Hohes Haus! Bevor ich mich der Besprechung beider Gesetzesvorlagen zuwende, muß ich auf ganz ungehörige Vorkommnisse verweisen, die sich in der letzten Zeit auf einigen Stationen der Eisenbahnen zutragen. Es sind dies Verhältnisse, die direkt an bolschewistische Zustände erinnern und die zeigen, daß nicht nur die Bezirkshauptleute und die Gendarmerie, sondern auch ganz einfache und untergeordnete Organe, Türsteher usw., sich Amtshandlungen und Beschlagnahmen anmaßen, die ganz energisch zurückgewiesen werden müssen. So ist es anläßlich der Rückfahrt des Brauers Gustav Markowets von Brüx nach Schlackenwert vorgekommen, daß dieser bei der Vorweisung seiner Karte mit dem Kondukteur in einen Wortwechsel kam, ohne daß er bei dieser Auseinandersetzung über das normale Maß seiner Einwände hinaus gegangen wäre; die Arbeiterlegitimation wurde ihm nach vier oder fünf Tagen in der Station Schlackenwert, als er den Umtausch der Wochenkarte vornehmen wollte, abgenommen und bis heute trotz Einspruches noch nicht ausgefolgt; angeblich, weil er gegen das Schutzgesetz verstoßen habe. Es steht der Eisenbahn nicht zu, sich in Amtshandlungen einzumengen, welche den politischen Behörden oder vielleicht der Gendarmerie zustehen. Ähnliche Dinge ereignen sich auf der Strecke Karlsbad-Marienbad. Ich habe vor ungefähr 14 Tagen eine Interpellation eingebracht, in welcher ich darüber Beschwerde führte, daß der Vorstand der Station Töpeles Reisenden die Ausgabe von Karten verweigerte, also ein Verhalten, welches vollständig mit der Pflicht eines Beamten in Widerspruch steht. Er hat die beiden Reisenden, die die Karten verlangten, einfach zur Türe hinausgeschoben und gesagt: "Ich brauche Ihnen keine Karte zu verkaufen." Wenn solche Zustände einreißen, muß die Staatsverwaltung mit ihrer Bahn zusperren. Es werden sich schon andere finden, die den Verkehr auf andere Weise übernehmen.
Ganz kraß aber sind die Verhältnisse gegenwärtig in der Station Tepl. Dort üben sich vom Stationsvorsteher angefangen bis zum letzten Türsteher die Beamten und Diener, die einzelnen Reisenden zu belästigen. Angefangen hat die Geschichte jetzt, nachdem eine gewisse Pause eingetreten war, am 4. März. Anläßlich der Märzgefallenenfeier hat man die Zurückkehrenden abgepaßt und jene, bei denen man vermutete, daß sie an dieser Feier teilgenommen haben, zum Vorstande kommen lassen, beziehungsweise die Diener beauftragt, ihnen die Legitimation abzunehmen. Dies geschah am 4. März dem Walter Schlosser aus Tepl, dem Rotter aus Liebenstein und dem Mischka aus Petschau. Als sich die Leute beschwerten und zum Stationsvorstand gingen, hat der zweite anwesende Beamte zwei dieser jungen Leute einfach beim Genick erwischt, zur Tür hinausgestoßen und ihnen noch einen Fußtritt von rückwärts versetzt. Eine derartige Erziehungsarbeit in einem Stationsbureau ist erst der jetzigen Aera vorbehalten geblieben.
