Ein paar Worte noch über die Weinfälschungen. Es ist Tatsache, daß z. B. in Prag einheimischer, naturechter Wein fast nirgends zu haben ist. Wenn es gut geht, bekommen Sie einen Wein, der aus einheimischem Wein, fremdem Wein und Zuckerzusatz besteht. In vielen Fällen aber wird Wein verkauft, der aus Wasser und Spiritus fabriziert worden ist. Und da ist es dringend nötig, daß die Kellereiinspektoren immer wieder Proben machen und daß die Leute, die den Wein fälschen, auf das strengste bestraft werden.
Die Forderungen unserer Weinbauern sind nicht gegen die Konsumenten gerichtet. Es ist Tatsache, daß vielfach die Weine in Gasthäusern sehr, sehr teuer, oft viermal teurer als beim Einkauf, verkauft werden und daß die Weine überdies sehr schlecht sind. Da wäre es eine dankenswerte Aufgabe des Herrn Ernährungsministers, wenn er sich darum kümmern würde, daß endlich einmal die Weinpreise in den Gasthäusern gesenkt würden. In Südmähren, und zwar in den Gemeinden Taßowitz und Feldsberg, wurden im Vorjahre sogenannte Weinmärkte abgehalten, die heuer wieder abgehalten werden. Zweck dieser Märkte ist es, die Wirte Nordböhmens und Nordmährens direkt mit den Weinproduzenten in Verbindung zu setzen. Diese Weinmärkte haben sich sehr gut bewährt, die Leute haben höhere Preise erzielt. Wir bedauern es, daß diese Weinmärkte wenig subventioniert worden sind und heuer mußten wir uns mit dem Eisenbahnministerium förmlich raufen, bis wir die 33%ige Fahrpreisermäßigung erhielten.
Die Forderungen der Weinbauern sind auch nicht gegen die Abstinenten gerichtet. Unsere Weinbauern sind bereit, auch sterilisierten Most zu verkaufen. Es wurde z. B. in der landwirtschaftlichen Schule in Znaim der Versuch gemacht; aber zur Erzeugung sterilisierten Mostes im Großen braucht man große teuere Maschinen. Die Leute sind nicht imstande, aus eigenem diese bedeutenden Ausgaben zu machen. Daß die Forderungen der Weinbauern in keinem Gegensatz zur Abstinenzbewegung stehen, ersieht man daraus, daß es z. B. in der Schweiz sogar einen Verein abstinenter Weinbauern gibt. Unsere Weinbauern sind auch gerne bereit, die Trauben zu verkaufen. Es ist dies heuer und im vorigen Jahre in erhöhtem Maßstabe geschehen.
Die Forderungen der Weinbauern sind auch nicht gegen die Staatskasse gerichtet. Wenn der Staat auch die Weinsteuer ermäßigt, wenn er sie ganz abschaffen würde, also geringere Einnahmen hätte, so wird das auf der anderen Seite dadurch wettgemacht, daß wir neue Weingärten bekommen. Der Staat bekäme aus diesen neuen Weingärten vielmehr Steuern, als wenn auf solchen Feldern Kartoffeln wachsen würden. Was der Staat auf der einen Seite gäbe, bekäme er auf der anderen Seite in reichlichem Maße zurück. Man darf nicht vergessen, daß das Geld, das für den Wein ausgegeben wird, nicht ins Ausland ginge, sondern wieder unter der Bevölkerung bliebe.
Die Forderungen der Weinbauern richten sich auch nicht gegen die reellen Gastwirte.
Unsere Weinbauern haben ein volles Anrecht darauf zu verlangen, daß ihre Forderungen erfüllt werden. Es handelt sich ja nicht um Großbauern, sondern um Kleinlandwirte, die den Weinstock auf Feldern der schlechtesten Bonitätsklasse gepflanzt haben.
