Meine Damen und Herren! Noch ist der Druck der beiden Vorlagen 305 Getreidezölle und 329, Einfuhrscheine, nicht trocken und schon beschäftigt das Haus eine Ergänzungsvorlage Druck 487, betreffend die Viehzölle und die gerade vorgelesene Nominierung der Redner im Verhältnis 1 Kontra- gegen 5 Proredner zeigt die immer noch weiter reichende Verschiebung zur Stellungnahme dieses für die gesamte Bevölkerung wichtigen Problems. Ich kann mich heute darauf beschränken, auf meine grundsätzlichen Ausführungen vom 11. April zum Gesamtthema der Agrarzölle kurz zu verweisen. Ich konstatiere einleitend, daß sich die wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse im Staate innerhalb von 4 Wochen keineswegs gebessert, sondern noch weiter verschlechtert und verschärft haben. Die Arbeitslosenziffer steigt, sie umfaßt heute nicht mehr allein in erster Linie manuelle Arbeiter der Industriebetriebe, sie wird von Tag zu Tag durch die Ziffern aus den Reihen der Angestellten in den sogenannten höheren Diensten, des Kaufmannstandes vermehrt. Die Handelsangestellten, die Bankangestellten haben in diesen 4 Wochen schicksalsschwere Tage durchgemacht und sie sind zu den seinerzeitigen 84.000 Arbeitslosen eingereiht worden und sehen mit großer Betrübnis und Bitternis in die Zukunft. Sie sind nahe dem Verzweifeln, wie viele andere Enterbten und die heutigen Verhandlungen sollen ihr Geschick noch um ein wesentliches verschärfen und verschlimmern. In der kurzen Zeit, die die beiden Berichtstage trennt, sind große Umwälzungen vor sich gegangen. Es ist zur Fusionierung der Banken gekommen, eine Reihe neuer Kartelle ist auferstanden. Eine große Anzahl von Betrieben ist inzwischen stillgelegt worden und ich verweise als besonderen Fall nur auf das Eisenwerk Rothau-Neudek. 2.000 Menschen stehen heute vor der ernsten Schicksalsfrage, was nun beginnen, da die staatliche Fürsorge und auch die Fürsorge des Parlaments keine Zeit gefunden hat, für sie rechtzeitig vorzusorgen. Das Parlament, bzw. die Regierungsparteien vertrödeln die Zeit mit dummen Junktimsversuchen, und draußen kann inzwischen die Wirtschaft krepieren. Mit lauter Prestigestandpunkten werden sie den Staat und seine Wirtschaft solange herunterbringen, bis kein Mensch mehr in der Welt an die "Insel der Seligen" glauben wird. Dieses vergebliche Spiel des ewigen Hinaufschraubens des Standards durch die Zölle wird nun auch als einzige Heilmethode für die schaffende Bevölkerung abermals empfohlen und man scheut sich gar nicht, im Motivenberichte glänzende Ziffern zur Rechtfertigung aufzuzeigen, wo jeder, der mit der kleinen Landwirtschaft halbwegs vertraut ist, aufzeigen kann, daß es lauter Spiegelfechterei ist, um draußen von neuem Nebel zu verbreiten. (Výkøiky.) Die Statistik ist ja jene Hure, die zu allen Dingen mißbraucht und geschickt mißdeutet werden kann.
Noch vor wenigen Monaten ist hier bezüglich der Kleinlandwirte gesagt worden, daß für sie Agrarzölle weder für die landwirtschaftliche Produktion hinsichtlich des Getreides, noch für die Viehhaltung ausschlaggebend sein können, da sie zu jenen Bauern gehören, die den Markt gar nicht in dem Maße beliefern, als sie von demselben Markte kaufen müssen. 83% Kleinbesitz mit 5 ha zeigt die Statistik auf, diese sind in derartig geringem Umfange Lieferanten für den Markt, daß für sie nur die Kehrseite der Zölle in Erscheinung treten kann. Für 8 bis 9% Großbauern, hauptsächlich für den neuen Stand der Restgutbesitzer, die neuen Magnaten, wenn man schon an die ungarischen Magnaten erinnern will, wird auch hier in erster Reihe gedacht und gesorgt werden. Wir wissen, daß es für die "Zöllner" Grundsatz ist, die Grundrente zu steigern und dadurch indirekt auch anderen Grundrentenspekulanten auf dem Baumarkt und anderen Gebieten unverdiente und unerhoffte Gewinne in reichem Maße zuzuschieben.
