Ètvrtek 18. øíjna 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 165. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 18. øíjna 1928.

1. Øeè posl. Horpynky (viz str. 33 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die èechoslovakische Republik und ihre Regierung bemühen sich krampfhaft, gerade im zehnten Jahre des Bestandes dieses Staates mit verblüffender Schamlosigkeit der ganzen Kulturwelt den schwer kranken Parlamentarismus hier zu enthüllen und zu zeigen. Nicht das erste, wohl aber das fürchterlichste Bauunglück, das Prag und vielleicht ganz Europa erlebt hat, hat sich vor mehr als einer Woche sozusagen unter den Augen des tagenden Parlamentes ereignet. Statt daß die gesetzgebenden Kammern sofort zusammengetreten wären, um der Regierung und den politischen Parteien Gelegenheit zu geben, als für die Gesetzgebung verantwortliche Faktoren zu diesen Erscheinungen der hiesigen Baubewegung Stellung zu nehmen und die Mißstände zu beseitigen, bleibt das Parlament vollkommen passiv und überläßt die Kritik ganz und gar der Presse, die natürlich aus Sensationslust die erschreckte Bevölkerung noch weiter aufpeitscht. Das Präsidium des Abgeordnetenhauses läßt sich sein Konzept nicht weiter stören, eröffnet im Parlamente, im Plenum des Hauses, die Budgetdebatte und läßt gnädig so mitten drin den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten ein paar Worte über das Bauunglück sagen und vereinigt dann noch die Debatte über die Regierungserklärung mit der Debatte über den Staatsvoranschlag für 1929.

Diese Mißachtung, die in der Art der Behandlung einer derartigen Sache gelegen ist, ist so empörend, daß ich im Namen meiner Partei entschieden und unbedingt dagegen Einspruch erheben muß. Dem Parlamente handelt es sich doch keineswegs darum, die Ursachen der beiden Häusereinstürze im Detail festzustellen. Ob das Fundament des Baues fehlerhaft berechnet und konstruiert war, ob schlechtes Material verwendet wurde und ob es einen oder mehrere Schuldige an dieser Katastrophe gibt, das festzustellen, kann das Parlament ruhig den hiezu berufenen Faktoren überlassen. Hier handelt es sich um weit mehr: das Bauunglück auf dem Poøiè ist nur der Höhepunkt einer ganzen Serie von Bauunglücken, die letzten Endes auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen sein müssen. Diese Ursache festzustellen, Mittel und Wege zur Behebung aufzuzeigen und die unsichtbaren an allen Bauunfällen Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen, nur das kann den Inhalt einer parlamentarischen Debatte bilden.

Die sogenannte Baubewegung in Prag und in anderen Städten dieses Staates hat in der letzten Zeit ganz unverhüllt Eigenschaften und äußere Merkmale angenommen, die auch dem Laien schwerste Bedenken verursachen müssen. Wir können gar nicht mehr von einer Baubewegung, sondern nur von einer Bauhetze, einem Baufieber, begleitet von einer niederträchtigen Spekulationswut sprechen. Die Bodenspekulation hat sich zum rücksichtslosen Wucher ausgebildet und treibt ungehindert im inneren Prag den Preis für die Quadratklafter bis auf 60.000 Kronen hinauf. Diesen teueren Boden müssen die Bauherren dadurch ausnützen und ertragreich machen, daß sie jeden Bau ohne Rücksicht auf die Bodenbeschaffenheit in unbrauchbare Tiefen und ungewöhnte Höhen treiben. Beweglicher Schwemmsand und bröckelnder Schiefer vertragen aber eine solche Bauweise nicht. Weil aber der unverantwortliche Bodenwucher jeden Bau schon an und für sich verteuert, so muß natürlich am Baumaterial gespart werden. Jeder Bauführer müht sich die billigsten und damit schlechtesten Formen des Materials aufzutreiben und zerbricht sich in stundenlangen Berechnungen den Kopf, wie er mit diesem Material noch sparen könne, um nur ja bei jedem Bau ein gutes Geschäft zu machen. Weil aber auch mit dem Baumaterial ungehindert Wucher getrieben wird, beginnt der Bauführer mit einem bis zur Grenze äußerster Gefahr gesteigerten Sparbetrieb zu arbeiten. Eine ausgiebige Bauaufsicht fehlt, oder wo sie tatsächlich einsetzen will, wird sie durch Bestechung beseitigt oder mundtot gemacht.

