Sie soll aber überdies, und das ist viel
leicht das Wichtigste, unser ganzes öffentliches und gesellschaftliches
Leben aus dem Wirtshause hinausführen, an das es in weit
höherem Maße gebunden ist als bei den angelsächsischen
und nordischen, aber selbst bei den romanischen Völkern.
Es wird niemals gelingen, die Menschen vom Alkohol zu befreien,
so lange das politische gewerkschaftliche, gesellige und Vereinsleben
sich im Wirtshause abspielt und mangels anderer Unterkunftsräume
abspielen muß. Finden doch selbst Vorträge gegen den
Alkoholismus am Biertische statt Erst wenn man beobachtet, daß
andere Völker die keineswegs abstinent sind, sondern ganz
tüchtig trinken, sich zu Sitzungen und Versammlungen, zu
Spiel und Tanz und Vereinstätigkeit niemals im Wirts hause
zusammenfinden, sondern in Volks Partei oder Gemeindehäusern,
die selbst verständlich vollkommen alkoholfrei geführt
werden, erkennt man, wo der Hebel anzusetzen ist; das Leben des
Volkes muß aus dieser Durchdringung mit dem alkoholdurchseuchten
Wirtshause losgelöst wer den Diese Volkshäuser und Heime
fehlen uns so gut wie ganz; die wenigen in größeren
Städten bestehenden sind auf Alkoholausschank aufgebaut,
können nur durch ihn erhalten werden, wiederum wird es zur
Pflicht viel zu trinken, damit die Schuldzinsen bezahlt werden
können. Wandel kann hier aber nur eintreten, wenn die Zahl
der Schankstätten vermindert wird, geeignete Räumlichkeiten
dadurch frei gemacht und die Mittel zur Einrichtung von Volkshäusern
aufgebracht werden. All das kann auf dem im vorliegenden Gesetzentwurfe
vorgeschlagenen Wege erreicht werden.
Dieser setzt eine durchgreifende Änderung
unserer ganzen bis jetzt durch die Gewerbeordnung festgelegten
Schankbewilligungsgesezgebung voraus. Die erste Bedingung ist,
daß die Konzessionen nicht mehr wie bisher auf unbeschränkte
Zeit, sondern nur für eine bestimmte, nicht allzu lange Spanne
erteilt werden; nach deren Ablauf muß um Neuerteilung angesucht
werden Der gegenwärtige Zustand ist der, daß eine einmal
erteilte Konzession überhaupt nie mehr verschwindet; selbst
wenn sie nicht ausgeübt wird, bleibt sie unantastbares Eigentum
der Familie, in der sie einmal besteht; sie wird verpachtet, verkauft,
vererbt, belehnt, geht von einem Gebäude auf ein anderes
über. Daß eine Gasthauskonzession erlischt, ist ein
außerordentlich seltenes Ereignis Dieser Zustand ist ungesund
und falsch, lag auch ursprünglich gar nicht in der Absicht
des Gesetzgebers, hat sich aber durch Lässigkeit und Bequemlichkeit
der Behörden herausgebildet die ja auch beide Augen zudrückten,
wenn eine Großbrauerei viele Dutzende von Konzessionen erwarb,
ein Unfug, der erst vor nicht gar zu langer Zeit abgestellt wurde.
In England kann jede Bewilligung Jahr für
Jahr zurückgezogen wer den nach der schottischen Schankbill
gelten die Bewilligungen acht Jahre. Im vorliegenden Entwurfe
wurde als Höchstmaß der Zeitraum von 20 Jahren vorgeschlagen,
weil man an nehmen kann, daß die in ein Unternehmen oder
ein Geschäft gesteckten Mittel sich nach längstens zwanzig
Jahren amortisiert haben; in der Regel wird ein weit kürzerer
Zeitraum genügen.
Nach 20 Jahren erlischt die Konzession auf
alle Fälle, ob nun der Inhaber eine Privatperson oder eine
Gesellschaft oder die Gemeinde ist. Es muß um neuerliche
Erteilung angesucht werden; wird sie nicht gewährt, so erwächst
daraus keinerlei Anspruch auf Entschädigung, im Falle der
Wiederverleihung muß die Verleihungsgebühr (§
9) neuerdings entrichtet werden. Legt der Inhaber der Konzession
diese vor Ablauf der 20 Jahre zurück oder stirbt er, so erlischt
sie, niemand anderer hat Anspruch darauf, sie kann auch nicht
über tragen oder durch einen Stellvertreter aus geübt
werden; nur wenn im Falle des To des oder der bleibenden Invalidität
des Inhabers die Frau, bzw. Witwe oder die Waisen in ihrer wirtschaftlichen
Existenz bedroht wären, kann die Bewilligung, wenn notwendig,
auch durch einen Stellvertreter, bis zum Ablaufe der 20 Jahre
ausgeübt werden.
Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen müßten
alle jetzt ausgenützten und seit mindestens 20 Jahren betriebenen
Konzessionen sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes verfallen;
das wäre eine Härte, die vermieden werden muß;
dies geschieht dadurch, daß nach § 3 des Entwurfes
alle seit wenigstens 10 Jahren ausgeübten Konzessionen noch
durch weitere 10 Jahre bestehen und dann verfallen; die seit 11
Jahren und kürzer verliehenen Konzessionen bleiben noch 20
Jahre in Geltung. Da die weitaus größte Zahl aller
heute geltenden Schankkonzessionen länger als 10 Jahre besteht,
wird zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ein ganz neuer
Zustand eintreten; das wird der Angenblick sein, um das neue System
einzuführen.
