Es ist ganz merkwürdig: Solange wir über
diese Dinge sprachen, solange wir theoretisch das feststellten,
was jetzt wirklich der Fall zu sein beginnt, hat unsere deutsche
Bevölkerung an der Sache beinahe keinen Anteil genommen.
Sie glaubte es einfach nicht, daß so etwas möglich
ist; und jetzt, wo sich diese Fälle mehren, werden Versammlungen
einberufen und jetzt wird an die Parlamentarier herangetreten,
man solle das unmöglich machen, man solle eingreifen und
derartige Dinge verhindern. (Výkøiky na
levici.) Als ob von uns aus es möglich
wäre, diese Dinge anders zu machen, derartige Dinge zu verhindern.
Das ist nur dadurch möglich, daß die Bevölkerung
endlich weiß, was ihr durch die Gesetzgebung des Jahres
1927 angetan wurde, und daraus bei den Wahlen die Konsequenzen
ziehe. (Výkøiky posl. Knirsche.)
Der Ministerpräsident hofft, daß
er, wir lasen es aus seiner Regierungserklärung heraus, den
alten Švehla-Kurs aufrecht erhalten kann, daß alles
sozusagen im alten Geleise gehen wird. Da müssen wir schon
sagen, daß wir uns da vorsehen müssen. Es wird ich
habe das bereits ausgeführt - wahrscheinlich kein Tag vergehen,
ohne daß wir erfahren müssen, daß unseres Volkes
Recht geschmälert wird. Bald wird es, wie in vergangener
Zeit, eine Gesetzesvorlage sein, die in einer Bestimmung einen
versteckten Angriff auf unsere Interessen enthält, bald wird
es ein Erlaß der Regierung sein, eine Maßnahme einer
Staatsbehörde, und wie wir wissen, selbst der Inhalt einer
Festschrift oder eines Schulbuches, das außeramtliche Verhalten
eines hohen Staatsfunktionärs, und selbst die Art und Weise,
wie man bei uns die Steuern eintreibt und einhebt. Das sind lauter
Dinge, die uns belehren, daß wir hier nicht Gleiche unter
Gleichen sind, im Gegenteil tatsächlich als Kolonisten und
Immigranten behandelt werden, daß wir Staatsbürger
zweiter Klasse sind.
Bezüglich einiger Sachen möchte ich
auf Einzelheiten zu sprechen kommen. Es ist geradezu unglaublich,
wie unsere Schulbücher für die niederen Schulen ausschauen
und welcher Geist in unseren Schulbüchern herrscht, der dann
den Kindern eingeimpft werden soll. (Výkøiky
posl. dr Schollicha.) Ich habe vor nicht
langer Zeit ein geographisches Lehrbuch für Bürgerschulen
in die Hand bekommen und gefunden, daß dort alle Städte,
welche nicht im ganz deutschen Sprachgebiete liegen, nur
mit èechischen Bezeichnungen enthalten sind. So lernen
die Schüler, daß die Elbe bei Mìlník
"nad Labem" sich mit der Moldau vereinigt, daß
nicht weit davon Roudnice ist, es sind all die selbstverständlichen
deutschen Bezeichnungen ausgemerzt, es wird rein èechische
Geographie in diesem Buche vorgetragen. Und erst die Geschichte!
Es wird auch in dieser Beziehung Geschichtsfälschung im Großen
betrieben, es wird den Kindern unser deutsche Volk als eine Nation
hingestellt, die niemals in der Geschichte Ruhe zu geben
imstande war, immer den Nachbarn bedrängte, während
die èechische Taubennatur die verfolgte Unschuld ist. (Výkøiky
na levici.) Noch etwas anderes. Geflissentlich
wird eine ganze Reihe von Schulbüchern überhaupt nicht
aufgelegt, so daß es an deutschen Gymnasien und Bürgerschulen
an Lehrmitteln gebricht und man die Lehrer einfach ohne jedes
Hilfsmittel unterrichten läßt. Daß dann der Unterricht
leidet, die Ergebnisse des Unterrichtes unter dem Durchschnitt
ausfallen müssen, ist selbstverständlich, und es mutet
einen geradezu an, daß das der Zweck der Übung sei.
