Ètvrtek 24. dubna 1930

Kleinbauern! Wiedereinführung der staatlichen Zwangswirtschaft unseligen Angedenkens, der schwer arbeitende Dorfbewohner als Opfer von Schiebern und Börsenjobbern, vom Besitzer Euerer Scholle, an der Ihr mit Liebe hängt, soll zum Staatstaglöhner zu werden, wollen alle Kleinbauern, die dem Evangelium des Herrn Abg. Schweichhart nachbeten, das er vor 20 Abgeordneten im Landwirtschaftsausschusse vertreten hat. Wir werden uns gegen die Bevormundung durch die Staatsverwaltung, und hier käme nur das durch das russische Schweinefleisch bekanntgewordene Ernährungsministerium in Frage, mit allen Kräften zu wehren wissen. Bauern und Kleinbauern als Interessengemeinschaft werden in der Abwehr gemeinsam zu finden sein. Wo in einem Privatbetriebe staatliche Eingriffe in der Vergangenheit gemacht wurden, war es zum Schaden der Produzenten und Konsumenten, es war die freie Entwicklungsmöglichkeit gehemmt, weil persönliches Interesse das Gedeihen der Industrie und Landwirtschaft fördert.

Wir halten fest an der Freiheit des Privatbesitzes, des Bauern- und Kleinbauernstandes und lehnen die Sozialisierung auf legalem Wege, für die sich Herr Abg. Schweichhart im Landwirtschaftsausschusse so freimütig einsetzte, ab. Das, was in den Versammlungen am Dorfe bestritten, wurde auf parlamentarischem Boden gefordert. Das russische Beispiel scheint Schule zu machen. Ich will nun aufzeigen, welche bescheidenen Zugeständnisse der Landwirtschaft durch die in Verhandlung stehenden landwirtschaftlichen Vorlagen gemacht wurden, gegenüber den Leistungen, die ihr bei Regelung des Genter Systems und der Sanierung der Bruderladen, welche Millionenbeträge erfordert, neu erwachsen.

Durch den erstgenannten Gesetzentwurf wird die Regierung ermächtigt, Zuschläge zu den bestehenden Zöllen einzuführen, wenn der Getreide- und Mehlpreis den Durchschnittspreis der letzten 5 Jahre abzüglich 11% nicht erreicht und die zweite Vorlage beinhaltet eine unzulängliche Regelung des Einfuhrscheinsystems. Ich will mich mit der Regierungsvorlage über die Zuschlagszölle etwas eingehender befassen, da ich die unzureichende Regelung des Einfuhrscheinsystems bereits in der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses vom 8. April besprochen habe.

