Ètvrtek 20. bøezna 1930

Als Vertreter eines Gebietes, wo der Obstbau eine hervorragende Rolle spielt und wo der "Obst- und Gartenbauverein" für das deutsche Elbetal über 9000 Obstbauer in einer Fachorganisation zusammengefaßt hat und 515.575 q Obst im Werte von 97 Mill. Kè jährlich ausführt, habe ich mit Rücksicht auf die Schäden, die der starke Frost des vergangenen Winters an den Obstkulturen angerichtet hat, einige Wünsche vorzubringen. Es möge ehebaldigst das Gesetz über den staatlichen Fond zur Erneuerung der Obst- und Weinkulturen dem Abgeordnetenhause vorgelegt werden. In diesem Gesetze sollen den schwergeschädigten Obstbauern im ersten Jahre 20 Mill. Kè zur Verfügung gestellt werden und durch weitere fünf Jahre je 5 Millionen Kè jährlich. Aus diesem Fonde sollen den Obstbauern zinsenfreie Darlehen und direkte Unterstützungen gewährt werden. Anleihen bis 60% der Anschaffungskosten und Herrichtung müssen zinsenfrei gegeben werden und nach 10 Jahren rückzahlbar sein. Unterstützungen zur Beschaffung von wenigstens 100 Obstbäumchen, u. zw. 50% des Wertes und von 2000 Rebsetzlingen mit 60% des Wertes sind notwendig. Die Wirksamkeit des Fondes möge noch im Jahre 1930 in Kraft treten und aus den Budgetersparungen und Reserven des Herrn Finanzministers gedeckt werden. Bei Entscheidungen von Gesuchen soll nach Anhörung der Ratschläge der Hauptkörperschaft des Obstbaues vorgegangen werden und die Mitwirkung der Gemeinden nur nach Anhörung der landwirtschaftlichen örtlichen Fachkörpersch aften in Betracht gezogen werden. Das Ministerium für Landwirtschaft muß die Bestrebungen der Obstbauorganisationen durch Unterstützung aus staatlichen Mitteln fördern. Notwendig ist, daß auf dem Gebiete des Exports Vorkehrungen getroffen werden, damit der heimische Obstbau am ausländischen Markte konkurrenzfähig bleibt. Die Aufklärung über Transportbehandlung und Packungen des Obstes, die Anwendung von Sortiermaschinen, die Errichtung von Obstlagerhäusern mit Kühlungen ist in den großen Obstgebieten unumgänglich notwendig, wenn der einheimische Obstbau seinen guten Ruf im Auslande behalten soll.

Insbesondere ist die Beistellung von entsprechenden Waggons durch das Eisenbahnministerium eine ungemein wichtige Frage, der auch in anderen Staaten ein besonderes Augenmerk zugewendet wird; Deutschland, Italien, Holland, Belgien und Ungarn fördern, wo es nur angeht, ihren Obstbau und es wird von Seite unserer Regierung, namentlich des Ministeriums für Landwirtschaft, in der nächsten Zeit diesem wichtigen Zweig der Volkswirtschaft ein besonderes Augenmerk zugewendet werden müssen. Ungemein schädlich wirkt die große Einfuhr von Bananen auf den Obstbau. Die Frage des Obstexportes beinhaltet eine Besserung unserer Handelsbilanz und steht im Zusammenhang mit staatlichen Interessen.

Die landwirtschaftlichen Schutzzölle haben den Zweck, die Preise auf einer den Produktionskosten entsprechenden Höhe zu halten, nicht in die Höhe zu treiben, sie haben den Zweck, der kapitalistisch eingestellten Landwirtschaft Amerikas die unbeschränkte Einfuhr zu erschweren und den Bestrebungen der Ausfuhrsyndikate in den einzelnen Staaten Schwierigkeiten zu bereiten.

