Meine Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der Tagesordnung übergehe, sei es mir gestattet, von der Tagesordnung abweichend auf zwei hoch bedeutsame politische Ereignisse der jüngsten Tage zu sprechen zu kommen. Es sind dies die Erklärungen des reichsdeutschen Außenministers Dr. Curtius über die bekannten deutschfeindlichen Ausschreitungen in Prag und die Ausführungen des französischen Politikers Hervé über die deutsch-österreichische Anschlußfrage. Zu den Erklärungen des deutschen Außenministers nahm die èechische Presse eine irreführende Stellung ein, die ihren Widerhall auch hier im Hause gefunden hat, und zwar in der gestrigen Rede des ehemaligen Ministers Ing. Novák. Von èechischer Seite werden die Erklä rungen Dr. Curtius' als eine Einmengung in die inneren Verhältnisse dieses Staates hingestellt und dementsprechend kritisiert. Diese èechische Auffassung und Entrüstung hätte auch dann keine sittliche Berechtigung, wenn eine solche Einmengung vorläge. Hat man sich doch von dieser Stelle aus so oft in die rein inneren Angelegenheiten anderer Staaten eingemengt. (Posl. Krumpe: Beneš selber!) Jawohl! Aber die Erklärungen des Dr. Curtius können in keiner einzigen Stelle als eine Einmengung in die inneren Angelegenheiten der Èechoslovakischen Republik gedeutet werden. (Sehr richtig!) Sie weichen allerdings ab von der bisherigen Gepflogenheit der amtlichen deutschen Politik, alle Unfreundlichkeiten gegen das Reich schweigend hinzunehmen. Dieser Wandel ist auch ein Ergebnis der innerpolitischen Entwicklung im Reiche, die durch den Wahlausgang vom 14. September, das ist durch den Sieg der Nationalsozralisten, ge kennzeichnet erscheint. Es geht eben zu Ende mit dem auch von èechischer Seite so oft belobten deutschen Erfüllungskurs. Wir sind keine Freunde der bisherigen Politik des Herrn Dr. Curtius, aber seine Stellungnahme zu den besagten Vorkommnissen hier findet auch bei uns achtungsvolle Anerkennung. Aus ihr spricht Würde und die Wiederkehr des Selbstbewußtseins des Deutschen Reiches. Ein so geführtes Reich wird auch uns Sudetendeutschen ein starker moralischer Faktor in unserem Kampfe um Eigenrecht und Eigenleben in diesem Staate sein. Deshalb begrüßen wir die Worte des deutschen Außenministers und weisen die èechischen Irreführungen und Gehässigkeiten gegen denselben auf allerentschiedenste zurück. Die Sprache des deutschen Außenministers mag die künstlich genährte èechische Überheblichkeit empfindlich getroffen haben, aber sie war jedenfalls offener und ehrlicher als die hiesigen diplomatischen Freundschaftsheucheleien, hinter denen die drohenden Bajonette und Kanonen stehen. (Sehr richtig!)
Einen gleich offenen und ehrlichen Eindruck haben die Ausführungen Hervés über die Haltung der èechoslovakischen Außenpolitik in der Anschlußfrage Deutsch-Österreich gemacht. Was wir in dieser Frage Herrn Dr. Beneš immer entgegengehalten haben, findet dieser nun von einem bedeutenden Politiker des französischen Bundesgenossen bestätigt. Wir haben den Worten Hervés nichts hinzuzufügen, als den Wunsch, daß sie von denen beherzigt werden möchten, an die sie gerichtet sind. (Potlesk.)