Dies soll nun dadurch geschehen, daß
keineswegs mehr alle bestehenden Bewilligungen neu er eilt werden,
sondern nur ein bestimmter Bruchteil. Die Zahl der Alkoholausschank
und Verkaufsstellen wird in ein bestimmtes Verhältnis zur
Bevölkerungszahl zu bringen sein, wie das auch schon anderwärts
geschehen ist; so in Holland, wo je nach der Einwohnerzahl der
Gemeinde auf 250-500 Köpfe eine Schankstätte entfällt;
in Polen, wo eine Schankstätte auf 2000 Köpfe vorgesehen
ist; in Schottland mit einer Verkaufsstelle auf 1000 Seelen in
der Stadt und 500 auf dem Lande. Übrigens ist der Plan ja
auch schon bei uns aufgetaucht und es gibt sogar eine Ministerialverordnung,
die verlangt, daß bei Konzessionsverleihungen auf ein derartiges
Verhältnis Rücksicht genommen wird; natürlich dürfte
da überhaupt nie und nirgends eine neue Konzession verliehen
werden, da das Verhältnis überall weit überschritten
wird, darum kümmert sich niemand um diese Verordnung; es
wird vielmehr nach wie vor trotz der unsinnig großen Zahl
von Konzessionen so gut wie jedem Ansuchen um eine neue stattgegeben.
Der im Entwurfe gewählte Schlüssel
von 1:500 in Städten mit mehr als 10.000 Seelen und 1:400
in kleineren Orten ist gewiß nicht zu weitgehend. Für
eine Kleinstadt mit 4000 Einwohnern sind 10 Alkoholschank und
Verkaufsstätten durchaus aus reichend, besonders wenn es
ein öffentliches Volkshaus mit Versammlungsräumen Sitzungs-
und Lesezimmern gibt, die das Bedürfnis nach Geselligkeit,
Vereinstätigkeit, Lesestoff ohnedies befriedigt.
Es muß darauft bestanden werden, daß
auch der Verkauf alkoholischer Getränke also Flaschenbierhandlungen,
Wein- und Likörhandlungen konzessionspflichtig und in die
Verhältniszahl einbezogen werden, weil sonst der Zweck der
Reform vereitelt wird. Ein großer Teil der Flaschenbierabfüllungen
hat sich zu Winkelkneipen entwickelt, ebenso werden die für
den Handel mit Spirituosen in geschlossenen Gefäßen
geltenden Bestimmungen ungescheut übertreten. Unbedingt notwendig
ist es auch, daß alkoholische Getränke nicht mehr in
Kaufläden, Krämereien, Konsumsvereinsniederlagen feilgeboten
werden; gerade dadurch wird der Alkoholgenuß gefördert
und in die Familie getragen, gerade da wird zum Trinken animiert.
Die Konsumvereine sollen ihre Kundschaft mit nützlicher und
notwendiger Ware versorgen, es wider spricht ihrer Aufgabe, wenn
sie mit Alkohol handeln.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen,
daß diese Forderungen, sowie manche andere, die in diesem
Entwurfe erhoben werden, sich mit den Wünschen der Gastwirteorganisationen
decken. Auch sie verlangen, daß der Verkauf von Wein und
Bier in Flaschen, der Verschleiß von gebrannten Getränken
in Flaschen, die Abfüllung von Bier in Flaschen konzessionspflichtig
seien; sie fordern die Einführung der Verhältniszahl,
die allmähliche Auflassung der überschüssigen Konzessionen,
sie bekämpfen den Unfug der Verpachtungen, des Übertragens
der Konzessionen, bestehen auf Ausübung durch den Inhaber
der Bewilligung, lauter Forderungen, die mit denen des Gesetzentwurfes
übereinstimmen. Daß scheinbare Gegner die gleichen
Forderungen erheben, rührt daher, daß sich die Absichten
des Entwurfes keineswegs gegen das Gasthaus an sich und gegen
den Wirtestand richten, sondern gegen den gegenwärtigen Mißstand,
daß das Gasthaus zum Trinkhaus geworden ist und die unsinnige
Konkurrenz sowie die Abhängigkeit vom Alkoholkapital den
Wirt zwingt, Trinksitte und Völlerei mit allen Mitteln, besonders
durch Kombination mit zweifelhaften Genüssen anderer Art
zu fördern. Wird es nur wenige Gaststätten geben, so
werden sie anderer Art sein und auch anders geführt werden.
In einem Punkte freilich unterscheidet sich
der Entwurf wesentlich von den Forderungen der Gastwirte; sie
wollen die Gemeinden aus der Reihe der zur Erreichung einer Konzession
Berechtigten ausschliessen, der Entwurf will ganz im Gegenteil
die Gemeinde an erster Stelle als Konzessionärin einsetzen,
sie allein soll auch berechtigt sein, mehr als eine Konzession
zu verwerben. Durch die Einführung der Verhältniszahl
- die durch Volksabstimmung, wie noch später zu erörtern,
noch weiter verringert werden kann - wird die Zahl der Schank
und Verkaufsstellen auf ein Drittel und noch tiefer herabgesetzt
wer den. Welche der bestehenden Bewilligungen sollen wieder verliehen
werden und auf welchem Wege wird die Neuerteilung erfolgen? Es
ist sicher, daß der Betrieb der übrigbleibenden Konzessionen
ein gutes Geschäft sein wird, darum erscheint es als durchaus
richtig und sozial, das Erträgnis nicht allein dem Privatinteresse
zufließen zu lassen, sondern vor allem der Allgemeinheit
zu sichern. Darum bekommen die Gemeinden das Vorrecht, sie müssen
zunächst befragt werden, ob sie die Bewilligungen erwerben
wollen, im bejahenden Falle sind sie ihnen zu erteilen. Es ist
zu hoffen und muß angestrebt werden, daß die Gemein
den in möglichst ausgedehntem Maße von ihrem Rechte
Gebrauch machen.