Der Gesetzentwurf über die Zuschlagszölle kommt reichlich spät und hätte mussen schon im Jänner beschlossen werden, was aber bei dem Widerstande der nichtlandwirtschaftlichen Kreise, dem Fehlen jeglicher Erkenntnis der Notwendigkeit dieser Art der Förderung der Landwirtschaft nicht möglich gemacht wurde und wertvolle Wochen für uns verstreichen ließ. Ungeheuere Mengen an fremdem Getreide, namentlich aber an Mehl, sind in den letzten 4 Wochen eingeführt worden, zu einer Zeit, als es ruchbar wurde, daß die Regierung ernstlich an die Abänderungen des Zolltarifes auf Getreide schreitet und dem Verlangen der Vertreter der landwirtschaftlichen Kreise endlich Rechnung tragen muß. Der schleppende Gang der Verhandlungen hat es möglich gemacht, daß die Wirksamkeit der Zuschlagszölle auf eine geraume Zeit infolge Einfuhr großer Mengen fremden Mehls in Frage gestellt wurde. Die Regierungsvorlage über die Zuschlagszölle ist aber auch in anderer Hinsicht keine vollwertige Maßnahme zum Schutze der landwirtschaftlichen Produktion auf zoll- und handelspolitischem Gebiete. Im Kompromißwege wurde die Erhöhung der festen Zollsätze fallen gelassen und an Stelle der erhöhten festen Zölle hat man sich auf Zuschläge zum bestehenden Zollsatze geeinigt, wenn der Preis von Weizen 191 Kè, Korn 166 Kè, Gerste 169 Kè, Hafer 145·5 Kè nicht erreicht wird. Dieses Kompromiß kann nicht befriedigen, weil dadurch die Grundlagen für die Unterstützung des spekulativen Handels geschaffen werden. Der Getreidegroßhändler wird das einzuführende Getreide bei niedrigen Getreidepreisen und Zollerhöhungen durch Zuschläge zu den bestehenden Zöllen an der Grenze liegen lassen und zuwarten, bis der Getreidepreis gestiegen und der Zuschlag zum gegenwärtigen Zollsatze außer Kraft gesetzt ist. Er wird dann das Getreide in großen Mengen einführen und eine stete Beunruhigung des Getreidemarktes wird die Folge der Lösung der Zollfrage bei Getreide durch Zuschlagszölle sein. In kurzer Zeit wird der Getreidepreis wieder sinken und es müßte jeder Landwirt, der Getreide verkauft, ein Börsianer sein oder wenigstens die Börsenberichte genau verfolgen, wenn er sein Getreide zur richtigen Zeit, das ist bei besten Preisen, verkaufen will. Der Landwirt aber braucht nach dem Drusche, unmittelbar vor Weihnachten, Geld und muß verkaufen, kann also nicht auf die Auswirkungen des Zuschlagszolles, die Schwankungen der Getreidepreise mit sich bringen werden, warten und die Folgen dieses Gesetzes wird er schwer tragen. Auch der solide Handel würde es begrüßen, wenn durch Einführung von Schutzzöllen für das Getreide eine Stetigkeit in das ganze Getreidegeschäft hereinkäme; unter den außerordentlichen Preisschwankungen des Getreides hat der solide Privathandel ebenso gelitten, wie unsere landwirtschaftlichen Genossenschaften. Im Jahre 1925 haben wir in der Èechoslovakei bereits dieselbe Art von Zöllen gehabt und mußten im Jahre 1926 dieses Zollsystem revidieren. In Deutschland sind im Vorjah re die gleitenden Zölle - und etwas anderes ist ja der Zuschlagszoll nicht ohne Wirkung geblieben. Dessen ungeachtet verfallen wir wieder in diesen Fehler, weil der Widerstand des Herrn Hodáè und der soziahstischen Parteien eine bessere Lösung dieser Frage nicht möglich machte. Das Zus ammenspiel von Industrie und sozialistischen Parteien gibt der Landwirtschaft nicht das, was sie zum Leben braucht, und die Freundschaft eines parlamentarischen Vertreters der Industrie mit dem Führer der èechischen Sozialdemokratie, wie Zeitungsberichte vom 10. und 14. April besagen, dürfte im Zusammenhange mit der ungenügenden Lösung der landwirtschaftlichen Fragen stehen. Die reine Konsumentenpolitik, der Widerstand gegen die rasche Lösung der landwirtschaftlichen Krise hat zu einer herzlichen Freundschaft des Vertreters von Industriekapital und Marxisten geführt. Die Getreide- und Mehlzölle werden auch dadurch stark entwertet, daß nicht gleichzeitig eine Regelung der Broteinfuhr aus Polen in die Èechoslovakei, sowie aus Ungarn vorgenommen wurde. Von Polen wird Brot nach Teschen waggonweise täglich gebracht und Brot von Krakau bis nach Prerau geliefert. Dies bedeutet für die schlesische und mährische Landwirtschaft eine äußerst fühlbare Konkurenz und verlangt diese Broteinfuhr eine Beschränkung. Der fünfjährige Durchschnitt des Getreidepreises als Grundlage für die Berechnung der Einführung von Zuschlagszöllen beinhaltet eine zu große Spannung und es wäre vorteilhafter gewesen, den dreijährigen Durchschnitt festzusetzen, um nicht zu großen Schwankungen ausgesetzt zu sein. Die Getreidepreise, bei welchen die Zuschläge zum Zoll aufgehoben werden, sind bei jeder Getreidegattung um wenigstens 10 Kè per 100 kg zu niedrig, weil die angenommenen Preise den Erzeugungskosten nicht entsprechen. Ich verweise auf die Berechnungen des von allen Kreisen anerkannten Herrn Dr. Hainisch, Landwirt und Handelsminister in Deutsch-Österreich. Es geht nicht an, daß man bei Festsetzung von Preisen, welche bestimmend auf die Abschaffung von Zuschlägen zu dem bestehenden Zoll sind, unter die Erzeugungskosten geht. Ich habe im Landwirtschaftsausschuß bereits auf die Notwendigkeit verwiesen, daß bei Gerste nicht 36 Kè Zuschlag zum bestehenden Zolle gesetzlich festgelegt werden sollen, sondern zumindest 50 Kè. Gerste ist eine Exportware und wir brauchen absolut keine Einfuhr von dieser Getreidesorte. Das Absatzgebiet an Gerste ist durch die Maßnahmen, we³che Deutschland auf zoll- und handelspolitischem Gebiete ergriffen hat, geradezu gefährdet und es wird nach Mitteln und Wegen gesucht werden müssen, um auf andere Art und Weise unseren Gerstenbau zu sichern. Ich erinnere an die Erklärung des Reichskanzlers Brünning am 1. April im deutschen Reichstag: "Um das Hilfsprogramm der deutschen Landwirtschaft zu verwirklichen, scheut die Regierung angesichts der Notlage vor außergewöhnlichen Mitteln nicht zurück. Die heutige Gelegenheit will ich auch dazu benützen, um auf das Verständnis der reichsdeutschen Industrie in Fragen der Hilfe für die Landwirtschaft zu verweisen. 50 Millionen aus dem Aufkommen der Inlndustriebelastung für die Zinsverbilligung werden der Landwirtschaft in Deutschland jährlich zur Verfügung gestellt."

