Ètvrtek 24. dubna 1930

Wie uns bekannt, hat Herr Landwirtschaftsminister Bradáè bereits vor 4 Wochen einenEntwurf über dieViehzölle undZölle auf tierische Produkte vorgelegt. DerEntwurf, welcher eine Neuregelung des bisherigen unbrauchbaren Stückzollsystems enthielt, fand wiederum nicht den Gefallen der sozialistischen Kreise, und so wird ein umgearbeiteter Gesetzesantrag zur Verhandlung kommen. Ohne dieser Vorlage vorgreifen zu wollen, muß ich darauf verweisen, daß die Landwirtschaft die Regelung der Viehzölle mehr denn je bedarf. Wir haben in den letzten Wochen einen Preissturz und eine Absatzkrise zu verzeichnen. An praktischen Beispielen aus dem täglichen Leben, die oft mehr wert sind als alle graue Theorie am grünen Tische, habe ich den Preissturz bei Rindvieh im Landwirtschaftsausschuß nachgewiesen. Heute will ich auf das Sinken der Schweinepreise vom Oktober 1929 bis Ende März 1930 zu sprechen kommen und damit den von mir erwähnten Preissturz nachweisen. (Trvalý hluk komunistických poslancù. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.) Vom November 1929 bis Ende März ist der Schweinepreis um 3 Kè per 1 kg Lebendgewicht gesunken. Trotz Überfluß an Vieh räumt das Handelsministerium Polen die Einfuhr von 350 Stück Jungvieh wöchentlich ungeachtet dessen ein, daß das Kontingent erschöpft ist. Wir zerbrechen uns die Köpfe, wie man die Landwirtschaftskrise bannen soll, und das Handelsministerium überschreitet seinen Wirkungskreis zum Schaden der Landwirtschaft. Nicht unwichtig ist, auf die Gestehungskosten namentlich eines Kilogramms Lebendgewicht bei Schweinen vor Abschluß der Verhandlungen zu verweisen. Auf Grund meiner Erfahrungen im eigenenWirtschaftsbetriebe, überprüft von den Fachorganen der landwi rtschaftlichen Lehranstalten, aufgebaut auf jahrelange Versuche an diesen Schulen, betragen die Gestehungskosten eines Kilo Lebendgewicht bei Schweinen 12 Kè. Dieser Preis möge als Grundlage für die Verhandlungen über die Viehzölle angenommen werden, wenn de Schweineproduktion des Inlandes vor Schaden bewahrt bleiben soll. Dieser Lebendgewichtspreis entspricht einem Schlachtgewichtspreis von 15 Kè und dem gegenwärtigen Fleischpreise, so daß eine Erhöhung der Belastung für den Konsum nicht in Frage käme, wenn durch Zoll- und handelspolitische Maßnahmen und Beschränkung der Einfuhr der Lebendgewichtspreis 12 Kè erlangt. (Trvalý hluk komunistických poslancù. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.) Bei dieser Kostenpreisberechnung wird für Stallerhaltung, Versicherung, Steuern u. s. w. bei einem Kilo Lebendgewicht 83 Heller, für Pflegekosten 1 Kè 06 Heller, der Ankauf von Ferkeln das Stück mit 240 Kè berechnet. Die Fütterung beträgt für die Erzeugung eines kg Lebendgewichtes 900 Gramm Gerstenschrot zum Preise von 1 Kè 50 h, 100 Gramm Fischmehl zu 35 Heller, 200 Gramm Trockenhefe zu 96 Heller und 16 kg Kartoffeln @a 36 Heller, zusammen an 12 Kè Erzeugungskosten für 1 kg Lebendgewicht. Dabei wurde Gerste mit 1 Kè 40 h, Kartoffel mit 36 h, also unter den Erzeugungskosten eingesetzt und 3/4 kg tägliche Zunahme vorausgesetzt, sowie keine Verzinsung des Anlagekapitals gerechnet. In Wirklichkeit wird aber der Schweineproduzent diese Zunahme nicht immer erreichen und bei höheren Kartoffel- und Gerstenpreisen die Produktionskosten sich höher stellen. Man möge der Landwirtschaft bei der Regelung der Viehzollfrage kein Stückwerk, sondern eine, die viehzuchttreibende Landwirtschaft befriedigende Gesetzesvorlage bringen. Tausende Bauern und Kleinbauern, auf welch letztere 80% der Schweineproduktion entfällt, warten auf diese Vorlage, die in kürzester Zeit zur Verhandlung kommen möge, damit nicht durch weiteren Preissturz der Landwirtschaft Millionen Schaden zugefügt werden.

