Støeda 26. listopadu 1930

Ein besonders schmerzliches Kapitel ist für uns Deutsche auch die Angelegenheit der mangelhaften Subventionierung der deutschen Akademie für Musik und darstellende Kunst. Immer wieder müssen wir um die wirtschaftliche Existenz dieser Anstalt kämpfen, weil der Staat die im Minderheitsschutzvertrage übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt und weil die Selbstverwaltungskörper infolge der unglückseligem Gemeindefinanzgesetzes nicht in der Lage sind, uns ausreichend zu unterstützen. Während im Staatsvoranschlag die beiden Staatskonservatorien in Prag und Brünn mit 4·6 Millionen bedacht sind, wobei dem Staatsvolke auch noch die mit mehr als 1 Million aus öffentlichen Mitteln subventionierte Musikakademie in Preßburg zur Verfügung steht, erhält die einzige deutsche Musikhochschule der Republik 300.000 Kè als Subvention, also kaum ein Fünftel des ihr nach dem Bevölkerungsschlüssel gebührenden Betrages. Dieser Zustand muß als ein für uns unwürdiger abgelehnt werden. Wir verlangen schon für das Jahr 1931 eine genügende Dotation und bitten, daß der Schulvoranschlag noch vor seiner Annahme in dieser Beziehung eine Korrektur erfährt.

Wir haben hierüber die letzten Jahre sehr lebhaft Beschwerde geführt. Auch hier steht die Tatsache zurecht, daß wir wegen 18 Staatspreisen für èechische Künstler nur 2 für deutsche Leistungen vorgesehen haben. Ein solches Verhältnis von 18 zu 2 bei der Verteilung der Staatspreise ist ebensosehr eine nationale Benachteiligung der Sudetendeutschen an sich, wie eine schwere Beleidigung der deutschen Kunst. Auch hier muß die Konsolidierung des nationalen Ausgleiches, von dem soviel gesprochen wird, sich anders praktisch auswerten.

Wie übrigens deutsche Anstalten, die solcher Art vom Staat besonders berücksichtigt werden, von privater Seite geschätzt werden, dafür zeugt ein Vorfall, der sich erst jüngst bei der deutschen Zahnklinik ereignete.

Die deutsche Zahnklinik in Prag II., Štìpánská 18, und die dort tätigen Personen wurden von dem im dritten Stock desselben Hauses wohnenden Major des Sanitätsdienstes Dr. Miloš Puèá³ka (Ergänzungsbezirkskommando Prag-Land) wiederholt in derart unqualifizierbarer Weise bedroht, beschimpft und geschmäht, daß sie genötigt waren, gegen ihn die Strafanzeige zu erstatten. Major Dr. Puèálka pflegt, wenn er nach Hause kommt und der Lift nicht frei ist, laut schreiend im Stiegenhaus, das als Zugang zur öffentlichen Zahnklinik stark frequentiert ist, die deutsche Zahnklinik und die dort tätigen Personen mit den Worten zu beschimpfen und zu bedrohen: rošáci, nìmeètí blbci, špinaví nìmeètí pacholci, nìmeètí židi, nevychovaná banda nìmecká, zatracená banda nìmecká, já vás všecky ven vyfackuji. Solche Beschimpfungen wiederholten sich öfters. Den Höhepunkt erreichten sie in der Nacht vom 4. November zum 5. November 1930. Dr. Puèá³ka weckte etwa um 24 Uhr durch stürmendes Lärmen und lautes Läuten die dort anwesende Schwester und erpreßte von ihr unter gefährlichen Drohungen wie "já vás zabiji, já vás vyfackuji" und Beschimpfungen ärgster Art die Herausgabe des Liftschlüssels. Nach diesem Exzeß ging Dr. Puèálka zum Hausmeister, demgegenüber er in der oben zitierten und noch viel ärgeren Art mit Worten, wie "nìmecká prasata" und anderen nicht wiederzugebenden Ausdrücken, die Schmähungen und Bedrohungen der deutschen Zahnklinik festsetzte. Dr. Puèálka hat überhaupt keinen Anlaß und kein Recht, von der deutschen Zahnklinik die Herausgabe des Liftschlüssels zu verlangen. Der Lift ist vom Stiegenhaus aus zugänglich. Da Dr. Puèálka im dritten Stock wohnt und die Zahnklinik sich im 5. und 6. Stock befindet, entfällt jede Möglichkeit der Annahme, daß Dr. Puèálka aus irgendwelchen Gründen zu diesem Vorgehen gezwungen war. Die Handlungsweise des Majors Dr. Puèálka ist die eines Chauvinisten, dem es offenbar unerträglich ist, mit der "deutschen" Zahnklinik im selben Hause wohnen zu müssen.

