Ètvrtek 29. ledna 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 99. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 29. ledna 1931.

1. Øeè posl. Eckerta (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der zur Beratung stehende Regierungsantrag über ein Handelsübereinkommen mit Chile gibt mir Anlaß, die ungeheuere wirtschaftliche Not, die gegenwärtig das ganze Staatsgebiet beherrscht, neuerdings einer kurzen Besprechung zu unterziehen, um dadurch die verantwortlichen Faktoren auf das Massensterben tausender selbständiger Existenzen aufmerksam zu machen. Es ist geradezu katastrophal, in welch erschreckender Weise die Insolvenzen und Konkurse nicht nur der Zahl nach, sondern auch gemessen an der Wertziffer - zunehmen. Diese traurige Erscheinung, welche nahezu zu 80 % den Handels- und Gewerbestand betrifft, zeigt uns ganz eindeutig das wahre Bild der ungeheueren Not dieses Standes. Es mag sein, daß die verantwortlichen Stellen über die. Not des Mittelstandes nicht richtig informiert sind, weil ich nicht annehmen kann, daß man sonst wider besseres Wissen diese, für die Gesamtwirtschaft und damit auch für den Staat so überaus wichtige Mittelschichte absichtlich zugrundegehen lassen könnte. Der meist sehr konservativ eingestellte Mittelstand, bei dem Ruhe und Ordnung Tradition ist, ist nicht dazu erzogen, seine Rechte auf der Straße zu erkämpfen. Es liegt insbesondere nicht im Wesen und der Art des deutschen Handelsund Gewerbestandes, die Not, die ihn in der Jetztzeit besonders schwer drückt, lärmend in die Welt zu schreien, wie dies bei den anderen Schichten, durch ihre Führer eingedrillt, gang und gäbe ist. Es mag dies ein taktischer Fehler der Mittelstandskreise sein, aber dessen ungeachtet, oder richtiger, gerade deshalb sollten die verantwortlichen Stellen, welche Ruhe und Ordnung, aber auch Gerechtigkeit gegen alle zu wahren haben, alles aufbieten, um auch diesen, gewiß auch um ihre Existenz schwer ringenden und schaffenden Menschen ihre Hilfe nicht vorzuenthalten.

Es muß den maßgebenden Stellen doch endlich klar werden, daß der Untergang des Mittelstandes unabsehbare Folgen nicht allein für die in allen Kulturstaaten geltende Gesellschaftsordnung mit sich bringen müßte, sondern daß durch diese Umschichtung letzten Endes auch das Staatswesen selber mit in den Strudel gezogen würde. Es ist keine Phrase, wenn ich behaupte, daß in weit mehr als 90% der gewerblichen und kaufmännischen Betriebe Not und Elend zuhause ist, Kummer und Sorge ständige Gäste sind. Diesen durch die Wirtschaftskrise wohl am schwersten betroffenen Menschen kommt keine Arbeitslosenunterstützung zu, für sie ist keine Nothilfe in irgendeiner Form vorgesehen, um in diesen Kreisen das Elend zu mildern. Im Krankheitsfalle hat der Gewerbetreibende auch nicht die Möglichkeit, unentgeltlich ärztlichen Beistand zu fordern, auch nicht das Recht des kostenlosen Medikamentenbezuges und keinen Heller Krankenunterstützung, um für sich und die Familie nur die nötigsten Lebensbedürfnisse decken zu können. Im Falle der Invalidität, welche heute beim Gewerbetreibenden das größte Unglück bedeutet, ist er mit keiner Rente gesichert, fällt der Familie zur Last, vergrößert die Not und vermehrt das Elend und beschließt seinen Lebensabend meist im Armenhaus. Bei einem Todesfall ist auch für die Hinterbliebenen kein sogenannter Sterbefallsbeitrag vorgesehen, der die erste Not lindern würde, und so muß in unzähligen Fällen bei manchem braven Handwerksmeister, der Jahrzehnte für die Familie gearbeitet und für den Steuerfiskus Frohndienste geleistet hat, die Mildtätigkeit der Mitmenschen eingreifen, um ihn nicht wie einen Hund einscharren zu müssen. An diesem sozialen Tiefstand trägt gewiß der Gewerbestand selber mit einen Teil der Schuld, weil er nicht, wie andere Schichten, den Wert der Organisation erfaßt hat und dadurch sich seiner Macht gar nicht bewußt ist.