Wie weit entfernt ist die Industrie der Èechoslovakei, in ähnlichem Sinne die Landwirtschaft zu unterstützen, sie unterschätzt die Bedeutung der Kaufkraft des flachen Landes für die Industrie. Wenn Zölle einen Zweck haben sollen, dann müssen sie, soweit dies zu erreichen ist, einer festen Preisgestaltung dienen. Monatlich veränderte Zölle können diesen Zweck nicht erfüllen und die Regelung der Zollfrage in diesem Sinne wird auch den Konsumenten keinen Vorteil bringen, da unstete, zeitweise niedrige Getreidezölle nach den bisherigen Erfahrungen dem Verbraucher nie entsprechend zugute kommen. Ausländische Staatsmänner haben bestätigt, daß die èechoslovakische Landwirtschaft von der Krise am schwersten betroffen ist und wir hätten alle Ursache, vollwertige Arbeit auf dem Gebiete der Behebung der Notlage der Landwirtschaft zu leisten. Ein Vorteil des Gesetzentwurfes ist, daß die Geltungsdauer nicht begrenzt wurde und daß nach den Bestimmungen des § 3 des Gesetzes die Zollsätze durch Handelsverträge nicht abgeändert werden können. Auf letzteren Umstand wird besonders verwiesen und die handelspolitische Seite soll die Vorlage in der heutigen Fassung rechtfertigen. Das "Prager Tagblatt" schreibt vor 3 Wochen von Brotteuerung durch Erhöhung der Brot- und Mehlpreise, weil Zuschlagszölle eingeführt werden sollen. Die sozialdemokratische Presse vom 1. April ist der Meinung, daß die Zuschlagszölle wegen des Handelsvertrages mit Ungarn nicht in Kraft treten, weshalb die Sozialdemokraten die Zölle mitbeschließen konnten und entschuldigt sich geradezu bei ihren Lesern. Es wäre also ein zweifelhafter Schutz, den sie der Landwirtschaft angedeihen lassen und der im Krassen Gegensatze zu dem Verhalten der Sozialdemokratie in anderen Staaten steht. Der Artikel 5 des Zollgesetzes Nr. 109 vom Jahre 1926 ermächtigt die Regierung, im Falle außerordentlicher Not, Zölle auf Korn und Weizen und über Einschreiten Ungarns auch auf Mehl herabzusetzen.