Erst gestern habe ich ganz nette Sachen über
die Art und Weise erfahren, wie man die deutschen Kliniken in
Prag behandelt. Die deutschen Kliniken sind zum großen
Teil im Allgemeinen Krankenhaus untergebracht, welches eine alte
Stiftung ist und der Verwaltung des Landesausschusses unterliegt.
Es hat einen Direktor, und der unterscheidet ganz genau zwischen
deutschen und èechischen Kliniken, ja sogar
zwischen deutschen und èechischen Kranken. Es ist vorgekommen,
daß auf der deutschen Klinik zufälligerweise ein hoher
èechischer Ministerialbeamter war. Der wurde ex offo, ohne
daß es jemand vorgeschrieben hätte, ganz anders verpflegt
als die anderen, und erst als die betreffende
Klinik darauf gedrungen hat, daß wenigstens in diesem Raume
die Kranken - ein einziger Raum, auch ganz merkwürdig, die
eine Hälfte des Raumes ist Klinik und gehört zum Unterrichtsministerium,
die andere Hälfte ist Krankenhaus und gehört zum Landesausschuß
(Posl. dr Schollich: Ein Kreidestrich trennt die beiden Hälften!)
es ist ein Kreidestrich dazwischen - den Unterschied in der
Verpflegung nicht sehen, und unter dem Drucke des Leiters der
Abteilung, wurde die gleiche Art Verpflegung eingeführt.
Heute sind auf der deutschen chirurgischen
Klinik die Verhältnisse so, daß weder operiert werden
kann, noch Ambulationen erfolgen können, weil alles eingefroren
ist. Die ganzen Wasserleitungen sind eingefroren und zwar deshalb,
weil im Keller seit Wochen ein Fenster zerschlagen ist und trotz
mehrmaliger Anzeige des Prof. Schloffer an den Direktor des Krankenhauses
diese Fensterscheibe prinzipiell nicht in Stand gesetzt wird.
Im Ambulatorium kann deshalb nicht amtiert werden, weil das Fenster
nicht schließt. Bei 20 Grad Kälte ist das Fenster mehr
als 30 em offen, es ist verquollen, es geht nicht zuzumachen,
das innere Fenster ist mit einem alten Spagatschnürl angebracht
und flattert herum. (Rùznì výkøiky
na levici.) Dieser Zustand ist nicht behebbar,
weil sich der Direktor des Krankenhauses weigert, der deutschen
Klinik entgegenzukommen.
Es wird den Herren vielleicht bekannt sein,
daß anläßlich der Gerichtsverhandlung mit dem
albanischen Gesandtenmörder zwei Personen, darunter ein italienischer
Journalist, angeschossen wurde. Diese beiden wurden über
eigenen Wunsch nicht auf die èechische, sondern auf die
deutsche Klinik gebracht. Das war dem Herrn Direktor nicht recht
und er hat einen Ukaz herausgegeben, wornach Prof. Schloffer die
Kosten für diese zwei Leute aus
eigenem zu zahlen hat, weil sie auf die èechische Klinik
gehören. Prof. Schloffer hat sich bereit erklärt, die
Sache zu bezahlen. Die Konsequenzen sind bis heute nicht gezogen
worden. (Výkøiky na levici.) Man
hat sich geniert, den letzten Schritt zu tun.