Die zur Beratung stehende Vorlage, Druck Nr. 755, den Vermahlungs und Beimischungszwang zwischen Weizen und Roggen in und ausländischer Provenienz betreffend, macht den Eindruck, als wenn wir mitten in den Kriegs und Nachkriegsmaßnahmen stehen würden, und die Einbildung von den konsolidierten Verhältnissen erfährt in nüchterner Betrachtung des Wirtschaftselends aller Stände mit Ausnahme weniger Kartelle, Bank und Börsenkreise eine immer stärker alarmierende Korrektur. Diese Vorlage ist geeignet, als Vorläufer einer vollständig gebundenen Monopolwirtschaft charakterisiert zu werden, die nicht zum Nutzen, sondern zum Schaden jener Kreise, die von ihr eine Besserung ihrer Lage erwarten, sich auswirken wird, wie die zum Beweise herangezogene Spiritus und Zuckerwirtschaft jedem Landwirt sinnfällig zeigt. Ich enthalte mich dabei weiterer Hinweise auf andere Syndikate, Truste und Kartelle, wie z. B. das Eisenkartell und andere, weil die bisherige Ohnmacht der Regierung in der Abwendung der gesamtwirtschaftlichen schweren Schädigungen durch diese Ringbildungen die Gefahr offen läßt, daß auch etwa gutgemeinte Absichten dieser heutigen Gesetzesvorlage, die, trotzdem bis 31. August 1931 zeitlich beschränkt, der gleichen Tendenz schwerer wirtschaftlicher Schädigung erliegen werden. Hiezu kommt noch der Umstand, daß eine umfangreiche, weil zeitraubende Kontrolle ohne Vergrößerung des bürokratischen Apparates kaum möglich sein wird, und weil auch die Evidenz in den Mühlen zu Verwaltungsmaßnahmen zwingt, die im Verein mit den Transportvermehrungen als Umweg zu den verarbeitenden Gewerben dreifache Erhöhungen in den Gestehungskosten mit sich bringen werden, die entweder von den Verbrauchern allein oder geteilt zwischen den beteiligten Kreisen der Bauern und Importeure, dem Gewerbe und Verbrauchern, also letzten Endes vom Konsum getragen werden müssen, wodurch die von der Landwirtschaft selbst betonte Ausgleichung der Senkungskosten von neuem aufgehalten, wenn nicht ins Gegenteil des Steigenden gekehrt werden.
Die Grundtendenz des Gesetzes geht aus den §§ 1 und 2 hervor, welche bestimmen, daß bei der Vermahlung von Weizen 75%, von Korn 95%, der vermahlenen Gesamtmenge inländischen Ursprungs sein müssen und daß auch aus ausländischem Getreide erzeugtes oder vom Ausland importiertes Mehl im gleichen Schlüsselverhältnis mit solcher inländischer Erzeugung gemischt in den Handel kommen muß. Mit anderen Worten heißt das, daß auf drei Teile Inlandweizen ein Teil Auslandweizen, oder auf 19 Teile Inlandkorn erst ein Teil fremden Korns, bzw. Mehl entfallen kann und darf. Ferner wird durch die Bestimmung, daß diese Mischung nicht erst in dem verarbeitenden Betrieb, in den Bäckereien, sondern unabhängig davon an anderen Stellen - der Natur nach kommen nur Großmühlen in Betracht - durchgeführt werden muß, eine Transportverschiebung notwendig, woraus neue Kosten erwachsen, die getragen werden müssen. Was ist nun die Tendenz sämtlicher Bestimmungen? Einmal eine Erhöhung der Gestehungspreise durch diese bürokratischen Verfügungen. Zum zweiten aber die Herbeiführung einer Preiserhöhung, die auch eintreten muß und geeignet ist, alle in der letzten Zeit durchgeführten Aktionen auf Preissenkung und Ausgleich - ich erinnere an die Rede des Ernährungsministers und an die gestrige Rede des Handelsministers - von neuem im negativen Sinne zu stören und die Angleichung der Kleinhandelspreise an die des Großhandels aufzuhalten und zu erschüttern. Die neuerliche Erschütterung muß aber auf den übrigen Preismarkt zu weiteren Erschwerungen führen und auch den kleinen Landwirten, selbst den mittleren Landwirten statt der erhofften Verbesserung nur eine Schädigung bringen. Diese Befürchtungen werden umso aktueller, als im Rahmen des Staatshaushaltes nicht nur eine Mehrbelastung von