Wir wollen nicht, daß auch noch der Gewerbe- und Handelsstand zum Nutznießer des Staates werde, aber fordern müssen wir, daß die verantwortlichen Stellen des Staates diesen um ihre Existenz hart kämpfenden und schaffenden Menschen in der jetzigen schweren Notzeit auch Hilfe zukommen lassen, um sie vor dem sicheren Ruin zu bewahren. Wir erheben diese Forderung umso eindringlicher und deutlicher, weil gerade jetzt zu allem Elend und Sorge der Steuerfiskus gegen diese kleinen und mittleren Steuerträger, welche von der Wirtschaftskrise am härtesten getroffen sind, in der rigorosesten Weise vorgeht. Gerade die Steuerbehörden sind es, welche durch ihr rücksichtsloses und vernunftwidriges Vorgehen den kleinen Mann in den Ausgleich, in den Konkurs, ja selbst in den Tod treiben. Schon aus Vernunftsgründen sollte man trachten, diesen kleinen und mittleren Steuerträgern durch Abschreibungen und Stundungen der meist viel zu hoch bemessenen Steuern entgegenzukommen, um sie in ihrer Existenz und dadurch auch als Steuerzahler zu erhalten.

Der Gewerbestand verlangt keine Almosen, er fordert nur sein Recht. Wir verlangen auch keine Parteigeschenke, weil uns deutschen Mittelständlern das Empfangen von Gnadengaben wesensfremd ist, aber wir verlangen, daß mit unseren Steuergeldern nicht das verwerfliche und korrupte System der Schaffung von allen möglichen Fonds fortgesetzt wird, weil diese Fonds nicht zur Milderung der Wirtschaftskrise beitragen, sondern lediglich parteipolitische Einrichtungen finanzieren oder parteipolitische Unternehmungen sanieren. Statt den natürlichen Gesetzen der Wirtschaft folgend in großzügiger Weise allen Ernstes die Krise, soweit es innerstaatlich möglich ist, zu mildern, tut die Regierung alles, um sie noch zu verschärfen. Abgesehen von der Erhöhung der Bahn- und Posttarife, der Erhöhung der Amtsgebühren usw., welche die Wirtschaft schwer belasten, bringt der Staat durch seine budgetären Anforderungen, welche vornehmlich in den Kapiteln des Ministeriums für Nationalverteidigung und jenen des Ministeriums des Äußeren zum Ausdrucke kommen, und ferner durch die Riesensummen, welche für die überflüssigen èechischen Minderheitsschulpaläste verausgabt werden, derartige Belastungen, die sich naturgemäß in der Steuergesetzgebung auswirken müssen, sodaß wegen dieser unsinnigen und unproduktiven Ausgaben an eine Gesundung der Wirtschaft gar nicht zu denken ist. Es ist für die Gesamtwirtschaft zwecklos und ungerecht, wenn man mit 300 Millionen Kè verkrachte Banken saniert, statt daß man den Mut aufbringt, zur Belebung der Wirtschaft den Bankenkreditzinsfuß herabzusetzen. Es zeigt auch von wenig wirtschaftlichem Denken und Fühlen, wenn man nur das Streben hat, Bankenfusionierungen durchzuführen, um gut dotierte Gouverneur- und Direktorenstellen zu schaffen und dabei die für die Allgemeinheit segensreich wirkenden Volksgeldinstitute abzuwürgen versucht. Die Regierung hat sich kurz vor Weihnachten durch die Mehrheit einen 150 Millionen-Fonds bewilligen lassen und ich habe schon damals bei der Behandlung dieses Ermächtigungsgesetzes darauf hingewiesen, daß man mit dieser Summe die Wirtschaft kaum wird ankurbeln können, zumal diese 150 Millionen der Regierung völlig unkontrollierbar ausgeliefert wurden. Es sind seit der Bewilligung nahezu 7 Wochen verstrichen, ohne daß man gehört oder gar verspürt hätte, wie der Wirtschaft mit dieser Summe geholfen worden ist. Wohl aber hört man, daß sich die Vertreter der Regierungsparteien über die Verwendung dieser Summe nicht einigen können. Daher wird meine, schon seinerzeit zum Ausdruck gebrachte Befürchtung eintreten, daß die Summe von 150 Millionen viel zu gering ist, um etwa die Wirtschaftskrise wirksam bekämpfen zu können, sondern um die Ansprüche der in der Regierung befindlichen Parteien befriedigen zu können. Wenn auch nicht die Wirtschaftskrise gemildert werden kann, so kann bestimmt die schleichende Krise der Regierung behoben werden, wenn man dem hohen Hause bald einen Regierungsantrag mit der selbstverständlichen Ermächtigungsklausel über einen neuen Kreditfonds zur Beschlu ßfassung vorlegt, einen sogenannten Volkskreditfonds, mit welchem man die auf schwachen Füßen stehenden Konsumvereine beschenken will. Er ist schon in Vorbereitung und es wird uns ja dann Gelegenheit geboten werden, dazu Stellung nehmen zu können.

