Am 21. April 1926 erhielt der Stadtrat Karlsbad von de politischen
Bezirksverwaltung Karlsbad unter Berufung auf § 13 des Einquartierungsgesetzes
vom 11. Juni 1879, R. G. Bl. Nr. 93, den Auftrag, unverzüglich,
spätestens jedoch binnen 24 Stunden der Militärbehörde
Räumlichkeiten zur dauernden Einquartierung von 130 Mann,
4 Offizieren, 2 Rottmeistern, 7 Pferden, 1 Wagen, 1 Kanzlei, 1
Küche und ein Marodenzimmer zur verfügung zustellen.
Die Stadtvertretung Karlsbad erhob in ihrer am 21. April stattgefundenen
Sitzung gegen diesen Auftrag Einsprache und übermittelte
ihre Bedenken auch drahtlich dem Herrn Präsidenten der Republik.
Ein Grund für die plötzliche Verlegung einer Garnison
nach Karlsbad erscheint nicht gegeben. Mit Recht befürchtet
die ihrer Pflichten für die Erhaltung der Kurortes bewußte
Stadtvertretung, daß eine solche Garnison in einem Weltkurort,
in welchem Kranke aus der ganzen Welt Erholung und Heilung suchen,
ein wesentliches Moment der Unruhe darstellt, und daß die
von den Kurgästen gewünschte Ruhe durch das Durchmarschieren
von Truppen, durch die Abhaltung von Übungen und insbesonders
von Schießübungen in der Umgebung so beeinträchtigt
würde, daß eine schwere Beeinträchtigung des Kurortes
zu befürchten ist. Die Militärbehörde hat hinreichend
Möglichkeiten zur Errichtung von Garnisonen in den Orten,
in denen sie eine Notwendigkeit für gegeben hält. Außerdem
hat die Stadtgemeinde gar keine Möglichkeit, in der Stadt
selbst oder in der Umgebung für die Unterbringung einer solchen
Garnison Vorsorge zu tragen. Eine von der Stadtgemeinde gegen
den Auftrag der politischen Bezirksverwaltung sofort bei der politischen
Landesverwaltung eingebrachte Beschwerde wurde bis zum heutigen
Tag nicht erledigt, was umso merkwürdiger ist, als der eingangs
erwähnte Auftrag eine vollständig unbegreifliche Dringlichkeit
der Antwort der Stadtgemeinde aussprach.
Wir richten daher an die Herren Minister folgende Anfragen:
1. Welche waren die Gründe für die Absicht der Verlegung
einer Militärgarnison nach Karlsbad?
2. Ist die Regierung bereit, im Hinblick auf die begründeten
Vorstellungen der Stadtvertretung von dieser Absicht abzustehen
und den berechtigten Schutz de Lebensinteressen des Weltkurortes
Karlsbad im Auge zu behalten?
Nach Blättermeldungen hat sich der Eisenbahnminister über
die Erhöhung der Personenfahrpreise folgendermaßen
geäußert:
Die Erhöhung ist eine fertige Tatsache. Sie ist gründlich
erwogen und durchgerechnet worden Leider wird eine 22%tige Erhöhung,
wie ursprünglich beabsichtigt, nicht genügen. Wir werden
zu einer höheren Tariferhöhung greifen müssen und
zwar um volle 33%. Diese Erhöhung wird in der nächsten
Zeit in Kraft treten, jedoch nicht vor dem Sokolkongreß.
Diese Ankündigung stellt alles andere denn eine freudige
Überraschung für die Bevölkerung dar. In einer
Zeit wirtschaftlicher Nöte, da Tausende von Existenzen zusammenbrechen,
in einer Zeit der Arbeitslosigkeit und angesichts unzureichender
Löhne und Gehälter sowie einer drückenden Steuerlast
geht der Staat mit Preiserhöhungen voran. Es zeigt sich hierin
das wahre Gesicht des Tschechoslowakischen Staates, welcher einmal
- vor Jahren - geradezu als Mittelpunkt des sozialen Fortschritts
gedacht war. Die Staatseisenbahnverwaltung müßte sich
darüber klar sein, daß diese tiefeinschneidende Maßnahme
zu weiteren Verteuerungen und damit zu weiteren Existenzschwierigkeiten
für die breiten Massen der Bevölkerung führen wird.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister folgende Anfrage:
Ist er bereit, ausführlich darzulegen, weshalb überhaupt
angesichts der doch angeblich durchgeführten Sparmaßnahmen
in der Verwaltung eine Verteuerung der Fahrpreise beabsichtigt
wird?
