Aber es kommt noch etwas anderes dazu. Wann
werden denn diese Broschüren verteilt? Unmittelbar, möchte
ich sagen, nachdem kaum die Worte des Herrn Unterrichtsministers
gesprochen worden sind, daß heute in den Schulen der Geist
der Versöhnlichkeit herrschen solle, unmittelbar nachdem
man das, was in dem kleinen Schulgesetz ausgesprochen ist, noch
einmal ausgesprochen hat: es dürfen die Schulbücher
nichts enthalten, was die nationale oder religiöse Überzeugung
eines anderen verletzt, unmittelbar nachdem man eine Revision
der Bücher angeordnet hat, kommt unter seinem Patronat eine
solche Broschüre heraus und noch dazu am Vorabend des 28.
Oktober! Zehn Jahre hat man an dem Frieden der Völker hier
gearbeitet, zwei Jahre bereits sitzen deutsche Parteien in der
Regierung, um an diesem Werke mitzuarbeiten, und zwar unter den
größten Vorwürfen der anderen, zwei Jahre haben
wir mitgearbeitet an der Konsolidierung des Staates, und nun,
meine Verehrten, kommt dieser ungerechte Faustschlag. Noch trauriger
ist es, daß diese Broschüre um 20 Heller verkauft wird,
als wollte man verlangen, daß die deutschen Kinder und Studenten
an sich ein Harakiri vornehmen. Meine Verehrten, ich kann nicht
anders als im Namen der Katholiken und der Deutschen gegen dieses
Vorgehen aufs äußerste zu protestieren und den Herrn
Unterrichtsminister zu bitten, in zwölfter Stunde - bis Samstag
- heute ist Mittwoch, eine Ordre herausgeben zu lassen,
daß diese Broschüre, welche noch dazu schlecht ins
Deutsche übersetzt ist, an die deutschen Schulen nicht ausgefolgt
wird. Was die èechischen Schulen anbelangt, so mögen
sich die èechischen Katholiken das ausmachen.
Die deutschen Katholiken aber protestieren dagegen. Ich glaube,
am 28. Oktober 1928 könnte man von oben her ein würdigeres
Kulturdokument den Studenten in die Hand drücken, damit sie
in Freuden an diesen 28. Oktober denken können und nicht
als an einen Tag, an dem unser katholisches und unser nationales
Bewußtsein eine arge Kränkung erfahren hat.
Wenn ich schon einmal dabei bin, möchte
ich doch noch ein Wort über diesen Geist, der in der Schule
herrschen soll, sprechen. Ich wollte es ursprünglich
nicht, aber nachdem von èechischer Seite, und zwar von
einem èechischen Sozialdemokraten auseinandergesetzt wurde,
wie er sich das Verhältnis des Staates zur Kirche denkt,
werde ich mir wohl auch erlauben dürfen, daß ich im
Namen meiner Partei meine Anschauungen auseinandersetze.
Der betreffende Redner hat gesagt: "Wir stehen auf dem Standpunkte
der Trennung von Kirche und Staat und der vollständig freien
Schule und zwar im Zeichen der Demokratie." Meine Verehrten!
Ich begreife diesen Standpunkt voll und ganz von Ihrer Seite,
denn wenn man als philosophische Grundlage seiner Weltanschauung
den Materialismus nimmt, wenn man jede Geistigkeit, die unsterbliche
Seele und Gott leugnet, wenn man sagt, Christentum und Sozialismus
verhalten sich zueinander wie Wasser und Feuer. dann begreife
ich das vollständig. Wenn man den Menschen kein höheres
Glück geben kann als das irdische und keine höhere Autorität
als die Staatsautorität, wenn man auf dem Standpunkt der
Staatsomnipotenz des Marxismus steht, wenn man den Gedanken der
Staatsomnipotenz eines Fichte- und Hegelschen Idealismus, der
aber Gott und die unsterbliche Seele leugnet, anerkennt, dann
begreife ich das. Wir aber stehen eben nicht auf diesem Standpunkt.