ungefähr 500 Millionen Kè vorgesehen ist, sondern auch darüber hinaus Tariferhöhungen der Bahnen bis zu 20% der bisherigen Höhe angekündigt werden und wahrscheinlich nach der vorliegenden Tendenz auch Wirklichkeit werden. Wenn die Koalition statt zu Parallelaktionen zu radikalkonträren Maßnahmen der Schmälerung der Einkommen bei Steigerung der Lasten schreitet, dann wird das Chaos der widerstrebenden Tendenzen nur noch mehr vergrößert. Denn reichen die im Früjahr beschlossenen Differenz und Zuschlagszölle, die Einfuhrscheine für Getreide und Korn nicht aus, trotzdem diese Behauptung vorzeitig genannt werden muß, da ihre Wirksamkeit erst mit dem 15. Dezember d. J. beginnt, so kann diese Steigerung im gleichen Falle wohl von der Vorlage angenommen werden, die ihren Sinn verlieren würde, falls man von ihr nicht eine weitere Steigerung der Getreide und Mehlpreise über das Niveau der durch die Zuschlagszölle erreichbaren Höchstsätze erwartet. Gegen eine solche Tendenz müssen wir uns entschiedenst wenden, weil die handelspolitischen Folgen alle übrigen Bevölkerungskreise, einschließlich der kleinen und mittleren Landwirte zu tragen hätten. Zum Außenhandel, bzw. zu den Verträgen stellt diese Maßnahme einen Präzedenztall der Umgehung bereits bestehender Zoll und Handelsabkommen durch via facti-Einführung eines Kontigentes dar, ohne daß man die Fühlung mit den Handelsnachbarn genommen hätte, so daß man auch deren außervertragiiche Gegenmaßnahmen zu erwarten hat. Daraus können nur die schlimmsten Folgen entstehen, weil Nachahmungen hiesiger Methoden zu erwarten sind und das bisherige Verhältnis der Handelsbilanz fortschreitend weiter verschlechtert wird. Betrachten wir Ungarn, das gegenwärtig als Schlüsselstellung unserer östlichen Nachbarn bezeichnet werden kann, so zeigt bereits das letzte Triennium die schweren Erschütterungen infolge der andauernden Erschwerungen auf, die auf die fortgesetzten agrarpolitischen Maßnahmen zurückzuführen sind, ohne daß sie den Agrarkreisen, vielleicht einige Restgutbesitzer ausgenommen, irgendwelche Erleichterungen gebracht hätten. (Potlesk.) Denn wären sie eingetreten, so wäre die heutige Vorlage keinesfalls gerechtfertigt. Belief sich die Ausfuhr nach Ungarn in den ersten acht Monaten 1928 noch auf 916 Millionen, so ist sie im heurigen Jahre auf 652 Millionen gesunken, sie hat sich also um 330 Millionen verschlechtert, das sind 33%. Betrachtet man die Einfuhr aus Ungarn, wobei hauptsächlich die Getreide und Mahlprodukteeinfuhr in Betracht kommt, so erhält man für die gleiche Periode folgendes Bild: Die Einfuhr für getreide und Mahlprodukte betrug in der gleichen Zeit 1928 noch 321 Millionen, 1930 aber nur 207 Millionen, sie sank also um 111 Millionen oder 35%. Sie sehen also, daß die gleiche Tendenz der Einschränkung unserer Einfuhr von der Einschränkung und Abdrosselung unserer Ausfuhr begleitet ist. Trifft man in Ungarn die landwirtschaftlichen Produkte, Getreide, Mehl u. s. w., so trifft man bei uns die fabriken, denn dieser Ausfall verteilt sich auf Textil, Glas, Porzellan, Leder und Holz. Von den Fabrikaten macht nur Papier eine Ausnahme, die Ausfuhr desselben blieb auf der gleichen Höhe. Diese Ziffern sind mehr als geeignet, die starken Wechselbeziehungen aufzuzeigen und lassen auch den Schluß zu, daß bei der fortgesetzten Tendenz der Abdrosselung auch die Gegenseite zu den gleichen Maßnahmen schreiten wird und die gegenwärtig darniederliegende Industrie und La ndwirtschaft aus diesen Maßnahmen nur weitere Erschwerungen, Vermehrungen der Arbeitslosigkeit, Ausfall in der Handelsbilanz u. s. w. eintauschen wird. Ohne der Landwirtschaft zu helfen, ermöglichen wir der grünen Union der Kleinen Entente, aber auch den übrigen Handelsstaaten, mit Gegenmaßnahmen unsere Industrie vollends abzuriegeln und das