Um gerecht zu sein, möchte ich noch erwähnen, daß man auch an den Gewerbe- und Handelsstand, der von der Krise wohl am meisten betroffen ist, nicht vergessen hat und der zu schaffenden Zentrale für gewerbliche Kreditgenossenschaften 10 Millionen versprochen hat - ich bitte aber, nur versprochen.

Die Regierung könnte dieses Versprechen mit Leichtigkeit einlösen, wenn sie sich entschließen würde, beispielsweise nur heuer die Manöver entfallen zu lassen. Ganz abgesehen davon, daß die Nutzanwendung dieser kostspieligen Kriegsspielereien im Ernstfalle doch für die Katz ist, würde dadurch ein ganz nettes Sümmchen für wertvollere und produktivere Zwecke frei, wovon die dem Gewerbestand in Aussicht gestellten 10 Millionen nur einen geringen Teilbetrag ausmachen würden.

Im Rahmen des Staatsvoranschlages könnten ungeheuere Summen unproduktiver Art in der jetzigen schweren Notzeit für wirklich die Gesamtwirtschaft fördernde Zwekke freigemacht werden. Wir leben in einer außergewöhnlichen Zeit, und um sie zu überwinden, müssen auuh außergewöhnliche Mittel in Anwendung gebracht werden. Die Wirtschaftskrise kann nicht mit Halbheiten vom rein egoistischen Interessentenstandpunkt aus beseitigt werden, sondern muß vom überparteilichen Standpunkt geleitet, im Sinne gesamtwirtschaftlichen Gemeingeistes mit großzügigen Mitteln bekämpft werden.

Ich will in diesem Zusammenhange nicht die Ursachen der Weltwirtschaftskrise untersuchen, welche vornehmlich in der vernunftwidrigen Grenzziehung in Europa liegen und ihre Verschärfung durch die ungeheuerlichen Tributlasten, welche man dem Deutschen Reiche aufgebürdet, gefunden haben, sondern ich möchte lediglich erwähnen, daß durch die verantwortlichen Stellen der Èechoslovakei alles getan wurde, die Krise im Innern, statt zu mildern, nur zu verschärfen und zu vertiefen. Durch die innerstaatliche konfiskatorische Gesetzespraxis greift man in den natürlichen Wirtschaftsgang gewaltsam ein und verhindert dessen Entwicklung und Aufstieg. Ich verweise hiebei neben anderen Gewaltmaßnahmen nur auf die Nichteinlösung der Kriegsanleihe, wodurch der Volkswirtschaft Summen vorenthalten wurden, welche, wenn sie heute derselben, wie es zu Recht bestünde, zurückgegeben würden, einen gewaltigen Antrieb der Wirtschaft ermöglichen würden.

Der bürokratische Formalismus drängt sich überall hemmend ein und macht ein pulsierendes Wirtschaftsgetriebe unmöglich. Die Verwaltungsbehörden, vornehmlich jene der unteren Instanzen im deutschen Gebiete erblicken ihre Haupttätigkeit darin, die steuerzahlenden Bürger mit allen möglichen lächerlichen sprachlichen Schikanen zu sekkieren, statt daß sie sich bemühen würden, ein einvernehmliches Nebeneinanderleben der Bevölkerung zu vermitteln, um auch der deutschen Bevölkerung zu zeigen, daß sie sich als gleichberechtigt in einem demokratischen Kulturstaat fühlen könne.

Die Gesetzgebung ist aber auch insoferne als nicht sehr glücklich zu bezeichnen, weil sie mit den verschiedensten Gesetzen gerade das Gegenteil dessen erreicht, was sie damit erzielen wollte. Ich verweise hiebei, um wieder nur ein Beispiel anzuführen, auf das Mehlmischungsgesetz, welches der Landwirtschaft Hilfe bringen sollte. Nicht nur, daß der Landwirtschaft gar nicht geholfen wird, schädigt es einzelne Berufsschichten des Gewerbes und die Kaufmannschaft schwer und hat außerdem nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß der Abschluß des Handelsvertrages mit Ungarn nicht zustande kam. Die Kosten des inzwischen eingesetzten Zollkrieges mit Ungarn hat aber die Gesamtwirtschaft zu tragen. Besonders leidet unsere Exportindustrie hiedurch schweren Schaden, den letzten Endes auch der Staat selbst verspüren verspüren wird.

Gerade die Èechoslovakei, in der fast genau die Hälfte Industrie-, Handels- und Gewerbebetriebe und die andere Hälfte landwirtschaftliche Betriebe bilden, muß diesen Umständen entsprechend, eine sehr vorsichtige und geschickte Handelspolitik betreiben und darf sich nicht in Zollkriegsabenteuer einlassen.

