Pátek 12. prosince 1930

Lassen Sie mich einige Worte nur von unserem Strafvollzug sprechen. Schon die Gebäude hiefür sind ziemlich zweckwidrig; sie wurden zusammengekauft und sind zusammengekommen, wie es sich gerade ergeben hat, und nur die Strafanstalt Bory ist eigentlich für ihren Zweck erbaut worden, sonst sind es ehemalige Schlösser, übernommene Klöster, alte Burgen und sie haben nur das eine gemeinsam, daß sie durchaus unzweckmäßig sind und daß bei all diesen Gebäuden eine planmäßig gewollte, systematisch durchgeführte Freudlosigkeit erreicht ist. Die leitenden Menschen unseres Strafvollzuges, die Direktoren, sehen die Gefangenen kaum, sie sehen sie nur, wenn sie in die Gefangenenhäuser kommen und wenn sie sie wieder verlassen. Darüber hinaus sehen sie sie zumeist nur in Fällen von Disziplinarvorführungen, also in Situationen, die für die Gefangenen außerordentlich ungünstig sind. Wir haben in unseren Strafanstalten keine Psychiater, wir haben keine Fürsorger, wir haben in den Strafanstalten viel zu wenig Ärzte und die Aufseher sind, und mögen sie noch so guten Willens sein, für ihr schweres Amt weder pädagogisch, noch psychiatrisch, ja bei uns nicht einmal beruflich vorgebildet.

Die Arbeitsmethoden in unseren Strafanstalten sind fast durchwegs veraltet. Ich habe da viele Menschen getroffen, die Papierdüten kleben, viele Menschen, die jahraus jahrein nichts anderes tun, als lange Papierzöpfe flechten, die dann zu Mappen verarbeitet werden, ich habe alte Webstühle angetroffen, wo Leinen und Baumwolle gewebt wird wie zu Urgroßmutters Zeiten. Was sollen diese Menschen mit ihren Kenntnissen anfangen, wenn sie vielleicht erst nach Jahren hinauskommen in die Welt, in der die Maschinentechnik nur so vorwärts gestürmt ist, in eine Welt, die ihnen in ihren Arbeitsmethoden gänzlich fremd geworden ist, in eine Welt, die sie ohnedies feindselig aufnimmt und zu der sie keine Beziehungen mehr haben, denn die familiären Beziehungen sind vielfach gelöst, und da ist oft kein einziger Mensch, zu dem sie Vertrauen haben. Sie nehmen den Kampf um ihre Existenz mit gänzlich ungeeigneten Mitteln auf und wer wird sich wundern, wenn sie nach einigen mißglückten Versuchen wiederum rückfällig werden, wenn sie neuerlich die Gerichtshöfe in Anspruch nehmen, wenn sie neuerlich unsere Gefangenenhäuser bevölkern. Das ist in materieller Beziehung verschwenderisch, unrationell, aber vor allen Dingen herrscht nirgends eine solche Vergeudung von Menschentum, wie in unseren Strafanstalten.

Hohes Haus! Wir haben nun diese Vorlage, die voll ist eines fortschrittlichen Geistes. Wir haben auch bei der Ausschußberatung eine große Zahl unserer Anträge günstig erledigt bekommen, zum Teil im Wortlaut übernommen, zum Teil wohl übernommen, dem Grade nach aber abgeschwächt; und wenn wir hier konstatieren, daß bei der Behandlung im Rechts- und Verfassungsausschuß es durch Anwendung parlamentarischer Methoden gelingen konnte, diesen Gesetzantrag noch wesentlich zu verbessern, so gebietet es unser Gerechtigkeitsgefühl, mit einem Worte der Anerkennung des von einem modernen Geiste demokratischen Parlamentarimus erfüllten Referenten zu gedenken. Wenn wir das mit Freuden konstatieren, so können wir trotzdem nicht sagen, daß es sich da um ein Gesetz handelt, das vollkommen wäre, dem keinerlei Mängel mehr anhaften. Nein, es gibt noch Mängel, das Gesetz ist nicht vollkommen, ja, es birgt da und dort sogar größere Mängel in sich. So finden wir im § 8, für jene Fälle, wo für Verbrechen Erwachsener die Todesstrafe oder lebenslänglicher Kerker angedroht wird, für Jugendliche die Androhung in der Dauer von 1 bis zu 10 Jahren, ja, wenn es sich um 16- bis 18 Jährige handelt, sogar Verschließung von 2 bis zu 15 Jahren. Es ist uns gelungen, im Rechtsausschuß eine kleine Besserung dadurch herbeizuführen, daß die Mindestgrenze von 3 auf 2 Jahre herabgesetzt wurde. Aber es bedeutet in der heutigen Fassung noch immer eine Ungeheuerlichkeit. Im Artikel 2 ist eine ungenügende Vertretung der Fürsorgeelemente im Jugendamte vorgesehen. Im Artikel 3 fehlt die konsequente Durchführung der Absonderung der Erstbestraften von den Mehrbestraften, sogar von den Erwachsenen. Das ist eine sehr böse Sache, denn dadurch werden die besseren Elemente rettungslos den schlechteren Elementen preisgegeben und wir wissen, daß der schlechtere Einfluß in vielen Fällen der stärkere ist. Immer noch sind in dem Gesetze entgegen seinem Geiste Fasten und hartes Lager als Disziplinarmittel vorgesehen. Das ist unpädagogisch und entspricht nicht dem Geiste des ganzen Gesetzes. Das gehört nicht mehr in die neue Zeit. Auch bemängeln wir eine gewisse Starrheit der Fristen bezüglich der individuellen Behandlung bei bedingten Entlassungen.