Ich will schließen mit dem Urteil über die Landarbeit eines Nicht-Landwirtes, der jedoch mit den Verhältnissen am Bauernhofe sehr gut vertraut ist: "Der Bauer und Kleinbauer will nicht Haus und Hof verlassen und sich einen anderen Verdienst suchen, er ist mit tausend Banden an die Scholle gefesselt, er muß die guten und bösen Tage über sich ergehen lassen, er muß arbeiten und schwitzen um für sich und die Anderen Brot zu schaffen. Nach ewigen Naturgesetzen kann er nicht anders und wird ihm die Arbeit noch so schwer. Die Liebe zur Scholle, die unermüdlich zähe Arbeitskraft, die Anspruchslosigkeit ans Leben haben es bisher möglich gemacht unter diesen Verhältnissen Brot zu schaffen."

Der Regierung, der Industrie, den sozialistischen Parteien rufe ich in letzter Stunde zu: Schützt euere heimische Landwirtschaft, damit der inländische Konsum zum Schaden der Verbraucher nicht vom Auslandsmarkte abhängig gemacht wird.

Die beiden heute zur Verhandlung steh enden Vorlagen befriedigen uns zwar nicht, sie bedeuten jedoch einen Fortschritt in unserem Kampfe um die Erhaltung des Bauern- und Kleinbauernstandes. (Trvalý hluk komunistických poslancù. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

3. Øeè posl. Kaspera (viz str. 22 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Koll. Geyer hat den Standpunkt meiner Partei zu den vorliegenden Gesetzentwürfen Druck Nr. 305 (über Zuschlagszölle) und Nr. 329 (über Einfuhrscheine) bereits zur Genüge dargetan. Ich habe daher seinen Ausführungen, soweit es sich um die grundsätzliche Stellungnahme meiner Partei zu diesen Fragen handelt, nichts mehr hinzuzufügen. Betonen möchte ich jedoch nochmals - wie ich dies ja auch im sozialpolitischen Ausschuß bereits getan habe - daß wir deutschen Nationalsozialisten die in der Landwirtschaft bestehende Krise keineswegs in Abrede stellen und demgemäß selbstverständlich auch jederzeit dazu bereit sind, wirklich wirksame Maßnahmen zur Linderung dieser Notlage auf das Tatkräftigste zu unterstützen. Die hiezu gangbaren Wege haben wir durch unsere praktischen Anträge aufgezeigt. Allerdings verlangen wir, daß auch der bestehenden Wirtschaftskrise in Industrie, Handel und Gewerbe das ihr gebührende Augenmerk zugewendet werde und daß die Landwirtschaftskrise nicht dazu mi ßbraucht werden dürfe, die vorhandene schwere Industriewirtschaftskrise in den Hintergrund zu schieben und alle seit Jahren notwendig gewordenen sozialwirtschaftlichen Maßnahmen abzuschwächen oder gar unmöglich zu machen. Wir verwahren uns daher auch gegen die zum Ausdruck gekommene Junktimierung der sozialen Vorlagen mit den agrarischen Forderungen, da diese Maßnahme, wie uns die Tatsachen der letzten Wochen deutlich genug gezeigt haben, nicht zu einer mangelhaften Verbesserung, sondern auch zur Verschleppung der so dringend gewordenen Neugestaltung der sozialen Gesetzgebung führten. Was jedoch die Landwirtschaftskrise, als solche anbelangt, ist es wohl eine unbestrittene Tatsache, daß sie sich vornehmlich in einer grenzenlosen Notlage der Kleinlandwirte und Gebirgsbauern äußert und nicht zuletzt auch eine Folgeerscheinung der schon seit Bestand dieses Staates zu verzeichnenden Industriewirtschaftskrise, des allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges und der oftmals wiederkehrenden wirtschaftlichen Erschütterungen dieses Staates ist und so wie die Industriewirtschaftskrise eine ihrer Ursachen auch in der dadurch bedingten Herabdrückung der Kaufkraft der breiten Massen zu suchen hat. Wir bezweifeln daher sehr stark, ob die Erhöhung der Zölle u. dgl. m. die geeigneten Maßnahmen sind, den von der Not am meisten betroffenen Kleinlandwirten und Gebirgsbauern die von ihnen erhoffte Hilfe zu bringen und eine Beseitigung oder auch nur eine Linderung der bestehenden Landwirtschaftskrise herbeizuführen. Wir sind vielmehr der Ansicht, daß Hilfeleistungen in Form von Steuererleichterungen, Gewährung billiger Kredite, Entlastungen und Förderungen aller Art weit zweckdienlicher gewesen wären, da die gegenwärtigen agrarischen Vorlagen am heutigen Zustande nicht nur nichts ändern, sondern die wirtschaftliche Lage aller kleinen Existenzen im allgemeinen und damit auch jene der kleinlandwirtschaftlichen Bevölkerung nur unnötig belasten und noch mehr verschlechtern werden.