Am andern Tage sind die Leute wieder in die Kanzlei gegangen und haben die Karten ausgefolgt erhalten. Am 17. März, also nach 14 Tagen, hat man sich die Sache wieder überlegt, und da man den Mann aus Liebenstein und Asch nicht mehr erwischen konnte, hat man zwei anderen, dem Walter Schlosser, dem Karl Denk und Franz Lehr die Legitimation zur ermäßigten Fahrt nach Karlsbad wieder abgenommén. In der Zwischenzeit, am 11. März, hat man dem Rudolf Nittel aus Tepl ebenfalls die Legitimation abgenommen. Nach vier Tagen hat man ihn hinbestellt, am 15. ist er wieder hingekommen, hat aber die Karte bis heute noch nicht. Angeblich liegen sie zur Bestätigung in Prag. Das sind Zustände: Die Verweigerung von Karten für Fahrgäste, die zeitgerecht beim Schalter erscheinen; der Schalter wird est beim Abgang des Zuges eröffnet und wenn man sich beschweren kommt, wird man noch grob angefahren, das wahllose Wegnehmen von Arbeiterlegitimationen zeigt eine Verrohung, es kann nicht anders bezeichnet werden, und es wäre gut, wenn der Herr Eisenbahnminister einmal diese Zustände untersuchen würde, denn sonst könnte dieses verlängerte Fenster auf der Strecke Marienbad-Karlbad, das jedes Jahr zahllose Beschwerden von Kurgästen mit erleben muß, so manches unerquickliche Schauspiel zeigen, weil die Schaffner dort ganz besonders erbost sind und jeden Fremden sekkieren, aber sehr kleinmütig und kriecherisch werden, wenn er sich als Franzose oder Engländer entpuppt und anstelle der Staatssprache sehr gern mit der Übersetzungssprache, mit der heimischen deutschen Sprache, auszukommen imstande sind. Da jetzt der Sommer nicht da ist, macht man Jagd auf junge Leute und Arbeiter und plagt sie mit der Entziehung ihrer Legitimation. Wir erheben den allerschärfsten Einspruch und verlangen, daß diesen Dingen nachgegangen wird. Insbesondere der Vorstand Suchan erfreut sich in Tepl einer großen Berühmtheit. Vierzehn oder fünfzehn schriftliche Beschwerden und Klagen sind schon gegen ihn eingebracht. Eine kleine Versetzung wäre da zur Abkühlung seines überhitzten Geisteszustandes geboten. Fast kommt es mir vor, als ob man bei uns die Bevölkerung mit bürokratischen Maßnahmen füttern wollte, um sie über den großen Krisenzustand hinwegzutäuschen.
Ich wende mich nun den beiden Vorlagen Druck Nr. 248 und 249 zu. Sehr spät hat sich die Regierung an die Arbeit gemacht, um die sogenannte Landwirtschaftskrise, die bereits im Mai vorigen Jahres konstatiert wurde und zu deren Behebung der landwirtschaftliche Ausschuß permanent Sitzungen abhielt, zu beheben. Man hörte das Exposé des Herrn Landwirtschaftsministers, man setzte eine Aussprache über dieses Exposé in seiner Gegenwart durch, man legte sich dann einen Unterausschuß bei, um mit diesem Unterausschuß das Problem zu lösen. Bis Ende September hat dieser Unterausschuß nie getagt, dann kam die be rühmte Krise, die größere Krise in der Koalition, dann kam die Auflösung des Hauses. Inzwischen ist die Landwirtschaftskrise weiter fortgeschritten und nun haben wir seit Dezember eine neue Regierung, und die Maßnahmen, die diese zur Behebung der Krise trifft, sind nicht danach angetan, den Glauben zu erwecken, daß es mit diesen Versuchen ernst ist. Das, was uns mit diesen beiden Vorlagen geboten wird, ist weiter nichts als der Landwirtschaft durch administrativen Zwang verschämte Hilfe zu bringen, als mehr kann man es nicht betrachten. Denn das Bißchen, was an Möglichkeit geboten wird, eine Regelung des Preises, zumindest die Angleichung des Roggenpreises an den Weizenpreis, zu erzielen, wird durch das geschickte Eingreifen von Juristen und von Nichtjuristen und den Fachleuten von der Börse wieder zunichte gemacht. Die Vorlage Druck Nr. 248 verpflichtet zur Abnahme heimischer Produktion. Diese wichtigste Bestimmung des § 1 wird im Punkt 2 dieses Gesetzes schon wieder sehr verwässert, denn es fehlt hier die Umschreibung des Begriffes "Gelegenheitskäufe". Es