Allerdings werden daran Bedingungen geknüpft,
zunächst die, daß sie die Bewilligung selbst ausüben,
nicht verpachten, weil dadurch der angestrebte Zweck wieder vereitelt
würde, der Betrieb muß durch Angestellte geführt
werden, die im festen Gehalte stehen; Tantiemen, Prozente, sonstige
Arten von Gewinnbeteiligung dürfen sich, wenn sie als zweckmäßig
angesehen werden, niemals auf die Erträgnisse aus dem Alkoholausschanke
oder Verkauf, sondern nur auf den Gewinn aus Speisen und alkoholfreien
Getränken erstrecken; am Alkoholabsatz soll niemand persönliches
Interesse haben, um nicht dazu anzueifern. Die Gemeinden übernehmen
ferner die Bindung, das gesamte aus dem Alkohol fließende
Reinerträgnis ausschließlich solchen Zwecken zuzuwenden,
die eine Verminderung des Alkoholverbrauches und damit Hebung
von Volksgesundheit, Sittlichkeit und Bildung herbeiführen.
Dies ist schon deshalb unbedingt notwendig, weil sonst die Gemeinden
zu Alkoholinteressenten werden und den Verbrauch zu steigern suchen;
sehr bald würden die Finanzkommissionen den Alkohol als geschätzte
Einnahmsquelle betrachten und das Trinken würde ein Gradmesser
des Lokalpatriotismus werden; das muß auf alle Fälle
vermieden werden.
Die in Schweden und der Schweiz gesammelten
Erfahrungen lehren, daß selbst die Bestimmung, daß
das Alkoholreinerträgnis zu Wohlfahrtszwecken zu verwenden
ist, noch Gefahrenquellen enthält. Die Behörden lernen
bald, alle möglichen Erscheinungen als Alkoholwirkung hinzustellen
und die zu ihrer Bekämpfung notwendigen Beträge auf
Alkoholkonto zu buchen, darunter Ausgaben, die zu den sozialen
Pflichten der Gemeinden gehören und auf alle Fälle geleistet
werden müßten, so z. B. die Erhaltung von Idiotenanstalten,
Hilfsklassen und dergleichen. Darum müssen die Zwecke, für
die das Alkoholerträgnis aufgewendet werden darf, im Verordnungswege
dem Sinne des Gesetzes entsprechend ganz genau verzeichnet werden.
Bau und Erhaltung von Volkshäusern, alkohol freien Speisehäuser,
Büchereien und Lesesälen sind darunter zu verstehen.
Faßt man den Begriff so enge, dann wird auch die Abnahme
des Alkoholverbrauchs und des Erträgnisses keine Störung
hervorrufen; im Gegenteil, wenn diese Einrichtungen das Alkohol
verdrängen und über flüssig machen, hört das
Bedürfnis nach den aus seinem Genusse fließenden Geldern
von selbst auf.
Es wird als Regel anzustreben sein, daß
die Gemeinden alle Bewilligungen erwerben, die nach dem Bevölkerungsschlüssel
und der Art der Beantwortung der im § 9 vorgesehenen Fragen
überhaupt vergeben werden können. Wo das nicht möglicht
ist, werden die freibleibenden an Private, die den gesetzlichen
Bedingungen entsprechen oder aber auch an Gesellschaften verliehen,
die sich ausschließlich mit dem Betriebe von Alkoholschank
und Verkaufsstätten befassen, diese selbst durch fest Angestellte
bewirtschaften und sich verpflichten, den über eine bestimmte
Verzinsung des Kapitals hinaus verbleibenden Reingewinn der Gemeinde
zu den oben genannten Zwecken zu überreichen. Aktiengesellschaften,
besonders Aktienbrauereien, aber auch Brauhäuser und Bierbrauer,
Brennereien, Likörerzeuger sind vom Alkoholausschanke und
Kleinhandel ausgeschlossen, sie dürfen keine Konzession erhalten.
An Arbeiterheime, Volkshäuser u. dgl.
und die sie erhaltenden Vereine oder Gesellschaften dürfen
gleichfalls keine Konzessionen verliehen werden, denn diese Anstalten
müssen alkoholfrei werden; die Bewilligungen, die sie jetzt
haben oder die in ihnen ausgeübt werden, erlöschen nach
10 Jahren, bzw. 20 Jahren nach ihrer Erteilung, wenn zurzeit des
Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht 20 Jahre seit Erteilung
verstrichen sein werden. In England, Amerika, Skandinavien. Finnland
sind alle diese Häuser seit jeher alkohol frei, die Kosten
ihrer Erhaltung werden aus den Mieten für Benützung
der Säle und Räume, durch Aufenthaltsgelder usw. gedeckt.
Selbstverständlich wird die Gemeinde (oder die oben genannte
gemeinnützige Gesellschaft, die an ihre Stelle die Bewilligung,
erwirbt) aus dem Erträgnisse des Alkoholvertriebs die erforderlichen
Beisteuern zur Erhaltung der Volkshäuser liefern. Alkoholfreie
Getränke, Kaffee, Speisen können dort, wo ein Bedürfnis
da nach besteht, in solchen Häusern natürlich abgegeben
werden, die Bewilligung dazu ist stets zu erteilen.
Bahnhofswirtschaften sind alkoholfrei zu führen;
Konzessionen zum Ausschanke oder Verkaufe alkoholischer Getränke
sind dort nicht mehr zu erteilen.