Zu all dem kommt noch die durch unser Bauförderungsgesetz förmlich anbefohlene Eile. Um Steuererleichterungen zu erreichen, müssen ganz bestimmte Fristen zur Vollendung des Baues angewendet werden. Der Bauherr hetzt den Bauführer durch vertragsmäßig festgesetztes Pönale zur höchsten Eile, der Bauführer hetzt die Bauarbeiter durch Akkordlöhne, mit minderwertigen Material in rasendem Tempo zu arbeiten und das Ergebnis ist, daß Arbeiter oder Mieter schließlich als Unschuldige die Zeche mit ihrem Leben bezahlen müssen. Die Frage nach der Schuld bei solchen Verhältnissen kann nicht damit beantwortet werden, daß man die Projektanten und die Bauführer in Untersuchungshaft sperrt, dem Bauherrn Schadensprozesse aufhalst und über das städtische Baudepartement schimpfen läßt, wenn es zu spät ist. Das sind Mätzchen, die bei dem Ernst der Situation gar nicht in Betracht kommen. Mit eben so viel Recht könnte der chauvinistische Primator Dr Baxa behaupten, daß der Prager Schwemmsand und der schlechte Schiefer vom alten Österreich übernommen wurden und daher die Habsburger Monarchie an dem einstürzenden Prag die Schuld trage.

Nein, die Hauptschuld an den vergangenen und den kommenden Bauunglücken in diesem Staate tragen die Regierung und jene parlamentarische Mehrheit, die dieser Regierung mit unverständlichem Kadavergehorsam folgt. Die Regierung ist von Hochmut erfüllt, der in der ganzen Welt nicht seinesgleichen hat. Diese Regierung ist von ihrer Gottähnlichkeit und Unfehlbarkeit so fest überzeugt, daß sie sogar das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes noch übertrumpft. Die Regierungsparteien dürfen der Regierung mit keinem Wort und mit keiner Forderung entgegentreten, die Einwände und die Kritik der Opposition werden verächtlich übergangen. Die Regierung kennt keinen anderen Leitspruch als: "sic volo, sic jubeo!"

Und dabei ist die Qualität der Arbeit, welche die Regierung und ihr Beamtenstab leistet, so minderer Art, daß kein normaldenkender Mensch begreifen wird, woher die Regierung ihr überspanntes Selbstbewußtsein nimmt.

