Støeda 24. øíjna 1928

7. Øeè posl. Blatné (viz str. 73 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Besprechung des Kapitels 20 des Staatsvoranschlages gibt uns die gewünschte Gelegenheit, uns ein wenig mit der Gesundheitsfürsorge in diesem Staate zu befassen. Die Èechoslovakei hat ein Gesundheitsministerium, sie gehört zu den fortgeschrittenen Staaten, die diese Institution haben, sie gehört aber nicht zu jenen fortgeschrittenen Staaten, die eine gute Gesundheitspflege haben. Als das Gesundheitsministerium gegründet wurde, wurde dieser Einrichtung von allen Seiten mit den größten Hoffnungen entgegengesehen, und auch wir selbst hatten uns gefreut, daß diese Institution aus dem alten Österreich übernommen wurde. Wir erwarteten von dieser Einrichtung eine segensreiche Tätigkeit. Wir hatten gemeint, daß von diesem Gesundheitsministerium eine gesetzgeberische Reformtätigkeit, eine intensive Volksaufklärung ausgehen werde, daß den Volkskrankheiten ganz anders als bisher entgegengetreten werde. Wir hatten gemeint, daß der gesundheitsadministrative Dienst eine Änderung erfahren werde. Aber wir sind sehr enttäuscht. Wohl war im Anfang auf diesem Gebiete eine sehr bescheidene Tätigkeit zu spüren, seit Jahren aber ist eine vollständige Stagnation eingetreten und wir haben von Reformen nichts gespürt. Wir haben im Budgetausschuß das erste Wort gehört von irgendwelchen Reformen, die durchgeführt werden sollten, wir haben die Botschaft gehört, meine Herren, wir haben aber nichts gehört von einer Bekämpfung der Volksseuchen und wir haben vor allen Dingen gar nichts verspürt von jener gesundheits-sozialen Tätigkeit, die für die Staaten der Nachkriegszeit charakteristisch geworden ist. Nur zweimal hat dieses Ministerium in all den Jahren von sich sprechen gemacht, einmal, als einem Antrag desselben widersprochen wurde von allen Ministerien, und ein zweitesmal, als sich dieses Ministerium mit Emphase und Leidenschaft für den § 144 des Strafgesetzes einsetzte, für jenen grausamen Paragraphen, der verzweifelte Mütter in das Gefängnis sperrt, damals, als es sich mit Leidenschaft für jenen Paragraphen aussprach, für das viele Kinderkriegen jener, die es nicht vorziehen, kinderlos zu bleiben, das Zölibat auf sich zu nehmen.

Zu den ältesten und vornehmsten Aufgaben einer Gesundheitspolitik gehört die Seuchenbekämpfung. Die moderne Wissenschaft findet, daß nicht die Erkennung der Krankheit am Krankenbette das Wichtigste wäre, sondern die Erkennung der Krankheit durch diagnostische Untersuchungen im Laboratorium. Nun haben wir wohl solche Laboratorien, wir haben sie in den Großstädten, in Prag, Brünn, Preßburg, wir haben vor allem die tadellose, ganz modern ausgestaltete Gesundheitsanstalt, die ebenfalls ein Laboratorium mit Untersuchungsmöglichkeiten eingerichtet hat, aber für die Provinz und für das flache Land nützen diese Einrichtungen absolut nichts, sie sind für sie von problematischem Wert, weil die verhängnisvolle zeitraubende Entfernung alle Vorteile aufs Spiel setzt. Was wir brauchen würden, wäre ein durch das ganze Land gehendes Netz solcher Untersuchungsanstalten mit gut ausgebildetem Personal, mit zweckmäßigen Einrichtungen, die ja als Filialen der staatlichen Gesundheitsanstalt gelten könnten.

Wir haben ein Epidemiegesetz, das stammt zwar aus 1913, ist aber heute bereits veraltet. Wir fordern also ein neues Epidemiegesetz und seine Ausgestaltung auch nach der Richtung hin, daß die Kosten für die Isolierung Verdächtiger vom Staate getragen werden. Wir fordern das aus rein sozialen Gründen: heute werden diese erheblichen Kosten auch von den ärmsten Leuten eingetrieben; wir fordern es aber auch im Interesse der Allgemeinheit, denn gerade die Scheu vor diesen hohen Kosten hindert viele, Symptome, die sie an sich beobachten, zu melden, verleitet sie, diese Symptome zu verheimlichen und so ihre nähere und weitere Umgebung zu gefährden.

