Die Klagen mehren sich, daß einzelne politische Bezirksverwaltungen
bei Ausstellung von Urkunden z. B. Konzessionsurkunden an deutsche
Konzessionswerber, bezw. bei Ausstellung anderweitiger behördlicher
Bewilligungen im Falle verlangter Doppelsprachigkeit der Urkunden
eine doppelte Stempelung verlangen, sodaß in einem besonderen
Vorkommnisse eine Konzessionsurkunde mit 16 Kè Stempel
versehen werden mußte. Von dieser Stempelgebühr wurden
8 Kè für den tschechischen Text und 8 Kè für
die deutsche Übersetzung berechnet.
Schon seitens der zu Schaden kommenden Parteien wurden die politischen
Bezirksverwaltungen, welche eine derartige Auslegung des Gebührenrechtes
praktizieren, darauf aufmerksam gemacht, daß es keinesfalls
als berechtigt erscheinen kann, die Angehörigen einer Minderheitsnation,
welche eine Übersetzung ihrer Urkunde auch in ihrer Sprache
fordern, mit einer Doppelbesteuerung zu bestrafen. Vielmehr müßte
die deutsche Übersetzung als eine im Sinne der geltenden
Verordnungen berechtigte deutsche Übersetzung anzusehen sein,
welche Übersetzung auf keinen Fall an eine Gebühr gebunden
sein dürfte.
Auf solche Beschwerden antworteten die politischen Bezirksverwaltungen
noch jeweils, daß sie bei ihrem Vorgehen im Sinne eines
oberbehördlichen Erlasses handeln.
Weil die Unterzeichneten nicht in Kenntnis des Umstandes sind,
ob ein solcher Erlaß tatsächlich besteht, fragen sie
den Herrn Minister:
1. Ist er in Kenntnis eines solchen Erlasses über gesonderte
Gebührendberechnung für Übersetzungen aus der Staatssprache
bei Urkunden?
2. Ist er bereit, diese ungerechtfertigte Maßnahme abzustellen?
Einer der gefährlichsten Feinde des Arbeiters im Gewerbe
und Industrie ist der Staub. Tausende erwerbende Menschen sind
gezwungen, mit staubförmigen Arbeitsgütern wie Mehl,
Zement, Farben, oder mit Arbeitsgütern, die selbst viel Staub
enthalten (wie bei der Spinnstoffindustrie z. B. Wolle, Baumwolle,
Jute) umzugehen.
Durch die Bearbeitung von Arbeitsgütern entstehen gewaltig
gefährliche Staubmengen. Bei Benützung von staubförmigen
Hilfsmitteln wie z. B. bei der Eisendgießerei, Schleiferei
usw. ist die Gesundheit äußerst gefährdet.
In der Tschechoslowakei ist es heute noch erlaubt, daß sich
in den Raseurstuben, die oft recht klein an RAum sind, zehn bis
20 Menschen aufhalten. Ganz abgesehen von der schlechten und ungesunden
Luft, die in diesen Räumen entsteht, wird ungehindert geraucht.
Die Asche wird auf den Boden geklopft und in ganz kurzer Zeit
wirbelt der Staub in der Luft umher, um sich sodann gemischt mit
anderen Staubansammlungen neben dem scharfen Messer des Raseurs
niederzulassen. Ein Rauchverbot in den Raseurstuben wäre
daher am Platze.
Der Staub kann bekanntlich selbst giftig wirken wie z. B. bei
Bleifarbe. Der Träger giftiger Lebewesen ist eine Gefahr
für die Mitarbeiter. Meist ist der Staub in seinen kleinsten
Teilen spitz, hart, eckig, wie dies bei Quarz, Sandstein, Glas,
Eisen, Stahl, Holz der Fall ist. Wenn diese Staubsorten in größeren
Mengen in Magen gelangen, werden sie für den betreffenden
Arbeiter sehr gefährlich. Nicht minder gefährlich ist
der Staub für die Atmungsorgane. Der Staub kann mehr oder
weniger schere Hautreizungen und Entzündungen hervorrufen
(Mehlstaub die sogenannte Bäckerkrätze). Ernster und
die allgemeine Gesundheit schwer bedrohend ist die Schädigung
der Atmungsorgane, insbesondere der Lunge, daher in Verbindung
vermehrte Gefahr der Erkrankung an Lungenschwindsucht z. B. bei
Sandsteinarbeitern, Fakriksarbeiterinnen, Eisengießern,
Gußputzern, Metallschleifern, Glasschleifern usw.