Sie haben Ihren Standpunkt nicht bewiesen und werden ihn auch
in Ewigkeit nicht beweisen. Wir haben unseren Standpunkt und sind
davon voll überzeugt. Es gibt einen Gott, der ist der Schöpfer
der unsterblichen Seele und es gibt einen Geist, und das höchste
ist nicht die Staatsgewalt, das allererste ist die göttliche
Gewalt, dann kommt die Gewalt der Eltern, dann kommt die Vertretung
Gottes, und d. i. für uns die katholische Kirche, und zugleich
mit ihr kommt die Staatsgewalt. (Posl. Heger: Das müssen
Sie auch beweisen!) Bitte, ich brauche es nicht beweisen,
weil ich weder das eine, noch das andere beweisen will. Es ist
hier nicht der Ort, dies zu beweisen, ich stelle mich nur auf
denselben Standpunkt, auf den sich der betreffende Vorredner gestellt
hat. Er hat sich auf den Standpunkt der Demokratie gestellt und
ich stelle mich auch auf den Standpunkt der Demokratie; er hat
seinen Standpunkt, ich habe meinen, deswegen Freiheit für
ihn, aber auch Freiheit für mich. (Posl. Moudrý:
Nur die katholische Kirche verehrt Gott?) Das ist wieder eine
andere Frage, bitte ich rede nicht einmal im Namen der
katholischen Kirche, wenn Sie ein bißchen nachdenken, sondern
im Namen der christlichen Weltanschauung. Sind Sie Christ als
Èechoslovake, sind Sie in Ihrer èechoslovakischen
Überzeugung soweit gekommen, daß sie auch Christus
erkennen, ist mir auch recht. (Posl. Moudrý: Sie dürfen
sich Gott nicht konfiszieren!) Ich nehme das nicht in Anspruch,
es gibt nur einen Gott und eine Wahrheit und diese eine Wahrheit
hängt von der Gnade ab und von dem freien Willen, das möge
jeder in seinem Gewissen vor dem Herrgott verantworten. Der Herr
Sozialdemokrat sagt: "Es gibt keinen Gott." Ich sage:
"ja." Sagt der Sozialdemokrat: "das Höchste
ist der Staat," so sage ich: "Der kommt erst in dritter
Linie." Wenn die andern sagen: "Wir stehen auf dem Standpunkt
der Entchristlichung der Schule" so sage ich: "Wir stehen
für unsere Kinder auf dem Standpunkt der vollständigen
Verchristlichung der Schule, sie für ihre Kinder auf dem
Standpunkt der Entchristlichung"; das ist gleichgültig,
aber Freiheit muß sein, das ist wahre Demokratie. Wenn man
uns weiter sagt: "im Namen der Demokratie", dann berufe
ich mich - das war vor ein paar Jahren, als Pius XI. gewählt
wurde - auf ein sozialdemokratisches Blatt, welches gesagt hat:
"Die einzige wahre demokratische Institution ist die katholische
Kirche, denn dort kann auch der Ärmste der Höchste werden,
dort kann auch der Sohn eines Sauhirten, wie Sixtus V., und der
Sohn eines einfachen kleinen Landwirtes, wie Pius XI., Papst werden,
vor dem auch Könige ihr Haupt beugen." Wir stehen weiter
auf dem Standpunkt der Demokratie, weil gerade die Päpste
der letzten Zeit, von Leo XIII. angefangen, für die Arbeiter
so viel getan haben. Wir haben unlängst beim Kongreß
der christlichen Gewerkschaften in München das Geständnis
gehört, wo Thomas, der Führer der französischen
Sozialisten, daneben - in Paranthese gesagt, weil er friedliebend
ist - auch Minister für Nationalverteidigung während
des Weltkrieges in Frankreich, erklärt und anerkannt hat,
was die christlichen Gewerkschaften und die katholische Kirche
für die Arbeiter geleistet haben. Also wenn wir auf dem Standpunkt
der katholischen Kirche stehen, so sind wir voll und ganz auf
dem Standpunkt der Demokratie. Wenn man uns sagt, daß wir
