Pátek 12. prosince 1930

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 94. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 12. prosince 1930.

1. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 20 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Mit dem in Verhandlung stehenden Gesetzentwurf über das Jugendstrafrecht beschreitet unsere Gesetzgebung den Weg zu einer Reform, welche in materieller und formeller Beziehung den Anforderungen unseres Zeitalters gerecht zu werden trachtet. Sie folgt damit dem Beispiel der meisten anderen europäischen Staaten und hat sich insbesondere dabei des Vorbildes des neuen österreichischen Bundesgesetzes über die Behandlung junger Rechtsbrecher aus dem Jahre 1928 bedient.

Allen diesen modernen Jugendstrafgesetzen liegt der Leitgedanke zugrunde, die mißratenen Jugendlichen, welche das Strafgesetz verletzt haben, mit Umsicht und Geduld von ihren Abwegen wieder auf den richtigen Weg zu führen und aus ihnen dadurch für ihr späteres Leben noch nützliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft zu machen. Deshalb ist der Zweck, weniger durch Strafe als durch Erziehung die Straftat zu sühnen. Wir deutschen Christlichsozialen begrüßen diese Entwicklung des Jugendstrafrechtes, getreu unserem weltanschaulichem und kulturpolitischem Standpunkte, daß das Seelenleben nie außeracht gelassen werden darf und daß die beste moralische Stütze der Menschheit und der beste Schutz der Gesellschaft eine gründliche Jugenderziehung ist. (Souhlas.)

Wir stimmen deshalb mit der Tendenz des vorliegenden Gesetzentwurfes grundsätzlich überein, weil das Erziehungsprinzip in den Vordergrund gestellt wird, können aber nicht umhin, dabei zu bedauern, daß dieser Gedanke nicht bis an das letzte Ende durchgedacht ist, und zwar insofern, als die Religionsgesellschaften, deren Hauptzweck die Seelsorge ist, nicht ausdrücklich zur Mitarbeit herangezogen werden. (Jawohl!) Die einzige Erwähnung der Seelsorge beim Strafvollzug der Verschließung im § 14 des Entwurfes erscheint uns zu wenig. Wir sehen darin einen Mangel des Gesetzes, welcher die Zielsicherheit der Erziehung junger Rechtsbrecher bei allen anderen Formen der Ahndung von Straftaten, welche vorgesehen sind, Besserungsanstalten u. s. w. sehr beeinträchtigt, dies umso mehr, als der Motivenbericht selbst ausdrücklich die Erfahrungstatsache feststellt, daß Straftaten Jugendlicher meist daraus entstehen, daß diesen unter den heutigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen vorher die genügende Führung und Aufsicht gefehlt hat. Gerade deshalb müßte die Nacherziehung in der Strafzeit alles daran setzen, um das nachzuholen und eine Festigung des Charakters zu erzielen, die jeden Rückfall ausschließt. Ohne Wachrufen religiös-sittlicher Grundsätze wird dies unserer innersten Überzeugung nach unvergleichlich schwieriger sein. (Souhlas.) Unlängst habe ich in einer weit verbreiteten Zeitung einen Ausspruch gelesen, der erwähnt zu werden verdient. Es heißt dort, daß die Inkubationszeit einer schlechten Erziehung bis zur letzten Lebensstunde andauert. Das gilt sicherlich die Richtigkeit des erwähnten Satzes ist nicht zu bezweifeln - für jene, welche sozusagen als pathologische Erscheinung von Jugend auf dafür besonders inklinieren. Die Richtigkeit unserer Ansicht über die Notwendigkeit der Heranziehung der amtlichen Seelsorge ist auch außer Zweifel. Die Bedeutung der Seelsorge für die Jugenderziehung wird auch tatsächlich nur in der Politik geleugnet, scheinbar insbesondere dann, wenn, wie hier unter der gegenwärtigen Regierungsmehrheit, zu starke antikirchliche Strömungen vorherrschen. Wir erwarten wenigstens, daß das zukünftige Gesetz über die Schutzerziehung, welches als unentbehrliche Ergänzung des Jugendstrafgesetzes angesehen werden muß, diese Lücke ausmerzen wird. (Rùzné výkøiky.)