heißt dort, daß davon ausgenommen sind Gelegenheitskäufe von Fall zu Fall. Auf diese Weise ist natürlich jemand, der gute Verbindungen hat - und solche Leute gibt es ja - immer in der Lage, sich über den strengen Wortlaut des § 1 hinwegzusetzen und in Form großer Abschlüsse, die er irgendwie als Gelegenheitskäufe nachweisen kann, dem § 1 des Gesetzes ein Schnippchen zu schlagen. Der § 2 verlangt dann die Aufsicht durch die betrauten Organe und verpflichtet insbesondere die Bezirksbehörden. Auf diese Weise werden diese Bezirskbehörden wieder eine große Arbeit bekommen und ich glaube, es wird dabei an einer Unzahl von Schikanen sowohl für die Landwirte, wie für die Bäcker, wie für die übrigen Lieferanten nicht mangeln. Bei Einsichtnahme in Betriebsräumlichkeiten usw. soll zwar das Ärgste vermieden werden. Ich erinnere aber an die sog. Verschleppung der Industrie in Gablonz, um Geschäftsgeheimnisse zu hüten, und wir wissen, daß Mißbräuche bei diesen Organen schon sehr oft vorgekommen sind. Wir haben unlängst bei der Budgetberatung Gelegenheit gehabt, bei anderen staatlichen Unternehmungen von solchen Verfehlungen genug zu hören. Verträge, welche diesen Bestimmungen des Gesetzes widersprechen, sind ungültig. Der § 2 macht aber die Absicht dieser Bestimmung größtenteils zunichte. Interessant sind dann die Bestimmungen über das Strafausmaß von 20.000 Kè bezw. zwei Monaten. Interessant ist aber auch im Vergleich dazu die Bezeichnung, daß eine derartige Bestrafung nicht als Bestrafung eines Verbrechens, sondern nur einer Übertretung gilt. Das steht natürlich mit Bestimmungen des Strafgesetzes über das Strafausmaß im Gegensatz.
Das zweite Gesetz will durch ausschließliche oder nahezu ausschließliche Verwendung von Kornmehl, also auf administrativem Wege, die Nachfrage erhöhen und setzt infolgedessen einen Schlüssel bei der Verwendung von Weizen mit höchstens 15% fest. Das ist schließlich eine Sache, die ja in ernährungs-hygienischer Beziehung nicht abgelehnt werden kann; ist ja doch das Kornbrot dem reinen Weizenbrot auf alle Fälle vorzuziehen. Was aber im § 2 unangenehm empfunden wird, ist etwas, was sich hauptsächlich beim Kleinhändler und Kleinproduzenten auswirken wird, nämlich die Vorschriften über die Bezeich nungen, die Etikettierungen, die Bezeichnung des Gewichtes usw. (Posl. Hodina: Wir brauchen ja nur die Taferln dazu!) Ich kenne das, Herr Kollege Hodina, ich habe mit solchem Zeug schon genug zu tun gehabt, aus solchen Bestimmungen werden die Bauern und Bäcker größtenteils nur Unannehmlichkeiten erleben. Ich weiß das von der Kriegsgetreidegesellschaft, wie das die Quelle verschiedener Mißverständnisse war; der Lehrbursch vergißt den Zettel anzubringen oder verwechselt ihn, und schon ist die Beanständung da. Sie werden noch Gelegenheit haben, bei Interventionen auf die Umschreibung oder Interpretation dieses Paragraphen zurückzukommen.
Was aber in beiden Gesetzesvorlagen eine sehr umständliche und ich möchte fast sagen, eine ganz bürokratische Einrichtung ist, ist das Zusammenkoppeln verschiedener Kompetenzen. Sowohl in dem einen, wie in dem zweiten Gesetz sind fallweise Ausnahmen vorgesehen. Aber um solche zu bewirken, wenn wirklich einmal eine Notwendigkeit besteht, muß erst eine ganze Reihe von Ministerien gefragt werden. Das Ministerium für Volksernährung, für Landwirtschaft, für Gesundheit, für Handel usw. Ich würde sagen, mit der Durchführung soll weiter niemand als das Ernährungsministerium im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium zu tun haben. Wenn sich da noch die Landesbehörden ankoppeln und das Ministerium für nationale Verteidigung, machen sie die Sache noch schlechter. Bevor eine solche Erledigung durch 6-7 Ministerien kommt, kann man lange warten und dabei kommt es oft auf jede Minute an. Dadurch wird die Durchführung des Gesetzes viel zu schwerfällig und, wenn es sich um schnelle Maßnahmen handelt, illusorisch.