Die Verhandlungen der Wirtschaftsminister über die zoll- und handelspolitischen Maßnahmen zum Schutze der landwirtschaftlichen Produktion werden mit einer Einigung für Bereitschafts- oder Zuschlagszölle beendet werden. Diese Bereitschaftszölle, auch Reservezölle genannt, sind die bekannten umgetauften Gleitzö³le, denen die praktische Landwirtschaft kein besonderes Vertrauen entgegenbringen kann. Bereitschafts- oder Zuschlagszölle fördern die Spekulation und wo bisher jemals das Gleitzollsystem angewandt worden ist, hat es Fiasko erlitten. Die Agrargeschichte beweist, daß die gleitenden Zölle zu einer außerordentlichen Beunruhigung aller an der Getreidewirtschaft interessierten Kreise geführt hat. Dasselbe Beispiel konnten wir im Jahre 1925 in der Èechoslovakei erleben und die Erfahrungen, die wir damals mit den gleitenden Zöllen gemacht haben, müssen eine Warnung für uns sein. Wenn die Inlandspreise niedrig und die Zölle daher hoch sind, so halten die Händler die Ware an der Grenze zurück, bis die Preise so weit gestiegen sind, daß sie bei den niedrigen Zollsätzen billig einführen und so ihre alten Vorräte teuer verkaufen können. Die Folge davon ist, daß auf die künstlich hervorgerufene Erhöhung alsbald wieder der Niedergang der Preise einsetzt.

Der Getreidemarkt kommt nie zur Ruhe und die Bereitschafts- oder Zuschlagszölle werden niemals eine Stabilität der Getreidepreise, die wir unumgänglich notwendig brauchen, möglich machen. Durch ein Ermächtigungsgesetz sollen die Bereitschaftszölle dann in Kraft treten, wenn der Weizen-, Roggen-, Gerste-, Hafer- sowie der Mehlpreis unter eine bestimmte Höhe fällt. Eine Überprüfung soll allvierteljährlich vorgenommen werden. Die nichtlandwirtschaftlichen Kreise haben wieder einmal eine endgültige Regelung der landwirtschaftlichen Schutzzölle auf Getreide und Mahlprodukte unmöglich gemacht und sind keinesfalls dem Beispiele der Konsumentenkreise anderer Staaten gefolgt. Wenn die sozialistischen Parteien zu diesem Ausweg Zuflucht nehmen wollen, den ich als Durchsetzung des Händlerstandpunktes, nicht aber als Standpunkt der praktischen Landwirtschaft bezeichnen muß, weil sie sich angeblich gegen die landwirtschaftlichen Schutzzölle bei ihrer Wählerschaft mit allzu viel Lärm eingesetzt haben, so möchte ich bei dieser Gelegenheit auf die gegenteilige Stellungnahme insbesondere der Sozialdemokratie des Deutschen Reiches verweisen, die am 15. Feber 1930 einen Gerstenzoll von 8 Goldmark neuerlich mitbeschlossen hat, wo der Zoll im allgemeinen die doppelte Höhe des Getreidewertes gegenüber der Èechoslovakei mit Unterstützung der Sozialdemokraten des Deutschen Reiches beträgt. Bezeichnend ist ein Aufsatz des deutschen Sozialdemokraten Max Plesse im Feberheft 1930 der "Sozialistischen Monatshefte". Der genannte Sozialdemokrat fordert in diesem Artikel mehr Agrarpolitik mit folgender beachtenswerter Begründung: "Wenn die deutsche Republik nach 11 Jahren noch solche niedrige Getreidepreise zuläßt, die den mit am schwersten arbeitenden Staatsbürger um den Preis seiner Arbeit bringt, wenn der deutsche Landwirt überlegt, daß er im Durchschnitt für seine Produkte nur die Hälfte der vom Verbraucher bezahlten Preise als Erlös erhält, während sein dänischer Berufsgenosse 75%, der amerikanische über 60% erzielt, muß da seine Erbitterung nicht zu lodernder Wut steigen, wenn ihm aus der Großstadt als Protest gegen seine gerechte Forderung nach einer gesunden Preispolitik Vorwürfe von Brotwucher und Hungerzöllen entgegenschallen? Und als Spott zu seinem Schaden empfindet er den billigen Rat, die Produktion zu steigern, als ob eine Ertragssteigerung ohne stetigen Aufwand an Kapital und Arbeit möglich wäre. Also neue Schulden! Hat aber nicht der Steuer- und Schuldendruck bereits 1925 dazu beigetragen, das Getreide um jeden Preis loszuschlagen und die Binnenpreise unter die Weltmarktpreise zu senken? Die Kraftlosigkeit des Staates, Halb- und Viertelmaßnahmen der Behörden, weder Ja noch Nein haben den Weg zur Extensivierung freigemacht und drohen, die Landflucht zur Katastrophe zu steigern, zur Kapitalsverarmung des Landes noch die Bodenentwertung zu bringen. Was der Verbraucher in kurzsichtiger Konsumentenpolitik durch niedere Preise für Agrarprodukte zu gewinnen glaubt, werden seine Kinder angesichts einer extensiven Landwirtschaft und eines erhöhten Einfuhrbedarfs bei steigenden Preisen doppelt nachzuzahlen haben."

