Úterý 18. èervna 1929

So sehen wir, daß wir uns in vielen Dingen im Gegensatz zu den Ärzten befinden, die ja auf Grund der heutigen Wirtschaftsordnung ihren Beruf, der ganz anders ist als jeder andere Beruf, als Erwerb betrachten. Wir stehen aber auf dem Standpunkt, daß die Ärzte wie in Sowjetrußland vom Staate bezahlt werden und alle Kranken unentgeltlich zu heilen haben. Mit jener Sozialpolitik, die in den kapitalistischen Staaten gemacht wird, können wir nicht nur nicht einverstanden sein, sondern wir müssen den Kampf dagegen, insbesondere gegen jene Sozialpolitik führen, die in der Èechoslovakei betrieben wird. Denn sie wird dazu benützt, um alle Organisationen, Körperschaften und Einrichtungen der sozialen Fürsorge den staatlichen Interessen dienstbar zu machen. Wir sehen eine allgemeine Bürokratisierung, das ist Faszisierung aller Fürsorgeanstalten. Der Einfluß des Staats wird auf alle Körperschaften ausgedehnt, aber die Rechte jener Menschen, die in diesen Anstalten auf Grund ihrer Stellung konzentriert sind, werden abgebaut. Es wird geklagt, daß die Krankenversicherungsanstalten nicht eine derartige fürsorgliche Tätigkeit entfalten, wie sich vielleicht viele Herren der Koalitionsparteien immer wieder vorstellen oder empfehlen. Dabei vergessen sie oder verschweigen absichtlich, daß gerade sie es waren, die den Krankenversicherungsanstalten die Mittel für die Entfaltung ihrer Tätigkeit entzogen haben. Seit dem die letzte Koalition ans Ruder gekommen ist, sehen wir einen Abbau und eine Verschlechterung der sozialen Fürsorge in jeder Beziehung. Ich will nur diesbezüglich auf die allgemeine Pensionsanstalt in Prag verweisen, die in der letzten Zeit, im Juni, ein Rumdschreiben versendet hat, in dem sie mitteilt, daß sie die Heilfürsorge nur auf ganz bestimmte Krankheiten ihrer Mitglieder einschränkt. Bis jetzt war es Tausenden pensionsversicherten Mitgliedern, gerade jener Schicht, die zwischen den manuellen Arbeitern und der kapitalistischen Klasse steht, möglich, in Bädern oder Fürsorgeanstalten Heilung von der Krankheit, von der sie betroffen wurden, zu finden. In dem erwähnten Rundschreiben vom 13. Juni aber heißt es: "Gemäß den Grundsätzen der Verwaltungskommission der Pensionsversicherungsanstalt werden Beiträge nur zur sanatoriellen Behandlung bei allen Tuberkuloseerkrankungen der Lunge und der Knochen bewilligt. Zur sanatoriellen Behandlung von Nervenkrankheiten, Rheumatismus, Ischias, Herzkrankheiten, Magenkrankheiten und anderen chronischen Leiden gewährt die gefertigte Anstalt keine Beiträge". Das bedeutet eine kolossale Verschlechterung gegenüber der bis Ende Mai geübten Praxis. Das bedeutet, daß Beiträge nur jenen Kranken gewährt werden, die an Tuberkulose der Lungen und Knochen leiden, daß hingegen alle, die an Rheuma, an Ischias leiden, eine Herz- oder Magenkrankheit haben, überhaupt nichts bekommen. Dabei wissen wir, daß die Pensionsversicherten, insbesondere im vorgerückten Alter, von den meisten, dieser Krankheiten betroffen werden. Wir können also nicht von einem Ausbau, von einer Erweiterung der sozialen Gesetzgebung sprechen, sondern nur von einer Verschlechterung derselben auf allen Gebieten. Durch die letzte Novellierung des Sozialversicherungsgesetze ist es soweit gekommen, daß die Arbeiter immer wieder über die Unzulänglichkeit der Einrichtungen, auf die sie angewiesen sind, klagen. Die Ernennungen des Fürsorgeministeriums in die Bezirkskrankenversicherungsanstalten sind