gesamtwirtschaftliche Massenelend durch weiteren Verfall unserer Ausfuhr, Vergrößerung unserer Arbeitslosig eit endlos zu erhöhen. Wir wünschen keine Wiederholung von Abdrosselungsmaßnahmen, wie sie auch im alten Österreich zuletzt in der Ära des Herrn Ministers Weißkirchner durch die Verweigerung der Einfuhr argentinischen Fleisches zu einer revolutionierenden Haltung der konsumierenden Bevölkerung geführt hatte und wie sie von der Sozialdemokratie bekämpft wurde. Wir können aber auch den übrigen Bestimmungen, insbesondere den § 4 über die Evidenz und Meldepflicht keinen Glauben schenken und erblicken keine Garantie für eine wirksame Durchführung. Wir erinnern daran, daß das Brotbackgesetz, das im März heuer beschlossen wurde, bis heute noch nicht durchgeführt ist. Die grundsätzliche Einheitlichkeit des Brotes, das Einheitsbrot ist bis heute nicht hervorgekommen. In der letzten Zeit ist sogar in einer Ministerialverordnung dekretiert worden, daß Schwarzbrot pro Kilo im Preise 2 Kè und Weißbrot pro Kilo 2·20 Kè nicht übersteigen darf. Während das Parlament das Gesetz über das Einheitsbrot beschließt, wird die Durchführung nicht beachtet und nach Monaten muß selbst ein Minister den via facti-Zustand der Nichtdurchführung durch getrennte Preisfeststellungen noch konstatieren und dekretieren. Den kleinen Lohnmühlen erwachsen aus diesen bürokratischen Vorschriften unendliche Schikanen, die großen Handelsmühlen werden sich dem Zwang zu entziehen wissen und im Verein mit den Spekulanten wird man genug Maschen im Gesetz, in den Grenzstationen, bei den Eisenbahnen oder in den Schiffsbäuchen finden, um dem Gesetz ein Schnippchen zu schlagen. Denn der bisherige Zustand, daß ein großer Teil der Einfuhr in spekulativer Erwartung weiterer Maßnahmen bereits getätigt ist, nach Zeitungsberichten sind 5.000 Waggons bereits eingeführt, selbst dieser spekulativen Absicht will man nachträglich von Gesetzeswegen noch ein Schnippchen schlagen, indem mit Hilfe des § 7 die Meldepflicht für bereits vorgelagerte Vorräte nimmt und die Spekulation dadurch treffen will, daß man sie zwingt, die entsprechende Menge, das Dreifache an inländischem Weizen und das Neunzehnfache an ausländischem Korn, nachträglich einzudecken und zu vermischen. Insoweit man den Anhängern dieser Vorlage das eine zugute halten kann, daß man die Spekulation noch hinterher erwischen und ihr ein Schnippchen schlagen will, muß man ihr andererseits den Vorwurf der Brechung von internationalen Rechtsgrundsätzen machen. Es macht sich bei uns immer mehr die Tendenz bemerkbar - wir haben in der letzten Zeit eine Reihe von Vorlagen dieser Art im Hause aufgelegt bekommen - Rückwirkungsbestimmungen anzuwenden. Im übrigen sehen wir eine Komplikation in der Häufung bei den zur Durchführung bestimmten Ministerien. Wie bereits erwähnt, haben sich der Ernährungs und der Handelsminister, nicht nur in Budgetreden, sondern auch in einer Reihe von öffentlichen Darstellungen gegen jede weitere preistreibende Tendenz ausgesprochen und machen alle Anstrengungen, den Angleich des Kleinhandelsindexes an den Großhandelsindex herbeizuführen. Sie haben sich als Gegner einer neuen Preiserhöhung bewiesen. Die Mängel und Nachteile dieses Gesetzes müssen auch seinen Freunden zum Bewußtsein gebracht werden.