Der Handelsvertrag mit Ungarn enthält keine Bestimmung über die Ermächtigung der Regierung nach Artikel 8 höhere Zölle oder Zuschläge einzuführen. Der Motivenbericht zur Regierungsvorlage über die Zuschlagszölle bringt zum Ausdrucke, daß die Zuschlagszölle eingeführt werden, um die Existenz der Landwirtschaft zu sichern. Es ist die Beschlußfassung dieses Gesetzes nach dem Motivenbericht eine Vorkehrung der Not, welche als Voraussetzung die Anwendung des Artikels 8 der Zollgesetznovelle vom Jahre 1926 hat. Es enthält deshalb der Gesetzentwurf in § 3 ausdrücklich die Klausel, daß die Bestimmungen des Gesetzes über die Zollzuschläge durch Handelsverträge nicht geändert werden können. Somit besteht also kein Grund zur Kündigung des ungarischen Handelsvertrages oder Ungarn zu Verhandlungen über eine Revision des Handelsvertrages einzuladen. Eine andere Frage ist, wie sich Üngarn zu der Zollregelung stellen wird. In Berücksichtigung der gegensätzlichen Meinungen von Prager Tagesblättern, der sozialdemokratischen Presse, des Motivenberichtes und des § 3 der Regierungsvorlage, ist es notwendig, daß Klarheit geschaffen wird und ich ersuche den Herrn Referenten, in seinem Schlußworte mir die Frage zu beantworten, ob die Bestimmungen des heute in Verhandlung stehenden Gesetzesantrages über die Zuschlagszölle durch den ungarischen Handelsvertrag berührt werden. Es wäre besser gewesen, die Frage der Getreidezölle nicht in der uns vorliegenden Form zu regeln, sondern wie wir die Lösung dieser Frage in unseren Anträgen vom 10. Jänner dieses Jahres niedergelegt haben. Wir dürfen nicht vergessen, daß die internationale Handelskonvention, das ist das Abkommen über den sogenannten Zollfrieden, bereits von 11 Staaten, unter ihnen die 4 Großmächte England, Frankreich, Deutschland und Italien, unterzeichnet wurde. Vom 1. bis 15. November 1930 finden Beratungen statt, wann die Wirksamkeit der Abmachungen in Kraft treten sollen und ob der Beitritt gewisser Staaten für das Inkrafttreten Bedingung ist. Die Èechoslovakei wird sich bis dahin schließlich doch entscheiden, dem Zollwaffenstillstande beizutreten und dann ist laut den Bestimmungen des Abkommens die Erhöhung der Zölle, die Regelung von Einfuhrscheinsystemen und die Kündigung von Handelsverträgen sehr erschwert. Ein gültiger Handelsvertrag darf während einer bestimmten Zeit überhaupt nicht gekündigt werden und eine Zollerhöhung ist nur mit Zustimmung der zweiten Vertragspartei noch möglich und muß allen Teilnehmern der Konvention bekanntgegeben werden und über Einspruch eines dritten beteiligten Staates den Ausgleichsverhandlungen mit ihnen zustimmen. Das internationale Handelsabkommen enthält auch Bestimmungen über das Bewilligungsverfahren und verpflichtet die beteiligten Staaten, dasselbe vom Tage der Unterschrift nicht zu verschärfen. Wenn auch für die Èechoslovakei hinsichtlich des ungarischen Handelsvertrages Sonderbestimmungen getroffen wurden und die Èechoslovakei den Handelsvertrag mit Ungarn kündigen kann, wenn Verhandlungen über landwirtschaftliche Schutzzölle es notwendig machen, so wäre es doch in diesem Zeitpunkte angebracht gewesen, die Agrarzölle und das Einfuhrscheinsystem so zu regeln, daß bei einem Beitritte der Èechoslovakei zum Abkommen über den Zollfrieden für die heimische Landwirtschaft keine Nachteile entstehen, was durch das Gesetz über die Zuschlagszölle sehr in Frage geste³lt wird.