Maßregeln gegen den Bodenwucher hat die Regierung überhaupt noch nicht unternommen, dagegen rührt sie keinen Finger. Eine planmäßige Bauförderung ist ein Problem, an das die Regierung auch nicht herantritt. Unter dem Proteste der Opposition wird mit Provisorien und Gesetzesflickereien gearbeitet, die langsam eine öffentliche Schande unserer Gesetzgebung geworden sind. Aber selbst die kurzfristigen Gesetzesprovisorien werden mit einem beispiellosen Leichtsinn vorbereitet und durchberaten. Die Regierung bemüht sich gar nicht, im Motivenbericht richtig und sachlich zu argumentieren. In die Ausschüsse kommt kein Minister, der überläßt es höchstens einem Beamten des Ministeriums, befehlsgemäß den Standpunkt der Regierung als unverrückbar bekanntzugeben. Gerade in der letzten Zeit haben wir ein herrliches Beispiel hiefür erlebt. In der Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses des Abgeordnetenhauses vom 3. Oktober d. J. kam der Gesetzentwurf Druck Nr. 1780 betreffend die Verlängerung der Steuerbegünstigungen für Bauten zur Verhandlung, die vor dem 1. September 1928 begonnen und bis Ende 1929 abgeschlossen werden. Von der Opposition wurde beantragt, die Frist zur Gewährung von Steuerbegünstigungen für Neubauten bis 1932 zu verlängern. Die Anträge wurden von den einzelnen Rednern genau begründet und dabei auf die Gefahr hingewiesen, die das bisherige System für die ganze Baubewegung gebracht hat. Selbst die Koalitionsparteien haben die Ansicht ausgesprochen, daß die im Gesetze festgelegten Fristen eine Verlängerung vertragen. Infolgedessen holte der Vorsitzende des Ausschusses die Meinung des Finanzministeriums ein. Sektionschef Dr Fuchs erklärte aber im Namen des Finanzministers, daß das Finanzministerium auf der im Entwurfe enthaltenen Frist beharre und ihre Verlängerung nicht zulassen könne. Was geschah? Die Regierungsabgeordneten, die Koalition, fügten sich widerspruchslos nach Lakaienart der Regierungsansicht, lehnten die Anträge der Opposition ab und nahmen das Gesetz in der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung an. Einige Tage später gab der Regierung und der Regierungsmehrheit das zusammenkrachende Haus auf dem Poøiè eine fürchterliche Antwort. (Výkøiky na levici.) Diese Unglücksstätte weist förmlich mit den Fingern der Toten auf die Regierung als einzig schuldtragende hin.

Solange die Regierung von ihrem Hochmut nicht abläßt und nicht eine gedeihliche Zusammenarbeit mit der Opposition sucht, solange wird die Gesetzesmacherei in diesem Parlamente unvollkommene Gesetze gebären, die für die Allgemeinheit die schwersten Schäden zeitigen müssen. Der Hochmut der Regierung wirkt natürlich ansteckend auf das ganze Volk und erzeugt zwangsläufig Größenwahn bei demselben. Prag soll in kürzester Zeit eine moderne Metropole werden; dabei aber wird auf die Möglichkeiten und Fähigkeiten keine Rücksicht genommen, man begnügt sich mit oberflächlichem Pflanz auf Kosten der Sicherheit, übervölkert künstlich die Stadt und verfällt so in das gerade Gegenteil von Kultur, in einen jämmerlichen Barbarismus. Dieser Hochmut und Größenwahn wirkt sich aber auch auf anderen Gebieten aus. Innerpolitisch wird jede nationale Minderheit als quantité negligeable betrachtet und ihrer nationalen Rechte beraubt, außenpolitisch wird gegen die unmittelbaren Nachbarn, von denen wir handelspolitisch am stärksten abhängig sind, eine größenwahnsinnige Siegerpolitik betrieben. Der Hochmut und der Größenwahn der Regierung und des ganzen Staatsvolkes werden schuld daran sein, daß Prag einmal ein Schutthaufen wird, sie werden es aber auch dahin bringen, daß der ganze Staat zerfällt, wenn nicht sehr bald Wandel geschaffen wird.

Schuld an all dem ist aber nur das herrschende System, das sich zwar nach außenhin als patriotisch und staatserhaltend auftut, das aber durch seine Unfähigkeit eine gefährliche Unterminierung aller geordneten Verhältnisse vornimmt.

Für uns gibt es daher nur eine Aufgabe: Kampf gegen dieses herrschende System bis zu dessen definitivem Sturz. Mit dieser Devise werden wir auch in die nächsten Wahlen gehen. Zusammenfassend erkläre ich im Namen meiner Partei, daß wir die Erklärung der Regierung nicht zur Kenntnis nehmen können. Wir fordern die sofortige gesetzliche Regelung der Bauförderung durch ein definitives langfristiges Gesetz, gesetzliche Bekämpfung des Bodenwuchers und der Bauspekulation und verlangen aufbauende Zusammenarbeit zwischen Regierungsmehrheit und Opposition.