der gröbste Hohn. Ich will darüber nicht eingehend sprechen. Allgemeine Empörung, nicht nur bei der Arbeiterschaft, sondern bei allen Schichten, die daran interessiert sind, herrscht über jene Methoden, die das Ministerium für soziale Fürsorge hier eingeschlagen hat. Wir sehen, daß die Sparmaßnahmem in den Krankenversicherungsanstalten nur auf Kosten der kranken Arbeiter erfolgen, und wissen, daß die Sparmaßnahmen sich sicherlich in einigen Jahren bitter rächen werden an der allgemeinen Gesundheit Wir sehen aber auch, daß die Bezirkskrankenversicherungsanstalten zu den sonderbarsten Miteln greifen. Nicht nur, daß man die Kranken durch Ärztekommissionen gesund macht, wir sehen auch, daß einige Krankenanstalten, die gewissenlos verwaltet und geführt werden, den Versuch machen, die Arbeiter um die gesetzlichen Unterstützungen zu prellen, indem eine Kasse die Leistungen auf die andere überwälzt und den Arbeitern nichts gibt. Ich kenne Fälle, wo Arbeiter sich jahrelang mit den Kassen um die ihnen gesetzlich zustehende Krankenunterstützung herumstreiten mußten. Keine Kasse wollte zahlen, eine verwies auf die andere. Es steht also außer Zweifel fest, daß die Arbeiterschaft auf die Sozialpolitik im bürgerlichen Staate mit andern Augen sieht, als vielleicht die Herrschaften selbst sehen.

Meine Herren! Schon von meinen Vorrednern wurde auf eine Eiterbeule hingewiesen, die sich hier in Prag gezeigt hat, das ist der Spitalskandal in Prag. Vor zwei Jahren wurde unter Beteiligung vieler ausländischer Ärzte in Prag eine Ärztetagung abgehalten. Als diese Ärzte den Wunsch äußerten, die Klinik zu besuchen, versuchte man, sie davon abzuhalten, aus begreiflichen Gründen, die wir heute kennen. Und als sich diese Ärzte doch nicht abhalten ließen, die Klinik zu besuchen, waren sie erschrocken über diese Zustände im Allgemeinen Krankenhaus von Prag, und es war die allgemeine Meinung der ausländischen Aerzte, daß diese Zustände nicht nur skandalös sind, sondern, daß sich gleichwertiges nur am Balkan findet. Die Zeitungen haben sich in letzter Zeit sehr eingehend mit dieser Frage befaßt. Es wird wohl gesagt daß die Regierung alles unternehme, um die sanitären Zustände in der Èechoslovakei so zu gestalten, daß sie den modernen Anforderungen entsprechen. Wir können hier nur vom Gegenteil sprechen. Soweit wir uns an der Besichtigung des Allgemeinen Krankenhauses beteiligt haben, konnten wir nur konstatieren, daß die Zustände an der Klinik nicht nur so sind, wie sie in den Blättern geschildert wurden, sondern daß sie bei weitem schlechter, skandalöser und unerhörter sind, als sie geschildert wurden. Und man kann sich schon vorstellen, was in dieser Hinsicht in der Metropole diese Staates vorgehen muß, wenn sich die Ärzte in die Öffentlichkeit flüchten müssen, wenn sie der Öffentlichkeit die Zustände schildern müssen, um deren Gewissen wachzurufen und für sich zu gewinnen. Es ist sicherlich von Vorteil, wenn ich den Protest der klinischen Vorstände, also ein authentisches Dokument, hier zur Vorlesung bringe, um nur einen kleinen Begriff davon zu geben, was sich an der Klinik abspielt. Da heißt es (ète): "Auf der Klinik Schloffer führt vom Erdgeschoß eine keinen Meter breite, dreimal gewundene und beschädigte Treppe in den Keller. Dort neben den Kohlenschuppen und anderen Aufbewahrungsräumen befinden sich auch zwei Kellerzimmer der Orthopaedie. Die armen Krüppel, einbeinige, die kaum kriechen können, müssen zuerst unter Schmerzen