Unerfüllt blieben bis heute unsere Hochschulwünsche, unsere Anträge auf Errichtung einer staatlichen Handels und Wirtschaftshochschule, nach Errichtung einer montanistischen Fakultät an der deutschen technischen Hochschule in Prag, nach Schaffung einer forstlichen Hochschule, die Errichtung einer Hochschule für bildende und angewandte Kunst, weiter betreffend die Errichtung einer tierärztlichen Fakultät und deutschen Hochschule für Leibesübungen. Sie alle liegen in den Fachausschüssen. Nicht einmal die durch eine Resolution versprochene Einrichtung einer Handelsund Wirtschaftshochschule als Abteilung der Prager Technik ist verwirklicht worden. Wie sehr wir auf dem Gebiet des Hochschulwesens benachteiligt sind, leuchtet besonders aus der letzten Unterlassung hervor. Unsere Studenten müssen weiter im Auslande sich ihr Spezial-Wissen aneignen und erhalten zurückgekehrt schließlich noch die größten Schwierigkeiten bei der Nostrifikation der Zeugnisse bereitet. Wo wir aber deutsche Anstalten vorfinden, sind deren Lebensverhältnisse so niedrig gehalten, daß die Empörung hierüber längst schon in weitere Kreise als die unmittelbar interessierten gedrungen ist. Sie ist heute ebenso sehr ein Besitztum auch des sicher urteilenden Auslands wie des Sudetendeutschtums selbst.

Ich nannte diese Art der Behandlung unserer deutschen Institute schon bei der Erwähnung des Mittelschulwesens die Methode der Austrocknung, die auf dem Gebiete des Schulwesens gegen uns geführt wird. Sie besteht in dem Versuche, das, was wir noch an Kulturanstalten besitzen, finanziell in weitgehendster Weise zu verkürzen. Wir brauchen, um hiefür Zahlen deutlich sprechen zu hören, nur die Hochschulaufwände des Jahres 1931 nach dem nationalen Schlüssel zu verarbeiten, wie im besonderen auch diese Methode sich in dem Investitionsbudget deutlich kennzeichnet.

Der ersten Methode, der offensichtlichen Vernichtung des Besitzes an Kulturgütern z. B. in der Form der Auflassung von Schulen und Schulklassen, der zweiten Methode, der Austrocknung des Restes unseres Besitzstandes an Kulturgütern, schließt sich eine dritte Methode der Beeinflussung an, die hierin besteht, daß uns die Bestimmung über den Rest, der uns an Schulen und Kulturanstalten verblieb, aus den Händen gewunden wird. So wird uns das Sprachenrecht in der Verwaltung unserer Schulen immer mehr beschnitten. Meine Interpellation an den Herrn Minister für Schulwesen bezüglich der Sprachenrechte unserer Mittelschulleitungen ist geradezu niederschmetternd beantwortet worden. Die mit all diesen Methoden verfolgte Absicht wird weiter klar, wenn wir zu Direktoren unserer Mittelschulanstalten fortschreitend Fremde ernannt finden. Von 84 Direktorstellen an deutschen Mittelschulen, von denen 10 unbesetzt sind, was auch ein ungehöriger Zustand ist, sind 12 Direktorstellen an deutschen Mittelschulen an Fremdnationale vergeben. Es sind also von 84 Stellen 62, das sind 73·8 % in deutschen Händen, 26·2 % solcher Stellen befinden sich in fremdem Besitz oder sind unbesetzt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)

Es muß nicht besonders vermerkt werden, daß wir bei allen weiteren Kapiteln des Schulvoranschlages in gleicher Art wie bei den genannten benachteiligt sind. Die 16·8 Millionen Kronen, welche für Kulturbeziehungen mit dem Auslande verausgabt werden, dienen hauptsächlich der Ausgestaltung des Verhältnisses mit den slawischen Kulturen, die soziale Studentenfürsorge, welche 11·2 Millionen erfordert, kommt nur zu einem geringen Teile deutschen Anwärtern zugute, die Beträge für die Kunst sind dem deutschen Kunsttum kaum zugänglich, ich erwähne nur die Not unserer deutschen Theater, die Volkserziehungsausgaben dienen uns nur gering.

