Begründung.

A) Allgemeiner Teil.

I. Die historische Entwicklung der Bergarbeiterversicherung.

Die Bergbruderladen sind Jahrhunderte alte Einrichtungen, welche Krankheits-, Invaliditäts-, Witwen- und Waisenunterstützungen gewährten. Daher verpflichtete das allgemeine Berggesetz vom 23. Mai 1854 Nr. 146 R. G. Bl. die Bergbauunternehmer, entweder für jedes Unternehmen oder für mehrere Unternehmen gemeinsam eine Bruderlade zu errichten. Diese nach § 210 a. B. G. errichteten alten Bruderladen waren wohltätige Unterstützungsvereine, deren Aufgabe in der Gewährung von Krankheits-, Invaliditäts-, Witwen- und Waisenunterstützungen bestand. Mangels der notwendigen finanziellen Mittel wurden diese alten Bruderladen passiv, sodaß sie mit wenigen Ausnahmen ihren Verpflichtungen nicht dauernd nachkommen konnten. Dieser Mangel sollte durch das Bruderladengesetz vom 28. Juli 1889 Nr. 127 R. G. Bl. beseitigt werden. Bezüglich der Organisation entschied sich das Gesetz für das bereits im § 210 des a. B. G. aus dem Jahre 1854 festgelegte System der Werksbruderladen und lehnte den bei Behandlung des Gesetzes vorgelegten Antrag auf Errichtung von Revierbruderladen oder einer Reichsbruderlade ab. Nach dem Gesetze Nr. 127 aus dem Jahre 1889 wurde daher in der Regel bei jeder Unternehmung eine Bruderlade errichtet, bei welcher alle bei dieser Unternehmung beschäftigten Arbeiter versicherungspflichtig waren. Diese Werksbruderladen waren auf dem Prämien-Anwartschaftsdeckungsverfahren aufgebaut. Das Leistungsschema nach dem Gesetze Nr. 127 aus dem Jahre 1889 war auf der Voraussetzung aufgebaut, daß der durchschnittliche Bergarbeiterlohn im Jahre 1889 500 fl. betrug; die nach mindestens drei jährlicher und höchstens fünfjähriger Karenzfrist erzielte Mindestpension wurde auf ein Drittel des Durchschnittslohnes, das ist mit dem Betrage von 100 fl. festgesetzt. Das Gesetz gestattete eine Erhöhung dieser Minimalpension sowohl durch Einführung von Provisionsklassen als auch durch Berücksichtigung der Mitgliedsdauer. Obwohl nach dem Gesetze kein Hindernis bestand, den Mindestsatz der Provision zu erhöhen, haben die Bruderladen auch nicht in einem einzigen Falle die Leistungen der natürlichen saeculären Geldentwertung angepaßt, welche teilweise in der Erhöhung des durchschnittlichen Bergarbeiterverdienstes von 600 K im Jahre 1889 auf K 1113,- im Jahre 1913 zum Ausdrucke kommt.

Als infolge des Widerstandes der Bergbauunternehmer und der Regierung alle Versuche einer entsprechenden Reform der selbständigen Bergarbeiterversicherung versagt hatten, und als im Jahre 1904 von der österreichischen Regierung das sogenannte Koerber'sche Programm für die Reform und den Ausbau der Arbeiterversicherung voröffentlicht wurde, betrachteten die Bergarbeiter als einzig mögliche Reform die Aufhebung der selbständigen Bergarbeiterversicherung und ihre Vereinigung mit der allgemeinen Sozialversicherung, auf deren Einführung das Koerber'sche Programm abzielte. Allein sowohl das Koerber'sche Programm als auch die späteren österreichischen Regierungsentwürfe über die allgemeine Sozialversicherung aus den Jahren 1908 und 1911 beharrten auf der Aufrechterhaltung der berufsgenossenschaftlichen Versicherung der Bergarbeiter. die Krankenkassenabteilungen der Bruderladen sollten zu größeren territorialen Bruderladen vereinigt werden, für welche die Bestimmungen über die Betriebskrankenkassen gelten sollten; die Provisionskassenabteilungen der Bruderlade sollten als Zuschußkassen fungieren, aus welchen Zuschüsse zu den Leistungen der allgemeinen Sozialversicherung gewährt werden sollten. Durch diese Konstruktion wollte die österreichische Regierung nachstehende Vorteile für die Bruderladen und deren Mitglieder erreichen:

1. Die Bruderladen würden des Riskenausgleiches teilhaft bei Versicherungsfällen, welche auch nach dem Sozialversicherungs - Gesetze entschädigt werden.

2. Die Bruderladen würden teilhaft des Staatsbeitrages zu den Renten, welcher damals 90 K betrug.

3. Der Übertritt von der Beschäftigung im Bergbaue zu einer anderen Beschäftigung stieße überhaupt auf keine Schwierigkeiten, weil jedes Mitglied der Bruderlade durch Vermittlung derselben bei der Zentral-Sozialversicherungsanstalt versichert ist.

4. Durch die Aufrechterhaltung der Bruderladen kann die Versicherung der Bergarbeiter den Besonderheiten des bergmännischen Berufes angepaßt werden; insbesondere kann trotz der Angliederung der Bruderladen an das System der allgemeinen Sozialversicherung der Anspruch auf Invalidenrente bei Berufsunfähigkeit und ferner der Anspruch auf Witwenrente auch für den Fall, wenn die Witwe nicht arbeitsunfähig ist, aufrechterhalten werden.