In den früheren Jahren, und zwar im Jahre 1926, habe ich hier im Hause eine Interpellation eingebracht, in der die Forderungen der Weinbauern aufgezählt wurden. Diesen Forderungen gegenüber hat sich der Herr Finanzminister absolut ablehnend verhalten. Im Mai 1926 habe ich hier im Hause einen Antrag auf Einsetzung eines Winzerausschusses gestellt, der die Notlage der Weinbauern zu prüfen hätte. Auch dieser Antrag ist abgelehnt worden. Unter der alten Regierung hat der Achterausschuß einen Antrag angenommen, es möge wenigstens der Haustrunk bis 200 l auf jeden Fall steuerfrei sein. Auch gegen diesen Antrag hat sich der Herr Finanzminister ausgesprochen. Wir haben in den letzten Jahren durch Vorsprachen bei den maßgebenden Ministern und Beamten immer wieder versucht, die eine oder die andere der Forderungen durchzusetzen. Es hat jedoch alles nichts genützt. Die Weinbauern waren bisher geduldig, aber heute muß ich sagen, daß ihre Geduld zu Ende ist.
Ich habe vor kurzem über die Interpel!ationsbeantwortung durch Minister Engliš gesprochen, eine Antwort, die unter den Weinbauern große Erregung hervorgerufen hat, denn aus dieser Antwort konnte man herauslesen, daß dem Herrn Minister die Weinsteuer eigentlich zu niedrig erscheint. Im Voranschlag des Landwirtschaftsministeriums wird die Post zur Förderung des Weinbaues nicht von Jahr zu Jahr erhöht, wie es in anderen Staaten der Fall ist, sondern von Jahr zu Jahr erniedrigt. Wie für die Weinbauern in der heuttigen Regierung gesorgt wird, sehen wir deutlich an dem rumänischen Handelsvertrag, der am 1. September d. J. in Kraft getreten ist. Da wurde der Zoll für Weintrauben, die aus Rumänien in die Èechoslovakei eingeführt werden von 400 auf 200 Kè ermäßigt, der Zoll für eingeführte Weine bleibt weiterhin auf 210, statt daß er erhöht worden wäre. Desgleichen sehen wir bei anderen Produkten, die in Südmähren gebaut werden. Durch diesen rumänischen Handelsvertrag wurden die südmährischen Landwirte sehr geschädigt. Die Nachrichten, die in der letzten Zeit auftauchen, lassen eine neue Gefahr befürchten: Wir wissen, es wird über den künftigen ungarischen Handelsvertrag verhandelt. Die ungarischen Unterhändler verlangen Konzessionen für die ungarischen Weinbauern. Wir fürchten sehr, daß es wieder zu einem Handelsvertrag auf Kosten der einheimischen Weinbauern kommt.
Im Jahre 1926 hatte ich mir erlaubt, an den Herrn Finanzminister Dr. Engliš einen Brief zu richten, in welchem ich darauf aufmerksam machte, daß unter dem Eindrucke des rheinischen Winzeraufstandes und unter dem Eindrucke der großen Weinbauerversammlungen in Nieder-Österreich in den letzten Wochen die Erregung der südmährischen Weinbauern noch mehr gestiegen ist. Charakteristisch ist die Tatsache, daß Abgeordneter Malik im sozialpolitischen Ausschuß erklärte, es sei nicht ausgeschlossen, daß es auch bei uns zu ähnlichen Revolten kommen könne. Ich machte damals den Herrn Finanzminister darauf aufmerksam, daß die Lage unter den Weinbauern außerordentlich kritisch ist. Das war im Jahre 1926. Seither hat sich die Lage der Weinbauern außerordentlich verschlechtert. Wir hatten in den letzten Monaten in Südmähren einige Bauerntage, einige Konferenzen, wo wir deutlich sahen, daß die Erregung unter den Weinbauern außerordentlich groß ist. Unsere Bauern sagen sich: "Wenn man in dem angrenzenden armen Nieder-Österreich so viel für die Weinbauern tut, haben auch wir ein Recht darauf, in der reichen Èechoslovakei Verständnis für unsere Forderungen zu finden." Unsere Weinbauern haben gar keine Lust mehr, sich weiter vertrösten zu lassen. Sie wurden radikalisiert, nicht durch Agitatoren, sondern durch die Untätigkeit der Regierung.
Nach all den vielen, leider erfolglosen
Versuchen, ein Gesetz zugunsten der Weinbauern durchzusetzen,
halte ich es für meine Pflicht, dies hier öffentlich festzustellen.
(Potlesk.)