Die Hauptursache dieser Übelstände liegt hierin, daß die Einsetzung der Minderheitsschutzbestimmungen, die, obwohl ungenügend für uns, bei richtiger Anwendung uns doch vor den erwähnten Schäden einigermaßen schützen würden, in die Verfassungsurkunde des tschechischen Staates in einer Weise geschah, welche denselben eine andere Deutung zu geben vermochte, indem Klauseln hinzugefügt wurden, durch welche die Durchführung dieser Bestimmungen der einfachen Gesetzgebung, ja sogar der Verordnungsgewalt der Behörde überantwortet wurde. So kam es dazu, daß ein Höchstmaß an Plan sich vollführte, uns nicht zuletzt kulturell ins Nach teil zu setzen. Man will uns unfähig machen, im harten Wettbewerb des Tages mit den anderen bestehen zu können. Vor allem zeigt sich das an der Gesetzgebung des Staates, am meisten jener, durch welche die Verhältnisse der Hauptmasse unseren kulturellen Einrichtungen, der niederen Schulen geregelt wird. Ich erwähne nur die Gesetze vom 3. April 1919, Slg. 189, vom 9. April 1920, Slg. 292, und vom 9. April 1920, Slg. 295.

Ich verweise zu wiederholten Malen auf die schulgesetzliche Praxis des alten Österreich, um dieser tschechischen Schulpolitik den Gegensatz zu liefern. Ich verweise darauf auch deshalb, weil in der Kulturdebatte des Haushaltausschusses ein regierungsdeutscher Kollege die Erklärung für die Auswüchse der tschechischen Kulturpolitik in der vom alten Österreich geführten Kulturpolitik gelegen findet. Das österreichische Reichsvolksschulgesetz regelte im Vereine mit den Landesgesetzen in seinen wichtigsten Paragraphen die Errichtung von Volks und Bürgerschulen und die Grundzüge ihrer finanziellen Erhaltung Die erste Bestimmung lautete dahin, daß eine Schule unter allen umständen überall zu errichten sei, wo sich im Umkreis von einer Stunde und nach einem fünfjährigen Durchschnitte mehr als 40 Kinder vorfinden, welche eine über 4 km entfernte Schule besuchen müssen. Außerdem stellte das Gesetz die zwingende Notwendigkeit auf, beim Besuche einer Klasse durch mehr als 80 Kinder eine zweite Klasse zu errichten, weiter die Errichtung von Bürgerschulen in jedem Schulbezirke. Das war also der Grundsatz der zwangsweisen Schulerrichtung. Niemand konnte sich demselben entziehen, weder die Behörden, noch jene Faktoren, die zur Errichtung der Schule gesetzlich verpflichtet sind: Schulgemeinde, Schulbezirk und Land. Der wichtigste Faktor war stets die Gemeinde, welche für die Unterbringung und Erhaltung der Schule in sachlicher Beziehung zu sorgen hatte. Die Gemeinde konnte ihre Schulforderungen den Behörden vorbringen, und keine derselben hat jemals gewagt, sie abzuweisen, wenn sie im Sinne des Gesetzes begründet waren. Es war für jede nationale Gruppe im alten Österreich die Möglichkeit gegeben, ihr Schulwesen entwickelt zu bekommen. An den Behördenkonnte eine absichtliche Zurücksetzung bei Schulforderungen nicht liegen, da diese, wie schon betont, die Errichtung von Schulen verfügen mußten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren. Übrigens waren die Landesschulbehörden in Böhmen und Mähren vom Jahre 1890 angefangen national getrennt. Die Landesausschüsse und die autonomen Landesbehörden waren in Böhmen und Mähren ihrer nationalen Zusammensetzung nach in der Mehrheit tschechisch und sie haben gewiß niemals der Errichtung tschechischer Schulen Widerstand entgegengesetzt.

Demgegenüber wirkte in der Èechoslovakei ein Plan, der, in Einzelheiten schon betont, sich mit Folgendem zusammenfassend ausdrückt:

1. Herabdrückung der Kulturhöhe der deutschen Massen durch Sperrung deutscher Schulen und Klassen, durch Umwandlung hochorganisierter Schulen in niederorganisierte.

2. Errichtung èechischer Minderheitsschulen ohne Rücksicht auf die Schülerzahl, nicht nur zur Erhaltung der Nationalität èechischer Kinder, sondern auch zur Aufnahme deutscher Kinder als geistige Vorbereitung für deren Assimilation.