Ist er schließlich gewillt, die Einführung der 4. Wagenklasse
bei Personenzügen in Erwägung zu ziehen, um auf diese
Weise wenigstens einem Teil der Bevölkerung die Möglichkeit
zu gewähren, zu einem halbwegs annehmbaren Fahrpreise die
Eisenbahnen benützen zu können?
Die heute für neue Telephonanschlüsse geltenden Gebühren
sind ungemein hoch und sie bewirken, daß besonders die Landgemeinden
telephonische Anschlüsse nicht erhalten könne. Dadurch
sind die Bewohner der Landgemeinden benachteiligt.
Die heute geltenden Sätze sind:
a) | b) | c) | ||
Kè | Kè | Kè | ||
1. | mehr als 5000 | 1600 | 1400 | 1100 |
2. | 2001 als 5000 | 1400 | 1200 | 960 |
3. | 501 als 2000 | 1240 | 1140 | 820 |
4. | 201 als 500 | - | - | 700 |
5. | 51 als 200 | - | - | 600 |
6. | 21 als 50 | - | - | 540 |
7. | bis höchstens 20 | - | - | 480 |
Im Interesse der Berücksichtigung der Landgemeinden wäre
ist notwendig, bei der Abonnentenzahl unter 20 folgende Änderung
der Sätze vorzunehmen:
7. | 11 als 20 | - | - | 480 |
8. | 6 als 10 | - | - | 200 |
9. | 1 als 5 | - | - | 100 |
Durch Erweiterung dieser Unterabstufungen wird der Ausbau des
Telephonverkehres am flachen Lande gefördert, was gewiß
für die Telephonverwaltung selbst, obwohl geringere Sätze
in Anschlag kommen, keinen Nachteil bedeutet. Die Erfahrung lehrt,
daß die am Lande wohnenden Telephon-Absonnenten doch den
größten Teil ihrer Gespräche interurban führen,
wofür wieder besondere Gebühren entrichtet werden müssen.
Durch die Höhe der interurbanen Sprechgebühren werden
num wieder der Telephonverwaltung größere Einnahmen
zugeführt, die vollständig die vorerwähnten niedrigeren
Sätze für Einzelanschlüsse ausgleichen.
Der Herr Minister wird gefragt, ob er bereit ist, darauf Einfluß
zu nehmen, daß die Gebühren für Telephoneinzelanschlüsse
im vorangedeuteten Sinne eine verbilligende Abstufung erfahren.
Insolange die zur Herrschaft Czernin-Morzin und Harrach gehörigen
Waldungen im privaten Betriebe waren, wurde der armen Bevölkerung,
die ihren Reisig- und Holzbedarf durch Aufklaubearbeit in den
herrschaftlichen Waldungen besorgten, kein Hindernis in den Weg
gelegt. Anders wurde es dagegen seitdem ein Teil der erwähnten
Waldherrschaften in Staatseigentum und damit in die staatliche
Verwaltung übergegangen sind. Seit dieser Zeit ist das Aufklauben
von Reisig und Holz in den staatlichen Forsten und den Besitz
von Klaubholzzetteln geknüpft, für deren Ausfolgung
nun wieder besondere Bedingungen erfüllt werden müssen.
So erhält einen Klaubholzzettel um den Betrag von 15 Kè
nur jene Person, welche 10 Tage lang bei dem Aussetzen von Waldpflanzen
mithilft, wobei freilich für diese Arbeit täglich ein
Lohn von 10 Kè bezahlt wird. Der Klaubholzzettel wird jedoch
umsonst gegeben, wenn 20 Tage lang gegen Entschädigung in
der vorerwähnten Lohnhöhe bei dem Aussetzen von Waldpflanzen
mitgeholfen wird. Für einen Klaubholzzettel müssen jedoch
100 Kè jene Personen bezahlen, welche bei dem Aussetzen
von Wald pflanzen nicht mithelfen. Der letztangeführte Fall
liegt ziemlich häufig vor , denn die Männer aus bedürftigen
Familien sind anderweiting beschäftigt und können nicht
des Aussetzens der Waldpflanzen halber ihre Arbeit aufgeben. Ihre
Frauen vermögen aber auch nicht die Arbeit zu besorgen, weil
es sich oft um Frauen handelt, die ihre kleinen Kinder nicht unbeaufsichtigt
lassen können oder die infolge ihres körperlichen Zustandes
(Schwangerschaft) im Walde bei den Pflanzenarbeiten nicht mitzuhelfen
vermögen.
Der Herr Minister für Landwirtschaft wird deshalb ersucht,
bekanntzugeben, ob er bereit ist, darauf einzuwirken, damit die
Ausfolgung von Klaubholzzetteln nicht an unnütze Härten
gebunden wird?
