Meine Geschätzten! Ich habe schon betont, daß die gesamte
Bauhandwerkerschaft nicht nur auf deutscher, sondern auch auf
èechischer und slovakischer Seite wiederholt dieses
Gesetz zur Sicherung der baurechtlichen Forderungen verlangt hat.
Uns ist es auch klar, daß durch das System der Kartelle,
Trusts und der Preisringe die kleinen Bauunternehmer und Handwerker
schwer geschädigt sind und daß es notwendig wäre,
das Baumaterial aus erster Hand zu erlangen. Es gibt dafür
eine Organisation, eine gesetzliche Möglichkeit dafür.
Ich meine die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften der gewerblichen
Produzenten. Wir haben wiederholt Versuche gemacht, durch derartige
Genossenschaften die Ware von der Urquelle, von der Urproduktion
zu beziehen. Aber da haben die Kartellmagnaten nur höhnisch
gelächelt und derartige Forderungen der Bauhandwerkerschaft
ganz einfach abgelehnt. Deshalb wäre es notwendig, daß
die Regierung unsere Anträge nach Errichtung eines Beirates
für das Baugewerbe in der von uns verlangten Form berücksichtigt
hätte. Dadurch wären die Berufsorganisationen in der
Lage, auf gesetzlichem Wege den Mißständen abzuhelfen.
Auch der Antrag auf Errichtung eines Beirates für die Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften der gewerblichen Produzenten ist
ganz einfach ignoriert und bei Seite gelegt worden. So groß
das Vermögen ist, welches in öffentlichen und privaten
Bauten investiert ist, so groß ist auch das Risiko, das
mit der gegenwärtigen Bauweise und dem ganzen Bausystem verbunden
ist.
Nicht anders ist es auch mit jenen schwimmenden
Behausungen, die unsere Elbe trägt. Schon lange, lange verlangt
man auch hier, genau wie bei dem Gesetze zur Sicherstellung der
baurechtlichen Forderungen, ein modernes Gesetz zur Regelung der
privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt. Dieses
Gesetz ist ganz bedeutungsvoll und entspricht den Forderungen
der gesamten Schiffseigner, der Schiffahrtsgenossenschaften und
jener Geldgeber, die ihr Geld eben in diese Schiffskörper
investieren. Ein solches Gesetz besteht bereits seit Jahrzehnten
im Deutschen Reiche und in vielen anderen Kulturstaaten, wo See-
und Binnenschiffahrt betrieben wird. Nur bei uns ist es nicht
möglich, dieses Gesetz durchzusetzen. Wir haben alle möglichen
Wege beschritten, wir waren auch bei den Beratungen in Bratislava
und haben wiederholt im Handelsministerium mit den entsprechenden
Interessenten verhandelt und nachdrücklich verlangt, diese
Dinge einer endlichen Regelung zuzuführen. Aber es ist nichts
geschehen.
Zusammenfassend kann ich nur im Namen meiner
Partei erklären, daß wir die Äußerungen
bezw. die Erklärungen des Herrn Arbeitsministers Dr Spina
nicht zur Kenntnis nehmen können. Wir deutschen Nationalsozialisten
sind der Überzeugung, daß, wenn die Regierung den guten
Willen hätte und wenn sie gewissenhaft handeln würde,
derartige Dinge nicht eingetreten wären. Wir verlangen grundsätzlich
die endliche Erfüllung unserer Forderungen bezw. die Gesetzwerdung
jener Anträge, die wir wenigstens im Prinzip vorgelegt haben.
(Potlesk poslancù nìm. strany nár.
socialistické.)
Meine Herren! Der Jahresvoranschlag für
das Jahr 1929 liegt uns zur Behandlung vor. In den meisten Ländern
und Staaten wird diese Arbeit des Parlamentes mit besonderer Aufmerksamkeit
und großem Interesse von der Öffentlichkeit verfolgt.