Ich will diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, noch einen Umstand zu erwähnen, der zwar mit dem Bauunglück nicht zusammenhängt, aber unter den Begriff der Baubewegung und des Wohnungsproblems fällt. Ich habe schon erwähnt, daß die Regierung bei Vorbereitung von Gesetzen meist leichtsinnig und oberflächlich arbeitet und in ihrer Argumentation direkt manchmal mit Existenzen spielt. Hiefür will ich nun eine Tatsache anführen, welche für weite Kreise der Staatsangestellten und Festbesoldeten Gegenstand großer Befürchtung ist. Im Jahre 1926 hat die Regierung einen Gesetzesantrag vorgelegt, der das Problem der Bauförderung und des Mieterschutzes im Zusammenhang und in großzügiger Weise lösen sollte. Dieser Gesetzesantrag wurde zwar fallen gelassen und niemals parlamentarisch behandelt, er wird aber sicher in einer etwas geänderten Form sehr bald wieder im Parlamente auftauchen. Im Motivenbericht dieses Gesetzentwurfes steht ein Satz, der wahrscheinlich über Anregung des Finanzministeriums aufgenommen wurde. Es wird nämlich dort behauptet, daß der systematische Abbau des Mieterschutzes bei den Staatsangestellten und Festbesoldeten keine Gehalts- und Lohnkämpfe zur Folge haben werde, weil ja die Mehrzahl derselben bereits in Neubauten wohnt und trotz des hohen Mietzinses wirtschaftlich nicht untergegangen sei. Diese Argumentation der Regierung war entschieden verblüffend und für die Staatsangestellten besorgniserregend. Ich bin nun auf Grund einer von den Staasangestelltenorganisationen angestellten Untersuchung in der Lage nachzuweisen, daß diese Argumentation der Regierung falsch ist, weil sich die Regierung gar nicht die Mühe genommen hat, trotz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel die tatsächlichen Verhältnisse zu untersuchen. Zum Beweise meiner Behauptung erlaube ich mir, einige einwandfrei festgestellte Ziffern anzuführen: Von 49 deutschen Postkonzeptsbeamten wohnen 4, das sind 8.16% in eigenen Häusern, 28, d. s. 57.12% sind Mieter von Wohnungen in alten Häusern, 10, d. s. 20.4% wohnen in neuen Häusern, 6, d. s. 12.24% in Untermiete und einer, das ist 2.04%, ist wohnungslos. Der von den Mietern in alten Häusern gezahlte niedrigste Jahresmietzins beträgt 1046 Kè, der höchste 5000 Kè. Im Durchschnitt zahlen die Postkonzeptsbeamten für Wohnungen in alten Häusern 2672 Kè, in neuen Häusern mindestens 1536 Kè und höchstens 4000 Kè, im Durchschnitt 2926 Kè. Allerdings bewohnen sie ausschließlich neue Häuser, welche von Baugenossenschaften mit staatlicher Unterstützung errichtet wurden. Die Untermieter zahlen als niedrigsten Mietzins 1800 Kè, als höchsten 5400 Kè, im Durchschnitt 3080 Kè.

Von 376 deutschen Steuerbeamten wohnen 73, gleich 19.41%, in eigenen Häusern, 221, gleich 58.78%, in alten Häusern, 54, gleich 14.36%, in neuen Häusern, 19, gleich 5.06%, in Untermiete und 9, gleich 2.39%, bei Verwandten. Der von diesen Steuerbeamten gezahlte Durchschnittszins in alten Häusern beträgt 1416 Kè, in neuen Häusern 3006 Kè.