3. Verminderung der Gelegenheit zur fachlichen Ausbildung durch Sperrung deutscher Fachschulen, durch Angliederung èechischer Abteilungen als Vorbereitung für die Èechisierung der Anstalten.

4. Verkleinerung der geistigen deutschen Oberschichten durch Sperrung deutscher Mittelschulen, Zuweisung ungeeigneter Räume mit ungenügender Ausstattung an Lehrmitteln.

5. Ablehnung der Aufnahme Deutscher in den öffentlichen Dienst, um den Anreiz zum Besuche deutscher Lehranstalten zu vermindern.

6. Vernachlässigung der deutschen Hochschulen durch ungenügende Dotationen. Verzögerung von Berufungen mangels finanziellen Entgegenkommens gegen reichsdeutsche Lehrkräfte.

7. Verweigerung der Errichtung einer deutschen Bergbauschule, Forstfachschule, einer deutschen Handelshochschule und geringe Unterstützung der deutschen Musikakademie.

8. Erschwerung der Freizügigkeit der Studenten zur Schwächung des kulturellen Zusammenhanges mit Deutschland und DeutschÖsterreich.

9. Geringste Förderung deutscher studentischer Wohlfahrtseinrichtungen.

10. Erschwerung der Anerkennung ausländischer Zeugnisse.

11. Enteignung deutscher Theater und Kunstinstitute.

12. Verbot oder Erschwerung der Teilnahme an reichsdeutschen und österreichischen kulturellen Vereinen und Tagungen.

13. Verbot von Büchern und Zeitschriften.

14. Versuch einer geistigen Umstellung der Schüler im Sinne der Lockerung des geistigen und seelischen Zusammenhanges mit der gesamtdeutschen geschichtlichen und kulturellen Entwicklung durch Revision der Büchereien und Lehrbücher.

15. Einschüchterung der deutschen Lehrer durch dienstliche Versetzung.

16. Besetzung der Leitungen deutscher Schulen mit Fremdnationalen.

17. Mangelhaftes deutsches Inspektionswesen.

18. Einflußnahme auf die Finanzverwaltung der Schulen.

Durch die Novelle zum Gemeindefinanzgesetz, welche in diesen Tagen eine parlamentarische Behandlung und Verabschiedung erfuhr, ist wiederum eine Kerbe in eine alteingeführte schulgesetzliche Praxis geschnitten worden. Im alten Österreich war die finanzielle Frage der Erhaltung der Volksschulen so, daß dieselben als öffentliche Schulen aus öffentlichen Mitteln bedacht wurden. Die Bestreitung des Sachaufwandes oblag der Schulgemeinde. Wie die Schulgemeinden diesen Sachaufwand gestalteten, in welchem Ausmaß sie denselben eine Befriedigung zuteil werden ließen, war ihre ureigene Angelegenheit. Aber es ist in der Art der Betreuung des Schulwesens durch ausreichende Mittel, welche für den Sachaufwand zur Verfügung gestellt wurden, seitens der Gemeinden in fast al³en Fällen Hervorrangendes geleistet worden, wenn auch da und dort sich Unterschiedlichkeiten ergaben. Sofern es sich dabei um Tätigkeiten zumeist national einheitlicher Schulgemeinden handelte, war die Ausstattung der Schulen in der Hand der einzelnen Nationen gelegen. Der Personalaufwand und den übrigen Aufwand für die Volksschulen trugen die Länder, in Böhmen bis zu einem gewissen Höchstprozentsatze an Schulumlagen auch die Bezirke.

Für die Schule und ihre Entwicklung war es von außerordentlicher Bedeutung, daß die Ortsschulräte berechtigt waren, den Schulvoranschlag zu verfassen. Die Ortsgemeinden und jede der eingeschulten Geme inden besaßen bis zum Jahre 1927 lediglich die Möglichkeit, gegen den vom Ortsschulrate festgesetzten Voranschlag die Berufung an die übergeordnete Schulbehörde einzubringen.

Schon durch das Gesetz vom 15. Juni 1927, Slg. 77, betreffend die Neuregelung der Finanzwirtschaft der territorialen Selbstverwaltungsverbände, wurde der Einfluß der Schulbehörde auf die Gestaltung des Schulvoranschlages verringert, indem man das Berufungsrecht gegen denselben neben den Gemeininden auch jedem Wähler und jedem Steuerzahler einräumte und die Kompetenz der Bezirksvertretung festgelegte, über die Einsprüche zu entscheiden. Nach der Novelle erhält der § 4 des erwähnten Gesetzes nun eine Fassung, nach der das Recht den Schulvoranschlag zu bestimmen, den Gemeinden übertragen wird und umgekehrt der Ortsschulrat Berufung erheben kann, worüber wieder die Bezirksvertretung als nächste Instanz entscheidet.