die konfessionelle Schule haben wollen und daß es dann um
die Demokratie geschehen ist, dann muß ich antworten: Dann
kommt erst die wahre Demokratie. Was heißt Demokratie? Das
griechische Wort sagt: "Volksherrschaft, Herrschaft ohne
Kaiser und Könige." Das Volk ist aber die Summe einzelner
Individuen und wenn sich das einzelne Individuum nicht beherrschen
kann, dann kann es auch als Posten einer großen Summe nicht
als Rechtsfaktor auftreten. Das einzelne Individuum muß
sich beherrschen können und dazu ist eine felsenfeste Basis
notwendig, ewige Prinzipien für den Geist und ewige Prinzipien
für den Willen, solche Prinzipien, welche nicht von mir selbst
abhängen, wechselnd wie bei den Frauenzimmern die Mode, den
Hut einmal breit und einmal hoch. Da heißt es eben. "Du
sollst" und: "Du darfst nicht." Wir haben ewige
Prinzipien in den zehn Geboten Gottes, Prinzipien für unseren
Verstand in der Annahme Gottes des Schöpfers. Nimmt man diese
Prinzipien weg, dann könnte man denken was man will, und
dann kommt die reinste Anarchie, dann kann man wollen wie man
will, dann kommt der reinste Antinomismus. Die Demokratie verlangt
auch weiter Gerechtigkeit, nationale Gerechtigkeit und Gerechtigkeit
unter den Ständen. Diese nationale Gerechtigkeit und die
Gerechtigkeit unter den Ständen ist nicht da, wenn nicht
die Nächstenliebe da ist, die Nächstenliebe ist nicht
da, wenn nicht ein Element über der Menschheit steht, das
die Menschen zusammenfaßt. Wenn jeder nicht selbst das Gesetz
der Nächstenliebe im Herzen trägt, wird der krasseste
Egoismus herrschen und wir haben im Zeitalter dieser Demokratie
auf der einen Seite größte Unterdrückung der Nationen
und auf der anderen Seite größte Unterdrückung
der Stände. Wollen Sie aber ich bitte von beiden Seiten die
Sache nicht als Beleidigung aufzufassen - wollen Sie zwei Denkmäler
der modernen Demokratie, wollen Sie sie sehen, gehen Sie vor den
Wilsonbahnhof: Dort steht der erste Verfechter der Demokratie
Wilson. Auf dem Piedestal ist aufgeschrieben: "Die moderne
Zeit muß für die Demokratie gefestigt sein." Das
ist das erste Denkmal, es ist für die amerikanische Demokratie.
Wissen Sie was dies bedeutet? "Plutokratie" und "voll
und ganz verkauft." Wir haben ja jetzt gelesen bei dem Kampf
um den Präsidenten, wo eine Partei 360 Mill., die andere
365 Mill. und die dritte 60 Mill. Dollars ausgibt. Das
ist ein sehr teuerer Präsident, 15.000 Mill. èechischer
Kronen. Das nennt man Demokratie! (Posl.
Schmerda: Die sind gottesfürchtig!)
Ja, es gibt noch gottesfürchtige, welche mit der größten
Gottesfurcht den Dolch in die Brust stoßen und dann beten.
Auf solche Gottesfurcht pfeife ich. (Posl. Heeger: Solche haben
Sie sehr viele in Ihren Reihen!) Man hat in Ihren Reihen auch
immer von Demokratie und Volksliebe geredet; dabei denkt man an
die eigene Tasche! (Posl. Heeger: Das müssen Sie beweisen,
das sind jesuitische Redereien!) Das sind keine jesuitischen
Redereien, sondern Tatsachen der Erfahrung. Wenn wir wissen, daß
die Wahlen meistens mit der Presse gemacht werden, und wenn da
auf dem Kongreß der amerikanischen Presse vor einigen Jahren
deren erster Vertreter erklärt hat: "Die ganze amerikanische
Presse ist intelektuell prostituiert und verkauft", dann
danke ich für diese amerikanische Demokratie und kann nur
sagen: "Herr Gott, befreie uns von dieser Demokratie."