Es wird fort darauf hingewiesen, daß es zu keiner Belastung der Konsumenten kommen solle. Wer aber wird sie aufhalten? Wenn die Zölle sich so auswirken sollen, daß keine Belastung eintritt, dann sind sie unwirksam. Wenn sie für den Bauer wirksam werden sollen, so ist ihr einziger Zweck: Hebung der Preise, die nur von den Konsumenten getragen werden können. Dies abzuleugnen, ist also hier eine zweite Spiegelfechterei, die sich der ersten würdig anschließt. Ich habe bereits in meiner Rede am 11. April der Bevölkerung die Wirkung der beiden damaligen Zollvorlagen kurz skizziert, mit Hervorhebung der Erhöhungen, wie sie sich in dem Haushalte eines Arbeiters, eines Angestellten und eines höheren Beamten auswirken werden und ich stelle diese Ziffern nochmals zur Diskussion. Es sind dies 1032, 840 und 729 Kronen. Die erste Ziffer gilt für den Haushalt der Arbeiterfamilie, die zweite für den Haushalt des kleinen Angestellten und die dritte für die Familie des höheren Beamten auf Grund des Durchschnittes der Konsumtion von Getreideprodukten. Nun wird behauptet, daß diese Viehzollerhöhung keinesfalls zur Erhöhung des Konsumpreises führen dürfe. Da müssen wir die Ziffern hernehmen und zunächst die Klasse VIII einer Kritik unterziehen. Nach meiner Überrechnung wird der Zoll bei der ersten Gruppe, Ochsen, auf das Dreieinhalbfache des bisherigen, Stiere auf das Fünffache, bei Kühen auf das Dreieinhalbfache, bei Jungvieh auf das 2 1/2fache, bei Kälbern auf das Fünffache des jetzigen Zollsatzes steigen, oder was gleichbedeutend ist, den Markt pro Kilogramm neuerdings mit folgenden Beträgen belasten: beim ersten Posten: Ochsen um 2 Kè, Stiere um 2·10 Kè, Kühe um 1·70 Kè, Jungvieh um 1·20 Kè und Kälber um 1·70 Kè.
Eine sehr unsichere und sehr weit auslegbare Fassung erfährt der Posten "Schweine", betreffs welcher ein Grundzoll, 300 Kè Minimalzoll, ein Zuschlagszoll 80 Kè, bei Überschreitung oder Unterschreitung gewisser Grenzen Richtpreis 10·60 Kè pro kg angeführt wird. Durchschniittlich beträgt bei dieser Post die Erhöhung 3 Kronen gegenüber dem bisherigen System und es werden diese 3 Kronen natürlich noch weiter erhöht, wenn der Zuschlagszoll von 80 Kè in den besonderen Fällen eintritt. Ganz besonders hoch sind die Zuschlagszölle beim Fleisch und Innereien (Wurst). Sie erfahren gegenüber dem jetzigen Zustand eine Erhöhung von 3·55 Kè pro Kg beim Fleisch und bei Innereien - beziehungsweise wie es in der neuen Vorlage heißt, Würste - 8·50 Kè. Daß dabei wieder nur ein kleiner Teil der Landwirte den Segen dieser Zölle genießen wird, habe ich bereits gestreift. Die anderen, die man bisher vergessen hat, die Hopfen-, Flachs-, Obstbauern, rühren sich und verlangen Abhilfe, und zwar nicht allein in Form von Zöllen, sondern in Form von direkten Zuwendungen. So können wir uns den Rest der jetzigen Sommerperiode in erster Linie noch mit diesen Ergänzungskapiteln beschäftigen.
Wie Handel, Industrie, das Gewerbe und die Arbeiterschaft darüber denkt, darüber brauche ich in diesem Hause wohl kein Wort zu verlieren. Der Handel insbesondere weist auf die Unmöglichkeit hin, daß sich die Regierung der sachlichen Tragweite bewußt war und daß der variable Zoll im Einkaufe eine derartige Unsicherheit in der Kalkulation hervorrufe, welche eine gesicherte Geschäftstätigkeit unmöglich macht. Ein großer Teil von Existenzen wird durch diese Vorlage gefährdet, ein größerer Teil wird durch sie in seiner Lebenshaltung noch weiter herabgedrückt.