Den Acker, den das Gesundheitsministerium zu bebauen hat, ist
der Mensch. Die Arbeitshygiene ist eine Wissenschaft vom Leben,
nicht vom Papier am grünen Tisch. Deshalb wirken auch Vorschriften,
Verordnungen, Gesetze, Ratschläge und Winke nur dann, wenn
jeder einzelne schwer bedrohte Arbeiter und jede Arbeiterin entsprechend
aufgeklärt wird.
In der letzten Zeit wurde es den Führern der Vereine für
Gesundheitspflege und Naturheilkunde seitens der Regierung und
ihrer Unterstellen ungemein schwer gemacht, sich an der arbeits-
und gewerbehygienischen Forschung und Aufklärungsarbeit zu
betätigen. Gewissenlose Bezirksärzte erblicken in der
Tätigkeit der Vereine für Gesundheitspflege und Naturheilvereine
eine Art Konkurrenz in der Ausübung ihres medizinischen Berufes.
So wird oft Allgemeinwohl durch gemeinen Eigennutz schwer in der
so wichtigen persönlichen Gesundheitspflege und deren Betätigung
gehindert.
Die Gefertigten stellen daher folgende Anfragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, unverzüglich alle notwendigen
Anordnungen zur Staubbekämpfung in gewerblichen und industriellen
Betrieben zu treffen?
2. Ist er bereit, zu verfügen, daß - ähnlich wie
in der Hauptstadt Prag - das Rauchen in den Haarschneide- und
Friseurstuben der ganzen Republik bei Androhung von Strafe verboten
wird;
3. Ist der Herr Minister bereit, einen Erlaß herauszugeben,
welcher den Arbeitern und Arbeiterinnen in allen in Betracht kommenden
Betrieben das Tragen von Atemschützern zur Pflicht macht;
4. Ist der Herr Minister weiter bereit, allen Stadt-, Bezirks-
und Krankenkassenärzten zur Pflicht zu machen, in ihrer Gesundheit
gefährdete Arbeiter kostenlos z untersuchen und ihnen zur
Erkennung der Gefahren nach Möglichkeit Röntgenaufnahmen
zur Verfügung zu stellen;
5. Ist der Herr Minister schließlich bereit, die Bedeutung
der gesetzlichen Grundlagen des Arbeiterschutzes dadurch mit vertiefen
zu helfen, daß er die Vereine für Gesundheitspflege
auffordern läßt, sich planmäßig an der Aufklärungsarbeit
in Sozialpolitik und Sozialhygiene zu befassen?
Nur der Mensch ist glücklich, dessen Leben einen Inhalt hat.
Inhalt schaffen nur erfüllte Pflichten. Pflichterfüllung
fällt dem am leichtesten, der eine Arbeit leistet, zu der
er sich berufen fühlt. So ist der Beruf die Grundlage des
menschlichen Glückes. Ein nicht geringer Teil menschlicher
Unzufriedenheit und menschlichen Elendes erwächst daraus,
daß nicht wenige Menschen, sei es durch Zufall, sei es durch
hässlichen, wirtschaftlichen oder örtlichen Zwang in
Berufe hineingestellt werden oder zu Arbeiten gekommen sind, die
weder ihren körperlichen noch ihren seelischen Anlagen entsprechen.
Körperliche Ungeeignetheit führt zu vorzeitiger Übermüdung,
Erschlaffung, Behinderung der vollen Erwerbsfähigkeit und
schließlich zu vorzeitigem Zusammenbruch, zur Invalidität
und zum frühen Tod.
Seelische Ungeeignetheit führt zu Minderleistungen für
sich und andere, zur Gefährdung von Menschen und Arbeitsgut,
zu Mißgunst und Streberei, zur Kleinigkeitskrämerei
und Engherzigkeit, zur Unzufriedenheit mit sich und der Welt,
zur Rückständigkeit und zum wirtschaftlichen Zusammenbruch.