Die Landwirtschaft braucht vor dem Beitritte der Èechoslovakei zur internationalen Handelskonvention die Parität zwischen Industrie und Landwirtschaft einerseits und die entsprechende Regelung unseres Zollsystems im Verhältnis zu anderen Staaten andererseits. Am 8. April habe ich mich im Landwirtschaftsausschuß mit dem Gesetzentwurfe über die Regelung des Einfuhrscheinsystems eingehend beschäftigt, so daß ich mir hier die ausführliche Behandlung dieser Vorlage erlassen kann. Ich habe auf die Entstehung des in Verhandlung stehenden Entwurfes auf Grund eines Antrages der Abgeordneten des Bundes der Landwirte und der èechischen Agrarpartei im Landwirtschaftsausschuß vom 16. Jänner d. J. hingewiesen, der die Zustimmung der sozialistischen und sozialdemokratischen Abgeordneten seinerzeit nicht fand und diese Stellungnahme schon Veranlassung gab, Zweifel aufkommen zu lassen, daß überhaupt eine der tatsächlichen schwierigen Lage der Landwirtschaft entsprechender Gesetzentwurf im Wege der Verhandlungen zu erreichen sein wird. Diese Befürchtungen haben sich leider auch voll bestätigt und ich habe am Dienstag vor 8 Tagen den fraglichen Wert der Vorlage über die Einfuhrscheine ausführlich besprochen. Vom Berichterstatter, Herrn Koll. Zadina, sowie von unserer Seite wurde im Landwirtschaftsausschuß versucht, an den beiden Vorlagen Verbesserungen vorzunehmen. Die sozialdemokratischen Parteien lehnten jede Änder ung mit dem Hinweise, daß an einem Kompromiß der Wirtschaftsminister, vom politischen Ministerrat genehmigt, keine Ergänzungen oder Abänderungen vorgenommen werden dürfen, ab. In diesem Falle ist nicht allein Diskussion über den Gesetzentwurf Demokratie, sondern Demokratie bedeutet, daß man den Mitgliedern des Landwirtschaftsausschusses Gelegenheit geben muß, Bestimmungen des vorgelegten Entwurfes neu zu beschließen oder zu ergänzen. Die Arbeit in den Ausschüssen wird durch diesen Vorgang entwertet, obzwar das Schwergewicht der Arbeit in den Ausschüssen liegen soll und die letzteren haben nur noch den Zweck, getroffene Vereinbarungen zur Kenntnis zu nehmen. Die Fehler, welche der früheren Regierungsmehrheit zum Vorwurfe gemacht wurden, begehen seit 5 Monaten die neuen Regierungsparteien, die den Vorwurf seinerzeit bei jeder Gelegenheit erhoben haben. In Anbetracht der ungeheueren Schäden im Obstbau durch die Fröste 1928/29, wo nicht bloß das Erträgnis von 2 oder 3 Ernten vernichtet wurde, sondern ein Teil der Vermögenssubstanz verloren gegangen ist, sollte das Einfuhrscheinsystem auch auf Frischobst ausgedehnt sein.

Der Einwand, daß bisher kein Staat Obst auf Einfuhrscheine ausführt, ist nur zum Teile richtig und kann für die Beurteilung dieser Frage auch nicht maßgebend sein. Im Obstbau sind durch Elementarkatastrophen und drohenden Verlust des Absatzgebietes im Auslande außerordentliche Verhältnisse eingetreten und solche erfordern außerordentliche Maßnahme. Richtig ist zwar, daß in anderen Staaten im Sinne des Einfuhrscheinsystems der Obstexport nicht gefördert wird, jedoch die Ausfuhr von Obst dadurch weitgehend unterstützt wird, daß den Exporteuren bedeutende Frachtermäßigungen bis an die Grenze gewährt werden. Die Höhe dieser Exportprämie ist derart, daß dieselbe die Einbeziehung des Frischobstes in die Einfuhrscheine mit 30 bis 40 Kè per 100 kg rechtfertigt. Schließlich und endlich ist ja der Einfuhrschein auch eine Art Exportprämie. Diese hohe Frachtermäßigung für die Ausfuhr von Obst bis an die Staatsgrenze gewährt Italien, Ungarn, Rumänien und Jugoslavien und führt dazu, daß ein Großteil unserer Exporteure dem heimischen Obstbau den Rücken gekehrt, in fremden Staaten Obst einkaufen und in die Èechoslovakei einführen. Namentlich Äpfel fremder Herkunft finden willige Abnehmer, so daß es möglich war, trotz Überfluß an Obst im Inlande 244.000 mq Obst im Werte von 99 Millionen Kè aus fremden Staaten im Vorjahre bei uns einzuführen. Über die weiteren Unterstützungen, die andere Staaten dem Obstbau angedeihen lassen, werde ich zu einem späteren Zeitpunkte ausführlich berichten. Noch ist es Zeit die Wirksamkeit der Einfuhrscheine auf Frischobst zu erweitern und so dem Obstbau durch größere Ausfuhr gute Dienste zu erweisen. (Hluèné výkøiky komunistických poslancù vùèi min. pøedsedovi Udržalovi.)

Místopøedseda dr Lukavský (zvoní): Prosím o klid. Prosím pány poslance, aby se posadili na svá místa.