Als die Regierungsvorlagen aus den Jahren 1908 und 1911 in dem sozial-politischen Ausschuße des österreichischen Abgeordnetenhauses stecken blieben, sodaß sie nicht einmal im Plenum des Reichsrates zur Verhandlung gelangten, flammte unter den Bergarbeitern neuerlich das Bestreben auf, die selbständige berufsgenossenschaftliche Versicherung der Bergarbeiter aufrechtzuerhalten und zu vervollkommnen. Die weitere Entwicklung wurde durch den Weltkrieg unterbrochen.

Nach dem Weltkriege rief die katastrophale Geldentwertung die unabweisbare Notwendigkeit hervor, sowohl die angefallenen Renten als auch die erworbenen Anwartschaften zu valorisieren. Daher wurden als zwischenweilige Verfügungern die Gesetze Nr. 608 aus dem Jahre 1919 und Nr. 248 aus dem Jahre 1921 erlassen. Die endgiltige Reform wurde durch das Gesetz vom 11. Juli 1922 Nr. 242 Slg. d. G. u. V. durchgeführt. Die Notwendigkeit der Valorisierung der Renten und der erworbenen Ansprüche der aktiven Mitglieder beweisen die folgenden Zahlen:

Als das Gesetz Nr. 127/1889 erlassen wurde, betrug die Mindestinvalidenrente nach einer 5jährigen Karenzfrist 33 1/3 % des durchschnittlichen Bergarbeiterlohnes. Im Jahre 1913 betrug diese Mindestrente 17,97 % des durchschnittlichen Bergarbeiterlohnes. Die durchschnittliche Invalidenrente betrug im Jahre 1889 34,36 % und im Jahre 1913 23,13 % des durchschnittlichen Bergarbeiterlohnes. Wäre die Rente nach dem Umsturze nicht erhöht worden, hätte die Mindestinvalidenrente im Jahre 1925 2,01 % und die Durchschnittsinvalidenrente 2,6 % des durchschnittlichen Bergarbeiterlohnes betragen.

Bei der Verhandlung des Gesetzes vom 11. Juli 1922 Nr. 242 Slg. d. G. u. V. wurde mit Rücksicht auf den im Stadium der Vorbereitung befindlichen Entwurf des Gesetzes über die allgemeine Sozialversicherung neuerlich die Frage behandelt, ob die Bergarbeiterversicherung in das System der allgemeinen Sozialversicherung eingegliedert werden solle. Die Nationalversammlung hat einstimmig der Anschauung Ausdruck gegeben, daß eine derartige Eingliederung nur unter Aufrechterhaltung aller materiellen und ideellen, durch das Gesetz Nr. 242/1922 garantierten Rechte durchgeführt werden könne; daher beschloß das Abgeordnetenhaus der Nationalversammlung in derselben Sitzung, in welcher das Bruderladengesetz beschlossen wurde, einstimmig die nachstehende Resolution:

Die Regierung wird aufgefordert, mit Beschleunigung den Entwurf des Gesetzes über die Sozialversicherung auszuarbeiten und der Nationalversammlung vorzulegen. Im Rahmen dieses Entwurfes sind die Bestimmungen der Regierungsvorlage Druck 3416 (d. i. der Regierungsvorlage zum Gesetze Nr. 242/22) und die zu dieser Vorlage gefaßten Beschlüsse über die Zwangsversicherung der Bergarbeiter, mit welchen die materiellen und ideellen Rechte der Versicherten geregelt wurden, zu übernehmen.

Mit dieser Resolution hat die èechoslovakische Nationalversammlung einstimmig das Prinzip der Selbständigkeit des Leistungs- und Beitragsschemas der Bergarbeiterversicherung zum Ausdrucke gebracht und die organisatorische Verbindung der Bergarbeiterversicherung mit der allgemeinen Sozialversicherung hauptsächlich zu dem Zwecke verlangt, damit auch die Bergarbeiterversicherung des Vorteiles des Staatsbeitrages teilhaftig werde.