Ohne auf unsere sonstige grundsätzliche Einstellung zum Staatsgerichtshofe, den wir als Ausnahmsgericht prinzipiell bekämpfen, einzugehen, möchten wir hier sagen, daß wir es nicht für richtig halten, daß Jugendliche vor das Oberste Staatsgericht gestellt werden. Der betreffende Angeklagte wird dadurch vielleicht von einer übergroßen Bedeutung seiner Tat erfüllt und das kann sich nicht pädagogisch auswirken, sondern wird in den meisten Fällen das Gegenteil erzielen. Auch finden wir, daß der Staatsgerichtshof schon durch die Zusammensetzung seiner Mitglieder - es sind meistens ältere Herren - nicht geeignet erscheint, die kriminelle Tat eines Jugendlichen in ihren Ursachen subjektiv verstehen und gerecht beurteilen zu können. Schließlich möchten wir noch sagen, daß es von dem Gesetze unkonsequent ist, daß es das Schwurgericht in seinem Wirkungskreise außerordentlich einschränkt und just vor dem Staatsgerichtshof halt macht. Wir finden auch, daß die Abgrenzung des jugendlichen Alters zu bemängeln ist. In einer Zeit, wo aus pädagogischen, aber auch aus zwingenden sozialen und wirtschaftlichen Gründen es in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist, daß das schulpflichtige Alter auf 16 Jahre hinaufgesetzt wird, wäre es nur billig gewesen, wenn auch das Unmündigkeitsalter, also auch das Straflosigkeitsalter auf 16 Jahre hinaufgesetzt worden wäre. Ein Gesetz, dem man immerhin eine lange Dauer voraussagen kann, hätte eben darauf Bezug nehmen müssen. Wir hätten es auch für angebracht gehalten, das jugendliche Alter um 2 Jahre, nämlich bis zum 20. Jahre, hinaufzusetzen; die ganze Mentalität unserer Bevölkerung, die geographische Lage unseres Landes bringt es mit sich, daß unsere jungen Leute in viel späterer Zeit physisch und geistig reif werden, und erst mit dem 20. Lebensjahre jene sittliche Reife erlangen, um auch die Verantwortlichkeit für ihre Taten tragen zu können.