Das sind nur ganz kleine Beispiele aus neuester
Zeit, aus denen man schließen kann, daß diese Doppelbehandlung
nicht einmal vor den Kranken halt macht, wobei die Kurzsichtigkeit
der leitenden Beamten so groß ist, daß sie nicht erkennen,
daß man damit nicht so sehr den deutschen Studenten oder
den deutschen Professor oder Assistentsarzt trifft als die Kranken
selbst, die zum allergrößten Teil der èechischen
Nation angehören. Meine Herren, ich muß in diesem Zusammenhang
darauf zu sprechen kommen, daß wir, die
wir hier 3 1/2
Mill. Menschen zählen, im Staatsdienst selbst beinahe nichts
zu sagen haben, da es nicht möglich ist, unsere eigenen Leute
in die höheren Staatsdienststellen hineinzubringen. Es ist
ja von dieser Stelle schon öfters darauf hingewiesen worden,
daß in den Ministerien beinahe kein Deutscher zu finden
ist; man braucht nicht einmal bis an die Zentralstellen zu gehen,
man kann schon bei den zweiten Instanzen bleiben und wenn man
dort Umschau hält, wird man finden, daß entweder gar
kein Deutscher da ist oder daß ungemein wenige da sind,
und die wenigen die da sind, werden mit ganz untergeordneten Arbeiten
beschäftigt. Einen wirklich verantwortungsvollen Posten hat
ein Deutscher nicht. Er kann ihn nicht haben und darf ihn nicht
haben, weil das gegen das System wäre, jenes System, welches
sich nach Meinung der Regierenden so glänzend bewährt
hat, daß auch deutsche Parteien nicht anders können
als dieses System unterstützen.
Und nun, meine Herren, was will man dann auch
zu dem Ton sagen - auch das gehört hieher - den die
èechische Presse gelegentlich anzuschlagen pflegt, wenn
sie im allgemeinen auf das Verhältnis der Deutschen und Èechen
in diesem Staate zu sprechen kommt! Und ich muß sagen, daß
wir Deutsche eigentlich der èechischen
Presse in gewisser Beziehung für ihre Offenheit dankbar sein
können; denn von dort hören wir besser und mit deutlicheren
Worten, wie die èechische Öffentlichkeit und das èechische
Volk über die Deutschen und über uns denken, als aus
dem Munde eines Regierungschefs oder gar aus
dem Munde des Staatspräsidenten, denn es gibt ja auch da
oft Gelegenheiten, die es notwendig erscheinen lassen, diese Fragen
zu berühren. Und da hören wir Worte und Phrasen und
es gibt genug Leute, welche wirklich glauben, daß sich die
Atmosphäre hier bessere; wenn wir aber dorthin horchen, dort,
wo, ich möchte sagen, die Sache ehrlich behandelt
wird, in die èechische Presse, wissen wir ganz genau, wie
wir in diesem Staate behandelt werden und wie wir uns zu diesem
Staate und zu seinen Regierungen zu stellen haben. Meine Herren,
gerade in der letzten Zeit hat sieh
auch ein hervorragender èechischer Politiker über
diese Verhältnisse geäußert: Herr Dr. Kramáø
hat eine große Rede gehalten, von
seinem Standpunkt aus, in welcher er an jenen Brief anknüpfte,
der, ich glaube noch im Kriege, geschrieben worden ist und in
welchem er sich vom Charakter der Deutschen nicht gerade erbaut
zeigt. Ich will nicht wiederholen, was in diesem Briefe steht,
wir weisen es wohl zurück als eine ganz merkwürdige
Ansicht, es wäre denn, daß man das Verhalten der deutschen
Regierungsparteien heute dieser Beurteilung unterzieht; und von
dem Standpunkt aus gesprochen hat der Herr Dr Kramáø
recht. Da hat er recht, das gebe ich zu,
aber es sind noch andere da, welche dennoch etwas Nackensteife
haben und nicht ohne weiters nur dem Brotkorb nachrennen. Und
wenn Herr Dr Kramáø sagt,
daß es den Deutschen lieber sein müsse, wenn sie eine
klare und offene Antwort bekommen als solche Phrasen, sind
wir ihm ganz dankbar und darum habe ich auf den Ton der èechischen
Presse hingewiesen, der alles, nur nicht versöhnlich ist.
Ach, Herr Dr Kramáø behauptet,
daß sich hier die Dinge nicht ändern können, er
bezeichnet die Idee einer èechoslovakischen Schweiz
als kindische Phantasie, den Gedanken daran als Versündigung
am èechischen heiligen Geist. Nun, meine Herren, das ist
die Ideologie des Jahres 1918, die Gedankenfoige, die aus den
bekannten Worten herausleuchtet "Wir
sind ausgeglichen", "mit Rebellen verhandelt man nicht",
"Hier gibt es keine Minderheitenfrage, hier ist nur die allgemeine,
die Staatsfrage, der Staat ist ein rein èechischer Nationalstaat.