Wir begrüßen jedes helbwegs die Gesamtwirtschaft fördernde Handelsübereinkommen und werden auch für den in Betracht stehenden Handelsvertrag mit der Republik Chile stimmen. Wir sind aber der Meinung, ohne das Übereinkommen mit diesem südamerikanischen Staate etwa bagatellisieren zu wollen, daß die Regierung schon mit Rücksicht auf die ungeheuere wirtschaftliche Not ernstlich bestrebt sein sollte, vor allem mit Deutschland und Jugoslavien in ein geregeltes Handelsvertragsverhältnis zu kommen. Ebenso muß auch im Interesse der Gesamtwirtschaft verlangt werden, daß getrachtet werde, die Verhandlungen mit Ungarn ehestens wieder aufzunehmen und zu einem Abschluß zu bringen. Ferner bringe ich in Erinnerung, daß auch die Novellierung des Handelsvertrages mit Österreich vor der Tür steht und daß alles vorgekehrt werden soll, um nicht im letzten Moment auch mit diesem Nachbarstaate einen vertragslosen Zustand herbeizuführen. Die heutige Notzeit verlangt, daß Wege gefunden werden, welche nicht etwa zur Geldquelle für einzelne begünstigte Gruppen führen, sondern zu dem Ziele, welches eine Gesundung der Gesamtwirtschaft bringt. Wenn die Regierung, bzw. die Mehrheit diesen Weg beschreitet, so wird man auch uns als werktätige Mithelfer finden. (Potlesk.)

2. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 7 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir stehen mitten in einer gewaltigen. Wirtschaftskrise und müssen nach wie vor feststellen, daß die Regierung ihre bekannte Vogelstraußpolitik ohne Rücksicht auf das ungeheuere Elend, das über breite Massen der Bevölkerung hereingebrochen ist, fortsetzt. Die wochenlange Parlamentsunterbrechung wurde von der Regierung nicht benützt, um die dringend notwendigen Vorkehrungen zu treffen, zu denen sie in erster Linie verpflichtet ist. Wir sind Zeugen einer vollständigen Planlosigkeit und dies ist umso unbegreiflicher, als gerade in dieser Regierung Parteien ihre Vertreter sitzen haben, von denen man annehmen müßte, daß sie in erster Linie sich verpflichtet fühlen, für die Behebung der Arbeitslosigkeit und Schaffung neuer Arbeitsgelegenheiten einzutreten. Durch mehr als ein Jahrzehnt sind alle unsere Warnungen in der Richtung der Kennzeichnung der verfehlten Wirtschaftspolitik als einer Folge der kleinen Entente- und Nationalstaatspolitik ungehört verhallt. Wenn wir uns die unterschiedlichen Exposés der verschiedenen Ministerpräsidenten und vor allem des èechoslovakischen Außenministers Dr. Beneš's als ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht vor Augen führen, so erinnern wir uns noch im Rahmen des letzten Exposés gehört zu haben, daß er sich glücklich schätze, Vertreter einer Insel der Glückseligen zu sein. Er pries diesen Staat immer als Eldorado der Demokratie und als den fortschrittlichsten und konsolidiertesten Staat Mitteleuropas. In Wirklichkeit ist aber die Èechoslovakei in diesen guten Konjunkturjahren nur eine Insel glücklicher Kriegsgewinner gewesen. Es war bisher nur eine Glücksritterpolitik zu beobachten, die sich bemühte, von dem Unglück der anderen zu leben, von dem Unglück der gestürzten Nachbarn. Es war die Ausbeutung der Inflationskatastrophen in den angrenzenden Staaten, die Ausbeutung des Unglücks der umliegenden und angrenzenden Völker und Länder.