Ihr verdanken wir, daß wir unter der fürchterlichen
Steuerlast seufzen. Würde diese amerikanische Demokratie
etwas nachlassen von den Gewinnen, die sie im Weltkrieg gemacht
hat, dann könnten auch England und Frankreich etwas nachlassen,
auch uns Deutschen, und Friede ist auf Erden. (Výkøiky
komunistických poslancù.) Das
andere Denkmal - das ist an Sie gerichtet, liebe Herren Kommunisten
- ist das Mausoleum Lenins in Moskau. Es ist das Denkmal jener
Demokratie, welche den Namen geändert hat, aber nicht das
System. Es ist einerlei, ob Iwan der Grausame oder Trockij, ob
einer die Königskrone oder die phrygische Mütze aufsetzt;
es ist nicht Demokratie, sondern Oligarchie. Auch da können
wir vom ganzen Herzen sagen: "Herr Gott, vor dieser Demokratie
bewahre uns! (Posl. Heeger: Sie möchten wieder die Inquisitionszeit
haben!) Bis wir einmal eine ruhige Stunde haben, werden wir
über die Inquisition reden, aber wissenschaftlich, nicht
auf Grund von 15-Kreuzerbroschüren, aus denen Sie vielleicht
ihre Kenntnis von der Inquisition geschöpft haben. (Výkøiky
na levici.) Die wahre Demokratie baut sich
auf den Grundsätzen desjenigen auf, der der erste König
ist, und wollen Sie Demokratie, dann müssen Sie ein Königtum
annehmen, aber nicht ein irdisches, sondern das Königtum
dessen, der vor Pilatus gesagt hat: "Mein Reich ist nicht
von dieser Welt, aber ich bin ein König." Und das ist
der soziale König Christus der Herr. Diese Demokratie soll
ge pflegt werden in der Schule, und wollen sie sie nicht haben,
gleichgültig: sie brauchen Christus als König nicht
anerkennen, das ist einerlei, aber Freiheit für beide, für
Sie die freie Schule, die atheistische, für uns Katholiken
voll und ganz die freie katholische Schule. Mögen Sie sich
bei Ihren Kindern voll und ganz ausleben im Haß gegen das
Christentum, mögen Sie von den Umzügen bei den Fronleichnamstagen
die katholischen Kinder abziehen, mögen Sie, wie es in Österreich
geschieht, Prozessionen, welche seit Jahrhunderten abgehalten
werden, im Bunde mit den Freidenkern unmöglich machen wollen:
das ist Ihre Sache, aber geben Sie uns die Freiheit, mit unseren
Kindern zu machen, was wir wollen. Das ist Demokratie. (Posl.
Schmerda: Trennung von Kirche und Staat!) Nein, da komme ich
auf einen weiteren Punkt zu sprechen, das müssen Sie beweisen,
daß die Schule allein dem Staate gehört. Die Schule
gehört zuerst den Eltern, denn sie ist nichts anderes als
das erweiterte Elternhaus, und die Eltern haben zu bestimmen,
wie ihre Kinder zu erziehen sind, nicht Sie. (Posl. Heeger:
Das Elternrecht wird unmöglich gemacht!) Das wird gar
nicht unmöglich gemacht. Schauen Sie nach Holland und nehmen
Sie sich an den holländischen Sozialisten ein Beispiel, die
ebenso ein Herz haben für ihre Arbeiter, wie Sie vorgeben.
Und gerade die holländischen Sozialisten waren es, welche
zusammen mit den Katholiken gestimmt haben für die freie
katholische konfessionelle Schule, und zwar vom Staate erhalten.
Wenn die Katholiken Steuern zahlen, so sollen auch ihre Schulen
von diesen Steuern erhalten werden; der Staat aber wird, was das
wichtigste ist, die Möglichkeit der Oberaufsicht haben, daß
jeder die Kenntnisse erlange, die er haben soll, um ein nützliches
Glied der Gesellschaft zu werden. (Výkøiky:
To budeme míti 4 školy!) Wenn
der Herr sagt: "To budeme míti 4 školy",
so möchte ich sagen: wenn man für 2 èechische
Kinder oder überhaupt für Kinder, die noch nicht geboren
sind, Prachtpaläste als Minderheitsschulen bauen kann, so
kann man auch Paläste für katholische Schulen bauen.
Es werden gar nicht ètyøi školy sein, man kann
die Zahlen der Kinder, die diese Schulen
besuchen, begrenzen. Die Zahl der Schulen wird nicht wachsen,
das wird vielleicht hier in Prag sein, wo sie recht viele èechoslovakische
Schulen und daneben die katholischen Schulen haben würden.
Wir aber auf dem Lande, wir Deutschen, werden
lauter katholische Schulen haben. (Posl. Šafranko:
Pane Petersilka, to není køesanská
láska!) Das eben ist christliche
Liebe. Bei Ihnen heißt Liebe: "Ich mache, was ich will,
wenn aber Du aufstehst, haue ich Dich nieder." Wir kennen
diese kommunistische Nächstenliebe, die von dem Grundsatze
ausgeht: "Habe Deinen Nächsten lieb und wo Du kannst,
gib ihm ´nen Hieb." (Posl. Wünsch: Reden Sie
nicht so viel von Liebe!) Bei Ihnen werde ich sie nicht lernen,
bestimmt nicht. Wo keine Liebe ist, kann man sie nicht holen.
Daß ich zum Schlusse komme. Wir verwahren
uns nochmals dagegen, daß die nationalen und religiösen
Gefühle der deutschen und katholischen Schulkinder und Studenten
verletzt werden. Wir verwahren uns dagegen, daß dies von
staatswegen geschieht. (Výkøiky na levici.)