In dem im Riesengebirge gelegenen Orte Witkowitz, Steuerbezirk
Starkenbach, befinden sich eine Anzahl Kleinlandwirte, welche
die durch die Winterszeit bedingte Muße dadurch ausnützen,
daß sie ohne dabei überhaupt an besondere Einnahmen
zu denken, Gegenstände anfertigen, die bei ihrer Veräußerung
im erzielten Erlöse nicht einmal die aufgewendete Arbeitsleistung
bezahlt machen. Zu derartigen Erzeugnissen gehören Holzrechen.
Der Umfang der Herstellung von Holzrechen ist ungemein bescheiden
und ebenso die daraus erzielte Einnahme. Trotzdem vermeint die
Steuerverwaltung in Starkenbach, daß für sie in derartigen
ärmlichen Einkünften gleichfalls eine Steuerquelle zu
erblicken ist und sie bezieht deshalb die Erzeuger von Holzrechen
mit in die Erwerbsteuerpflicht ein. So ist es erklärlich,
daß dem Kleinlandwirte Josef Schier in Witkowitz Nr. 196
an Erwerbsteuer 34.- Kè abverlangt und daß ihm für
eine Reihe Jahre außerdem 64.- Kè an Umsatzsteuer
vorgeschrieben wurden. Schier erzeugt in den Wintermonaten Jänner
bis März etwa 120 Stück Holzrechen, die bei dem Verkaufe
pro Stück um 5.- Kè einen Gesamterlös von 600.-
Kè bringen. In dieser Einnahme ist neben der Entlohnung
für den Arbeitsaufwand auch die Bezahlung des verwendeten
Materiales enthalten. Diese Darstellung ergibt, daß es sich
im vorliegenden Falle tatsächlich um eine Angelegenheit handelt,
die selbst von der einnahmelüsternen Finanzverwaltung gut
übersehen werden kann.
Mit der Vorschreibung von Erwerb- und Umsatzsteuer geht die Steuerverwaltung
in Starkenbach aber auch gegen die Kleinlandwirte Wendelin Schier
in Witkowitz Nr. 100 und Johann Franz in Witkowitz Nr. 321 vor
, die ebenfalls Holzrechen erzeugen und nebenbei Schlittenreparaturen
besorgen. In gleicher Weise werden aber auch Anton Fischer in
Witkowitz Nr. 76 und Johann Fischer in Witkowitz Nr. 72 betroffen,
die sich mit der Reparatur von Töpfen und mit dem Schärfen
von Sägen befassen und das deshalb tun, weil i ganzen Orte
Handwerker nicht vorhanden sind, welche diese oftmals dringlichen
Arbeiten besorgen könnten. Im Falle vorkommender Reparaturen
ist es den Bewohnern von Witkowitz nicht immer möglich, nach
Rochlitz, Hohenelbe oder Starkenbach zu gehen, weil die Entfernungen
dorthin sehr weit sind. Unter der Woche muß die Bevölkerung
auch ihrer Arbeit nachgehen und an Sonntagen sind in den angeführten
Städten alle Betriebe geschlossen. Es muß infolgedessen
im Orte Witkowitz selbst irgend jemand vorhanden sein, der dringliche
und unaufschiebbare, kaum für die Rede stehende Reparaturen
ausführt. Die Arbeitsleistungen haben auch gar nicht das
Gepräge gewerblicher Arbeit.
Deshalb wird der Herr Finanzminister gefragt, ob er bereit ist,
der Steuerverwaltung in Starkenbach den Auftrag zu enteilen, daß
sie Kleinlandwirte, welche über Winter eine vollständig
ertragslose Heimarbeit besorgen, nicht mit unbegründeten
Steuerverpflichtungen verfolgt?
Auf Grund des Gesetzes über die Vermögensabgabe und
Vermögenszuwachsabgabe haben viele abgabepflichtigen Personen
oft unter Aufnahme von Schulden Bezahlungen geleistet, die häufig
in jenen Fällen die volle Abgabepflicht erfüllten, wo
die Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe zusammen
500 Kè nicht überstiegen. Durch die Novellierung des
Gesetzes über die Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe
wurden die in der Novelle vom 21. Dezember 1923, Slg. d. G. u.