In fast allen Staaten bietet das Parlament gerade in der Zeit
der Budgetberatung das Bild der innerpolitischen und wirtschaftlichen
Struktur und liefert hierbei den Beweis für die wirtschaftliche,
kulturelle und soziale Höhe des Staates, bezw. seiner Bevölkerung.
Bei uns in der Èechoslovakei wird die Behandlung des Staatsbudgets
so vorgenommen, daß in dem von dem Finanzminister
vorgelegten Budget weder im Budgetausschuß, noch im Plenum
an den feststehenden Ziffern etwas geändert werden darf.
Diese Art der Behandlung des Budgets ist weder demokratisch, noch
zweckdienlich und es ist dadurch eigentlich jede Mitarbeit der
durch die Bevölkerung berufenen Vertreter von vornherein
ausgeschlossen. Das ärgste dabei ist aber, daß auch
nur in den allerseltensten Fällen die bei der Behandlung
des Jahresvoranschlages vorgebrachte Wünsche und Beschwerden
bei der Zusammenstellung des nächstjährigen Budgets
Berücksichtigung finden. Dadurch ist einerseits die Teilnahmslosigkeit
der Bevölkerung an der wichtigsten verfassungsmäßigen
Aufgabe der gesetzgebenden Körperschaft begreiflich und andererseits
ertötet dieses System jede Regung ehrlicher. Mitarbeit und
es schwindet auch jedes Gefühl der Mitverantwortung. Ist
der Staatsvoranschlag schon an und für sich in der uns zur
Verfügung stehenden kurzen Zeit sehr schwer zu studieren,
so ist dies für uns deutsche Vertreter um so schwieriger,
die vorgelegten umfangreichen Bände durchzuarbeiten,
weil sie ausschließlich in èechischer Sprache verfaßt
sind. Schon im Interesse der Sache selbst ist daher unsere Forderung,
daß zumindestens die Erläuterungen auch in der deutschen
Sprache in Hinkunft beigegeben werden, voll
berechtigt. Wenn wir trotz alledem dennoch an der Beratung dieses
Voranschlages teilnehmen, so bekunden wir den guten Willen zur
Mitarbeit, werden aber, obzwar wir der Regierungsmehrheit angehören,
uns durchaus des Rechtes der Kritik nicht begeben. Wir üben
eine rein sachliche Kritik und sind hierbei der Auffassung, daß
durch unsere Mitarbeit gebührender Einfluß auch auf
die Administrative genommen werden kann, was letzten Endes nicht
ohne Wirkung für die wichtigen Belange unseres sudetendeutschen
Volkes bleiben kann.
Das vorgelegte Budget ist in seiner Struktur
gegenüber seinen Vorgängern unverändert geblieben.
Im Wesentlichen haben auch die meisten Ziffern gegenüber
dem vorjährigen Budget nur unbedeutende Änderungen erfahren.
Die Ausgaben der Staatsverwaltung werden mit rund 9535
Mill. Kè, die Einnahmen mit 9570 Mill. Kè veranschlagt.
Es ergibt sieh somit ein Überschuß von rund 36 Mill.
Kè gegenüber 26 Mill. Kè im Vorjahre. Das Budget
ist somit formell im Gleichgewicht. Es ist dem Herrn Finanzminister
Dr Engliš hoch anzurechnen, daß er uns ein aktives
Budget vorzulegen in der Lage ist. Wir begrüßen insbesondere
hierbei sein eingeführtes Sparsystem, doch wollen wir gleich
feststellen, daß zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes
noch immer Steuern in Anwendung kommen, die die Produktion und
die Ausfuhr stark behindern. Es wird auf die Dauer nicht möglich
sein, die hohen Steuerarten, insbesondere die Handels-, Umsatz-,
Transport-, Kohlensteuer und einige kleine andere Steuergattungen
zu erhalten, weil dieselben als volkswirtschaftlich schädlich
angesehen werden müssen und wir uns gegenüber dem Ausland
nicht konkurrenzfähig halten können. Die Èechoslovakei
muß von nicht ganz 14 Mill. Einwohnern jährlich zusammen
mit den Kommunalabgaben etwa 16 Milliarden
an Steuern und Zuschlägen einheben. Das ist ungefähr
ein Drittel des ganzen Nationaleinkommens. Diese Belastung behindert
die Volkswirtschaft derart, daß wir von einer Krise in die
andere gejagt werden. Wenn die Entlastung der steuerzahlenden
Bevölkerung nicht bald einen gründlichen Abbau erfährt,
so gehen wir der Gefahr entgegen, daß gerade diese produktiven
Kräfte in ihrer Existenz gefährdet werden und dadurch
dem Staate gerade jene Quellen versiegen, aus denen er die meisten
Steuern schöpft. Insbesondere leidet darunter der Mittelstand
sehr schwer, der durch die öffentlichen Abgaben derart überlastet
ist, daß er heute schon schwer um seine Existenz ringt.