Wir verwahren uns dagegen, daß man
uns freie religionslose Schulen aufdrängen oder interkonfessionelle
Schulen dazu machen will. Wir stehen fest auf dem Standpunkte:
Demokratie! Ja, voll und ganz Demokratie, aber jene Demokratie,
wie sie der Begründer des französischen Sozialismus
Proudhon in einem lichten Augenblick klar erfaßt hat, indem
er sagte: "Es ist doch eigentümlich, daß man auf
dem Grund einer jeden Politik zuletzt die Theologie findet, und
erst an jenem Tage, da die Staatswissenschaft und Volkswirtschaft
angewandte Theologie wird, erst an diesem Tage wird die Sonne
des Optimismus über den Bergen erstrahlen". Er wollte
damit einfach sagen, was Millionen und Millionen immer erfahren
und erprobt haben: Ohne Gott und ohne Religion keine ordentliche
nationale und wirtschaftliche Politik. Deswegen sage ich: Demokratie
voll und ganz, aber auf dem Boden des Christentums und unter dem
Schatten des Kreuzes, des siegreichen Banners Christi, des sozialen
Königs. (Souhlas a potlesk nìm. køes.
sociálních poslancù.)
Hohes Haus! Wenn wir uns in die Ziffern des
Staatsvoranschlages vertiefen, so müssen wir feststellen,
daß die Ausgabenposten sich nicht verringert haben. Der
Herr Generalreferent sagte in seiner Rede, die Ausgabeposten
wären in 9.534,373.000 Kè stabilisiert und können
auch nicht mehr gesteigert werden, er betonte im Gegenteil, daß
die Lasten besonders bei den Handelssteuern verringert werden.
Die Einnahmen des Staates aus den Steuern
machen aus 7.455,209.359 Kè, dazu kommen noch die Einnahmen
aus den Mono polen, wie Salz, Dynamit usw., mit 38,190.000 Kè,
ferner die Einnahmen aus den staatlichen Unternehmungen mit 1.551,596.474
Kè; also insgesamt machen die staatlichen
Einnahmen 9.569,907.596 Kè aus. Wollte man im Ernst an
eine Steuererleichterung für die unter sehr schweren Verhältnissen
lebende Bevölkerung denken, so müßte man daran
gehen, die Ausgabenposten zu verringern und die Einnahmeposten
der staatlichen Monopole, aber ganz besonders
der staatlichen Unternehmungen zu erhöhen. Die ganze Volkswirtschaft
und alle Bevölkerungsschichten leiden unter der allzu hohen
Besteuerung. Auch die Ursachen der allgemeinen Teuerung sind in
der zu hohen Besteuerung zu suchen. Der Herr Generalreferent erkennt
dies in lobenswerter Weise an, er vertröstet auch das Publikum,
zeigt aber als hervorragender Nationalökonom nicht ganz offen
den Weg, den er wohl sicher kennt, wie man die Steuererleichterungen
schaffen könnte. Sparsamkeit und Fleiß sind immer die
Worte des Herrn Finanzministers, die er stets an die Bevölkerung
richtet, damit sie nur ja den Verpflichtungen dem Staat gegenüber
nachkommt. Doch mit einem riesigen Fleiß und unbarmherziger
Energie arbeiten seine Kontrollorgane, um all das, was die Bevölkerung
schwer erarbeitet, ihr wieder abzunehmen. Nur 373 Beamte der Revisionsabteilung
des Finanzministeriums fliegen im Lande herum, halten sämtliche
Unternehmungen in Aufregung und durch ihre oft monatelang dauernden
Revisionen werden die Betriebe in der Arbeit gestört
und unterbunden. Diese Revisionsabteilung kostet allein 13 Millionen
Kè. Es fragt sich, ob diese große Summe auch notwendig
ist. Bei der Strenge des neuen Steuergesetzes wird es sich jeder
wohl überlegen, auch nur die kleinste
Steuerhinterziehung zu begehen, denn er wird dabei gleich ertappt,
die einzelnen Finanzexposituren kennen den einzelnen Mann und
schauen ihm bis in die Taschen hinein. Das neue Steuergesetz hat
sich viel ärger ausgewirkt, als wir gehofft haben. Wir haben
gewußt, daß es keine Erleichterung bringt, aber es
lastet viel mehr auf der Bevölkerung als wir fürchteten.