Es besteht wohl trotz aller Verschleierungsversuche die gegenwärtig insbesondere von den deutschen Sozialdemokraten angewendet werden und bei ganz optimistischer Betrachtung gar kein Zweifel darüber, daß durch die gegenwärtigen Zollvorlagen eine weitere Verteuerung der Lebensmittel und damit eine weitere Verschlechterung der Lebenshaltung der gesamten Konsumentenschaft platzgreifen wird und platzgreifen muß; denn andernfalls wäre ja der ganze Wert und die ihnen zugedachte Bedeutung der Zollmaßnahmen von vornherein hinfällig. Solcherart werden nicht nur alle etwa zu erwartenden sozialen und wirtschaftlichen Verbesserungen im gleichen Atemzuge, bezw. noch vor ihrem Inkrafttreten aufgehoben, sondern es tritt darüber hinaus vielmehr noch eine weitere Verschlechterung des gegenwärtigen mehr als trostlosen Zustandes ein. Koll. Geyer hat ja bereits dargetan, daß die gegenwärtigen agrarischen Vorlagen, sobald sie Gesetz geworden sein werden, (Hluk komunistických poslancù trvá. - Místopøedseda dr Lukavsky zvoní.) auch neuerliche Gegenmaßnahmen seitens der Agrarstaaten in Form einer weiteren Unterbindung der bisherigen Wechselbeziehungen auslösen werden, was sich in einem weiteren Rückgang des Exportes und in einer weiteren Verminderung der industriellen Produktion äußern wird. Die Folge davon können nur neue Hemmungen und Stockungen in Industrie und Wirtschaft sein, die sich zu einer weiteren Steigerung der bestehenden Arbeitslosigkeit und aller ihrer Begleiterscheinungen wie Hunger, Not und Elend, damit aber auch zur Verminderung der Kaufkraft und des gesamten Inlandabsatzes beitragen werden.

Wie es um diese innere Kaufkraft der breiten Masse, dem Gradmesser des Inlandabsatzes, heute bereits gestellt ist, geht nicht nur aus der Tatsache hervor, daß wir in der gegenwärtigen Zeit nahezu 300.000 Arbeitslose zählen, die überhaupt kein Einkommen aufzuweisen haben und zum Großteil nicht einmal eine Unterstützung beziehen und die daher mit ihren Familien dem Hunger völlig preisgegeben sind - sondern kommt auch in den trostlosen Lohn- und Gehaltsverhältnissen zum Ausdruck, die wir gerade in diesem Staate aufzuweisen haben und mit denen ich mich mit Rücksicht auf die leider zu erwartende weitere Verschlechterung der Lebenshaltung der breiten Massen etwas näher beschäftigen will und notgedrungen beschäftigen muß. Die Ursachen, die zu den heutigen elenden Lebensverhältnissen bei dem Großteil der gesamten Arbeitnehmerschaft dieses Staates geführt haben, sind durch mehrfache Begleitumstände charakterisiert. So vor allem durch die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt, durch den seit Bestand dieses Staates herrschenden Mangel an ausreichenden Arbeitsplätzen und Arbeitsmöglichkeiten, welche Erscheinungen nicht nur Anlaß zu ständiger Arbeitslosigkeit sind, sondern auch zu Lohndruck mißbraucht und ausgenützt werden.