Der Einzelne sowie die Volksgemeinschaft müssen in unserer
Zeit der Umwertung und des Neuaufbaues erst recht Wert darauf
legen, daß der richtige Mensch auf den richtigen Platz kommt,
damit keine Menschenkraft etwa durch Zufall der Geburt, des Wohnortes,
der wirtschaftlichen Verhältnisse usw. dem Volke verloren
geht. Es hat demnach eine Auslese der Berufsanwärter stattzufinden,
durch die das Vorhandensein bestimmter körperlicher und seelischer
Fähigkeiten festgestellt wird, die zu gewissen Berufen und
Arbeiten unbedingt erforderlich sind. Damit wird die Eignung für
den Beruf das Ausschlaggebende für diese Frage. Die Feststellung
der Eignung setzt aber auch voraus, daß die körperlichen
und seelischen Anforderungen, die der Beruf an seine Arbeiter
stellt, festgelegt werden.
Die hygienische Voraussetzung einer zweckmässigen Beruf sberatung
kann, wie die Dinge heute liegen, nur in der Schularzteinrichtung
gefunden werden.
Die Gefertigten stellen daher folgende Anfragen:
1. Sind die Herren Minister bereit, alle Anordnungen zu treffen,
daß zur Berufsberatung alle jenen Schritte unternommen werden,
die zum weiteren Ausbau der Berufsberatung notwendig sind?
2. Sind die Herren Minister bereit, die Ausübenden in der
Berufsberatung in erhöhtem Maße für die Schüler
der Berufsschulen (Fach- und Fortbildungsschulen), deren Schüler
und Schülerinnen sich mitten in der ausschlaggebenden Entwicklungszeit
ihres Lebens, in der Reifezeit, befinden, zu interessieren?
Am 29. Mai 1923 fand über Aufforderung des Schulreferates
in Pressburg eine Konferenz der Vertreter aller evangelischen
Mittelschulen unter Führung der Kirchenoberbehörde in
Angelegenheit der Verstaatlichung der konfessionellen Mittelschulen
der Slowakei statt. Bei den dort gepflogenen Verhandlungen gab
sowohl die Kirchenoberbehörde, als auch der Vertreter der
Schule die Erklärung ab, daß sie nur unter dem Druck
der Verhältnisse und gezwunden, im Prinzipe in die Verstaatlichnung
einwilligne (welcher Art der Zwang war, geht daraus hervor, daß
von Seite der Regierungsvertreter erklärt wurde, daß
jeder Anstalt, welche gegen die Verstaatlichung sei, die bisherige
Staatsunterstützung eingestellt werde). Bei dieser Sitzung
wurden die Richtlinien festgestellt, auf Grund deren die Verstaatlichung
durchgeführt und diese seitens der kirchlichen Oberbehörde
angenommen werden könnte.
Auf Grund dieser Richtlinien sollte mit den Schulerhaltern der
einzelnen evangelischen Mittelschulen ein ihren speziellen Verhältnisseen
entsprechender, der kirchlichen Oberbehörde vorzulegender
Vertrag abgeschlossen werden. Das Patronat des Kesmarker evangelischen
Lyzeums (Realgymnasiums) nahm das Ergebnis dieser Verhandlung
nolens volens zur Kenntnis in der Erwartung, daß bei den
Verhandlungen über einen definitiven Vertragsabschluß
die speziellen Verhältnisse in Kesmark, als dem Hauptort
der deutschen Zips, entsprechende Würdigung finden werden.
Allein es dauerte 5/4 Jahre, bis es betreffs der Verstaatlichung
dieser Anstalt zur Verhandlung kam. Erst am 2. September 1924
erschien die vom Ministerium für Schulwesen und Volkskultur
ausgesandte Kommission in Kesmark, um hier mit den vom Patronate
bestimmten Vertretern unter Beiziehung der kirchlichen Oberbehrde
die Verhandlungen aufzunehmen. Diese endeten mit einem Vertragsentwurfe,
der einerseits dem Patronate, anderseits den zuständigen
Ministerien zur Begutachtung, bezw. Annahme vorgelegt werden sollte.
Die hauptsächlichsten Punkte dieses Vertragsentwurfes betonen:
1.) Daß im Falle einer Rekatholisierung der jetzigen Staatsgymnasien
was immer für eines Typs in der Slowakei das Patronat das
Recht erlangt, seine Anstalt zu erneurern und auf seine Kosten
zu erhalten, ohne jede Staatsbeihilfe für sachlichen und
Personalaufwand, falls nicht der Staat auch zu den rekatholisierten
Mittelschulen aus Staatsmitteln beitragen sollte.
2.) Daß der Staat die Anstalt übernimmt und sich verpflichtet,
selbe mit deutscher Unterrichtssprache zu erhalten, eventuell
mit Hinzufügen von slowakischen Parallelklassen.