Verfehlungen gegen das Backgesetz werden geahndet mit 5000 Kè oder 14 Tagen. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß bei kleinen Verfehlungen leicht bürokratische Sekkaturen aus dem Gesetze erwachsen können und daß die administrativen Beschwerlichkeiten den Erfolg des Gesetzes in vielen Punkten beeinträchtigen. Wenn auch zugegeben werden muß, daß insbesondere in den deutschen Randgebieten der Roggenbau in größerem Umfang staatfindet als in der Ebene und durch diese mehr oder weniger bürokratische Maßnahmen ein gewisser Preisausgleich zwischen Weizen- und Roggenmehl geschaffen werden soll, weil die Nachfrage steigt, weil eine Zwangsabnahme erfolgt, so sind andererseits verschiedene Einschränkungen geeignet, einen großen Teil des dort Erstrebten wieder zu verwässern.
Ich habe schon im Budgetausschuß
darauf hingewiesen, daß diese Krisenlösung nur von einem Standpunkt,
nur vom privatwirtschaftlichen Standpunkt aus vorgenommen wird,
während sie nur vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt aus gelöst
werden kann; dazu ist notwendig, wie ich schon des öfteren ausgeführt,
die große Gegenseite, die Art und Beschaffung des Geldes, in Betracht
zu ziehen. Ich will mich heute kurz halten und nur darauf verweisen,
daß in erster Linie an eine Überwindung der Wirtschaftskrise nur
dann zu denken ist, wenn wir die großen Hindernisse, die ihr gegenüberstehen,
beseitigen, nämlich die heutige Anschauung vom Geld. Der heutige
Begriff des Geldes muß einer Revision unterzogen werden, aus dem
Gelde als Sperrangel und Sperrschlüssel der Wirtschaft muß ein
Triebrad der Wirtschaft werden, der Motor, der Impuls. Wir müssen
uns vom Gold befreien als dem ewigen Hemmnis und der ewigen Störung.
Diese Krise geht mehr oder weniger auf die Unzulänglichkeit der
sog. Deckungen zurück, auf den Deckungsaberglauben. Wenn wir zu
reiner Indexwährung und zu zinslosem Geld übergehen, ist das eine
Wirtschaftsregelung, die alle erfaßt, die gesamte Wirtschaft,
und die wirklich das erbringt, was von sozialistischer Seite erstrebt
wird, den wahren Ertrag der Arbeit. (Potlesk.)
Hohes Haus! Am 5. März hat der Minister für Landwirtschaft dem Abgeordnetenhaus zwei Gesetzesentwürfe zur Linderung der Landwirtschaftskrise vorgelegt. Es sind die beiden heute zur Verhandlung stehenden Regierungsvorlagen Druck Nr. 248 und 249, betreffend den Ankauf einiger Warengattungen einheimischer Herkunft durch öffentliche Unternehmungen, Anstalten und Einrichtungen und das Vermahlungsgesetz, welches bestimmt, daß in Zukunft nur mehr 85% Kornmehl und 15% Weizenmehl für die Erzeugung der Brotes Verwendung finden dürfen. Die beiden Gesetzentwürfe sind der Ausdruck des guten Willens des Herrn Ministers für Landwirtschaft, der landwirtschaftlichen Produktion in ihrer derzeitigen schwierigen Lage zu helfen, welcher gute Wille bisher bei dem ungerechtfertigten Widerstand der nichtlandwirtschaftlichen Kreise sich nicht durchzusetzen vermochte. Die Verhandlungen im Landwirtschaftsausschuß am 12. März über diese beiden Vorlagen haben neuerlich den Beweis erbracht, daß die selbstverständlichsten Vorkehrungen, wie sie die beiden Gesetzesvorlagen beinhalten, um die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft nicht noch weiter zu verschlechtern, auf den heftigsten Widerstand, namentlich der Vertreter der Industrie und der sozialistischen Parteien, stoßen. Nahezu 12 Stunden haben wir dazu gebraucht, um im Landwirtschaftsausschuß zwei Regierungsvorlagen erledigen zu können, welche in den andern umliegenden Staaten in weit verschärfter Form schon seit mehreren Monaten gehandhabt werden. Der Zweck der Gesetze ist wohl in erster Linie eine bessere Gestaltung des Roggenpreises, der heute auf 80 Kronen unter den Erzeugungskosten steht, wie überhaupt durch die Verwendung von Mehl einheimischer Provenienz der Verbrauch der Inlandserzeugung gehoben werden soll. Die beiden Gesetzentwürfe haben aber auch das eine Gute für sich, daß die Konsumentenschaft endlich überzeugt werden kann, daß das einheimische, zu 60 Prozent ausgemahlene Korn- und Weizenmehl sich für den Konsum sehr gut eignet und daß die befürchteten Magenleiden, von denen am 12. März im Landwirtschaftsausschuß wiederholt die Rede war, nicht eintreten werden. Der Kleber, der in einem derartigen Brote enthalten ist, ist namentlich dem Aufbau des Körpers und seiner Weiterentwicklung von gesundheitlichem Standpunkte aus sehr zuträglich und es wird in dieser Hinsicht viel an unserer Jugend gesündigt.