Erfreulich an dem vorliegenden Entwurfe erscheint uns, daß wenigstens die bestehenden Einrichtungen für Kinderschutz- und Jugendfürsorge nunmehr auf gesetzlicher Basis in zahlreichen Fällen herangezogen werden, bei gerichtlichen Erhebungen, bei der Bestellung des Verteidigers, bei Aufsicht über den Strafvollzug, bei der Zusammensetzung der Jugendsenate, im Aufsichtsrat für die Besserungsanstalten, bei der Obsorge für strafentlassene Jugendliche u. s. w. Wir begrüßen, daß diese Organisationen zur Mitarbeit herangezogen werden und damit mehr als bisher in den Rang halbamtlicher Stellen erhoben werden. Die Verknüpfung der Jugendstrafgerichte mit diesen freiwilligen Jugendfürsorgeorganisationen zu regelmäßiger Wechselbeziehung eröffnet der bisher inoffiziellen Jugendfürsorge neue Ausblicke für eine segensreiche Wirksamkeit. Es erübrigt sich, bei diesem Anlasse noch die Forderung zu stellen, daß auch die privaten Jugenderziehungsanstalten in diesen Komplex möglichst mit aufgenommen werden und die Errichtung sowie die Subventionierung der privaten Jugenderziehungsanstalten von Staatswegen eifrigst gefördert wird, zumal sich die Unterbringung von unmündigen Kindern - bis zum 14. Lebensjahre - und Jugendlichen vom 14. bis zum vollendeten 18. Lebensjahre in diesen Anstalten häufig als notwendig erweisen wird.

Im Gesetze ist auch die Abgabe an andere Familien als Sanierungsmaßnahme vorgesehen. Theoretisch ist das einfach, praktisch dürften sich gerade dieser Unterbringung von Jugendlichen bei den gegenwärtigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen meist die größten Schwierigkeiten entgegenstellen. Falls überhaupt Familien für diesen Zweck vorhanden sind, so bleibt doch immer die Frage offen, ob diese die für die heilpädagogische Behandlung der ihr anvertrauten Jugend auch tatsächlich die erforderlichen Erziehungsqualitäten besitzen. Der Gesetzentwurf bemüht sich beim Jugendstrafrecht eine vollständig neue juristische Nomenklatur zu schaffen, es wird sozusagen ein neues Rechtsgebiet der Jugendstrafgerichtsbarkeit geschaffen, lauter neue im bisherigen Strafrecht unbekannte Bezeichnungen. Es gibt kein Verbrechen, Vergehen oder keine Übertretungen von Jugendlichen mehr, sondern nur Verschulden, statt Kerker und Arrest nur Verschließung, bei welcher nach 6 Monaten die Abgabe an eine Besserungsanstalt zu folgen hat. Die unmündigen Rechtsbrecher sind bis zum 14. Lebensjahre überhaupt nicht mehr verantwortlich, früher bis zum 10. Lebensj ahre. Auch die strafrechtliche Verantwortung für die Jugendlichen ist möglichst eingeschränkt, die Strafsühnung weitgehendst gemildert, alles Erscheinungen, die an und für sich theoretisch nach der Ansicht von Fachleuten sicher richtig sind, welche aber eigentlich doch psychologisch einen Zustand der Jugend voraussetzten, welcher im allgemeinen als befriedigend angesehen werden müßte. Leider sind aber die Ansichten bei diesem Punkte verschieden, da nach den Erfahrungen der Nachkriegszeit dies heute weniger denn je der Fall ist. Klagen der Eltern, Lehrer, Meister u. s. w. ohne Unterschied der Nation oder politischen Gesinnung, über zunehmende Autoritätslosigkeit, über zunehmende Verrohung und Verwilderung der Jugend sind heute zu beobachten. Wenn trotzdem gerade jetzt dieses der Jugend sehr entgegenkommende Strafgesetz beschlossen wird, erachten wir es zum Schutze der Gesellschaft dabei für unentbehrlich, daß die Vollzugsorgane des Gesetzes alle Vorsicht anwenden und alle Vorsorgen treffen, um Sicherungen zu bieten, daß mit diesem Gesetz nicht ein Freibrief für weitere Dekadenz der Jugendmoral ausgestellt wird, sondern, daß nur neue Methoden angewendet werden, welche für die moralische Regeneration der Jugend besser sein müssen und sollten, als die bisherigen. Aus diesem Grunde stellt sich der Gesetzentwurf, als ein Experiment dar, welches sich aber unserem Wunsche nach hoffentlich bewähren wird. Könnte das Gesetz sein Ziel der Einschränkung des jugendlichen Verbrechertums damit tatsächlich erreichen, wird es bei allen jenen, welche aus so manchen Alltagserscheinungen für die Entwicklung der kommenden Generation besorgt sind, eine große moralische Genugtuung auslösen. Aber wehe, wenn es durch seine Handhabung nur zu einem Steckenpferd des theoretischen Humanismus werden würde und noch mehr als bisher die Abschreckung und Scheu vor den Folgen einer Straftat bei der Jugend zum Schwinden bringen müßte.