Gerade diese Mittelschicht der Handels- und Gewerbetreibenden
neben dem Bauernstande und den kleinen Industriellen, die die
Grundpfeiler eines geordneten Staatswesens darstellen, müssen
lebensfähig erhalten bleiben und dürfen in ihrer Existenz
nicht gefährdet werden, weil mit ihnen zugleich die ganze
Staatswirtschaft zusammenbrechen müßte. Deshalb muß
sich die jetzige und alle künftigen Regierungen bemühen,
die öffentlichen Lasten abzubauen. Dann wird auch ein höherer
Wohlstand der Bevölkerung eintreten und eine wirtschaftliche
und kulturelle Hebung der Republik notwendig sein. Was den Voranschlag
selbst betrifft, muß konstatiert werden, daß er gegenüber
dem Vorjahr trotz der Steuerreform keinerlei Ermäßigung
für die Wirtschaft bringt. Im Gegenteil, das Finanzministerium
rechnet sogar mit einem höheren Steuerertrag gegenüber
dem Jahre 1928. Im Jahre 1928 bezifferte sich derselbe mit 7.43
Milliarden, während er für das Jahr 1929 mit 7.49 Milliarden
berechnet ist. Die Einkommensteuer per 1.05 Milliarden blieb gegenüber
dem Vorjahre unverändert. Die allgemeine Erwerbsteuer per
175 Mill. ermäßigt sich bloß um 5 Mill.
Kè. Die besondere Erwerbsteuer per 221 Mill. Kè
ist um nur 9 Mill. Kè niedriger als im Vorjahre. Ähnlich
verhält es sieh mit der Umsatz- und Luxussteuer, welche mit
1.07 Milliarden Kè präliminiert ist, gegenüber
1.12 Milliarden Kè im Jahre 1928. Ich
benütze hierbei die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß
man endlich allen Ernstes daran gehen soll, für die kleinen
und mittleren Betriebe diese Steuerart zu pauschalieren. Insbesondere
ist das bisherige System in der Textilbranche unhaltbar und es
muß das Verlangen, gestellt werden, daß die Pauschalierung
raschest durchgeführt wird. Die Umsatzsteuer, die Transport-
und Kohlensteuer werden überhaupt als die drückendsten
Steuerarten empfunden. Würden dieselben abgeschafft werden
können, so würde dies bedeuten, daß die
industrielle und gewerbliche Erzeugung fast um 2.5 Milliarden
Kè billiger sein könnte. Dadurch wäre die Èechoslovakei
nicht nur im Auslande konkurrenzfähiger, sondern es wären
auch im Inlande alle Lebensbedürfnisse wesentlich billiger.