Nicht zuletzt sind die heutigen Lebensverhältnisse aber auch durch den Gegensatz bedingt, in dem die Löhne und Gehälter zu der außerordentlich hohen steuerlichen Belastung stehen. In dieser Hinsicht genügt es anzuführen, daß die steuerliche Belastung der Bevölkerung aus den direkten und indirekten Steuern, aus Zöllen, Monopolen usw. im Jahre 1911 bis 1913 56·80 Kè betrug, dagegen im Jahre 1919 145, 1920 402, 1921 632, 1922 647, 1923 585, 1924 621, 1926 695, 1927 774, 1928 632 Kè ausmachte. Daraus geht mit aller Deutlichkeit hervor, daß in der steuerlichen Belastung eine Steigerung mindestens um das 13 bis 14fache eingetreten ist, während die Löhne kaum um das 6 bis Bfache gestiegen sind. Hiezu kommt noch, daß gerade in den letzten Jahren eine ganz wesentliche Änderung in der Steuerleistung eintrat, die letzten Endes eine Entlastung der großen und eine neuerliche Belastung der kleinen Steuerzahler brachte und selbstverständlich erst im Laufe der Zeit immer mehr und mehr in Erscheinung tritt. Eine Reihe neuer Abgaben, de wiederum in erster Linie die breiten Massen der Bevölkerung belasten, wurde durch das Gemeindefinanzgesetz und seine Härten hervorgerufen, durch das die Gemeinden zu solchen Maßnahmen einfach gezwungen werden. Dazu kommen ganz beträchtliche Mietzinssteigerungen sowie eine große Zahl anderer Lasten aller Art. Durch alle diese Belastungen, deren Ergebnis in diesem Staate zum Großteil unproduktiven Zwecken zugeführt und für Militarismus, Auslandpropaganda u. dgl. m. verausgabt wird, wurden die sowieso kargen Löhne und Gehälter der gesamten Arbeitnehmerschaft um ein Bedeutendes verkürzt und dadurch die Kaufkraft der breiten Massen wesentlich gedrosselt und herabgedrückt. (Hluk komunistických poslancù trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Das gleiche Verhältnis, wie ich es zwischen der steuerlichen Belastung und den Löhnen aufzeigte, kommt aber auch in einer Gegenüberstellung zwischen den Löhnen und den Preisen der Lebensmittel und Bedarfsgegenständen zum Ausdruck. Ein Überblick über die Entwicklung der Löhne und Gehälter wird uns einen deutlichen Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung liefern. Wohl gingen die Löhne und Gehälter in den allerersten Nachkriegsjahren auf Grund der damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse und auf Grund einer erhöhten Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen in der ersten Nachkriegszeit in die Höhe. Gleich zeitig damit wurde dadurch aber auch eine weit über die Lohnerhöhungen hinausgehende Aufwärtsentwicklung der Preise für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände ausgelöst; denn den Lohnerhöhungen gingen zumeist weit höhere Preissteigerungen voraus oder folgten ihnen auf dem Fuße, so daß schon damals ein Mißverhältnis zwischen Preisen und Löhnen im Vergleich zur Vorkriegshöhe zutage trat. Die erste Folgeerscheinung des schweren Krisenjahres 1922/23 aber war, daß in Ausnützung der wirtschaftlichen Situation wohl die Löhne und Gehälter, die niemals die Friedenshöhe erreicht hatten, in bedeutendem Maße abgebaut wurden, die Lebensmittelpreise und Bedarfsgegenstände des täglichen Lebens aber auf jener Höhe blieben, auf die sie in den ersten. Nachkriegsjahren hinaufgetrieben worden waren, oder sich nur ganz wenig senkten. Im Gegenteil zogen gegen Ende des Jahres 1924 die Preise neuerdings