die Treppen herunterhumpeln, denn getragen können sie nicht werden, dazu sind die Stufen zu schmal; ein Warteraum ist nicht vorhanden, nur eine aus Kistenbrettern zusammengehauene Bank, die von der Treppenseite der Zugluft, von der Kellerseite der Hitze der Beheizungsanlage ausgesetzt ist. Klosett befindet sich keines dort." - Und als wir bei der Besichtigung Professor Schloffer fragten, wo die Kranken ihre Notdurft verrichten, so hieß es, hier vorn im Warteraum. Der Warteraum war nichts anderes als der Kellergang, der durch alle möglichen Röhre und Kisten und Gerümpel vollständig verstellt wird. "Klosett befindet sich keines dort. Kommt einem der Kranken ein Bedürfnis an, so ist es ihm fast unmöglich, dies zu befriedigen, denn er müßte die famose Treppe hinaufkriechen. Es bleibt ihm also meistens keine andere Wahl, als auf dem Kohlenhaufen seiner Notdurft nachzugehen. Der Zandersaal sieht wie ein mittelalterliches Laboratorium aus, die Geräte scheinen fast durchwegs aus derselben Zeit zu stammen." Auf unsere Frage wurde uns bedeutet, daß man neue Instrumente und neue Einrichtungen für den Zandersaal nicht schaffen könne, weil kein Platz vorbanden ist. Neben dem Zandersaal ist noch ein kleiner Raum im Keller, wo die Wärterin wohnt und die Nacht zubringt.

"Im Erdgeschoß, in gleicher Linie mit dem Erdboden, befindeden sich nun die operativen Räume, bezw. die Krankenzimmer. Wer nur auf wenige Stunden den Betrieb dieser Klinik sich angesehen hat, der meint, daß es unmöglich ein Kulturstaat sein kann, der solche Verhältnisse duldet und auf alle Beschwerden, Eingaben nicht antwortet, der es nicht einmal der Mühe wert findet, durch unvoreingenommene Fachleute einen Lokalaugenschein vornehmen zu lassen, der tausende Staatsbürger so leiden läßt."

Meine Herren, als dieser offizielle Bericht erschien, haben wir von unserer Partei im Gesundheitsausschuß, der an demselben Tage tagte, die sofortige Unterbrechung der Sitzung und Besichtigung der Klinik auf Grund dieser Vorkommnisse beantragt. Unser Antrag wurde abgelehnt mit der Motivierung, daß erst das Ministerium von diesen Zuständen verständigt werde und daß man erst dann darüber beraten werde, ob und wie man die Besichtigung vornehmen solle. Meine Herren! Gerade der Minister für Gesundheit, der Herr Dr. Tiso, der hat wohl in Konnersreuth die Therese Neumann besucht, während seiner Amtszeit aber ist es ihm niemals, auch nicht ein einzigesmal eingefallen, die wichtigste Anstalt der Hauptstadt des Staates zu besuchen, um sich zu überzeugen, welche Zustände dort herrschen. Es ist begreiflich, daß Herrn Dr. Tiso die Therese näher steht als die Klinik, als das Wohl von tausenden Menschen, die dort Zuflucht und Hilfe suchen, ihm ist die Resl wichtiger für die Tätigkeit der Heiligen Kirche, als die Gesundheit der Menschen, die zu Krüppeln wurden, denen die kapitalistische Wirtschaftsordnung die Gesundheit geraubt hat. (Výkøiky na levici.) Als unser Antrag abgelehnt wurde und am nächsten Tag im Gesundheitsausschuß doch der Beschluß gefaßt wurde, die Kliniken zu besuchen, sahen wir, daß die Kommission, die sich auch aus Vertretern der Koalitionsparteien zusammensetzte, über die Zustände entsetzt darüber war, daß es menschenmöglich ist, derartige Zustände jahrelang in Prag zu dulden, ohne daß eine einzige verantwortliche Person hier irgendetwas getan hätte, um Abhilfe zu schaffen. Ich will in diesem offiziellen Protest der klinischen Vorstände fortfahren. Es heißt