Unmittelbar nach dem Verfalle der jetzt ausgeübten
und bestehenden Konzessionen, der demnach 10 Jahre nach Inkrafttreten
des Gesetzes eintreten wird (mit Ausnahme der verhältnismäßig
geringen Zahl von Bewilligungen, die in den letzten 10 Jahren
vor Annahme des Gesetzes er teilt worden sind und daher einige
Jahre länger in Wirksamkeit bleiben) findet die erste Volksabstimmung
nach § 9 statt. Von der Beantwortung der Fragen wird es dann
abhängen, ob alle nach dem Bevölkerungsschlüssel
zulässigen Konzessionen erteilt werden oder nur 1/4, 1 oder
3 davon oder ob die Gemeinde der Bezirk oder der Stadtteil ganz
trocken gelegt werden, d. h. daß darin alkoholische
Getränke öffentlich nicht mehr ausgeschenkt und verkauft
werden dürfen.
Nach dem polnischen Gesetze muß der ganze
Bezirk trocken gelegt werden, wenn 23 der Gemeinden den Alkoholvertrieb
eingestellt haben, d h im letzten Drittel fällt er dann von
selbst weg. Dort finden die Abstimmungen entweder auf Beschluß
der Gemeindevertretungen oder auf Verlangen von wenigstens einem
Zehntel der mehr als 21 Jahre alten Einwohner statt.
In Schottland wurde durch Beschluß des
englischen Parlamentes im Jahre 1913 das Local Veto (GBR.) eingeführt,
nachdem das Unterhaus es schon im Jahre 1912 beschlossen hatte;
das Haus der Lords hatte seine Zustimmung zunächst verweigert,
entschloß sich aber dann zu einem Kompromisse. Die wichtigsten
Bestimmungen der Bill sind folgende:
1. Vom Jahre 1920 an sind GBR. Abstimmungen
zulässig.
2. Wenn wenigstens 10% der stimmberechtigten
Bürger es verlangen, muß eine Abstimmung stattfinden.
Die Votierenden haben sich über drei Fragen auszusprechen:
A. Beibehaltung des bestehenden Zustandes (no
change-resolution);
B. Verminderung der Wirtschaften (limiting
resolution);
C. Aufhebung der Wirtschaften (no license resolution).
Die Eigentümer der aufgehobenen Wirtschaften
bekommen keine Entschädigungen.
Im Jahre 1920 wurde auch für Wales die
Lokaloption eingeführt; Abstimmung hat in Wales noch keine
stattgefunden.
Die im Jahre 1920 in Schottland durch geführte
erste Abstimmung hat insoferne eine Überraschung gebracht,
als sich von 191 Bezirken nur 18 für das Verbot und 24 für
Verminderung aussprachen, während 149 die Beibehaltung des
alten Zustandes also keine Verminderung der Lizenzen wünschten.
Aber gerade dieses Ergebnis beweist den wahrhaft demokratischen
Charakter des Systems; es bringt den Willen der Mehrheit zum Ausdrucke.
Über dies wirkt es auch sehr erzieherisch; sehr viele Menschen,
die sich mit dem Probleme nie beschäftigt haben werden durch
die Abstimmungen veranlaßt und gezwungen, darüber nachzudenken,
ob es denn wirklich notwendig ist daß an jeder Strassenecke
Alkohol feilgeboten wird.
In Norwegen bestand noch vor Einführung
des Verbotes aller mehr als 12% Alkohol enthaltenden Getränke
das GBR. Alle sechs Jahre können 5% der stimmberechtigten
Einwohner eine Abstimmung darüber verlangen, ob der bestehende
Zu stand bleiben oder geändert werden soll. Das Ergebnis
war, daß auf dem Lande fast überall Alkoholverbot herrscht,
Schnappsschankstätten fanden sich nur in den Städten.
Es muß aber beachtet werden, daß die Gesetzgebung
sich dort nur auf gebrannte Getränke bezieht, die in Skandinavien
bis vor kurzem das ausschließliche Volksgetränk darstellten.
In Holland lag der Volksvertretung im Jahre
1920 ein Initiativantrag auf Einführung des GBR vor. Er wurde
von der zweiten Kammer angenommen, in der ersten aber mit 18 gegen
17 Stimmen, also mit einer Mehrheit von nur 1 Stimme verworfen.
Der Antrag wurde vor kurzem wieder eingebracht und steht noch
in Verhandlung.
In Dänemark ist das GBR. auf dem Wege,
es nat sich dort via facti durchgesetzt, obwohl es gesetzlich
noch gar nicht ein geführt ist. In sehr vielen Gemeinden
Dänemarks wird bei jeder neu zu erteilenden Schankbewilligung
verlangt und auch durchgeführt, von deren Ergebnis es ab
hängt, ob die Erlaubnis erteilt wird. Schon im Jahre 1917
wurde der Regierung und dem Reichstage eine Angabe überreicht,
die das GBR forderte; sie trug nicht weniger als 722,820 Unterschriften*)
In Österreich wurde dem Nationalrate im
Oktober 1922 von der sozialdemokratischen Partei ein Gesetzentwurf
vorgelegt der die Schankordnung gleichfalls aufgrund des GBR.
regeln will Der Verschleiß von alkoholischen Getränken
wird mit Ausnahme des Großhandels konzessionspflichtig gemacht.
Neu erteilten Bewilligungen erlöschen im Jahre 1942, alle
bisher aus geübten radizierten Schankgewerbe im Jahre 1947.