Der Staat muß in dieser Form und in dieser Eigenschaft
aufrechterhalten werden, koste es was es wolle, und alles, was
nicht hineinpaßt, das wird restlos ausgetilgt".
Nun, meine Damen und Heren, das Bild wäre
nicht vollständig, wenn wir nicht auch einen Blick auf die
Außenpolitik werfen wollten, schon aus dem Grunde, weil
uns heute vom Herrn Ministerpräsidenten auch in dieser Beziehung
versichert wurde, die Regierung werde auch das Augenmerk darauf
richten, daß der Staat, der ein Exportstaat sei, seine Waren
in das Ausland hinausbringe, und daß er alles tun werde,
um diese Exportmöglichkeiten zu fördern. Nun, die Außenpolitik
wird verkörpert durch den Herrn Außenminister Dr Beneš,
auch der hat heute seine Tradition und wenn wir die 10 Jahre seiner
Amtstätigkeit überblicken, finden wir ihn überall
dort, wo es gilt, gegen das Deutschtum und insbesondere gegen
das Deutsche Reich zu hetzen und zu schüren. Die Kleine Entente
ist ja nur zu dem Zwecke gegründet worden, um Deutschland
im Osten im Schach halten zu können. Wenn Oberschlesien,
obwohl es bei Deutschland bleiben wollte, zu Polen geschlagen
worden ist, hat Deutschland das dem Herrn Dr Beneš zu
verdanken, und wenn es unversöhnliche Gegner des Anschlußgedankens
Österreichs an Deutschland gibt, so ist es Herr Dr Beneš.
(Posl. Krebs: Der mit dem Kriege droht und Vorsitzender der
Friedenskommission ist!) Ja, er sagt: Der Anschluß an
Deutschland ist der Krieg. Wenn wir die vier letzten internationalen
Konferenzen und das Intriguenspiel sehen, das hinter den Kulissen
getrieben wurde, so ist der Hauptakteur Herr Dr Beneš.
Es geht die Sage, daß Herr Dr Beneš auf den
Posten eines Generalsekretärs des Völkerbundes in Genf
aspiriere. Nun, wenn das der Fall wäre, dann allerdings würde
diese Politik dort verankert werden und dann hätte das Deutschtum
vor diesem Tribunal einen noch schwereren Stand als bis heute.
Aber jedenfalls kann man aus allen diesen nur in großen
Umrissen angedeuteten Tatsachen feststellen, daß Herr Dr
Beneš durchaus kein Freund des Deutschen Reiches und
kein Freund des Deutschtums auch in diesem Staate ist, und seine
Gedankenfolge ist auch die der übrigen leitenden Staatsmänner
dieses Staates. Wenn auch der Herr Ministerpräsident davon
nichts gesagt hat, so wissen wir ja doch, daß in der Vergangenheit
und Gegenwart gerade dieser Staat keine Gelegenheit versäumt
hat, um dem Deutschen Reich einen Nadelstich nach dem anderen
zu versetzen, und daß er ihm sogar eine gewisse politische
Überlegenheit deutlich zu spüren gibt, die im Grunde
nur vorhanden ist, weil die Verhältnisse der Nachkriegszeit
das Deutsche Reich in eine überaus traurige Rolle hineingezwungen
haben. Aber in Ausführung aller dieser Dinge werden Gesetze
beschlossen, welche nur gegen das Deutsche Reich gerichtet sind.