Diese Neuerung ist auf das tiefste zu bedauern. Sie wird ihre der Schule nachteilige Auswirkung erleben. Wir dürfen das leider als sicher bezeichnen. Die Erklärung für diese Meinung liegt so: Nach der alten Praxis hat also der Ortsschulrat das Recht, den Schulvoranschlag zu verfassen, besessen. Er war eine zur Wahrung der Schulinteressen vorzügglich berufene Körperschaft, die weniger nüchtern und nicht ausschließlich vom gemeindefinanziellen Gesichtspunkte aus die sachlichen Bedürfnisse der Schule beurteilte. Wenn es hierüber zu einer Auseinnandersetzung mit der Gemeinde kam, war die Berufungsbehörde wieder eine Schulbehörde, der Bezirksschulrat. Das Interesse der Schule war somit in hervorragender Weise gesichert. Im Jahre 1927 wurde nach dem Vermerkten die Praxis dahingehend abgeändert, daß über eine Eventualberufung der Gemeindevertretung, eines Wählers oder eines Steuerzahlers gegen den Schulvoranschlag die zu einem Drittel ernannte Bezirksvertretung verhandelt. Das war die erste Kerbe, die in eine altbewährte Gesetzesgrundlage geschnitten wurde. Nunmehr wurde nach der Novelle zum Gesetze 77/1927 dem Ortsschulrat lediglich die Wirkung in einem Passivverhältnis belassen. Er hat fernerhin kein Recht, den Schulvoranschlag aufzustellen, dieses Recht passiert die Gemeindevertretung. Der Ortsschulrat darf nur verrufen.

Die Gemeindevertretungen sind in ihren finanziellen Möglichkeiten bedrängt. Diese Bedrängnis wird beim Schulvoranschlage zu lösen versucht werden, vielleicht zunächst bei diesem Voranschlage. Für die Schulen entsteht damit die Gefahr, daß ihre Entwicklung eintritt. Nur Minderheitsschulen, die unmittelbar dem Schulministerium unters tehen, werden von dieser Gefahr verschont. Alle Schulfreunde sind in der Meinung ein, daß die neue Ordnung dem kulturellen Leben neue Zündstoffe bringen wird.

Der Standpunkt des Herrn Finanzministers ist der, daß der Konkurrenzfaktor bei der Erhaltung des Schulwesens das Recht der Mitbestimmung in Händen liegen haben muß. Wenn der Grundsatz bis zur letzten Konsequenz eine Anwendung erfährt, wird der Finanzminister in absehbarer Zeit den größten Einfluß auf die Gestaltung des Schulwesens üben als der Minister für Schulwesen und Volkskultur und das nicht nur bei der Zusammenstellung des Voranschlages sondern immer und stets und auch in anderen als reinen Finanzfragen. Gerade hier besaß das alte Österreich andere Auffassung, die in den alten Schulgesetzen ihren Niederschlag gefunden hatten. Es ist bedauerlich, daß ein Weg, der gangbar war, verlassen wurde. Das Ganze sieht so aus, alsob sich ein Plan vorbereitete, der im Gegensatz zur erhofften Autonomie der Schule steht. Denn wenn das Recht der Konkurrenzfaktoren der Schule gegenüber zur Höhe getrieben wird, dann wird sie in dem Sinne ihrer Selbstverwaltung ohne Zweifel stark gefährdet. Die Deutschen sind bezüglich unseres Schulwesens empfindlich, aber es hat das seine Gründe in dem Erlebnis, das uns ein zehnjähriger Kampf gegen unser Schulwesen beschied, und sie sind in der möglichen Beeinflussung der Schule durch die neuen Formen aufs neue wesentlich beein trächtigt.

Bezüglich der dienstlichen Versetzung der Lehrer, denen unserer Meinung nach stets ein politisches Moment zugrunde liegt, habe ich schon im Ausschuß den Minister interpelliert.