Über Verlangen eines Zehntels der Gemeindewahlberechtigten
oder über Beschluß der Gemeindevertretung ist eine
Abstimmung darüber durchzuführen. ob Ausschank und Verschleiß
fortgesetzt wer den sollen; bis zum Jahre 1942 muß eine
Mehrheit von zwei Dritteln, nach dem Jahre 1942 eine einfache
Mehrheit der ab gegebenen Stimmen für die Einstellung sein,
damit der Beschluß Gültigkeit hat. Der Antrag wurde
bis zum Ende der Legislaturperiode nicht erledigt, ist daher verfallen;
er soll aber demnächst wieder ein gebracht werden.
*) Seit Abfassung des Motivenbrichtes hat das
dänische Parlament das GBR. angenommen.
In Deutschland hat das Reichswirtschaftsministerium
einen Entwurf zu einem Schankstättengesetz ausgearbeitet
und vorgelegt, der bis zur Ausschußberatung gedieh, aber
infolge der verworrenen politischen Verhältnisse nicht weiter
verhandelt wurde. Er setzt Bewilligungszwang und Bedürfnisnachweis
voraus. Gemein den, Gemeindeverbände und Vereine zur Bekämpfung
des Alkoholismus haben bei Erteilung der Erlaubnis den Vorrang.
Die Betriebe, die am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes bestehen,
verlieren die Befugnis nach 30 Jahren. Durch Landesgesetz kann
angeordnet werden daß auf Verlangen von mindestens einem
Zehntel eine Abstimmung der wahlberechtigten Gemeindemitglieder
darüber stattfindet, ob 1. für neu zu errichtende Gast
und Schankwirtschaften die Erlaubnis geistige Getränke auszuschänken
noch erteilt wer den darf oder nicht; 2. die Erlaubnis geistige
Getränke auszuschänken für bestehende Gast und
Schankwirtschaften im Falle des Besitzwechsels erneuert werden
darf oder nicht; 3. das Ausschänken und Verabfolgen geistiger
Getränke oder bestimmter Art solcher Getränke a) nur
im Kleinhandel oder b) nur in Gast und Schankwirtschaften oder
c) in Gast und Schankwirtschaften im Kleinhandel verboten werden
soll.
Es ist also auch in diesem Gesetzentwurf das
GBR., wenn auch nur als Eventualfall, vorgesehen.
Die Labour Party in England steht in überwiegender
Mehrheit auf dem Boden des GBR.; sie hat eine Agitationsschrift
herausgegeben, zu der J. Ramsey Macdonald das Vorwort verfaßte;
es heißt darin: Jedermann gibt zu, daß das Trinkproblem
vom sittlichen und wirtschaftlichen Stand punkte aus dringend
ist. Der Handel mit alkoholischen Getränken ist eine Gefahr
für die Öffentlichkeit und das Land geworden; er korrumpiert
die Politik.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß das
GBR. so wie in Schottland auch in England eingeführt werden
wird, wenn die Labour Party lange genug am Ruder bleibt und die
brennendsten Fragen der äußeren und inneren Politik
bereinigt hat.
Der Parteitag der ungarländischen Sozialdemokratie
1922 im Dezember hat die Einführung des GBR. gefordert.
Dieses System hat sich eben überall als
die wirksamste und demokratischeste Form der Bekämpfung der
Trinksitten er wiesen und wird sich sicher Bahn brechen. Die Form,
in der es angewendet wird, ist ja nicht in allen Staaten genau
dieselbe, die Unterschiede sind aber nicht wesentlich. Die Verbindung
mit der Einwohnerverhältniszahl und der Kommunalisierung
des Schankwesens, wie sie im vorliegenden Entwurfe vorgeschlagen
wird erscheint als die beste, es ist dadurch eine Grundlage gegeben,
von der aus die weitere Entwicklung vor sich gehen kann. Als Ersatz
für die Kommunalisierung dort, wo sie ab gelehnt wird, ist
eine an das Gotenburger System erinnernde Einrichtung vorgesehen,
die so wie die Kommunalisierung den Zweck verfolgt, das Privatinteresse
am Alkoholvertriebe auszuschalten.
Der demokratische Geist des GBR. ist ohne Zweifel
sein größter Vorteil. Man kann über die Einführung
des Referendums, der Volksabstimmung geteilter Ansicht sein, so
weit durch sie die Entscheidung über grundsätzliche
Fragen, große politische Probleme den Volksvertretungen
entzogen werden soll. Hier aber handelt es sich darum, die Entscheidung
aus den Händen der Bürokratie in die des Volkes zu legen,
das nun selbst darüber bestimmen kann und soll. ob es dem
Alkohol vertrieb weiter dulden oder verbannen will.
Die Verminderung der Schankstätten würde
nach dem Inkrafttreten des Gesetzes sehr langsam vor sich gehen.
Zehn Jahre lang würden Schankstätten nur durch den Tod
oder die Geschäftsniederlegung des eine Bewilligung Besitzenden
zu bestehen aufhören; und es würde im ersteren Falle,
um Härten möglichst zu vermeiden, die Weiterführung
nach Witwenrecht stets zuzulassen sein, wo wirtschaftlicher Schaden
zu verhüten ist. Aus den Bahnhofswirtschaften allerdings
müßte der Alkohol sofort oder doch nach ganz kurzer
Frist verschwinden, weil das Gesetz ihn dort ausdrücklich
verbietet; aber das wird finanziell nur die Bahnverwaltung treffen,
die voraussichtlich die Pachtzinse etwas herabsetzen muß,
was keine allzu schwere Einbuße darstellt, ganz gewiß
aber vielem Unfug und Mißbrauch Einhalt tun wird. Es wirkt
sehr irreführend auf die öffentliche Meinung, wenn gerade
die Bahnverwaltungen, also doch öffentliche Körperschaften,
als Durststillendes Getränk zunächst und gewöhnlich
ausschließlich Alkoholika anbieten.
