Wenn ich mich daher mit den Taten der Legionäre
beschäftige, so tat ich dies keineswegs bezüglich ihrer
idealen Beweggründe und ihrer Handlungweise, sondern
nur um die Auswüchse aufzuzeigen, die ich keineswegs gutheißen
kann. Sie wurden vielfach ja auch durch die Aussagen der Kriegsgefangenen
bestätigt, die von Mißhandlungen durch èechische
Legionäre zu berichten wissen. Ich fühle mich
daher vollkommen frei von jeder Schuld und sehe der Verhandlung
selbstverständlich in voller Ruhe entgegen.
Besonders tue ich dies bezüglich des zweiten Punktes. Es
heißt weiter, ich hätte mich schmähend über
èechoslovakisehe Minister geäußert. Meine sehr
Verehrten, ich weiß nicht, ob es schon an sich verboten
und gefährlich ist, eine Kritik an dem Verhalten einzelner
Minister zu üben. Ich habe allerdings eine höhere Auffassung
von der Stellung eines Ministers und selbstverständlich auch
von seinen Äußerungen und Handlungen. Ich stehe auf
dem Standpunkt, daß, wenn ein Minister z. B. ein Versprechen,
ein Ehrenwort gibt, er daran gebunden ist, und daß es seine
Pflicht ist, dieses Ehrenwort auch restlos einzulösen. Wir
haben leider in der Vergangenheit - es tut mir leid, dies feststellen
zu müssen - die Wahrnehmung machen können, daß
die Herren es mit ihren Versprechungen nicht immer sehr genau
genommen haben. Wir haben feststellen müssen, daß selbst
ein fest gegebenes Versprechen, eine feste Zusage später
nicht gehalten worden ist. Wir können sogar von einer Menge
gebrochener Ministerworte sprechen. Ich stelle die Tatsache fest,
daß bei einer ganzen Reihe von Vorfällen Minister ihr
gegebenes Versprechen nicht gehalten haben. Ich werde das diesbezügliche
Material heute noch nicht der Öffentlichkeit bekanntgeben,
soweit es in meinem Besitze ist. Sollte aber die strafgerichtliche
Verfolgung bezüglich dieses Punktes aufgenommen werden, dann
werde ich die deutsche Öffentlichkeit aufrufen, mir noch
diesbezügliches Material zur Verfügung zu stellen und
dann wird noch manches zu Tage gefördert werden. Es wird
allerdings ein trauriges Spiegelbild werden darüber, was
man hierzulande von gegebenen Versprechen zu halten hat. Ich habe
infolgedessen und basierend darauf hier im Hause am 10. Juni 1926
in einer Rede unter anderem gesagt: "Sie werden es begreiflich
finden, daß wir einer solchen Regierung" es war die
Regierung Èerný -
"keine Ermächtigung geben, daß wir ihr nicht einmal
über die Gasse trauen und wohl behaupten dürfen,
daß wir einem Zigeuner mehr glauben können, als einem
èechoslovakisch en Minister, weil wir Beweise genug haben,
daß selbst Ministerworte in diesem Staate nicht gehalten
worden sind". Dasselbe habe ich in Mähr. Ostrau wiederholt,
könnte also meines Erachtens vom Gerichte
dafür überhaupt nicht verfolgt werden, weil ich dies
schon einmal im Schutze der Immunität gesagt habe. Ich sehe,
wie gesagt, auch diesbezüglich der Verhandlung mit Ruhe entgegen,
weil wir ja den Beweis erbringen werden, daß meine Behauptung
richtig ist, wobei ich allerdings behaupte, daß es den Herren
Ministern selbst sehr unangenehm werden wird, wenn dies vor einem
Gericht festgelegt werden muß. Ich fürchte also die
Gerichtsverhandlung nicht und ich bin hier nicht erschienen, um
mich irgendwie davon loszukaufen. Ich wollte nur die Gelegenheit
wahrnehmen, um wieder einmal den ganzen Schwindel aufzudecken,
wie hier vielfach mit zweierlei Maß gemessen wird und wie
man bei einer Auslieferung immer zuerst die Person anschaut, die
es betrifft, und dann erst den entsprechenden Beschluß faßt.
Es wird unterschieden zwischen einer wirklichen
Opposition, einer gewissen loyalen Opposition und den Mehrheitsparteien.
Betrifft der Fall einer schärferen Kritik einen Mann der
Opposition, dann ist es klar, daß der Betreffende ans Messer
geliefert wird, damit ihm für die Zukunft der Mut vergehe,
Kritik zu üben. Ob das aber im Interesse der Sache selbst,
im Interesse des Staates und im Interesse der vielfachen Übergriffe
ist, die da und dort von untergeordneten Beamten geübt werden,
überlasse ich Ihnen zur Beurteilung. Nur nach diesem Gesichtspunkte
werden hier die Urteile gefällt. Wir haben die Wahrnehmung
gemacht, daß ein Abgeordneter der Regierungsparteien nicht
einmal dann ausgeliefert wird, wenn es sich um eine Ehrenbeleidigung,
um ehrenrührige Vorwürfe handelt, die klarzulegen der
Betreffende selbst ein Interesse haben müßte. Man müßte
bei einem Hause, das etwas auf seine Würde hält, doch
unterscheiden ob es sich um Worte der Kritik handelte, die Übelstände
aufzeigen, oder ob es sich um gemeine ehrenrührige Angriffe
handelt, die selbstverständlich nirgends geduldet werden
können.
Meine Damen und Herren, wir glaubten wenigstens
bisher, daß die deutschen Regierungsparteien, wenn sie nun
einmal in der Regierung sind, wenigstens die deutsche Kritik nicht
unterbinden werden und daß sie in diesem Sinne bei ihren
Mehrheitskollegen, bei denen sie doch angeblich einen so maßgebenden
Einfluß besitzen, dahin wirken werden, daß man überall
zu jeder Zeit ein offenes Wort der Kritik über politische
Dinge wird reden können. Wir müssen aber leider feststellen,
daß die deutschen Regierungsparteien, wie in vielen anderen
Dingen, so auch diesbezüglich vollständig versagt haben.
Damit soll allerdings für uns nicht gesagt sein, daß
wir uns trotz Versagens der deutschen Regierungsparteien, in unserer
Tätigkeit als verantwortliche Vertreter unseres Volkes und
unserer Wählerschaft irgendwie werden dadurch beeinflußen
lassen. Die sittliche Basis unserer Handlungsweise ist unser Recht
und die Verpflichtung unserem Volke gegenüber. Dieses Recht
der Kritik werden wir uns unter gar keinen Umständen nehmen
lassen. Wir sind durch die Friedens- oder besser Unfriedensverträge
nun einmal in diesen Staat hineingezwungen worden und werden nicht
früher schweigen, solange kämpfen und im Interesse unseres
Volkes arbeiten, bis wir uns das volle Recht der Gleichberechtigung
erkämpft haben werden. Wir werden uns nicht mit dem Standpunkt
der Duldung als Sklaven für die anderen abfinden; wir werden
kämpfen bis zur restlosen Durchsetzung der Gleichberechtigung
und damit auch den Ausblick für die Zukunft schaffen, jenen
Ausblick, den die Herren, als sie selbst im alten österreichischen
Staat waren, unablässig verfolgten und dem sie zuarbeiteten.
Denn wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt den unser Dichter
Felix Dahn ausgesprochen hat und den wir immer vertreten haben:
"Das höchste Gut des Mannes ist sein Volk!" Nur
von den Interessen unseres Volkes werden wir uns auch in Zukunft
leiten lassen. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)