Wenn der Herr Finanzminister von der Privatwirtschaft die größte
Intensität er fordert, warum erfordert er diese nicht auch
von den staatlichen wirtschaftlichen Unternehmungen? Ist doch
der Staat der größte Grundbesitzer, der größte
Gruben-, Industrie-, Kurorte- und Bäderbesitzer.
Die staatliche Forst- und Güterverwaltung
verwaltet allein 927.149 ha, davon sind 759.096 ha Waldfläche,
ohne die jüngst enteigneten, 141.180 ha ist Landwirtschaft,
ebenfalls ohne die jüngst enteigneten Flächen. 11.052
ha sind Fischteiche. Dieser Riesenbesitz weist einen Reingewinn
von 73,898.970 Kè aus. Die staatlichen Gruben- und Hüttenwerke,
12 an der Zahl, haben einen Reingewinn
von 22,550.000 Kè, die staatliche Flugzeugfabrik einen
Reingewinn von 140.000 Kè. Die militärische Forstverwaltung
verwaltet in Malacka 25.000 ha, in Brdy 21.000 ha, jährlich
werden in Malacka 65.000 und in Brdy 90.000 m3 Holz mit einem
Reingewinn von 12,198.600 Kè geschlagen. Diese Summmme
wird dem Budget des Kriegministeriums zugeschlagen. Die Tabakregie
wirft 1.063,439.144 Kè ab, zu Investitionen werden bloß
27,050.000 Kè zurückbehalten, das andere wird der
Staatskassa abgeführt. Das Lotto
ist mit 33,813.838 Kè, die Münze im Kremnitz mit 2,205.687
Kè eingestellt. Schließlich die staatlichen Bäder
und Kuranstalten, neun an der Zahl, mit einem Reingewinn von 3,391.856
Kè. Die gesamten staatlichen Betriebe und Unternehmungen
sollen im Jahre 1929 1.551,696.464 Kè
an die Staatskassa abführen. Dr Rašín,
der erste Finanzminister der Èechoslovakischen Republik
hat die These aufgestellt, daß die staatlichen Unternehmungen
kommerzialisiert werden sollen, daß sie nicht bürokratisch
und zentralistisch arbeiten sollen, daß
sie ebenso hohe Reingewinne haben sollen, wie private Unternehmungen.
Es ist für uns schwer, eine Bilanz für die staatlichen
Unternehmungen aufzustellen. Doch eine Post können wir herausgreifen,
wo wir die Verhältnisse kennen, das sind die Bäder und
Kurorte, die das Gesundheitsministerium verwaltet.
Es gibt neun staatliche Bäder. Die Einnahmen dieser neun
Bäder sind mit 8,748.420 Kè veranschlagt. Darunter
befinden sich die besten Bäder der Èechoslovakischen
Republik, die aber nur eine so minimale Summe tragen. Ein Tatrabad,
welches nur 410 Zimmer hat, hat eine Umsatzsteuer von 10 Mill.
Kè Einnahmen gezahlt. Neun Staatsbäder mit zusammen
ca 1603 Zimmern haben nur 8 Mill. Kè Einnahmen. Das kleinste
Tatrabad mit 198 Zimmern hat von 4 Mill.
Kè Umsatz steuer gezahlt. Wir sehen, daß hier etwas
nicht in Ordnung ist. Wenn wir den Wert der staatlichen Bäder
ermitteln wollen, so müssen wir annehmen, daß sie einen
Wert von ca 200 Mill. Kè repräsentieren. Bei diesem
Werte verzinst sich diese Summe mit 1 1/2%.
Nehmen wir den Wert nur mit 100 Mill. Kè an, so haben wir
eine Verzinsung von etwa 3 1/2%.
Jeder Privatmann würde ein derartiges Unternehmen feilbieten
oder trachten, daß es mehr trage. Beim Staat ist das aber
keine so wichtige Sache, Hauptsache ist, daß die staatlichen
Bäder weiter so verwaltet werden, wie bisher. Das Gesundheitsministerium,
das die staatlichen Bäder verwaltet, ist auch gar nicht bestrebt,
sie zu fördern und sie so einzurichten, daß sie dem
Staate den bestmögliche und größten Reingewinn
einbringen. Hier liegt eben das Unrichtige. Wenn der Finanzminister
von der privaten Wirtschaft den größten möglichen
Ertrag fordert, ist es seine Pflicht, dies auch von den staatlichen
Unternehmungen zu fordern. Es sind verschiedene Beamte da, die
der Sache nachgehen könnten, warum ein staatliches Unternehmen
nicht genügend aktiv ist und wo die Fehler liegen. Ist es
nicht aktiv, dann soll man es in andere Hände gelangen lassen,
damit dann hier eine größere Summe einkomme.
