"Die Deutsche Volkswacht" in Reichenberg
vom 3. November Folge 45, verfiel wegen folgender Stellen der
Beschlagnahme:
Aus dem Artikel "Sudetendeutsches Volksrecht
und der 28. Oktober" die Stellen:
"Die ideale Hoffnung, dass die Zukunft
auch dem deutschen Volks in Europa sein volles und uneingeschränktes
Selbstbestimmungsrecht bringen werde, lebt unzerstörbar in
unseren Herzen..."
"Wir erheben heute, am 28. Oktober vor
aller, Welt neuerlich und feierlich den Anspruch auf unser Selbstbestimmungsrecht,
das wir für unser Volk kraft seiner Geschichte, Kultur und
Wirtschaftsleistung, kraft seines natürlichen Lebenswillens,
sowie kraft seiner inneren Ueberzeugung geltend machen müssen.
Der Redner gedachte hierauf der sudetendeutschen
Blutopfer vom 4. März 1919, der Märtyrer und der wirtschaftlichen
Opfer und schloss seine Ausführungen mit dem feierlichen
Gelöbnis, opferbereit als treue Söhne unseres Volkes
zu kämpfen, auf das: unser Volk sich auf seinem Heimatboden
behaupte und den Sieg im Kampfe um seine Freiheit erringe."
Aus dem Aufsatz: "Macht und Gewalt tragen
den Bau der Welt" die Stelle:
"Alle "erlösten" Volker
durften sich nach Belieben autonom konstituieren, selbständige
Staaten errichten und auf das Wohlwollen ihrer Befreier rechnen.
Nur gegen ein Volk sollte der Bann geschleudert und es bis ins
Mark getroffen werden, das "Volk der Barbaren" das deutsche!
War es daher nicht gerecht, Frankreich mit Elsass- Lothringen
auch die Bagatelle von 1.5 Millionen Deutschen zu geben, Rumänien
2, Polen fast 3, der Tschechoslowakei 3.5 Millionen, und Italien
und Jugoslawien je 200.000 Deutsche al wohlfeile Ware zu schenken?"
Aus dem Aufsatze: "Auflauf um eine deutsche
Fahne" die Stelle:
"Also so geht es in der Tschechoslowakei
zu: - - -"
Aus der Rubrik: "Aus Stadt und Land"
die Notiz:
"Reichenberg. (Ein tschechischer Rummel).
- - -"
"Trautenau. (Immer daran denken.) Schon
drei Sonntage lang gibt es tschechische Feiern in Trautenau und
Aufmärsche. Die Freude über den langen Bestand der Republik
und die Eroberung des deutschen Böhmens gaben Anlass zu Gedenk-
und Siegesfeiern. - - -"
Angeblich wurde in diesen Stellen gegen den
Staat und seine Entstehung und gegen seine verfassungsmässige
Einheitlichkeit aufgewiegelt und in roher und verletzender Weise
die Republik derart geschmäht, dass es die Würde der
Republik herabsetzen kann.
Zu dieser Auffassung scheint nur ein besonders
ängstliches tschechisches Gemüt zu kommen: Die Stellen
beinhalten gewiss nichts, was gegen das Gesetz verstossen und
was offen und ehrlich ausgesprochen ein Vorgehen gegen die Würde
der Republik wäre.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Justizminister,
ob er nicht andere Weisungen an die Zensurbehörden herauszugeben
gewillt ist, durch die welche die heutige lächerliche und
mittelalterliche Zensurpraxis durch eine moderne, den demokratischen
Begriffen der Neuzeit entsprechend Handhabung der Zensur ersetzt
wird.
Prag, am 12.
Dezember 1928.
Das "Brünner Montagsblatt" bezw.
sein Kopfblatt, das "Südmährerblatt" wurde
wegen folgender Stelle aus meiner im Abgeordnetenhaus am 7. November
1928 gehaltenen Rede beschlagnahmt:
- - -
- - -
Es ist daher unbegreiflich, wieso sich die
Brünner Staatsanwaltschaft anmassen darf, trotz der Immunisierung
Stellen aus den im Abgeordnetenhause gehaltenen Reden von Volksvertretern
zu beschlagnahmen. Dieser Vorgang beweist klar und deutlich, bis
zu welcher Kühnheit die
Anmässung èechisch- chauvinistischer Beamten bereits
gediehen ist.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Justizminister,
ob er bereit ist, hier Ordnung zu schaffen und den Zensurbehörden
bezüglich Behandlung von Reden der Volksvertreter im Parlamente
strenge Weisung zu geben, bezw. jeden dagegen verstossenden Beamten
zur Verantwortung zu ziehen.