Welche verhängnisvolle Wirkung diese Vorlage auch für unsere staatliche Umgebung haben wird, habe ich bereits in früheren Stellungnahmen genügend gekennzeichnet. Und wenn in der vorigen Woche noch der Herr Minister Dr. Beneš auf die Konsolidierung mit den Nachbarn hingewiesen hat, so hat er dabei wahrscheinlich die Zeitungen nicht gelesen, die Leitartikel zwar mit den politischen Aufsätzen, nicht aber die kurzen und kleinen Notizen im Handelsteil, welche eine gegensätzliche Einstellung bekunden. Ich streife hier nur das Verhältnis mit Ungarn, das bisher der Angelpunkt der außenpolitischen Beziehung dieser Zollvorlagen gewesen ist. Ein Bericht aus Budapest vom 4. Juni gibt uns eine klare und deutliche Illustration, die allen èechischen Wirtschaftspolitikern mehr zu denken geben sollte, nicht nur vom Standpunkte der Opposition aus, sondern gerade von ihrem Standpunkte der Staatserhaltung hätten sie Anlaß, solche Notizen und Schlußfolgerungen besser zu würdigen. Der Herr Minist.-Rat Dr. Friedmann, der Führer der èechischen Delegation führt dort in einem Kommunique folgendes aus: "Die Bedenken in Ungarn sind nicht begründet. Schon gelegentlich der Vormittagsverhandlungen haben sich die Befürchtungen Ungarns nicht verwirklicht. Vergleicht man die Entwicklung der Zollgesetzgebung bei uns und in Deutschland, so wird man unsere zollpolitische "Genügsamkeit" nicht in Frage stellen und finden, daß die Agrarstaaten sehr gute Bedingungen bei uns haben. Drei Jahre nach Abschluß des Handelsvertrages ist unsere Einfuhr nach Ungarn in stetem Sinken begriffen, so daß sich im ersten Viertel dieses Jahres die Handelsbilanz fast ausgleicht, während Ungarns Einfuhr in die Èechoslovakei weiter steigt. Die zwei Länder sind also aufeinander recht angewiesen und auf beiden Seiten ist der gute Wille vorhanden zu einer Vertragsregelung zu kommen." Ich will hier nur die Tatsache anführen, daß anläßlich der Debatte im Ausschuß hauptsächlich von Rednern der sozialistischen Parteien hervorgehoben wurde, daß unse re Ausfuhr nach Ungarn von ehemals 1.500 Millionen Kè beträchtlich herabgesunken sein muß, wenn sie sich heute schon ausgeglichen hat und dadurch das frühere Aktivum von 700-800 Mill. Kè verschwinden, daß damit bewiesen ist, daß alle diese Zollverhandlungen unseren Export erdrosseln und daß das Leichenfeld der Industrie die selbstverständliche Folge ist. Das ist keine Konsolidierung des Staates! Denn die Konsolidierung fängt draußen in der Wirtschaft, in der Familie, beim Bürger an, wenn der in seiner Existenz zerbrochen ist, ist es auch nicht mehr weit, zum Zerbrechen der Administrative des Staates selbst. (Výkøiky: Wo sind die größten Schädiger?) Die Schädiger sitzen auf den Regierungsbänken, sie machen dieselbe Magnatenpolitik, und jene, die einst gesagt haben, daß die serbischen Schweine gefährlicher sind als die Bajonette, tun ebenfalls mit. Man darf sich natürlich auch nicht wundern, daß die Revision des Handelsvertrages mit Ungarn vor sich gehen wird. Aber welche gegenseitigen Forderungen die Ungarn dabei durchsetzen werden, wird natürlich für unsere Industrie und auch für unsere Landwirtschaft - ich verweise nur auf die Futterstoffe keine leichte Kompensation sein. Dabei verfolgt Ungarn die eigentümlichen Agrarpläne, die auch bei den jetzigen Verhandlungen ausreifen werden. Daß sich Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien und Südslavien neben Ungarn bemühen, die entsprechenden Korrekturen einzufügen, hat schon die "Prager Presse" vor einigen Tagen gebracht. Mit 15. Mai haben sich die Reichsdeutschen unserem Einfuhrsystem sofort eingepaßt, es zum Teil revidiert und zum Teile über den Haufen geworfen und schon folgt darauf die Klage der Großagrarier, daß unser Einfuhrscheinsystem, das wir vor drei Wochen beschlossen haben, nichts mehr wert ist. So kurzatmig ist diese Prestigepolitik. Österreich beschließt in demselben Tempo wie wir hier in der Èechoslovakei auch ein neues Zollagrargesetz, das noch vielgestaltiger ist, in welchem dieselben Kapitel, nicht nur Getreide, sondern auch Schweine, Milch und anderes betroffen werden. Es geht natürlich auch auf derselben Bahn des Abstieges der Autarkie und man wird in Österreich sehen, daß dasselbe eintritt wie in der Èechoslovakei, statt die Zollgrenzen verschwinden zu lassen, das große Wirtschaftsgebiet Österreich-Ungarn in neuer Form auferstehen zu lassen, was im Sinne einer Konsolidierung der Èechoslovakei und der übrigen wäre, statt dessen geht man her und schraubt den Docht der Lampe in die Höhe und das Ergebnis ist Qualm und kein Licht und keine Flamme. Und das ist die heutige Politik, die getrieben wird und das nennt man europäische Konsolidierung.
