II. volební období. | 2. zasedání. |
Die Gefertigten stellen folgenden Antrag:
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik
hat folgendes Gesetz beschlossen:
§ 1. Der Großhandel mit alkoholischen
Getränken ist ein freies Gewerbe.
Der Kleinhandel mit alkoholischen Getränken
sowie deren Ausschank ist an eine behördliche Konzession
gebunden. Kleinhandel liegt vor, wenn das einer und der selben
Kundschaft auf einmal verkaufte Quantum bei gebrannten geistigen
Getränken 20 Liter und bei gegohrenen Getränken (Bier,
Wein, Schaumwein, Obstwein, Most) 100 Liter nicht erreicht.
Groß- und Kleinhandel mit nicht alkoholischen
Getränken sind ein freies Gewerbe, ihr Ausschank ist aber
gleichfalls an eine behördliche Konzession gebunden. Unter
nicht alkoholischen (alkoholfreien) Getränken sind alle jene
zu verstehen, welche nicht mehr als 0.5 Volumprozent Alkohol enthalten.
Der Betrieb des Kleinhandels mit alkoholischen
Getränken und deren Ausschank durch Erzeuger oder Großhändler
mit alkoholischen Getränken oder in Verbindung mit anderen
Kleinhandelsgewerben ist verboten.
Verträge über den Bezug des gesamten
Bedarfes alkoholischer Getränke oder eines bestimmten oder
bestimmbaren Teiles der selben von einem oder mehreren Erzen gern
oder Großhändlern sind nichtig. Die in Verbindung mit
derartigen Verträgen etwa geschlossenen Verträge und
Vereinbarungen sind, mögen sie auch nur als Nebenbestimmungen
erscheinen, gültig, insoweit sie nicht an und für sich
verboten sind.
Die Konzession zum Kleinhandel mit alkoholischen
Getränken oder zu deren Ausschank wird auf die Dauer von
höchstens 20 Jahren erteilt. Nach Ablauf der Konzessionsdauer
erlischt die Berechtigung.
Die zur Zeit des Wirksamkeitsbeginnes dieses
Gesetzes bereits bestehenden Berechtigungen zum Kleinhandel oder
Ausschank alkoholischer Getränke erlöschen, falls sie
vor diesem Tage bereits wenigstens 10 Jahre bestanden haben oder
falls sie nach dem 1. Jänner 1924 erteilt wurden, in 10 Jahren,
sonst in 20 Jahren vom Wirksamkeitsbeginne dieses Gesetzes an
gerechnet.
Radizierte Berechtigungen erlöschen ebenfalls
10 Jahre nach dem Tage des Wirksamkeitsbeginnes dieses Gesetzes,
doch ist dem letzten Inhaber von der Gemeinde eine Entschädigung
zu bezahlen. Die Bestimmungen über die Festsetzung dieser
Entschädigung werden im Verordnungswege erlassen.
Konzessionen zum Kleinhandel mit alkoholischen
Getränken oder zu deren Ausschank in Bahnhofswirtschaften
erlöschen 3 Monate nach Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes
und werden nicht mehr erteilt.
Das Gewerbe des Kleinhandels und des Ausschanks
alkoholischer Getränke muß vom Konzessionsinhaber persönlich
ausgeübt werden. Falls der Konzessionsinhaber eine juristische
Person ist, muß die Konzession von den zur Vertretung befugten
Personen ausgeübt werden.
Die Verpachtung des Gewerbes oder die Ausübung
durch einen Stellvertreter sowie die Übertragung des Gewerbes
durch Akte unter Lebenden oder im Erbwege findet nicht statt.
- Die Gewerbebehörde I. Instanz kann für den Fall der
Invalidität des Gewerbeinhabers die Verpachtung des Gewerbes
oder dessen Ausübung durch einen Stellvertreter zulassen,
wenn durch die Erlöschung des Gewerbebetriebes der Unterhalt
des Konzessionsinhabers und jener Personen, zu deren gesetzlichem
Unterhalte er verpflichtet ist, gefährdet wäre. Ebenso
kann die Gewerbebehörde I. Instanz nach dem Tode des Konzessionsinhabers
den Weiterbetrieb des Gewerbes auf Rechnung der Witwe oder der
erb berechtigten minderjährigen Deszendenten für die
Dauer des Witwenstandes, bzw. bis zur Erreichung der Großjährigkeit
der Deszendenten gegen bloße Anzeige gestatten, falls durch
die Verweigerung des Weiterbetriebes des Gewerbes der Unter halt
der Witwe oder der minderjährigen Deszendenten gefährdet
wäre. Wurde die Ehe aus dem Verschulden der Witwe geschieden
oder getrennt. so hat sie keinen Anspruch auf den Weiterbetrieb
des Gewerbes.
