Pátek 7. záøí 1928

2. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 39 tìsnopisecké zprávy):

Namens des Klubs der deutschen soz.-dem. Abgeordneten habe ich nachstehende Erklärung abzugeben:

Die gestrigen Ausführungen des stellvertretenden Regierungschefs haben den Sinn, daß die Regierung vor dem Attentat der Zuckerbarone vollständig, auf der ganzen Linie und in allen Punkten zurückweicht. Im Verlaufe einer Woche hat sich folgendes abgespielt:

Am 31. August hat die "Osmièka" - die zwar verfassungswidrige, aber tatsächlich allerhöchste Behörde der Bürgerblockdemokratie - präzise und unzweideutig erklärt, daß die Regierung und die koalierten Parteien die erforderlichen Vorkehrungen gegen die Verteuerung des Zuckers treffen werden. Drei Tage nach dieser offenbar von vornherein auf Düpierung der Öffentlichkeit berechneten Erklärung hat das Zuckerkartell mit der Erhöhung des Zuckerpreises um 60 Heller pro Kilogramm geantwortet und dabei mit offenem Zynismus erklärt, daß es für das Zuckerkartell nur die Alternative der Brandschatzung der Staatskasse oder der Plünderung der Konsumenten gebe. Wiederum drei Tage darauf hat die Regierung diese schallende Ohrfeige in christlicher Demut eingesteckt. Der Herr Minister Šrámek wünscht, daß von der Verteuerung in letzter Linie gesprochen werden soll, vorher aber über alle anderen Elemente des Problems, das die Regierung angeblich in seinem ganzen Umfange lösen will, zu dessen Lösung oder auch nur Erörterung die Regierung aber nichts als ein paar nebelhafte und lendenlahme Redensarten beisteuert.

Der Herr Minister Šrámek stellt fest, daß das Kreditproblem, das heißt mit anderen Worten die Abhängigkeit der Industrie von den Großbanken, wichtiger ist als alle Handelssteuern. Daran ist soviel richtig, daß die wucherischen Bankenkonditionen an der Verteuerung aller Produkte einen sehr großen Anteil haben. Aber wenn der Herr Minister meint, daß die Landeskreditinstitute imstande sein werden, den eisernen Ring des Finanzkapitals zu durchbrechen, so kann man darüber nur lachen. Wer sollte an dem Tage, an dem die Regierung vor dem Diktat des Zuckerkartells zusammenknickt, auch daran glauben, daß diese Regierung imstande oder auch nur Willens sein könnte, dem Bankenverband an den Leib zu rücken. Außerdem wird wohl sogar diese mit Blindheit geschlagene Regierung einsehen müssen, daß die Verteuerung des Zuckers bereits eingetreten ist, während die sagenhafte Lösung des Kreditproblems bestenfalls nach Jahren ihre Wirkung äußern kann.

Die Regierung stellt die Befreiung des Exportzuckers von den Handelssteuern in Aussicht, das heißt, sie zieht sich auf die vor den Parlamentsferien eingebrachte Vorlage zurück, von der heute selbst die Waisenknaben wissen, daß sie absolut nicht geeignet ist, das Problem zu lösen. Oder glaubt die Regierung wirklich, daß es möglich ist, mit einem Betrag von 40 Mill. Kè den handelspolitischen Machtkampf mit England aufzunehmen, ganz abgesehen davon, daß eine neuerliche Differenzierung in der Steuerbelastung des Inland- und des Exportzuckers eine Exportprämie, ein ganz unverhülltes Dumping bedeutet und daher notwendigerweise Gegenmaßnahmen auslösen muß, die den ohnedies dürftigen Effekt der Steuerbefreiung illusorisch machen müssten.

An eine Herabsetzung der Konsumbelastung, an die Befreiung aller Lebensmittel, nicht nur des Exportzuckers von der Umsatzsteuer, an eine Abschaffung oder auch nur Herabsetzung der Zuckersteuer denkt die Regierung nicht. Sie erblicke, heißt es in der Erklärung, ihre Aufgabe gegenüber der - Zuckerindustrie nicht darin, daß sie im Wege einer Reduktion der Verbrauchssteuern alles deckt, was der Zuckerindustrie zum Gleichgewichte fehlt. Es fällt uns nicht im Traume ein, eine Steuerermäßigung zugunsten der Zuckerbarone zu verlangen, die Jahr um Jahr Millionenprofite aufhäufen, denen es nicht darauf ankommt, an der Pariser Börse in verfehlten Zuckerspekulationen ein paar hundert Millonen zu verlieren, die soeben das Riesengeschenk der Steuerreform eingesteckt haben, die sich auf Grund dieser Reform und des Gesetzes über die Stabilisierungsbilanzen enorme steuerfreie Reserven schaffen und die nur deshalb, weil ihnen die Regierung gestattet, einen dichten Schleier über ihre Kalkulationsgeheimnisse zu breiten, einen Notstand der Zuckermagnaten vorzutäuschen vermögen. Was wir aber verlangen, und was sozial und wirtschaftlich gleich notwendig ist, das ist der radikale Abbau der Verbrauchssteuern zugunsten der Konsumenten. Wenn wir die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung vom ersten Tage ihrer Wirksamkeit an durchgehen, so finden wir immer neue Attentate auf die Lebenshaltung der Bevölkerung, Zölle, Massensteuern, Mieterschutzabbau, Zerstörung der Kommunalpolitik, aber wir werden vergebens nach einer einzigen Maßnahme zum Schutze der Konsumenten suchen. Und doch wird es, außer den unmittelbar kapitalistisch interessierten Kreisen, niemand begreifen, daß die Staatskasse auf eine Viertel-Milliarde verzichten konnte, um die Besitzsteuern ermäßigen zu können, daß aber von einer Ermäßigung der Konsumbelastung keine Rede sein darf. Die Erträgnisse der indirekten Steuern erhöhen sich von Jahr zu Jahr. Die Umsatzsteuer, die Verbrauchssteuern, die Überschüsse der Tabakregie, haben in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres ein Mehrerträgnis von 250 Mill. gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres geliefert. Es halten also nicht einmal die fiskalistischen Argumente gegen die Herabsetzung der Verbrauchssteuern zugunsten der Konsumenten stand. Die nackte Tatsache ist, daß die Regierung für die Konsumenten nichts tun kann, weil sie nichts tun will, weil sie das Vollzugsorgan der Kapitalisten, ihre beste Helferin beim Ausbeutungsgeschäfte ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)