V. Nr. 6 ex 1924 festgelegten Abschreibungen durchgeführt.
Dadurch sind die abgabepflichtigen Personen zu Gläubigern
der Finanzverwaltung geworden. Die geleisteten Überzahlungen
sollten a konto anderer Steuern verrechnet und in jenen Fällen
zurückgezahlt werden, wo Steuerrückstände nicht
vorhanden sind und eine Steuerverpflichtung überhaupt nicht
mehr besteht. Nichtsdestoweniger wird die Klage laut, daß
Personen, die aus der Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe
ein Guthaben besitzen, von den Steuerämtern mit Steuerexekutionen
verfolgt werden. In solchen Fällen müßte es Aufgabe
der Steuerämter sein, eine klare Verrechnung der Guthaben
und der Steuerschulden durchzuführen. In Jenen Fällen
aber, wo eine Steuerverpflichtung überhaupt nicht mehr vorhanden
ist, sollten längst schon die geleisteten Überzahlungen
mit Zurechnung der entstandenen Vergütungszinsen zurückgezahlt
werden.
Der Herr Finanzminister wird infolgedessen gefragt, ob er bereit
ist, zu verfügen
1.) daß Personen, welche auf Grund von Überzahlungen
im Zusammenhange mit der Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe
bei den Steuerämtern ein Guthaben besitzen, von Steuerexekutionen
verschont bleiben.
2.) daß der Ausgleich zwischen den aus der Vermögensabgabe
und Vermögenszuwachsabgabe resultierenden Überahlungen
mit den Steruerschulden ehestens erfolgt und
3.) daß Personen, welche überhaupt zur Leistung von
Steuern nicht mehr verpflichtet sind, die Überzahlungen der
Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe baldigst
bar unter Einrechnung von Vergütungszinsen zurückerhalten.
Im April 1925 wurde in Mirschikau (Bez. Bischofteinitz) anläßlich
der bevorstehenden Errichtung einer tschechischen Minderheitsschule
die übliche Agitation unter den deutschen Eltern betrieben
und ihnen für den Fall der Anmeldung ihrer Kinder Gründe
vom dortigen Meiergof versprochen. Durch diesen Köder verleitet
ließen auch verschiedene Parteien ihre Kinder für die
tschechische Minderheitsschule vormerken.
Da aber einerseits diese Versprechungen nicht eingehalten wurden,
anderseits die Eltern zur Überzeugung gelangten, daß
ihre Kinder in der tschechischen Minderheitsschule, deren Unterrichtssprache
sie überhaupt nicht beherrschen, dem Unterrichte nicht folgen
können, gaben sie die Absicht, die Kinder die tschechische
Schule besuchen zu lassen, auf und haben sie am Schlusse des Schuljahres
1924/25 bei den ordnungsmäßig kundgemachten Einschreibungen
in die deutsche Schule in Mirschikau einschreiben lassen. Diese
Kinder wurden dortselbst auch ordnungsmäßig aufgenommen
und besuchen die deutsche Schule seit Beginn des Unterrichtes
im Schuljahre 1925/26 regelmäßig.
Am 11. September 1925 wurde nun in Mirschikau die tschechische
Minderheitsschule eröffnet und am 18. September 1925 wurden
die Parteien, welche im April 1925 die Kinder für die tschechische
Schule vormerken ließen, von der politischen Bezirksverwaltung
in Bischofteinitz mit dem Erlasse vom 15. September 1925. Z. 30270/I
aufgefordert, ihre Kinder in die tschechische Schule in Mirschikau
zu schicken, widrigenfalls sie nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes
vom 13. Juli 1922, No. 226 Slg. bestraft würden. Gegen diesen
Auftrag haben die Eltern den Beschwerdeweg beschritten.
Dieser Vorgang aber zeigt, daß nunmehr sogar die tschechischen
Behörden die Pressionen auf deutsche Eltern mit amtlichen
Mitteln unterstützen, bezw. sogar selbst Pressionen ausüben.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß die deutschen Eltern
in Mirschikau im Sinne des § 33 der def. S. u. U. O. verpflichtet
waren, ihre Kinder zur regulären Schüleraufnahme in
die deutsche Schule vorzuführen. Diese reguläre Einschreibung
für das Schuljahr 1925/26 war die mit dem Erlasse des Ministeriums
für Schulwesen und Volkskultur vom 21. April 1925 Z. 30649-I
für die Zeit vom 27. Juni bis 1. Juli 1925 angeordnete Einschreibung.
Ebenso ist es unzweifelhaft, daß die ordnungsmäßig
während dieser Zeit angemeldeten Kinder, sofern sie im Schulsprengel
wohnen, und im schulpflichtigen Alter stehen, gemäß
§ 36 der S. u. U. O. unter allen Umständen in die Volksschule
aufzunehmen waren. Es haben daher sowohl die Eltern, wie der Schulleiter
der Schule in Mirschikau die ihnen gesetzlich aufgetragenen Pflichten
erfüllt. Die Einschreibungen sind rechtsgültig und die
Eltern können nicht gezwungen werden, diese zu ändern.
