Es gibt auch noch andere Sachen, die der Herr
Ministerpräsident in seiner Erklärung hätte berühren
können; vor allem wissen wir ganz genau, daß die Regierung
eine rein agrarische ist und daß sie es sehr gerne unternehmen
würde, wenn sie es wirklich könnte - und sie unternimmt
es auch, soweit sie es kann diesen agrarischen Kurs geradezu bis
ins Extrem zu verfolgen. Dabei muß sie selbstverständlich
auf die entgegenstehenden Interessen der Industrie und der Arbeiterschaft
stoßen, zumal agrarische Interessen und soziales Empfinden
meist miteinander nicht allzuviel zu tun haben; und daraus ergeben
sich schon die Differenzen und Spannungen, wenngleich ich anerkenne,
daß in diesem Staate auch die eine Anomalie vorhanden ist,
daß gerade die deutschen und èechischen Industriellen
bisher in gleicher Weise bei den èechischen Großagrariern
den Schutz ihrer Interessen gesucht haben. Ob sie ihn gefunden
haben, ist natürlich eine zweite Frage. Aber es ist doch
heute schon ganz klar, daß sich Gesetze wie die Steuergesetze
vom Jahre 1927 und die berüchtigte Verwaltungsreform auf
die Dauer nicht aufrecht erhalten lassen. Das sehen wir heute
schon. Daß eine Novellierung möglich wäre, davon
hat der Herr Ministerpräsident in seiner Erklärung nichts
gesagt. Sollte vielleicht mit diesen unglückseligen Gesetzen
weitergewirtschaftet werden? Dann gibt es noch andere Sachen.
Gerade in dem ureigensten Ressort des Ministerpräsidenten,
im Militärressort, ist eine ganz unglaubliche Wirtschaft.
Wenn wir uns den Staatsrechnungsabschluß vom heurigen Jahre
ansehen, so finden wir, daß gerade sein Ressort den Voranschlag
um ein Bedeutendes überschritten hat, wobei die Überschreitungen
durchaus nicht gerechtfertigt sind. Ja, wenn das nur in einem
Jahre so gewesen wäre! Aber das Militärressort überschreitet
alljährlich regelmäßig seinen Voranschlag. Da
kann man doch um Gotteswillen nicht davon sprechen, daß
alles in Ordnung ist, und der Herr Ministerpräsident hat
uns nichts davon verraten, daß hier Ordnung gemacht werden
soll. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Eisenbahn.
Es ist doch himmelschreiend, wie viel Millionen hier nur durch
die verunglückte Elektrifizierung der Prager Bahnhöfe
verwirtschaftet wurden. Auch darüber wäre einmal im
Parlament zu sprechen. Für alle möglichen Dinge ist
in diesem Staate kein Geld da. In dem Augenblicke, wo es heißt,
kulturell oder sozial zu wirken, wird immer gesagt: es fehlt die
Bedeckung. Aber wenn hier Millionen verwirtschaftet werden - die
Angaben schwanken zwischen 70 und 140 Millionen - da ist niemand
da, der diesen Dingen steuert. Auch das wäre eine dankbare
Aufgabe des Herrn Ministerpräsidenten, da ein wenig hineinzuleuchten.
Dann haben wir die Frage des Mieterschutzes. Ich will dieses Problem
heute nicht anschneiden, aber es ist unmöglich nur mit Provisorien
zu lösen, es ist unmöglich, daß das Mieterschutzgesetz,
das am letzten März abläuft, vielleicht nur auf drei
Monate verlängert wird. Es ist dringend notwendig, hier eine
Gesetzesvorlage zu machen, welche sowohl dem Hausbesitzer, als
auch dem Mieter beiläufig ein Bild von der Entwicklung der
künftigen Jahre gibt. Denn das ist nicht nur eine Frage der
Besitzenden, sondern auch eine Frage der Mieter, eine soziale
Frage erster Ordnung, die den Arbeiter in gleicher Weise berührt,
wie den Angestellten. Es muß dabei Vorsorge getroffen werden,
daß auch die Angestellten diese Zeit der erhöhten Miete
unter Umständen überdauern können. Aber ich bezweifle
sowohl den guten Willen des Herrn Ministerpräsidenten, alle
diese Dinge wirklich in die Hand zu nehmen und einer gedeihlichen
Lösung zuzuführen, als auch seine Kraft. Denn die Alterserscheinungen
sind deutlich bemerkbar. Wenn gewisse Parteien, die heute schon
sozusagen bereit sind, in die Regierung einzutreten, diese Bereitwilligkeit
gleich erklären würden, würde die Regierung ganz
anders ausschauen, als sie heute ist. Nur gerade davon, daß
der Druck dieser Parteien heute noch nicht stark genug ist, lebt
die heutige Regierung. Sie machen es ihr möglich, überhaupt
vor das Parlament zu treten. In dem Augenblicke, wo dieser Druck
größer wird, muß die Regierung eine Umbildung
erfahren. Sie ist infolgedessen nur ein Provisorium und noch dazu
ein schlechtes Provisorium, denn sie setzt an Stelle des alten
wirklich nicht Guten gar nichts Neues, sondern sie will geradezu
das alte Schlechte weiter fortführen. Das kann uns nicht
bestimmen, der Regierung mit besonderem Vertrauen entgegenzusehen,
im Gegenteil, das Mißtrauen, das wir bis jetzt jeder
èechischen Regierung entgegenbrachten und solange entgegenbringen
müssen, als sie nicht an eine gerechte Lösung des hiesigen
Völkerproblems schreitet, dieses Mißtrauen hegen wir
auch gegen die jetzige Regierung und infolgedessen
können wir weder von unserer oppositionellen Haltung abgehen,
noch auch irgendwie für die Regierungserklärung stimmen.
(Potlesk poslancù nìm. strany národní.)