So wird es sicher bei allen staatlichen Unternehmungen
sein; wenn wir alles an der Hand hätten, um eine reale kommerzielle
Bilanz aufzustellen, so würden wir auf alles kommen können.
Es ist ganz interessant der Versuch, hinsichtlich der staatlichen
Bäder eine Geschäftsbilanz aufzustellen. Da kommt
folgendes heraus: Nehmen wir an das Bad Tatra-Lomnitz. Es hat
301 Betten. De facto ist präliminiert eine Einnahme von 1,243.000
Kè. Auf Grund unserer kommerziellen Erfahrungen kommt aber
eine Summe von 1,633.560 Kè heraus. Dies ergibt
eine Differenz von 390.000 Kè allein bei Tatra-Lomnitz.
Stellen wir aber eine regelrechte Handelsbilanz mit den üblichen
Abschreibungen auf, was im Staatsvoranschlag nicht der Fall ist,
so entsteht hier ein Verlust von 138.134 Kè. Dabei sind
noch nicht die Lasten für die Erhaltung
der Gebäude berücksichtigt, denn diese belasten das
Ministerium für öffentliche Arbeiten. Wie viel mehr
würden diese Unternehmungen dem Staate tragen, wenn sie an
große kapitalsreiche Gesellschaften verpachtet würden,
die sich verpflichten würden, entsprechende Investitionen
zu machen? Wie sinnlos jetzt Investitionen gemacht werden, möchte
ich am Bade Sliaè beleuchten. Bad und Quelle von Sliaè
gleichen Nauheim. Es ist eine der berühmtesten und besten
Quellen, die wir haben, doch Fassung der Quelle,
Einrichtung des Kurhauses und der Hotels sind veraltet. Nun hätte
jeder kluge Geschäftsmann die Sache derart angefaßt,
daß er zunächst die Quelle neu faßt, um mehr
Wasser zu bekommen, dann die Hotels erneuert, um einen größeren
Fassungsraum zu erhalten. Beim Gesundheitsministerium geschieht
das aber verkehrt. Zuerst wurde der Speisesaal für mehrere
Millionen neu gebaut, der Speisesaal ist noch nicht fertig und
noch dazu unzweckmäßig gebaut, die Quelle aber wurde
im alten Zustande belassen, ebenso die Hotels. Wer soll in diesem
Speisesaal sitzen, wenn nicht Bade- und Unterkunftsmöglichkeit
gegeben sind? Die vielen Tabeskranken werden sicherlich nicht
Shimmy tanzen wollen, die hätten sich sicherlich mit dem
alten Speisesaal begnügt. Es fehlt eben an einer rationellen
Politik, die die Unternehmungen wirtschaftlich und geschäftlich
leitet.
Wenn die staatlichen Bäder insgesamt drei Mill. Kè
Reingewinn abwerfen, so ist das gar nichts dem gegenüber,
was die Privatbäder an den Staat abliefern. Die Bäder
in der niederen Tatra werfen nur an Steuern 2,400.000 Kè
ab, zu welchem Geld der Staat ohne jede Arbeit kommt. Das Gesundheitsministerium,
in dessen Bereich diese Bäder fallen, sollte sie eigentlich
mit größter Sorgfalt fördern. Leider ist das nicht
der Fall, denn das Gesundheitsministerium sieht in den privaten
Bädern nichts anderes, als Konkurrenten. Es sieht, daß
die staatlichen Bäder nicht prosperieren wohl aber die privaten
Bäder. Infolgedessen gilt es, diese Konkurrenten niederzuhalten.
Es ist das eine verfehlte Politik. Denn dadurch, daß man
die privaten Bäder nicht im vollsten Maße unterstützt
- sie wollen gar keine finanzielle Unterstützung, sondern
nur eine moralische - schädigt man den Staat. Der Fremdenverkehr
wird unterbunden, die Fremden kommen nicht hin, denn sie wollen
sich nicht schikanieren lassen, der Staat hat viel weniger Einnahmen.