Anders liegen die Dinge bezüglich des
Verschleißes der alkoholischen Getränke in den Läden,
ebenso bei den konzessionierten Flaschenbierabfüllungen,
die mit Krämereien, Greislereien u. dgl. vereinigt sind;
beides muß alsbald nach Inkrafttreten des Gesetzes aufhören,
denn § 2 verbietet es. Aber die damit verbundene wirtschaftliche
Schädigung ist erträglich, denn sowohl Kaufläden
und Konsumvereine als auch die mit Flaschenbierhandlungen verbundenen
Krämereien können auch ohne diese bestehen. In kleineren
Gemeinden wird es eigene Verkaufsstellen kaum mehr geben, sie
werden mit den Schankstätten vereinigt werden, wo man die
Getränke auch zu kaufen bekommen wird sei es offen, sei es
in verschlossenen Gefäßen. In größeren Städten
wird sich eine geringe Zahl von Verkaufsstätten erhalten;
ihre Zahl wird zusammen mit den Schankstätten in die Verhältniszahl
nach § 3 einzurechnen sein.
Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes
verfallen alle jene Bewilligungen, die seit zwanzig Jahren und
länger bestehen, also die bei weitem größere Zahl,
in sehr vielen Gemeinden, besonders in den kleinen Landgemeinden,
werden es alle oder fast alle sein. Selbstverständlich kann
nach Inkrafttreten des Gesetzes nirgends eine neue Konzession
erteilt werden, wo die Zahl der bestehenden die Verhältnis
zahl überschreitet, was wohl überall der Fall ist. Nun
findet sofort die erste, schon vorher vorzubereitende Abstimmung
statt; von ihrem Ergebnisse hängt es ab, wie viele Konzessionen
wieder verliehen wer den dürfen. Wird Frage 1 so beantwortet,
daß alle nach der Verhältniszahl zulässigen Konzessionen
erteilt werden sollen, was in den meisten Gemeinden zu erwarten
ist, oder wird Frage 2 dahin beantwortet, daß nur 75, 50
oder 25% der zulässigen Bewilligungen erteilt werden sollen,
so ist von der politischen Verwaltungsbehörde aufgrund der
letzten Volkszählung die Zahl der auszubietenden Konzessionen
zu er rechnen. Zunächst ist die Gemeinde zu fragen, ob sie
auf alle oder einen Teil der Bewilligungen und auf welche Anspruch
erhebt; diese sind ihr dann zu erteilen; verzichtet sie ausdrücklich
auf alle oder auf einen Teil, so sind die freibleibenden in erster
Reihe an Gesellschaften, die sich darum bewerben und die daran
geknüpften Bedingungen übernehmen, erst, wenn beides
nicht durchführbar sein sollte, an Privatpersonen, sei es
an die bisherigen Inhaber, sei es an andere, zu erteilen. Die
Erteilung erfolgt durch die politischen Verwaltungsbehörden;
sowohl bei der Auswahl unter den Konzessionsbewerbern als auch
bei Anstellung der Geschäftsführer der Gemeinden und
Gesellschaften, die der Behörde namhaft gemacht werden müssen,
sind die sittlichen Eigenschaften besonders zu prüfen; Normen
dafür sind, soweit sie nicht schon in der Gewerbeordnung
enthalten sind, in der Durchführungsverordnung zum Gesetze
festzusetzen.
In der Durchführungsverordnung sind auch
Richtlinien für die Entscheidung der Frage zu geben, welche
der bestehenden Schank und Verkaufsstätten zu belassen und
welche aufzuheben sind. Die Entscheidung muß von praktischen
Gesichts punkten aus getroffen werden. Man wird zunächst
auf örtliche Verhältnisse Rücksicht nehmen, so
daß eine gleichmäßige Verteilung in der Gemeinde
stattfindet, besonders wenn sie ausgedehnt ist oder aus mehreren
Ortsteilen besteht; man wird die vom gesundheitlichen und aesthetischen
Standpunkte aus günstigen Räumlichkeiten vorziehen.
Grundsatz soll sein, daß Hotels und große Restaurants,
die Fremdenzimmer abgeben und viel Speisewirtschaft betreiben,
die Konzession zum Ausschanke alkoholischer Getränke nicht
mehr bekommen, noch weniger Kaffeehäuser, Konditoren, Touristeneinkehrhäuser,
Klubs, Gaststätten in öffentlichen Gebäuden wie
Theater, Konzerthäuser, Parlamente u. dgl. Übernimmt
die Gemeinde den Betrieb aller oder eines Teiles der Konzessionen,
so steht es ihr im Einvernehmen mit der politischen Behörde
frei, welche weitergeführt, welche aufgelassen werden sollen.
Ist der Zustand in solcher Weise geregelt,
so dürfen bis zur nächsten, nach 10 Jahren vorzunehmenden
Abstimmung nur dann erteilt werden, wenn alte er löschen,
was nur bei solchen geschehen kann, die in den Händen von
Privatpersonen sind, oder wenn die Bevölkerung so anwächst,
daß die Zahl der Konzessionen unter die durch die Abstimmung
festgesetzte Verhältniszahl sinkt. Ob Konzessionen wieder,
bzw. neu zu erteilen sind, wird durch Beantwortung der Frage 3
§ 5 entschieden; wird sie verneint, so verfallen frei werdende
Bewilligungen und wer den auch keine neuen mehr erteilt, selbst
wenn die Zahl der bestehenden unter den Schlüssel sinkt.