Ich erinnere hier wieder an das Gesetz zum Schutz des heimischen
Arbeitsmarktes, an das Gesetz betreffend die Einlösung der
Marktprioritäten, lauter Gesetze, deren Tendenz nur gegen
das Deutsche Reich gerichtet ist und die den Abschluß eines
Handelsvertrages mit Deutschland geradezu unmöglich machen,
obgleich die gesamte hiesige Wirtschaft, die deutsche wie
die èechische, nach einem regelrechten Verhältnis
handelsrechtlicher Natur mit Deutschland schreit, die hiesige
Wirtschaft es unbedingt notwendig hat, weil dieser Staat ja zum
großen Teil auf den Export angewiesen ist. Und wenn der
Herr Ministerpräsident erklärt hat, er werde dieses
Exportbedürfnis entsprechend fördern, so ist das in
dieser Allgemeinheit auch nur eine leere Phrase, denn er hätte
in demselben Atemzuge gleich mitteilen müssen, was er zu
tun gedenkt, um das Verhältnis zum Deutschen Reiche, zu unserem
unmittelbaren Nachbarn und besten Kunden, zu bessern. Aber auf
diese Frage würde er wahrscheinlich die Antwort schuldig
geblieben sein. Dazu gehört auch die ganze Geschichte mit
den Wehrgesetzen, und ich muß, um das Bild vollständig
zu machen, nochmals den Koll. Špaèek zitieren,
der seinerzeit, als wir hier die Wehrgesetze beraten haben, offen
erklärte, der èechoslovakische Staat brauche seine
Wehrmacht nur, um sich gegen das übermächtige Deutsche
Reich zu verteidigen. Dort stehe der Feind, höchstens sei
noch Ungarn dazu zu zählen, aber Deutschland ist der Grund,
weshalb die Èechoslovakei einer stark ausgebildeten Armee
nicht entraten könne. Und anstatt daß die Regierung
wenigstens anstandshalber, wenn sie es schon nicht ehrlich
gemeint hätte, damals irgendeine beruhigende Erklärung
abgegeben hätte, hat sich der damalige Kriegsminister und
jetzige Ministerpräsident, wie auch der Herr Außenminister
in Schweigen gehüllt, und haben dadurch zu erkennen gegeben,
daß sie ganz derselben Ansicht sind wie Koll. Špaèek.
Und auch heute habe ich einige Worte gehört, aus denen ich
entnahm, daß auch noch weiterhin der Herr Ministerpräsident
ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der èechoslovakischen
Wehrmacht richten werde, wir vielleicht noch neue Rüstungskredite
oder noch neue derartige Gesetze bekommen, wobei man sich wieder
fragen muß, was dies alles in den heutigen Zeitläufen
für einen Zweck gehabt hat.
Der Herr Ministerpräsident hat geschickt
in diesem Zusammenhange so als Lockspeise die Möglichkeit
ausgelegt, daß die Dienstzeit verringert werden könnte.
Das soll ihn offenbar populär machen in jenen Kreisen, die
die langdauernde Militärdienstzeit schwer vertragen. Aber
ich weiß nicht, was hinter der Phrase steckt. Wenn ich sie
recht verstanden habe, so soll das heißen, daß eine
derartige Verkürzung der Militärdienstzeit nur möglich
sei, wenn genügende Sicherheit dafür geboten ist, daß
die längerdienenden Unteroffiziere gut untergebracht werden.
Diese zwei Dinge müssen irgendwie zusammenhängen, und
es wäre interessant zu erfahren, was darunter gemeint ist.
Das sind alles pythische Worte, die in eine Regierungserklärung
nicht hineingehören. Wenn ein Regierungschef es ernst mit
seiner Aufgabe meint und vor allem die Kraft in und hinter sich
fühlt, wirklich etwas zu machen und wirklich etwas leisten
zu können, dann braucht er nicht sechs oder sieben Blätter
und eine so langatmige undeutliche Regierungserklärung abzugeben,
dann genügen wenige lapidare Sätze, wie er sich in diesem
seinen Staate das Regieren vorstellt. Aber es sind Worte, ebenfalls
nur gebraucht, um Gedanken zu verbergen. (Pøedsednictví
se ujal pøedseda Malypetr.)
Herr Dr Beneš hat die Friedensverträge
immer als etwas bezeichnet, was nicht angetastet werden darf.