Neue Konzessionen zum Betriebe des Gewerbes
des Kleinhandels oder Ausschanks alkoholischer Getränke oder
verfallene Konzessionen dürfen nur dann verliehen, bzw. wieder
verliehen werden, wenn die Zahl der in der Gemeinde ausgeübten
Konzessionen nicht größer ist als dem Verhältnisse
von 1 auf 500 Einwohner in den Städten mit mehr als 10.000
Einwohnern und auf 400 Einwohnern in den kleineren Gemeinden entspricht.
Falls eine Konzession vor Ablauf der Konzessionsdauer
durch Entsagung oder Tod des Gewerbeinhabers, durch behördliches
Verbot oder auf welche Weise immer erlischt, so kann die Wiederverleihung
wenn überhaupt zulässig - nur für den restlichen
Teil der ursprünglichen Konzessionsdauer erfolgen.
Zehn Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
entscheidet die Bevölkerung je der Gemeinde, ob und inwieweit
in derselben Konzessionen für den Kleinhandel und Ausschank
alkoholischer Getränke weiterhin zu erteilen sind und wie
viele der nach dem Bevölkerungsschlüssel (§ 5)
überhaupt zulässigen Konzessionen weiter hin verliehen
werden sollen. Diese Entscheidung erfolgt durch Abstimmung aller
Personen, welche in der betreffenden Gemeinde das aktive Wahlrecht
haben. Die Abstimmung wird durch die politische Verwaltungsbehörde
durchgeführt. Die Kosten werden aus dem Erträgnisse
der Bewilligungsgebühren (§ 9 und 11) und aus dem Erträgnisse
des durch die Gemeinde betriebenen Kleinhandels und Ausschankes
alkoholischer Getränke (§ 8) gedeckt. Es besteht kein
Abstimmungszwang, die Abstimmung erfolgt mit amtlichen Stimmzetteln;
sie ist geheim und ohne Rücksicht auf die Zahl der abgegebenen
Stimmen gültig.
Bei der Abstimmung werden folgende Fragen vorgelegt:
1. Sollen alle nach dem Bevölkerungsschlüssel
des § 5 zulässigen Konzessionen erteilt werden?
2. Soll die Zahl der zu erteilenden Konzessionen
um 25%, 50% oder 75% kleiner sein, als nach § 5 zulässig
wäre?
3. Sollen überhaupt keine Konzessionen
mehr erteilt werden?
Um eine Änderung des im Zeitpunkte der
Abstimmung bestehenden Verhältnisses herbeizuführen,
müssen wenigstens 55% aller abgegebenen Stimmen auf die Änderung
lauten. Die eine weitergehende Änderung abgegeben Stimmen
werden, wenn sie 55% nicht erreichen, den für die minder
weit gehende Änderung abgegebenen Stimmen zugezählt.
Die Abstimmungen werden in zehnjährigen
Perioden wiederholt.
Falls mindestens 55% der abgegebenen Stimmen
auf den Verfall sämtlicher im Zeitpunkte der Abstimmung bestehenden
Konzessionen lauten so erlöschen die von der Gemeinde oder
gemeinnützigen Gesellschaften ausgeübten Konzessionen
binnen einem Jahre, die an physische Personen verliehenen Konzessionen
in zehn Jahren nach der Abstimmung, insoweit die Konzessionsdauer
nicht an und für sich nach § 3 dieses Gesetzes schon
früher abgelaufen ist.
Die Gewerbebehörde I. Instanz ist für
die Durchführung des Ergebnisses der Volksabstimmung verantwortlich.