Es erscheint, wie besonders hervorgehoben werden
soll, durchaus nicht not wendig, für Ausflugs oder Badeorte,
Kurorte und sonstige Verkehrszentren Aus nahmen zu gestatten,
etwa eine höhere Verhältniszahl zuzugestehen. Die Zahl
der Hotels, Gasthöfe, Einkehrhäuser, Erholungsunterkünfte,
Speisenanstalten usw., der Kaffeehäuser, alkoholfreier Stätten
wird durch dieses Gesetz, also auch durch die erhältniszahl
gar nicht berührt, man kann ihrer so viele errichten, als
dem Bedürfnisse entspricht, dies wird nach wie vor dem Urteile
der die Konzessionen er teilenden städtischen und staatlichen
Behörden überlassen bleiben; nur müssen und werden
sie alkoholfrei geführt wer den. Daß in Wallfahrtsorten,
Touristen zielen u. dgl. eine Alkoholschankstätte neben der
anderen zu finden ist, muß als Auswuchs gebrandmarkt werden,
der mit den wirklichen Zwecken dieser Einrichtungen gar nichts
zu tun hat. Ebenso ist es ein Mißbrauch, daß bei Volks
und Vereinsfesten fliegende Alkoholschanksätten bewilligt
und errichtet werden; wenn der artige Veranstaltungen nicht besucht
wer den und nicht bezahlt machen, wenn man den Alkohol wegläßt,
dann verdienen sie aufgelassen zu werden. Derartige Sonderbewilligungen
kann es natürlich nach Einführung des Gesetzes nicht
mehr geben. Übrigens ringt sich die Überzeugung, daß
Wandern, Sport, Volksfeiertage und Volks feste usw. vom Alkohol
frei zu halten sind, ohnedies schon bei allen Vernünftigen
durch, so daß solche gesetzliche Hindernisse die öffentliche
Meinung durchaus nicht verletzen werden. Sehr oft geht diese Verquickung
des Festes mit Alkoholmißbrauch den Veranstaltern schon
heute gegen die Überzeugung, sie lassen ihn nur zu, weil
es von anderer Seite eben auch geschieht.
Es bedarf wohl nicht erst der eingehen den
Begründung, daß nach § 7 weder die Gemeinde noch
die gemeinnützige Gesellschaft Ausschank und
Verschleiß durch Pacht weitergeben darf, sondern selbst
durch Angestellte ausüben muß, so wie daß der
Ertrag nur zur direkten oder indirekten Bekämpfung des Alkoholismus
zu verwenden ist. Kommunalisierung und Gotenburger System, die
da beide neben einander zur Anwendung kommen sollen, haben denselben
Zweck, es soll durch Ausschaltung des Anreizes, den der Gewinn
aus der Alkoholisierung des Volkes bildet, die Versuchung vermindern
und es dahin bringen, daß man in der Gaststätte ebenso
gerne gesehen wird, wenn man Kaffee oder Fruchtsaft trikt oder
eine Aufenthaltsgebühr entrichtet wie wenn man Bier oder
Schnapps verzehrt. Freilich wird bei Errichtung der gemeinnützigen
Gesellschaften sehr sorgfältig darauf gesehen werden
müssen, daß sich das Alkohol kapital nicht ihrer bemächtigt,
sei es auch durch Strohmänner, und so deren Bestrebungen
durchkreuzt und behindert; sie müssen in möglichst weitgehendem
Maße der Kontrolle durch die Gemeinde und die Öffentlichkeit
unterliegen. Würde das Pachtsystem zugelassen, so müßte
der Pächter sich zu bereichern suchen und auch dann würde
der Zweck nicht erfüllt Andererseits darf die Gemeinde aber
auch ihren Voranschlag nicht auf die Einnahmen aus dem Alkohol
aufbauen; der Fiskalismus ist genau so gefährlich wie die
Gewinnsucht des Einzelnen. Nur wenn der Gemeindekassier kein Interesse
daran hat daß Alkohol abgesetzt wird, weil es der Gemeinde
nichts einträgt, wird die Gemeinde den Alkoholgenuß
nicht fördern Das Wesentlichste aber ist, daß nur auf
diesem Wege die Mittel beschafft werden können, um die Volkshäuser,
Büchereien und Lesezimmer zu schaffen, die die wichtigste
Vorbedingung für die Befreiung des Volkes vom Wirtshauszwange
sind; der Alkohol muß die Mittel liefern, um sich selbst
überflüssig zu machen.
Vielleicht erscheinen die Bestimmungen des
§ 12 als übertrieben und unnötig; aber es ist unbedingt
notwendig den Unfug des Fuselkonfekts aus der Welt zu schaffen
oder doch unschädlich zu machen. Diese Kognakbohnen und Likörbonbons
werden fast ausschließlich von Kindern und Jugendlichen
gekauft, die dadurch schon im zarten und schutzbedürftigen
Alter mit einem ganz abscheulichen, minderwertigen Schnapps Bekanntschaft
machen. Wenn man jetzt im Laden nicht ausdrücklich verbietet,
daß einem solcher Schnappskonffekt gegeben wird, so bekömmt
man das Zeug so gut wie jedesmal beim Einkauf von Mischungen von
Bonbons oder Praliées. Es ist nachgewiesen, daß junge
Leute nach Genuß von 1 Kilogramm Likörbonbons betrunken
gewesen sind. Man kann nicht Ausschank und Verschleiß durch
strenge Gesetze regeln, ohne auch diesen Mißbrauch einzubeziehen.