an, welche Steigerung ungefähr 10 bis 14% betrug. Durch die Einführung der festen Lebensmittelzölle des Jahres 1926 vverschlechterte sich die Lage der Arbeiter und Angestellten noch um ein Wesentliches. Die durchschnittliche Verteuerung, die durch die Auswirkung der Zölle eintrat, betrug ungefähr 18%, bei einzelnen wichtigen Lebensmitteln sogar 35 bis 40% oder noch mehr. Die Lohnerhöhungen aber waren gerade in diesem zweiten bedeutungsvollen Krisenjahren ganz unbedeutend. Im Gegenteil trat gerade in dieser Zeit durch die Änderungen in der Steuergesetzgebung, durch die Mietzinssteigerungen usw. eine Mehrbelastung des Arbeitnehmerhaushaltes ein. Selbst in dem nun folgenden konjunkturell besseren Jahre 1927 endeten die Lohnkämpfe nur mit einer geringen Verbesserung der Lage der Arbeiterschaft. Die bessere Konjunktur zeigte sich lediglich in erhöhten Reingewinnen der Unternehmungen und vor allem in solchen der Banken. Noch geringer aber waren die Lohnerfolge der Jahre 1928 und 1929, wobei insbesonders das Jahr 1929 bereits unter dem Drucke der sich entwickelnden und mit Ende des Jahres bereits vorhandenen Krise stand. Es erscheint mir in diesem Zusammenhange durchaus zweckmäßig, insbesondere die deutschen Sozialdemokraten, die sich plötzlich aus grundsätzlichen Zollgegnern zu Zollverteidigern gewandelt haben, an diese Tatsachen und insbesondere an ihre Haltung im Jahre 1926 zu erinnern. (Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Gemäß der von mir aufgezeigten Entwicklung ist es gar kein Wunder, wenn wir gegenwärtig feststellen müssen, daß die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerschaft dieses Staates besonders niedrig sind, was nicht nur an Hunderten von Beispielen nachgewiesen werden kann, sondern auch deutlich genug aus den Mitteilungen des "Internationalen Arbeitsamtes" über die Höhe des Reallohnes der einzelnen Länder hervorgeht. Unter der Annahme, daß der Reallohn des englischen Arbeiters gleich 100 ist, betrug derselbe im Jahre 1929 in den einzelnen Staaten, u. zw. in Amerika 180, Kanada 160, England 100, Schweden 85, Holland 82, Deutschland 70, Frankreich 56, Belgien 53 und in der Èechoslovakei 45. Ganz abgesehen davon, daß vor allem eine nicht unwesentliche Senkung des èechoslovakischen Reallohnes gegenüber dem Jahre 1924 eingetreten ist, muß insbesondere auf die Tatsache verwiesen werden, daß der Reallohn der hiesigen Arbeiterschaft nicht nur weit hinter jenem des amerikanischen Arbeiters mit 180, sondern auch weit hinter dem des englischen mit 100 und selbst hinter dem des reichsdeutschen mit 70 zurückbliebt. Unter solchen Voraussetzungen darf es uns durchaus nicht Wunder ne hmen, wenn ein Mitglied des englischen Unterhauses an den englischen Handelsminister die Anfrage richtete, ob es auf Wahrheit beruhe, daß die Löhne in der èechischen Flachsindustrie um 40% niedriger seien als die englischen Löhne. Der Fragesteller stellte zugleich auch den Antrag, der Handelsminister möge geeignete Schritte einleiten, um die englische Arbeiterschaft vor einer derartigen Unterbietung der Löhne oder besser gesagt vor einer derartigen Schmutzkonkurrenz zu schützen. Daraus geht wohl deutlich genug hervor, daß selbst von eigenen Profitinteressen aus gesehen, es nicht immer die beste Unternehmerpolitik ist, die sogenannte Konkurrenzfähigkeit nur durch niedrigere Löhne erkaufen zu wollen.