Von 835 Mittelschulprofessoren besitzen 8.5% eigene Häuser, 14.6% wohnen in Untermiete, 76.9% sind Mieter ganzer Wohnungen. Davon wohnen 69.8% in alten, 30.2% in neuen Häusern. Der größte Teil der alten Mieter zahlt jährlich 1000 bis 2500 Kè, der größte Teil der neuen Mieter jährlich 2000 bis 5000 Kè Zins. Mir liegen noch Daten über die Wohnungsverhältnisse der deutschen Beamten und Professoren in Brünn, der deutschen Finanzbeamten und andere Tabellen vor. Die angeführten Zahlen beweisen aber zur Genüge, daß der überwiegende Teil der Staatsangestellten Wohnungen in alten Häusern inne hat und infolge dessen noch einen verhältnismäßig nicht zu hohen Mietzins zahlen muß.

Bei den jetzigen Gehaltsverhältnissen wäre eine weitere Verteuerung der Wohnungspreise für die Staatsangestellten untragbar. Da sie aber doch eintreten muß, so werden die Staatsangestellten gezwungen sein, eine entsprechende Erhöhung ihrer Bezüge zu fordern, um einer weiteren Verelendung ihres Standes vorzubeugen. Die Regierung hat es in der Hand, durch eine vernünftige Gesetzgebung diesen Gehaltskampf der Staatsangestellten zu verhindern. Die Regierung darf aber nicht durch falsche und erfundene Argumente die Gesetzgebung ungünstig beeinflussen, sondern muß die tatsächlichen Verhältnisse untersuchen und danach ihre Gesetzesmacherei entrichten. Im Namen der Staatsangestellten fordere ich daher, daß zu der vom Herrn Minister Dr Šrámek vorbereiteten Ineressentenenquete über die definitive Lösung des Wohnungsproblems auch die Vertreter der Spitzenorganisationen der Staatsangestellten zugezogen werden. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. L. Wenzela (viz str. 36 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es genügt wohl nicht bei der Erörterung der großen Unglücksfalle, die sich in der letzten Zeit ereignet haben, die Ursachen derselben allein festzustellen, vielleicht die Schuldigen zu ermitteln, sondern wir müssen uns darüber klar werden, daß diese Erscheinungen, die früher schon vereinzelt, in der letzten Zeit jedoch in ganz krasser Form hervorgetreten sind, wohl eine allgemeine Bedeutung haben. Schon allzulange zieht sich die Serie der einstürzenden Neubauten und aller größeren Unglücksfälle hin. Die Zahl der Toten und Verletzten wächst und die damit verbundene wirtschaftliche Katastrophe für die Einzelnen weist natürlich auch eine durchwegs aufsteigende Kurve auf. Hier sehen wir ganz deutlich, daß es sich um keinen Zufall handeln kann, sondern daß wir es hier mit einem gewissen System zu tun haben. Für alle diese blutigen Skandale des Bauwesens hierzulande können wir nicht, wie dies so oft geschieht und wie man dies aus den Kritiken heraushört, vielleicht einzelne Firmen verantwortlich machen, sondern wir müssen feststellen, daß das ganze System krankt. Wir müssen feststellen, daß es keine gesunde Baubewegung mehr gibt, sondern es ist eine förmliche Bauwut, ein Spekulationssystem, eine Spekulationshetze eingetreten und wir müssen uns nach der Ursache dieses Systems fragen.