Vielleicht wäre es am richtigsten, die Erzeugung solcher
ganz überflüssiger Zuckerware ganz zu verbieten; denn
welchen Sinn soll diese Kombination von Süßigkeiten
mit einem berauschenden Stoffe haben; da dadurch aber Handel und
Fabrikation sich zu sehr geschädigt fühlen würden,
so soll es bei den in § 12 aufgezählten Beschränkungen
sein Bewenden haben. Daß der Verkauf an Kinder und Jugendliche
verboten wird, ist selbstverständlich, da sie ja auch keinen
Branntwein kaufen dürfen, es war nur ein Übersehen.
daß dieses Verbot nicht schon in das Gesetz vom 17. Februar
1921, das den Verkauf alkoholischer Getränke an Jugendliche
untersagt, aufgenommen worden ist.
Schließlich noch einige Worte über
die Wirkung, die das Gesetz auf die im Gastgewerbe tätigen
Unternehmer und Arbeitnehmer ausüben wird. Die letzteren
wer den nicht allzu viel davon verspüren, denn die Zahl der
Hotels, Cafés, Speisehäuser usw. wird nicht abnehmen;
die kleinen Schankstätten werden verschwinden, die beschäftigen
aber nur wenig Leute, und unter diesen ist wieder ein großer
Teil weiblichen Geschlechtes, den aus dem Frohndienste des Alkoholbetriebes
zu befreien soziale Pflicht ist. Durch die Verminderung der Schankstätten
werden die übrigbleibenden ihren Umfang erweitern, so daß
sie mehr Angestellte verwenden werden als bisher; auch werden
ja die Gemeinden und Gesellschaften, die Konzessionen erwerben
werden, Geschäftsführer usw. brauchen. Erst dann, wenn
durch die Abstimmungen die Gemeinden trocken gelegt werden, wird
der Bedarf sinken; das wird aber gewiß erst später
und so all mählich geschehen, daß bei der ohnedies
nicht sehr großen Zahl von Menschen, die vom Alkoholvertriebe
Arbeit bekommen, bedenkliche Wirkungen ausgeschlossen sind.
Ärger betroffen werden natürlich
die Wirte, Schänker und Alkoholkleinhändler; von ihnen
wird ein beträchtlicher Teil schon durch die Einführung
der Verhältniszahl überflüssig werden. Nun ist
aber zu bedenken, daß erstens ein recht großer Teil
von Wirten, besonders in den Landgemeinden und Kleinstädten
den Alkoholausschank und das Wirtsgewerbe nur als Nebengeschäft
betreibt; sie sind Metzger und Selcher, Landwirte, Krämer,
so daß eine Berohung ihrer Existenz nicht ein treten wird,
und daß zweitens recht viele Menschen, die irgend ein anderes
Gewerbe erlern haben, aus Gründen. die hier nicht erörtert
werden können, zum locken den Wirtsgeschäfte greifen,
ein Gasthaus pachten und ihr Leben darauf aufbauen, daß
sie möglichst Viele zum Genuße des Volksgiftes verführen.
Auf beide Arten von Alkoholschänkern braucht man wenig Rücksicht
zu nehmen; fehlt diese Gelegenheit, so werden sie ebenso gut ihr
Leben auf andere Weise fristen.
Die Besitzer der Konzessionen sind heute größtenteils
Hausbesitzer, für Die freilich die schankberechtigung eine
wesentliche Erhöhung des Wertes ihres Objektes bedeutet.
Sie werden im Laufe der bis zur Durchführung des Gesetzes
verstreichenden zehn Jahre Zeit genug haben durch Abschreibung
usw. den veränderter Verhältnissen Rechnung zu tragen.
Schließlich wird der beste Teil der Wirte,
der Sachkenntnis besitzt und sich allgemeinen Ansehens erfreut,
auch dann noch nicht nur als Hoteliers, Kaffetiers, Leiter von
Speisehallen usw. sondern auch als Geschäftsführer in
den Gemeinde- und Gesellschaftsschankstätten, eventuell auch
als Inhaber einer der noch für Private zur Verfügung
stehenden Konzession Brot und Stellung finden. Der Abbau wird
gerade auf dem vorgeschlagenen Wege so langsam und allmählich
vor sich gehen, daß die Zahl der Opfer äußerst
gering sein wird. Solchen zur Seite zu stehen, die am Ende doch
in ihrer Existenz bedroht wer den, wird Sache und soziale Pflicht
der Gesellschaft sein.
In formeller Beziehung wird beantragt, daß
der Entwurf dem Gesundheitsausschuß und dem Ausschusse für
Handel und Gewerbe zugewiesen wird. Es handelt sich um ein Problem,
das zunächst eine Reform der Gewerbeordnung bedeutet, daher
gründlich vom Standpunkte des wirtschaftlichen Verkehrs geprüft
werden muß. Höher steht aber die Rücksicht auf
die Gesundheit, Sittlichkeit und Entwicklung der Völker;
Handel und Wandel sind nur Mittel zum Zwecke, Steigerung der körperlichen
und geistigen Leistungsfähigkeit, der Volksgesundheit, der
Ertüchtigung der heranwachsenden Geschlechter sind das Ziel,
dem jede Politik zuzustreben hat, darum muß auch der Gesundheitsausschuß,
in dessen Wirkungskreis dieser Teil der Politik fällt, den
Gesetzentwurf zunächst beraten. Ihm fällt die Entscheidung
zu. ob der Weg, den der Entwurf beschreitet, zum Ziele führt,
und darum gewählt wer den soll, der Gewerbeausschuß
hat dann die Einzelheiten zu prüfen.
Eine Belastung des Staatsschatzes durch das
Gesetz findet nicht statt, es ist daher nicht notwendig, für
eine Bedeckung Sorge zu tragen.