Aus diesen angeführten sachlichen Gründen und aus der Tendenz, mit Hilfe dieser Prozentsatzzahl zu einer Abriegelung zu kommen, die natürlich darauf spekuliert, daß das inländische Getreide unter allen Umständen zuerst verbraucht werden muß, und in Berücksichtigung der Folgen dieser Drosselung für unsere übrige Wirtschaft, insbesondere aber wegen der zu gewärtigenden Vergrößerung der Arbeitslosigkeit und der Gefahr der Senkung des Lebensstandards, sind wir gezwungen, diese Vorlage abzulehnen. Ich verweise nochmals und in kurzen Strichen auf die vielen unter den positiven Anregungen, die bereits im Budgetausschuß und bei anderen Anlässen vorgebracht, aber bisher noch nicht berücksichtigt worden sind. Wir haben mit Entsetzen wahrgenommen, daß der heuerige Staatsvoranschlag eine neuerliche Erhöhung von 500 Millionen Kè bringt, die aus einer schwachen Wirtschaft herausgepumpt werden müssen. Trotz allen Vorstellungen unsererseits, aber auch aus den Reihen der gegenwärtigen Koalition, zu einer Abkehr von der Großmannssucht und ihren Attributen zu gelangen, können wir nicht konstatieren, daß diesen Mahnungen Rechnung getragen wird. Die immer wieder angeführte Erhöhung der Post für unsere Kriegseinrichtungen, die ungeheueren Auslagen für unseren Außendienst und für einen aufgebauschten Apparat der durch das verfehlte, den wirklichen Bedürfnissen nicht entsprechende Sprachengesetz künstlich großgehalten wird, und der unendliche nutzlose bürokratische Arbeit, Schikanen und Sekaturen mit sich bringt, hemmt die wirtschaftliche Entwicklung. Abbau des Großmachtwahns, Vereinfachung der Verwaltung, in sprachlicher, rechtlicher und administrativer Beziehung würden eine Entlastung bringen, die es - natürlich auch dem Finanzminister - ermöglichen würde an eine Steuerreduktion zu schreiten, wie sie die Landwirtschaft, hauptsächlich die kleine Landwirtschaft bedarf, die auch für die darniederliegende Industrie - soweit es nicht durch Kartellschutz, Ringbildungen u. s. w. über jenen Schutz erhaben ist und ein ausbeutendes Instrument der übrigen Wirtschaft darstellt - geboten erscheint. Wir haben des öfteren Stundung und Abschreibungen der Steuern, langfristige, zinslose Kredite für die Landwirtschaft verlangt, einen Umbau des landwirtschaftlichen Subventionswesens in einen Fond zinsloser weitfristiger Darlehen gefordert. Durch diese beabsichtigte Erhöhung aber trifft man die falsche Seite. Durch die Steigerung des Großhandelsindex wird die Angleichung des Kleinhandelsindex getroffen und einem Großteil heute in Not lebender Menschen mehr als bisher ihr Leben erschwert. Statt die Wirtschaft anzukurbeln und heute arbeitslose Menschen in die Wirtschaft zurückzuführen, sie in den Besitz von Geld zu setzen, damit sie wieder kaufen können, geht man den verkehrten Weg der Drosselung. Wenn ich annehme, daß über 300.000 Arbeitslose - und Kurzarbeiter ihr monatliches oder wöchentliches Einkommen entweder verloren oder bis zur Hälfte verringert haben, wenn ich den Durchschnitt der übrigen Minderverdiener, der Kurzarbeiter hinzunehme, kann ich ohne Übertreibung damit rechnen, daß im Haushalt einer Arbeitslosenfamilie, selbst wenn sie unterstützt wird, mindestens 200 Kè monatlich für Lebensmittel fehlen. Ein Arbeiter und kleiner Beamtenhaushalt verbraucht ungefähr 50% des Einkommens für die direkte Ernährung. Wenn ich diesen monatlichen Bedarf nur für 300.000 Arbeistlose, die unter den 104.000 statistisch erfaßten und darüber hinaus die 200.000 ausgesteuerten oder nicht erfaßten hinzurechne, ergibt sich ein Ausfall werbender Kaufkraft und Nachfrage von 60 Millionen, im Jahre also 720 Millionen und wenn ich dabei in Betracht ziehe, daß weite Kreise, des Kleingewerbes Angestellte u. s. w. ihr Einkommen durch Lohnreduktion gegenüber dem Vorjahre weitgehend zurückgeschraubt sehen, werden Sie mir recht geben, wenn ich den Ausfall an Kaufvvolumen mit 1 bis 11/2 Milliarden Kè annehme.
Hier Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Kaufvolumen der Bevölkerung wieder zurückzuführen, müßte oberste Pflicht der Regierung sein, nicht aber das Kaufvolumen noch weiter abzuknöpfen und den bürokratischen Leerlauf aufrecht zu erhalten. Es wird immer geklagt, daß diese Krise eine Absatzkrise ist. Es ist richtig, wir haben auf der einen Seite Hungernde und auf der anderen Seite überfüllte Lager.