Posl. Böhm (pokraèuje): Das Landwirtschaftsministerium möge sich entschließen, für die Erneuerung der Obstanlagen, der Errichtung von Obstlagerhäusern und Kühlräumen, der Anschaffung von Sortiermaschinen ausgiebige geldliche Aushilfe beizustellen und weitere Unterstützung der Obstbaufachorganisationen in ihrer Aufklärungsarbeit über Packung, Behandlung und Transport angedeihen lassen. Es ist sehr bedauerlich, daß im Staatsvoranschlag 1930 an den Mitteln des Landwirtschaftsministeriums, an produktiven Staatsausgaben, Streichungen vorgenommen wurden, während das Ministerium für Nationalverteidigung den Voranschlag um 83 Millionen Kè und das Außenministerium um 25 Millionen Kè ohne Genehmigung des Parlamentes überschritten hat. Der heimische Obstbau wird nur zu halten sein und am Auslandsmarkte konkurrenzfähig bleiben, wenn durch ein besonderes Gesetz, nicht im Rahmen des Staatsvoranschlages, größere Mittel zur Erneuerung der Obstanlagen und für Förderungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. In dieser Hinsicht gibt es wohl keine großen Schwierigkeiten, wurde doch ein diesbezüglicher Antrag, welchen ich am 9. April im Landwirtschaftsausschuß eingebracht habe, mit großer Stimmenmehrheit angenommen. (Trvalé výkøiky komunistických poslancù. - Hluk.)

Místopøedseda dr Lukavsky (zvoní): Prosím pí. posl. Èižinskou, aby zachovala klid.

Posl. Böhm (pokraèuje): Das herrliche Obstparadies des Elbetales, das jährlich von tausenden Fremden in seiner Blütezeit besucht wird, aus dessen Gebiete allein für 97 Millionen Kè Obst ausgeführt wird und welches uns so schönes, im Geschmack und Aroma besseres als jedes fremde Obst gibt, muß sich der Fürsorge der Regierung in der Zukunft erfreuen dürfen. Ein weiterer Nachteil der Vorlage ist, daß das Einfuhrscheinsystem nicht auf Kolonialwaren, landwirtschaftliche Maschinen und bei uns nicht erzeugten Kunstdünger ausgedehnt wurde. Ich habe bereits im Ausschuß darauf verwiesen, daß dadurch die Verwertungsmöglichkeit der Einfuhrscheine verringert wird, weil ja unsere landwirtschaftlichen Genossenschaften nicht wiederum Getreide, Mehl, Fett und Butter oder Speck aus dem Auslande hereinbringen dürfen, da diese Artikel ohnedies im Überfluß eingeführt werden und durch eine solche Einfuhr die landwirtschaftlichen Genossenschaften keinesfalls den ihnen zugedachten Zweck erfüllen würden. In der Èechoslovakei führen unsere Genossenschaften bedeutende Mengen an Getreide auf Einfuhrscheine aus, so daß gegenwärtig eine große Anzahl Scheine bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften nicht verwertet werden können. Ob die Errichtung der Zentrale bei der Börse zum Zwecke der besseren Verwertung der Einfuhrscheine diese Aufgabe erfüllt, muß bei der gegenwärtigen Sachlage zumindestens stark angezweifelt werden. Es ist uns nicht unbekannt, daß der Herr Minister für Landwirtschaft eine für den Bauern- und Kleinbauernstand vollwertige Vorlage durchsetzen wollte; doch der Herr Finanzminister hat hier ein Machtwort gesprochen und dabei vergessen, daß auch die unverschuldet in Not geratene Landwirtschaft ein Recht auf die Hilfe des Staates hat. In Deutschland hat man schon vor Jahren das Einfuhrscheinsystem auf Kaffee und Petroleum erweitert, obzwar dort die Verhältnisse wesentlich anders liegen als bei uns, weil jeder Exporteur zugleich Importeur ist und somit die bessere Verwertungsmöglichkeit gegeben erscheint.