Der èechoslovakische Staat hat die ganzen Jahre hindurch über seine Verhältnisse gelebt und keine Vorkehrungen getroffen, die wirtschaftlichen Fundamente, die in einem Exportstaat naturgemäß die bodenständige Industrie ist, zu sichern. Es ist ja das Wort eines der ersten èechoslovakischen Außenminister nicht unbekannt, welcher auf die vorgebrachten Beschwerden und Klagen wegen der vollständig verfehlten Zoll- und Handelspolitik, die mit ungeheuren Schäden für die fast durchwegs auf sudetendeutschem Gebiet liegenden Industrie verbunden war, kurzweg antwortete, daß der Staat eben zuviel Industrie besitze und ihm an dem Zusammenbruch dieser Industrie wenig gelegen sei, da in erster Linie hievon deutsche Gebiete und die deutsche Bevölkerung betroffen werde. Es war dies ein vom nationalen Chauvinismus diktierter Standpunkt, aber auch vom gesamtstaatlichen Standpunkt ein auß erordentlich kurzsichtiger Standpunkt. Die èechischen Sozialdemokraten haben diese unsoziale Politik bedenkenlos mitgemacht und tragen auch für ihre Auswirkungen die ganz besondere Verantwortung. Es wurde damals nicht bedacht, welche Auswirkungen die Fortsetzung dieser Politik auf die Handelsbilanz und nicht zuletzt auf die Konsumtionskraft der gesamten Bevölkerung haben müsse, die als Folge der wirtschaftlichen Verflechtung sich durchaus nicht nur auf das deutsche Gebiet beschränkt. Ich meine direkt die Auswirkungen der wirtschaftlichen Krise und der verfehlten Handels- und Zollpolitik. Erst in dem Augenblicke, als die Agrarkrise immer ungeheuerlichere Formen angenommen hatte, ist man sich dessen bewußt geworden, daß die innige Verflechtung der Interessen des Gewerbe-, Handels- und Industriestandes und aller anderen werktätigen Bevölkerungsteile dahin führte, daß man sich dessen bewußt wurde, daß die Ausrede, die Agrarkrise sei gewissermaßen allein die Folge der Vergrößerung der Anbauflächen in der ganzen Welt, nicht stichhältig ist, denn entscheidend ist auch für die Behebung der Agrarkrise, daß der inländische Konsum aufrechterhalten bleibt, mit einem Wort die gesamte Bevölkerung des Staates in die Möglichkeit versetzt wird, auch die inländischen Agrarprodukte überhaupt kaufen zu können.

Wir sehen, wenn wir unseren Blick etwas weiten, bei den Auswirkungen der allgemeinen Weltwirtschaftskrise die Folgen der Balkanisierung Ost- und Südosteuropas und damit im Zusammenhang die Folgen der Zerschlagung der großen Wirtschaftsgebiete. Ausschlaggebend für den Welthandel ist die Ausschaltung, bzw. Vernichtung der Kaufkraft von 60 Milionen deutschen Käufer in Mitteleuropa als Folge der ungeheuerlichen Friedensdiktatbestimmungen, als Folge der unerhörten Sklaventribute auf zwei Menschenalter hinaus. Von unserer Seite sind die Folgen dieser unseligen Politik angekündigt worden und sie haben sich nur allzubald eingestellt. Und was wir mit Rücksicht auf die zoll- und wirtschaftlichen Zusammenhänge der Èechoslovakei mit den angrenzenden Staaten vorausgesagt haben, hat sich eingestellt und es ist die Katastrophe auch über das "Eldorado der Konsolidierung Dr. Beneš's" hereingebrochen. Die Wirtschaft läßt sich eben unter Mißachtung der natürlich gewordenen Entwicklung nicht auf Grund politischer und militärischer Geheimverträge ungestraft dirigieren. Man hat zwar versucht die Völker Mitteleuropas über die katastrophalen Auswirkungen dieser unseligen Macht-, Versklavungs- und Unterdrückungspolitik hinwegzutäuschen, indem man das neue Schlagwort "Paneuropa" in die Massen schleuderte. Paneuropa, von dem man sich so viel bezüglich einer Wiedergesundung der politischen und sozialen Verhältnisse erhoffte. Und heute sind wir doch bereits alle Zeugen der Tatsache, daß Paneuropa von den Schöpfern dieses Schlagwortes selbst nur mehr ernst genommen wird und daß die leidende Menschheit mit diesem Schlagwort nur über die verhängnisvollen Folgen der unglückseligen Nachkriegspolitik der Sieger- und Auchsiegerstaaten hinweggetäuscht werden sollen, während doch weder Agrar- noch die Industriekrise bei Fortführung der bisherigen politischen Methoden behoben werden kann. Der Ruf nach Revision der unhaltbaren Friedensdiktate als den Hauptursachen der Weltwirtschaftskrise wird zwar von den Nutznießern dieser Unfriedensund Machtdiktate ständig zu ersticken versucht. Aber ich bin mir dessen bewußt, daß auch dann, wenn es den Gegnern der vernünftigen Friedensrevisionsbestrebungen gelingen sollte, vorläufig noch diese Revisionsbestrebungen zum Stillstand zu bringen, letzten Endes die wirtschaftliche Not diese politischen Machthaber zwingen wird, einer vernünftigen Neuordnung Europas unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, politischen und nationalen Gesichtspunkte Raum zu geben. Entweder werden die verantwortlichen Staatsmänner rechtzeitig dieser gerechten Forderung nachkommen, oder es werden sich eben die Völker mündig machen müssen, um die bisherige Machtstaatspolitik von einer gesunden Volkspolitik abzulösen.