Ich bekam hierauf geantwortet, daß in allen Fällen solcher dienstlichen Versetzungen eine Überprüfung stattfindet, um die tatsächlichen Beweggründe zu erforschen. Der Herr Minister bemerkt bei dieser Feststellung weiter, daß es keinesfalls eine politische Tätigkeit sein dürfe, welche zu einer Disziplinierung führt. Im speziell interpellierten Falle des Herrn Bürgerschuldirektors Josef Hantsche³ wurde mir desgleichen bedeutet, daß innere schuldienstliche Gründe die seinerzeitige Enthebung des Herrn Hantschel verursachten. In die Sache habe weder der Landesschulrat noch das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur eingegriffen, weil in diesem Falle die Kompetenz des Bezirksschulausschusses im Sinne des § 2 des Gesetzes vom 8. September 1899, Böhm. L.-G.-Bl. Nr. 60, des sogenannten Substitutionsgesetzes gegeben ist. Ich bezweif³e keinesfalls, daß weder das Ministerium noch der Landesschulrat bei dem Falle Hantschel beteiligt waren. Daß der Vorsitzende des zuständigen Bezirksschulausschusses jedoch weitere als innere schuldienstliche Gründe für seine Maßnahme besaß, ist nach unserer Beurteilung des Falles feststehend. (Posl. Knirsch: Er hatte doch eine belobende Anerkennung des Bezirksschulausschusses gehabt!) Sehr richtig bemerkt der Herr Koll. Knirsch, daß innere Gründe die Disziplinierung wohl nicht verursacht haben, wenn der seither verstorbene Kollege Hantschel für die mustergültige Leitung eine Bestätigung in der Form einer belobenden Anerkennung in Händen hatte. Wir müssen deshalb kategorisch fordern, daß der Lehrer in seiner politischen und nationalen Betätigung ungehindert bleibt. Das wird nicht zum Schaden der Scnule ausfallen, denn so weit vermag sich der Lehrer zu differenzieren, daß er in der Schule keine Politik treibt, daß er sie nur draußen treiben wird. Hiebei fordere ich neuerdings, daß den Lehrern auch zeitlicher Raum gegeben wird, einem politischen Amte genüge leisten zu können. Bekanntlich gibt es eine große Anzahl von Lehrer-Bürgermeistern. Während denselben bis vor kurzem Urlaube zur Ausübung ihres Amtes ohne größere Schwierigkeiten erteilt wurden, schafft man jetzt außerordentliche Schwierigkeiten bei Urlaubsbewilligungen. Auch diese Art der Behandlung muß eine Abstellung erfahren. Richtig bezeichnet Dr. Jesser diese Politik als Wiederholung der Kulturpolitik der hussitischen Zeit, die allerdings gescheitert ist.

Der Abwehrkampf gegen diese Politik muß vom Sudetendeutschtum immer geschlossen geführt werden. Das Sudetendeutschtum hat seine Kulturpolitik als einen wichtigsten Bestandteil der Gesamtpolitik heute über die Abwehr hinaus auf Wiedergutmachung der Schäden zu stellen und als Ziel die Befreiung der Eigenkultur von jeder fremden Beeinflussung aufzuzeigen. Die Umkehr ist notwendig und es ist unsere Aufgabe, für dieselbe die Mittel und Wege aufzuzeigen. Die in der Èechoslovakei grundsätzlichen Forderungen, die nicht neu sind, weder im Staate selbst noch außen, die sich außen in den Gesetzgebungen andererseits wieder erkennen lassen, betreffen die Organisierung der Selbstverwaltung, die Schulaufsicht und die finanzielle Führung des Schulwesens.

Die Organisierung der nationalen Kulturselbstverwaltung muß insbesondere Verbreitung finden durch die Erfassung der Nationen als rechtsfähige Körperschaften, der förmlich vorauszugehen hat die Erfassung jedes Mitgliedes der Staatsgemeinschaft für eine Nation derselben in deren Nationalverzeichnis. Die Mitgliedschaft bei einem solchen Nationalregister berechtigt und verpflichtet, an der öffentlich-rechtlichen Selbstverwa³tung teilzunehmen. Wir fordern für diesen Nationalkataster die gleichen Grundsätze wie sie anderswo bestehen. Austritt und Eintritt kann nur dem eigenen Willen des Staatsbürgers überlassen sein. Jede Beeinflussung aber bei der freien Wahl für einen Kataster einer Nation durch Drohung und Versprechung und jede Benachteiligung wegen des Bekenntnisses durch Ausnützung der wirtschaftlichen Abhängigkeiten muß unter schwere Strafe gesetzt werden. Nach der Erfassung sind die Selbstverwaltungsorgane zu organisieren. Für die Orte, Bezirke und Länder sind zur Wahrung der kulturellen Rechte der Nationen eigene Körperschaften derselben zu bilden (Orts-, Bezirks- und Landesschulräte), welche eigenberechtigt alle Kulturangelegenheiten (einschließlich Armenpflege und Jugendfürsorge) innerhalb ihres Gebietes, für das sie bestimmt sind, verrichten. Die oberste Schulverwaltung ist nach dem Orts-, Bezirks-, Landes- und Reichsschulrate die Nationalversammlung der Nation, zu der sich die Abgeordneten derselben jeweils zusammenfinden müssen.