Diese einsichtsvollen Worte eines Sozialdemokraten aus dem Deutschen Reiche mögen sich die sozialistischen Parteien der Èechoslovakei bei der Entscheidung über die Erstellung von landwirtschaftlichen Schutzzöllen stets vor Augen halten. Alle Maßnahmen auf zoll- und handelspolitischem Gebiete zur Behebung der Landwirtschaftskrise werden ohne bestimmten Einfluß bleiben, wenn die Regelung der Einfuhr, die Frage der Kontingentierung einzelnen Staaten gegenüber nicht durchgeführt wird. In einigen angrenzenden Staaten sowie in Amerika besteht das Bestreben, durch Organisierung des Absatzes in Form von Ausfuhrsyndikaten den èechoslovakischen Markt zur Gänze zu erobern. Es ist mir bekannt, daß diese Frage eine sehr delikate ist und staats- und außenpolitische Momente maßgebend waren, daß bisher von dem im Art. 8 der Zollgesetznovelle vom Jahr 1926 verbürgten Rechte jenen Staaten gegenüber, die der einheimischen Landwirtschaft durch übe rmäßige Einfuhr schweren Schaden zufügen und dadurch die Existenz gefährden, noch nicht Gebrauch gemacht worden ist.

Die Aufhebung der Fleischsteuer, Herabsetzung der Zucker- und Weinsteuer kann durch erhöhte Zolleinnahmen, wenn feste Zölle eingeführt würden, in die Tat umgesetzt werden und es würde ein Abbau dieser lästigen Konsumsteuern möglich gemacht. Die Einnahmen der Zentralsozialversicherungsanstalt betragen jährlich 677 Millionen Kè und es muß im Zusammenhange mit der Lösung der Landwirtschaftskrise die Frage der billigen Kreditgewährung an die Landwirtschaft durch die Zentralsozialversicherungsanstalt eine Regelung erfahren. Der Notstand im landwirtschaftlichen Berufe macht es notwendig, daß die billige Kreditgewährung der Zentralsozialversicherungsanstalt so rasch wie möglich geregelt wird. Ein Großteil der Gelder stammt aus landwirtschaftlichen Kreisen und wir haben das Recht zu verlangen, daß der Landwirtschaft billige Kredite gegeben werden. In zweiter Linie kann der landwirtschaftlichen Produktion erst durch Getreidemonopol und Vieheinfuhrsyndikate als Gegengewicht des polnischen Ausfuhrsyndikates geholfen werden.

Solange wir die Grundlagen und den Aufbau eines Getreidemonopols und Vieheinfuhrsyndikates nicht kennen, ist unsere Stellungnahme keinesfalls möglich und angebracht. Bei Erwägung dieser Fragen ist vor allen Dingen der weitestgehende Einfluß der Landwirtschaft auf die Preisbildung von Bedeutung und andererseits die Frage, inwieweit den bestehenden 14 Händlerfirmen die Vieheinfuhr durch Schaffung eines Einfuhrsyndikates unterbunden werden kann. Durch diese Maßnahmen kann der heimischen Produktion ein Schutz geboten werden, wenn der heutige enorme Verdienst der 14 Händlerfirmen der landwirtschaftlichen Allgemeinheit zugute käme. Wie seinerzeit der Aufbau eines Getreidemonopols gedacht war, so mußte die Landwirtschaft berechtigte Einwendungen erheben, weil auf Grund dieses Aufbaues der Schutz der Landwirtschaft in Frage gestellt war.