weiter (ète): "Der Hörsaal dient gleichzeitig als Operationssaal, Gipszimmer, Bestrahlungsstätte und zu orthopädischen Zwecken. Von da gelangen wir in den Warteraum. Dort sitzen auf zwei Bänken die zu Operierenden, diese, denen doch gewiß nicht allzu leicht zumute ist, müssen leichte Operationen, Narkotisierungen, Endoskopien (Untersuchungen der Blasen, der Speiseröhre, des Mastdarmes) mit ansehen und erbrechen oft vor Uebelkeit. Daran schließen sich zwei Operationssäle An vier, oft fünf Tischen wird zu gleicher Zeit operiert. Der kleine Saal besitzt keine Ventilationsmöglichkeiten. Die Wasserzuleitung versagt häufig, die Atmosphäre ist fürchterlich; unnötig zu sagen, was das für ein Handicap für das Gelingen einer Operation ist. Der größere Saal ist etwas besser bestellt und besitzt wenigstens eine manchmal funktionierende Lüftungsanlage. Zwischen zwei anderen Zimmern befindet sich noch ein Narkotisierungsraum, wenigstens führt er den Namen. In Wirklichkeit ist es eine Rumpelkammer ohne Fenster, in 6 unregelmäßigen Ecken, von der Größe einer gewöhnlichen Küchenspeis. Anschließende daran kommt nun das Badezimmer für 30 Aerzte, das aus einer sicher 50jährigen, halb zerfressenen Badewanne besteht und soviel Raum einnimmt, daß nur ein ganz kleiner Mann sich umdrehen kann. Dort sollen sich die Aerzte, die nach schweren Operationen verschwitzt, beshmutzt und ermüdet sind, reinigen und Erholung finden."

Meine sehr Verehrten! Als wir diesen Raum besichtigten, wurden gerade drei Operationen vorgenommen und man konnte sich überzeugen, unter welch skandalösen und lebensgefährlichen Umständen Operationen an Menschen vollführt werden, wo nebenbei noch die Gefahr der Infektion besteht. Das, was als Warteraum bezeichnet wird, dient nach den Ausführungen des Herrn Professor Schloffer nicht nur als Warteraum, sondern auch als Vorbereitungsraum für Operationen, wo Narkotisierungen, Blasen- und Mastdarmspülungen vor den Augen jener Leute vorgenommen werden, die zwischen Tod und Leben schwaben und die schon im nächsten Augenblick selbst am Operationstisch liegen sollen. Es war dies ein haarsträubender Anblick, und das Gruseln überlief jeden, der nur an die Möglichkeit dachte, daß eventuell er selbst oder einer seiner Familienangehörigen einmal gezwunge wäre, sich hier in diesen elenden Räumen einer Opertion unterziehen zu müssen. Herr Professor Schloffer erklärte uns weiter, daß in diesem Raume täglich 10 schwere Operationen vorgenommen werden, und daß man außerdem noch in dringenden Fällen im Demonstrationssaal, wo Schmutz und Staub herrscht, Operationen vorzunehmen gezwungen ist. Auf unsere Frage, ob sich in dieser Abteilung ein Bad befände, hieß es, daß im ganzen Trakt der Schlofferschen Abteilung ein einziges Bad eingerichtet ist, was doch für ein Spital die erste Bedingung ist. Auf unsere Frage, wo die eingeliferten Kranken gebadet werden, sagte man uns, daß in den einzelnen Krankenzimmern Badewannen aufgestellt werden, wo die zu Operierenden vor den Augen der anderen Patienten gebadet werden. Das ist ein derart unerhörter Skandal, daß eine Regierung, die nur ein bißchen Gewissen hätte, es nicht dulden könnte, daß derartige Zustände hier herrschen. Es wurde hier schon gesagt, daß für 30 Aerzte, die täglich mit Verwundeten in Berührung kommen, die mit Infektionskrankheiten kämpfen, nur eine einzige Badewanne zur Verfügung steht. Wo jene Leute aber nach den Operationen sich reinigen sollen, davon ist keine Rede.