Und gerade die acht Staaten, die die Zustimmung Polens wünschen, werden auf die polnische Zustimmung noch lange warten müssen, denn Polen wird sich beeilen, auch seine Zollpläne gegenüber diesen jetzigen Änderungen geschickt in die Wagschale zu werfen und an Kompensationen herauszuhauen, was herauszuhauen ist.
Sie sehen also internationales Wettrüsten, das gleichmäßig und paralell begleitet ist auch vom militärischen Rüsten. Es besteht hier wieder der innere Zusammenhang, den ich hier im Hause schon öfters aufgezeigt habe, zwischen Grundrentenpolitik, Zöllen und militärischer Rüstungspolitik. Abrüsten heißt Frieden bringen; es muß auf einem anderen Wege erzielt und durchgeführt werden.
Die Lage der Industrie ist, wie ich bereits einleitend gesagt habe, heute schwer. Nur eine Industriegruppe ist von der ganzen Krise verschont geblieben, es sind dies die staatlich protektionierten oder die von noch größerer Protektion erfaßten, die unter der Kontrolle der hiesigen und fremden Großbanken protektionierten Rüstungsbetriebe, ob sie nun metallurgische sind wie Škoda oder ob sie chemische sind wie die Aussiger Chemische oder ob sie Motore oder Flugzeuge oder Leder erzeugen. Sie sind staatlich protektioniert auf allen Linien und wenn nichts anderes hilft, wechselt man die Präsidenten gegenseitig aus, um die letzten Verstimmungen noch zu beseitigen, wie es auch in den letzten Tagen bei Škoda geschehen ist. Da stehen nun unsere Arbeitervertreter gleichsam mit ihrer Macht vollständig abseits. Ja, wann wollen Sie diese Macht einmal in die Wagschale werfen, wenn nicht jetzt? Die übrige Industrie, die sich dieses staatlichen Protektionismus nicht rühmen kann, wird selbstverständlich zum Tode verurteilt. Vielleicht will man die Deutschen in den deutschen Randgebieten zur Auswanderung zwingen. Der Staat hat aber dafür gesorgt, daß sie nicht auswandern können, so wie Amerika und England und die anderen auch durch ihre Aus- und Einwanderungsgesetze dafür sorgen, daß Ausländer nicht herein und Einheimische nicht heraus können. Also man will hier anscheinend auf dem Wege der Rationalisierung noch ein zweites erzwingen; nämlich auch durch Festhalten noch den Lohndruck zu verschärfen, man will die Leute vollständig zermürben durch solche Gesetze wie das vorliegende und durch das ruhige Zuschauen zu den Fusionierungen, werden diese Bestrebungen noch unterstützt. Es ist in den letzten drei Wochen die Fusionierung dreier Großbanken vor sich gegangen. Der Herr Finanzminister hat mit der freigebigsten Geste nicht nur 300 Millionen zur Verfügung gestellt, sondern auch noch die Notwendigkeit dieser Fusionierung begründet. Er hat aber gar keine Mittel für die Behebung der Not der Landwirtschaft. Warum hat er nicht gesagt: Ich gebe der Landwirtschaft 300 Millionen zinsenlosen Kredit? Da hört das Gefühl auf und auch das Verständnis. Das wollte ich hier besonders hervorheben, daß auch anders geholfen werden kann, wenn der Wille dazu da ist.