3.) Daß die definitiven Professoren und definitiven Angestellten
dieser Anstalt, insofern sie an der Anstalt im aktiven Dienst
stehen und insofern sie tschsl. Staatsangehörige und unbescholten
in politischer, strafrechtlicher, disziplinarischer Hinsicht und
qualifiziert für Mittelschulen nach den Bestimmungen des
tschsl. bezw. gewesenen ungarischen Staates sind, auf eigenes
persönliches Ansuchen in den Staatsdienst übernommmen
werden, unter den Bezügen, welche ihnen nach den Vorschriften
für tschsl. Mittelschulangestellte gebühren.
4.) Daß die Stelle des evangelischen Religions-professors
im Einvernehmen mit dem bischöflichen Amte des Ostdistriktes
der evangelischen Kirche A. B. besetzt werde, das sich die Meinung
des Patronates einholen kann.
5.) Bestimmte finanzielle Verpflichtungen, welche mit Rücksicht
auf die an der Anstalt bestehenden Fonde notwendig sind, welche
auch fernerhin unter staatlicher Aufsicht ihrem Zweck unter Verwaltung
des bisherigen Erhalters aufrecht erhalten werden. Die staatlichen
Beiträge sollten zur Ergänzung der Fonde bis zur Erreichung
ihrer ursprünglichen Höhe dienen.
Da der auf Grund der mündlichen Verhandlungen abgefaßte
Vertragsentwurf den bei der Verhandlung beteiligten Mitgliedern
nur in slowakischer Sprache zur Unterschrift vorgelegt wurde,
unterschrieben ihn die Vertreter des Lyzeums nur mit dem Vorbehalte,
daß sie ihre allfälligen Einwendungen gegen denselben
nach Vorlegung einer deutschen Übersetzung geltend machen
werden. In der Tat wurde am 5. September 1924 von diesen gegenüber
dem ursprünglichen (slowakischen) Text Änderung gefordert
und zwar bezüglich der Angliederung slowakischer Parallelklassen
die Beschränkung soweit es die Räumlichkeiten
und sonstigen Verhältnisse ohne Benachteiligung der deutschen
Klassen gestatten und ermöglichen, weiters die Einbeziehung
des Direktors in die Verstaatlichungsaktion und eine kleine Änderung
bezüglich der Bestellung des Religionsprofessors.
Das Patronat nahm diesen Entwurf mit den besagten Änderungen
in dem am 18. September 1924 abgehaltenen Konvente an, wobei besonders
betont wurde, daß es auf Grund er Kirchenverfassung an seinem
zugesicherten Rechte, Mittelschulen zu erhalten, festhalte und
sich die Wiederröffnung im Falle der Notwendigkeit vorbehalte.
Unbedingt aber besteht das Patronat darauf, daß der deutsche
Charakter der Schule bewahrt und sämtliche derzeit wirkende
Lehrkräfte übernommen werden.
Durch diesen einheitlichen Beschluß, in welchem als die
zwei Hauptupunkte die Erhaltung der Schule als deutsche Anstalt
und die Übernahme sämtlicher Professoren betont waren,
dachte man die richtige Basis für die eventuellen weiteren
Verhandlungen gefunden zu haben. Es sollte sich jedoch leider
bald zeigen, daß das Patronat mit der Annahme des unschuldig
erscheinenden Zugeständnisses der Hinzufügung slowakischer
Parallelklassen den chauvinistischen Wünschen der Schulverwaltung
zur Geltendmachung ihrer übertriebenen Aspirationen Tür
und Tor geöffnet hat. Ende Dezember 1924 langte vom Ministerium
eine Zuschrift ein, daß der Vertragsentwurf nur unter Änderung
gutgeheißen werfen könnte. Diese Änderungen betrafen:
1.) Die Weglassung der ganzen oben unter 1) angeführten Klausel
der Rekatholisierung. 2.) Die Bestimmung der Anstalt für
alle Zukunft als tschechoslowakisches Realgymnasium und
zwar mit deutscher Abteilung, solange an dieser Anstalt in die
einzelnen Klassen, als auch insgesamt eine genügende Anzahl
Schüler deutscher Nationalität eingeschrieben sein werden
und mit einer slowakischen Abteilung, deren I. bis VII. Klasse
nach Bedarf eröffnet wird. 3.) Bezüglich der Übernahme
der Professoren wurde, obwohl der Einbeziehung des Direktors zugestimmt
wurde, folgende Einschränkung gemacht: Die Beurteilung
der Tadellosigkeit der Professoren, die in den Staatsdienst zu
übernehmen sind, ist dem freien Ermessen der Staatsverwaltung
laut den gewonnenen Informationen vorbehalten. Die Entscheidung,
nach welcher die Übernahme irgend eines Professors wegen
nicht entsprechender politischer oder sonstiger Unbescholtenheit
abgelehnt wird, kann durch niemand geklagt werden." 4.) Eine
weitere Bestimmung bezieht sich auf die Aufhebung, Verlegung oder
Vereinigung der Anstalt mit einer, an einem anderen Orte befindlichen.