Über die wahren Lohnverhältnisse fehlt es in diesem Staate bisher leider noch immer an einer genauen Übersicht. Wohl nur als eine Art Liebesdienst an dem Unternehmertum muß es gewertet werden, wenn bisher die Veröffentlichung einer genauen Lohnstatistik in diesem Staate unterblieb, so daß sich selbst ein ausgesprochen kapitalistisches Blatt, u. zw. der Prager "Börsen-Courier" unter dem Hinweis auf das statistische Staatsamt zu einer diesbezüglichen Feststellung veranlaßt sah, indem es schrieb: "Aber wozu wird dieses Blatt unter Zensur gestellt? Das Amt hat wertvolle Arbeiten vollendet, die nicht veröffentlicht werden dürfen. So ist eine Lohnstatistik ausgearbeitet, die nicht veröffentlicht werden darf, obwohl in der Èechoslovakei noch keine Lohnstatistik existiert. Wer hintertreibt die Lohnstatistik? Die Arbeiter sicher nicht. Die Lohnstatistiken der Arbeiter werden von den Unternehmern bezweifelt, die Statistiken der Unternehmer von den Arbeitern. Eine objektive Arbeit wäre ein wertvolles Hilfsmittel."

In diesem Falle stimmen wir dem genannten kapitalistisch en Blatte vollkommen zu, denn es wäre nur im Interesse der Allgemeinheit gelegen, wenn endlich einmal ein klares Bild über die wahren Lohnverhältnisse in diesem Staate geschaffen werden würde, um dadurch aufzuzeigen, wie unendlich groß das Elend durch die gezahlten niedrigen Löhne und Gehälter ist. Gegenwärtig stehen leider für derartige Erhebungen nur die ungenauen und gelegentlichen Ausweise der Sozialversicherungsanstalten zur Verfügung, welch letztere es in anerkennenswerter Weise versuchen, wenigstens etwas Licht in diese trostlose Dunkelheit zu bringen. Nach solchen Berichten der Zentralsozialversicherungsanstalt verdienten im Jahre 1928 (bzw. 1927) 216.125, bzw. 217.998 Versicherte, oder 8, bzw. 9ÿ47% aller Versicherten einen Taglohn bis zu 6 Kronen. 334.152 Versicherte oder 13% verdienten bis 10 Kronen Taglohn, insgesamt verdienten also 21% aller Versicherten weniger als 10 Kronen täglich oder 60 Kronen wöchentlich. 32% verdienten zwischen 10 und 18 Kronen täglich, insgesamt waren also 53% aller Versicherten, die unter 108 Kronen wöchentlich oder 450 Kronen monatlich verdienten. Kaum 14 bis 15% verdienen mehr als das außerordentlich niedrige Existenzminimum, das für Ledige ohne Familienangehörige 193 Kronen wöchentlich oder 32 Kronen täglich beträgt. Mindestens 85% aller Versicherten verdienen also weniger als das gesetzlich festgelegte und keineswegs zureichende Existenzminimum.

Noch trostlosere Verhältnisse kommen durch eine Zusammenstellung der Bezirks-Sozialversicherungsanstalt für den Bezirk Sternberg, die am 7. Feber 1930 veröffentlicht wurde, zum Ausdruck. Demnach verdienten: 1193 Versicherte oder 17% bis zu 4 Kronen täglich oder 24 Kronen wöchentlich, 788 Versicherte oder 11·5% 4 bis 8 Kronen täglich oder 48 Kronen wöchentlich, 957 Versicherte oder 13ÿ9% 8 bis 12 Kè täglich oder 72 Kronen wöchentlich, 1054 Versicherte oder 15·3% 12 bis 16 Kronen täglich oder 96 Kronen wöchentlich, 940 Versicherte oder 13ÿ6% 16 bis 20 Kronen täglich oder 120 Kronen wöchentlich.

Somit also 59% unter 100 Kronen wöchentlich. Lediglich bei 28% aller Versicherten betrug somit der Tagesverdienst mehr als 20 Kronen, dagegen aber verdienten 91% weniger als das fragwürdige Existenzminimum von 7000 Kronen jährlich. Dabei ist aber zu bedenken, daß zu gleicher Zeit nicht nur Hunderte arbeitslos und ohne jedes Einkommen sind, sondern daß in diesen Zusammenstellungen der Sozialversicherungsanstalt insbesondere die Heimarbeiter nicht mit inbegriffen sind, da sie auf Grund der letzten Novellierung aus der Sozialversicherung ausgeschieden wurden und gerade diese Ärmsten der Armen oftmals Tagesverdienste von 1 Krone und 2 Kronen aufzuweisen haben. (Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Vor allem spotten die Löhne in der Textilindustrie jeder Beschreibung. Es mag genügen, wenn ich anführe, daß die Durchschnittslöhne höchstens 120 bis 140 Kronen wöchentlich betragen, wobei ich jedoch noch besonders betonen muß, daß mindestens 70% unter 140 Kronen verdienen und mit Löhnen von 70 bis 120 Kronen wöchentlich nach Hause gehen. Bei der mangelnden Beschäftigung und der damit verbundenen Kurzarbeit aber gibt es ganz besonders in der Textilienindustrie auch Wochenverdienste von 20 bis 30 Kronen. Es ist daher sicherlich nicht zuviel gesagt, wenn man diese Menschen, die mit einem solchen Einkommen das Auslangen zu finden vermögen, bezw. damit oft noch starke Familien erhalten müssen, als wahre Lebenskünstler bezeichnet.