Prag, am 12.
Dezember 1928.
Durch die Regierungsverordnung vom 28. Dezember
1928, Slg. Nr. 205, wurde in Durchführung des Katastralgesetzes
vom 16. Dezember 1927, Slg. d. G. u. V. Nr. 177, mit der Verwaltung
des Grundkatasters für Mähren und Schlesien die Landesfinanzdirektion
in Brünn betraut, gleichzeitig das Katastralmappenarchiv
in Troppau aufgelöst und mit dem nunmehr auch für Schlesien
zuständigen Katastralmappenarchiv in Brünn vereinigt.
Diese Verfügungen haben innerhalb der
von ihnen hauptsächlich betroffenen Wirtschaftskreise lebhaftes
Aufsehen erregt, zumal derartige Massnahmen angesichts der Tatsache,
dass § 1 des Katastralgesetzes die Finanzbehörden II.
Instanz (also auch die Finanzdirektion in Troppau) ohne jeglichen
Vorbehalt einer nachträglichen näheren Bestimmung ihres
örtlichen oder sachlichen Wirkungskreises bereits mit der
Verwaltung des Grundkatasters betraut hat, überhaupt nicht
erwartet werden konnten. Der Widerspruch gegen diese Kompetenzänderungen
ist umso entschiedener, als darin wohl auch die Absicht erblickt
werden kann, die schlesische Finanzdirektion, wenn auch nicht
auf einmal, so doch allmählich dadurch aufzulösen, dass
ihr Wirkungsbereich abgebaut wird. Gerade diese präjudizielle
Seite der vorliegenden Verordnung muss aber die entschiedenste
Verwährung aller wirtschaftlichen Kreise Schlesiens hervorrufen.
Von nicht minder einschneidender Bedeutung
ist aber auch die Auflosung des Katastralmappenarchivs und dessen
Verlegung nach Brünn, da dadurch zahllose Parteien, die schlesischen
Kreditinstitute, aber auch die Selbstverwaltungskörper und
dergl. gezwungen werden, entweder zur Einsichtnahme in das Katastralmappenarchiv
persönlich nach Brünn zu fahren oder zu diesem Zwecke
dort einen Vertreter zu bestellen. Es braucht wohl keiner besonderen
Ausführung, dass dadurch der schlesischen Bevölkerung,
die ohnedies durch die Verwaltungsreform eine wesentliche Erschwerung
ihres Verkehres mit den Landesämtern in Kauf nehmen musste,
neuerlich Lasten aufgebürdet werden, die neuen Unwillen auslosen
müssen. Daher wäre zumindest im Sinne des § 5 (Uebergangsbestimmungen)
der Durchführungsverordnung vom 28. Dezember 1928, Slg. d.
G. u. V. Nr. 205, das Katastralmappenarchiv in Troppau allenfalls
als Expositur des Brünner Amtes auch weiterhin in Troppau
zu belassen.
In diesem Zusammenhang sei auf die wiederholten
Erklärungen und Versprechungen sowohl der Regierun als auch
des Achterausschusses der Regierungsparteien hinsichtlich der
ausschliesslichen Wirksamkeit der Verwaltungsreform lediglich
auf dem Gebiete der politischen und Schul- Verwaltung sowie hinsichtlich
der Schaffung von Ersatzeinrichtungen für die aufgehobenen
Landesämter in Troppau verwiesen.
Unter Bezug auf diese Erklärungen und
Versprechungen stellen die Gefertigten an den Herrn Minister folgenge
Anfrage:
Ist er bereit; das Katastralmappenarchiv in
Troppau als Expositur des Brünner Amtes auch weiterhin in
Troppau zu belassen?
Prag den 28.
Feber 1929.