Auf die Verleihung jener Konzessionen die nach
dem Ergebnisse der Volksabstimmung zulässig sind, hat die
Gemeinde das Vorzugsrecht. Die Gewerbebehörde I. Instanz
hat daher die Gemeinde unter Einräumung einer Frist von mindestens
3 Monaten zur Äußerung aufzufordern, ob sie von ihrem
Vorzugsrechte Gebrauch macht. Wenn die Gemeinde auf ihr Vorzugsrecht
verzichtet oder innerhalb dieser Frist sich nicht äußert
so sind die Konzessionen durch die Gewerbebehörde I. Instanz
im Wege der öffentlichen Ausschreibung zu vergeben. Die Ausschreibung
ist in der ortsüblichen Weise kundzumachen. Wobei eine 30tägige
Frist zur Einbringung von Einwendungen einzuräumen ist. Zur
Erhöbung von Einwendungen gegen die Verleihung der Konzessionen
sind die Gemeinde, die Anrainer der Betriebstätten, öffentliche
und private Fürsorgestellen. Schulleitungen, alkoholgegnerische
und Bildungsvereine Volks und Arbeiterheime berechtigt. Die Einwendungen
sind bei der Gewerbebehörde I. Instanz einzubringen die darüber
entscheidet und den die Einwendung erhebenden Amtsstellen, Körperschaften
oder Personen ein mit Gründen versehenes schriftliches Erkenntnis
zuzustellen hat. Gegen dieses Erkenntnis findet ein abgesondertes
Rechtsmittel nicht statt.
Bewirbt sich um die ausgeschriebenen Konzessionen
eine gemeinnützige Gesellschaft, die sich verpflichtet,
die nach Abzug der Geschäftsauslagen und einer angemessenen
Verzinsung des Anlage und Betriebskapitals erübrigenden Gewinne
aus dem Alkoholausschanke und Verkaufe der Gemeinde zu den im
§ 8 angeführten Zwecken zu übergeben und sich bei
ihrer Gebarung der Aufsicht der Gemeinde zu unterwerfen, so ist
ihr der Vorzug vor mit bewerbenden Personen einzuräumen.
Die Grundsätze und Bedingungen. unter denen solche Gesellschaften
sich bilden können und anerkannt werden, sind im Verordnungswege
festzusetzen.
Die erfolgte Verleihung der Konzession ist
öffentlich kundzumachen. Gegen diese Verleihung können
die im ersten Absatze dieses Paragraphen genannten Körperschaften,
Ämter und Personen binnen 30 Tagen vom Tage der Kundmachung
an gerechnet die Berufung an die Gewerbebehörde II. Instanz
und gegen die Entscheidung dieser Behörde in einer Frist
von 30 Tagen vom Zustellungstage die Berufung an das Ministerium
des Innern einbringen.
Die Gemeinde oder die gemeinnützige Gesellschaft,
welche die Konzessionen zum Kleinhandel oder Ausschank alkoholischer
Getränke betreiben, sind an die Bestimmungen dieses Gesetzes
gebunden Sie dürfen insbesondere die Betriebe nicht verpachten,
sondern müssen sie durch ihre Angestellten in eigener Regie
ausüben. Die Angestellten müssen fix besoldet sein und
dürfen durch Provisionen, Gewinnbeteiligung, nach den wirtschaftlichen
Ergebnissen der Betriebe sich richtenden Remunerationen oder sonst
auf welche Weise am Gewinne nicht interessiert sein.
Der gesamte aus dem Betriebe des Kleinhandels
und Ausschanks alkoholischer Getränke fließende Reinertrag
ist nach Abzug der Verzinsungs- und Amortisationsquote des investierten
Kapitals und der Betriebskosten zur Bekämpfung des Alkoholismus,
zur Errichtung und Erhaltung alkoholfreier Volkshäuser und
Speise wirtschaften öffentlicher Büchereien Bäder,
Sport und Turnplätzen sowie zur Auszahlung von Entschädigungen
für radizierte Konzessionen zu verwenden. Die Kontrolle darüber
führt die politische Behörde I. Instanz.