Die Mittelilung dieser Bedingungen wirkte geradezu konsternierend
und machte alle Hoffnungen auf eine glatte Abwicklung der Verhandlungen
zunichte. Denn diese Bedingungen nahmen an dem Vertragsentwurfe
so wesentliche Veränderungen vor, daß derselbe dadurch
gerade das Gegenteil von den Forderungen enthielt, unter denen
das Patronat in die Verstaatlichung einzugehen bereit war. Die
Annahme derselben würde nicht nur das Aufgeben des deutschen
Charakters der Schule, deren deutsche Klassen dadurch nur als
bedingungsweise Parallelklassen erklärt werden, die wann
immer aufgelöst werden konnten, weil der Begriff einer genügenden
Anzahl von Schülern deutscher Nationalität sehr dehnbar
ist und daraus sehr leicht eine Schlinge zur Erdrosselung der
deutschen Klassen oder Anstalt gemacht werfen kann, und die Einwilligung
in ihre eventuelle Verlegung bedeuten, sondern auch die Preisgabe
der Professoren, die der bürokratischen Willkür ausgeliefert
werden, sowie den gänzlichen Verzicht des Patronats, die
Schule je wieder zu erhalten.
Erst jetzt war klar ersichtlich, daß die Zuvorkommenheit
des Patronats, mit der es auf die Errichtung slowakischer Parallelklassen
einging, ein kaum mehr gutzumachender taktischer Fehler war.
Es war klar, daß auf diese Bedingungen des Ministeriums
nicht eingegangen werden konnte. Die Kommission sandte daher,
ohne dem Patronate von diesen unglaublichen Bedingungen zu berichten,
eine dreigliedrige Deputation nach Prag, wo im Schulministerium
die Wünsche vorgetragen wurden. Nach Anhörung derselben
wurde die Deputation aufgefordert, die vorgebrachten Wünsche
und Einwendungen im schriftlichen Wege an das Ministerium zu leiten.
Dies geschah im Wege des Bischofamtes. Dieses berief sich auf
das Nichtübereinstimmen der Bedingungen mit den, welche hinsichtlich
anderer evangelischer Mittelschulen beim Vertragsabsaschluß
in Wirksamkeit gelangten. Im besonderen wurde.
1.) betont, daß der Weglassung der Rekatholisierungsklausel
nicht zugestimmt werden könnte, daß aber folgende Formulierung
dieser Bestimmung vorgeschlagen werde: Das Patronat behält
sich das Recht vor, daß im Falle, wenn andere evangelische
Mittelschulen oder Mittelschulen einer anderen Konfession in der
Zukunft wieder errichtet werfen und eine Staatsbeihilfe erhalten
sollten, es auch das Recht hat, seine Mittelschule wieder z unterrichten
und dann in demselben Maße auf die Staatsbeihilfe Anspruch
hat. Die Kommission berief sich dabei einerseits als Präzedensfall
auf den Vertrag mit dem Schulerhalter des Rimavska-Sobotaer protestantischen
Realgymnasium, wo eine ähnliche Klausel, wenn auch mit anderen
Worten enthalten ist und mußte anderseits außerdem
noch auf den schwerwiegenden, speziellen Umstand hinweisen, daß
durch die Aufrechterhaltung dieses beanständeten Abschnittes
die einzige Möglichkeit gegeben ist, das Jonysche Legat im
Betnage von Kè 640.000.- dem Patronate zu erhalten, welches
ansonst den Erben des Testators zufallen würde und so für
die kulturellen und Erziehungszwecken gänzlich verloren ginge.