Auch der èechoslovakische Außenminister Dr. Beneš wird entweder umlernen oder einem anderen Manne Platz machen müssen. Kaiser und Könige hat man gestürzt und den Volksmassen versprochen, daß nun in dem anbrechenden demokratischen Zeitalter der Militarismus und die Geheimdiplomatie abgeschafft und endlich Schluß gemacht werden wird mit der verkrachten Bündnispolitik, die angeblich zum Kriege geführt habe. Abgebaut sollte werden die angebliche Unterdrückung des Volkswillens und ähnliches mehr. Abgelöst sollte das alte verwerfliche System werden, durch eine offene Zusammenarbeit der von den Völkern gewählten verantwortlichen Regierungen, durch eine offfene Zusammenarbeit der Völker und zwar in der Richtung nach dem Abbau des Militarismus und angeblich nur von dem Bestreben geleitet, den befreiten Völkern die Möglichkeit freier Entwicklung zu gewähren, also in friedlicher Zusammenarbeit die Grundlagen für eine soziale und wirtschaftliche Neuordnung und kulturelle Förderung der europäischen Völker zu schaffen.

Und nun das Ergebnis dieser 12jährigen demokratischen Neuaufbauarbeit in Europa und in der Welt. Not und Elend in fast ganz Mitteleuropa, in Deutschland allein 4 Millionen Arbeitslose, in der Èechoslovakei heute bereits, wenn die Zahl nicht schon überschritten ist 360.000, in England 3 1/2 Millionen und in Amerika 6 1/2 Millionen Arbeitslose. Statt Abrüstung Aufbau des nur zu neuen Blutvergießen führenden Übermilitarismus der Staaten der Großen und Kleinen Entente. Im Gegensatz zu den bisher verkündeten Grundsätzen kann man feststellen, daß die Militarisierung im demokratischen Nachkriegszeitalter unter Förderung der sozialdemokratischen Parteien vor sich geht, die sich, wie die gestrigen Vorgänge im Budgetausschuß neuerlich bewiesen haben, nichteinmal scheuen, auch die alljährlich wiederkehrenden Überschreitungen der an sich so ungeheuer großen Militärausgaben sang- und klanglos zu genehmigen. Ein Vertreter der èechischen sozialdemokratischen Partei, Koll. Remeš hat sich zwar dazu aufgeschwungen, in scharfen Worten gegen diese Überschreitungen loszuziehen, so daß man fast den Eindruck hatte, daß die èechoslovakische sozialdemokratische Partei nun Ernst machen wolle, aber bei der Abstimmung mußte man feststellen, daß Remeš fehlte und daß die anderen Vertreter sowohl der èechischen als auch der deutschen sozialdemokratischen Partei neuerlich diese Überschreitungen durch Handaufheben genehmigt haben. Wir sehen hier den Antimilitarismus des Wortes, wie er durch Jahrzehnte hindurch gepredigt wurde, gegenübergestellt dem praktischen Aufbau des Militarismus der Tat seitens der èechischen und deutschen sozialdemokratischen Parteien.

Wenn wir die allgemeine Entwicklung und die letzten Vorgänge auf zwischenstaatlichem Gebiete betrachten, so ist es unbedingt notwendig, sich auch ganz kurz mit der in Genf seit Jahren aufgeführten Abrüstungskomödie zu beschäftigen. Es ist ja heute in weiten Kreisen der Welt bereits bekannt, daß die führenden Völkerbundstaaten, die großen und die kleinen Ententestaaten durchaus nicht willt sind, den im Völkerbundpakt niedergen legten Abrüstungsverpflichtungen auch wirklich nachzukommen. Man begnügt sich damit, von der Notwendigkeit der Abrüstung und ihren friedensbringenden Auswirkungen zu sprechen und in der Tat tut man alles, um eine wirkliche Abrüstung zu verhindern, um einen weiteren Ausbau des Militarismus in den von Frankreich geführten Staaten zu ermöglichen.

Es ist nicht unbekannt, das Dr. Beneš bestrebt ist, Präsident der kommenden Abrüstungskommission, die im Jahre 1932 zusammentreten soll, zu werden. Er glaubte, daß seine Betätigung, die er als Präsident einer Subkommission, der sogenannten Sicherheitskommission ber eits getätigt hatte, dazu genügen werde, ihm den Präsidentenposten der Abrüstungskommission zuzuschanzen, in der Erwartung, dann das bereits eingeleitete Werk der Verhinderung der Abrüstung restlos vollenden zu können. Millionen Arbeiter rufen in Europa nach Brot und Arbeit und die Staatsmänner, einschließlich der sozialdemokratischen Wortführer des französischen Staatenbundes denken an nichts weiter, als an den erweiterten Ausbau der Rüstungen. Sie denken, wie dies ein Ausspruch Dr. Benešs klar erkennen ließ, an Krieg gegen jene Staaten, deren Führer und verantwortungsbewußte Staatsmänner sich bemühen, durch Schaffung größerer Wirtschaftsgebiete auf den Abbau der unhaltbaren wirtschaftlichen Verhältnisse und auf eine Gesundung Europas hinzuarbeiten.