Die Schulaufsicht wird in gleicher Weise geführt von den erwähnten Organen, denen das Recht verliehen wird, in der nationalen Sprache sich zu äußern, in dieser den Verkehr zu pflegen untereinander und mit den staatlichen Verwaltungseinrichtungen. Diese Organe sind mit dem genügenden Wirkungskreise ausgerüstet: Errichtung, Erhaltung, Unterhaltung, Verringerung bezw. Auflassung einer nationalen Einrichtung obliegt nur ihnen wie sie auch Lehrer anstellen, entlassen und verwarnen können.

Die einzeinen Nationen haben Teil in einem ihrer Stärke entsprechenden Verhältnisse an allen Voranschlägen des Staates, der Länder und Gemeinden und können im übrigen zur Deckung ihres besonderen Kulturverlangens Kultursteuern einheben. Was der Staat mit Zwangsmitteln des Gesetzes an Erfüllung von staatsnotwendigen Kulturaufgaben fordert, das ist grundsätzlich aus öffentlichen Mitteln zu erhalten. Die Kultursteuer der sich selbst verwaltenden Nationen dient nur zur Deckung der besonderen kulturellen Leistungen.

6. Øeè posl. Fritschera (viz str. 98 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Mein Klub hat mich beauftragt, in der Budgetdebatte die kulturellen und sozialen Forderungen unserer Partei zur Sprache zu bringen. Nach wie vor ist es für uns von größter Bedeutung, in welchem Geiste unser Schulwesen geführt wird. Meine Partei erblickt in einer gründlichen Schulbildung die Vorbedingung einer gesunden staatlichen, nationalen und sozialen Entwicklung, sie fordert programmatisch ein möglichst einheitliches, dem praktischen Leben angepaßtes Schulwesen, das von jedem einzelnen Volke der Republik unter Oberaufsicht des Staates einzurichten ist. Ein staatliches Schulmonopol weisen wir im Geiste wahrer Demokratie zurück und verlangen für die Eltern Freiheit zu nationaler und konfessioneller Kindererziehung. Eine religionslose Staatszwangsschule müßten wir als ärgste Gewissenstyrannei und brutalen Eingriff in die Elternrechte betrachten und sie ganz entschieden ab³ehnen. Wenn religionslose Eltern eine religionslose Erziehung ihrer Kinder verlangen, sie sollen sie haben, aber auch verantworten. Wir lassen uns aber auch unsere Rechte nicht verkürzen. In einem freien Es sind die diesbezüglichen Regelungen zu verwirklichen wie anderes mehr. Jedenfalls liegt ihre Verwirklichung im Wunsche der Nationen als Minderheiten, wie Sie, wenn sie erflössen, den Beweis hoher staatsmännischer Einsicht lieferten. Wir haben nicht das letzte Wort. Aber eines haben wir an Pflicht: Unentwegt diese Regelung zu fordern und zu erkämpfen zu versuchen. Die Befriedigung unserer Wünsche ist dann gleichbedeutend mit der Sicherung unseres kulturellen Lebens und der Ruhe in der Fortentwicklung desselben. Der Nationalsozialismus stellt sich bewußt in dieser Richtungein. Er kennt kein größeres Gebot, als die Kulturen heilig zu halten. Jede politische Kraft, die in ihm lebt, gilt dem Durchbruche dieser Erkenntnis. Insolange in diesen Richtlinien die Schulpolitik des Staates nicht läuft, die Voranschläge ungerechte Elaborate darstellen, sind wir veranlaßt, zum Protest über die Art der Verteilung der Mittel des Voranschlages denselben abzulehnen. (Potlesk.)