Eine ganz außerordentliche Erhöhung erfahren
die Zölle von 1.1 auf 1.17 Milliarden Kè. Man denkt
also nach wie vor an die Fortsetzung des Hochschutzzollsystems,
obwohl wir vor dem Abschlusse wichtiger Handelsverträge stehen,
von denen der Vertrag mit Deutschland für
uns in erster Linie in Betracht kommt. Gerade bei der Lösung
der handelspolitischen Probleme zeigt es sich, daß trotz
der unterschiedlichen internationalen Wirtschaftskonferenzen,
auch wenn sie in noch so großer Aufmachung veranstaltet
werden, die dort verzapfte Theorie in direktem Widerspruch mit
der zoll- und handelspolitischen Praxis der einzelnen Staaten
steht. Bezüglich des Steuerwesens muß festgestellt
werden, daß die Reform der direkten Steuern die in sie gesetzten
Hoffnungen bisher nicht erfüllt hat. Auch heute ist in der
Steuerbemessung noch nicht die wünschenswerte Klarheit und
Ordnung eingetreten. Die Klagen über unerledigte Gesuche
verstummen nicht und eine Unmenge von Steuerrekursen sind noch
unerledigt. Eine allgemeine Beunruhigung in den erwerbenden und
steuerzahlenden Kreisen haben die bei vielen Steuerämtern
angedrohten Exekutionen hervorgerufen. Die wirtschaftliche Lage
ist leider noch keine derartige, daß der Steuerzahler die
Steuerbeträge schon in der Schublade parad halten kann. Die
nach dem Kriege in den meisten Betrieben notwendig gewordenen
Umstellungen haben große Neuanschaffungen von Werkzeugen
und Maschinen bedingt, welche ebenso wie bei der Hausbesitzerschaft
durch die notwendig gewordenen Investitionen nur mit teueren Krediten
durchgeführt werden konnten. Der Absatz und die Verdienstmöglichkeit
sind keine solchen, daß Rücklagen gemacht werden können.
Im Gegenteil müssen heute Gewerbe- und Handelstreibende Kredite
in Anspruch nehmen, um überhaupt die Betriebe aufrecht halten
zu können, da sonst ein allgemeiner Stillstand der Wirtschaft
eintreten müßte. Bei dieser Sachlage sind nun die Mittel
für die Zahlung der Steuern nicht immer gleich verfügbar
und daher kommt es, daß der Steuerzahler seinen Verpflichtungen
nicht nachkommen kann, umso weniger, als die Steuersummen für
mehrere Jahre zusammen zur Vorschreibung gelangten. Also nicht
die böse Absicht, überhaupt nicht Steuern zahlen zu
wollen, ist es, sondern die Verhältnisse lassen es eben nicht
zu, daß in einer so kurz gestellten Frist alle Rückstände
und die laufenden Steuern sofort abgedeckt werden können.
Es ist daher ein Unrecht, gegen das wir mit aller Entschiedenheit
protestieren müssen, daß seitens der Steuerämter
mit Versteigerungsedikten so rigoros vorgegangen wird. Wir verlangen,
daß das Finanzministerium die Steuerämter anweist,
Steuermahnungen, Steuerexekutionen und insbesondere die exekutive
Sicherstellung von rückständigen Steuern auf dem Hausbesitz
zu unterlassen, Steuerstundungen bei entsprechender Begründung
der Ansuchen zu bewilligen und bloß dort, wo mangelnder
Zahlungswille als bestimmt vorhanden anzunehmen ist, die entsprechenden
Maßnahmen zu treffen. Es ist ja klar, daß der Finanzminister
trachten muß, Ordnung in den Staatshaushalt zu bringen und
daß erhöhte Anforderungen erhöhte Abgaben bedingen.