Nun greift aber die tschechische politische Bezirksverwaltung
tu dieser Pression und beruft sich dabei auf § 14 des Gesetzes
vom 13. Juli 1922, No. 226 Slg., welcher von der Bestrafung der
Übertretungen gegen die Schulpflicht und den Schulbesuch
handelt. Es muß aber doch jedem logisch denkenden Menschen
klar sein, daß gegen die Eltern, welche der gesetzlichen
Pflicht der Einschreibung Genüge geleistet haben und ihre
in die deutsche Schule eingeschriebenen Kinder regelmäßig
die deutsche Schule besuchen lassen, nicht der Vorwurf der Verletzung
der Schulpflicht und des Schulbesuches geltend gemacht werden
dann. Die im § 14 festgelegten Vorschriften könnten
geradezu nur im gegenteiligen Falle angewendet werden, wenn nämlich
die Eltern ihre Kinder nicht in die deutsche Schule einschreiben
und diese besuchen lassen. Es gibt für jedes Kind nur die
Pflicht zum Besuche einer einzigen Schule, und dies ist jene Schule,
in welche es nach seiner Nationalität gehört und in
welche es rechtskräftig eingeschrieben und aufgenommen wurde.
Es gibt weiters für die Erfüllung der Schulpflicht und
des Schulbesuches nur eine rechtsgültige Einschreibung und
das ist die ordnungsmäßig behördlicherseits angeordnete
und öffentlich kundgemachte allgemeine Einschreibung. Auch
die tschechische Minderheitsschule wäre verpflichtet gewesen,
eine solche Einschreibung öffentlich kundzumachen.
Nur die bei dieser Einschreibung eingeschriebenen Kinder könnten
gemäß § 14 gezwungen werden, die tschechische
Minderheitsschule zu besuchen, nie aber die ordnungsmäßig
in die deutsche Schule eingeschriebenen und aufgenommenen Kinder
Eine Einschreibung der hier in Betracht kommenden deutschen Kinder
hat aber bei der Einschreibung in die tschechische Minderheitsschule
nicht stattgefunden. Die im April 1925 erfolgten Vormerkungen
der deutschen Kinder für die tschechische Minderheitsschule
haben gar keine rechtliche Bedeutung, da sie selbstverständlich
einer Einschreibung nicht gleich kommen können, denn einerseits
waren diese Vormerkungen nicht als rechtlich geltende Einschreibungen
im Sinne des § 34 der S. u. U. O. öffentlich kungemacht
worden und anderseits können sie auch nicht rechtlich als
Einschreibungen angesehen werden, da eine Einschreibung selbstverständlich
nur in einer bestehenden Schule denkbar ist. Die tschechische
Minderheitsschule aber hat im April 1925 als die Vormerkungen
vorgenommen wurden, überhaupt noch nicht bestanden.
Es ist also der bohördliche Auftrag, welcher die deutschen
Eltern unter Androhung von Strafen zum Besuch ihrer Kinder der
tschechischen Minderheitsschule zwingen soll, eine krasse Gesetzesübertretung.
Wir fragen daher den Herrn Minister, ob ihm dieser Fall bekannt
ist, und ob er bereit ist, diesen krassen willkürlichen Akt
der politischen Bezirksverwaltung in Bischofteinitz entsprechend
zu ahnden und Vorsorge zu treffen, daß in Hinkunft der Pression
deutscher Kinder in tschechischen Minderheitsschulen nicht durch
amtliche Mittel der tschechischen Behörden Vorschub geleistet
werde?
Am 20. Juni 1925 wurde die tschechische Ausstellung der tschechischen
Volksschulen und Bürgerschulen im Kino zu Hruschau in Anwesenheit
des Landespräsidenten Šrámek, Vorsitzenden des
schlesischen Landesschulrates, eröffnet. Bei dieser Feier
hielt der Direktor der dortigen tschechischen Bürgerschule
E. Willert eine gegen das Deutschtum von Hruschau gerichtete Hetzrede,
in der er betonte, daß ein Überrest des dem Tode sich
nähernden Deutschtums in Hruschau die deutsche Bürgersschule
mit 87 Kindern (in Wirklichkeit 93) sei, von denen 40 Schüler
slawischen Ursprunges sind. Es ist deshalb das Verlangen der Tschechen
berechtigt, diese Schule aufzulösen.
Einige Tage später war in der Zeitung Deník
zu lesen, daß der sehnlichste Wunsch aller Tschechen erfüllt
sei, da die deutsche Bürgerschule vom schlesischen Landesschulrate
aufsteigend aufgelassen werde und die Einschreibungen in die 1.
Klasse der deutschen Bürgerschule bereits augehoben wurden.