Die beiden Regierungsvorlagen werden aber auch den Beweis erbringen, daß durch die überfeinerte Lebensweise nicht nur die heimische Landwirtschaft schwer geschädigt wird, sondern auch der Konsument oftmals unnütze Ausgaben macht, weshalb fortwährend von dem Gespenste der Teuerung die Rede ist.
Wenn man einem Fleischer den Vorwurf macht, daß er bei einem Schlachtgewichtspreise für Schweine von 15 Kè einen Fleischpreis von 20 Kè und bei einem Rindviehpreis von 6 Kè einen Fleischpreis von 18 Kè verlangt, so verweist er darauf, daß die Bedienung der städtischen Kunden gegenüber den Dorfbewohnern mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Hausfrau aus der Stadt verlangt ein Achtel Kilo vom besten Rindfleisch, ein Achtel Kilo vom besten Schweinefleisch, ein Achtel Kilo von anderen Fleischgattungen bester Qualität usw., so daß zum Schluß der Fleischer das etwas minderwerte Fleisch übrig hat, das er dann zu einem billigen Preise abgeben muß. Ganz anders im Dorfe. Der Dorfbewohner verlangt ein Kilogramm Fleisch, ohne die beste Qualität vorzuschreiben. Durch diese Ansprüche, die die städtische Hausfrau stellt und die ebenfalls eine überfeinerte Lebensweise darstellen, wird der Fleischkonsum verteuert.
Dasselbe gilt von den Ansprüchen an die Qualität des Mehls, die oftmals übertrieben sind. Im übrigen berühren die beiden Gesetzentwürfe Tausende von Bäckern in den Dorfgemeinden und Landstädten überhaupt nicht, da dieselben seit Jahr und Tag nur Roggenmehl zum Brotbacken verwenden und Millionen von Menschen nur Roggenbrot ohne eine schädliche Einwirkung auf die Gesundheit essen. So sehr wir das Bestreben des Ministers für Landwirtschaft, durch die beiden Gesetzentwürfe der praktischen Landwirtschaft zu helfen, begrüßen, sowie alle anderen bisher zur Durchführung gelangten kleineren Maßnahmen durch das Ministerium für Landwirtschaft im Einvernehmen mit anderen Ministerien, muß ich vom Standpunkte der um ihre Existenz kämpfenden Landwirtschaft diese Maßnahmen als eine unzureichende Hilfe bezeichnen, die schließlich nur noch zu einer besseren Verwertung des Ernterestes 1929 nützen kann. Die beiden Regierungsvorlagen beinhalten nichts anderes als einen kleinen Tropfen auf einen heißen Stein, womit der Landwirtschaft in Anbetracht der von Tag zu Tag steigenden Notlage und der von den angrenzenden und überseeischen Staaten getroffenen Vorkehrungen keineswegs für die Zukunft gedient ist. Den Vorwurf des christlichsozialen Tagblattes "Deutsche Presse" vom Sonntag dem 2. März, daß heute die wenigsten Menschen Kornbrot essen und selbst die Bauern nicht mehr Brot backen, sondern weißes Brot beim Bäcker kaufen und daß viele den Backofen weggerissen und dafür ein Klavier ins Haus gestellt haben, weise ich öffentlich auf das entschiedenste zurück und überlasse das Urteil über derartige Ausfälle und Verunglimpfungen den armen christlichsozialen Bauern des Böhmerwaldes, die zähe um die Erhaltung ihrer Scholle ringen, das Geld für die allernotwendigsten landwirtschaftlichen Bedarfsartikel nicht aufbringen können und nicht daran denken, nach christlichsozialer Verhöhnung ein Klavier zu kaufen.