Allerdings ließen sich bei manchen Kapiteln des Voranschlages
bedeutende Ersparungen machen, wenn man sich vor Augen halten
würde, daß wir doch nur ein Kleinstaat sind, und uns
nach der Decke strecken sollten. Es muß mit aller
Offenheit und Deutlichkeit festgestellt werden, daß der
èechoslovakische Staat auf Grund seiner Einstellung über
seine Verhältnisse lebt. Die durch Herrn Minister Dr Beneš
vertretene Prestigepolitik nötigt
dem kleinen Staatswesen mit seinen kaum 14 Millionen zählenden
Einwohnern eine derart große Repräsentations- und Militärlast
auf, die sich so manche Großmacht nicht leistet. Der Herr
Außenminister hätte alle Ursuche, sich den geänderten
weltpolitischen Zustände anzupassen und zu trachten, mit
den uns umschließenden Nachbarstaaten in ein wirklich freundschaftliches
Verhältnis zu kommen, weil dies zur inneren Konsolidierung
sehr viel beitragen würde. Es wird immer und immer wieder
betont, daß das Staatswesen konsolidiert ist. Wir geben
zu, daß dies insoweit zutrifft, als es den zahlenmäßigen
Voranschlag betrifft. Nicht zutreffend ist aber die Konsolidierung,
wenn wir alle die Umstände in Betracht ziehen, unter denen
die Minderheiten dieses Staates und insbesondere das deutsche
Volk, hier zu leben gezwungen sind. Wenn in diesem Jahre
das èechische Volk die zehnjährige Bestandesfeier
des Staates begeht, so verdenken wir ihm seine Freude nicht, aber
man kann nicht gut verlangen, daß das sudetendeutsche Volk
in diesen Jubel mit einstimmt, wenn wir dessen
eingedenk sind, welche furchtbaren Wunden dem sudetendeutschen
Volke und seiner Wirtschaft in diesem Dezennium geschlagen wurden.
Die Außenpolitik könnte hierbei viel, wenigstens moralisch,
sehr viel beitragen zu unserer inneren Befriedigung und dadurch
auch zur Befriedigung aller Nationen dieses Staates. Unverständlich
bleibt uns die Stellungnahme des Herrn Außenministers in
der Frage des Anschlusses Österreichs an Deutschland. Wir
sind der Ansicht, daß unsere Außenpolitik diese Angelegenheit
als eine aus chließlich deutsche und österreichische
zu betrachten hat und sich in diese Angelegenheit einzumengen
nicht das Recht besitzt. Dieser Anschlußgedanke wird der
Wirklichkeit immer näher gerückt, weil es auch im heutigen
Zeitalter nicht angeht, und darüber sollte man sich klar
sein, daß über die gewaltsame Errichtung der Staatsgrenzen
das Band des Blutes und der Sprache bestehen bleibt. Wenn der
Herr Außenminister ständig beteuert, daß unser
Verhältnis zu Deutschland ein freundschaftliches ist, so
können wir diesen Äußerungen insolange nicht jenen
Ernst beimessen, insolange nicht auch den 3 1/2
Millionen Sudetendeutschen, innerhalb dieses Staates, ihr Recht
zuteil wird.
Es nützen uns auch die Friedensschalmeien
nichts, die Herr Dr Beneš im Auslande ertönen
läßt, wenn im Innern der nationale Vernichtungskampf
weiter wütet. Trotz Völkerbund, trotz Abrüstungskonferenzen
und trotz Kelloggpakt geht der Rüstungswahn weiter. Dieses
System der Außenpolitik ist auch die Ursache für die
kolossale Dotierung des Heeresministeriums im Betrage von
1400 Millionen Kè. Von diesem Kapitel allein könnte
man derartige Abstriche vornehmen, daß eine merkliche Erleichterung
für die steuerzahlende Bevölkerung eintreten würde
und außerdem könnten höhere Zuwendungen gegeben
werden jenen Ministerien, die dazu berufen
sind, die Wirtschaft, die Kultur und die sozialen Einrichtungen
zu fördern. Ein kulturell und wirtschaftlich hochstehendes
Staatswesen würde dem inneren und äußeren Frieden
besser dienen, als ein waffenstarrender Kleinstaat, der im Innern
eine Brutstätte nationaler Unzufriedenheit birgt. Die kulturellen
Bestrebungen könnten am besten gefördert werden, wenn
man die schon so oft durch Herrn Unterrichtsminister Dr Hodža
angekündigte Schulautonomie verwirklichen
würde. In budgetärer Beziehung ist erfreulicherweise
das Kapitel Unterricht und Kultur um 30 Millionen höher präliminiert
als im Vorjahre. Doch müssen wir wiederum feststellen, daß
bei den Hoch- und Mittelschulen das deutsche Schulwesen gegenüber
dem èechischen sehr stiefmütterlich
bedacht ist. Ich will hiebei nur herausgreifen, daß es unter
33 Handelsakademien nur 8 deutsche und von 52 Handelsschulen nur
11 deutsche gibt, welche von Staatswegen Zuschüsse erhalten.