Erst eine Woche später erschien der Erlaß des schlesischen
Landesschulrates, in welchem der Direktion verboten wurde, die
Einschreibungen in die 1. Klasse vorzunehmen, sodaß mit
Ende des Schuljahres 1927 die Bürgerschule aufgehört
habe zu bestehen.
Nun fanden die Einschreibungen statt. Die Schüler der fünften
Klasse der Volksschule wurden für das 6. Schuljahr eingeschrieben
und es meldeten sich für diese Klasse 56 Schüler, die
eigentlich die 1. Klasse der Bürgerschule besuchen wollten.
Gegen diese Einschreibungen wurden alle erdenklichen Mittel angewandt,
doch ließen sich die Eltern dadurch nicht abschrecken.
Am 1. Juli 1925 fand eine Ortsschulrat-Sitzung statt, in welcher
die Vertreter der deutschen Bevölkerung entschiedenen und
feierlichen Einspruch gegen die Schließung der 1. Klasse
und gegen die Aufhebung der Einschreibungen erhoben, weil diese
Verfügungen des Landesschulrates vollkommen ungesetzlich
waren. Die im Erlasse angeführten Gründe entbehrten
jedweder wahren Grundlage.
Ein Grund sprach von dem voraussichtlichen weiteren Sinken der
Schülerzahl in der deutschen Bürgerschule und doch meldeten
sich 56 Eltern, die wünschten, daß ihre Kinder in die
1. Klasse 27 Schüler, sodaß die Bürgerschule 117
Schüler im Schuljahr 1925/26 hatte. Es ist also ein Steigen
der Schülerzahl zu verzeichnen.
Ein weiterer Grund zur Auflösung sprach von Kindern anderer
Volkszugehörigkeit, die die Bürgerschule besuchen.
Abgesehen davon, daß die im Erlasse angeführte Zahl
den Tatsachen nicht entspricht, gilt für die Aufnahme der
Kinder in die Schule für Schlesien das Elternrecht.
Gegen die Entscheidung des Landesschulrates wurde die Beschwerde
an das Ministerium, das diese abwies, und dann an das Oberste
Verwaltungsgericht geleitet, dessen Entscheidung noch aussteht.
Inzwischen wurde endlich nach langen Unterhandlungen die 6. Klasse
an der Volksschule bewilligt. In dieser Klasse werden nunmehr
die Schüler für die 1. Bürgerschulklasse vorbereitet,
damit sie in Oderberg die Prüfung über diese Klasse
ablegen können.
Im 2. Halbjahre des heurigen Schuljahres müssen 49 Schüler
der 6. Klasse in 6 Extrastunden an freien Nachmittagen von den
drei Fachlehrern privat unterrichtet werden da sie die Schußprüfungen
über den Lehrst off der 1. Klasse der Bürgerschule ablegen
wollen.
Die Absicht des Landesschulrates, den Bildungsstand der deutschen
Kinder durch Überfüllung der einzelnen Klassen herabzudrücken,
verdient die schärfste Zurückweisung, zumal aus dem
Werdegang dieser Angelegenheit ihr rein politischer Charakter
in Erscheinung tritt. Die von den Vertretern der Schulbehörden
gern erhobene Einwendung, daß die deutsche Bürgerschule
in Hruschau von tschechischen und polnischen Kindern besucht wird,
ist ganz unstichhältig, da laut der vorliegenden Zeugnisse
von 49 Schülern nur 3 aus tschechischen und 2 aus polnischen
Schulen stammen.
Unter diesen Tatsachen wird jetzt allgemein auch ganz offen zugegeben,
daß die deutsche Bürgerschule in Hruschau ein Politikum
und die Beurteilung dieser Angelegenheit nach gesetzlichen und
sachlichen Gründen demnach zwecklos sei.
In dieser Angelegenheit wurde bereits am 15. Oktober 1925 von
den Gefertigten eine Interpellation eingebracht, welche jedoch
infolge Auflösung des Abgeordnetenhauses nicht mehr zur Behandlung
kam. Auf die Einzelheiten der Ausführungen dieser Interplellation
verweisen wir gleichzeiting.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister die Anfrage:
Ob er bereit ist, die Auflassung der deutschen Bürgerschule
in Hruschau zu sistieren?
Die Gemeinde Rehberg im Böhmerwalde (Stadler Anteil I.) zählte
nach der letzten Volkszählung unter 1684 Einwohnern 13 Tschechen.