Eine physische Person darf nur eine Konzession
erhalten und ausüben. Gemeinden und gemeinnützige Gesellschaften
dürfen mehrere, auch alle in einer Gemeinde zur Verleihung
kommenden Konzessionen ausüben. Gemeinnützige Gesellschaften
dürfen ihren Wirkungskreis auch auf mehrere Gemeinden erstrecken.
Für die Verleihung einer Konzession zum
Kleinhandel oder Ausschank alkoholischer Getränke ist eine
Gebühr zu entrichten, deren Höhe im Verordnungswege
bestimmt wird Von dieser Gebühr sind nur die Gemeinden befreit,
die Konzessionen erwerben. Die Gebühr fließt der Gemeinde
zu, die sie im Sinne des § 8 dieses Gesetzes zu verwenden
hat.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten auch
für den gewerblichen Betrieb der Abfüllung von Bier
in Flaschen zum Zwecke des Ventriebes von Flaschenbier, der als
Kleinhandel im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. Insbesondere
darf der Vertrieb von Flaschenbier nicht von Erzeugern und Großhändlern
alkoholischer Getränke und nicht in Verbindung mit an deren
Kleinhandelsgewerben ausgeübt werden.
Der Kleinhandel mit Likörbonbons und sonstigen
alkoholhaltigen Zuckerwaren ist an eine Konzession gebunden, für
deren Erteilung eine im Verordnungswege fest zusetzende Gebühr
zu entrichten ist. Die Gebühr fließt der Gemeinde zu,
die sie im Sinne des § 8 dieses Gesetzes zu verwenden hat.
Die Konzessionen werden auf die Dauer von 20 Jahren erteilt. Sie
werden nicht in die Zahl der nach dem Bevölkerungsschlüssel
des § 5 zulässigen Konzessionen eingerechnet; falls
durch die Abstimmung nach § 6 Frage 3 mit Ja beantwortet
wird, verfallen auch diese Konzessionen und dürfen nicht
mehr erneuert werden.
Der Kleinhandel mit Likörbonbons und sonstigen
alkoholhaltigen Zuckerwaren kann im Zusammenhange mit einem anderen
Kleinhandelsgewerbe (Zuckerbäckerei Gemischtwarenhandlung
d. dgl.) ausgeübt werden. Die Verkäufer sind jedoch
verpflichtet, die alkoholhältigen Waren gesondert aufzubewahren
und in sichtbarer Weise als alkoholhältig zu bezeichnen.
Der Verkauf dieser Waren an jugendliche Personen bis zum vollendeten
18. Lebensjahre ist verboten und wird als Übertretung der
Gewerbeordnung bestraft.
Die mit den Bestimmungen dieses Gesetzes im
Widerspruch stehenden Bestimmungen der Gewerbeordnung in der Fassung
der Kundmachung des Handelsministers vom 16. August 1907 N. 199
RGBl., ferner des Gesetzes vom 12. April 1907 Nr. 210 RGBl., und
die aufgrund der Gewerbeordnung erlassenen Verordnungen werden
aufgehoben.
Das Gesetz tritt 3 Monate nach seiner Kundmachung
in Wirksamkeit. Mit der Durchführung wird der Minister des
Innern im Einvernehmen mit dem Handelsminister und dem Minister
für Volksgesundheit und körperliche Erziehung betraut.
Die verderblichen Wirkungen des Alkoholismus
und der Trinksitten auf die leibliche, geistige und sittliche
Wohlfahrt der Völker nehmen in steigendem Maße die
Aufmerksamkeit und die Sorge der Regierungen und der Volksvertretungen
in Anspruch. Es ist zwar richtig, daß der Verbrauch alkoholischer
Getränke in absoluten Mengen noch nirgends jene Höhe
er reicht hat, die vor dem Weltkriege verzeichnet wurde; trotzdem
ist die Gefahr jetzt viel drohender, weil die Bevölkerung
überall durch den Krieg, seine Wirkungen und Folgen an Leib
und Seele und Geist wesentlich geschädig wurde, weil die
Jugend in besorgniserregender Weise am Alkoholgenuß teilnimmt,
die Zerrüttung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse
den Volksorganismus weit empfindlicher macht und die Nachkommenschaft
in außer ordentlichem Maße gefährdet wird. Tuberkulose
und Geschlechtskrankheiten, die beiden gefährlichsten Seuchen
der Gegen wart, können überhaupt nicht mit Erfolg bekämpft
werden, wenn nicht der Kampf gegen die Trinkunsitten Hand in Hand
geht.