Die Ausdehnung der Wirksamkeit der Einfuhrscheine auf Gerste und Malz ist zu begrüßen. Die Lage für unseren Gerstenbau würde ungemein schwierig, sobald für die Gerste keine Ausfuhrmöglichkeit mehr besteht und das Ausland unsere Braugerste nicht aufnehmen würde. Dann kann die Gerste nurmehr als Futtermittel in Betracht kommen, welche das Auflassen des Gerstenbaues zur Folge hätte, welch letzterer für die Aktivität der Handelsbilanz von großer Bedeutung ist, so daß die Erweiterung der Einfuhrscheine auf Gerste und Malz im Interesse der Gerste bauenden Landwirtschaft, aber auch des Staates gelegen war. Kommt es zur Einführung einer Biersteuer, dann darf das Erträgnis dieser Steuer nicht allein vom Fiskus genommen werden, sondern muß auch zur Stützung des Gersten- und Hopfenbaues Verwendung finden. Die Verhältnisse in der Landwirtschaft gebieten es, daß die Überschüsse der Brauereien den Gersten- und Hopfenbauern gehören und nicht vom Finanzärar weggesteuert werden dürfen. Geradezu unverständlich ist es, daß man sich von Seite der nichtlandwirtschaftlichen Kreise gegen die Einbeziehung der Gurken und Gemüse in das Einfuhrscheinsystem wendet. In Südmähren wurden hunderte von Meterzentnern Gurken eingeackert, weil sie überhaupt nicht verkauft werden konnten. In den Grenzgebieten Südmähréns und des Böhmerwaldes müßte das Einfuhrscheinsystem als eine Wohlta tempfunden werden, wenn auch Zoll auf landwirtschaftliche Maschinen, bestimmte Arten von Kunstdünger, sowie Kolonialwaren mit dem Werte der Einfuhrscheine hätte bezahlt werden können, da eine neunmonatliche Frist nach dem Gesetzentwurfe gewiß die Möglichkeit der Verwertung, gegeben hätte. Es ist zwecklos, sich weiter mit diesen heute zur Verhandlung stehenden Vorlagen zu befassen, da nach getroffenen Vereinbarungen keine Änderungen durch das Parlament vorgenommen werden. Es war meine Aufgabe, auf die Mängel, die diesem beiden Gesetzentwürfen anhaften, von dieser Stelle aus aufmerksam zu machen; diejenigen, welche eine vollwertige Regelung der beiden zoll- und handelspolitischen Fragen verhindert haben, tragen für die Auswirkung zum Schaden der Landwirtschaft die Verantwortung. (Trvalé výk øiky komunistických poslancù. - Hluk trvá. - Výkøiky posl. Èižinské.)

Místopøedseda dr Lukavský (zvoní): Prosím o klid. Prosím pí. posl. Èižinskou, aby zachovala klid.

Posl. Böhm (pokraèuje): Ich will noch auf einige in den Landwirtschaftsausschußsitzungen der letzten Zeit empfohlenen Mittel zur Rettung der Landwirtschaft kurz zu sprechen kommen. Umstellung, ein Vorschlag der Gegner des Schutzzolles an jene Landwirte, die angeblich zu teuer produzieren, zeugt von der Unkenntnis der landwirtschaftlichen Gütererzeugung. Jeder landwirtschaftliche Betrieb ist ein komplizierter Organismus, der nur in der Wechselwirkung verschiedener Erzeugungsprozesse lebensfähig ist. Die Rentabilität ist in der Regel ein Ausfluß der Wechselwirkung von Getreidebau, Hackfruchtbau. Futterbau und Viehhaltung. Ein Prozeß macht den anderen notwendig und das ist nicht etwas künstlich Gemachtes, sondern etwas natürlich Gewordenes. Erhöhung der Erträge verlangen die Vertreter der Industrie und der sozialistischen Parteien, ohne uns das Geheimnis zu verraten, wie man ohne den vorher eingenommenen Geldmitteln die Erträge verbessern soll; dabei darf man auch nicht vergessen, daß zwar durch die Beeinflussung des Menschen die Hebung der Produktion möglich ist, doch wird dieselbe durch die Natur bestimmt. Die Fruchtbarkeit des Bodens, das Klima, die geographische Lage ist hier und bedingt in erster Linie die Erträge. (Stálé výkøiky komunistických poslancù. - Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Jeder Bauer und Kleinbauer wird immer trachten, hohe Erträge zu erzielen, weil er kein Interesse an schlechten Ernten hat; es muß sich jedoch jeder abfinden mit dem, was der Boden trägt. Gute Ratschläge über Umstellung und Hebung der Produktion sind so wohlfeil, daß wir gerne auf sie verzichten. Wenn im Landwirtschaftsausschuß von den Zollgegnern über mangelhaftes Verständnis für das Genossenschaftswesen am flachen Lande Klage geführt wurde, so glaube ich, daß die Ursache, warum die landwirtschaftlichen Lagerhäuser noch so wenig mit den Konsumvereinen in geschäftlicher Verbindung stehen, mehr politischer als wirtschaftlicher Natur maßgebend ist. Dasselbe gilt von einem Teil der Landbevölkerung, die, falls ein solider Kaufmann am Platze ist, nicht in jene Konsumvereine einkaufen gehen will, die 14 Tage lang Wahlflugschriften auf ihren Ankündigungstafeln hängen haben, oder wo der Konsumvereinsverkäufer der einkaufenden Hausfrau ganz im geheimen zwei Tage vor der Wahl sozialdemokratische Flugzettel zwischen die Waren steckt, welche beiden Fälle ich selbst geseben habe. Über den Weg des Konsumvereines politischen Seelenfang zu treiben, ist dem Genossenschaftsgedanken keinesfalls dienlich. Darum müssen wir derartige Ratschläge immer genau prüfen, um nicht politischen Machtgelüsten im Hintergrunde zum Opfer zu fallen. (Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.) Der Vorwurf im Landwirtschaftsausschusse über das mangelnde Verständnis für den Genossenschaftsgedanken in der Landbevölkerung war also keineswegs begründet und je früher die von mir geschilderten Mißstände abgeschafft werden, desto leichter wird sich der auf weniger Gewinn berechnende Warenverkehr zwischen Verbraucher und Erzeuger ermöglichen lassen. Die Aufklärungsarbeit liegt jedoch auf der anderen Seite. Die Vermehrung der Produktion infolge der Anbauflächenerweiterung, die Errungenschaft der Technik, die namentlich den Haferbedarf sehr eingeschränkt haben, Rekordernten, billige Produktion der Oststaaten, die schon hier zu Lande sprichwörtlich gewordene überverfeinerte Lebensweise, welche zur Ausfuhr des dunklen Weizenmehls nach Deutschland geführt hat, und die Rücksichtnahme der Èechoslovakei bei der Beschränkung der Einfuhr auf bestimmte Staaten, sowie der Widerstand gegen die zeitgerechte Regelung der zoll- und handelspolitischen Fragen haben die Zölle vom Jahre 1926 wirkungslos gemacht. Die Regelung des Zollsystems war schon unter dem Drucke der Industrie im Jahre 1926 unzureichend vorgenommen worden, doch hat die Zollgesetznovelle von damals der Landwirtschaft bis Anfang 1929 stabile und entsprechende Preise gewährleistet. (Hluk trvá. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.)