Da die Nationalversammlung die organisatorische Verbindung der Bergarbeiterversicherung mit der allgemeinen Sozialversicherung an die Bedingung der Aufrechterhaltung des Leistungs- und Beitragsschemas knüpfte, wurde die organisatorische Vereinigung nicht durchgeführt und konnte auch nicht durchgeführt werden; in den §§ 4 und 5 des Gesetzes vom 9. Oktober 1924 Zl. 221 Slg. d. G. u. V. wurde neuerlich die vollständige Selbständigkeit der Bergarbeiterversicherung durch das Gesetz bestätigt und dies aus folgenden in dem Motivenberichte vom 27. Juni 1923 zum Gesetze Nr. 221 aus dem Jahre 1924 zum Ausdrucke gebrachten Gründen: Selbständig verbleibt endlich auch die Versicherung bei den Bergbaubruderladen. Die Provisionsversicherung bei diesen Bruderladen, welche erst mit dem Gesetze vom 11. Juli 1922 Nr. 242 Slg. d. G. u. V. neu geregelt wurde, ist gleichfalls günstiger als die in dem vorgelegten Entwurfe beantragte Versicherung. Die schwere Beschäftigung der Bergarbeiter bringt es notwendig mit sich, daß ihnen namentlich die Altersrente früher zu gewähren ist als der übrigen untertags nicht beschäftigten Arbeiterschaft; nach dem zitierten Gesetze fällt die Altersrente schon im 55. bezw. im 60. Lebensjahre an, während nach dem Entwurfe erst nach Erreichung des 65. Lebensjahres und unter der Bedingung, daß der Versicherte keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübt. Auch die Witwenrente gebührt nach dem Gesetze vom 11. Juli 1922, Zl. 242 Slg. d. G. u. V. jeder Witwe nach einem Mitgliede der Zentralbruderlade, welches Anspruch auf eine Rente hatte oder schon im Genuße einer Rente stand, während nach dem Entwurfe die Witwenrente nur der invaliden Witwe gebührt. Diese Differenzen in den Leistungen konnten heute nicht mehr überbrückt werden, was die Voraussetzung für eine Vereinigung gewesen wäre; über die organisatorische Verbindung gilt dasselbe; was über die Pensionsversicherung gesagt wurde und das umsomehr als die Anzahl der Versicherten der Zentralbruderlade um mehr als ein Viertel kleiner ist (zirka 180.000) als die Anzahl der Versicherten bei den Trägern der Pensionsversicherung. Über diese organisatorischen Schwierigkeiten sagt der Motivenbericht Folgende: Da man nicht daran denken kann, daß die Leistungen herabgesetzt werden könnten, wäre die Errichtung einer besonderen Versicherungsgruppe mit abgesonderter Verwaltung und abgesonderter Gebahrung innerhalb der einheitlichen Versicherung unvermeidlich. diese Regelung würde aber zweifellos zu großen Reibungen innerhalb der Versicherungsanstalt führen, denen man unbedingt ausweichen muß; überdies würde eine solche Lösung weder eine Vereinfachung noch eine Verbilligung der Verwaltung bedeuten. Wenn man noch erwägt, daß die Pensionsversicherten sozusagen ohne Ausnahme die Wahrung der Selbständigkeit ihrer Versicherung fordern, ist es klar, daß ein Versuch, sie mit der Gesamtversicherung zu vereinigen, keinen günstigen Erfolg hätte.

II. Die finanziellen Schwierigkeiten der Bergarbeiterversicherung.

Die auf Grund des Gesetzes vom 28. Juli 1889 Nr. 127 R. G. Bl. errichteten Bruderladen waren finanziell auf dem sogenannten Prämien - Anwartschaftsdeckungsverfahren (§ 36 des Ges. Nr. 127/1889) aufgebaut, sodaß durch die nach versicherungstechnischen Grundsätzen gesammelten Prämienreserven sowohl die bereits angefallenen Renten als auch die erworbenen Anwartschaften der aktiven Mitglieder hätten gedeckt sein müssen. Diese Prämienreserven, welche nach dem Kriege im Ganzen ungefähr 140 Millionen Kronen betrugen, reichten nicht einmal zur Deckung der Leistungen nach dem Gesetze Nr. 127 ex 1889, da sich die Voraussetzungen, auf welchen die Berechnungen aufgebaut waren, verändert hatten. Als das Gesetz über die Bergbaubruderladen Nr. 242 aus dem Jahre 1922 in der Nationalversammlung verhandelt wurde, war selbstverständlich allgemein bekannt, daß die vorhandenen Prämienreserven zur Deckung der erhöhten Renten und erhöhten Anwarschaften nicht reichen können. Der Gesetzgeber verließ daher das Prinzip des Prämiensystems und nahm in das Gesetz die allgemeine selbstverständliche Bestimmung auf, daß die Höhe der Beiträge in der Weise festzusetzen ist, damit mit eventuellen weiteren Einnahmen und mit Rücksicht auf die übrigen, für die Leistungsfähigkeit maßgebenden Umstände die Gewährung der Versorgungsgenüsse dauernd gewährleistet ist. Mangels eines genügenden statistischen Materials hat sich der Gesetzgeber nicht für ein bestimmtes Deckungssystem entschieden, sondern diese Entscheidung der Verordnungsgewalt überlassen. Die Durchführungs - Verordnung entschied sich bezüglich der Deckung der vor der Wirksamkeit des Gesetzes angefallenen Renten dauernd, und bezüglich der nach Wirksamkeitsbeginn des Gesetzes anfallenden Renten (Anwartschaften der am Tage des Wirksamkeitsbeginnes des Gesetzes noch aktiven Mitlieder) vorübergehend auf ein Jahr für das Umlageverfahren. Durch diese Durchführungsverordnung wurde der Minister für öffentliche Arbeiten bevollmächtigt, nach Ablauf eines Jahres die Art der Deckung der nach dem Wirksamkeitsbeginne des Gesetzes angefallenen und anfallenden Versorgungsgenüsse zu bestimmen. es ist daher unrichtig, und stimmt mit den Tatsachen nicht überein, wenn heute behauptet wird, daß das Gesetz Nr. 242Ü22 über die Bergbaubruderladen erlassen wurde, ohne daß sich die verantwortlichen Faktoren der Schwierigkeiten der Deckung der unbedingt notwendigen Valorisierung der Renten und Anwartschaften bewußt gewesen wären.

Für das erste Jahr der Wirksamkeit des neuen Gesetzes Nr. 242/1922 wurde der Monatsbeitrag für ein Mitglied auf Kè 87,- festgesetzt, von welchem Betrag der Arbeitgeber Kè 34,- und der Arbeitnehmer Kè 33,- zahlte. Dieser Beitrag konnte nicht reichen, als unmittelbar nach dem Tage, an welchem das neue Gesetz in Wirksamkeit trat, eine Massenentlassung der im Bergbaue beschäftigten Arbeiter eintrat, welche einerseits ein bedeutendes Sinken der Zahl der aktiven Mitglieder, andererseits ein abnormales Anwachsen der Zahl der Provisionisten zur Folge hatte.