Diese Erziehungstendenz des Gesetzes begrüßend, möchten wir deutschen Christlichsozialen im Anschluß daran auch einen allgemeinen Wunsch zum Ausdruck bringen, u. zw. es möge die Erziehungstendenz dieses Gesetzes ein guter Vorläufer zur allgemeinen Anwendung auf unser öffentliches Leben sein, nicht zuletzt aus der Erwägung, daß damit der Jugend das beste Beispiel für Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit und Achtung vor dem Gesetz gegeben werden könnte. (Souhlas.) Beweise des Gegenteils müssen natürlich eine verderbliche Wirkung ausüben und in diesem Zusammenhange fürchte ich, daß gerade die Methoden der letzten Volkszählung den allerungünstigsten Eindruck hervorgerufen haben müssen. (Souhlas.) Wir nehmen das deshalb auch zum Anlasse, um im Zusammenhange mit der Verhandlung über das Jugendstrafgesetz aus Gründen der öffentlichen Moral gegen die Methoden der im Zuge befindlichen Volkszählung den allerentschiedensten Protest hier einzulegen. Zumindest in einer übergroßen Anzahl von Fällen haben die Organe der Volkszählung ihre Aufgabe darin gesehen, planmäßig einen illegitimen Druck auf unsere deutsche Bevölkerung auszuüben, um sie ungeachtet des verfassungsmäßigen Verbotes der Entnationalisierung national doch zu vergewaltigen. Die Zusage des Ministers des Innern über Erlaß und strenge Weisungen für eine objektive Durchführung der Volkszählung wurde einfach nicht beachtet, so daß in unserer Bevölkerung, wo schon durch die schlüsselmäßig ungerechte Verteilung der Nationalitäten bei der Ernennung von Zählkommissären großes Mißtrauen hervorgerufen wurde, jetzt tatsächlich die größte Verbitterung herrscht. Dabei wäre es doch etwas ganz Selbstverständliches gewesen, bei dieser Amtshandlung wenigstens den Schein der Objektivität zu wahren, eine Nachprüfung der ziffernmäßigen Ergebnisse ist ohnedies nicht möglich. (Výkøiky na levici.) Ich will der Sammlung des Beschwerdematerials heute nicht vorgreifen, ich sehe mich aber gezwungen, dem Herrn Minister auf seine letzten Ausführungen im Budgetausschuß des Senates zu erwidern, daß seine Informationen über einen Teil meines Wahlkreises, nämlich über eine Invasion von Preußisch-Schlesiern in das Hultschiner Ländchen auf einem Irrtum beruhen. Es mag vorgekommen sein, daß hie und da zu dieser Zeit Verwandtenbesuche stattfanden. Das spielt jedoch gar keine Rolle, da es ja für die Zählung so wie so ganz irrelevant ist, wenn sich Ausländer zu Besuch eingefunden haben. Wenn dies auch vorgekommen sein kann, so ist es doch Tatsache, daß die sogenannte Invasion, die in Wirklichkeit nur eine Vermehrung des Grenzverkehrs bis zum 1. Dezember gewesen sein kann, dadurch hervorgerufen wurde, daß die Hausierer und Bauhandwerker, welche ein großes Kontingent unter der einheimischen Hultschiner Bevölkerung stellen, zurückgekommen sind, um wie alljährlich zu Hause zu überwintern, zum Teil aber auch in dem Bewußtsein ihres Rechtes und ihrer Pflicht, als Staatsbürger in dem Staat mitgezählt zu werden, um so mehr, als ja für diese Bezirke besonders lebenswichtige Interessen vom Ergebnis der Volkszählung abhängen. Es ist ein zu krasser Gegensatz, der bisher immer vorhanden war, daß die deutsche Bevölkerung, welche bei den letzten Wahlen 62·5% aller Stimmen hatte, auf einen Prozentsatz von nur 17% im Gerichtsbezirk