Es heißt weiter in dem offiziellen Protest der klinischen Vorstände (ète): "Nun kommen wir in die gegenüberliegende Ambulanz. Der Warteraum bietet etwa 20 Personen zur Not Platz. Durchschnittlich müssen aber 50 Personen Platz finden. Da nicht gelüftet wird, ist die Luft dick und schwül, so daß fortwährend Ohnmachtsanfälle zu verzeichnen sind. Die weibliche Am ulanz hat nur einen Behandlungstisch und bietet nur für einen Arzt und eine Schwester Platz, die gleichzeitig die Schreibformalitäten und die Behandlung durchführen müssen. Auch hier, durch Ueberfüllung des Warteraumes, sehen die Wartenden der Entblößung der Wunden und den ärztlichen Eingriffen zu. Die männlich Ambulanz ist etwas größer, wird dafür aber auch um mehr als das Doppelte in Anspruch genommen und gleicht eher einem Schlächtersaal als einer Klinik. Bis Mai wurden 4000 Männer behandelt." In dem offiziellen Protest der klinischen Vorstände wird gesagt, daß dieser Warteraum für 20 Personen berechnet ist, daß er aber gewöhnlich von 50 Personen belegt ist. In Wirklichkeit ist in diesem Raum - und das werden mir alle Damen und Herren bestätigen, die sich an dieser Exkursion beteiligt haben - nicht einmal Platz für 10 Personen; überdies ist dieser Raum ein Warteraum für Männer und Frauen, es haben also die weibliche und männliche Ambulanz, die nebeneinanderliegen, nur diesen gemeinsamen Raum, und Tatsache ist, daß der Raum für die weibliche Ambulanz ein derart skandalöser ist, daß dort gleichzeitig an einem Tisch und in den einzelnen Ecken dieses kleinen Raumes Personen untersucht und verbunden werden und auch kleine Operationen an ihnen vollführt werden. Richtig ist, daß es dort wie in eine Schlächterhaus aussieht. Ueberall, auf allen Gängen, in allen Warteräumen und in allen Zimmern stehen offene Kübel mit blutiger Watte, mit Verbandzeug und allen möglichen Dingen, die das Erbrechen nicht nur bei Kranken, die empfindlicher sind, sondern auch bei gesunden Besuchern bewirken müssen.

Es heißt dann weiter (ète): "Die Krankenzimmer bieten Raum für 108 Betten. Der tägliche Belag aber beträgt bis 140 Kranke. Wie werden diese nun untergebracht? Auf Matratzen, in Badewannen, auf bloßen Laken liegen schwere Fälle und der Platzmangel ist so drückend, daß die Ärzte gegen ihr ärztliches Gewissen gezwungen sind, täglich Patienten vorzeitig zu entlassen. Ueberhaupt werden die Operierten nur solange dort behalten, als es sich halbwegs mit der Menschlichkeit in Vereinbarung bringen läßt. Der diensttuenden Schwester ist ein fensterloser, schrankähnlicher Raum zugewiesen, der kaum genügend Luft zum Atmen enthält. Sehenswert sind die Klosette. Für 1000 Patienten zwei Klosette in einem vermoderten Zustand." Es war unglaublich für die Kommission, als sie die Klosettanlagen dieser klinischen Abteilung besichtigte, festzustellen, daß diese Aborte, die sich dort befinden, und ein Pissoir für 600 Hörer, für 30 Aerzte, für 80 liegende Patienten und für eine Unzahl von ambulanten Kranken ausreichen müssen. Es ist das ein Zustand, der unglaublich erscheint, unglaublich deshalb, weil es fast ausgeschlossen ist, daß solche Zustände hier in Prag herrschen könnten. "Dazu stehen im Vorraum Kübel, die die nicht verzehrten Speisereste der Kranken enthalten, offen herum. Die Speisen verfaulen, Fliegensschwärme sammeln sich, verpestete Luft füllt die Räume. Interessant ist, daß die Spitalsverwaltung diese verwesten Speisereste an Viehzüchter um teures Geld verkauft und die Kübel so lange stehen läßt, bis sich eben ein Käufer hiefür gefunden hat.