Wenn wir heute die Vergebungen der öffentlichen Arbeiten ins Auge fassen, sehen wir, daß das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereits im Jahre 1922 eine vom Sektionschef Ing. Hermann ausgearbeitete Ministerialverordnung über Betonbauten herausgegeben hat. Die Fachleute im Baugewerbe wissen ganz genau, daß Herr Ing. Hermann ein hervorragender Fachmann ist. Diese Verordnung für die staatlichen Betonbauten geht dahin, daß bei jedem Staatsbau besondere Tafeln angebracht werden müssen, aus denen das Verhältnis der Betonmischung der öffentlichen Kontrolle ersichtlich sein muß. Wir sehen also deutlich, daß das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereits im Jahre 1922 ganz genau wußte, was für eine große Bedeutung die Überwachung der Betonmischungen bei Betonbauten hat. Und was ist seit jener Zeit geschehen für jene Bauten, die in öffentlichem Wettbewerb ausgeschrieben werden? Wir hören das alte Schlagwort: "Billig, billig, billig". Das ganze Preisdrückungssystem ist die Ursache, und es wäre vor allem Pflicht der Regierung gewesen, nicht nur bei der Ausführung von Bauten, die die Regierung durchführt, derartige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, sondern vor allem auch bei Bauten privater Natur, die im öffentlichen Wettbewerb vergeben werden. Wir sehen also, daß hier eine Mitschuld der Regierung nicht geleugnet werden kann und alle Versicherungen des Herrn Arbeitsministers in seiner heutigen Erklärung sind durchaus nicht so ohneweiters richtig. Ich habe hier eine Abschrift der Erklärungen, die der Herr Arbeitsminister am 10. Oktober im Senat abgegeben hat. Da sagt der Herr Arbeitsminister, daß die Staatsverwaltung vor allem keinen direkten Einfluß darauf hat. Wir sehen aber ganz deutlich, daß sie doch Einfluß hat. Wenn man Bauten aufführt, die der Staat unternimmt, und dort eine Verordnung herausgibt, in welchem Verhältnis die Betonmischungen vorgenommen werden müssen und einen Anschlag am Bau anordnet, um eine öffentliche Kontrolle der Betonmischung zu haben, warum geschieht das bei Privatbauten nicht? (Sehr richtig!) Wir müsen also eine solche Erklärung des Herrn Arbeitsministers grundsätzlich ablehnen.