Wenn schon die Behandlung der Kriegsbeschädigten
im Inlande und die Art der Erledigung Ihrer Gesuche viel zu wünschen
übrig lassen, so haben die in Auslande lebenden Kriegsverletzter
doppelt und dreifach unter bürokratischen Formalismus zu
leiden. Sowohl die Landesämter als auch die Konsularbehörden
lassen vielfach das Verständnis für die Lage, der Kriegsopfer
vermisse, welche in ihrem sozialen Notstand Förderung und
Entgegenkommen nötig haben.
Die Kriegsbeschädigten bedürfen,
sei es zur Erlangung und zum Bezug der Rente; sei es zum Zwecke
des blossen Aufenthaltes im Auslande, sei es aus anderen Gründen,
naturgemäss einer Reihe von Personaldokumenten, vor allem
natürlich des Nachweises ihrer Staatszugehörigkeit.
Welche Sprünge der Amtsschimmel bei solchen Gelegenheiten
vollführt, zeigt die nachstehende Belehrung des Konsulates
in München deutlicher als alle Darlegungen:
1. Kurzgefasstes Gesuch, in welchem anzugeben
ist:
a) Vor- und Zuname.
b) Beruf (genau angeben).
c) Geburtsdaten, Ort und Bezirk.
d) Heimatsgemeinde und Bezirk.
e) Genaue Adresse, Strasse, Hausnummer, Post,
Bezirk.
2. Dem Gesuche haben ledige Personen beizugeben:
a) Heimatschein.
b) Geburtsurkunde.
3. Dem Gesuche haben verheiratete oder verwitwete
oder gerichtlich geschiedene Männer beizugeben:
a) Heimatschein.
b) Ihre Geburtsurkunde.
c) Ihre Heiratsurkunde.
d) Sämtliche Geburtsurkunden der ehelich
geborenen und minderjährigen Kinder.
e) Sterbeurkunde der Ehefrau.
f) Gerichtl. Scheidungsurteil.
4. Dem Gesuche haben verwitwete oder gerichtl.
geschiedene Frauen beizugeben:
a) Heimatschein.
b) Ihre Geburtsurkunde.
c) Ihre Heiratsurkunde.
d) Die Geburtsurkunde des Gatten.
e) Sterbeurkunde des Gatten:
f) Sämtliche Geburtsurkunden der minderjährigen
und ehelich geborenen Kinder.
g) Gerichtl. Scheidungsurteil.
5. Zur Deckung der Stempel- und Portospesen
ist der Betrag von 30 Kè mittels internationaler Postanweisung
an die gleiche politische Bezirksverwaltung gleichzeitig einzusenden
und ist darauf zu achten, dass auf der Rückseite
der Postanweisung (auf dem Abschnitt) angeführt wird, zu
welchem Zwecke und von wem der Betrag eingesandt wird.
Anmerkung: Jene Personen, welche den angeführten
Betrag nicht voll, sondern nur zum Teil oder gar nicht infolge
nachweislicher Not einsenden können, müssen ein Armutszeugnis,
ausgestellt von der jetzigen Aufenthaltsgemeinde, dem Gesuche
beilegen und um kostenfreie Ausfertigung und Zusendung der Bescheinigung
ansuchen."
Die Interpellanten sind der Meinung, dass es
angesichts der Tatsache, dass sich die im Auslande lebenden Kriegsverletzten
fast alle diese Dokumente bei den zuständigen Stellen des
Inlandes beschaffen müssen, weit einfacher wäre; die
betreffenden Daten, soweit es möglich ist, von Amtswegen
zu erheben, wodurch den Kriegsverletzten nicht nur Zeit und Mühe,
sondern vor allem auch ganz überflüssige Kosten erspart
würden.
Einfach unglaublich ist es, was für Gebührenbeträge
den Kriegsverletzten bei derartigen Anlässen abgenommen werden.
So wurde den Interpellanten mitgeteilt, dass das Konsulat
in Nürnberg von einem Arbeitermädchen für ein Ehefähigkeitszeugnis
den Betrag von 320 Kè verlangte, wozu noch die Ausgaben
für Heimat- und Taufschein, für das Ledigkeitszeugnis
und die erforderlichen Legalisierungen kamen, was wiederum etwa
100 Kè verschlang.
Nicht minder drückend ist die Belastung
der Kriegsverletzten durch die Notwendigkeit, im Auslande ständig
einen gültigen Pass zu besitzen. Obwohl die Kriegsverletzten,
die im Rentenbezuge stehen, den Konsularämtern doch als Staatsangehörige
bekannt sind, müssen sie zur Passausstellung wiederum Geburts-
und Heimatsurkunde und die Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit
beibringen. Dazu müssen drei Passbilder beschafft werden.