Die Roentgenstation erledigte dieses Jahr bisher 7500 Fälle. Sie besteht aus vier winzig kleinen Löchern, die eher als Kohlenschuppen, denn zur Roentgenbeobachtung taugen, Ueberall herrscht elektrische Hochspannung, die Drähte hängen frei herum, so daß für einen des Raumes Unkundigen Lebensgefahr besteht. Unnötig zu sagen, daß die Tragbahren in einem vollkommen vernachlässigten Zustand sind, der Fußboden stellenweise aufgesprungen, verschmutzt u. s. w."

Man könnte das, was die klinischen Vorstände hier anführen, fortsetzen und zeigen, in welchem Zustande sich eine der wichtigsten Anstalten dieses Staates befindet, eine Anstalt, wo Tausende die Rettung ihres Lebens suchen, wo die Ärzte Tag und Nacht gezwungen sind, ihrer schweren Pflicht nachzukommen, wo sie die Aufgabe haben, das Leben Hunderter von Menschen zu retten. Es ist natürlich, daß im kapitalistischen Staat alle diese Fürsorgeeinrichtungen nur notdürftig hergestellt werden, weil sie nicht danach angetan sind, Profite für die kapitalistische Wirtschaftsordnung abzuwerfen. Nur alle jene Anstalten, nur all jene Einrichtungen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die für die kapitalistische Klasse Profite abwerfen, werden gefördert, werden ausgebaut, wie sie eben die kapitalistische Klasse braucht. Die Zeitungen haben unzählige Berichte in den letzten Tagen gebracht und darin aufgezeigt, daß sich im allgemeinen alle solchen Einrichtungen, Kliniken und Spitäler in einem ähnlichen Zustande befinden. Ist es nicht ein Hohn, wenn wir hören, daß vor einigen Tagen Prof. Dietrich, der Vorstand des Institutes für gerichtliche Medizin, bei der Abschiedsvorlesung erklärt hat, er müsse ausdrücklich feststellen, daß er die Anstalt genau so übergebe, wie er sie vor 36 Jahren übernommen habe. Nichts hat sich während dieser Zeit geändert, obzwar genügend Pläne, genügend Vorschläge gemacht wurden, um dort die räumlichen Schwierigkeiten zu beheben. Sie wissen aus der Presse, daß die Klinik für Nervenleiden des Prof. Haškovec gesperrt wurde, weil ein Streit zwischen Staat und Gemeinde um das Gebäude ausgebrochen ist, ein Streit, der nicht anders als auf Kosten der Nervenkranken ausgehen konnte. Es streiten sich Staat und Gemeinde, es streiten sich die einzelnen Ministerien, das Gesundheitsministerium mit dem Schulministerium, wer die notwendigen Mittel flüssig machen soll, um die Anstalten nicht nur auszubauen, sondern auch sie zu erhalten.