Wie schon erwähnt, hat am Dienstag, den 11. März, der frühere polnische Ministerpräsident im Hause die èechoslovakischen landwirtschaftlichen Akademie einen Vortrag über die Landwirtschaftskrise gehalten. Professor Grabsky hat dort die Daten des Preisfalles in den Jahren 1927 bis 1929 einer eingehenden Besprechung unterzogen und es ist bezeichnend, daß der frühere Ministerpräsident des polnischen Staates nach Zeitungsnachrichten lediglich den Preisfall bei Roggen, Weizen und Kartoffeln mit über 40 % in der Èechoslovakei besonders hervorhob und weiters bestätigte, daß die Èechoslovakei von der Landwirtschaftskrise am schwersten betroffen ist. Mit keinem Worte ist in dem Berichte eine Erwähnung bezüglich der Einfuhr der polnischen Schweine in die Èechoslovakei getan, was für uns von besonderem Interesse und von Bedeutung gewesen wäre. Hoffentlich wurde dieser polnische Staatsmann darauf aufmerksam gemacht, daß in einem Staate, der am schwersten von der Landwirtschaftskrise betroffen ist, die Beschränkung der Einfuhr polnischer Schweine eine Selbstverständlichkeit ist. Den billigen Rat von verschiedener Seite auf Umstellung der Wirtschaftsbetriebe müssen wir von vornherein ablehnen. Er bedeutet nichts anderes als eine Ausspielung des Getreidebauers gegen den Viehzüchter und wir würden dasselbe Schauspiel zum Schaden der Landwirtschaft erleben, wie seinerzeit in Österreich-Ungarn der alpenländische Bauer als Viehzüchter gegen den Getreidebauer in der Ebene ausgespielt wurde. Wir erklären mit aller Bestimmtheit, das Interesse der Gesamtlandwirtschaft gewahrt haben zu wollen und verlangen angemessene Viehpreise, Preise für Getreide, Hopfen, Obst, Rübe, Gemüse, Wein und Flachs, die die Existenz sichern. Richtig ist, wenn die Landwirtschaftsförderung einseitig gepflogen wird, daß der Großteil der Landwirtschaft sich auf jenen Zweig umstellt, der der Förderung zuteil wurde und somit die Konkurrenz im eigenen Lande geschaffen ist. Dies bestätigt auch der reichsdeutsche Sozialdemokrat Dr. Baade, der am Sonntag, den 8. März, in einer Versammlung der deutschen Kleinbauern und Häusler in Karlsbad erklärte, daß es unrichtig ist, wenn behauptet wird, daß der Kleinbauer ein Interesse an niederen Getreidepreisen hat. Niedrige Getreidepreise schädigen den Kleinbauer schließlich in seinem Erwerb bei der Erzeugung von Viehprodukten, da niedrige Getreidepreise eine schädliche allgemeine Erhöhung der Viehproduktion zur Folge haben. Es sei eine kurzsichtige Politik, nur einzelne Erzeugnisse zu stützen und zu vergessen, daß aus dem Getreide jedes andere landwirtschaftliche Erzeugnis hergestellt werden kann. Der Sozialdemokrat Dr. Baade ist durch diese Ausführungen der Theorie der Sozialdemokraten in der Èechoslovakei entgegengetreten, die bisher immer das Gegenteil behauptet, und Dr. Baade hat die Ansicht bestätigt, die wir seit jeher vertreten haben.