Für die Ausstellung des Passformulars allein verlangt die
Behörde 16 - 20 Kè
und für die Ausstellung des Passes selbst 60 Kè, so
dass die Aufwendungen für einen Pass insgesamt auf 200 Kè
und mehr kommen.
Es ist den Interpellanten auch mitgeteilt worden,
dass die Landesämter an die Kriegsbeschädigten die Anfrage
stellen, ob sie um die Einbürgerung in Deutschland angesucht
haben. Wir halten diesen Vorgang für ungerechtfertigt, da
der Verlust der Rente doch erst mit vollzogener Einbürgerung,
dass heisst aber auf Grund der Entlassung aus dem Staatsverband,
erfolgen kann; nicht aber schon infolge des blossen Gesuches um
Einbürgerung.
Noch schlimmer ist es, dass die Landesämter
bei Androhung der Einstellung der Rente die Uebersendung der Lohnbestätigungen
bis Ende März verlangen. Gerade in den grossen Unternehmungen
finden in den ersten Monaten des Jahres Inventur- und Bilanz arbeiten
statt und es ist für die dort beschäftigten Kriegsbeschädigten
einfach unmöglich, innerhalb der gestellten Frist Lohnauszüge
zu erlangen. Wirtschaftlich Selbständige aber können
die notwendigen Bestätigungen von den zuständigen Finanzämtern
frühestens Ende Juni erhalten. Darauf nehmen die Landesämter
keine Rücksicht.
Die Kriegsverletzten leiden aber auch darunter,
dass ihre Eingaben und Gesuche entweder gar nicht oder so schleppend
erledigt werden, dass dadurch die Existens der Kriegsbeschädigten
im höchsten Grade gefährdet wird: Die Organisationen
der Kriegsverletzten erhalten auf ihre Beschwerden in der Regel
überhaupt keine Antwort. Aber auch die Erledigung von Eingaben
in konkreten Fällen erfolgt fast immer erst nach vielen Monaten.
Wir führen als blosse Illustrationsfakten zwei Fälle
an:
Die Brüder Paul und Rudolf Kral in Altenburg
haben im Wege des Konsulats in Nürnberg um einen Heimatschein
angesucht und ihn noch nach einem Jahre nicht erhalten. Sie können
sich daher auch keinen Pass beschaffen; erhalten keine Arbeit
und sind von der Gefahr der Ausweisung bedroht.
Aehnlich verhält es sich mit den kriegsbeschädigten
Brüdern Kolar in Gera. Auch sie konnten trotz monatelanger
Bemühungen einen Heimatschein nicht erhalten.Diese Beispiele
liessen sich natürlich noch vermehren.
Wir fragen daher den Herrn Minister:
1. Welche Gebühren werden bei im Ausland
lebenden tschechoslowakischen Staatsangehörigen für
die Beschaffung von Personaldokumenten verlangt und ist das Ministerium
bereit, für Kriegsverletzte Gebührenbefreiungen, bezw.
Ermässigungen zu erwirken?
2. Ist der Herr Minister bereit, die entsprechenden
Schritte zu unternehmen, damit die Anzahl der von den Kriegsverletzten
beizubringenden Personaldokumente möglichst verringert und
dass Verfahren zu ihrer Erlangung beschleunigt wird?
3. Ist er bereit, den ihm unterstellben Behörden
aufzutragen, dass sie die Eingaben von Kriegsbeschädigten
im Auslande mit grösster Beschleunigung und mit möglichstem
Entgegenkommen unter Berücksichtigung der besonderen sozialen
Notlage der Kriegsverletzten erledigen und ist er bereit, sich
mit dem Herrn Minister des Aeussern ins Einvernemmen zu setzen,
damit auch die tschechoslowakischen Vertretungsbehörden in
diesem Sinne verfahren?
4. Ist er bereit, die in der Interpellation
angeführten konkreten Beschwerden zu erheben, über das
Ergebnis der Erhebungen Aufklärung zu. geben und Abhilge
zu schaffen.
Prag, den
26. Februar 1929.