Den Kampf gegen Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten überläßt unsere Staatsverwaltung heute ganz den privaten Institutionen oder Selbstverwaltungskörpern, jenen Selbstverwaltungskörpern, deren Tätigkeit durch das famose Gemeindefinanzgesetz auf diesem Gebiete gleich Null gemacht ist. Ich habe mich im Budgetausschuß sehr ausführlich mit diesem dunklen Kapitel unseres Gesundheitsetats befaßt, habe zahlenmäßig nachweisen können, daß die Èechoslovakei heute, was die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen anlangt, den traurigen Ruhm besitzt, an der Spitze der sie umgebenden Staaten zu marschieren. Als Illustration möchte ich anführen, daß in meinem Heimatsort Alt-Rohlau, unter den Porzellanarbeitern jeder dritte Fall Tuberkulose ist. Aber die Èechoslovakei marschiert hinterdrein, wenn es gilt, den Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten aufzunehmen. Das kleine Dänemark gibt heute für die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Summen aus, die auf den Kopf unserer Bevölkerung umgerechnet eine weit höhere Summe ergeben als unser gesamtes Gesundheitsbudget ausmacht. (Hört! Hört!)

Das Krankenhauswesen im alten Österreich war auf einer sehr tiefen Stufe gestanden. Wenn sich das bei uns wesentlich gebessert hat, danken wir es dem Umstand, daß nach dem Umsturz in unsere Gemeinden und Bezirke die Arbeitervertreter eingezogen sind. Die Arbeiter haben diesem Aufgabenkreis ein großes Verständnis und hohes Interesse entgegengebracht und der Staat ist ihnen dabei sehr wenig zu Hilfe gekommen. Freilich hat der Staat die Sanitätssteuer beschlossen, aber diese Steuer reicht bei weitem nicht hin, um unser Spital- und Krankenhauswesen auf jenes Niveau zu bringen, welches die moderne Wissenschaft erfordert. Meine Frauen und Herren! Die Spitäler und Krankenanstalten erfahren heute einen höheren Zustrom als es vor dem Krieg der Fall gewesen ist. Dieser steigende Zustrom ist nicht nur bei uns in der Èechoslovakei zu konstatieren, sondern ist allgemeiner Natur und hat seine verschiedenartigen Gründe. Ein Grund für diesen größeren Zustrom in die Spitäler liegt zweifellos im Wohnungselend der Nachkriegszeit. Wenn wir bedenken, daß die Stuben der armen Leute heute übervölkert sind von vielen Menschen, ist es klar, daß für ein Krankenlager nahezu kein Raum ist. Ein Grund mag wohl auch der sein, daß in Mitteleuropa, in der Èechoslovakei, Österreich und Deutschland die Sozialversicherungsgesetze einen großen Teil von Menschen erfaßt haben, die sie gesundheitlich betreuen und zum großen Teil den Spitälern zuführen; ein Grund mag sein, daß die Spitäler, die Krankenanstalten, selbst einen größeren Aufgabenkreis übernommen haben. Ein wesentlicher Grund dafür aber ist der, daß die Spitalscheu, die durch lange Zeit in den Bevölkerungsschichten geradezu verwurzelt war, nun allmählich zu verschwinden beginnt. Was immer diese Gründe sein mögen: eines ist sicher, daß wir dabei der Tatsache begegnen müssen, daß das Spitalswesen, das Krankenhauswesen ausgestaltet, umgemodelt, reformiert wird. Und wenn ich hier von einem Detail sprechen möchte, so möchte ich den Wunsch und die Forderung erheben, daß jeder Krankenanstalt ein sog. Kreißzimmer, ein Entbindungszimmer, angegliedert werde, denn die moderne Geburtshilfe überantwortet alle Geburten mit operativem Eingriff der öffentlichen Sanitätspflege. Natürlich kann diese vermehrte Arbeit nicht allein von den Gemeinden und Bezirken getragen werden, der Staat müßte mit seiner Hilfe eintreten. Wie aber schaut diese Staatshilfe aus? Nicht nur, daß der Staat nicht selbst hilft, das Budget erzählt uns in seinen nüchternen Zahlen ganze Tragödien darüber; nicht nur, daß der Staat nicht einspringt, nein! Er unterbindet die Tätigkeit der Selbstverwaltungskörper durch das Gemeindefinanzgesetz und macht diese Tätigkeit von vornherein unmöglich.