Von Seiten der Regierungsparteien schweigt man zu allen diesen Dingen und zieht sich hinter peinlichen Ju nktims zurück. Es ist das die Politik des ausgesprochenen Pazifismus vor der alles zersetzenden Politik der Großbanken und des staatlichen Protektionismus. Die Neudek-Rothauer Werke werden jetzt angeblich aus Rationalisierungsgründen nach Ostschlesien verlegt. (Posl. Krebs: Aber Sie nehmen keine deutschen Arbeiter mit!) Jawohl, sie nehmen keine deutschen Arbeiter mit und 2000 Menschen wissen nicht, was sie anfangen sollen. Nicht einmal die deutschen Direktoren nimmt man mit, auch sie werden auf das Aussterbeetat gesetzt. Dabei ist keine No twendigkeit dazu vorhanden. Gerade heute lese ich in der "Prager Presse", daß die Neudek-Rothauer für das letzte Jahr 10% Dividende verteilen und noch 2,300.000 Kè auf neue Rechnung vortragen. Wo ist also hier eine Not? (Posl. inž. Jung: Hier sieht man auch, wie recht wir hatten, als wir auf die Sicherung des deutschen Arbeitsplatzes drängten!) Jawohl. Wo ist also hier der Beweggrund? Wieder nichts als staatlicher Zentralismus und Protektionismus, der hier seine Hand im Spiele hat, und dem die Existenz von 2000 Menschen vollständig gleichgültig ist. Hier wäre es Zeit für die Regierung, einzutreten und den Mut zur Hilfe für die Arbeiter zu beweisen!
Die Kartelle können machen, was sie wollen. Soeben kommen Klagen aus den Stadtgemeinden wegen des Benzinkartells, das die Preise für Benzin einfach willkürlich um 30% in die Höhe gesetzt hat. Die Klagen kommen auch aus èechischen Städten, aus Pilsen und anderen èechischen Gemeinden her, die deutschen Klubs werden ebenso wie die übrigen damit überschüttet. Die Gemeinden unterhalten dort Autobuslinien zur Ergänzung ihrer elektrischen Linien und sind nun außerstande, ihre volkstümlichen Preise aufrecht zu erhalten. Auch hier versagt die Regierung. Gleichzeitig hört man von einer neuen Bankkonzentration, von der Legiobank. Durch die Presse erfahren wir, daß der Herr Finanzminister diesen Dingen sehr sympathisch gegenübersteht und seine Hilfe im rechten Augenblick nicht versagen wird. (Posl. inž. Jung: Und das Parlament?) Regierung und Parlament stehen, wie Koll. Jung richtig sagt, dabei, verschränken die Arme und sagen, wir können nichts machen. Wo bleibt die Demokratie, wenn unter 17 Ministern 16 einige sind, dann muß eben der 17. abtreten. (Posl. inž. Jung: Welchen Sinn hat eigentlich die parlamentarische Regierung?) Ja, wenn wir nur eine hätten. Wir haben aber nur eine parlamentarische Kulisse, in Wirklichkeit haben wir ein bankokratisches, faszistisches Regime. Nach außen wirkt: Junktim nach Ju nktim. Vor kurzem hat man einer Gruppe der ältesten Hungerleider, den Pensionisten einen Brocken hingeworfen, aber in den Ministerien und den zuständigen Ämtern werden wahrscheinlich erst in 6 bis 7 Monaten Anweisungsdekrete ausgestellt. Die Verlängerung des Genter Systems war ja auch so eine Form des Junktims. Man nimmt heute mit den zwei Zollvorlagen und den Einfuhrscheinen das, was sie später bekomme sollen. Die Linke eskomptiert, was die Rechte erst in Monaten wieder zahlen soll. Hier hört sich natürlich jede ehrliche Politik auf.
Der 13. Monatsgehalt, die Erhöhung der Unterstützung der Überalterten sind zwar angekündigt, letztere werden von 500 Kè auf 750 Kè aufgebessert, die endliche Regulierung der Renten der Kriegsinvaliden, die Sanierung der Bruderladen, die finden keinen so bereitwilligen Finanzminister, der 300 Millionen für ihre Sanierung wie für die Banken hergibt. Da wird ein neues Junktim auf die Bevölkerung losgelassen. Man kommt mit der Erhöhung der Biersteuer und will sie den Leuten damit schmackhaft machen, daß man auf die großen Gewinne der Brauereien verweist. Man vergißt, daß die Steuer doch schließlich nur die Konsumenten tragen müssen.
Wir protestieren gegen diese Vorwegnahme und Eskomptierung des wahren Arbeitsertrages auf Kosten der Gewinne der Bankokratie, der agrarischen Großmagnaten und ihrer Helfer!