Das Sinken der Mitgliederzahl ist aus nachstehenden Ziffern ersichtlich:

31. XII.
31. XII.
31. XII.
1. X.
31. XII.
31. XII.
Revier
1921
1922
1923
1924
1925
1926
Kladno27.70923.623 22.01022.00020.182 19.730
Pilsen8.4917.475 7.2216.4745.748 6.211
Brüx40.62038.713 36.03534.60032.380 31.467
Falkenau14.73311.476 9.2918.7598.907 8.673
Trautenau3.6563.331 3.2143.3752.253 2.368
Mähr.-Ostrau57.638 53.96352.77754.169 48.12451.696
Zástavka6.127 5.1934.6814.874 4.0024.161
Pressburg10.8299.009 9.63513.12712.407 12.757
Summa169.843152.383 144.864147.478134.003 137.063

Das Anwachsen der Anzahl der Rentner stellen die folgenden Ziffern dar:

Jahr
Anzahl der
Provisionisten
Witwen
Waisen
zusammen
1919-192025.19727.687 16.49669.380
31. XII. 192229.968 28.71518.29976.982
1. X. 192434.90429.450 13.19377.547
31. XII. 192542.023 29.27914.76086.062
31. XII. 192643.417 29.68815.22888.333

Wie aus dieser Aufstellung ersichtlich ist, entfällt von der Gesamtzahl des Zuganges an Rentnern der Hauptanteil auf den Zugang an Provisionisten. Während von dem Gesamtzugang an Rentnern, auf Witwen und Waisen zusammen eine Steigerung um 723 entfällt, beträgt diese Steigerung bei den Provisionisten 18.953.

Zweifellos hat dieses abnormale Anwachsen der Zahl der Provisionisten seine Ursache in den Massenentlassungen der Arbeiter, welche in den letzten Jahren systematisch durchgeführt wurden. Daß diese Massenentlassungen nicht nur durch die Absatzkrise, wie allgemein angeführt wurde, verschuldet wurden, sondern auch durch andere Gründe, das beweisen der Stand und die Verschiebungen der Mitglieder in den einzelnen Bruderladen, die nachstehend für die letzten 3 Jahre angeführt werden:

Anzahl der bei den Revierbruderladen ausgetretenen Mitglieder:

Infolge
Jahr
Kladno
Pilsen
Brüx
Falkenau
Trautenau
M. Ostrau
Zástavka
Pressburg
a) Invalidität
1924
-
222 1.30139253 921200108
1925
6804022.484 3842513.152 365232
1926
549267992 287431.592 257180
b) Ableben
1924
-
35 2044816 2971713
1925
13123182 4127270 3360
1926
12424159 3710264 1582
c) anderer Ursachen
1924
-
707 4.0592.870680 3.257266848
1925
3.3638365.104 2.5529866.532 1.9465.134
1926
3.9261.6275.719 3.5233585.831 2.3895.211
Zusammen
1924
-
964 5.5643.310749 4.475483969
1925
4.1741.2617.770 2.9771.2649.954 2.3445.426
1926
4.5991.9186.800 3.8474117.687 2.6615.473
Anzahl der eingetretenen Mitglieder:
Zusammen
1924
-
556 5.8332.449669 4.6011.1401.280
1925
3.1911.1624.186 3.6133443.475 1.4765.233
1926
4.1472.3816.049 3.60354211.091 2.8205.643
Hievon neue Mitglieder
1924
-
370 3.322494116 3.818
-
532
1925
1.8825742.754 537622.505
-
1.836
1926
1.6311.0572.927 6471286.144
-
2.728

Aus diesen Ziffern ist ersichtlich, daß für die Jahre 1924, 1925 und 1926 der Gesamtabgang an Mitgliedern 85.080 betrug, wovon auf Ableben und Invalidität 17.426 und auf die übrigen Ursachen 67.654 entfallen. Demgegenüber aber weist der Zugang insgesamt 75.484 Mitglieder auf, von welchen 34.057 neue Mitglieder sind.

Dieser Stand ist nicht nur ein Beweis der großen Mitgliederfluktuation, sondern auch eine treffende Bestätigung dafür, daß die Unternehmer die Absatzkrise dazu benützten, sich vor allem der älteren und in ihrer Arbeitsleistung weniger ergiebigeren Arbeiter zu entledigen. Hierin besteht auch die Erklärung für das abnormale anwachsen der Provisionisten und für eine der Ursachen der Krise der Bergarbeiterversicherung, welche auf das Konto der Unternehmer und auch der Staatsorgane gebucht werden kann, welche die wiederholten Forderungen der Bergarbeiterorganisationen, dieser Schädigung der Bergarbeiter und Ruinierung der Versicherung entgegenzutreten, bis heute unbeachtet ließen.

Der gesamte Jahresbedarf beträgt derzeit rund Kè 170,000.000

Bei dem jetzigen Stande von 130.000 Mitgliedern betragen die Beiträge:

a) der ArbeitgeberKè 84, 240.000
b) der ArbeitnehmerKè 51,480.000
Kè 135,720.000
sodaß das Betriebsdeficit rund Kè 35,000.000

beträgt, durch welches das Vermögen der Zentrallbrunderlade erschöpft wird.

III. Die Sanierung der Bergarbeiterversicherung.

I. Der ungünstige finanzielle Stand der Versorgungsversicherung der Bergarbeiter rief verschiedene Sanierungspläne hervor. Scheinbar besteht die leichteste Art der Sanierung in der Herabsetzung der Leistungen und erworbenen Anwartschaften und in der Verschärfung der Bedingungen für den Anfall der Renten.

