Unter den gegenwärtigen Verhältnissen leiden nicht zuletzt die Geschäftsreisenden; man kann sagen, daß sie das erste Opfer der Wirtschaftskrise geworden sind. Ich sage nichts neues, wenn ich davon spreche, daß die Zahl der Geschäftsreisenden sich in den letzten Jahren ganz außerordentlich vermehrt hat Tausende und aber Tausende, die früher gute gesicherte Stellungen innehatten, sind heute leider gezwungen, das bittere Brot eines Provisionsreisenden zu essen. Im übrigen haben auch die Regierungen dieses Staates mit dafür Sorge getragen, daß durch vorzeitigen Abbau von Staats- und öffentlichen Angestellten die Zahl der Geschäftsreisenden geradezu ungeheuerlich vermehrt wurde. Unter den früheren Beamten des Staates und der öffentlichen Körperschaften gibt es außerordentlich viele, die wegen der Geringfügigkeit ihrer Pensionsbezüge gezwungen wurden, sich durch den Verkauf von gewissen Artikeln ein Nebeneinkommen zu schaffen.
Die Lage dieser Geschäftsreisenden ist fast durchwegs traurig, weil die allerwenigsten von ihnen über eine feste Anstellung verfügen, die meisten sind einzig auf die Provision angewiesen, und es ist natürlich, daß in schlechten wirtschaftlichen Zeiten die Provisionssätze für Reisende nicht erhöht, sondern zumeist herabgesetzt werden. Die Provision bedeutet deshalb für einen bedeutsamen Teil der Geschäftsreisenden faktisch Not und Elend, weil sie zumeist nicht hinreicht, ein einigermaßen anständiges Leben zu führen. Nun muß man sich darüber klar werden, was von den Provisionen der Reisenden alles in Wegfall kommt. Vor allem müssen alle Auslagen während der Reise bestritten werden, die Eisenbahn, die übrigen Verkehrsmittel, die hohen Verpflegskosten. Nun muß dieser Geschäftsreisende von den Provisionen auch noch die Umsatzsteuer zahlen. Er unterliegt also zweifellos einer Doppelbesteuerung, gegen die sich die Organisationen der Reisenden und Angestellten aufs schärfste verwahrt haben. Der Kampf der gewerkschaftlichen Organisationen gegen diese Doppelbesteuerung der Provisionsreisenden hat allerdings bis heute kein entsprechendes Ergebnis gezeitigt, obwohl die Umsatzsteuer nicht nur von den Provisionsreisenden selbst als Unrecht empfunden wurde, sondern durch Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes ausdrücklich als zu unrecht bestehend erklärt wurde. Es gibt eine ganze Reihe solcher Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes, die aber nur den Einzelfall betreffen, deshalb diese Entscheidungen leider nicht den Wert haben, den sie eigentlich haben sollten. Die Regierung will scheinbar den Geschäftsreisenden ein gewisses Entgegenkommen zeigen. Nach der Vorlage sollen Geschäftsreisende umsatzsteuerfrei sein, soweit ihre Provision nicht mehr als 40.000 Kè im Jahr beträgt. Es handelt sich dabei um die Bruttoprovision, von der all die Auslagen abzuziehen sind, die dem Reisenden durch seine Tätigkeit entstehen. Es ist durchaus verständlich, daß der größte Teil dieses Gesamteinkommens von 40.000 Kè auf Reiseauslagen usw. verloren geht, so daß von diesen 40.000 Kè bestenfalls 10.000 oder 12.000 Kè als Nettoeinkommen übrigbleiben.
Deutschland hat für die Geschäftsreisenden in der Umsatzsteuer Ausnahmen vorgesehen. Die Einkommensgrenze ist dort wesentlich höher als bei uns vorgesehen, in Deutschland sind Geschäftsreisende bis zu einem Bruttoeinkommen von 144.000 Kè umsatzsteuerfrei.
Die Mehrheit der Regierungskoalition hat einen Antrag eingebracht, gemäß welchem die pensionsversicherungspflichtigen Geschäftsreisenden von der Umsatzsteuer befreit sein sollen. Dieser Antrag wäre an sich begrüßenswert, wenn die Frage der Pensionsversicherungspflicht der Geschäftsreisenden endgültig gelöst wäre. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Eine einfache Umfrage bei den Reisendenorganisationen würde der Regierung ziffernmäßig klar machen, daß der größere Teil der Provisionsreisenden der Pensionsversicherung noch nicht angehört. Es laufen gerade in dieser Frage eine große Anzahl von Prozessen, die immer wieder mit den Arbeitgebern geführt werden müssen, um die Pensionsversicherungspflicht auch der Geschäftsreisenden zu erreichen. Das Pensionsversicherungsgesetz der Privatangestellten sieht diese Pensionsversicherungspflicht zwar vor, es ist aber bisher in keinem Gesetz mit voller Klarheit angegeben, wann der Geschäftsreisende in einem Dienstverhältnis steht, und dieses Dienstverhältnis ist nun einmal die Voraussetzung der Pensionsversicherungspflicht für den Geschäftsreisenden. Mit diesem Antrag der Regierungsmehrheit wird also meiner Ansicht nach dem Großteil der Geschäftsreisenden nicht gedient sein. Ich frage mich immer wieder, warum solche Einschränkungen notwendig waren, warum man auf der einen Seite eine Einkommensgrenze zog und auf der anderen Seite die Pensionspflicht der Geschäftsreisenden zur Voraussetzung ihrer Umsatzsteuerfreiheit machen will. Die Geschäftsreisenden selbst stehen auf dem Standpunkte, daß die Umsatzsteuer für sie überhaupt nicht in Betracht kommen solle, und das ist auch der Standpunkt, den die gewerkschaftlichen Angestelltenorganisationen einnehmen. Wir sind der Meinung, daß nur eine vollkommene Umsatzsteuerbefreiung der Geschäftsreisenden eine klare Lösung bringen kann. Diese Absicht hat jedoch die Regierung sowohl nach der Vorlage als auch nach dem Antrage der Mehrheit nicht. Wie wenig man den Geschäftsreisenden entgegenzukommen bereit ist, beweist auch das Vorgehen des Eisenbahnministers. Es ist überhaupt bezeichnend für die Politik, die von der gegenwärtigen Regierung gegenüber der Arbeitnehmerschaft immer wieder angewendet wird, daß man wohl auf der einen Seite etwas gibt, um es aber im selben Augenblick auf der anderen Seite wieder wegzusteuern. So ist es auch hier. Man will mit dieser Vorlage einem Teil der Geschäftsreisenden eine Erleichterung verschaffen, auf der anderen Seite aber werden Sie durch die Politik des Eisenbahnministers gezwungen, nunmehr einen um 10% erhöhten Fahrpreis auf der Eisenbahn zu bezahlen.
Für eine solche Politik, können
wir deutschen Nationalsozialisten uns keinesfalls erwärmen, und
weil wir an und für sich auf dem Standpunkte stehen, daß diese
ärgste Konsumsteuer zu beseitigen ist, werden wir auch gegen die
Vorlage stimmen. (Potlesk.)