Der im Landwirtschaftsausschuß erhobene Vorwurf, daß unsere Zollpolitik vom Jahre 1926 verkracht ist, wird von denen aus agitatorischen Gründen gemacht, die als Schuldige an unseren heutigen Verhältnissen in der Landwirtschaft die eigenen Fehler zu verschleiern suchen. Ich habe im Landwirtschaftsausschuß nicht erklärt, daß nach Inkrafttreten der Zuschlagszölle und Einfuhrscheine keine Preiserhöhung kommt, wie es der "Nordböhmische Volksbote" von Bodenbach des anderen Tages berichtete, sondern ich habe im Landwirtschaftsausschusse ein Weizenmehl bester Qualität einheimischer Herkunft zum Preise von 2 Kè 95 h franko Station vorgelegt und damit praktisch nachgewiesen, daß eine Verteuerung nicht einzutreten braucht, weil der Preis des Weißgebäcks derselbe war, als das vorgelegte Mehl 3 Kè 70 h kostete. Bei der heutigen Gelegenheit habe ich die Aufgabe übernommen, mich mit zwei Angelegenheiten zu befassen. Ich stelle an die Regierung die Frage: Was will die Staatsverwaltung zur Linderung der Not der armen Gebirgsbauern, unseren Flachsbauern endlich tun? Der Widerstand der Industrie gegen den Flachszoll muß gebrochen werden, wenn der mit Liebe an seinem Berufe hängende Gebirgsbauer nicht zu Grunde gehen soll. Unter den schwierigsten Verhältnissen ringt er dem mageren Boden die kargen Erträge ab, um leben zu können. (Trvalý hluk. - Místopøedseda dr Lukavský zvoní.) Der Gebirgsbauer weicht nicht so leicht von dem väterlichen Erbe, wenn die paar Kronen noch so schwer verdient werden müssen. Ein tief wurzelndes ethisches Gefühl läßt ihn aushalten, alsob ihn die Vorsehung auf diesen Posten gestellt hätte. Pelohne die Regierung diese Treue zur Scholle und gebe dem Flachsbauer das, was er zum Leben braucht!


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