1. An eine Herabsetzung der Renten und erworbenen Anwartschaften der aktiven Mitglieder kann nicht gedacht werden, da ja die jetzigen Renten gerade nur zum notdürftigsten Vegetieren ausreichen. Abgesehen davon, daß die Auszahlung der Bergarbeiterprovisionen nach dem Gesetze Z. 242/22 mit dem 1. Oktober 1924 in Kraft getreten ist, und davon, daß die Preise der wichtigsten Lebensmittel - und nur für diese wird die Bergarbeiterprovision ausgegeben und langt nicht einmal - nach Einführung der Zölle den Preisen des Jahres 1922 fast gleichkommen, ergibt sich die Unmöglichkeit einer Herabsetzung der Renten aus den folgenden Ziffern über das Verhältnis zwischen Invalidenrente und Durchschnittslohn:

Jahr
Durchschnittslohn eines Bergarbeiters in Kè
Mindestprovision
Durchschnittsprovision
absolut in Kè
in % des Durchschnittslohnes
absolut in Kè
in % des Durchschnittslohnes
1889
600,- 200,-33 1/3 206,1834,36
1913
1.113,- 200,-17,97257,42 23,13
1925
9.929,- 900,-9,062.676,31 26,95

2. Eine Verschärfung der Bedingungen für den Anfall der Renten durch Erweiterung der Geltung der Bestimmung des § 109 des Gesetzes Nr. 221/24 über den Begriff der Invalidität, ferner der Bestimmung des § 114 des Gesetzes Nr. 221/24, daß der Anspruch auf Witwenrente nur der invaliden Witwe zusteht, und ferner der Bestimmung des § 112 desselben Gesetzes über die Altersrente auf die Bergarbeiter ist ganz und gar unmöglich aus den folgenden Gründen:

a) Die Besonderheit, daß die Invalidenrente schon bei Berufsunfähigkeit gebührt, ist der Versicherung der Bergarbeiter und der Versicherung der Privatangestellten gemeinsam. Die Bergarbeiter könnten es nicht begreifen, daß derselbe Gesetzgeber den Bergarbeitern die gleiche selbstverständliche Wohltat nimmt, welche er den Privatangestellten zuerkennt, obwohl die Arbeit der Versicherten der Bruderladen ein viel größeres Unfalls-, Krankheits- und Invaliditätsrisiko mit sich bringt und obgleich ihre Arbeitsfähigkeit viel rascher sich verbraucht. Das besondere Risiko der bergmännischen Arbeit muß in einem besonderen Leistungsschema und in einer besonderen Umschreibung des Begriffes der Invalidität als Berufsunfähigkeit zum Ausdrucke kommen. Der Erlaß des österreichischen Ackerbauministeriums vom 6. Jänner 1905 Zl. 774/52, Amtliche Nachrichten. Beiblatt 1905 Zl. 2 hat durchaus richtig den sozialpolitischen Zweek und die sozial-politische Bedeutung dieser Umschreibung des Begriffes der Invalidität erfaßt, wenn er gleichzeitig anführt, daß aus wenn er gleichzeitig anführt, daß aus dem Gesetze sich das Recht der Bruderlade ergibt, bei Erwerbstätigkeit des Rentners die Rente zu unterbrechen. Rentners die Rente zu unterbrechen. Die Auslegung durch den Zitierten Erlaß des Ackerbauministeriums wurde in die §§ 11 und 19 des Gesetzes Nr. 242/22 aufgenommen. Ein Bergarbeiter, welchen man als qualifizierten Arbeiter betrachten muß, findet nämlich, wenn er zu seinem Berufe untauglich wird, nirgends mehr eine qualifizierte Beschäftigung; findet er Arbeit, dann ist er immer sozial degradiert; die Zuerkennung der Rente für den Fall der Berufsunfähigkeit ist daher der Ausgleich der durch die soziale Degradation entstehenden sozialen Einbusse, wobei der Ausgleich durch die Bestimmung des § 19 des Gesetzes Nr. 242/22 begrenzt ist.

b) Die Bergarbeiterwitwen hatten stets Anspruch auf Witwenrente, ohne daß ihr Anspruch durch ihre Invalidität bedingt gewesen wäre. Die Bestimmung des § 114 des Gesetzes Nr. 221/24 wird außer mit finanziellen. Gründen auch noch mit der Behauptung begründet, daß die unbedingte Witwenrente nicht notwendig ist, weil die Gattin eines Arbeiters an Erwerbstätigkeit gewöhnt ist und sich derselben vielfach auch bei Lebzeiten ihres Gatten Widmet, was bei den Ehegattinnen der Beamten nicht der Fall ist. (Siehe Dr. Gallas in dem Berichte des Ministeriums für soziale Fürsorge über die vorbereitende Tätigkeit für die Regelung und den Aufbau der Sozialversicherung vom 30. Juli 1921 S. 27). Diese Begründung paßt nicht für die Verhältnisse der Bergarbeiterfamilien, weil die Gattin des Bergarbeiters in der Regel nicht erwerbstätig ist; daher gilt insbesondere für die Bergarbeiterwitwen die Einwendung, welche gegen die Bindung des Anspruches auf Witwenrente an die Bedingung der Invalidität der Witwe das Mitglied des Institutes der französischen Mathematiker Ferdinand Dreyfuß mit den folgenden Worten zum Ausdrucke brachte: Die Umschreibung der Invalidität, die für einen Lohnempfänger in einem gelernten Berufe durchaus vernunftgemäß ist, erscheint eigentümlich elastisch und dunkel, wen es sich um ausschließlich ihrem Heime sich widmende Hausfrauen handelt. Auch dürfte keine Statistik jemals die Anwendung eines rationellen Versicherungssystems gegen die wirtschaftliche Invalidität ermöglichen für Leute, die außerhalb der Produktions- und Handelswirtschaft stehen. (Internationale Rundschau der Arbeit 1924/II. S. 1109 f.)