Volke wollen auch wir Katholiken keine Heloten sein. Zur festen Grundlegung der Jugenderziehung in der Schule fordert unser Parteiprogramm die Mitwirkung der Religion in der Schule. Der Religionsunterricht ist an allen niederen und mittleren Schulen in allen Klassen als ein Hauptfach beizubehalten und sorgsam zu pflegen. Wir protestieren deshalb neuerdings gegen die verfügte Einschränkung dieses Unterrichtes an den Mittelschulen und die vollständige Degradierung der Religionsprofessoren, protestieren, daß man den Religionsunterricht zum Freigegenstande herabgewürdigt und an die Wand gedrückt hat, daß man die Religionsstunde in der Regel nur als letzte Stunde des Halbtages ansetzt, um den Unterricht den Kindern möglichst zu verekeln. Für die Geringschätzung des Religionsunterrichtes ist wohl bezeichnend eine Entscheidung des Finanzministeriums von 10. September 1930, Zahl 4846/29, worin der Meinung der Brünner Fin anzdirektion beigepflichtet wird, es müsse jedes Gesuch um Befreiung von einem Unterrichtsgegenstande gestempelt sein, zur Befreiung, vom Religionsunterrichte genüge aber eine
bloße ungestempelte Erklärung. (Hört! Hört!) Tiefer kann man wohl die Religion nicht mehr degradieren. Wir verlangen ganz entschieden, daß endlich einmal der planmäßigen Entchristlichung der Schule durch willkürliche Auslegung des Kleinen Schulgesetzes ein Ende gemacht werde. In der Schule hat alles, aber auch alles zu unterbleiben, was die religiösen Gefühle verletzen kann. Hat man den Kanzelparagraph für die Priester eingeführt, dann gelte auch der Schulparagraph, daß das Heiligste nicht ungestraft vor wehrlosen Kindern herabgesetzt werden dürfe. Auf der Gesundheit des sittlich-religiösen Gemeinschaftslebens beruht die Kraft und Gesundheit des Volkslebens. Wo der Geist der Religions-Gleichgültigkeit - und der muß künstlich in unseren Schulen von Amtswegen gezüchtet werden - und der Geist der Verneinung die Oberhand gewinnt, da krankt das Volksleben in seinem innersten Kern. Wir scheuen uns durchaus nicht immer und immer wieder die sittlich-religiöse Schulerziehung zu fordern, weil wir die religiöse Erziehung für die notwendige Grundlage der sittlichen Erziehung halten. Der bekannte Völkerpsychologe Wilhelm Wundt, Professor der Universität Leipzig, hat am 3. Juli 1919 warnend den Himmelstürmern erklärt: "Der verbreitete Ruf nach Abschaffung des Religionsunterrichtes verbirgt unter diesem Namen eine der größten Kulturbarbareien der Gegenwart." Man höre doch endlich einmal auf, immer wieder von einem angeblichen Widerspruch der Religion mit Ergebnissen der Wissenschaft zu flunkern. Ein èechischer Universitätsrektor hat hier im Hause feierlich erklärt, auf die letzten Fragen des Lebens gäbe doch schließlich nur die Religion die Antwort. Und der von dem Freidenkerpapste Ernst Häckel, dem Verfasser der berüchtigten "Welträtsel", selbst verlangte Nachfolger im Professorenamte der Universität Jena, Dr. Ludwig Plate, legt in der "Mitteldeutschen Zeitung" vom 1. Feber 1922 das Geständnis ab: "Der Kampf der Materialisten gegen die Grundanschauungen des Christentums findet in den Ergebnissen der Wissenschaft keine Stütze" und er fügt bei: "Ein religionsloses Volk geht über kurz oder lang an innerer Fäulnis zu Grunde". Ich zitiere noch einen Anspruch von Dr. Walther Riehl, der in einer Salzburger Versammlung den Kampf gegen die Religion direkt ein Unglück nannte, "Nehmt unserem Volke" sagte er - "die Religion, und unser kultureller und wirtschaftlicher und sittlicher und völkischer Niedergang ist besiegelt. Beim Kampf gegen Gott beginnt es und mit der Beseitigung jeder Autorität hört es auf. Rußland sei hiefür das typische Beispiel." Wenn einmal in einem Menschen die starken Pfeiler des religiösen Glaubens wanken, dann werden auch die Strohhalme einer religionslosen Bürgermoral den Bau des sittlichen Lebens nicht mehr stützen. "Wenn die jungen Leute keine Religion haben, schicken sie auch die Moralität zum Teufel", sagt D. Allembert, der gewiß kein Klerikaler war. Fallen die 10 Gebote, dann bleibt nur eins, Du darfst Dich nicht erwischen lassen!


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