2.) Wurde darauf beharrt, daß die Schule mit Beibehaltung
des deutschen Charakters ohne Einschränkung übernommen
werde, die deutschen Klassen daher als Stammklassen gelten, denen
eventuell im Bedarfsfalle slowakische Klassen als Parallelklassen
angegliedert werden können, soweit es die Räumlichkeiten
gestatten. Hiefür war der Umstand ausschlaggebend, daß
Kesmark im Hauptzentrum der deutschen Zips, im Poppertale liegt,
wo sich in ringsumliegenden, starkbevölkerten deutschen Ortschaften
bei allen Bevölkerungskereisen ein starker Bildungsdrang
kundgibt, dem die fast 400 Jahre bestandene deutsche Schule im
vollen Maße entsprochen hat. Auch hier wurde auf die bedeutend
günstigere Behandlung von Pressburg und Rimavska Sobota verwiesen.
3.) Mußte auch bezüglich der Übernahme der Professoren
auf denselben Bedingungen beharrt werden, wie sie in den Verträgen
mit Nova-Ves, Rimavska-Sobota und Bratislava festgesetzt wurden.
Es würde auch den Grundprinzipien der Rechtspflege widersprechen,
daß eventuell einem Professor auf Grund er gegen ihn erhobenen
und ihm unbekannten Beschuldigungen, ohne daß er sich dagegen
rechtfertigen könnte, die Übernahme verweigert würde.
4.) Erachtet die Kommission auch die Aufhebung und Verlegung der
deutschen Mittelschule in Kesmark für ausgeschlossen und
konnte daher diesen Bestimmungen nicht zustimmen.
Auf diese Eingabe erfolgte Ende Mai die Antwort (Z. 38.814/25),
in welcher das Ministerium einzig und allein bezüglich der
eventuellen Rückgabe der Schule an den jetzigen Schulerhalter
eine Konzession macht, sonst aber auf seinem alten Standpunkte
verharrt und das Patronat mit seinen übrigen Wünschen
glatt abweist.
Die zur Verhandlung über die Verstaatlichung entsandte Kommission
beschloß hierauf, die ganze Angelegenheit dem Patronate
zu übergeben, da sie die weitere Verantwortung nicht übernehmen
könnte. Das Patronat nahm in seiner am 2. Juli 1925 stattgefundenen
Sitzung die Erfolglosigkeit der bisherigen Verhandlungen mit Bedauern
zur Kenntnis, beschloß aber die Verhandlung auf der bisherigen
Grundlage mit dem Ministerium durch die Kommission weiterzuführen,
insbesonderees aber unter Beachtung des Grundsatzes der Beibehaltung
des deutschen Charakters der Anstalt und der Übernahme sämtlicher
Professoren.
Die Kommission entledigt sich dieser Aufgabe mit ihrem Schreiben
vom 14. Juli 1925 an das Ministerium. Das Patronat erklärte
darin, auf seinem Standpunkt der Wahrung des deutschen Charakters
der Schule, den es bereits im Jahre 1919 unterstützt von
zahlreichen deutschen Gemeinden der Zips erfolgreich vertrat,
unbedingt festhalten zu müssen. Es berief sich darauf, daß
es in der am 29. und 30. Juli 1919 in Lipt. Sv. Mikulas stattgefundenen
Sitzung, wo über das Schicksal der evangelischen Mittelschulen
beschlossen wurde, sowohl von Seiten der kirchlichen Oberbehörde,
als auch seitens der Vertreter der Regierung die Zusicherung erhalten
habe, daß seine deutsche Schule als deutsche Mittelschule
weiterhin bestehen könne unter denselben Bedingungen wie
bisher. Durch das Verhalten des Ministeriums wurde diese Zusicherung
schwer getäuscht. Unter nochmaliger Anführung der Gründe
für den Standpunkt des Patronates wurde in der Überzeugung,
daß diese Forderungen auf rechtlicher Basis beruhen, nichts
Ungebührliches und Unmögliches enthalten, die nunmehrige
Zustimmung des Ministeriums zu der Angelegenheit erhofft, welche
in allen Kreisen der Zips Befriedigung hervorrufen würde.
Seither ist in der Verstaatlichungsangelegenheit dein weiterer
Schritt des Ministeriums erfolgt.