Wir haben auch zu wenig Irrenhäuser und haben überhaupt keine Beobachtungsstellen, um die Irren und Verdächtigen zu beobachten, von wo aus sie dann den Irrenhäusern überantwortet werden könnten. Unsere Irrenpflege ist ganz veraltet und brutaler Natur. Und überdies hören wir von Zeit zu Zeit aus den Irrenanstalten Gerüchte, die das allgemeine Gewissen aufrütteln und die Allgemeinheit beunruhigen. Wir erheben daher die Forderung, daß ein modernes Irrengesetz geschaffen werde, durchdrungen von humanem Geist, und daß Kontrollkommissionen in allen jenen Orten gegründet werden, in denen sich Irrenanstalten befinden; in diese Kommissionen würden neben den Amtsärzten auch Zivilpersonen und ernste Menschen aus den verschiedenen Bevölkerungskreisen eingegliedert.

Es ist der Plan aufgetaucht, eine Zentralanstalt zu Zwecken der Balneologie zu gründen und Tochteranstalten in allen Bädern einzurichten, um hier die Quellen- und Bäder behandlung zu erforschen und sie auf ein wissenschaftlich solides Fundament zu stellen. Diesem Plane war von den Kurortsverwaltungen mit Freude entgegengesehen worden, aber wir haben ihren Plan gehört und sehen nichts von einer Ausführung. Darum erheben wir von dieser Stelle aus die Forderung, daß dieser Plan von neuem aufgegriffen und auch tatsächlich durchgeführt werde.

Wir mögen uns welches Gebiet immer ansehen, überall liegen die Dinge außerordentlich arg, ob es das Gesundheitswesen anbelangt oder die soziale Fürsorge. Ich will von dem bösen Kapitel der Kriegsverletzten gar nicht sprechen. mein Parteigenosse Hackenberg hat sich in ausführlicher Weise damit befaßt, ich will vom Mieterschutz nicht sprechen, von der Demolierung unseres Mieterschutzes in einer Zeit, wo die Menschen zusammengepfercht leben wie die Heringe, ich will nicht eingehend reden von dem Bettel, der nun den Überalteten hingeworfen wird, jenen Greisen und Greisinnen, die ein Leben lang, 30 und 40 Jahre lang durch ihre Arbeit andere reich gemacht, die Gesellschaft bereichert haben und nun auf sich allein gestellt sind und von der Öffentlichkeit ganz und gar verlassen werden. Die Sozialversicherung hat die Jugendlichen ausgeschaltet; sie hat das Schicksal von hunderttausenden der ärmsten und hilflosesten der Willkür der Bürokratie überantwortet. Die Sozialversicherung ist dem Mutterschutz und dem Kinderschutz nicht gerecht geworden und statt daß der Staat jetzt käme und jene Agenda selbst übernehmen würde, so wie es in vorbildlicher Weise etwa in Deutschland geschieht, geht der Staat jetzt hin und unterbindet in den Gemeinden und Orten jene Fürsorgetätigkeit, woraus geradezu ein katastrophaler Zusammenbruch auf dem Gebiete der Fürsorge erfolgt. Am schwersten sind dadurch die Kinder betroffen. Die Landeskommissionen für Kinderschutz und Jugendfürsorge haben sich wiederholt an die verschiedenen Ministerien um Subventionen gewendet, aber sie sind von den Subventionen nahezu gänzlich ausgeschaltet. Was sollen denn jene tausende und tausende von hilfsbedürftigen Kindern tun, jene Blinden und Taubstummen, jene krüppelhaften, schwachsinigen und idiotischen Kinder? Sollen sie dem Elend überantwortet werden oder soll sich die private Fürsorge ihrer annehmen? Unseren frommen Herren Ministern macht diese Sorge wahrscheinlich durchaus kein Kopfzerbrechen. Unsere Kinderfreundetätigkeit umfaßt gegenwärtig 115 Ortsgruppen mit 10.000 Kindern und entfaltet eine vielfältige Tätigkeit nach verschiedenen Richtungen hin und ist durch diese vielfältige kulturelle und soziale Tätigkeit und auch durch ihre erzieherische Tätigkeit mit drei Ministerien verbunden. Subventionen erhält sie aber von keinem Ministerium. Subventionen, die sie dann und wann doch vom Ministerium für soziale Fürsorge erhält, sind von einer solchen Höhe, daß sich die Ortsgruppen weigern, neue Ansuchen zu stellen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Ein wichtiges Gebiet unserer Gesundheitsfürsorge ist die Lebensmittelkontrolle. Unser Gesetz bezüglich der Lebensmittelkontrolle stammt aus dem Jahre 1879 und ist gänzlich unzureichend. Auf dem Papier haben wir wohl das Gesetz für die Gemeinde- und Distriksärzte, aber es ist ganz klar, daß diese viel beschäftigten Ärzte sich mit der Tätigkeit der Lebensmittelkontrolle, die wiederum eine ganze menschliche Kraft erfordern würde, nicht befassen können. Dieses Gesetz steht lediglich auf dem Papier. Was wir brauchten, wäre ein ganzes System von über das ganze Land verbreiteten Untersuehungsstellen mit zweckmäßigen Einrichtungen und mit gut ausgebildetem Personal. Aber über alles das wird bei uns nicht gesprochen.