Ich komme zum Schlusse zur Wiederholung
meiner Ausführungen im landwirtschaftlichen Ausschuß und bringe
als Hauptursache unserer Krise die gesamte wirtschaftliche Tendenz
der Deflation nochmals zur Beachtung. Die Union ist in dieser
Hinsicht im Laufe der letzten Wochen wiederum mit schlechtem Beispiel
vorangegangen. Die Umlaufsmenge des Dollars ist gegenüber dem
Vorjahre um rund 525 Millionen gesunken, was einer Kaufkrafteinschränkung
um 28% gleichkommt. Wenn Sie die dazugehörigen Indexziffern der
Union hern ehmen, werden Sie finden, daß der Gesamtindex, der
Durchschnittsindex der gewogenen, der Klein und Großhandelspreise
u. s. w. 70 ist, also ebenfalls um 30 gesunken ist. Da nun die
Tendenz der Goldwährungsländer eine fortschreitende Verknappung
des Goldes als Ursache auch zur fortschreitenden Verknappung der
umlaufenden Banknoten, der Girogelder und aller Ersatzgelder ist
und wir durch Beitritt zur Bank für internationale Zahlungen in
Basel und durch internationale Vereinbarungen gezwungen sind,
diesen Verfall und diese Sen kung des Kaufkraftvolumens mitzumachen,
ergibt sich für mich und meine Parteifreunde: daß nur die große
Reform auf dem Gebiete des Währungswesens die tieferen Ursachen
auch der Landwirtschaftskrise beseitigen kann. Wir können nicht
eher erwarten, daß Landwirtschaft oder Industrie, weil eben beide
unter dem Druck des Währungsverfalls und der Währungsverquickung
stehen, sich aus der Krise lösen können, bevor man dieser Deflation
nicht Einhalt tut. Wir fordern von der Gesamtregierung und vom
Finanzminister, daß er sich endlich einmal aufraffe und nicht
mehr einem leeren Götzen nachlaufe, sondern die Währung auf andere
Grundlagen stütze, nämlich auf das Arbeitsvolumen im Staate, nicht
auf irgendeinen fingierten Goldpatzen, sondern auf das, was der
Staat als positives Produkt der Erzeugung greifbar liegen hat,
auf das Arbeitsvolumen und sein Arbeitsprodukt. Wir fordern die
Abkehrung von der Goldwährung und die Einführung der krisenlosen
Indexwährung, eine Maßnahme, die ohne weiters vollzogen werden
kann.
Místopøedseda Roudnický (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že minula jeho øeènická lhùta.
Posl. Geyer (pokraèuje):
Die Ablösung vollzieht sich ohne Reibung, weil ja der Ausländer
bei uns nicht die Währung kauft, sondern letzten Endes unser Handelsprodukt,
wenn es ihm besser und tauglicher erscheint. Darum sind Befürchtungen
von der Nichtdurchführbarkeit vom internationalen Standpunkt von
vornherein nicht am Platze. Aus den angeführten Gründen sehen
wir uns veranlaßt, gegen die Vorlage zu stimmen, weil sie der
Landwirtschaft nicht hilft, und nur darnach angetan ist, die heutigen
Schrecken der Wirtschaft zu mehren und die Lösung und Entwirrung
des Knäuels zu behindern. (Potlesk.)
Hohes Haus! Der uns vorliegende Gesetzesantrag ist ein ganz schwacher Versuch, die Landwirtschaftskrise zu lindern. Wie war es denn vor Jahresfrist als das zweite Parlament dieses Staates aufgelöst wurde? Haben denn damals nicht die agrarischen Blätter und Redner uns als Mitglieder der Volkspartei verdächtigt, daß wir an der Krise in der Landwirtschaft schuldtragend sein sollten, da wir für die Notforderungen der Landwirtschaft nicht zu haben gewesen wären? Fast ein Jahr lang ist nun die neue Regierung unter vorwiegend rotgrüner Flagge beisammen, und was ist bisher für die Landwirtschaft geschehen? Nichts als einige wenige Anträge, die bis heute auf dem Papiere stehen. Jeder Landwirt draußen, der der Politik ferne steht, muß sich sagen: wir sind enttäuscht, ja schwer enttäuscht, wie so ist es möglich, daß von der bisher stärksten Regierung in diesem Staate für die Sanierung der Landwirtschaft nichts geschehen ist, obwohl der Vorsitzende der Regierung ein Agrarier und der Minister für Landwirtschaft ein Mann ist, zu dem wir Vertrauen hatten, das er aber bis heute nicht gerechtfertigt hat?
Die Notlage der Landwirtschaft hat Formen angenommen, die gebieterisch Einhalt begehren. Ich möchte wünschen, daß hier neben dem Herrn Minister für Landwirtschaft der Herr Finanzminister auftreten möchte, um zu erklären, daß in Anbetracht der Krise die Steuerreste weiter gestundet werden, wenn schon nicht abgeschrieben, daß billige Kredite der Landwirtschaft und deren Geldinstituten zur Verfügung gestellt würden, anstatt daß der Staat Millionen zur Rettung - der Fusionierung, wie sie es nennen - von Banken gibt. (Sehr richtig!) Wo bleibt unser Agrarantrag vom 6. Feber l. J., der eigentlich in zwei Anträge zerfällt, in ein Sofort-Notprogramm und ein Programm auf weite Sicht?