Das ist der unantastbare Grundsatz der Jetztzeit und der ganzen
Zukunft, und solange dürfen sie offenbar nicht angetastet
werden, solange ihr Zweck nicht erreicht wird, nämlich die
dauernde Versklavung des deutschen Volkes und aller übrigen
Minderheitsvölker in diesem Staate. In dem Augenblick aber,
wo es scheint, daß die Angehörigen eines Minderheitsvolkes
hieraus für sich Rechte ableiten könnten, die Herrn
Dr Beneš und seinen Leuten nicht in den Kram passen,
wie das vor kurzer Zeit gefällte Zwischenurteil im Haager
Prozeß des enteigneten ungarischen Großgrundbesitzes
gezeigt hat, so läßt er offiziell und durch seine
Presse erklären, er und die èechoslovakische Regierung
werden doch das machen, wozu sie Lust haben, und werden sich in
der Beziehung an die Friedensverträge nicht halten. Das ist
natürlich dann etwas anderes. Man will sich aus dem Kuchen
nur immer die Rosinen herausnehmen. Es wird
die Frage sein, ob das so weiter gehen kann. Aber eines folgt
aus all dem: Das hiesige Regierungssystem, das sich gegen Rechte
der Minderheiten in diesem Staate richtet, soll unter allen Umständen
aufrecht erhalten werden, und läßt sich das mit dem
Schein eines Rechtes nicht mehr machen, dann geht es eben auch
ohne diesen Schein. (Výkøiky na levici.)
Ich muß noch darauf zu sprechen kommen, wie sich die gesamte
èechische Presse, die ja offenbar von der èechoslovakischen
Regierung in dieser Beziehung inspiriert ist, zum Antrag des deutsch
en Reichsaußenministers Dr. Stresemann eingestellt
hat, die Frage der Minderheiten jetzt vor dem Völkerbund
in Genf aufzurollen. Im ganzen und großen heißt es:
"Denn bei uns bestehen überhaupt keine Minderheitsfragen,
da machen wir einfach nicht mit. Dr Beneš soll und
wird es dem Stresemann gehörig hineinsagen, wie es auch der
polnische Außenminister dem Stresemann hineingesagt hat."
So und ähnlich lauten die Pressestimmen aus dem èechischen
Lager und daraus ist ebenfalls zu entnehmen, wie sich die jetzt
Regierenden zu dieser Frage überhaupt stellen. (Posl.
dr Lehnert: Und die deutschen Regierungsparteien?) Es
ist ganz klar, daß die Anteilnahme der Deutschen an der
Regierung für das Ausland den Schein erwecken muß,
daß es hier auch tatsächlich keine Minderheitenfrage
gibt, und das ist infolge dessen für uns ungemein bedauerlich.
Trotz allem, trotzdem Herr Dr Kramáø,
die gesamte Öffentlichkeit, die Regierung und auch der Herr
Ministerpräsident heute von einer Minderheitsfrage nichts
wissen wollen, da er ja keinen Ton davon gesagt hat, trotz allen
Leugnens besteht diese Frage doch und sie wird ihre Lösung
und ihre Bereinigung fordern. Richtig ist, daß diese Frage
nicht auf einmal gelöst werden kann und daß
sie eine ganz andere Sinnesart erfordert als sie heute beim èechischen
Volk noch vorhanden ist. Es sind vor nicht langer Zeit hier in
Prag Diskussionsabende über dieses Thema abgehalten worden,
und da hat sich herausgestellt, daß
sowohl Deutsche wie Èechen aneinander vorbeigeredet haben.
Hier müssen vor allem die Angehörigen der èechischen
Nation und auch die èechische Regierung einsehen, daß
es nicht angeht, die Minderheitenfrage vielleicht so anzuschneiden
und zur Lösung bringen zu wollen, wie
es die Friedensverträge tun wollten. Minderheit und Minderheit
ist an und für sich nicht dasselbe. Es gibt unbedeutende
Minderheiten, die zerstreut im fremden Gebiet wohnen und deren
Behandlung natürlich eine andere sein kann als die Behandlung
welche unser Volksstamm hier erfährt, der trotz aller Einbußen
in der letzten Zeit doch in geschlossenem Siedlungsgebiet wohnt
und sich an das große Deutsche Reich anlehnt, als sein Mutterland
und infolgedessen eigentlich als Minderheit im technischen Sinne
des Wortes gar nicht anzusprechen ist. (Souhlas na levici.)