Es wird alles mit dem Geldmangel motiviert. Und schon daraus erkennen wir die Höhe der Kultur eines Staates, wenn wir einen Vergleich ziehen zwischen seiner Einwohnerzahl und den Krankenbetten in diesem Staate. So finden wir, daß in Amerika auf 100 Einwohner ein Krankenbett kommt, in Deutschland auf 200, in Prag aber auf 400 Einwohner ein Krankenbett. Schon daraus können wir schließen, welche fürchterliche Zustände hier in Prag herrschen. (Posl. Landová-Štychová: To je zloèinná sabotáž na zdraví národa!) Tak jest. Man spricht von Kulturfragen, spricht von nationalen Fragen, man spricht von der Entwicklung und von dem Schutz des Volkes und wir sehen, daß in dieser kapitalistischen mörderischen Wirtschaftsordnung die Menschen durch Hunger, durch Elend, aber auch durch Krankheiten besiegt und gemordet werden, daß niemand dazu beiträgt, um diese skandalösen Zustände abzuändern. Für alle möglichen Zwecke hat man die nötigen finanziellen Mittel, für das Gesundheitswesen, für soziale Einrichtungen, Fürsorgeanstalten jedoch hat man nichts übrig. Es wurde schon angekündigt, daß das Budget für den Militarismus im nächsten Jahr um 80 Mill. Kè erhöht werden soll. (Posl. Landová-Štychová: Oni musejí oslavit sv. Václava!) Sehr richtig, oslavit sv. Václava! Da gibt es für alle möglichen Feierlichkeiten und Empfänge, für Reppräsentationen genug Gelder; für Krankenhäuser, für Spitäler, für Kliniken hat man nichts. Ich will hier auf das neuerbaute Spital auf der Bulowka hinweisen, das im Jahre 1930 eröffnet werden soll und wo 1100 Betten zur Verfügung stehen werden. Die komplette Einrichtung des Spitals kostet 70 Mill. Kè. Das Militärbudget soll im nächsten Jahr, wie bereits erwähnt, um 80 Mill. Kè erhöht werden. Das bedeutet, daß man für dieses Geld oder für Gelder, die man sonst für Mordwerkzeuge benötigt, 1200 Betten in Prag neuerrichten könnte. Es wäre nötig, daß man Isolier-Pavillone für Infektionskrankheiten, für Tuberkulöse in den einzelnen Spitälern hier und in der Provinz einrichtet, daß man moderne Roentgenanlagen schafft, denn wir wissen aus der Praxis, daß sehr viele Verbrennungen von Kranken in den Spitälern in Prag und draußen vorkommen, weil die Roentgenapparate teilweise veraltet sind und weil die Anstalten nicht die Mittel haben, um die entsprechenden Forschungen auf dem Gebiete anzustellen. Es kommt zu Prozessen. Das ist aber nicht das Gefährlichste daran, sondern gefährlicher ist der Umstand, daß infolge der Verbrennungen zahlreiche Menschen zugrundegehen müssen. All das wird immer und immer wieder damit motiviert, daß kein Geld für all diese Dinge vorhanden ist. Als wir im Allgemeinen Krankenhaus die Frage stellten, was die Ursache dieser Zustände ist, wurde uns bedeutet, daß das Allgemeine Krankenhaus mit den klinischen Abteilungen ungefähr 34 Mill. Kè Schulden hat und daß eine Erhöhung des Budgets von 3 auf 9 Mill. Kè notwendig wäre, um die laufenden Ausgaben zu decken. Ich habe gesagt, dafür hat man nichts übrig. Für Zuckerbarone, für die Sanierung von verkrachten Banken, für Filme, für alle möglichen Dinge gibt es Millionen und Abermillionen. Der Militarismus kostete im Jahre 1928 1400 Mill. Kè. Wieviel könnte da für die leidende Menschheit geleistet werden! Für den Rüstungsfonds, der ganz kontrollos verwaltet wird, werden 315 Millionen verausgabt. Ich will an einigen kleinen Beispielen zeigen, wofür Geld da ist und welche Schichten der Bevölkerung an der Futterkrippe in diesem Staate sitzen. So finden wir, daß der Landeskulturrat, in dem die Häusler, die Kleinbauern, die Landbevölkerung nicht vertreten sind, jährlich 12 bis 13 Millionen an Subventionen verteilt, daß