heruntergedrückt wird, eine Diskrepanz, die ungeheuerlich ist. Wir müssen wohl annehmen, daß eine halbwegs gerechte Volkszählung einen Ausgleich wenigstens so weit schaffen muß, daß der Bruchteil anerkannt wird, wie er tatsächlich besteht und wie er den Wahlergebnissen entspricht. Sehr viele von diesen Hultschinern, welche als Hausierer oder Bauhandwerker in der ganzen europäischen Welt herumziehen und nun zurückgekehrt sind, waren auch der Ansicht, daß wie bei der Wahl eine gesetzliche Verpflichtung zur Beteiligung an der Volkszählung vorliege. Das sind Tatsachen, über die nicht hinweggetäuscht werden kann. Und wenn ein Blatt, das eigens im Hultschiner Bezirk jetzt - sicherlich mit amtlicher Unterstützung - neu begründet wurde, "Náš domov", behauptet, daß Ungeheuerlichkeiten vorgefallen sind und gefordert hat, daß das èechoslovakische Konsulat in Breslau die Visa einstellen müsse, so muß ich demgegenüber bemerken, daß ich es außerordentlich bedauere, daß ein von der Regierung unterstütztes Blatt noch nicht weiß, daß die Visa im Verkehr zwischen der Èechoslovakei und Deutschland längst abgeschafft sind.

Nun zur weiteren Illustration einige Fälle, die sich dort ereignet haben. Der Bürgermeister von Krawarn, einer der größten Gemeinden des Gebietes, wurde über die Vorbereitungen der Volkszählungen seitens der Behörde überhaupt nicht in Kenntnis gesetzt; wohl aber arbeitete in dieser Gemeinde der Zählkommissär tage- und wochenlang vorher schon mit einigen Výbor-Leuten. Wie wir vertraulich erfahren konnten, wurde auch bei diesen Konferenzen die Wählerliste durchgearbeitet und es wurde dort für die Volkszählung bestimmt, daß nur 60 Familien in der Gemeinde ausersehen sein dürfen, als deutsche anerkannt zu werden. Die Gemeindevertretung von Krawarn hat gegen diese recht merkwürdigen Vorbereitungsmethoden zur Volkszählung den Beschluß gefaßt, bei der Brünner Landesbehörde schärfsten Einspruch zu erheben. Wie berechtigt und begründet dieser Beschluß, der Tadel und die Kritik an diesem Vorgehen war, geht schließlich auch daraus hervor, daß dieser Antrag in der Gemeindevertretung mit 19 von 20 Stimmen, also auch mit den Stimmen der zwei èechischen Gemeindevertreter, angenommen worden ist. In Krawarn übrigens erklärte ein Revisor am zweiten Tage der Zählung plötzlich den beschwerdeführenden Parteien, daß er mit ihnen nicht verhandeln könne, weil er nicht deutsch verstehe, obgleich derselbe Herr am Tage vorher die deutsch vorgebrachte Beschwerde einer gewissen Frau Beate Židek entgegengenommen hat und den Zählkommissär anwies, der Beschwerde stattzugeben. Er hat über Nacht die deutsche Sprache verlernt. Frau Hahn beschwerte sich, daß ihr noch nicht schulpflichtiger Sohn Karl nicht in den Aufnahmebogen aufgenommen und mitgezählt wurde. Der Revisor erklärte, daß dieser Einspruch nicht entgegengenommen werden könne, weil er deutsch vorgebracht sei. In gleicher Weise wurde in einer anderen Gemeinde des Bezirkes, die jetzt dem politischen Bezirk Troppau zugeteilt ist, von dem Zählkommissär unter anderem auch einmal erklärt, ein am 30. November 1930, also vor der Volkszählung, geborenes Kind existiere für ihn bei der Volkszählung noch nicht. In der Gemeinde Kauthen wurde ein ganzes Haus übergangen und nicht gezählt, in Krawarn wurde eine Partei nicht