Wenn ich infolgedessen dieses Problem als Minderheitsproblem
bezeichne, so nur deswegen, um einen prägnanten und kurzen
Ausdruck dafür zu wählen. Ich bin mir aber vollkommen
bewußt, daß wir unter den gewöhnlichen Schutz
der Minderheiten eigentlich gar nicht fallen müssen. Wir
haben Anspruch darauf als gleichberechtigtes Volk behandelt zu
werden, u. zw. nicht nur so, daß jeder von uns als Individuum
gewisse Rechte hat, sondern man muß einmal zu der Erkenntnis
kommen, daß auch das gesamte Volkstum gewisse kollektive
Rechte haben muß, also als eine Art Korporation anzusehen
ist. Dazu natürlich sind die heutigen Zeiten vielleicht noch
nicht reif. Aber wenn wir sehen, wie hier regiert wird und wie
hier nur regiert werden kann, so muß man sich doch sagen,
daß alle diese Maßnahmen, von denen ich nur einen
Teil herausgenommen habe, doch nichts anderes sind als Gewaltmaßnahmen;
und mit Gewalt einen Staat dauernd zu regieren ist doch keine
Regierung. Es ist dies auch nicht einmal möglich. Vor allem
anderen versagt diese Art der Regierung in der Stunde der Not,
und es ist doch wahrscheinlich, daß auch diesem Staate nicht
immer so die Sonne scheinen wird, wie es gegenwärtig der
Fall ist, und daß auch für diesen Staat schwere Zeiten
kommen werden, in denen er an alle Bürger dieses Staates
wird appellieren müssen. Dann wird es sich zeigen, ob diejenigen,
die jahrelang und jahrzehntelang so schlecht behandelt wurden,
so willig kommen werden, um diesen Staat schützen zu helfen.
Nun, meine Herren, es ist möglich, daß die deutschen
Regierunsparteien, als sie in die Regierung eingetreten sind,
glaubten, daß sie den ersten Schritt zu einer Annäherung
zwischen Deutschen und Èechen tun werden. Aber heute müssen
wir doch sagen, daß alles das, was sie sich damals vielleicht
vorgestellt haben, nicht eingetroffen ist, Die Behauptungen, die
da aufgestellt wurden, haben ja doch nur den Zweck, die mangelnden
Taten zu verschleiern; aber es ist den deutschen Regierungsparteien
bis heute noch nicht eingefallen, irgend eine Lehre daraus zu
ziehen. Im Gegenteil, sie haben in der letzten Zeit geradezu ihre
Stellung in der Regierung vielleicht das erstemal dazu benützt,
um sich aus einer Tatsache besondere Vorteile zuschanzen zu lassen,
und das ist die Tatsache der Ernennungen bei den letzten Landes-
und Bezirkswahlen.
Das ist einmal eine Angelegenheit, bei der
man wirklich sehen konnte, daß die deutschen Regierungsparteien
einigen Einfluß auf die Regierung haben; das erste und das
letztemal; denn dieser Einfluß war es, der ihnen jene ungebührliche
Anzahl von Mandaten brachte, die sie weit über das Maß
dessen erlangt haben, was sie beanspruchen durften. Wenn ich vorhin
eingangs meiner Ausführungen sagte, daß die ganze Verwaltung
dem Bürokratismus ausgeliefert wurde, so sind die Ernennungen
bei den letzten Wahlen geradezu ein Schulbeispiel dafür.
Es hat ja heute bereits Koll. Jung ausführlich über
diese Sache gesprochen, und ich will nicht die einzelnen Fälle
erst wiederholen. Es ist ja immer dasselbe. Die Opposition hat
nichts bekommen, die braven Regierungsparteien alles. Aber es
obliegt mir die Pflicht, auch vom Standpunkt meiner Partei, gegen
dieses Vorgehen auf das schärfste zu protestieren. Wir müssen
aber auch weiter dagegen Verwahrung einlegen, daß z. B.
in Mähren den deutschen Landesausschußmitgliedern nur
ganz untergeordnete Referate zugewiesen worden sind und daß
überhaupt versucht wurde, die Geltung der deutschen Sprache
als Verhandlungssprache zu unterbinden, ja sie überhaupt
fast unmöglich zu machen. (Posl. dr Schollich: Das deutsche
Schulreferat wurde uns weggenommen! Der mährische Ausgleich
war weit besser, als es heute ist, in den Zeiten von Gleichen
unter Gleichen!) Die èechische Regierung und
ihr Ministerpräsident werden sich nunmehr
die Frage vorzulegen haben, ob sie auch weiter an diesem Minderheitsproblem
vorübergehen wollen oder ob sie endlich einmal, wenn auch
schrittweise, hier irgendeine Besserung platzgreifen lassen wollen.