Der Herr Minister Èerný hat wohl im Ernährungsausschuß gesagt, daß die Milchverfälschungen infolge der erhöhten Aufsicht wesentlich gesunken seien, aber wir hörten zur selben Zeit, daß in Prag, in der Hauptstadt, also unter den Augen eines dichten Sanitätspersonals, eine Fülle von Milchpantschereien vorkommt, die geradezu zum Himmel schreien. Wie wird es da auf dem flachen Lande ausschauen, wie schaut es in der Provinz aus, wo sich weit und breit keine Amtsperson um diese Dinge kümmert? Der Herr Minister Èerný sagt im Ausschuß, daß die Fälle von Milchverfälschungen schwinden, mir liegt aber hier ein Erlaß der politischen Landesverwaltung, datiert vom 1. Oktober 1928 vor, der ganz klar besagt, daß die den Ämtern bekanntgewordenen Milchverfälschungen in neun Monaten des Jahres 1928 um 47% die Fälle des ganzen vorhergehenden Jahres übersteigen. Was wir brauchen ist ein Milchgesetz und was wir brauchen ist die systematische Durchführung der Lebensmittelkontrolle. (Sehr richtig!) Wir glauben. daß hier unser Gesundheitsminister ein weit dankbareres Feld fände für die Mutterschaft und für die Kinderaufzucht als die, daß er sich schützend vor den § 144 stellt. Denn wir wissen, daß die Milch heute das Hauptnahrungsmittel für weite Bevölkerungskreise ist, wenn wir insbesondere wissen, daß die Milch, das einzige Nahrungsmittel für die kleinen Kinder ist.

Aus dieser gewiß nur flüchtigen Übersicht über den Stand unserer Sanitätspflege sehen Sie, wie durchaus unvollkommen und unbefriedigend die Staatsverwaltung das vornehmste Gebiet ihrer Aufgabe behandelt, wie durchaus rückständig wir hier in der Èechoslovakei auf diesem Gebiete sind, und wir erklären hier als die Vertreter der Arbeiterschaft, daß wir mit der öffentlichen Gesundheitspflege in diesem Staate in höchstem Grade unzufrieden sind. Wir erklären, daß wir gegen das Budget votieren werden. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany soc. demokratické.)

8. Øeè posl. dr Petersilky (viz str. 75 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Vom Herrn Finanzminister haben wir eine schöne Gabe bekommen, ein großes Konvolut von Drucken und Büchern, tote Bücher und viele Zahlen. Aber diese toten Bücher und diese toten Zahlen sprechen doch vom Leben. Das Budget für das Jahr 1929 soll angeblich aktiv sein. Wir wollen es glauben und glauben es. Aber die eine Frage können wir uns heute, im zehnten Jahre des Bestandes der Republik stellen: Ist auch das Leben, das durch diese Zahlen und Bücher dargestellt wird, ist auch dieses aktiv? Und vor allem ist aktiv das ideale Leben, das Schul- und kulturelle Leben? Wir Deutschen und wir Katholiken können wohl, wenn wir den Zustand von heute mit dem von 1918 vergleichen, sagen: Ein bißchen besser ist es geworden, aber noch bei weitem nicht so, wie wir es wünschen würden. (Výkøiky na levici.) Es ist ein bißchen besser geworden.