c) Wenn der § 112 des Gesetzes Nr. 221/24 die Leistung der Altersrente davon abhängig macht, daß der Versicherte nicht einmal ein Drittel dessen verdient, was ein körperlich und geistig gesunder Arbeiter desselben Berufes mit ähnlicher Schulung verdient, dann bedeutet dies bei den Bergarbeitern praktisch die vollständige Annullierung des Anspruches auf Altersrente.

3. Durch die Herabsetzung der Renten, durch die Aufhebung des Anspruches auf Invalidenrente bei Berufsunfähigkeit, durch die praktische Aufhebung des Anspruches auf Invalidenrente bei Berufsunfähigkeit, durch die praktische Aufhebung der Altersrente und des Anspruches auf unbedingte Witwenrente würde die Volkswirtschaft in keiner Weise gewinnen; die Personen, denen die Rente verweigert würde, fielen nämlich der öffentlichen Armenpflege zur Last, was einerseits ein Steigen der Gemeindeausgaben und daher auch der Gemeindeabgaben, anderseits eine bedeutende Vermehrung des körperlich und moralisch degenerierten Lumpenproletariates zur Folge hätte.

4. Ungeachtet der oben gegen eine Herabsetzung der Renten und gegen eine Verschärfung der Bedingungen des Rentenanfalles angeführten Gründe wäre eine derartige ausschließlich auf Kosten der Bergarbeiter, der Bergarbeiterpensionisten. Witwen und Waisen durchgeführte Sanierung eine Verletzung erworbener Rechte, welche unter der Bevölkerung Unruhe hervorruft und das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttert. Daher wurde bisher in keinem einzigen Staate an eine Herabsetzung der Renten und erworbenen Anwartschaften geschritten. Eine derartige Verfügung müßte zweifellos im Auslande das Vertrauen in die wirtschaftliche Kraft und Konsolidierung der Èechoslovakischen Republik erschüttern.

II. Die zweite Art der Sanierung besteht in einer Erhöhung der Einkünfte bei gleichzeitiger gerechter Aufteilung der Beitragslast.

Der mit der Sozialversicherung verbundene Aufwand gehört zu den Produktionskosten, welche allmählich entweder teilweise oder vollständig in den Preisen auf die Konsumenten überwälzt werden. Die Sozialversicherung beruht auf dem Gedanken, daß in dem Preise der Arbeit, dem Lohne, auch das Risiko der Arbeit angerechnet werden sollte. Da jedoch die Löhne nach diesem Risiko nicht abgestuft werden und auch nicht abgestuft werden können, sichert die Sozialversicherung den Arbeiter für den infolge Krankheit oder Invalidität unproduktiven Teil seines Lebens und ferner seine Familie für den Fall seines Todes [siehe Prof. Dr. Engliš: Nationalökonomie S. 428 ff)]. Die die Erwerbsfähigkeit des Arbeiters bedrohende Gefahr ergibt sich zum Teile aus seinem Berufe und zum Teile aus den allgemeinen sozialen und insbesondere hygienischen und gesundheitlichen Verhältnissen. Insoweit die Gefahr aus dem Berufe sich ergibt, muß der betreffende Betriebszweig den ganzen Aufwand tragen. Insoweit sich die Gefahr aus den allgemeinen Verhältnissen ergibt, muß der Staat zur Deckung der Versicherung gegen diese Gefahr beitragen. Bei der Unfallversicherung beruht das versicherte Risiko ausschließlich auf dem Berufe; dasselbe gilt, wenngleich nicht vollständig, so doch zum größten Teile, für die Krankenversicherung. Daher müssen für die Unfal- und Krankenversicherung die Mittel die Versicherten und ihre Arbeitgeber aufbringen. Viel erheblicher ist der Anteil der allgemeinen Verhältnisse bei den wirtschaftlichen Nachteilen, die mit dem Alter und mit der nicht aus Betriebsunfällen entstandenen Beschränkung der Erwerbsfähigkeit und mit dem nicht durch Betriebsunfälle verursachten Tode des Arbeiters verbunden sind. Hiedurch ist der staatliche Anteil an der Aufbringung der Mittel bei der Invaliden- und Altersversicherung und bei der allgemeinen Witwen- und Waisenversicherung begründet (van der Borght, Artikel Aufbringung der Mittel im Versicherungslexikon 1909 S. 131-136).

Da die Beiträge zur Sozialversicherung eigentlich einen Teil des Lohnes, durch welchen das Risiko der Arbeit vergütet wird, bilden, müßte der Teil der Beiträge, welcher auf die Versicherung gegen die mit dem Berufe verbundenen Gefahren entfällt, ausschließlich den Arbeitgebern auferlegt werden, sodaß zur Deckung der Invaliden-, Alters-, Witwen- und Waisenversicherung der Staat und die Arbeitgeber beizutragen hätten. Damit jedoch bei der Arbeiterschaft das Bewußtsein der persönlichen Verantwortlichkeit und das Interesse an der ganzen Institution nicht erstickt werden und damit das Bewußtsein der tatsächlichen Lohnböhe, zu welcher auch die Kosten der Versicherung gehören, aufrechterhalten wird, [Dr. Engliš: 1 c)] wird ein Teil der Beiträge den Arbeitern auferlegt.