gezählt. Das sind alles Fälle, wofür ich die Namen anzuführen in der Lage bin. In Köberwitz stand auf der Gemeindetafel und einigen Hoftoren deutscher Bewohner folgende èechische Drohung: "Die Èechen werden viele Morgen Acker bekommen, die Deutschen sollen sich die Morgen beim Kaschny in Berlin holen." Das ist der dortige Bürgermeister, der nicht nur als Staatsbürger, sondern selbstverständlich auch als Amtsfunktionär mit Berlin nichts zu tun hat. Leider sind Verdächtigungen und Verleumdungen dort nach wie vor an der Tagesordnung. Dann wird gesagt, die Bodenreform ist kein Anlaß zu èechisieren! In hunderten Fällen, die hier anzuführen die Zeit nicht ausreichen würde, verweigerte der Zählkommissär die Eintragung in die Rubrik "Nationalität" überhaupt, so daß diese Parteien zeitlebens nicht wissen werden, außer daß sie in ein besonderes Strafverfahren gezogen werden, ob und zu welcher Nation zugehörig sie eingetragen wurden. Interessant ist übrigens für das Gesamtergebnis gerade in diesem Bezirke, daß die in Mähr. Ostrau erscheinende nationaldemokratische Zeitung "Moravsko-Slezský denník" bereits am 4. Dezember, also am dritten Tage der Volkszählung, wußte, daß diese Zählung im Hultschiner Ländchen nur 12% Deutsche ausgewiesen hat. Die letzte Zählung hatte 16·7% ausgewiesen, diesmal wurden schon im voraus nurmehr 12% berechnet. Ein sehr bezeichnender Vorfall hat sich auch in diesem Gebiete bezüglich unseres deutschen christlichsozialen Landesvertreters Klinek ergeben, welcher in der Gemeinde Klebsch, im politischen Bezirk Troppau seinen Wohnsitz hat und vom Zählkommissär nicht als Deutscher eingetragen wurde. Erst im Beschwerdewege während der Verhandlungen der Landesvertretung in Brünn konnte durchgesetzt werden, daß eine Weisung der Brünner Landesbehörde erging, seine Angabe über die deutsche Nationalität überhaupt nur zur Eintragung zu bringen. Gleichzeitig wurde Vorsorge getroffen, daß darüber noch eine endgültige Entscheidung durch die Behörden erfolgen wird. Angeblich soll der Herr Landesvertreter Klinek Obmannstellvertreter der "Matice" gewesen sein. Tatsächlich verhält sich der Fall so: Er wurde als seinerzeitiger Bürgermeister durch einen Mittelsmann der politischen Verwaltung dazu gedrängt, eine öffentliche Gemeindeversammlung einzuberufen, welcher Aufforderung er als Bürgermeister Folge leisten zu müssen glaubte. Bei dieser Versammlung stellte es sich heraus, daß die Wahl des Vorstandes der "Matice" beabsichtigt war. Von seiner Wahl in den Vorstand erfuhr er überhaupt erst später und legte daraufhin seine Stelle sofort nieder. Das trug ihm auch keine Beliebtheit ein, denn knapp darauf wurde er seiner Bürgermeisterwürde enthoben, man fand schnell Gründe für diese Maßnahme. Deshalb darf seine Angabe, "deutsche Nationalität" nicht gelten, trotzdem er bereits seit zwei Jahren deutscher Landesvertreter in Brünn ist und seit vielen Jahren Gemeindefunktionär als Vertreter der deutschen christlichsozialen Volkspartei war. Einen weiteren interessanten Fall bezüglich der Mandatare kann ich bezüglich des deutschen christlichsozialen Bezirksschulausschusses, des Landwirtes Hollain in der Stadt Hultschin berichten. Dort erschien der Volkszählungskommissär und teilte ihm, als er seine Nationalität mit "deutsch" angab, folgendes mit: "Wie uns bekannt