision kommen.

Mit diesen letzteren wird recht schnell und in vielen Fällen übereilt Ordnung gemacht. Mit diesen Überstaatsbeamten, diesen ausführenden Organen der Nebenregierungen aufzuräumen, scheint man noch nicht den Mut zu haben und duldet lieber, daß durch diese Menschen der Frieden und die Ruhe unter den Völkern dieses Staates hinausgeschoben, wenn nicht gänzlich verhindert wird.

Wäre es ansonsten möglich gewesen, daß Sabotageakte zur Zeit der Vorbereitung der Volkszählung ungestraft geblieben wären? Was für Räuberstückchen leisteten sich viele der voll bewährten, an mittelalterliche Inquisitoren erinnernden, Volkszählungskommissäre und Revisoren, ob sie nun Minderheitsschullehrer oder sonstige Staatsbeamte waren. Diese in Polen "Schützer des Vaterlandes" genannte Garde der Výbors und Jednota scheute vor keinem Mittel zurück, um dem èechischen Volk eine Seele zu retten und selbe dem deutschen Volke abzujagen.

Diese, neben der Wirtschaftskrise, durch die Volkszählungspraktiken erst recht aufgepeitschte Nationalitätenkrise rüttelt an den Grundfesten dieses Staates. Große Teile des sudetendeutschen Volkes waren und sind auch heute noch bereit, an der Behebung der Krise mitzuarbeiten, um wie auf wirtschaftlichem Gebiete so auch auf dem völkischen, den Wiederaufbau zu fördern und zu unterstützen. Und weil wir in diesem Staat mit Ruhe und Ordnung schaffen wollen, nehmen wir es uns auch heraus, die verfehlten Methoden aufzuzeigen, die niemals zur Behebung der ansonsten permanent gewordenen Wirtschafts- und Völkerkrise führen können.

Was sollen nun auch noch die Massenüberprüfungen durch politische Beamte? Und wenn ein Výbor-Mann zu fleissig war und zuviel Leute der èechischen Nation zuführen bzw. zuzählen wollte und sich diese Menschen zur Wehr setzten - dann wurde die weitere Erhebung dem allesvermögenden Gendarm übergeben. Was dieses Nationalitäten-Untersuchungsorgan der Behörde als seinen Erfolg meldet, gilt als amtlich und einwandfrei festgestellt. Mit solchen Praktiken läßt sich diese schwere Krise, deren Behebung gewiß auch von bester Auswirkung in volkswirtschaftlicher Beziehung wäre, nicht beheben.

Die von Herrn Ministerpräsidenten Udržal im vorletzten Absatz der Regierungserklärung erwähnte "einträchtige und ausdauernde Arbeit" wird wohl von den èechischen Staatsmännern endlich auch auf das Problem der Lösung der Nationalitätenfrage bei gemischten Ehen und den daraus hervorgegangenen Kindern ausgedehnt werden müssen. Selbst der verhältnismäßig geringen deutschen Minderheit in Polen gegenüber wurden im deutschpolnischen Abkommen Sicherheiten festgelegt, die das Nationalitätenproblem grundsätzlich regeln sollten.

Im Urteil des ständigen internationalen Gerichtshofes im Haag vom 28. April 1928, finden wir folgende bezeichnende Stelle:

"Die Art. 74, 106 und 131 des deutsch-polnischen Abkommens vom 15. Mai 1922 über Oberschlesien, gewähren jedem Staatsangehörigen die Freiheit, unter eigener Verantwortung zu erklären, ob er zu einer Minderheit der Rasse, Sprache oder Religion gehört oder nicht, wie auch Angaben über die Sprache eines Schülers oder eines Kindes zu machen, für dessen Erziehung er gesetzlich verantwortlich ist. Die Erklärung, auf die Art. 131 der Genfer Konvention abzielt, und ebenso die Frage, ob eine Person zu einer Minderheit der Rasse, der Sprache oder Religion gehört oder nicht, unterliegt keiner Nachprüfung durch die Behörden in irgendwelcher Form."


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