Der Herr Arbeitsminister drückt die Hoffnung aus, daß unter werktätiger Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften und der Fachleute solche Katastrophen in Hinkunft vermieden werden. Die Deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei hat bereits im Jahre 1925 unter Druck Nr. 94 einen Antrag auf Errichtung eines Beirates für das Baugewerbe zur Bekämpfung der Wohnungsnot und zur Förderung der Bau- und Denkmalskunst eingebracht. Wir wußten damals schon auf Grund der Entwicklung der Dinge, daß einmal der Zeitpunkt kommen wird, wo sich eine große Not an Baumaterialien herauskristallisieren wird. Dies voraussehend unterbreiteten wir dem Hause diesen Antrag und begründeten ihn damit, daß die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse es gebieten und daß etwas unternommen werden müsse, das Baugewerbe zu heben und die Wohnungsnot zu beseitigen. Zu diesem Zweck ist die Schaffung eines Beirates für das Baugewerbe zur Bekämpfung der Wohnungsnot und zur Förderung der Bau- und Denkmalkunst erforderlich, da die Erhaltung eines der Zeit entsprechenden Baustils eine ästhetische Forderung ist. Die Förderung des Baugewerbes schafft Arbeitsmöglichkeit für ungezählte Arbeitskräfte. Wir brachten diese Anträge ein in der festen Überzeugung, daß vor allem anderen bei der heutigen Entwicklung der Kartelle, der Trusts, der Konditions- und Lieferungskartelle für die Bauhandwerker und die Bauunternehmerfirmen etwas geschaffen werden muß. Wir glaubten so ähnlich, wie es der Herr Arbeitsminister heute meinte, schon im Jahre 1925, daß durch die Errichtung eines Beirates zur Förderung des Baugewerbes Fachmänner hinzugezogen werden müssen. Die Theoretiker, die vielleicht bei einem ganzen Wust von Akten sitzen, können bei weitem nicht jene praktischen Erfahrungen haben, wie der Fachmann, der täglich in diese Dinge Einblick zu gewinnen Gelegenheit hat. Wir wußten damals schon, daß eine Regelung notwendig ist, und der Ruf, der aus den Bauhandwerkergenossenschaften kam, aus den vielen Beratungen in den Handels- und Gewerbekammern, bei der großen internationalen Manifestationsversammlung auf der Schützeninsel in Prag, brachte klar und deutlich zum Ausdruck, wie notwendig eine derartige gesetzliche Regelung des Baugewerbes wäre, um den Bodenwucher und die Bauspekulation zu verhindern, eine vernünftige Regelung, die im Hinblick auf die Zukunft dem Maßstab der Verhältnisse angemessen wäre. Die Anträge wurden damals von der Opposition, wie ich bereits gesagt habe, in der tiefen Überzeugung eingebracht, daß sie nicht eine blinde Opposition bedeuten, sondern eine Forderung, die wirklich im Interesse einer Baugewerbeförderung notwendig ist. Herr Koll. Horpynka hat schon zum Ausdruck gebracht, daß diese Anträge einfach beiseite geschoben wurden, verschwunden sind, von Session zu Session ganz einfach in den Papierkorb kamen. Wir wissen aber auch, daß vor allem anderen es notwendig ist, Richtlinien herauszugeben, aus denen hervorgeht, daß das System "Billig, billig, billig" durchaus nicht das Richtige ist. Wir deutschen Nationalsozialisten haben in dieser Beziehung unsere grundlegenden Anschauungen jedesmal zum Ausdruck gebracht und sind auf dem Standpunkt gestanden, daß, wenn - angenommen - 20 Offerenten bei Vergebung eines Baues sich bewerben, alle Offertsummen zusammenzuzählen und durch die Zahl der Offerierenden zu dividieren sind, um die mittlere Linie herauszukristallisieren. Wer Preise schindet und drückt, drückt natürlich die Qualität der Arbeit, die Qualität des Materials, zweifellos auch die Löhne und überhaupt die Solidität der Ausführung. Sie wissen, daß dieses System zu den Akkordlöhnen trieb, die Baumeister zu gewaltigen Pönalen verpflichtet, was sie bei der Hetzarbeit sozusagen im letzten Augenblick zwingt, feuchte Hölzer, miserable Latten, zerbröckelte Ziegel, minderwertigen Beton anzuwenden. Es ist also eine Revision des Bausystems nach dieser Richtung hin notwendig und wir wissen ganz genau, daß diese Forderung den wirtschaftlichen Ansprüchen Rechnung trägt. (Posl. Krebs: Bei den Staatsbauten sind die deutschen Unternehmer ausgeschaltet worden bei diesem System "billig"!) Sehr richtig!