ist, können Sie gar nicht richtig deutsch sprechen und schreiben. Wir haben Beweise dafür; ein von Ihnen an die Behörde eingereichtes Schreiben ist in der Rechtschreibung so mangelhaft verfaßt, daß es dafür zeugt." Der Betreffende erwiderte sehr schlagfertig, daß er doch als Kommissär wissen müßte, daß in diesem Bezirk deutsche Eingaben von der Behörde überhaupt nicht angenommen werden. Bei dieser Volkszählung wurde allgemein von Seite der èechischen Kampfvereine eine lebhafte Tätigkeit entwickelt, das ist uns wohl bekannt und die Taktik, die sie jetzt anwenden, ist, daß sie sich denken: "Der Angriff ist die beste Verteidigung", und einen Wust von unwahren Beschuldigungen uns als Partei wie auch der deutschen Presse entgegenschleudern. Wir sind fest überzeugt, daß damit die Wahrheit sicher nicht vernebelt werden kann, und daß letzten Endes die Volkszählung über die Nationalität von dieser Seite gern mit dem Gedanken spielt und ihn möglichst zum Durchbruch zu bringen trachtet, daß, wenn schon im Staat die Minderheitenverträge nicht zu beseitigen sind, es vielleicht mit der Beseitigung der Minderheiten selbst versucht werden kann. (Sehr gut!) Wir haben verfassungsmäßige Rechte, wir sind nach der Verfassung alle ohne Unterschied der Nation gleichberechtigte Staatsbürger einer demokratischen Republik. Es mutet geradezu als Hohn auf diese Verfassung an, wenn sich zahlreiche Volkszählungsorgane in ihrer Doppelfunktion als Vertrauensmänner èechischnationaler Kampfvereine und Organe der politischen Verwaltung den Terror gegen die Gleichberechtigung unserer Bevölkerung geleistet haben. Gerade deshalb müßte unserer Meinung nach die Regierung jetzt alle Energie anwenden und gegen die vorgefallenen Gesetzwidrigkeiten vorgehen, um die Verfassung vor ihren eigenen Organen zu schützen. Vor Jahresfrist hat die Regierung in ihrer Regierungserklärung unter der Zustimmung der deutschen Minister zugesichert, daß sie darauf achten wird, daß der ruhige Gang der Administrative nicht durch illegitime Einflüsse gestört werde. Es wäre jetzt hoch an der Zeit zu beweisen, daß es mit dieser Regierungserklärung ernst war. Wir fordern, daß die aufgezeigten Beschwerden einer wirklich objektiven und gründlichen Untersuchung unterzogen werden und in den Bezirken, wo die Nichtbeachtung der Vorschriften über die Volkszählung nachweisbar ist, die Volkszählung annulliert und in äußersten Fällen ganz wiederholt werde.

Die in Verhandlung stehende Materie hat das Ziel einer moralischen Einwirkung und Erziehung. Wir fordern aus dem früher Gesagten mit doppeltem Nachdruck, daß dies für die Zukunft nicht nur bei der Jugend Halt mache, daß sich diese Erziehungstendenz auf das ganze sittliche Pflichtgefühl und Verantwortungsbewußtsein, insbesondere auch des Staatsapparates erstrecke. Mit dem Gesetzentwurfe selbst stimmen wir in seiner Tendenz überein und werden deshalb auch in gleicher Auffassung mit der deutschen katholischen Jugend für dieses Gesetz, unbeschadet unserer sonstigen oppositionellen Stellung zur Regierung, stimmen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Blatné (viz str. 24 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Kinder- und Jugendlichenrecht ist in der Èechoslovakischen Republik stiefmütterlich behandelt, insbesondere stiefmütterlich behandelt ist die