Der Leitartikel in der gestrigen "Prager Presse" ist so recht kennzeichnend für den Geist dieser verantwortlichen Führer, der Sieger - Auchsiegerstaaten, bezeichnend für den Geist, den besonders Dr. Beneš auf dem Gebiete der Abrüstungspolitik vertritt. Dieser Leitartikel führt den Titel "Paris und die Abrüstungskonferenz". Er ist außerordentlich lehrreich und läßt erkennen, was die unterdrückten Völker und die Millionen Arbeitsloser zu erwarten haben, wenn wirklich der Geist Dr. Benešs bei der kommenden Abrüstungskonferenz sich durchsetzen sollte, was ja leider unter den gegebenen Machtverhältnissen zu befürchten ist, insolange die Völker infolge Irreführung durch ihre Führer nicht die Klarheit des Blicks wieder zurückgewinnen. In diesem Artikel wird interessanterweise der Paneuropagedanke bereits als mehr oder weniger abgetan betrachtet. Denn die von Briand gewissermaßen zutage geförderte Paneuropaidee sollte ja gar keinem anderen Zweck dienen als das in der Versenkung verschwundene Genfer Protokoll Dr. Benešs, in abgeänderter Auflage wieder erscheinen zu lassen. Briands Paneuropaplan bezweckte ja nichts anderes, als die unhaltbaren Verhältnisse, wie sie durch die Friedensdiktate geschaffen wurden, dauernd aufrecht zu erhalten; alles andere Gerede vom Friedenswillen, von Arbeit für die Erhaltung des Friedens in Europa muß selbstverständlich als irreführend bezeichnet werden. Es ist bezeichnend, daß in diesem Artikel nunmehr fast offiziell von der Paneuropaidee abgerückt wird, nachdem man erkannt hat, daß die Mehrzahl der Völker nicht gewillt ist, auf diesen Paneuropaschwindel hereinzufallen. Es wird in diesem Artikel dann weiter der Gedanke vertreten, daß, nachdem der Paneuropagedanke nicht den erwarteten Anklang und Erfolg gebracht hat, man sich nunmehr damit begnügen müsse, daß die Paneuropakommission sich nunmehr mit der Lösung wirtschaftlicher Fragen zu beschäftigen haben werde. Man hoffe, daß so nichts verdorben werden könne und vielleicht die Möglichkeit bestehe, doch gewisse Resultate zu erzielen. Dieser Satz läßt erkennen, daß in dem paneuropäischen Ausschuß wieder jener Geist vorherrschend ist, der nicht ernstlich bemüht ist, an einer wirtschaftlichen Konsolidierung Mitteleuropas zu arbeiten, sondern daß man auf dem Umweg über Wirtschaftsberatungen nach wie vor trachten will, das ursprünglich gesteckte politische Ziel zu erreichen. Ja, es ist bezeichnend, daß in diesem Artikel weiter gesagt wird, daß es eigentlich heute schon viele Gegner einer paneuropäischen Organisation gebe, die einer solchen paneuropäischen, auch wirtschaftlichen Organisation deshalb feindlich gesinnt seien, weil sie eine Konkurrenz und sogar Rivalität mit dem Völkerbund fürchten, und andere, die wiederum im Zweifel sind, ob wenigstens im gegebenen Augenblick die Schaffung einer solchen Organisation nicht eine Gelegenheit mehr geben werde, den politischen und territorialen Stand Europas in Frage zu stellen. Hier ist der Pferdefuß. Diese angeblichen Friedensschwärmer fürchten nichts mehr, als daß es durch eine innige und sich ihrer Verantwortung bewußte Zusammenarbeit von Staatsmännern es zur Schaffung wirklicher dem Frieden dienender Grundlagen kommen könnte, die selbstverständlich darin bestehen müßten, alle die Ungerechtigkeiten, die die Pariser Vororteverträge über die Menschheit gebracht haben, aus der Welt zu schaffen und auf der Grundlage voller Gleichberechtigung der Völker endlich einmal dem ersehnten Ziel der Befriedung Europas näh er zu kommen. Es ist bezeichnend, daß im zweiten Teil dieses Artikels, der ganz ruhig auch von Dr. Beneš selbst geschrieben sein könnte, denn es ist der Geist Dr. Benešs, welcher hier in dem in deutscher Sprache erscheinenden Beneš organ an leitender Stelle verzapft wird, ganz offen davon gesprochen wird, daß man nunmehr alles vorkehren müsse, und die Zeitspanne von einem Jahr gründlich ausnützen müsse, um zu verhindern, daß die im Feber des Jahres 1932 zus ammentretende Abrüstungskonferenz wirklich zur