In diesem Zusammenhang muß ich auf die Steuermoral, von der der Herr Finanzminister so gerne spricht, hinweisen. Es ist in der letzten Zeit eine Willkür in der Steuervorschreibung eingetreten, die jeder Beschreibung spottet. Bei der Hauszinssteuer werden die Hausherren gezwungen, das, was vorgeschrieben ist, zu zahlen oder sie werden kurz behandelt. Wenn sie ihren Zins einbekennen, wie er im Jahre 1919 samt den gesetzlichen Steigerungen durch das Mieterschutzgesetz errechnet wird, wird ihnen durch die Steuerbehörde einfach ihr Einbekenntnis valorisiert und es werden ihnen in den alten Häusern dieselben hohen Zinse vorgeschrieben wie in den Neubauten. So kommen wir zu den sonderbarsten Fällen, daß den alten Hausbesitzern in seiner Steuervorschreibung bei den drei, vier Mietern seines Hauses die Sätze belassen werden, daß aber dei dem auf seine eigene Wohnung entfallenden Betrag das 12fache, das 15fache, ja sogar das 16fache ihm vorgeschrieben wird, wie ich an Beispielen nachweisen könnte. Wenn die Partei zur Steuerbehörde kommt, zum Amtsdirektor, schickt er sie zum Referenten, und der sagt: "Das können Sie schon zahlen" - richtig versteuern - "Sie wohnen ja billig in ihrem Haus, das Haus hat eine Wertzuwachssteigerung von 500 bis 1500% erfahren. Ich muß in dem neuen Haus für die neue Wohnung 10.000 Kè zahlen, Sie haben die gleiche Wohnung, zahlen" - richtig versteuern - "Sie also auch soviel." So spricht man zu den Hausbesitzern im Steueramt. Es nützt kein Protest, kein Hinweis auf das Mieterschutzgesetz. Das ist aber doch eine offenkundige Verletzung des Gesetzes. Der Hausherr kann genau so für seine Wohnung die gesetzlich bestimmten Sätze in Anspruch nehmen, wie jeder andere, und darf von der Behörde nicht anders behandelt werden.
Eine zweite tragische Sache ist die Eintreibung der Steuern. Ich erwähne das, weil wir schon wieder ein Packel neuer Steuern außer der Biersteuer zu gewärtigen haben. Die Steuerbehörde hat Parteien über ihre Rekurse Recht gegeben, sie hat die Abschreibungen durchgeführt, hat die Steuerämter verständigt; aber die Verständigungen bleiben liegen und die Herren Steuerexekutoren gehen heraus und pfänden, trotzdem das Steueramt keine Forderung mehr hat. Aus diesem Mangel an Zusammenarbeit entstehen tragische Fälle von ungeheuerer menschlicher Tragweite. Bei dieser Gelegenheit muß ich, weil es wieder eine neue Belastung der Bevölkerung ist, auf das Entschiedenste gegen den Plan des Finanzministers bezüglich der Zusammenlegung der Steuerämter protestieren. Was man hier der Bevölkerung zumutet, ist stark. Die Ämter sollen angeblich mit ihrer Arbeit rationalisiert werden. Die Finanzverwaltung fragt aber nicht, ob die zwei- oder drei- oder 10.000 Fatenten des Steuerbezirkes dadurch zu einer wahren Völkerwanderung in die nächste Bezirksstadt gezwungen werden, daß sie damit Zeit und Geld verlieren. Daß sie im Laufe des Jahres mehrmals gezwungen sind, ihr Recht persönlich zu vertreten und erst einen weiten Weg machen müssen. Ob das Amt in Tepl, in Karlsbad oder in Petschau sitzt, ist für die Beamten, nicht aber für die Bevölkerung gleichgültig. Für die Steuerbehörde muß es aber sehr wichtig sein, daß zwischen Steueramt und Vorschreibung der Steuerbehörde ein Kontakt vorhanden ist. Hier sollte der Finanzminister diesen Kontakt schaffen, dann werden sich diese überflüssigen Neubelastungen der Bevölkerung von selbst erübrigen und die Rationalisierung wird von selbst vor sich gehen. Nicht der Sitz ist maßgebend, sondern der Geist, in dem gearbeitet wird. Wenn der Finanzminister seine Beamten hungern läßt, oder sie, wie der Eisenbahnminister darauf verweist, daß jedes Ressort selbst dafür sorgen müsse, werden die Staatsbeamten langsam den Arbeitskittel ausziehen und das Heer der Steuerberater vermehren helfen, damit sie sich selbst helfen können.