Dazu kommt aber für Mitteleuropa auch
noch ein anderes, sehr schwerwiegendes Moment in Betracht. Die
Vereinigten Staaten von Amerika haben sich vom Alkohol frei gemacht;
in kurzer Zeit werden Kanada und Mexiko ihnen folgen. Der Norden
Europas ist auf dem Wege zum Staatsverbot, Finnland hat es bereits,
in Schweden und Norwegen wird es in weniger als einem Jahrzehnt
zur Tatsache werden. Dänemark führt jetzt das Gemeindebestimmungsrecht
ein, das noch überall die Vor stufe zum Verbot gewesen ist.
Der Glaube, daß Amerika je wieder vom Verbote zurückommen
werde, ist ein Irrwahn, im Gegenteil, die Durchführung wird
von Jahr zu Jahr strenger und erfolgreicher gehandhabt werden
Das bedeutet, daß die wirtschaftliche Überlegenheit
Amerikas sich außerordentlich steigern, der Wettbewerb mit
ihm immer schwerer werden wird. Unternehmerschaft und Arbeiterschaft
Amerikas, aber auch Skandinaviens, werden der unseren durch die
Befreiung vom Alkohol so überlegen werden, daß der
ohnedies drohende, vielleicht kaum mehr abwendbare Verfall Mitteleuropas
ensetzliche Fortschritte machen wird.
Gerade in dieser letzten, schlimmsten Gefahr
liegt der stärkste Antrieb, sofort alle Mittel zu ergreifen,
die auch bei uns zur Befreiung der Völker vom Alkohol führen
können.
Als solches kommt zunächst die Aufklärungsarbeit
in Betracht; sie ist unentbehrlich und muß allen gesetzgeberischen
Maß regeln vorangehen, denn nur bei hinreichender Vorbereitung
können Gesetze die erwartete Wirkung entfalten. In den Rahmen
der aufklärenden Tägkeit gehört auch der bei uns
leider immer noch sehr vernachläßigte systematische
Antialkoholunterricht von der Volks bis zur Hoch schule; jeder
Amerikaner bestätigt es, daß die Einführung des
Verbotes durch den geschlossenen Willen einer so überwältigenden
Mehrheit des Volkes nur möglich war, weil die Schule den
Samen dazu gelegt hatte. Darum sollte sich auch in unserem Staate
die Unterrichtsverwaltung eingehender mit diesem Probleme befassen.
Aufklärung und Belehrung können aber
nur bis zu einer bestimmten Grenze wirken, darüber hinaus
versagen sie. Auch in Staaten, die für das Verbot reif sind
oder waren, gelingt es nicht, mehr als etwa 10% der Bevölkerung
enthaltsam zu machen; es ist ausgeschlossen, daß der Alkoholismus
durch Aufklärung allein ausgerottet werden könnte. Darum
sind fast alle Staaten dazu übergegangen, den Alkoholgenuß
durch Gesetze zu regeln und einzuschränken.
Wohl nirgends mehr ist der Ausschank und der
Verkauf alkoholischer Getränke vollständig freigegeben,
so gut wie überall ist Bewilligungszwang eingeführt,
Äusschank, in der Regel auch Kleinverkauf bedürfen einer
behördlichen Erlaubnis. Diese wird dazu benützt, um
einerseits die Zahl der Schankstätten in bestimmten, gewöhnlich
allerdings viel zu weit gezogenen Grenzen zu halten und um andererseits
die sittlichen und wirtschaftlichen Eigenschaften der Schänker
zu überwachen. Daß überall zu viele Bewilligungen
erteilt wer den. rührt vorzugsweise daher, daß Staat
und Gemeinden selbst in hohem Maße wirtschaftlich am Alkoholabsatze
interessiert sind, so daß sie dem Enträgnisse der Alkoholabgaben
zuliebe die gesundheitlichen und sittlichen Gesichtspunkte außer
Acht lassen. Dazu kommt noch, daß Bürokratismus, Protektion,
Verkommen ihren verderblichen Einfluß ausüben.