In Anbetracht des Widerstandes, den die Vertreter der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung im Landwirtschaftsausschusse in der vergangenen Woche der Annahme der beiden heute zur Verhandhung stehenden Gesetzesvorlagen leisteten und mit Rücksicht auf den schleppenden Gang der Verhandlungen über die zoll- und handelspolitischen Maßnahmen zum Schutze der landwirtschaftlichen Produktion sehe ich mich veranlaßt, nochmals zu betonen, daß die Landwirtschaft in der Èechoslovakei nach wie vor auf der Erweiterung des Einfuhrschein systems auf Einführung von Kolonialwaren, landwirtschaftlichen Maschinen und völlige Honorierung der Scheine durch die Notenbank oder für Steuerzahlungen, wie sie in Polen gehandhabt werden, beharrt. Der Herr Finanzminister wird der Landwirtschaft in dieser Hinsicht ein Entgegenkommen zeigen müssen. Die Einfuhrscheine sind eine Wohltat für die praktische Landwirtschaft der gebirgigen Randgebiete mit rauhem Klima. Ohne Verdoppelung der Zölle für Getreide und Mahlprodukte, namentlich bei Weizen, Korn, Hafer und Roggen, und ohne Kündigung des ungarischen Handelsvertrages, die halbjährig ist, oder entsprechende Revision desselben werden wir das Auskommen absolut nicht finden, und es ist, mag die Frage auch noch so heiß umstritten sein, notwendig, daß die landwirtschaftlichen Schutzzölle auf Vieh und tierische Produkte gemeinsam mit den anderen Maßnahmen zur Behebung der Landwirtschaftskrise sofort erhöht werden. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)
Die Revision des gesamten Zolltarifes auf Grund der geänderten Verhältnisse ist nicht zu umgehen. Durch die niedrigen Getreidepreise und durch die schrankenlose Einfuhr aus Polen, weiters durch die Einfuhr aus Rumänien und Jugoslavien werden sich unsere Viehpreise in nächster Zukunft nicht mehr zu halten vermögen. Zum Schutze der Viehproduktion und der Erhaltung der Viehpreise verlangen wir endlich die Einführung der Gewichtszölle in der Höhe, wie sie in unseren Anträgen vom 10. Jänner dieses Jahres niedergelegt sind. Ganz entschieden lehnen wir das Ansinnen der Zentrale der Handelskammer in Prag ab, die eine Ersetzung des Stückzolles durch den Gewichtszoll dann befürwortet, wenn die heutige Höhe des Zolles erhalten bleibt. Wenn durch die Zentrale der Handelskammer weder eine Absatz noch eine Preiskrise der tierischen Produkte festgestellt wird, so empfehlen wir den Besuch eines Vertreters der vorwiegenden Schlachtviehmärkte, z. B. in Neuhaus, und der Vertreter der Handelskammer wird auf Grund seiner Beobachtungen eine ganz andere Meinung bekommen.
Ich verweise auch auf den enormen Preisrückgang der Butter und ihren unmöglichen Absatz. Die Absatzkrise in tierischen Produkten ist bereits da und die Preiskrise ist im Anzuge und wir können nicht warten, bis der Preissturz bei der Viehproduktion unserer Landwirtschaft neuerlich Millionenverluste bringt, sonden wir müssen schon heute durch die Umwandlung des Stückzolles in Gewichtszoll Vorkehrungen treffen, da ja auf Grund der Erfahrungen alle Verhandlungen, wenn es um den Schutz der Interessen des schwer arbeitenden Landvolks geht, sehr langwierig sind und wir mit der Regelung des Getreidezolles auch die Gewichtszölle einführen müssen, da eine einseitige Landwirtschaftsförderung für uns nicht tragbar ist.