Es ist klar, daß die Annahme der Bedingungen, die das Ministerium
stellt, gleichbedeutend mit dem Aufgeben der deutschen Mittelschule
in Kesmark und mit der Preisgabe deren Professoren ist. Der intolerante
Standpunkt des Ministeriums entspringt der Absicht, eine von den
zwei deutschen Mittelschulen in der zips abzubauen. Und da sich
Kesmark als Zentrum des Zipser Deutschtums naturgemäß
keiner besonderen Beliebtheit bei der Regierung erfreut, so wird
der Abbau des Kesmarker Realgymnasiums eifrig betrieben. Da die
finanzielle Lage der Schulerhalter ungünstig ist, weil ein
beträchtlicher Teil der Schulerhaltungsfonde in noch immer
unverzinst gebliebenen Vorkriegsrenten steckt, wird seitens der
Regierung mit der Drohung der Einstellung der Subvention ein unmoralischer
Druck auf die Schulerhalter ausgeübt, um sie in der geschilderten
Weise zur Aufgabe des deutschen Charakters der Schule und Überführung
derselben in eine slowakische Anstalt zu pressen.
Der Bestand beider deutschen Mittelschulen sowohl in Kesmark wie
in Leutschau ist vollauf berechtigt. Die Schülerzahl betrug
im Schuljahre 1924Ü25 in Kesmark 345, in Leutschau 205. Besonders
der Besuch des Realgymnasiums in Kesmark steht den stärkst
besuchten slowakischen Anstalten nicht um viel nach. Es ist daher
dein Grund vorhanden, für die Übernahme dieser Anstalt
Bedingungen zu setzen, welche ihrer Aufhebung als deutsche Anstalt
gleich kommen und welche bei der Übernahme magyarischer und
slowakischer konfessioneller Mittelschulen in keiner Weise geübt
worden sind.
Wir fragen daher den Minister:
Ist er bereit, die Notwendigkeit der beiden genannten deutschen
Mittelschulen in der Zips anzuerkennen und zu veranlassen, daß
die Überführung des Realgymnasiums in Kesmark in die
Staatsverwaltung in der vom Patronate gewünschten und durchaus
erfüllbaren Form geschehe, welche den Bestand dieser Anstalt
als deutsche Mittelschule für alle Zukunft sichert?
Die Arbeiterunfallversicherungsanstalten haben umfassende vorbereitende
Arbeiten für eine Neueinreihung der versicherten Betriebe
in die Gefahrenklassen in Angriff genommen. Diese Arbeiten, an
denen die versicherten Betriebe ein grosses Interesse haben, können
nur dann von einem befriedigenden Erfolge begleitet sein, wenn
die Interessenten als solche eine entsprechende Statistik, gesammelt
aus den bisherigen Erfahrungen in der Praxis, zur Verfügung
haben. Diese Statistik ist unbedingt notwendig zur Beurteilung
der in Schwebe befindlichen Fragen.
Das mehr oder weniger enge Beisammensein einer größeren
Anzahl verschieden gearteter Menschen, oft von verschiedenen Geschlecht
und Lebensalter in den gewerblichen Betrieben, wo oft schnellaufende
Maschinen zu bedienen sind, oder besonders anstrengende Körperhaltungen
lange zu ertragen sind, führt dazu, daß dort Unfälle
häufiger sind. Dasselbe gilt für Betriebe mit Arbeitsstoffen
wie Giften, insbesondere giftigen Gasen, explosions- und feuergefährlichen
Stofen und Einrichtungen. Die immer mehr zunehmende Verwendung
der Elektrizität ist eine stetig wachsende Quelle von Unfällen.
Würde man eine Statistik anlegen und die aus der Unfallspraxis
gemachten Erfahrungen entsprechend verzeichnen, so würde
man feststellen, daß sich die meisten Betriebsunfälle
gegen Schluß der täglichen Arbeitszeit und am Ende
der Arbeitswoche als nicht zu verkennendes Zeichen der zunehmenden
körperlichen und geistigen Ermüdung des Arbeiters ereignen.
Arbeitsanfänger erleiden wegen mangelnder Übung und
Unkenntnis, ebenso Jugendliche aus dem gleichen Grunde und vor
Übermut und in Unterschätzung der Gefahren häufiger
Unfälle.