Die Irrtümer der sozialistischen Parteien in der Frage des Schutzes der landwirtschaftlichen Produktion mehren sich von Tag zu Tag. Nach Zeitungsberichten vom 15. Feber 1930 soll das Ernährungsministerium in der nächsten Zeit Schweinefett und Schinken aus Rußland in den Verkauf bringen, und zwar handelt es sich um Ware, die von der Groß- Einkaufsgesellschaft der Konsumvereine importiert wurde. Auch russisches Schweinefleisch wurde über Triest eingeführt, und zwar 1000 Tonnen, wobei das kg auf 8 Kè zu stehen kommt. Vom Fleischer wird dieses Fleisch um 11 Kè per kg abgegeben werden können und im Detailverkauf wird es mit 16 Kè zu kaufen sein, während gegenwärtig 1 kg Schweinefleisch 20 Kè kostet. Das russische Fleisch wird angeblich von sehr guter Qualität sein. Während wir seit Monaten über die Maßnahmen zur Behebung der Landwirtschaftskrise verhandeln, versucht das Ernährungsministerium durch geschäftliche Transaktionen der sozial-demokratischen Groß-Einkaufsgesellschaft, durch überflüssige Einfuhr von Schweinefleisch der Landwirtschaft neuerlich einen Schlag zu versetzen. Mir scheint, als ob das Geschäft der Groß-Einkaufsgesellschaft der Kummer und die Sorge des Ernährungsministeriums ist und daß ohne Rücksicht auf die Notlage der Landwirtschaft unbegründeterweise Konkurrenz auf dem Fleischmarkt gemacht wird. In der Èechoslovakischen Republik ist ein Bedarf an Schweinefleisch, Schweinefett und Schinken aus Rußland absolut nicht vorhanden und eine Preisregelung wird dadurch nicht erzielt, sondern das Ernährungsministerium muß sich zu anderen Mitteln bequemen. Die Festsetzung des Schweinefleischverkaufspreises als Einkaufspreis plus 3 Kè durch das Ernährungsministerium wird ein gerechtes Verhältnis zwischen Vieh- und Fleischpreisen ermöglichen, wenn dabei an die Erziehung der Konsumenten nicht vergessen wird, welche die übermäßigen Anforderungen beim Einkauf von Fleisch und Mehl etwas einschränken müssen. Ich stelle hier öffentlich die Anfrage, ob die Zeitungsberichte vom 15. Feber, die bish er nicht widerrufen wurden, ob die Aktionen des Ernährungsministers auf Wahrheit beruhen und ich wende mich entschieden gegen derartig landwirtschaftsfeindliche Bestrebungen. Drei Monate wird mit Reden die Landwirtschaftskrise zu lösen gesucht und die zwei in Verhandlung stehenden unzulänglichen Gesetze sind der einzige bisherige praktische Erfolg.