Jugend im Strafgesetz. Im ersten Leitsatz des Motivenberichtes hat Herr Minister Dr. Meissner in anerkennenswerter Offenheit davon gesprochen, daß die Èechoslovakische Republik einer jener wenigen Kulturstaaten sei, wo die Jugendgerichtsbarkeit in keinerlei Einklang mit den modernen Erkenntnissen der Kriminalwissenschaft stehe, zum großen Unterschied von den umliegenden Staaten. Diese rücksichtslose Offenheit ist umso anerkennenswerter, als hier ein Minister nicht nur ausspricht, was ist, sondern auch aus diesem Tatbestande die Konsequenzen zieht. Bei uns sind ungefähr 10 % aller Straffälligen Jugendliche. Als heuer im Sommer im Sozialinstitut Herr Ministerialrat Dr. Lány, der Leiter des Fürsorgewesens in der Èechoslovakei, feststellte, daß es insbesondere die Jahrgänge zwischen dem 16. und dem 26. Lebensjahre seien, die die größte Kriminalität aufweisen, haben die Zuhörer erschrocken aufgehorcht. Wir Sozialisten, die gewöhnt sind, bei allen Erscheinungen nach ihrer Ursache, nach ihren gesellschaftlichen Gründen, nach ihren wirtschaftlichen, sozialen und soziologischen Gründen zu forschen, waren von dieser Feststellung nicht überrascht. Elend, Verelendung, große Not und Kriminalität stehen in engem Zusammenhang. Als ich vor kurzem in einem westböhmischen Erzgebirgsort mich auf Wunsch der dortigen Frauen nach der Lebenshaltung der Bevölkerung umsah, erfuhr ich, daß der Konsum auf das schärfste eingeschränkt sei. Fleisch wird nicht gegessen. Kornkaffee, Malzkaffe, Kartoffeln, trockenes Brot, Brotreste sind es, wovon sich die Familien nähren. Wissen Sie, wer das Brot zusammenholt, wovon die Familien leben? In einer Zeit, wo der Vater arbeitslos zuhause sitzt, gehen die Kinder oft tagelang ins Land, um dieses Brot zusammenzubetteln. Bei dem Betteln bleibt es nicht. Es ist vielfach nur der Anfang und die Landstraße hat ihre Gefahren. Als ich mich in einem Kreisgerichtsgefängnis nach den Lebensverhältnissen der inhaftierten Jugendlichen umsah, erfuhr ich, daß diese Burschen zwischen 14 und 18 Jahren fast durchwegs Kinder von Witwen und von Arbeitslosen waren. Wenn eine Jugend, in ihrer Kindheit den Krieg, die Ernährungsschwierigkeiten der Nachkriegszeit, die Wirtschaftskrise, durchwegs also Katastrophen erlebt hat - wer wollte sich da wundern, daß manche von ihnen nur in Katastrophen denken und handeln können? Langandauernde Arbeitslosigkeit ist in hohem Grade geeignet, auf junge Menschen in sittlicher Beziehung verheerend zu wirken, ganz anders als auf gefestigte ältere Menschen. Sie ist in hohem Grade geeignet, junge Menschen aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen. Es gibt genug schwierige Lebensverhältnisse. Vor etwa 10 Tagen war bei mir ein 73jähriger kranker Mensch, namens Weiß, Besitzer eines Puppenspieltheaters, der sein Pferd verkauft hatte und nun herumzog, in Verzweiflung und Naivität, von Armenhaus zu Armenhaus, und um Aufnahme bat. Schließlich ist er zu mir gekommen. Wenn man intervenieren muß, so muß man um Daten fragen. Er hat 12 Kinder und weiß von keinem, wo es sich aufhält, wie und ob es lebt. Er weiß nur, daß alle 12 nicht in die Schule gegangen sind, daß keines einen Beruf gelernt hat, und er sagte mir, nicht etwa kritisierend, sondern konstatierend: "Wer wird denn ein Kind von uns in Lehre und Arbeit aufnehmen?"