Die Gewöhnung an die Gefahr und die dadurch nicht selten
veranlaßte Gewohnheit, die als Arbeitshindernis empfundene
Schutzvorrichtung an Maschinen zu beseitigen, sind schließlich
eine weitere Quelle von Betriebsunfällen. Es besteht gar
kein Zweifel, daß am häufigsten die Unfälle infolge
Zusammenbruch von Gerüsten, Fallen von Leitern und Treppen,
usw. erfolgen. Aus den in anderen Ländern herausgegebenen
Statistiken ist zu ersehen, daß die Zahl der Unfälle
an Maschinen etwa höchstens nur ein Viertel aller Unfälle
ausmachen. Unfälle durch Einsturz, Herab- und Umfallen von
Gegenständen und schließlich solche beim Auf- und Abladen,
beim Heben und Tragen von Lasten sowie im Eisenbahnbetrieb sind
in der Mehrzahl. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen
die Unfälle durch abspringende Splitter.
Neben der Überwachung der gewerblichen Betriebe durch die
Betriebsräte und Gewerbeinspektoren, deren Jahresberichte
eine Fülle von lehrreichen Mitteilungen über Unfallgefahren
und Unfallverhütung im Betriebe enthalten, konnte bisher
für die Versicherten ein Vorteil deshalb nicht gesichert
werden, weil die bisherigen Erfahrungen noch nicht gemeinverständlich
zur klaren Beurteilung der Unfallhäufigkeit und Unfallverhütung
veröffentlicht wurden. Würde man den Versuch machen
und sich bemühen, eine radikale Beseitigung der Unfallsgefahren
durchzusetzen, so wäre unbedingt die Herausgabe einer Statistik
auf Grund der bisherigen Erfahrungen erforderlich. Bestände
eine Unfallsklarstellung, so würde zweifelloss ein weit größerer
Fortschritt in der Unfallsverhütung und eine Verbilligung
der Unfallversicherung zu verzeichnen sein. Auch die Einreihung
in die Gefahrenklassen könnte weit leichter und sicherer
erfolgen. Als Beispiel sei hier nur auf die Einführung der
runden Messerwelle an den sogenannten Abrichtehobelmaschinen in
der Holzbearbeitung anstelle der vierkantigen hingewiesen, die
heute allgemein verboten sind.
Nach Ermittlungen seitens der norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaften
waren im Jahre 1910 über 10 mal mehr Abrichtehobel in Gebrauch
als 1886. Trotzdem hatte sich die Häufigkeit der Unfälle
vermindert (1906 472 Unfälle, 1909, 353, 1912, 300 Unfälle),
auch hat sich die Schwere der Unfälle geändert, 1909
bis 1910 waren von je 100 Unfällen 10% entschädigungspflichtig
(also schwer) an Maschinen mit runder Messerwelle, gegen 40% an
Maschinen mit Vierkantwellen.
Arbeiter, Arbeitgeber, Krankenkasse, Berufsgenossenschaft hätten
eine wesentliche Ersparnis an Kosten, von der Hintanhaltung der
Not der verletzten Arbeiter soll hier ganz abgesehen werden. Zweifellos
würde aber der Arbeiter und die Arbeiterin weit mehr geschont
und geschützt.
Die Gefertigten fragen die Herren Minister:
Sind sie bereit, alle jene Schritte zu unternehmen, die notwendig
sind, um Arbeiterschaft und Gesundheit, sowie die Sicherheit des
Lebens im Sinne eines durchgreifenden Arbeiterschutzes so einzuleiten,
wie dies durch eine entsprechende Statistik zur Erhebung der Unfallhäufigkeit
und Unfallverhütung notwendig ist?
Sind sie bereit, die Erfahrungen der Wissenschaft einerseits mit
den Erfahrungen der Arbeiter-Unfallsversicherung andererseits
derart für die breite Öffentlichkeit zu publizieren,
damit man aus denselben lernen kann?
Sind die Herren Minister gewillt, jene gefährlichen und gesundheitsschädlichen
Betriebe im Gegensatz zu jenen Berufen, in denen die Gefahrenmomente
nicht so groß sind, durch eine entsprechende Statistik zu
veröftentlichen, aus der die Zahl der Todesfälle, der
dauerneden, völligen, der teilweisen und vorübergehenden
Erwerbsunfähigkeit (von 1000 Vollarbeitern bei je 300.000
vollberechneten Arbeitstagen) zu ersehen ist?
Sind sie weiter bereit, noch vor der Revison und Neueinreihung
in die Gefahrenklassen bei der Arbeiterunfallversicherung eine
entsprechende Statistik der praktischen Erfahrung in den letzten
10 Jahren herauszugeben und allen Interessentenkreisen zu übermitteln?