Daneben versucht man durch Begrenzung der Schankzeiten,
Verbot des Ausschanks an Sonntagen Samstagen Zahl tagen, der Abgabe
alkoholischer Getränke an Trunkene. Nichtklagbarkeit von
Zechschulden u. dgl. mehr den Gefahren des Alkoholismus entgegenzutreten
Im alten Österreich gab es das Trunkenheitsgesetz vom 23.
Juni 1881, das längst als unzureichend erkannt worden war;
bis 1908 wurden nicht weniger als drei Initiativanträge und
vier Regierungsvorlagen für ein neues Trunksuchtsgesetz eingebracht,
die nicht verabschiedet wurden; die letzte Regierungsvorlage vom
Jahre 1908, durch welche Bestimmungen zur Hintanhaltung
der Trunksucht getroffen werden sollten, gelangte zwar bis
zur Ausschußberatung, aber nicht mehr zur Annahme; die darin
vorgesehenen Maßnahmen waren allerdings ganz unzureichend
(vgl. Holitscher Die Regierungsvorlage für ein Trunken
heitsgesetz, Kampf Jhg. II, H. 5, S. 221 u. ff.)
Man hat außerdem versucht, durch hohe
Besteuerung der alkoholischen Getränke den Verbrauch herabzusetzen
und den Alkoholismus zu bekämpfen; wenn irgendwo die Bier
oder die Branntweinsteuer erhöht werden soll, befindet sich
unter den Grün den, welche die Finanzminister ins Treffen
führen, stets auch der, daß dadurch die Trunksucht
bekämpft werden soll. In Wahrheit ist diese Wirkung stets
kaum merklich und sehr rasch vorübergehend; die Regierungen
hüten sich natürlich wohl, die Verteuerung des Genußmittels
so weit zu treiben, daß sie prohibitiv wirkt, da sie ja
dann ihren wahren Zweck, die Vermehrung der Einnahmen des Staates,
nicht erreichen würde.
Da alle diese Palliativmittel sich als unwirksam
erwiesen, haben sehr viele Staaten, darunter besonders jene, die
sich von der steigenden Alkoholflut am meisten bedroht fühlten,
in denen aber auch die Aufklärung der Volksmassen am weitesten
fortgeschritten war und - was besonders hervorgehoben zu werden
verdient - demokratischer Geist in Regierung und Verwaltung herrscht
- zu wirksameren und einschneidenderen Maßregeln gegriffen;
diese sind: die Ausschaltung des Privatinteresses am Alkoholausschank;
das Gemeindebestimmungsrecht; das Staatsverbot.
Letzteres ist natürlich das Wirksamste
und Sicherste. Der Staat verbietet Erzeugung, Einfuhr und Vertrieb
aller alkoholischen Getränke. Vollständiges Verbot besteht
in U. S. A., in Finnland und Island; Neufundland ist trocken;
von den 9 provinzen Kanadas sind sieben trocken, nur zwei (Quebec
und British Columbia) lassen den Alkoholhandel noch zu. Ein großer
Teil der Provinzen Mexikos ist bereits unter Alkoholverbot. In
den lateinischen Staaten Südamerikas herrscht eine sehr starke
Bewegung für Einführung des Verbotes. In Egypten wurde
eine mit zahllosen Unterschriften versehene Bittschrift an den
König und die Regierung eingebracht, in der um Einführung
des Staatsverbotes an gesucht wurde. In Rußland wurde durch
einen Ukas des Zaren zu Beginn des Krieges ein vollständiges
Alkoholverbot erlassen, das auch von der Sowjetregierung übernommen
wurde; jetzt ist nach einer Mitteilung Krassins Erzeugung und
Einfuhr von Branntwein strenge verboten, Wein und Bier sind jedoch
erlaubt.
Das Staatsverbot setzt weit fortgeschrittene
Aufklärung voraus; bei uns würde es nicht verstanden
und darum unausgesetzt übertreten werden; Schmuggel und Geheimbrennerei
würden trotz allen Strafen blühen In Amerika und Finnland
wurde der Kampf gegen den Alkohol seit einem hundert mit aller
Kraft geführt, dort war der Boden vorbereitet, was bei uns
noch lange nicht der Fall ist.