Um zunächst das Schulbudget einer kleinen Betrachtung zu unterziehen, möchte ich mich auf das Zeugnis berufen, das ein von Prag scheidender Professor dem Unterrichtsministerium ausgestellt hat. Er hat darüber gesprochen, daß man den deutschen Professoren in vielem entgegenkommt. Schön, aber das ist Kleinarbeit. Wir würden wünschen, daß diese Kleinarbeit als Großarbeit gleich vom Anfang an im Budget zu Tage treten würde und daß in den verschiedenen Belangen, in denen man der deutschen Universität entgegenkommt, dies mehr offiziell geschieht, als auf Grund von verschiedenen Vorsprachen und Interventionen. Übrigens habe ich Gelegenheit gehabt, diese Wünsche der Universität im Budgetau schuß kurz vorzubringen.

Was die Mittelschulen anlangt, können wir wohl sagen: Besser ist es nicht geworden. Auf deutscher Seite mußte manches Gymnasium, manche Realschule und manche Lehrer bildungsanstalt daran glauben, daß sie nicht im alten Österreich sind, und den Weg allen Fleisches gehen. Aber auf èechischer Seite hat man nicht so viel Mittelschulen verschwinden lassen, obwohl dies auch angezeigt wäre, denn selbst èechische Herren beklagen sich darüber, daß zuviel wissenschaftliches Proletariat herangebildet wird und man nicht weiß, wohin man all diese Studierten geben soll. Was die Wünsche der Fachschulen anlangt, möchte ich ganz besonders auf das Memorandum hinweisen, das die Lehrerinnen an den Familienschulen dem Ministerium vorgelegt haben, und möchte ersuchen, die ebenso bescheidenen wie berechtigten Wünsche durchzuführen. (Posl. Grünzner: Wer denn?) Das Ministerium. Sie werden es nicht durchführen, weil Sie ja nicht im Ministerium sind.

Was die Volksschulen anlangt, möchte ich zunächst auf die Wünsche hinweisen, die bereits vor mir Koll. Freising vorgebracht hat und die sich auf die Inspektoren beziehen. Diese ersuchen, und mit Recht, es möge ihnen einerseits die Funktionszulage, andererseits das Reisepauschale erhöht werden. Der Leiter einer einklassigen Volksschule hat 720 Kè Zulage, die Mittelschuldirektoren 8000 bis 12.000 Kè und der Inspektor, der 200 Klassen zu inspizieren hat, hat beinahe gar keine Zulage. Was das Reisepauschale anlangt, so wäre angezeigt, es bedeutend zu erhöhen, denn von den 2000 bis 3000 Kè, die die Inspektoren haben, können sie keine großen Sprünge machen, obwohl sie große Reisen machen müssen. Es wäre also besonders angezeigt, sich bei der Bemessung dieses Reisepauschales nicht so sehr die Anzahl der Klassen als vielmehr die örtlichen Verhältnisse und die großen Unterschiede zwischen dem Süden und dem Norden vor Augen zu halten. Im Norden sind die Verkehrsmittel ganz anders ausgebildet, als bei uns im Süden. Was die sachliche Seite der Volksschulen anlangt, so hat schon mein Koll. Prälat Feierfeil unsere Beschwerden betreffend die Minderheitsschulen vorgebracht und auch ich habe Gelegenheit gehabt, darüber im Budgetausschuß zu sprechen. Ich kann es mir deshalb ersparen, diese Beschwerden noch einmal aufzuwärmen. Wir stehen voll und ganz auf dem Standpunkt, daß in den Schulen beider Nationalitäten die andere Sprache gelehrt wird und haben es begrüßt, daß an den èechischen Realschulen Deutsch obligater Gegenstand wird. Wir leben in der Èechoslovakei. Hier sind 6 Mill. Èechen, 2 Mill. Slovaken und andere Nationalitäten sowie 3 1/2 Mill. Deutsche, und wer hier leben und Anspruch erheben will auf den Namen eines gebildeten Mannes, seit dem Jahr 1925 oder sagen wir seit 1918, der mit der Zeit vorwärtsschreiten und hier seinen Broterwerb finden will, wird angewiesen sein, sich nach und nach mit der zweiten Landessprache vertraut zu machen. Daß die Èechen deutsch und die Deutschen èechisch lernen, ist ganz natürlich. Ich möchte wünschen, daß das aber in einer natürlichen Weise geschieht, daß an den deutschen Schulen deutsche Lehrer, die voll und ganz des Èechischen mächtig sind, den èechischen Unterricht erteilen und umgekehrt, daß an den èechischen Schulen èechische Lehrer, die die deutsche Sprache vollständig beherrschen, in dieser Sprache unterrichten. Oder man könnte die Sache so machen, daß an èechischen Schulen deutsche Lehrer, aber nur in der deutschen Sprache, unterrichten und umgekehrt an den deutschen Schulen èechische Lehrer nur aus der èechischen Sprache Unterricht erteilen dürfen. Wenn auf deutscher Seite Befürchtungen vorliegen sollten, daß èechische Lehrer an deutschen Schulen nationale Umtriebe machen könnten, so möchte ich dem entgegenhalten, daß es um das Deutschtum schlecht bestellt sein müßte, wenn man sich an einer deutschen Anstalt vor einem èechischen Lehrer fürchten würde.