In letzter Zeit hat eine Unzahl von Korporationen Tagungen abgehalten und eindeutig kam zum Ausdruck, daß ohne Reformierung unserer Steuern, ohne ihre Herabsetzung eine Prosperität der Industrie und auch der Landwirtschaft ausgeschlossen ist. Ich komme darauf noch bei meinen positiven Vorschlägen zu sprechen. Die Novelle zum Gemeindefinanzgesetz, die man jetzt vorbereitet, erhöht neuerlich Schikanen, die das alte Gesetz ermöglicht hat, und vielleicht ist die Voraussicht des Metternichschen zentralistischen Systems, wie es das alte Gesetz vorsah, nicht so ganz in dem Umfange eingetreten, wie es gewünscht war. Weil eine ganze Reihe von Gemeinden bei der ersten und bei der zweiten Zuteilung ausgeschlossen wurden und sich bei der dritten nicht mehr gemeldet haben, waren sie vom direkten Zugriff der Oberbehörden verschont. Das soll nun nachgeholt werden. Wir müssen ablehnen, daß jene Gemeinden, die bisher die Dotationen nicht in Anspruch genommen haben, oder weil sie entweder über 5000 Einwohner zählen, oder weil sie der Sitz der Bezirksbehörden sind, auch gezwungen werden, wegen Genehmigung ihrer Voranschläge an das Land heranzutreten. Wir sind gegen die Vermehrung der Schikanen und Behinderungen bei der Ausübung der gemeindeämtlichen Tätigkeit, wir sind gegen den absoluten Ausschluß von Dotationen, solange solch ein Dotationsfond besteht. Wir verlangen das Verschwinden dieses Dotationsfondes und die Wiederherstellung jener Zuteilungen, die die Gemeinden vor diesem Gesetze hatten. Die werden sich selber helfen, die brauchen keine Hilfe. Es ist kennzeichnend, daß, wenn man zum Ausgleichsfonde kommt, er immer erschöpft ist und nicht helfen kann. Man hat also auch hier Potemkinsche Dörfer vorgemacht. Wir möchten ganz besonders darauf verweisen, daß wir die Vorlage dieses Entwurfes an das Parlament für vollständig zwecklos halten. Wir verlangen die Beseitigung des Dotationsfondes und die Wiederherstellung des Inkassos der Gemeinde, für die Steuer selbst und was grundsätzlich zur Beruhigung und zur Stabilität der Gemeinden und Bezirke ausgesprochen werden muß, die endliche Aufteilung der Steuern auf Gemeinde, Bezirk, Land und Staat unter einem gewissen Schlüssel. Er kann 25% sein, je nach dem Aufgabenkreise, den man den Gemeinden und Bezirken, dem Lande usw. zuteilt. Aber, gegen diese rücksichtslose, ich möchte nicht sagen, Steuerhinterziehung, sondern Steuerzurückhaltung auf Monate und Jahre hinaus, auf dieses willkürliche System bei den Abstrichen und gegen die Ungeheuerlichkeit, daß man selbst richtig gestellte Voranschläge, die man mit 20, 50 bis 60 Tausend aus dem Fond gesetzlich zu dotieren gezwungen ist, dann einfach nach Ablauf des Jahres nur mit 65% einlöst, während man sie wegen der anderen 35% an den Finanzminister verweist, der angeblich nicht mehr Geld zuweist. Gegen ein solches System der Uferlosigkeit und der Verantwortungslosigkeit müssen wir neuerdings protestieren. Es gehört in dem Zusammenhang zu all den Fehlschlägen und Fehlversuchen, die der Zentralismus gemacht hat, um die Gemeinden und die Bezirke in seine Botmäßigkeit zu bringen. Es ist ein Teil des Metternichschen Systems, das in den letzten 10 Jahren eine Neuauflage erlebt hat, und das sich in den letzten Zeiten noch weiterhin steigert.
Ich möchte nunmehr auf das Grundsätzliche der jetzigen Krise in der Industrie und Landwirtschaft hinweisen, nämlich daß eine der Hauptursachen die Deflationspolitik der Nationalbanken ist. Nicht nur der èechoslovakischen Nationalbank, sondern auch der übrigen, und solange sie diese Deflationspolitik nicht aufgeben, wird weder in Amerika, noch bei uns eine Wiedcrbelebung der Wirtschaft eintreten. Mit Stolz weist man hierzulande auf den letzten Ausweis der Nationalbank hin, der sagt, daß der tiefste Stand des Banknotenumlaufes im Staate zu verzeichnen sei, statt daß dieser Satz den Verantwortlichen die Schamröte ins Gesicht treiben möchte. Man ist noch stolz auf die Deflation, die alles zermürbt und niederdrückt und die Arbeit um die Früchte der Existenz bringt, die aber den Großbanken und den Zutreibern diese erlahmten Betriebe samt den brotlosen Arbeitern überliefert. Wir werden ja sehen, wenn diese "Bodenreform der Industrie und der kleinen Existenzen" weit genug getrieben sein wird, daß man dann den Hebel auf die Inflation umstellen wird, um nach der anderen Seite von neuem Rebbach zu machen. Die 300 Millionen der Fusionierung habe ich bereits erwähnt. Die Diskontherabsetzung unserer Nationalbank ist sehr spät, ist vollständig unzureichend erfolgt. Eine Diskontherabsetzung im Ausmaße von 2% mit der Verfügung, daß die übrigen Banken und gemeinnützigen Institute automatisch zu folgen haben, hätte der Landwirtschaft und der Gesamtwirtschaft mehr Nutzen gebracht als diese fraglichen Zollvorlagen, allein 500 Millionen Schuldenentlastung beim deutschen bäuerlichen Besitz wären eingetreten, und es wäre gerecht gewesen; denn die gefährdetsten Hypothekarschuldner hätten eine solche Erleichterung am ehesten und am besten verspürt.