Es muß weiterhin auch darauf Rücksicht
genommen werden, daß bei uns sehr starke wirtschaftliche
Interessen mit der Erzeugung und dem Vertriebe der alkoholischen
Getränke verbunden sind, u. zw. nicht nur solche des Großkapitals,
sondern auch der breiten Bevölkerungsschichten. Wird auch
durch die Unterdrückung des Alkoholgenusses die Kaufkraft
der Bevölkerung gehoben, der Absatz nützlicher Ware
und kultureller Güter gesteigert, so daß der Enderfolg
äußerst günstig und für die Volkswirtschaft
befruchtend ist, so würde es doch bei plötzlicher und
vorzeitiger Umstellung zu Reibungen und Schwierigkeiten kommen
Daher muß erst langsame und allmählige Loslösung
erfolgen, es muß den betroffenen Zeit gelassen werden, andere
Erwerbszweige zu suchen; dann wird auch bei uns die Zeit für
das Staatsverbot gereift sein.
Schließlich spielt bei uns das Gasthaus
das in fünfundneunzig unter hundert Fällen nichts anderes
ist als ein Trinkhaus, in den gesellschaftlichen Sitten des Volkes
eine bedeutende, für den Augenblick schwer zu ersetzende
Rolle, wie noch auszuführen sein wird; auch darum muß
der Gedanke an ein Staatsverbot vorläufig abgelehnt werden.
Es wurde wohl schon der Vorschlag eines staatlichen
Branntweinverbotes erwogen; in dieser Hinsicht haben Norwegen
und Belgien das Beispiel gegeben, wo der Ausschank von Getränken
mit mehr als 12, bzw. 14 Volumprozent Alkohol untersagt ist; auch
Rußland hat, wie oben schon er wähnt, ein Schnapsverbot.
Dieser Gedanke läßt sich nicht ohne weiteres von der
Hand weisen, denn das vorerst noch erheischende Bedürfnis
nach Alkohol ließe sich dann immer noch durch Wein und Bier
befriedigen, die in der Branntweinerzeugung steckenden Wirtschaftinteressen
sind nicht allzu groß und das Wirtshaus könnte einstweilen
weiter bestehen. Aber auch da und wohl erst recht wäre unausgesetzte
Übertretung des Verbotes zu gewährtigen, in den Schankstätten
würde neben Bier oder im Bier heimlich Schnaps geschenkt
werden, wirksame Überwachung wäre so gut wie ausgeschlossen.
Auch trägt das Branntweinverbot stets Klassencharakter; die
Wohlhabenden können sich mit Bier und Wein berauschen und
sich um teueres Geld auch Liköre u. dgl. verschaffen, getroffen
werden davon fast ausschließlich die Besitzlosen.
In Schweden wurde zuerst der Versuch unternommen,
den beängstigend großen Branntweinverbrauch dadurch
zu vermindern, daß man den Ausschank monopolisierte und
gemeinnützigen Gesellschaften übertrug, denen der Betrieb
einer bestimmten, kleinen Zahl von Schankstätten in der Stadt
gestattet wurde. Der eine fünfprozentige Verzinsung des eingebrachten
Kapitals übersteigende Reingewinn fließt den Bezirksverwaltungen
zu, die ihn zu sozialen Zwecken verwenden sollen. Das System,
das von der Stadt Gotenburg, in der es zuerst angewendet wurde,
seinen Namen führt, wird viel umstritten, hat gewiß
manche Vorteile, genügt aber nicht. Es mußte auch in
Stockholm dadurch ergänzt werden, daß jeder, der Branntwein
haben will, eine Karte lösen muß, die ihn zum Bezuge
von 4 Liter Branntwein monatlich berechtigt. Dieses nach Dr. Bratt
benannte System hat tatsächlich einen Rückgang des Branntweinverbrauches
bewirkt, genügt aber trotzdem keineswegs den Forderungen
der schwedischen Nichternheitsfreunde, was schon daraus hervorgeht,
daß sich bei der Volksabstimmung im Jahre 1922 fast die
Hälfte der Bevölkerung für das Staatsverbot ausgesprochen
hat.