(Posl. Hackenberg: Wo ist der Einfluß der deutschen Parteien
in der Regierung?) Ich bitte, Sie können mithelfen, daß
dieses wichtige Kapitel der Politik aller Sudetendeutschen durch
eine vernünftige sachliche Opposition der Verwirklichung
zugeführt werde.
Bei diesem Kapitel muß neuerdings die
Forderung erhoben werden, daß endlich darangegangen werde,
eine deutsche Handelshochschule zu errichten. Diese Forderung
muß mit besonderem Nachdruck erhoben werden, weil es gerade
unseren deutschen jungen Leuten unmöglich gemacht wird, in
staatliche Dienste zu treten und sie dadurch gezwungen sind, sich
dem Wirtschaftsleben zu widmen. Dem Anteil der Steuerleistungen
der sudetendeutschen Wirtschaft entsprechend, ist diese Forderung
keine unbillige und wir erwarten in Bälde die Erfüllung
dieses Wunsches weiter sudetendeutscher Kreise. Sehr schlecht
schneidet auch die deutsche Musikakademie in Prag ab, die sehr
spärlich bedacht wird, im Gegensatze zu den èechischen
Staatskonservatorien in Prag und Brünn, die allein nicht
weniger als 4.6 Millionen bekommen. Die deutschen Musikschulen
in Preßnitz und Petschau gehen überhaupt der Auflösung
entgegen, wenn nicht größere Zuschüsse von Staats
wegen erfolgen. (Posl. Hackenberg: Sie haben dagegen gestimmt!)
Sie haben beispielsweise für einen Antrag Remeš
auf Streichung der Zuwendungen für die deutschen Hochschulen
gestimmt! (Posl. Hackenberg: Ich mache Sie aufmerksam, daß
ich nicht dagegen gestimmt habe!) Aber Ihre Parteigenossen!
Diese Schulen, die ein Segen für diese
armen Gebiete sind, erhielten in den letzten Jahren eine staatliche
Zuwendung von nur 100.000 Kronen. Es muß gefordert werden,
daß diesen Kulturinstitutionen entsprechend höhere
staatliche Subventionen zugewiesen werden. Unter dem Titel Volksschulwesen
sind auch die Minderheitschulen enthalten, doch ist hiebei nicht
ersichtlich welcher Nationalität sie dienen. Wie die
Dinge nun einmal liegen, kann man sich von dem Verdachte nicht
freimachen, daß das èechische Minderheitsschulwesen
besonders bevorzugt und die Deutschen stark benachteiligt werden.