Der Fremdenverkehr ist sehr wichtig für diesen Staat. Dr
Uhlig, der ein guter und berühmter Nationalökonom ist,
hat festgestellt, daß der Fremdenverkehr dem Staate 1 1/2
Milliarden gebracht hat, er sagt aber weiter, man könnte
dies leicht auf 2 Milliarden erhöhen. Warum geschieht das
nicht? Wir sehen, daß das Gegenteil gemacht wird. Über
den verschieden en Kurorten, die noch in deutschen oder anderen
nicht èechischen Händen sind, schwebt immer
das Schwert der Enteignung. Das Gesundheitsministerium denkt nicht
darüber nach, wie man die Bäder fördern und ihnen
helfen, wie man die Einnahmen des Staates und der Bevölkerung
erhöhen kann. In der Hohen Tatra herrschen
die krudelsten Verhältnisse, dort ist die Industrie abgebaut,
die Bevölkerung ist auf die Einnahmen, welche aus dem Fremdenverkehr
dem Volke zufließen, allein angewiesen. Jedermann wartet
dort und jedermann schaut dort, wann der Sommer kommt und von
den Einnahmen des Sommers will er den ganzen Winter leben. Sollte
es nicht die intensivste und schönste Arbeit des Gesundheitsministeriums
sein, diese Sache zu fördern? Nein, das entgegengesetzte
wird gemacht. alle möglichen Anträge werden ausgehegt,
welche in die Öffentlichkeit kommen und die Öffentlichkeit
abschrecken. Wenn die Tatra-Bäder heuer im Sommer nicht jenen
Besuch und jene Prosperität aufweisen konnten, wie man erwartet
hat, so ist das dem Umstand zuzuschreiben, daß eine öffentliche
Debatte über die Tatrabäder geführt wurde. worin
die Frage der Tuberkulose derart aufgerührt wurde, daß
die Besucher vor einem Besuch zurückschreckten. Das Gesundheitsministerium
will daran gehen, in der Hohen Tatra einen Rayon zu schaffen,
wo man die tuberkulosen Kranken hineinstecken will, wie man es
in alten Zeiten mit dem sog. Lepragürtel getan hat. Meine
Herren, in der heutigen Welt einen Lepragürtel zu schaffen,
an das schönste Gebiet der Tatra heute einen roten Zettel
kleben "Achtung, Seuchengefahr!" - was wird dann aus
dem Fremdenverkehr werden? Wir lesen, daß der Gesundheitsminister
noch immer nicht diesen Gedanken aufgegeben hat, daß er
noch immer daran denkt, dieses Gesetz durchzuführen, um die
Tatra zu maßregeln. Wir müssen uns dem auf das entschiedenste
entgegenstellen, die ganze èechoslovakische Öffentlichkeit
wird sich gegen diese Sache stellen, hervorragende Wissenschaftler
der Medizin haben sich dagegen gestellt und haben es bekämpft,
daß man Lungenkranke so behandelt, wie die Leprakranken,
indem man sie in einen Gürtel steckt,
noch dazu heute, wo die ärztliche Wissenschaft so hoch gediehen
ist. Meine Herren, wir sehen ja in der Schweiz und anderswo, daß
die Tuberkulosenheime, diese Spezialsanatorien langsam ihren Betrieb
umstellen müssen. Unser Gesundheitsministerium ist wieder
einmal zu spät gekommen, hat an den Fortschritt der Zeit
vergessen. Die Tuberkulose ist ja nicht eine Frage, die in den
Kurorten gelöst werden kann, wenn man diese Frage lösen
will, muß man zuerst hier in den Großstädten
anfangen, bei der elektrischen Bahn, bei den Kaffeehäusern,
bei der Wohnungskultur, nicht aber dort hingehen, wo gut geleitete
Sanatorien sind, wo die Kranken unter Aufsicht stehen. Meine Herren,
es ist traurig und man sieht die Tendenz heraus, warum dorthin
gegangen wird und warum man gerade diese Gegend noch ärger
strafen will, die doch durch den Verlust ihrer Industrie genug
gestraft ist, der man noch die letzte Einnahmsquelle, den Fremdenverkehr,
unterbinden will. Der Fremdenverkehr trägt nicht nur der
Bevölkerung, er trägt auch dem Staate Gold ein. Er ist
die Goldquelle, für die man keinen Zoll und keine Zahlung
dem Ausland zu leisten hat, die Fremden kommen her, bringen ihr
Geld mit, wollen es verleben, wollen nichts dafür, als gut
aufgehoben zu werden.