Der Herr Unterrichtsminister hat bei Beantwortung unserer Beschwerden betreffend die Minderheitsschulen wieder darauf hingewiesen, daß wir in der Zeit des Fortschritts diese Frage von einem höheren Standpunkt als dem des extremsten Nationalismus betrachten sollen. Der Geist, der an den Volksschulen herrschen soll, sei der Geist der Verträglichkeit, sowohl konfessionell, wie national. Wir begrüßen das Wort des Ministers, es ist uns voll aus dem Herzen gesprochen, aber ein Bedenken haben wir doch. Das Wort des Ministers ist kaum gesprochen, wenige Tage nachher kommt ein Faustschlag gegen die Deutschen und gegen die Katholiken. Ich habe die Broschüre hier in der Hand. Sie ist im Verlag des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur erschienen, Druck der staatlichen Verlagsanstalt Prag 1928. In dieser Broschüre wird die Kultur unter Karl IV. und die hussitische Bewegung als die Glanzperiode des èechischen Volkes hingestellt und zugleich das alte Österreich in den schwärzesten Farben als ein Staat geschildert, in dem alle Religionen und jede Nationalität in Gehorsam unterworfen und geknebelt waren und daß jetzt die Freiheit gekommen ist. Hätten wir konfessionelle Schulen und hätten die Èechoslovaken konfessionelle èechoslovakische Schulen, dann wäre die Broschüre für sie voll und ganz geschrieben. Aber konfessionelle Schulen haben wir nicht, wir haben interkonfessionelle Schulen und da geht es wohl nicht an, in den interkonfessionellen Schulen eine solche Broschüre zu verbreiten, die uns direkt als Deutsche und Katholiken trifft.