Nach den oben angeführten Grundsätzen der Aufteilung der Beitragslast kann den Versicherten gewiß keine größere Last auferlegt werden, als welche sie in dem Falle zu tragen hätten, wenn die Bergarbeiterversicherung als neue Versicherung auf dem Prämiensystem aufgebaut würde, d. h. wenn keine alte Last vorhanden wäre. Den erforderlichen größeren Aufwand müssen die Unternehmer und die Volkswirtschaft (Staat und Konsum) tragen, und dies umso eher, als alle die finanzielle Grundlage der Versorgungsversicherung der Bergarbeiter erschütternden Umstände entweder durch allgemeine politische und wirtschaftliche Verhältnisse oder durch das Vorgehen der Bergbauunternehmer verursacht wurden. Diesen Standpunkt hat auch der Minister für öffentliche Arbeiten Prof. Dr. Spina vertreten und bestimmt ausgesprochen, als er am 11. November 1926 in der Sitzung des Budgetausschusses erklärte, daß für die Sanierung der Bergarbeiterversicherung zwei Quellen in Betracht kommen, und zwar die Arbeitgeber und die Staatskasse.

III. Die Wahl des Deckungssystems. In der Sozialversicherung werden nachstehende Deckungssysteme angewendet:

1. Die in einer bestimmten Zeitperiode z. B. innerhalb eines Jahres sich ergebenden tatsächlichen Auslagen der Versicherung werden nach einem bestimmten Schlüssel z. B. nach Köpfen oder nach Löhnen auf die zur Beitragszahlung verpflichteten Personen aufgeteilt. Dieses Deckungssystem ist das System der Umlage des Bedarfes einer bestimmten Rechnungsperiode (Umlageverfahren).

2. Wird nicht nur auf die Ausgaben der Rechnungsperiode, sondern auch auf die zukünftige Belastung durch die in der beispielsweise 5- oder 10jährigen Rechnungsperiode angefallenen Renten Rücksicht genommen, sodaß die Deckungskapitalien (das ist der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnetet Wert der in der Rechnungsperiode angeffalenen Renten und sonstigen Leistungen) umgelegt werden, dann sprechen wir vom Kapitakdeckungsverfahren.

3. Das Prämien- Anwartschaftsdeckungsverfahren (Prämiensystem) besteht darin, daß auf Grund der Hypothesen über die Wahrscheinlichkeit des Todesfalles der Versicherten und ihrer Angehörigen, der Invalidität und anderer kollektiver, den Verlauf der Sozialversicherung beeinglußender Erscheinungen, nach versicherungstechnischen Grundsätzen eine Durchschnittsprämie in der Weise im Vorhinein festgesetzt wird, daß der Wert aller in Zukunft zuerkannten Renten gedeckt ist durch den Wert aller Beiträge, welche der Versicherungsanstalt zufließen werden. (Siehe Motivenbericht zur Regierungsvorlage des Sozialversicherungsgesetzes, Druck des Abgeordnetenhauses der Èsl. Nationalversammlung 4186, 1923 S. 110/111).

Die Privatversicherung muß auf dem Prämiensysteme schon deshalb aufgebaut sein, weil die Ansprüche des Versicherten unabhängig von dem Zugange an Versicherten nach Abschluß des Versicherungsvertrages erfüllt werden müssen. Anders verhält sich die Sache jedoch bei der sozialen Pflichtversicherung, zu welcher auch die Versorgungsversicherung der Bergarbeiter gehört. Das Prämiensystem setzt voraus, daß sich die Verhältnisse, welche der Berechnung zugrunde gelegt wurden, nicht ändern (siehe Prof. Dr. Loewy: Versicherungslexikon 1924. S. 429. Artikel Deckungsmittel). Diese Voraussetzung kann bei der eine Einzelperson betreffenden Privatversicherung gemacht werden. Die Sozialversicherung betrifft nicht eine Einzelperson, sondern ein Kollektivum und ist daher für eine unbestimmte, theoretisch unbegrenzte Dauer bestimmt; die Voraussetzung, daß sich die Verhältnisse nicht ändern werden, ist daher schon mit Rücksicht auf diesen Umstand eine irrtümliche. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß die sozialen Erscheinungen durch keinerlei Berechnungen erfaßt werden können und daß sich die Renten der Sozialversicherung den veränderten sozialen Verhältnissen anpassen müssen, gelangte die moderne Wissenschaft über die Sozialversicherung zu dem Schlusse, daß das Prämiensystem für die Sozialversicherung keineswegs unter allen Umständen als ein wissenschaftliches Noli me tangere zu betrachten sei.