Weil ich einmal beim Worte bin, muß ich mich noch mit einer anderen Angelegenheit befassen. Von seiten der Landwirtschaft wird die Tätigkeit des Ministeriums für Volksversorgung seit jener Zeit genau verfolgt, als der Herr Ernährungsminister am 11. Jänner 1930 in einem Interview es für notwendig fand, die Forderungen der Abgeordneten des Bundes der Landwirte und der èechischen Agrarpartei als eine Ungeduld zu bezeichnen, die nur noch psychologisch zu entschuldigen ist, und gleichzeitig den Vorwurf erhoben hat, daß die landwirtschaftlichen Kreise den Zusammenhang mit den Konsumenten verloren haben und die zoll- und handelspolitischen Fragen außer Acht lassen. Letztere können niemals eintreten, weil die Vertreter des Bauern- und Kleinbauernstandes nicht mehr an Schutz ihrer Produktion verlangen, als was andere Staaten schon vor Monaten durchgeführt haben. Das Ernährungsministerium soll angeblich ein Milchgesetz in Vorbereitung haben, welches Bestimmungen enthält, die von der praktischen Landwirtschaft abgelehnt werden müssen. Insbesondere muß die Festsetzung des Mindestfettgehaltes von 3·2 auf 3·7 % als unannehmbar erklärt werden, weil die Festsetzung des Fettgehaltes bei der Milch ausschließlich Sache von Fachleuten ist. Insbesondere bei Beginn der Grünfütterung im Frühjahr kann der durchschnittliche Fettgehalt ohne Beimischung von Wasser unter 3·7 % fallen, so daß in diesen einzelnen Fällen eine ungerechte Bestrafung erfolgen würde. Weiters mutet die Bestimmung über den Bazilleninhalt von 200.000 in einem Liter Milch ganz eigentümlich an, weil nicht die Höhe der Bazillen für die Beurteilung einer gesunden Milch in Frage kommt, sondern einzig und allein die Krankheit, von der die in der Milch enthaltenen Bazillen befallen sind. Der Gedanke, daß das Ernährungsministerium in Zukunft Höchstpreise nach dem Preise der Zuckerrübe für Milch festsetzen will, ist vollkommen absurd. Milch wird in erster Linie dort erzeugt, wo Grünlandwirtschaft herrscht, in den Futterbaugebieten, wo die armen Kleinlandwirte und Gebirgsbauern wohnen und nur zum Teil dort, wo Rübe gebaut wird. Was die Zuckerrübe und deren Preis überhaupt mit der Milch zu tun hat, ist unverständlich und bringt neuerlich den Beweis, welch unsinnige Dinge gemacht werden, wenn Laien und nicht Fachmänner landwirtschaftliche Fragen lösen wollen. Die Milchpreisfestsetzung von Amts wegen ist vollkommen überflüssig, da ein Milchüberschuß zu verzeichnen ist und Angebot und Nachfrage, das freie Spiel der Kräfte den Preis regeln. Sache des Ernährungsministeriums wäre es, den Händlergewinn per Liter zu bestimmen. Die Milchpreisfestsetzung führt zu Schikanen und ist geeignet, die Milch- und Butter- Wucherprozesse von den Organen den Kleinbauern und Bauern auf den Hals zu hetzen. Die Zusammensetzung der Konsumentenkammer beim Ernährungsministerium bietet uns keinesfalls die Gewähr einer, den Interessen der Landwirtschaft entsprechenden Regelung der Milchpreisfrage. Der Versuch des Ernährungsministeriums, ein Milchgesetz mit derartigen Bestimmungen zu schaffen, widerspricht unseren Forderungen nach Aufhebung der Regierungsverordnung vom 3. September 1920, S. d. G. u. V. Nr. 516, nach welcher Höchstpreise für Milch und Molkereiprodukte festgesetzt werden können. Die verschiedenartigen Verhältnisse in den einzelnen Gebieten des Staates bei der Landwirtschaft, z. B. der Böhmerwald und das industriereiche Nordböhmen, wo die Erzeugungskosten gewaltige Unterschiede aufweisen, machen die Festsetzung eines einheitlichen Milchpreises unmöglich. Bei einer Landwirtschaft von 12 ha mit 2 fremden Hilfskräften beträgt der Unterschied im Böhmerwalde gegenüber Nordböhmen schon im Lohne allein 3000 Kè jährlich. Die Taten des Ernährungsministeriums bestanden schon früher darin, die landwirtschaftliche Produktion in ihrer freien Entwicklung zu drosseln durch Höchstpreisverordnungen und Ausfuhrverbote. Ich kann mich noch erinnern, daß ich mich im Jahre 1926 um Ausfuhrscheine von Obst bemühen mußte, während infolge von Überschuß einheimisches Obst verfault ist. Wir hätten seinerzeit die Liquidierung des Ernährungsministeriums vor Auflösung des Parlamentes 1929 begrüßt, da die Tätigkeit dieses Ministeriums den Konsumenten nicht hilft, den Produzenten aber schikaniert. Die städtische Bevölkerung soll einwandfreie Nahrungsmittel auch nach unserer Meinung bekommen, doch sind die Pläne des Ernährungsministeriums nicht geeignet, Abhilfe zu schaffen. Die Tätigkeit dieses Ministeriums wird sich in der Wiederbelebung der Wucherorgane erschöpfen, die ihre besondere Aufmerksamkeit der Landwirtschaft zuwenden werden und in der Stadt wird weiter verfälschte Milch verkauft werden. Aufgabe des Ernährungsministeriums wäre es, die Regelung der Preise für Weißgebäck, der Fleischpreise, namentlich aber der Bierpreise vorzunehmen und es gäbe Arbeit auf diesem Gebiet zur Genüge. Während im Jahre 1924 1 kg Gerste 2 Kè 40 h kostete, 50 kg Hopfen 3000 Kè, ist der Preis der Gerste im Jahre 1929 auf 1 Kè 30 h und der Preis von Hopfen auf 400 Kè gefallen. Trotz alledem kostet ein gewöhnlicher Liter Bier nach wie vor 3 Kè und mehr. Nur dadurch war es möglich, daß im zweiten Halbjahr 1928 und in den ersten 6 Monaten 1929 der Reingewinn der Smíchover Brauerei 12·2 Millionen Kè betrug gegen einen Reingewinn von 9·6 Millionen Kè im vorhergehenden Jahre, nur dadurch war es möglich, daß die Smíchover Brauerei 10·6 Millionen Abschreibungen vornehmen konnte, so daß der eigentliche Reingewinn 22·8 Millionen, mehr als das Doppelte gegenüber dem Vorjahre beträgt. Dasselbe gilt von Pilsen, Leitmeritz, Brünn, Mähr. Ostrau usw. Es ist wohl die Behauptung nicht übertrieben, wenn man sagt, daß heute das Gold im Biere zu suchen ist. Ich habe bereits heute einen Vorschlag bezüglich der Stützung des Gersten- und Hopfenpreises hier vorgebracht, und wir haben gegen die Beibehaltung des Bierpreises nichts einzuwenden, wenn dieser Vorschlag in die Tat umgesetzt würde, weil der Konsumentenschaft durch eine billigere Fleischerzeugung ein Ersatz für die Beibehaltung des Bierpreises geboten würde.