Es ist nicht der erste Fall. Vor ein paar Jahren wurde unter dem Militär eine ähnliche Broschüre verbreitet. Ich habe mich damals beim Minister für Volksverteidigung darüber beschwert " daß den Rekruten solche Broschüren in die Hand gegeben werden und zwar für 1 Kè, Broschüren, welche das deutsche Volksbewußtsein verletzen. Wir haben dann gesehen, was die Folge war. Die Deutschen haben darüber gelacht und man hat das Entgegengesetzte dessen erreicht, was man wollte. Damals ist die Sache abgestellt worden, heute wird es wieder gemacht. Ich will die Frage gar nicht vom nationalen Standpunkt aus betrachten, ob wirklich die hussitische Bewegung eine Glanzperiode des Staates war. Das überlasse ich den Herren Èechen und ihren modernen Forschern, das überlasse ich einem Herrn Pekaø, das überlasse ich dem größten Geschichtsschreiber der Èechen, dessen herrliches Denkmal unten bei der Moldau steht, Palacký, der da gesagt hat, daß die hussitische Bewegung die Kultur Karls IV. um Jahrhunderte zurückgeworfen hat. Wenn das eine Heldentat war, gut, mögen das die Herren unter sich ausmachen. Aber daß es für uns Deutsche ein Beispiel sein könnte, wo wir doch wissen, daß diese hussitische Bewegung national gegen die Deutschen gerichtet war, das geht denn doch nicht an. Ich will gar nicht leugnen, meine Verehrten, daß zur Zeit Karls des IV. und anfangs des XV. Jahrhunderts das deutsche Element hier weit mehr Geltung hatte, als es vielleicht haben sollte. Ich will nicht leugnen, daß eine Reaktion auf nationalem Gebiete notwendig war. Ich will nicht leugnen, daß diese Reaktion unter Karl IV. angefangen hat und zwar in einer eben ordentlichen Weise, da kein böser Wille von Seiten der Deutschen vorhanden war, die hier die Übermacht hatten und mehr bedeuteten, als es für das èechische Volk wünschenswert war. Wir wissen ja alle, die wir Geschichte studiert haben, daß Böhmen als organischer Bestandteil zum Deutschen Reiche gehörte und daß der böhmische König deutscher Kaiser und vom deutschen Geblüt war, der die erste Universität in Prag gegründet hat. (Posl. Krebs: Der böhmische König, nicht der èechische!) Gewiß, der böhmische König, damit stimme ich vollständig überein, weil damals die nationale Frage überhaupt nicht existiert hat, weil man damals die ganze Frage von einem höheren Niveau betrachtete. Wenn damals das deutsche Element hier zu stark war, so war dies zu verdanken dem König Pøemysl Ottokar und den großen Herrschern aus dem Hause der Pøemysliden, welche die deutsche Kultur nach Böhmen gebracht haben. Böhmen ist deswegen nicht arm geworden, sondern gerade Pøemysl Ottokar hatte den Titel "Goldener König von Böhmen", aber er war der Goldene König durch die Steuern, welche er von den deutschen Gewerbetreibenden und den deutschen Künstlern bekommen hat. Gehen Sie heute durch Prag, schauen Sie sich einmal die herrliche Veitskirche und die anderen Kirchen an, überall nur Denkmäler deutscher Kultur. Es ist das gar keine Schande. Auch die Deutschen haben von den Römern ihre Kultur bekommen, das ist eben der Wechsel im Laufe der Geschichte, daß ein Volk vom anderen die Kultur übernimmt und weitergibt. Und wenn nun Karl IV. nicht nur für Böhmen, sondern für ganz Mitteleuropa eine Universität gegründet hat, so ist es gar nicht zu verwundern, daß das deutsche Element hier stark wurde, und wenn dazu die Residenz nach Prag verlegt wurde, ist es da verwunderlich, daß die ganze deutsche Flut nach Böhmen kam? Wenn das èechische Volk 50 Millionen Seelen hätte und das deutsche Volk nur 6 Millionen und es würde mitten im deutschen Volke die èechische Residenz aufgeschlagen werden, so würde umgekehrt die èechische Flut in die deutsche Residenz kommen. Da liegt keinerwegs böser Wille von seiten der Deutschen vor. Wir gestehen zu, daß der deutsche Einfluß zu groß und zu stark entwickelt war, daß er damals zurückgedämpft werden sollte. Aber das hätte auf dem Wege der Gesetzgebung geschehen sollen, wie unter Karl dem IV., und nicht auf dem Wege der rohen Gewalt. Und nicht, indem man Streitkolben und Morgensterne als erste flammende Zeichen einer Kultur und den deutschen Studenten als Ideal hinstellt. Das ist ein Faustschlag gegen uns Deutsche, aber auch ein Faustschlag gegen uns Katholiken. Der Herr Minister hat es deutlich ausgesprochen, daß in der Èechoslovakei eine doppelte Tradition vorhanden ist, die katholische und die hussitische. Aber die katholische Tradition ist um ein paar Jahrhunderte älter und die katholische Tradition war es, die diesen Staat gegründet hat.

Meine Verehrten! Lesen sie das Plakat, mit welchem die großen Feierlichkeiten angekündigt werden zu Ehren des heiligen Wenzel als Gründer des Staates. Das Plakat, auf dem man Männer ersten Ranges, erster Größe und erster Wissenschaftlichkeit des èechischen Volkes unterschrieben sehen kann, spricht klar aus, daß der heilige Wenzel der Gründer und Erhalter des Staates war. Das war die erste Tradition. Und nun wagt man es, katholischen Studenten und Kindern zu sagen, daß dem nicht so sei, man wagt es, dies vollständig zu verschweigen und statt dessen Streitkolben und Morgensterne zu setzen, rauchende und in Asche und Brand gelegte Klöster und Städte als Glanzperiode des Staates hinzustellen! Ist das freiheitlich?


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