Die Minderheitsschulen bilden überhaupt
den Gegenstand des heftigsten nationalen Streites. Man hat sie
zu einem Politikum gemacht und ihnen einen Zweck unterschoben,
den sie nie hätten erhalten dürfen. Statt Instrumente
zur Hebung der Volkskultur zu werden, wurden sie als Trutzschulen
zu nationalchauvinistischen Brutstätten degradiert. Es sollte
eben durch diese Schulpaläste den Deutschen gezeigt werden,
wer der Herr im Hause sei. Diese unsinnige Vergeudung von Steuergeldern
und diese planmäßige Provozierung mußte auch
bei den ruhigsten Menschen Empörung hervorrufen. Bei
diesen Schulgründungen war nicht die Notwendigkeit maßgebend,
sondern das System, die Gefühle der Nichtèechen zu
verletzen. Um wieviel weiter wären wir in Bezug auf den inneren
Frieden, wenn nicbt immer und immer wieder
gewalts am und übermütig die uns tief verletzende Nadelstichpolitik
gegen uns Deutsche in Anwendung käme. Wir anerkennen die
Bestrebungen des Herrn Unterrichtsministers und zweifeln auch
nicht an seinem guten Willen, doch müssen wir feststellen,
daß sowohl auf dem Gebiete des Schulwesens, als auch auf
anderen Gebieten die politisierende Bürokratie jede Verständigungsaktion
sabotiert und zunichte macht. Wir begrüßen es, daß
man daran geht, das Fachschul- und gewerbliche Fortbildungsschulwesen
auf eine neue Basis zu bringen. Der Handels- und Gewerbestand
hat ein berechtigtes Interesse daran und muß trachten, daß
der Nachwuchs dieses Standes nicht nur eine gute praktische, sondern
auch eine gründliche theoretische Schule erhält, damit
er den heutigen Anforderungen gerecht werden kann. Die für
diese Zwecke vorgesehenen Beträge finden wir als viel zu
gering, um gegenüber den Aufwendungen des Auslandes nur annähernd
gleichzukommen. Unsere Stellung zu den Wirtschaftskapiteln habe
ich im Budgetausschuß klargelegt, doch möchte ich nur
auf die Äußerungen des Herrn Handelsministers Ing.
Novák zurückkommen, der sagte, daß wir
im Fremdenverkehr noch keine Tradition haben, weil wir ein junger
Staat sind, und daher diese Aktion nicht so entfalten können,
wie wir sie wünschen. Er meinte, es wird noch eine Reihe
von Jahren dauern, bevor wir unsere Republik mit der übrigen
Welt so bekannt machen, daß der Fremdenverkehrstrom sich
mehr zu uns ergießt. Dazu möchte ich nur sagen, daß
diese Tradition, die der Staat nicht hat, die westböhmischen
Weltkurorte besitzen und unter den schwierigsten Verhältnissen
und den größten materiellen Opfern den Fremdenverkehrstrom
in die Republik leiten. Der Abschluß der heurigen Saison
zeigt ja, daß Tausende von Ausländern diese Kurorte
aufsuchten und dadurch dem Staate Millionen von Einnahmen zuflossen.
Die beste Fremdenverkehrspropaganda wäre, wenn man diesen
Kurorten ihre in der ganzen Welt bekannten deutschen Namen auch
bei den staatlichen Bezeichnungen ließe und man von der
kleinlichen Taferlpolitik, die in den Augen der Ausländer
geradezu lächerlich wirkt, Abstand nähme. Statt den
Fremdenverkehr in rein ökonomischem und weltmännischem
Sinne zu fördern, drosselt man denselben durch alle möglichen
sprachlichen Schikanen. Den Fremdenverkehr kann nur fördern
ein dichter Eisenbahnverkehr mit guten Auslandanschlüssen,
Flugverkehr, gute Straßenverhältnisse und den modernen
Verhältnissen angepaßte Post- und Telephonverhältnisse,
neben einer geschickten Propaganda, die jedoch nicht generell,
sondern individuell gehandhabt werden muß.
Bei diesem Kapitel kann ich nicht umhin, unsere
Forderung zum Ausdrucke zu bringen, daß man endlich allen
Ernstes an die Aufhebung des überflüssigen Ernährungsministeriums
schreiten soll. Die Institution des Wucherbekämpfungsdienstes,
der im wesentlichen durch Wucherkontrollen gehandhabt wird, bildet
eine Schikane der Kaufmannschaft. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Horák.)
Die Kontrollore sind meist Personen,
die von geschäftlicher Gebarung und wirtschaftlichen Gesetzen
keinerlei Ahnung haben und sich in ihrer Tätigkeit ganz schablonenhaft
von toten Buchstaben des Gesetzes abhängig zeigen und immer
vom Standpunkt der unglückseligen Gestehungskostentheorie
unseres Kriegswuchergesetzes beurteilen. Die Kaufmannschaft ist
überdies, wie wir wiederholt betont haben, keineswegs grundsätzliche
Gegnerin einer Wucherbekämpfung. Sie verlangt jedoch Beseitigung
des Kriegswuchergesetzes und Ersatz desselben durch zeitgemäße
Bestimmungen, die den Gesetzen der Wirtschaft entsprechen.