Denn dieses Minderheitsproblem bleibt trotz aller Ableugnung bestehen
und wird, je länger es hinausgeschoben wird, um so schwerer
zu lösen sein. Ich habe schon vorhin die Behauptung aufgestellt,
daß das Minderheitsproblem nicht in jener Form gelöst
werden kann, wie es die Friedensverträge sich vorgestellt
haben. Es ist ja aber auch ganz klar. Genau so wie jeder Mensch
gewisse persönliche Rechte hat, die ihn in erster Linie zur
Persönlichkeit machen, die ihn erst fähig machen, ein
Rechtssubjekt zu sein, so hat auch ein Volksstamm solche Rechte,
die ihm unbedingt nicht vorenthalten werden können. Welches
Maß diese Rechte beinhalten sollen, wie sie sich auswirken
sollen, wie sie in der Gesetzgebung eines Staates zu verankern
sind, ob sie nur einen Teil der Verwaltung oder die ganze Verwaltung,
ob sie personeller oder territorialer Natur sind, das zu bestimmen,
hat eigentlich eben nur auch das betreffende Volk das Recht und
es braucht sich von einem anderen Volke nichts aufzwingen zu lassen.
Das sind sittliche Grundsätze, die wir immer vertreten haben
und die wir unter dem Begriff des Selbstbestimmungsrechtes stets
vertreten haben und auch jetzt noch vertreten. (Souhlas na
levici.) Wir lassen nicht von diesem Selbsbestimmungsrecht
und es irrt z. B. der verehrte Koll. Jung, wenn er glaubt,
daß wir erst jetzt, durch den Ausgang der Wahlen gedrängt
oder vielleicht durch andere Parteien eines besseren belehrt,
uns dazu verstanden haben, uns auch mit einer Autonomie hier zufrieden
zu stellen. Das sind Dinge, welche nicht miteinander verwechselt
werden dürfen. Das Selbstbestimmungsrecht ist eine theoretische
Forderung, ein Ziel, das man sich vor Augen stellt, das man erreichen
will. Ich möchte sagen, es ist das Ideal. Dem gegenüber
steht die Praxis, das tägliche Leben, die Praxis des Politikers,
wie er sich einordnen muß in die einzelnen Tagesereignisse,
in das Geschehen, und Maßnahmen treffen muß, um diesem
großen Ziele immer näher zu kommen, das, was man mit
einem Worte die Taktik nennt. Auf der Linie der Taktik liegt auch
die Autonomie. Es ist ja ganz selbstverständlich, daß
meine Partei, wenn es sich einmal darum handeln würde, hier
dem deutschen Volke irgendwelche Rechte autonomischer Natur zuzubilligen,
gewiß auch dabei mitarbeiten würde, und es ist geradezu
eine Unterstellung, die man uns während des letzten Wahlkampfes
gemacht hat, daß wir so verbohrt wären, daß wenn
wir nicht alles bekommen, wir überhaupt nichts annehmen würden.
Ich muß mich von dieser Stelle dagegen verwahren und darauf
bestehen, daß wir immer in dem Selbstbestimmungsrecht die
Möglichkeit einer Autonomie inbegriffen sahen, daß
wir es aber nicht für notwendig hielten, immer präzise
Erklärungen abzugeben, was wir unter dem oder jenem verstehen,
weil das Leben - und die Politik ist ja nur eine Seite des Lebens
- sich nicht so determinieren läßt und man besser auskommt,
wenn man große Ziele auch nur mit großen Begriffen
umschreibt. Der Herr Ministerpräsident hat eine ganze Reihe
von Aufgaben seiner Regierung aufgestellt; von anderen aber, die
er auch noch hätte und hat, hat er nicht gesprochen, darunter
ist auch die Lösung des Minderheitenproblems.