Das Umlageverfahren ist beweglicher, kann sich den Schwankungen des Geldwertes ampassen und erfordert schließlich auch keine Thesaurierung von Kapitalien. Gegen das Umlageverfahren wird mit vollem Rechte eingewendet, daß von dem Tage an, an welchem die ersten Versicherungsleistungen aus einer neu errichteten Versicherung zuerkannt werden, der Bedarf alljährlich steigt, da der Zugang an Renten größer ist als der Abfall. Daher müssen die Beiträge alljährlich erhöht werden, und dies solange, bis der sogenannte Beharrungszustand eintritt, in welchem der Zugang und Abfall an Renten sich gegenseitig ausgleicht. Dieser Mangel des Umlageverfahrens, daß der größte Teil der Last auf die zukünftigen Generationen überwälzt wird, ist sehr bedeutend, sodaß das Umlageverfahren bei Errichtung einer neuen Sozialversicherung nicht verwendet werden kann, was mit großer Gründlichkeit in dem Motivenberichte zum Entwurfe des Sozialversicherungsgesetzes dargelegt ist. Dieser einzige bedeutsame Mangel des Umlageverfahrens besteht jedoch nicht bei einer Versicherung, bei welcher der Beharrungszustand bereits eingetreten ist. Daß die Versorgungsversicherung der Bergarbeiter bereits in diesem Beharrungszustande sich befindet, ist in dem versicherungstechnischen Teile dieser Begründung dargelegt. Der Versuch, das Prämiensystem in einer alten, bezüglich des Zu- und Abganges der Renten bereits im Beharrungszustande befindlichen Versicherung, raschest einzuführen, würde bedeuten, daß man die Vorteile des Umlageverfahrens verschmäht und die Nachteile des Prämiensystems annimmt. Mit Rücksicht auf die Gefahren, daß durch Krisen und ähnliche Erscheinungen, wenngleich nur vorübergehend, plötzlich die Ausgaben erhöht und die Einnahmen herabgesetzt werden, muß der nach dem Umlageverfahren berechnete Beitrag so festgesetzt werden, damit eine größere Reserve angesammelt wird, welche sich allmählich derart erhöht, daß sie schließlich eine dem Prämiensystems entsprechende Deckung bildet. Auf diesem Umlageverfahren mit Ansammlung von Reserven sind derzeit in Deutschland die Sozialversicherung aller Zweige und insbesondere die Bergarbeiterversicherung nach dem Reichsknappschaftsgesetze, ferner die Pensionsversicherung der Privatangesetellten in der Republik Österreich, ferner das Pensionsgesetz der Bergarbeiter in Ungarn und schließlich auch der Entwurf des französischen Sozialversicherungsgesetzes aufgebaut.

Selbstverständlich ist vom mathematischen Gesichtspunkte aus der Aufwand in seiner Gänze bei jedem Deckungssysteme der gleiche; über die Wahl des Deckungssystems entscheidet die volkswirtschaftliche Erwägung, in welchem Verhältnisse der ganze Aufwand zeitlich aufgeteilt werden soll. Die heutige Wirtschaftslage erfordert die Aufteilung der Deckung auf eine längere Zeitperiode.

IV. Voranschlag. Der Gesamtbedarf, welcher sich nicht mehr erhöhen wird, weil in der Versorgungsversicherung der Bergarbeiter der Beharrungszustand eingetreten ist, beträgt:

Zur Deckung der Versicherungsleistungen Kè 161,000.000,-
zur Berichtigung des Lombardes und der Verwaltungskosten der Zentralbruderlade Kè 9,000.000,-,

welch' letzterer Betrag nach Bezahlung der Lombardschuld auf ungefähr Kè 2,000.000,- sinken wird.

Außerdem ist es notwendig, einen Reservefond zu bilden, und zwar sowohl zum Shutze gegen unvorbergesehene wirtschaftliche Erschütterungen als auch zum Zwecke der allmählichen Überführung des Umlageverfahrens in das vom Standpunkte der Versicherungsmathematik vollkommenste System.

Für den Fall, daß die alte Last (angefallene Renten und erworbene Anwartschaften) getilgt ist, würde die gesamte nach dem Prämiensysteme berechnete Jahresprämie Kè 830,- für jedes Mitglied betragen. Der monatliche Beitrag würde sohin für ein Mitglied rund Kè 70,- betragen, welchen der Arbeitgeber und der Arbeiter zur Hälfte zu zahlen hätten.

Bei einem Stande von 130.000 Mitgliedern würden die Beiträge betragen:

a) Beitrag der ArbeitgeberKè 54,600.000,-
b) Beitrag der ArbeitnehmerKè 54,600.000,-

Zur Deckung des laufenden Jahresbedarfes ist noch ein Betrag von rund Kè 60,000.000,- notwendig, welchen nach den oben angeführten Grundsätzen für die Verteilung der Beitragslast der Staat tragen müßte.

Neben den bereits oben angeführten Gründen für die Verpflichtung des Staates zur Bergarbeiterversicherung beizutragen, wäre noch auf den folgenden Umstand hinzuweisen. Für den Fall der Ausdehnung der Gültigkeit des Gesetzes vom 9. Oktober 1924 Nr. 221 Slg. d. G. und Vrdg. auf die Versicherung der Bergarbeiter müßte der Staat zu den Renten ein Staatsbeitrag nicht gezahlt wird, verringert sich eigentlich der Beitrag des Staates zur Sanierung der Versicherung der Bergarbeiter um die dem Staatsbeitrage nach § 123 des Gesetzes Nr. 221/24 entsprechenden Beträge.

Damit die Bergarbeiterversicherung gegen unerwartete wirtschaftliche Erschütterung geschützt ist und damit es möglich ist, genügende Reserven zu sammeln, müßten die Arbeitgeber einen Sonderbeitrag von Kè 25,- pro Mitglied und Monat zahlen; bei dieser Höhe des Sonderbeitrages und bei einer Zahl von 130.000 Mitgliedern würde die Einnahme aus diesem Titel Kè 39,000.000,- jährlich betragen.


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