Bei uns käme dem Gotenburger System höchstens
dann Wert zu, wenn es sich nicht nur auf Branntwein, sondern auf
alle alkoholischen Getränke erstreckte; aber das wäre
mit so unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Ablösung
der Konzessionen usw. verbunden, daß schon deshalb nicht
an seine Einführung gedacht werden könnte.
Neben dem Gotenburger System besteht aber in
Schweden, u. zw. besonders in den Landbezirken die Lokaloption,
die dort nach amerikanischem Vorbilde schon vor Jahrzehnten eingeführt
wurde; durch sie wurde das flache Land Schwedens (und auch Norwegens)
tatsächlich trocken gelegt. Sie besteht darin,
daß den Bewohnern einer Gemeinde, eines Bezirkes oder Distriktes
(in Schottland z. B. der Counties) oder eines Stadteiles das Recht
zusteht, durch Abstimmung darüber zu entscheiden, ob in dem
Gebiete, um das es sich handelt Alkoholausschank und Verkaufsstätten
(abgesehen natürlich von den Apotheken gegen ärztliche
Verordnung) zulässig sind oder nicht. Durch solche Abstimmungen
wurden in U. S. A., Kanada, Skandinavien viele tausende von Gemeinden,
ja ganze Distrikte trocken gelegt, bevor noch das Alkoholverbot
auf gesetzlichem Wege für den ganzen Staat verfügt worden
ist.
Die Lokaloption, auch Local Veto geheißen,
wurde in etwas abgeänderter Form als Gemeindebestimmungsrecht
in den letzten Jahren als beste, erfolgreichste, einwandfreieste
und demokratischeste Methode erkannt, um den Alkoholismus mit
allen seinen Wirkungen zu verdrängen. Sie wurde darum zur
Grundlage des vor liegenden Gesetzentwurfes gewählt.
Durch welche Mittel soll nun das Gemeindebestimmungsrecht
(GBR.) seinen Zweck erreichen?
Die erste Wirkung soll die einer weit gehenden
Verminderung der Zahl der Alkoholschank und Verkaufsstätten
sein.
Gewiß bedeutet Abnahme der Zahl der Schankstätten
noch keineswegs auch schon gleichzeitig Abnahme des Alkoholverbrauchs,
zumindest brauchen sie nicht paralell zu gehen; es ist klar, daß
in einem modernen Bierpalast mehr Alkohol genossen wird als in
einem Dutzend kleiner Kneipen Trotzdem erscheint die Verminderung
der jetzt ungeheuerlich großen Zahl von Schank- und Verkaufsstätten
dringend notwendig. Es kommt jetzt in den meisten, besonders den
kleineren Gemeinden schon auf 80-100 Köpfe eine Schankstätte,
da bei sind aber die Flaschenbierhandlungen und Läden, in
denen Branntwein, Rum, Wein in verschlossenen Gefäßen
verkauft wird, noch gar nicht mitgerechnet; bedenkt man, daß
die Frauen durchschnittlich wenig verbrauchen und zieht man Kinder,
Greise, Kranke ab, so ergibt sich, daß etwa 30-40 Männer
je ein Gasthaus erhalten müssen Das hat dazu geführt,
daß der Gasthausbesuch und der damit verbundene Alkoholgenuß
zu einer bürgerlichen Pflicht und menschenfreundlichen Handlung
geworden sind (der Wirt will doch auch leben), daß
das Vereinsleben sich diesen Verhältnissen angepaßt
hat, Unterhaltungen zu dem Zwecke veranstaltet werden, damit der
Wirt ein Geschäft macht, usw. Der kleine Wirt ist viel mehr
vom Trunke seiner Gäste abhängig als der große
Restaurateur, der an Speisen verdient, durch sein persönliches
Verhältnis zu den Gästen fördert er oft die Sauferei.
Er ist auch nur allzu oft vom Bierbrauer abhängig und da
durch gezwungen, den Absatz mit allen Mitteln zu steigern; er
übt darum Einfluß aus und hindert dadurch die Abkehr
vom Alkohol, den Übergang zu alkoholfreien Genußmitteln
Aus allen diesen Gründen muß jede erfolgreiche Reform
mit einer Verminderung der Schankbewilligungen beginnen.