Bei der heutigen Gelegenheit kann ich auch nicht umhin, mich mit einem Antrage der chrichtlichsozialen und nationalsozialistischen Senatoren zu befassen. Was in diesem Antrage verlangt wird, muß ich als eine Ungeheuerlichkeit bezeichnen, und der Herr Ernährungsminister wird mit großer Freude diesen Antrag aufgreifen und damit das in Bearbeitung stehende landwirtschaftsfeindliche Milchgesetz begründen. Jede Milch, die nicht 4 Prozent Fettgehalt enthält, darf nach dem Antrage der christlichsozialen Senatoren und Nationalsozialisten nicht als Vollmilch mit 2 Kronen, sondern nur als Magermilch, deren Preis 50 Heller beträgt, verkauft werden. Wenn schon die nationalsozialistischen Senatoren von einem Fettgehalt der Milch keine Ahnung haben, so ist bezeichnend, daß diesen Antrag christlichsoziale Großgrundbesitzer unterschrieben haben, und sie werden doch nicht auch, wie es schon einmal laut Zeitungsberichten im Abgeordnetenhause vorgekommen ist, sich damit entschuldigen, daß durch einen technischen Fehler ihre Unterschrift auf den Antrag gekommen ist. Herr Koll. Scharnagl! Sie sitzen als praktischer Bauer in der christlichsozialen Partei! Was werden die christlichsozialen Bauern und Kleinbauern in den armen Randgebieten von Tachau, Taus, Haid und im Böhmerwald sagen? Was werden die chrichtlichsozialen Bauernfrauen des nordböhmischen Niederlandes in den Bezirken Rumburg, Schluckenau, Heinspach, in deren landwirtschaftlichen Betrieben hauptsächlich schwarzbuntes Niederungsvieh gehalten wird, das bei der besten Fütterung eine Milch mit höchstens 3·5% Fettgehalt gibt, zu diesem Antrage meinen? Hoffentlich kommt bei diesen Bauern und Bäuerinnen, bei diesen Kleinbauern endlich das Einsehen, wo ihre Interessen vertreten werden, und sie können sich das Urteil zur Zeit bilden, wo sie wieder einmal Gelegenheit haben, über ihr Schicksal zu entscheiden. Es wird die Stunde kommen, wo wir den Bauer, den Kleinbauer und seine Angehörigen an diesen Antrag erinnern werden. Er bedeutet einen ausgesprochen landwirtschaftlichfeindlichen Akt, wie er seinesgleichen nicht wieder findet. Jede nachträgliche Beschönigung oder Abschwächung dieses Antrages durch die christlichsozialen oder die nationalsozialistischen Senatoren ist auf den Widerstand der praktischen Landwirtschaft zurückzuführen.

Was der Landwirtschaft alles zugemutet wird, beweisen auch die von einer nordböhmischen Stadt herausgegebenen Vorschriften für den Milchverkehr, die verlangen, daß die Kühe nur mehr in Ställen womöglich mit Marmorplatten gehalten werden dürfen, und kein Grünfutter zur Sommerzeit ohne Beigabe von Trockenfutter verabreicht werden darf. Wörtlich heißt es im § 4 dieser marktamtlichen Vorschriften, die ich hier vor mir habe (ète): "Die Kühe sind in hellen, geraumigen, luftdurchlässigen, mit undurchlässigen und leicht zu reinigenden Fußböden und Krippen versehenen Stallräumen, die mit Abflußvorrichtungen versehen sind, aufzustellen, jedoch so, daß die von andern, nicht zur Gewinnung von Kindermilch dienenden Kühen räumlich getrennt sind. (Veselost.) Derartige Stallungen haben eine unauslöschliche Bezeichnung ihres Zweckes an der Außentür zu tragen." (Veselost.)