Auf allen Manifestationstagungen der gesamten Bauhandwerkerschaft ohne Unterschied der Parteirichtung - ja selbst èechische Interessenten aus der Slovakei waren anwesend - wurden diese grundlegenden Forderungen des Baugewerbestandes vorgebracht. Es waren Vertreter des Arbeits- und Handelsministeriums zugegen. Sie nahmen die vorgebrachten Wünsche entgegen; seit damals sind Monate und Jahre ins Land gezogen und nichts ist geschehen. Herr Koll. Horpynka hat bereits davon gesprochen., daß der sogenannten Bodenspekulation ein Ende gemacht werden sollte. Da handelt es sich um eine zweifellos traurige Sache. Ein altes Bauernweib wird ohne weiters vor den Kadi geschleppt, wenn es zwei Kilo Quark in die Stadt bringt und teuerer verkauft. Aber gegen den Grund- und Gebäudewucher, gegen diese Spekulationen, die soviel Unglück anrichten, hat man bis jetzt grundsätzlich noch nichts unternommen. In den Gemeinden und in den Städten hat man ja versucht, wo es möglich war, der Grund- und Bodenspekulation entgegenzuarbeiten und zwar dadurch, daß die Städte in solidarisch em Vorgehen mit jenen Parteien, die gegen dieses System sind, Grund und Boden in größerem Maße erwarben. Nun kam die sogenannte Verwaltungsreform, die dazu führen wird, daß die Städte künftig kein Geld zum Ankauf von Grund zur Verfügung haben und infolgedessen auch nicht in der Lage sein werden, ihn zu billigeren Preisen für Bauzwecke abzugeben. Durch die Verwaltungsreform wird daher weder die Bodenspekulation gefördert werden. Auf Grund der Verwaltungsreform wäre es eben notwendig, ein Gesetz zu schaffen, zumindestens aber eine scharfe Verordnung herauszugeben, um der Spekulation mit Grund und Boden ein Ende zu machen. Es müssen natürlich auch die Grundlagen einer gewissen Verläßlichkeit, Solidität und Sicherheit vorhanden sein. Wir deutschen Nationalsozialisten waren vielleicht nie nur Kritiker, nur Theoretiker, sondern haben immer praktische Vorschläge gemacht, haben den Puls des praktischen Lebens abgehorcht und wußten, was in der Praxis notwendig war. Wir haben bereits im Jahre 1925 eine ganze Anzahl wichtiger Anträge eingebracht, die die Sicherheit und Solidität garantieren sollten. Wenn heute ein solches Hasten, ein solches Jagen, ein so kurzfristiges Bauen von fünf- oder sechsstöckigen Häusern mit zwei Stöcken in die Tiefe herrscht, dann ist das Mammonismus, ein System der Zinsknechtschaft; und alle diese Dinge spielen eine ganz gewaltige Rolle. Aber damit kommt nicht nur der Bauunternehmer, sondern auch der Bauhandwerker in tiefe Knechtschaft. Ich bedauere nur, daß die Bänke der gewaltigen Standesorganisation des Bundes der Landwirte heute wieder leer sind. Ich bedauere es deshalb, weil wir das Gewissen der Herren wachrufen wollten. Einmal waren die Bauern sehr unglücklich, mußten roboten und frohnen. Da kam Kudlich und brachte den Bauern die Freiheit. Und was ist heute mit dem Bauhandwerk? Seit Jahr und Tag verlangen die Bauhandwerker freie Menschen zu sein, sie wollen außerd em, so wie es in Deutschland und Amerika der Fall ist, ein Gesetz zur Sieherung der gewerblichen Bauforderungen. Es ist das eine ganz einfaehe Sache, die die Regierung und den Staat nichts kosten würde; nur ein bißchen Fleiß und Gewissenhaftigkeit seitens der verantwortlichen Faktoren der Regierung wäre notwendig. Wir haben gegen die sogenannten Bauspekulanten bestimmte Forderungen aufgestellt und im Interesse der gesamten Bauhandwerker wiederholt eine ganze Menge Versuche gemacht. Wir waren beim Handelsminister, beim Justizminister. Wir haben auch dem früheren Minister für öffentliche Arbeiten zu wiederholten Malen unsere Entwürfe vorgelegt. Es waren durchaus keine gesetzlichen Neuheiten, sondern Einrichtungen, die sich anderswo schon Jahrzehnte bewährt haben, so in Deutschland und Amerika. Meine Geschätzten! Ich will nicht weiter darauf hinweisen, welch hohe Bedeutung die gesetzliche Sicherung der Bauforderungen an und für sich hat, aber ich möchte nur mit einigen Sätzen feststellen, daß die Sicherstellung der baurechtlichen Forderungen eine allgemeine Sicherheitsmaßregel wäre, wobei vor allem die Verwendung des in Anwendung gebrachten Baumaterials, das Verhältnis des Preises zum Material und die ganze Art der Bauweise aufs sorgfältigste überprüft werden müßte. Die Qualität der Ausführung, die Solidität der Durchführung des Baues ließe sieh durch ein solches Gesetz am besten erproben. Durch das Baubuch bekäme man in dieser Richtung eine leichte Übersieht.

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