Letztere sind die hinversetzten Finanzer, Gendarmen mit ihren
Angehörigen und der Pfarrer. Die einheimische bodenständige
Bevölkerung ist rein deutsch. Auch hier mußte über
Wunsch dieser kleinen Minorität eine tschechische Schule
errichtet werden. Da kaum ein einziges tschechisches Schulkind
vorhanden ist, mußten Kinder rein deutscher Eltern für
diese Schule geworben werden. Mit dieser verwerflichen Arbeit
wurden der tschechische Briefträger Jaroslav Jadovsky, welcher
dies während seiner Dienstgänge besorgte und der übel
beleumdete Strassenarbeiter Burda betraut. Die Informationen erhielten
sie im Pfarrhof. Diese gewissenlosen Agitatoren machten den Leuten
verschiedene Versprechungen und verschwiegen den Eltern, daß
eine tschechische Schule errichtet werden soll, sagten ihnen vielmehr,
daß nur tschechische Sprachkurse abgehalten würden
u. s. w. Die Anmeldungen nahm der tschechische Finanzer Sleis
entgegen. Auf diese Weise wurden 46 deutsche Kinder auf das Verzeichnis
gebracht. Auf Grund dieses eingesandten Verzeichnisses wurde mit
1. September eine tschechische Minderheitsschule bewilligt. Mit
Ausnahme von 2 Kindern hatten sich aber alle Kinder ordnungsgemäß
bei der am 27. Juni bis 1. Juli stattgefundenen Anmeldung in die
deutsche Schule einschreiben lassen und besuchen diese Schule.
Nun meldete auf Grund des Verzeichnisses des Finanzers Sleis de
Schulleiter der 5 Stunden von hier entfernten tschechischen Minderheitsschule
in Unter-Teschau Engelbert Snicar 43 Kinder ohne Wissen und gegen
den Willen der Eltern aus der deutschen Schule ab und droht, wenn
seiner Abmeldung nicht stattgegeben wird, mit einer Anzeige beim
Schulministerium. Dieses klassische Schriftstück hat folgenden
Wortlaut:
È. 158.
Vìc: Odhlášení dítek zapsaných
do èeské školy v Srní.
Dne 27. srpna 1925.
1 Beilage.
An die Schulleitung in Rehberg.
Laut Schulministerialerlaß vom 21. März 1925, No. 30.649/I
meldet die unterschriebene Schulleitung die in die böhmische
Schule eingeschriebene Kinder von der deutschen Schule in Rehberg
ab.
Gleichzeitig nach dem Minist. Erlaß vom 28. September 1923,
No. 92710/I Abt. 1 wird aufmerksam gemacht:
Anbelangt der Abmeldung der eingeschriebenen Kindern in die böhmische
Schule in Rehberg, mache ich aufmerksam, daß die Kinder,
welche in der böhmischen Schule eingeschrieben sind, mußten
unbedingt diese besuchen, da nach dem Gesetze dürfen nicht
in die deutsche Schule aufgenommen sein.
Wenn so geschieht wird mit dem Schulleiter Amtshandlung vom Ministerium
wegen der Gesetzwürdigkeit eingeführt.
Engelb. Šnicar. øíd. uè.
Der Schulleiter der deutschen Schule übergab dieses Schrifstück
dem deutschen Ortsschulrate als kompetente Behörde.
Am 25. September wurde die tschechische Schule eröffnet und
da sich nur wenige Kinder einfanden, hat der Schulleiter dieser
Schule abermals den Auftrag erteilt, die in dem Verzeichnisse
angeführten Kinder aus der deutschen Schule sofort zu entlassen.
Der Ortsschulrat hat nun die Eltern der Kinder vorgeladen und
befragt, ob ihre Kinder die deutsche Schule weiter besuchen Schule
sofort zu entlassen. Der Ortsschulrat hat nun die Eltern der Kinder
vorgeladen und befragt, ob ihre Kinder die deutsch Schule weiter
besuchen oder ob dieselben abgemeldet werden. die Eltern erklärten
insgesamt, auf dem Besuch ihrer Kinder in der deutschen Schule
beharren zu wollen. Es stelle sich sogar heraus, daß vielen
Eltern von einer Anmeldung in die tschechische Schule gar nichts
bekannt ist. Die gewissenlosen Agitatoren haben einfach die Kinder
dieser Eltern ohne ihr Wissen für die tschechische Schule
angemeldet und diese Eltern will man jetzt unter Androhung von
strafen zwingen, ihre Kinder in die tschechische Miderheitsschule
zu schicken. Bei der Eröffnung dieser Schule trieb sich der
Briefträger Jadovsky vor dem Hause, in welchem die tschechische
Schule untergebracht ist, herum und wollte durch Winken und Zurufen
die Kinder zum Besuch der tschechischen Schule verhalten. Genannter
Briefträger treibt mittags anzutreten hat, bis 9 Uhr am Kirchenplatz
herum. Die Leute bekommen ihre Postsachen verspätet zugestellt.