Im § 4, Abs. 5, dieses Unikums einer Vorschrift heißt es weiter (ète): "Eine besondere Sorgfalt und Rigorosität hat bei der Auswahl der Futtermittel stattzufinden; wenn auch nicht ausschließlich Trockenfutter verlangt wird, so ist süßes Grünfutter doch nur als Beifutter zulässig. Auch ist vor Verabreichung desselben und vor dem Weidegang auf mit giftfreien und nicht saueren Pflanzen bewachsenen Wiesen stets Trockenfutter zu verabreichen." Wir sollen also zu der Zeit, wo der Klee in der Blüte steht, oder das frische saftige Grasel, welch beide Grünfutter oft einen besseren Nährwert haben als Trockenfutter, diese Grünfutter zur Sommerzeit nicht allein verfüttern, sondern noch unser geerntetes, trockenes Klee- oder Grasheu schon im Sommer verfüttern und wahrscheinlich nach Weihnachten bis Pfingsten infolge Fehlens dieses Trockenfutters die Fütterung einstellen, was aber dann nicht notwendig sein wird, wenn durch Samenbestrahlung die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion soweit vorgeschritten ist, daß eine doppelte Ernte gegenüber heute erzielt wird, noch besser aber, wenn zweimal jährlich durch Samenbestrahlung geerntet werden kann. Mögen jene, die an ein solches Experiment heute schon glauben, in ihrem Glauben nicht enttäuscht werden, wir praktischen Landwirte wissen, mit welchen Mitteln die landwirtschaftliche Produktion gesteigert werden kann, das heißt, wenn unsere Einnahmen Investitionen im Wirtschaftsbetriebe zulassen. Diese Einnahmen haben wir aber nur dann, wenn die nichtlandwirtschaftlichen Kreise endlich einsehen lernen, daß die Behebung der Landwirtschaftskrise nicht nur im Interesse des Bauern- und Kleinbauernstandes gelegen ist, sondern eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit ist, die allen Bevölkerungskreisen zum Wohle gereicht.

Alles in allem! Was ich in der gegenwärtigen Zeit zum Nachteile der notleidenden Landwirtschaft vorbereitet, mahnt zur großen Vorsicht. Es drängt sich uns unwillkürlich die Frage auf: Wo sind und bleiben die Freunde des Bauern- und Kleinbauernstandes? (Výkøiky posl. dr Hanreicha.) Wo bleiben die Versprechungen der Wahlzeit? (Výkøiky posl. dr Hanreicha.) Wir sind jederzeit bereit, den Bedürfnissen aller Bevölkerungsschichten Rechnung zu tragen. Die Vertreter des Landvolkes verlangen aber weit mehr Verständnis den Belangen der schwer arbeitenden Bewohner des Dorfes gegenüber von den nicht landwirtschaftlichen Kreisen. Es muß mit Bedauern festgestellt werden, daß es bisher an diesem Verständnis gemangelt hat und bei jeder Verhandlung waren die Schwierigkeiten, die unseren berechtigten Forderungen entgegengestellt wurden, sehr schwer zu überwinden. Ein Produkt des mangelnden Verständnisses ist der in Vorbereitung stehende Reservezoll auf Getreide, der uns bekannte Gleitzoll, welcher der praktischen Landwirtschaft, mit Rücksicht darauf, daß durch diese Art von Zöllen eine ruhige Preisbildung am Markte gestört wird, wohl wenig Nutzen bringen wird. Die Geduld des Landvolkes geht zu Ende, das sich in seinen Hoffnungen auf Besserung der Lage so oft enttäuscht fühlt. Ich habe den Standpunkt meiner Partei und des gesamten Landvolkes hier zum wiederholtenmale vertreten und ich erkläre, daß wir der Einheitsfront der Gegner der Landwirtschaft die Einheitsfront des Landvolkes, und der Gesetzesmacherei ohne Halm und Ar den Kriegsruf für Halm und Ar entgegensetzen. Die Vertreter der Landwirtschaft des deutschen Gebietes erblicken in den zur Verhandlung stehenden Gesetzesvorlagen den bescheidenen Anfang zur Behebung der Landwirtschaftskrise und werden für diese Vorlagen stimmen. (Potlesk.)

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