In diesem Antrag haben wir unter
Punkt 4 gefordert die Einführung eines Vermahlungszwanges. Der
Punkt heißt wörtlich: Die Mühlen dürfen ausländisches, für den
Inlandskonsum best immtes Getreide nur dann vermahlen, wenn sie
innerhalb eines zu bestimmenden Zeitraumes eine enstprechende
Menge inländischen Getreides vermahlen haben. Ein neuerlicher
Antrag von uns verlangt die Gewährung von 300 Millionen Kè mit
einprozentiger Verzinsung an die Landwirtschaft. Warum soll denn
die Landwirtschaft nicht auch auf Kapitalien aus der Zentralsozialversicherungsan
stalt oder des Pensionsfonds Anteil haben? Trägt sie doch einen
großen Prozentsatz zur Sammlung dieser Gelder bei. Es ist ihnen
doch keineswegs Ernst mit dem vorliegenden Antrag, auf den Vermahlungszwang
des inländischen Getreides, wenn sie dort sagen, Roggen muß zu
95% inländischer Herkunft und Weizen von 75% vermahlen werden,
wer kann denn das Getreide in der Mühle mehr kontrollieren, ob
es in oder ausländischer Herkunft ist? Warum haben Sie den Ermächtigungsparagraphen
3 in das Gesetz hereingenommen, der der Regierung die Macht gibt,
den Prozentsatz der Vermahlung hinauf oder herunterzusetzen? Bei
der Behandlung dieser eminent wichtigen Fragen muß die Politik
ausscheiden. Hier heißt es Wirtschaftspolitik betreiben. Der gesamte
Wirtschaftsapparat des Staates hat ein Interesse daran, daß der
heimische Bauernstand auf der Scholle erhalten bleibt. Haben Sie
nicht genug Unheil mit der sogenannten Bodenreform angerichtet?
Wie viel Tausende von Existenzen von Arbeiter und Beamten familien
sind vernichtet worden, wieviel Gemeinden, in denen der Großgrundbesitz
mehr als die Hälfte aller Steuern und Umlagen betragen hat, können
seit Jahren ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, da keine Umlagen
eingehen. Die meisten Besitzer der Restgüter haben ihr gesamtes
Vermögen verloren und verlassen als Bettler den Besitz. Bisher
wurde durch die Bodenreform das Gegenteil von dem erreicht, was
man sich erhofft hatte; weit gefährlicher kann für die gesamte
Volkswirtschaft jetzt aber die im Zuge befindliche Wälderreform
werden, bei der heutigen Stagnation auf dem Holzmarkt. Ein heruntergekommener
Grundbesitz läßt sich mit dem notwendigen Investionskapital in
einigen Jahren wieder in die Höhe bringen, dagegen bringt eine
abgeholzte Waldfläche erst nach vielen Jahrzehnten einen Ertrag,
wenn nicht inzwischen die gesamte Waldfläche verkarstet ist. Hauptsache
ist bei der Behandlung dieser eminent wichtigen Fragen die Kaufkraft
des Konsums zu heben; deshalb hat nach meiner Ansicht die Regierung
die Aufgabe, den Produzenten sowie Konsumenten zu schützen. Die
Einfuhr ist nach dem Verbrauch und dem tatsächlichen Bedarf zu
regeln. Wir verlangen von der Regierung ehestens ein großzügiges
Wirtschaftsprogramm, das sich auf die gesamte Wirtschaftslage
erstreckt, wie es in anderen Staaten der Fall ist; das, was uns
geboten wird, ist ein kleiner Kompromißausschnitt aus einer politischen
Parteiforderung, welchen schon durch die Zusammensetzung gegeben
ist. Außerdem muß bemängelt werden, daß der § 11 der Gesetzesvorlage
bestimmt, daß das Gesetz am 31. August 1931 außer Kraft tritt.
Wir sehen deshalb, daß das ganze Gesetz nur ein Stückwerk ist,
trotzdem aber verweigern wir dem Gesetze unsere Zustimmung nicht.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Wir haben uns heute mit einer agrarpolitischen Vorlage zu beschäftigen, als deren Zweck angegeben wird, daß sie der inländischen Getreideproduktion einen Vorrang einräumen will auf dem inländischen Markt. Dieses Ziel wird angestrebt durch einen gesetzlich statuierten Beimahlungszwang, der bei heimischem Weizen 75% beträgt, bei heimischem Roggen 95%.