Aber davon hört man nichts, man streitet sich mit Junktims herum, man will gar nicht eine Gesundung, keine Besserung (Výkøiky.), man will nur noch die Daumenschrauben fester ansetzen. Man kommt jetzt seitens der Gewerbe- und Industriekreise mit Exportprämien und Exportgarantien. All das aber wäre überflüssig, wenn die Geldpolitik der Wirtschaft angepaßt wäre statt sie zu vermürben!
Ich komme nun auf unsere landwirtschaftlichen Forderungen zu sprechen. Ich wiederhole auch hier wieder, es ist kein Schlagwort, sondern es ist dem Staate angepaßt, weil wir keine Schlagwörter prägen wollen, sondern nur sagen, was praktisch durchführbar ist. Falls wir wieder eine Erleichterung der Wirtschaft im Staate überhaupt haben wollen, so muß eine Herabsetzung der Lasten erfolgen. Hiezu gehört in erster Reihe die Verkürzung der Dienstzeit auf 12 Monate, ein Drittel des ganzen Heeresbudgets würde dadurch erspart werden und könnte in allen Kapiteln, wo Geld gebraucht wird, entsprechend verwendet werden. Wir verlangen die endliche Durchrechnung der Tarife, besonders der Lokalbahnen, die die hauptsächlich abgelegenen kleinen Landwirte nicht dazu kommen lassen, ihre Produkte den größeren Märkten zuzuführen, wie schon hundertemal erläutert worden ist. Wir sind heute schon Gegner des Planes der Eisenbahnverwaltung im kommenden oder in zwei Monaten die Tarife zu erhöhen. Mit der Heraufsetzung der Tarife wird man der Industrie und der Landwirtschaft vielleicht in einem noch höheren Maße schaden als durch die bisherigen Maßnahmen. Man wird natürlich den Automobilismus stärken, und es wird der Kampf zwischen Eisenbahn und Automobil mit größter Wahrscheinlichkeit und viel rascherem Tempo zu Ungunsten der Eisenbahn entschieden sein. Dann braucht man keine Strecken mehr zu bauen, auch nicht in der Slovakei. Es ist das untauglichste Mittel, durch Erhöhung der Tarife die heute unsicheren und untragbaren Lasten der Industrie noch zu erhöhen und der Landwirtschaft neue aufzuerlegen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.) Was wir verlangen ist die Ermäßigung der Steuern und Abschreibungen von Steuern aus früheren Jahren. Wir verlangen für die Landwirtschaft eine gleichmäßige Subventionspolitik zur Unterstützung des landwirtschaftlichen Bildungswesen, des landwirtschaftlichen Forschungswesens und der landwirtschaftlichen Genossenschaften, aber nicht nach dem bloßen Dafürhalten einiger Sektionschefs oder irgendwelcher parteiamtlicher Funktionäre, sondern auf Grund des Bevölkerungsschlüssels. Wir verlangen als wirkungsvolle Erleichterung der ganzen Staatspolitik die Vereinfachung der Verwaltung, die Verkürzung des Instanzenzuges und das Aufgeben des widersinnigen Sprachenzwanges in der Verwaltung, wo er überflüssig ist. Ich kann mich heute nur darauf beschränken, auf die unzukömmlichen Zustände bei Gericht im Grundbuchswesen usw. zu verweisen. Ein Drittel des ganzen Aufwandes für die Gerichte würde erspart werden, wenn man in den deutschen und ungarischen Gebieten von der Doppelsprachigkeit Abstand nehmen würde. Wir sind für die Vereinfachung der Verwaltung, für die Abkehr vom metternichschen System bei der Einreihung der bürgerlichen Freiheiten.