der Zentralausschuß dieser Körperschaft jährlich 25 Millionen an Staatsgeldern verteilt. Subventionen für Viehställe, Magazine, für Geflügel, Weideplätze, für Rindvieh und Schweinefutter, Düngemittel, Kaninchen, Tauben und Teiche, für alle möglichen Dinge gibt es Millionen und Abermillionen, für die Kliniken und Spitäler gibt es kein Geld und man überläßt sie ihrem Schicksal. Subventionen gibt man insbesondere den Herren Agrariern und ihren Genossenschaften. So bekommt die landwirtschaftliche Vorschußkasse in Litomyšl 50.000 Kè Subvention zum Einkauf von Vieh. Die landwirtschaftliche Vorschußkassa in Klattau erhält 20.000 Kè zum Einkauf von Kunstdünger. Kunstdünger und Vieh sind wichtiger als Menschen, die durch die kapitalistische Wirtschaftsordnung unbrauchbar geworden sind und nicht mehr ausgebeutet werden können. (Posl. Landová-Štychová: Je tu ještì slib království nebeského po smrti!) Tak jest. Alles wird dotiert, untereinander verteilen Sie die Gelder, wie sie brauchen. Wir wissen, daß die Regierung und das Parlament für alles mögliche Gelder übrig hat. Ich erinnere nur daran, daß bei der Aufbesserung der Pensionen der Generäle ein pensionierter General ca. 50.000 Kè bekommen hat. Ein römisch-katholischer Feldkurat bekommt 42.000 Kè jährlich. Ein Militärpferd kostet jährlich 6000 Kè, ein Polizeihund 1200 Kè eine Briefposttaube 800 Kè. Für diese Zwecke, für die Militarisierung des öffentlichen Lebens gib es Millionen und Abermillionen. Für die Kliniken, für die Tuberkulösen, für die Kinder in den Prager Schulen hat man nichts übrig. Ja, für die Pferdezucht gibt es 23 Mill. jährlich, aber 6 oder 9 Millionen für das Prager Allgemeine Krankenhaus kann das Gesundheits- und Schulministerium nicht aufbringen. Für die russischen Emigranten gibt die Regierung 4 Millionen aus, für die Rekonstruktion der genossenschaftlichen Spiritusrabrik werden jährlich 4 Millionen Kè ausgegeben. Für ein Bad in einem Spital aber hat man nicht die notwendigen Gelder, und es hat Herr Abg. Johanis hier ein treffendes Beispiel gesagt, daß das Spital mit der Staatsverwaltung sich ein ganzes Jahr um die Anschaffung eines neuen Sparherdes gestritten hat, weil der alte verbrannt ist. Spiritusfabriken sind natürlich für die Profitgier der Kapitalisten und Agrarier wichtiger. Auch für die Gendarmerie hat man jährlich 45 3/4 Millionen Kè, für die Kliniken, für die Spitäler nichts.

Sehr verehrte Anwesend! Tagtäglich sieht man in Prag neue Bauten, Paläste entstehen. Die philosophische Fakultät, die Rechtsfakultät und andere Paläste gehen der Vollendung entgegen. Ich will damit nicht sagen, daß diese Bauten überflüssig seien, ich will nur sagen, daß doch die Ausgaben für die Gesundheit von Tausenden und Abertausenden von Menschen wichtiger sind. Vom Jahre 1918 bis zum Jahre 1927 wurden fast 20 Milliarden für den Militarismus in diesem Staate ausgegeben. Das zeigt uns, daß hier für alles Geldmittel vorhanden sind, nur nicht für die arbeitenden Menschen, nicht für jene Einrichtungen, die notwendig sind, um die Gesundheit der ausgebeuteten Menschen wieder herzustellen.

Die Wissenschaft ist schon dadurch ein Stiefkind geworden, daß die einzelnen Ministerien von Leuten besetzt sind, die an der Therese Neumann größeres Interesse zeigen als an dem Volkswohl und an der Volksgesundheit. Wir wundern uns nicht, daß hier die Wissenschaft auf einer Stufe angelangt ist, die viele Kreise veranlassen wird, ebenso vorzugehen wie in dem geschilderten Fall der Spitalschande. (Posl. Landová-Štychová: Pìstovati náboženský socialismus, to pøijde lacinìji!) Tak jest.

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