Befriedung Europas beitrage, In diesen Ausführungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in der Forderung, die der italienische und die der deutsche Vertreter in Genf nach Rüstungsgleichheit, nach absoluter Gleichheit zwischen allen Staaten aufgestellt habe, eine schwere Bedrohung des Weltfriedens und der Locarnopolitik gelegen sei. Also das ist die wahre Demokratie des Nachkriegszeitalters, die nichts mehr fürchtet, als daß einmal wirklich demokratische Zustände in Europa einkehren könnten. Der Artikelschreiber sieht also in der Forderung Deutschlands und Italiens nach voller Gleichberechtigung der Staaten und Völker bei der kommenden Abrüstungskonferenz eine Gefährdung der Locarnopolitik und es ist bezeichnend - er schwatzt hier aus der Schule daß er fürchte, daß dann die Sonderbestimmung, die damals geschaffen wurde, die entmilitarisierte Rheinlandszone, fallen könnten; das heißt man will nicht, wie man vorgab, durch die Locarnoverträge zu einer Aussöhnung des französischen und deutschen Volkes beitragen, nein, man will dauernd den Stachel im Fleische des deutschen Volkes stecken lassen, man will dauernd die Revanche-, Vernichtungs- und Vergewaltigungspolitik fortsetzen Der - sagen wir - im Geiste Benešs schreibende Verfasser bemüht sich schon heute durch die èechische und deutschgeschriebene Regierungspresse die èechischen Parteien und die deutschen Regierungsparteien für diese Gedankengänge zu gewinnen. Ja es ist bezeichnend, daß hier der Artikelschreiber ausdrücklich die größte Gefahr darin erblickt, daß die kommende Abrüstungskonferenz Überraschungen zeitigen könnte und zwar Überraschungen in der Richtung, daß mit den unhaltbaren Friedensdiktatsbestimmungen besonders in territorialer Beziehung - dabei hat er in erster Reihe wohl an das geschlossene deutsche Sprachgebiet Mitteleuropas und an den polnischen Korridor gedacht - eintreten kö nnten und daß es angeblich Pflicht aller verantwortlichen Staatsmänner sei, die Frist von einem Jahr auszunützen, um solche Überraschungen der kommenden Abrüstungskonferenz unter allen Umständen zu verhindern. Wir sehen also, daß Benešs Geist schon heute rührig und tätig ist, um zu verhindern, daß diese Abrüstungskonferenz zur Befriedung der Bevölkerung Mitteleuropas führen könnte. Wir sehen, Beneš arbeitet zielbewußt darauf hin, alle Voraussetzungen zu schaffen, um der Fortsetzung der Unfriedenspolitik das Wort zu reden, die letzten Endes diese Weltwirtschaftskrise verursachte, und die niemals erfolgreich bekämpft werden kann, solange ihre Ursache nicht aus der Welt geschafft ist. Und dieser Mann, Dr. Beneš, desen Geist aus diesem Artikel spricht, bemüht sich auch weiterhin, Präsident der Abrüstungskonferenz zu werden. Es ist mehr als bezeichnend, daß dieser Geist Dr. Beneš's, so unbegreiflich es sein mag, und die von Dr. Beneš durchgeführte Politik hierzulande von den deutschen Sozialdemokraten mit gedeckt wird, die seit der Begründung dieses Staates durch ihren heutigen Minister Dr. Czech mit aller Energie, solange sie noch nicht auf der Ministerbank platzgenommen hatten, diese Politik als friedensstörend bek pft haben. Es ist doch eine merkwürdige Demokratie, die auf der dauernden Ungleichheit, Unterdrückung und Versklavung ganzer Völker aufgebaut ist. Es ist nur eine Frage, wann die irregeführten Volksmassen gegen eine solche Fälschung des wahren Volkswillens sich endlich aufbäumen und auch die sozialistischen Führer endlich den Mut aufbringen werden, der Fortsetzung einer solchen undemokratischen Politik Einhalt zu tun, die naturgemäß nur zu einer weiteren Verelendung der Völker Europas führen muß. Den Hungernden und Frierenden ist mit dem sozialistischen Flickwerk pseudodemokratischer Methoden, der Gewährung von Unterstützungskronen auf die Dauer nicht gedient die Menschen wollen mit Recht Arbeit und Brot. Sie wollen die Gewähr haben, ihren Familien durch ihrer Hände Arbeit ein gesichertes Dasein zu schaffen.


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