Meine Partei steht auf dem Standpunkte, daß
allen Nationen dieses Staates und allen Bevölkerungsschichten
durch eine gesunde Wirtschaftspolitik besser gedient ist, als
durch eine lärmende marktschreierische Justamentspolitik.
Unsere Aufgabe ist es, durch unsere Mitarbeit alle die Schäden,
die unserem sudetendeutschen Volke zugefügt wurden, im Wege
der Kompromisses wieder zu bessern. Wir arbeiten in diesem Sinne,
nicht etwa den anderen als Lohnsklave zu dienen, sondern unserem
deutschen Volke zu helfen. Es wird Sache der Regierung sein, die
lebenswichtigen Belange unseres Volkes, die ja auch im Staatsinteresse
gelegen sein müssen, einer baldigen Erfüllung zuzuführen.
In dieser Erwartung wird meine Partei für den Voranschlag
stimmen, als Beweis unseres ehrlichen Willens zur positiven Mitarbeit
und in der Hoffnung der aufrichtigen Verständigung von Volk
zu Volk. (Potlesk poslancù nìm. strany
živnostenské.)
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das erste
Wort, welches ich im Auftrage meines Klubs bei der Generaldebatte
in diesem Hause spreche, gilt den Opfern der furchtbaren Katastrophe,
die seit dem 9. d. M. die Öffentlichkeit nicht nur der Reichshauptstadt
und des gesamten Staates, sondern weit über die Grenzen des
Staates hinaus in grauenvoller Spannung hält. Wir verbeugen
uns in Ehrfurcht, im Gedenken an die 45 Toten, die auf dem Schlachtfelde
der Arbeit gefallen sind, Opfer eines Systems wurden, das
wir seit Jahrzehnten auf das energischeste bekämpften und
das in der Baukatastrophe am Poøiè seine brutale
und schreckliche Auswirkung klar aufgezeigt hat. 45 Tote und außerdem
fast zwei Drittel dieser Ziffer in schwerverletztem
Zustand in den Krankenhäusern, die wohl die meisten von ihnen
als teilweise, vielleicht als vollständig erwerbsunfähige
Krüppel verlassen werden! Was das bedeutet, welch ungeheuren
Schmerz, welch ungeheure Schäden, welch ungeheures Unglück
für die Betroffenen und ihre nächsten Anverwandten,
aber auch für uns und unsere ganze Klasse - das kann nur
der ermessen, der gesehen hat, wie nach dem Zusammenbruch dieses
modernen Riesenbaues die Körper der verschütteten Arbeiter
zerrissen und zerfetzt, in Stücke zertrümmert herausgegraben
und herausgesucht wurden. Und wenn nichts anderes, so hat die
Katastrophe doch ganz bestimmt eines in erschrecklicher Deutlichkeit
aufgezeigt: Das ungeheure Risiko, welches die Proletarier, die
Arbeiter beim Arbeitsprozeß auf sich zu nehmen haben. Der
Einsatz ist wirklich und wahrhaftig beim Arbeiter größer,
als beim Unternehmer. Der Einsatz des Unternehmers ist klingende
Münze, der Unternehmer kann als Verlust wiederum nur klingende
Münze verlieren, aber der Einsatz bringt ihm bei Gewinn Reichtum
und Wohlleben. Beim Arbeiter, der seine Gesundheit, seine geraden
Glieder, sein Leben als Risiko einsetzt, ist im günstigsten
Fall als Gewinn ein erbärmliches und freudloses Dasein, wenn
er aber Verlierer ist, ein noch elenderes Dasein, oft als hilfloser
Krüppel, der dem Wohlwollen und den primitiven Wohlfahrtseinrichtungen
in unserem Staate günstigstenfalls überantwortet wird.