Die Gesellschaft weiß nichts von Tausenden dieser Kinder, wie sie leben und verderben. Die Gesellschaft lernt sie erst kennen als Objekt bei Gerichtsverhandlungen und als Nummer in der Strafanstalt. Aber man muß auch nicht diese ganz besonders schwierigen Lebensverhältnisse heranziehen. Ist es denn nicht im allgemeinen so, daß Töchter und Söhne des Proletariats mit 14 Jahren in den Kampf um die Existenz herausgestellt werden? Selbst noch Kinder an Leib und Geist kommen sie geradezu direkt, unvermittelt weg vom schönen Lesebuch in die Welt mit ihrer Ausbeutung und ihrer Unterdrückung und lernen dort Leben und Menschen ganz anders kennen, nicht in ihren Sonntagsgewändern, sondern in ihrem Wochentagsaussehen. (Posl. Hackenberg: Wo Vater und Mutter dem Erwerb nachgehen, sind die Kinder schon früher sich selbst überlassen!) Diese Kinder sind verhängnisvoll ganz auf sich selbst gestellt. Aber dieses 14. bis 15. Jahr, das sind sehr gefährliche Jahre, sind sehr kritische Jahre, es ist dies die Zeit des Beginnes der Geschlechtsreife, es ist dies die Zeit, wo eine große Unruhe und Verwirrung über die Kinder kommt, wo sie eine ganz besonders zarte Betreuung erfordern würden. Die Kinder des Proletariats werden hinausgestellt und müssen schauen, wie sie mit sich selbst fertig werden. Tausende und Tausende solcher Existenzen gehen in ihrer Entwicklung zugrunde und könnten gerettet werden. Freilich können sie nicht gerettet werden mit Methoden unserer Jugendgerichtsbarkeit, wie wir sie bisher hatten, sie können nicht gerettet werden mit den Methoden unseres Strafvollzugs.

Der Antrag, der uns heute vorliegt, geht andere Wege. Der leitende, tragende Gedanke ist die Abkehr von der Vergeltungstheorie, ist der Erziehungsgedanke. Das ist im allgemeinen der große Wert dieses Gesetzes und das spürt man nahezu in allen Details. Es ist außerordentlich wichtig, daß z. B. 10 bis 14jährige Kinder, die bisher dem Strafrichter überantwortet gewesen sind, als junge Kinder dem Gerichte überstellt werden, das sinngemäß das einzig zuständige ist, dem Vormundschaftsgericht. Für 14 bis 18jährige wird ein neues Recht geschaffen, eine neue Schuldform, das Verschulden, das einen Unterschied macht zwischen Delikten jugendlicher Personen und den Straftaten Erwachsener. Die Vorlage führt in die Kriminalwissenschaft und die Terminologie einen neuen Begriff ein, die Verschließung, die keine Straffolgen nach sich zieht und Ehrenfolgen ausschließt. Es erweitert auch begrüßenswerter Weise bei Jugendlichen die Einrichtung der bedingten Urteilsfällung und der bedingten Entlassung. Auf das lebhafteste begrüßen wir die Einrichtung der sozialen Gerichtshilfe, eine Einrichtung, die sich in Deutschland außerordentlich segensreich ausgewirkt hat und die wir brennend benötigen. Dieser Entwurf führt auch in die Jugendgerichtsbarkeit eigens für den Dienst geschulte und auch besonders bezahlte Richter ein und zieht bei schweren Delikten einen Jugendsenat mit der Heranziehung und Mitwirkung geschulter Laienrichter vor.

Die Polizeiaufsicht ist beseitigt und das ist gut so. Denn die Polizeiaufsicht hat sich vielfach als verhängnisvoll ausgewirkt, schon durch die Methoden einzelner ungeschickter und taktloser Funktionäre, die dahin gewirkt haben, daß der Beaufsichtigte draußen in der Umwelt in seiner Umgebung diffamiert erschienen ist, ja die sich nach der Richtung verhängnisvoll ausgewirkt haben, daß es den Beaufsichtigten nahezu unmöglich war, sich sozial in die Gesellschaft neu einzugliedern. Die Polizeiaufsicht ist beseitigt und ersetzt durch die Schutzaufsicht, die fürsorgerischen und sozialen Charakter tragen wird und sie wird ergänzt und vielfach ersetzt durch die Schutzerziehung. Für den Strafvollzug sind besondere Anstalten vorgesehen. Der Strafvollzug wird in der Beziehung für die Jugendlichen ganz auf Erziehung und auf berufliche Ausbildung eingestellt, und die Zeit, die nun der jugendliche Mensch in der Strafanstalt verbringt, soll ihm zumindest teilweise in seine Lehrzeit eingerechnet werden. Es ist eine kontrollierende Aufsichtsbehörde vorgesehen, ein Aufsichtsrat wird dem Fürsorger beigegeben werden. Und wir sehen hier den ersten, etwas schüchternen Versuch, aber es ist doch der erste Versuch und ein außerordentlich wichtiger Schritt, der gegangen wird zur Reorganisierung unseres Strafvollzuges.


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