Will man auf die Mitarbeit meiner Partei in der Zukunft rechnen, dann muß der Viehzoll, der Zoll auf alle tierischen Produkte gemeinsam mit dem Getreidezoll geregelt werden, da wir Tausende Existenzen von Gebirgsund Kleinbauern, die namentlich auf die tierische Produktion angewiesen sind, nicht schutzlos preisgeben können, weil uns das Wohl und Wehe der Gebirgs- und Kleinbauern am Herzen liegt.
Vor Abschluß der Verhandlungen darf auch nicht unbeachtet bleiben, daß täglich zwei Waggons Brot aus Polen nach Teschen und Umgebung eingeführt werden, und ein Kaufmann Birnstein aus Krakau polnisches Brot bis nach Prerau bringt. Es wird also nicht genügen, erhöhte Zölle für Getreide und Mahlprodukte festzusetzen, sondern es werden die Maßnahmen auch auf fertige Waren ausgedehnt werden müssen, um der mährischen und schlesischen Landwirtschaft diese nicht zu unterschätzende Konkurrenz vom Halse zu halten. Die Anwesenheit des früheren Ministerpräsidenten Polens, des Herrn Professors Grabski, der am 11. März in der Èechoslovakei zu Gaste weilte und der in seinem Vortrage über die Landwirtschaftskrise selbst ausdrücklich betonte, daß die Èechoslovakei am schwersten von derselben betroffen ist, wird doch nicht den Zweck der Beschwichtigung betreffend die gegen Polen notwendigerweise zu ergreifenden Maßnahmen verfolgt haben. Die Existenz der einheimischen Landwirtschaft muß den èechoslovakischen Regierungskreisen wohl näher stehen als die Freundschaft Polens, wie überhaupt eine politische Umorientierung aus wirtschaftlichen Gründen in der Èechoslovakei notwendig wäre: Freundschaftliche Beziehungen zu jenen Staaten, die für uns als Absatzgebiet in Frage kommen.
Nicht genug können wir immer wieder betonen, daß den Ärmsten der armen, den Flachsbauern, die in 600 bis 700 m Seehöhe dem nährstoffarmen Boden die kargen Erträge abringen müssen, durch Einführung eines Flachszolles geholfen wird. Die Landwirtschaft, die bestrebt ist, im Einvernehmen mit der Industrie und zum Wohle aller Bevölkerungsschichten diese dringende Frage zu lösen, zeigt der Textilindustrie gegenüber ein so weites Entgegenkommen, daß sie den Flachszoll für die Zeit verlangt, solange der einheimische Flachs nicht verkauft ist. Mit begründeter Entrüstung und voller Berechtigung haben die Flachsbauern gegen die Vorsprache von Abgeordneten am 5. Feber 1930 beim Handelsministerium, die sich gegen die Einführung jedes Flachszolles gerichtet hat, Stellung genommen. Durch diese Vorsprache wurden die vitalsten Interessen Tausender armer Gebirgsbauern und Kleinbauern in sehr nachteiliger Weise berührt, die Existenz Tausender Armer, das sind die unter den schwierigsten Verhältnissen lebenden Flachsbauern, gefährdet. Ebenso einmütig lehnen die Flachsbauern jene Zumutungen ab, die ihnen im Budgetausschuß gemacht wurden, daß sie nicht verhungern werden, wenn sie nicht Flachs bauen. Diese nicht geschickte Empfehlung der Umstellung ihrer Wirtschaft kann höchstens mit der Unkenntnis der Verhältnisse in der Landwirtschaft in den Höhenlagen noch eine Entschuldigung finden. Ein Flachsbauer kann an Stelle des Flachses nur mehr Hafer, in geringen Mengen etwas Korn bei niedrigen Hektarerträgen als Ersatz bauen und bei dem heutigen Hafer- und Roggenpreis kann kein landwirtschaftlicher Betrieb entgegen den im Staatsvoranschlagsausschuß geäußerten Ansichten gehalten werden. Weiters dürfte Herr Dr. Peters auch vergessen haben, daß in einzelnen Höhenlagen das Getreide überhaupt nicht reift und der Kartoffelbau bei einem Preise von 25 Kè per 100 kg wäre ein schlechter