Da nun die tschechische Schule trotz allen angewandten Mitteln
nicht genügend besucht wird, droht er jetzt den Eltern, daß
sie die Kosten, welche durch die Errichtung der tschechischen
Schule einstanden sind, tragen müssen. Den Kindern stellt
er die Einlieferung in die tschechische Schule durch die Gendarmerie
in Aussicht.
Da in der famosen Zuschrift des Schulleiters der tschechischen
Minderheitsschule in Unter-Teschau Erlässe des Ministeriums
zitiert sind, so ist anzunehmen, daß der ganze Vorgang über
Auftrag des Schulbehörde des Staates scheint nicht bekannt
zu sein, daß die Einschreibung und rechtsmäßige
Aufnahme der deutschen Kinder in die deutsche Volksschule gerade
in Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen der def. S. u.
U. O. vorgenommen wurde und daß ein Zwang, die Kinder aus
ihrer Pflichtschule herauszunehmen, gesetzlich unmöglich
ist. Es scheint sich nicht klar zu sein, daß die Vormerkung
der deutschen Kinder für die tschechische Minderheitsschule
gar keine rechtliche Bedeutung hat, da sie selbstverständlich
einer Einschreibung nicht gleichkommen kann, denn einerseits sind
die Vormerkungen nicht als rechtsgültige Einschreibungen
im Sinne des § 34 der S. u. U. O. öffentlich in der
Schulgemeinde kundgemacht worden und anderseits können sie
auch nicht rechtlich als Einschreibungen angesehen werden, da
eine solche selbstverständlich nur in eine bestehende Schule
denkbar ist. Die tschechische Minderheitsschule in Rehberg aber
hat im Zeitpunkte der Vormerkung der deutschen Kinder noch überhaupt
nicht bestanden.
Es kann somit den deutschen Eltern keine Vernachlässigung
der gesetzlichen Schulpflicht und des Schulbesuches vorgeworfen
werden und ein behördliches Einschreiten im Strafwege ist
eine Unmöglichkeit. Ebenso ist die Abmeldung der Kinder seitens
des tschechischen Schulleiters einer ganz unbeteiligten tschechischen
Minderheitsschule ein ganz merkwürdiger Vorgang. Ist es dem
Ministerium denn nicht bekannt, daß An- und Abmeldungen
im Sinne des § 33 der def. S. u. U. O. nur von den Eltern
oder deren Stellvertretern persönlich und nur im Falle deren
Verhinderung durch andere von ihnen betraute erwachsene Personen
oder schriftlich geschehen können? Eine summarische Abmeldung
seitens eines Schulleiters ist doch ein undenkbarer Zustand.
Ganz ungeheuerlich aber mutet es an, daß das Schulministerium
die Errichtung dieser tschechischen Minderheitsschule auf Grund
gefälschter Verzeichnisse ausgesprochen hat. Während
sonst die Behörden in jeder Beziehung nur amtliche Unterlagen
für ein verfahren anerkennen, genügt bei der Errichtung
von Minderheitsschulen die Einsendung eines Kinderverzeichnisses
durch jeden beliebigen Schwindler und das Ministerium tut nichts
dergleichen, solche Verzeichnisse und Unterlagen auf ihre Echtheit
und Richtigkeit zu prüfen, sondern nimmt mit Freuden und
wahllost jede ihm mitgeteilte Anmeldung an. Diese Praxis wird
aber nur bei tschechischen Minderheitsschulen so gehandhabt. Bei
deutschen Minderheitsschulen wird - wie im Falle Braunbusch -
jahrelang das Verzeichnis der deutschen Kinder nach der Nationalität
und anderen dem Ministerium beliebigen Umständen überprüft.
Die ganze Angelegenheit zeigt die ungeheure Leichtfertigkeit und
Gewissenlosigkeit, mit welcher bei der Errichtung tschechischer
Minderheitsschulen vorgegangen wird und die rücksichtslose
Art, mit welcher auf die deutschen Eltern selbst unter Zuziehung
behördlicher Mittel ein Druck ausgeübt wird, um die
deutschen Kinder in die tschechische Minderheitsschule zur notwendigen
Ausfüllung derselben zwingen.
Wir fragen daher den Herrn Minister, ob ihm dieses Treiben seiner
Minderheitsschulabteilung bekannt ist und ob er sofort die wirksamsten
Mittel ergreifen werde, um ein derartiges gestzwidriges Vorgehen
der Behörden abzustellen und für alle Hinkunft zu verhindern?