Durchaus nicht besser ist es um die Löhne in den übrigen Industriezweigen bestellt. Selbst in der Metallindustrie kommen als Höchstlöhne 3·13 Kè per Stunde für Hilfsarbeiter und 4·13 Kè per Stunde für Professionisten in Betracht. Die Höhe der gegenwärtigen wöchentlichen Verdienste, soweit die Menschen bei der herrschenden Krise in der Gablonzer Industrie überhaupt noch in Arbeit stehen, bewegen sich bestenfalls bei jüngeren Hilfsarbeitern und zwar bei einer drei- oder viertägigen Beschäftigung zwischen 50 und 60 Kronen wöchentlich. Bei älteren Hilfsarbeitern zwischen 80 und 100 Kronen wöchentlich. In einem Betriebe der Ringbranche in Wurzelsdorf kommt bei 48stündiger Arbeitszeit ein Wochenlohn von 49 Kronen zur Auszahlung, wohingegen das Mindesterfordernis für die Aufrechterhaltung eines Haushaltes für eine vierköpfige Familie sicherlich mtt 250 bis 300 Kronen pro Woche keineswegs zu hoch gegriffen ist. In Wirklichkeit aber gibt es keine 2%, die diesen zum Leben notwendigen Betrag in der Woche verdienen, obgleich nach den Erhebungen des internationalen Arbeitsamtes in der Èechoslovakei bei ganz bescheidenen Verhältnissen in Wirklichkeit monatlich 1680 Kronen für eine vierköpfige Familie zur Führung des Haushaltes benötigt werden.

Ganz besonders trostlos ist die Lage der arbeitenden Menschen in den Gebirgsgegenden unserer deutschen Rand- und Siedlungsgebiete. Die Existenzmöglichkeit dieser Menschen, die früher zumeist nach Deutschland in Arbeit gingen, ist u. a. auch durch das Gesetz zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes wesentlich herabgedrückt worden, während es im Gebiete selbst zumeist keine Beschäftigungsmöglichkeiten, außer einiger Heimindustrie und Hausarbeit gibt. Ich habe diesbezügliche Erhebungen vor allem im Adlergebirge durchgeführt und konnte u. a. folgendes feststellen. (Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Nur ganz kleine Betriebe bieten einer geringen Anzahl von Menschen Beschäftigung. In den hier vorhandenen Betrieben, seien es Brettsägen, kleine Webereien, Flachsbrechhäuser u. dgl. kommt für die dort Beschäftigten bestenfalls ein Taglohn von 10 bis 13 Kronen in Betracht. Besonderen Erhebungen zufolge, die ich in den beiden mech. Webereien in Gießhübel vornahm und in Form einer Beschwerde an das zuständige Gewerbeinspektorat weitergab, ist z. B. zu entnehmen, daß der Durchschnittslohn in diesen Betrieben höchstens 84 bis 90 Kronen wöchentlich beträgt, also einem Taglohn von höchstens 14 bis 15 Kronen gleichkommt. In meiner Beschwerde verwies ich jedoch auch noch auf andere Übelstände, die in den genannten Betrieben herrschen und die mir nach durchgeführter Untersuchung seitens des Gewerbeinspektorates auch vollinhaltlich bestätigt wurden. So gibt es keine Urlaubserteilung. Der Urlaub wird zumeist auch nicht bar bezahlt, sondern die Firma fertigt die Urlaubsansprüche in Form einer Entschädigung mit selbsteuerzeugten Waren im ungefähren Werte des gebührenden Urlaubes und zu einem ganz beliebigen Zeitpunkte ab. Die Lohn- und Akkordsätze werden ganz nach Belieben und ohne vorheriges Einvernehmen mit der Arbeiterschaft abgeändert, insbesondere eine der beiden Firmen bleibt oft 14 und mehr Tage mit der Lolhnauszahlung im Rückstande, Überstunden werden nach Gutdünken der Arbeitgeber angeordnet, die Betriebe weisen aber auch in hygienischer und technischer Beziehung außerordentliche Mängel auf, sind in der größten Kälte schlecht geheizt u. a. m. Kurzum, nahezu mittelalterliche Zustände, die eines Staates unwürdig sind, der sich so gerne Kulturstaat nennen läßt und das Fenster, ich weiß nicht, Europas oder Mitteleuropas sein will.