Ersatz für den Flachsbauer, da der gegenwärtige Kartoffelpreis nur 50% der Erzeugungskosten deckt. Die Einsetzung von Maßnahmen zum Schutze unserer Hopfen-, Obst-, Gemüse- und Weinproduktion ist unumgänglich notwendig und der Vorschlag eines praktischen Landwirts, einen Fonds zu bilden, in dem durch Gesetz die Brauereien verpflichtet würden, für jeden Hektoliter Bier einen Fondsbeitrag von wenigstens 20 Kè zu leisten, und das Erträgnis des Fondes zur Stabilisierung des Gersten- und Hopfenpreises zu verwenden, ist sehr beachtenswert und verdient eine eingehende Erwägung auch auf parlamentarischem Boden und bei den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen über die Behebung der Landwirtschaftskrise. Bei einem jährlichen Ausstoß von über 11 Millionen Hektoliter Bier würde der Fond die Höhe von 220 Mill. Kè jährlich erreichen. Der Fond soll dann in Verwendung treten, wenn der Gerstenpreis unter 180 Kè und der Hopfenpreis unter 2.500 Kè für 100 kg gesunken ist. Es würde sich darum handeln, einen Teil der Gerste für Brauzwecke unbrauchbar zu machen, aus dem Verkehr zu ziehen, so daß unsere Überproduktion reduziert würde, was auf die Preisbildung großen Einfluß hätte. Die Gerste müßte durch die landwirtschaftlichen Lagerhäuser verschrotet und an die Viehzüchter zu einem angemessenen Preis abgegeben werden. Es wäre mit dieser Aktion den Gerstenbauern und dem Viehzüchter gleichzeitig geholfen, es wäre namentlich die Versorgung mit billigen Futtermitteln, insbesondere im Interesse unserer Kleinbauern gesichert. Dadurch würde sich die heimische Landwirtschaft viel Geld ersparen, weil sie nicht mehr den teueren Mais zu kaufen brauchte und die Konkurrenz der polnischen Schweinepreise zu halten in der Lage wäre. Die Frage der Schaffung eines solchen Fonds gewinnt umsomehr Bedeutung, als Deutschland mit 15. Feber 1930 einen Gerstenzoll von 8 Goldmark eingeführt hat und die halb privaten Besprechungen der Gersten- und Malzinteressenten in Berlin abgebrochen worden sind. Nach einem Bericht, der gestern aus Berlin nach Prag kam, denkt Deutschland an eine weitere Erhöhung des Weizenzolles von 9·5 auf 12 M und des Gerstenzolles von 8 auf 10 M, aber nicht derart, daß 3 oder 4 Monate lang über die Behebung der Landwirtschaftskrise gesprochen werden soll und daß der Reichstag bereits in der nächsten Woche die Vorlagen annehmen soll. Obzwar die gegenseitigen Beziehungen der deutschen und èechoslovakischen Unterhändler als nicht schlecht bezeichnet werden konnten, haben die reichsdeutschen Vertreter die èechoslovakische Forderung nach Vorlage der Kalkulationsunterlagen für die neuen deutschen Malzzölle abgelehnt mit dem Hinweis darauf, daß die neuen Zölle bereits in Kraft getreten sind. Ob der Abbruch dieser Verhandlungen zurückzuführen ist auf die Vorstellungen der deutschen Regierung wegen einverständlicher Regelung der Markprioritätenfrage mit den deutschen Gläubigern, die die èechoslovakische Regierung mit dem Vorwand, daß die ganze Frage bereits durch ein Gesetz geregelt sei, an dem nichts geändert werden könne, abgetan hat, entzieht sich unserer Beurteilung. Sollte dies der Fall sein, dann hätte die Èechoslovakei mit der Regelung der Markprioritätenfrage auf Kosten der deutschen Gläubiger ein schlechtes Geschäft gemacht. In der jüngsten Zeit werden Gerüchte in Umlauf gebracht, daß Deutschland an die Einführung eines Prohibitivzo³les auf Gerste schreiten will, wodurch die Ausfuhr von Gerste nach Deutschland, also nach einem unserer größten Absatzgebiete, in der Zukunft unterbunden würde.