Wenn wir zu dieser Vorlage vom Standpunkt des deutschen sozialdemokratischen Klubs Stellung nehmen, so erkennen wir vor allem grundsätzlich an, daß ein Stück wirtschaftliche Zweckmäßigkeit darin liegt, dem inländischen Agrarproduzenten einen Vorrang auf dem inländischen Markt zu sichern. Es ist zweifellos ein ungesunder Zustand, wenn unser Markt mit Auslandsware überschw emmt wird zu einer Zeit, wo die Scheunen unserer einheimischen Landwirte noch voll unverkaufter Vorräte sind. Dieser Zustand ist ungesund nicht nur vom Standpunkt einer guten Agrarwirtschaft sondern auch vom Standpunkt der industriellen Arbeiterschaft. Der inländische Landwirt ist der beste Käufer inländischer Industrieerzeugnisse und die billigste Einfuhr kann uns nichts nützen, wenn die Fabriken stillstehen und die Menschen nichts verdienen, um selbst das billigste Brot kaufen zu können.
Das ist, meine Herren, die doppelte Seite des Kaufkraftproblems. Der Landwirt ist an der Konsumfähigkeit des Arbeiters interessiert, der Arbeiter wieder ist interessiert an der Konsumfähigkeit des Landwirts. Von diesem positiven Standpunkt aus geht unsere kritische Stellungnahme. Ich muß hier feststellen, daß diese Vorlage mit sozialistischen Lösungen der Agrarkrise nichts gemein hat. Sie ist ein Verlegenheitsprodukt des Agrarismus. Wir sind der Überzeugung, daß das angestrebte Ziel viel einfacher zu erreichen wäre. Es ist der Grundgedanke des Getreidemonopols, daß der Staat als sorgender Hauswirt nur den Zusatzbedarf einführt und vor allem diesen Zusatzbedarf dort kauft, wo unsere Industrieartikel abgenommen werden. Die Scheu der Agrarpartei vor planwirtschaftlichen Lösungen führt zu derartigen Halbheiten, wie sie in der zur Diskussion stehenden Vorlage verkörpert sind. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, daß der hier zur Beschlußfassung stehende Mehlmischungszwang für die Landbevölkerung ebenso eine Enttäuschung bringen wird wie die bisherigen Gesetze über Zollerhöhungen und Einfuhrscheine. Es ist eine Frage, wieviel Mißgriffe in der Agrarpolitik noch geschehen sollen, bis sich die Agrarparteien zu neuen Methoden der Krisenbekämpfung durchringen. Diese neuen Methoden sind nach unserer Anschauung: planmäßige Organisierung der Produktion und Distribution, Demokratisierung und Intensivierung der Landeskulturarbeit. Dazu kommt noch die zwingende Notwendigkeit zur Schaffung größerer Wirtschaftsgebiete in Zentraleuropa. Das Heil der aus dem Boden des alten Österreich-Ungarn entstandenen kleinen Staaten kann nicht in Autarkiebestrebungen liegen. Es ist ein Glück, daß diese Vorlage in ihrer gesetzlichen Geltung zeitlich befristet ist, denn sonst besteht doch die Gefahr, daß beispielsweise das benachbarte Ungarn auf die Idee kommt, die Einfuhr und Verwendung unserer Industrieerzeugnisse mit den gleichen Methoden und nach dem gleichen Schlüssel zu kontingentieren. Es wäre eine der großen Aufgaben der èechoslovakischen Wirtschaftspolitik, mitzuarbeiten an den Zusammenschlußbestrebungen wirtschaftlicher Natur, die in Südosteuropa in den Konferenzen von Bukarest und Sinaia ihren Ausgang genommen haben. Diese Herstellung einer Austauschgemeinschaft zentraleuropäischer Agrar und Industriestaaten ist ein Gebot der Stunde. Wir müssen aber davor warnen, daß diese natürliche und gesunde Entwicklung wiederum in das Prokrustesbett politischer Bündnisverpflichtungen gezwängt wird. Die Voraussetzung wirtschaftlicher Gesundheit Mitteleuropas ist ein Fallen der Schranken zwischen Sieger und Besiegten. Ein zentraleuropäischer Wirtschaftsblock kann nicht im Rahmen der Kleinen Entente realisiert werden, er ist und wird ohne gleichberechtigte Mitarbeit Ungarns, Österreichs und Deutschlands ein Torso bleiben. Deswegen richten wir anläßlich der Beratung dieser Vorlage an die verantwortlichen Faktoren in diesem Lande den Appell, daß die Èechoslovakei ihre naturgegebene Brückenstellung ausnützen und an dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Mitteleuropas initiativ mitarbeiten möge.