Und doch sind die in solchen Betrieben beschäftigten Menschen immer noch der glücklichere Teil der dortigen Bevölkerung; denn die meisten Menschen sind in der Haus- und Heimindustrie beschäftigt, die vor dem Kriege Hunderten von Menschen Beschäftigung und ein halbwegs annehmbares Auskommen gab, heute aber ganz darniederliegt und vor allem nur ganz geringe Verdienstmöglichkeiten bietet. So verdient ein Arbeiter bei flotter Arbeit und mehr als Bstündiger Arbeitszeit bei der Spahnschachtelerzeugung im Tage höchstens 2 bis 4 Kè und eine 5köpfige Familie kann, wenn alle Mitglieder mitarbeiten, auf einen Wochenverdienst von 110 bis 120 Kè kommen. Für 1000 solcher Schachteln werden je nach Größe 13 bis 20 Kè bezahlt, wovon aber noch die Auslagen für das Holz zu bestreiten sind. Die Verdienste in der Garnnetzerei betragen täglich gleichfalls 2 bis 4 Kè. Im Sommer findet dann ein kleiner Teil dieser Menschen in der Waldarbeit oder bei der Landwirtschaft Beschäftigung, wobei natürlich auch außerordentlich niedrige Löhne gezahlt werden. Wohl haben einige dieser Arbeitsmenschen eine kleine Landwirtschaft im Ausmaße von 1/2 bis 3 ha, doch vermögen sie davon nicht zu leben; denn der Ertrag ist infolge der Kümmerlichkeit des Bodens nur in den allerbesten Jahren kaum das 3 bis 4fache der Aussaat und deckt daher bestenfalls die Auslagen und die Steuern, reicht aber keinesfalls zum Erhalt des Lebens der zumeist starken Familien aus. Sehr neugierig sind wir daher, wie die deutschen Sozialdemokraten diesen Kleinhäuslern gegenüber den Wert der Zölle und ihres Handelns begründen werden.

Zu alledem liegen aber alle Orte auch noch außerordentlich weit von der nächsten Bahnstation entfernt und desgleichen stehen auch nur sehr mangelhafte Straßen und Wege als einzige Verbindungsmöglichkeit zur Verfügung. Alles muß unter Aufgebot von viel Zeit und Kraft von entfernten Orten herbeigeschafft werden. Wohl sind die Autobusverbindungen zwischen den einzelnen Orten vorhanden, doch können diese Autobuse von der einmeimischen Bevölkerung fast überhaupt nicht benützt werden, da die Fahrpreise zu hoch sind und bei einem solchen Einkommen, wie ich es bereits schilderte, natürlich nicht aufgebracht werden können. Die nahen Grenzen mit Deutschland sind gesperrt und die Aufnahme von Arbeit im deutschen Reiche unmöglich gemacht, so daß viele Menschen, die früher in Deutschland beschäftigt waren, nun ohne jede Existenzmöglichkeit dastehen und zum Auswandern oder Abwandern gezwungen sind. Viele beschäftigen sich als Bauarbeiter, können jedoch infolge der gegenwärtigen Stockung der Bautätigkeit und infolge der Tatsache, daß größere Städte, die für eine erhöhte Bautätigkeit in Frage kommen, nicht in der Nähe sind, keine Arbeit finden oder sind gezwungen, wochenlang in der Fremde zu leben, so daß dadurch auch ein etwaiger Mehrverdienst aufgebraucht wird.


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