Eine Reform des Jugendstrafrechtes hat zwei Aufgaben: Den Abbau der Strafen und den Aufbau geeigneter Einrichtungen, die die Strafe ersetzen können. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.) Die Strafen abbauen, ohne die entsprechenden Einrichtungen zu schaffen, wäre ungenügend, wäre unzweckmäßig, ja, es könnte sich direkt verhängnisvoll auswirken, wenn man die Strafen abbauen würde, ohne an ihre Stelle etwas anderes zu setzen. Ich meine, soziale Mißstände können nicht durch ein Wort, können auch nicht durch ein Gesetzeswort beseitigt werden, wenn ihm nicht Taten folgen, und deshalb ist es das notwendigste und dringendste Erfordernis, geeignete Anstalten zu schaffen, denn die Anstalten, die wir heute besitzen, sind ungenügend, sowohl was ihre Zahl betrifft, als auch in der Richtung, daß sie die großen Aufgaben, die an sie gestellt werden, nicht erfüllen können. Ich besuchte einmal die Landeserziehungsanstalt in Grulich und lernte dort einen von humanem Geiste erfüllten Direktor kennen, ich sah dort aber auch eine Prügelstube, die ganz raffiniert für diesen Zweck eingerichtet war. Gelegentlich der Beratung des mährischen Landesvoranschlages konnten wir im Budget Ziffern konstatieren, die uns ganze Tragödien über solche Einrichtungen aufzeigen. Wir konnten da z. B. lesen, daß in Boskowitz eine Anstalt für 120 weibliche Zöglinge eingerichtet ist. Derzeit sind 70 Zöglinge dort untergebracht. Es sind 4 Lehrer bestellt, aber keine Verwalterin der Anstalt. Wohl sind für Verwaltungskosten auch Summen eingestellt, aber, hören Sie nur zu, 3.000 Kè im Jahre für die ganze Verwaltung dieser Anstalt! Das bedeutet, daß die Anstalt entweder nicht ordentlich verwaltet wird, oder aber, daß die leitenden Personen, die Lehrkräfte überbürdet sind und von administrativen Arbeiten erdrückt werden. Ganz genau so ist es in Müglitz, ganz anders aber wieder in Neutitschein. Die Besserungsanstalt in Neutitschein ist für 250 Zöglinge eingerichtet und derzeit von 210 Zöglingen belegt. Dort ist zwar ein Direktor bestellt, ein Kontrollor bestellt, aber nur eine Lehrkraft und das ist der Seelsorger. Ob er im Hauptberuf Priester und im Nebenamt Lehrer oder umgekehrt ist, das entzieht sich unserer Kenntnis. Ob er ein guter Lehrer ist oder nicht, das wissen wir auch nicht. Aber selbst wenn er der beste Lehrer, wenn er ein Genie auf diesem Gebiete, ein glänzender Pädagoge wäre, wenn diese 210 jungen Leute dort Musterknaben wären, so könnte er seine Funktion doch nicht erfüllen. Aber diese 210 jungen Menschen dort sind keine Musterknaben, sie sind alles andere als das. Es handelt sich hier um verschiedenartige Charaktere. Die einen sind abgestumpft, die anderen leidenschaftlich, es müßte bei jedem einzelnen liebevoll auf seine Individualität eingegangen werden. Das komplizierteste Menschenmaterial wird da nebenamtlich von einem einzigen Menschen unterrichtet. Wir haben keine modernen Anstalten und es hängt fast alles davon ab, ob alle medizinischen, pädagogischen und soziologischen Gesichtspunkte bei der Errichtung dieser Anstalten volle Berücksichtigung finden. Und darum möchte ich Sie hier gebeten haben, Männer und Frauen, im gegebenen Zeitpunkt alle diese Erfahrungen der modernen Fachwissenschaft auf diesem Gebiete bei Errichtung dieser Anstalten zu verwerten und zu berücksichtigen.

Gestern hat von dieser Stelle hier der Herr Referent gesagt, daß das Jugendstrafgesetz sich nur auswirken könne, wenn es ergänzt wird durch ein Jugenderziehungsgesetz. Auch wir wissen, daß das Jugendstrafgesetz ein Stückwerk, ein Torso bleibt - so sehr wir Junktims im allgemeinen ablehnen - solange wir kein Fürsorgeerziehungsgesetz haben. Ich weiß, Minister Dr Czech hat nach dieser Richtung hin seine soziale Pflicht erfüllt. Wir wissen, daß das Fürsorgeerziehungsgesetz in seinem Wortlaut, in seiner Terminologie fertiggestellt ist und nur der interministeriellen Behandlung bedarf. Und da möchte ich von dieser Stelle aus die Regierung und die Parteien des Hauses sehr bitten, dieses uns so wichtige Gesetz, das wir nicht nur aus sozialen Gründen brauchen, sondern auch zur Ergänzung dieses Jugendstrafrechtes, mit allem ihren Einfluß fördern zu helfen.

Aber wenn ich jetzt von den Mängeln gesprochen habe, so ändern diese Mängel durchaus nichts an der Tatsache, daß dieses Gesetz in seiner Grundidee sich ganz entschieden abkehrt von dem barbarischen Vergeltungsgedanken, von dem veralteten Abschreckungsgedanken, daß es in seinen Leitgedanken und das macht den großen Wert dieses Gesetzes aus - in seiner tragenden Idee sich zur Erziehungstheorie bekennt. Hier ist ein großer Schritt, ein wichtiger Schritt in unserer Kriminalpolitik geschehen und es ist damit eine soziale Tat gesetzt.

Indem wir das hier mit Freude anerkennen, indem wir unsere Bereitschaft feststellen, für das Gesetz zu stimmen, möchte ich abschließend doch noch Folgendes sagen: Eine lange Erfahrung zeigt uns, daß die Zahl der jugendlichen Rechtsbrecher umsomehr sinkt, daß ein modernes Strafgesetz sich umso besser auswirkt, je höher der Lebensstandard der Arbeiterklasse ist. Aber wenn man alle sozialen Bestrebungen der Arbeiterschaft nach Hebung ihres Standards bekämpft, wenn auch in einer Zeit der mörderischen Wirtschaftskrise alle Bestrebungen der Arbeiterschaft nach Hebung ihres Lohnniveaus, nach Senkung ihrer Arbeitszeit von einer übelberatenen, von einer kurzsichtigen, von einer engstirnigen Bourgeoisie bekämpft werden, dann kann auch das modernste, vom besten sozialen Geist erfüllte Jugendstrafgesetz die Kriminalität der Jugend nicht dauernd beeinflussen. (Potlesk.)

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