Aber die Darlegungen des Ministers steigern sich zur unfreiwilligen Komik, wenn er darlegt, daß die syndikalisierte Produktion eines Korrektivs im öffentlichen Interesse bedarf und daß dem Staate daher die Aufgabe erwachse, seinen Einfluß über einen Machtfaktor aufrechtzuerhalten, der einen ganzen Produktionszweig beherrscht; und wenn der Herr Minister im selben Atemzuge mitteilt, daß die Regierung zur Aufrechterhaltung dieses Einflusses nichts, aber rein gar nichts unternehmen werde.

Gestern ist dem Hause eine Interpellationsbeantwortung vorgelegt worden, in der die Regierung zu der Interpellation unserer Klubkollegen Pohl, Dietl und Genossen über die wirtschaftliche Lage Stellung nimmt. Diese Interpellation, das ist auch ein charakteristischer Beitrag zu den Methoden des èechoslovakischen Parlamentarismus, ist datiert vom 5. November 1927. In dieser Interpellationsbeantwortung, mit deren sonstigen Inhalt sich unsere Partei noch beschäftigen wird, wiederholt die Regierung die schon bis zum Überdruß abgeleierte Redensart, daß sie ständig von dem Bestreben geleitet wird, die Kartelle jeder Art zweckmäßig zu unterdrücken, sobald sich schädliche Wirkungen zeigen. Sie habe es aus diesem Grunde nicht außeracht gelassen, nach Bedarf das Gesetz über die Kartelle herauszugeben. Nun, der Bedarf ist da. Wenn irgendetwas nach einem Kartellgesetz förmlich schreit, ist es die Preispolitik des Zuckerkartells. Aber am selben Tage, an dem die eben zitierte Interpellationsbeantwortung aufgelegt wurde, teilt der stellvertretende Vorsitzende der Regierung der aufhorchenden Öffentlichkeit, die auf die angekündigten Vorkehrungen gegen die Zuckerverteuerung wartet, einfach mit, daß die Regierung den Weg der verständigen Einigung mit den Zuckerbaronen zu beschreiten gedenke. Freilich, gegen Kartellmagnaten kann man nicht Gendarmen aufmarschieren lassen, wie gegen streikende Arbeiter, den Beschluß des Zuckerkartells kann die Regierung nicht sistieren, wie die harmlosesten Resolutionen von Selbstverwaltungskörpern. Dieselbe Regierung, die für die Arbeiterklasse, die für jede oppositionelle Regung nur Verbote, Verfolgungen und Unterdrückungsmaßnahmen kennt, steht dem Zuckerkartell machtlos mit gebundenen Händen gegenüber.

Dabei ist es gar nicht wahr, daß der Regierung keine Mittel zur Verfügung stehen, um das Preisdiktat der Kartelle zu brechen. Wenn sie sich schon nicht entschließen kann, unserem Antrag zu entsprechen, der das Zuckerkartell unter die Kontrolle der gesamten Öffentlichkeit stellt, der die Preisgestaltung des Zuckers von dem entscheidenden Einfluß der Verbraucherorganisationen abhängig machen will, der die Reorganisierung und technische Ausgestaltung der Zuckerindustrie auf Kosten der maßlosen Übergewinne einzelner Großunternehmungen anstrebt; wenn die Regierung nicht einmal ein Gesetz über die Kontrolle der Kartelle in bescheidenerem Umfange, als wir es fordern, zu verwirklichen wagt, so würde die vorübergehende Suspendierung des Zuckerzolles, ja seine bloße Senkung um den Betrag der Spannung zwischen Inland- und Exportpreis des Zuckers vollkommen hinreichen, um das Zuckerkartell zur Preisherabsetzung zu zwingen. Wir wissen, und damit stehen wir im Einklang mit den Lehren der Volkswirtschaft, daß nur die Herabsetzung des Preises, daß nur die Steigerung des Inlandverbrauches, der im zuckerreichsten Lande der Welt ein äußerst niedriger ist, eine wirkliche Lösung des Problems herbeiführen kann, eine Lösung, die den Konsumenten es ermöglicht, von einem so wichtigen Volksnahrungsmittel den entsprechenden Gebrauch zu machen, die aber zugleich das einzige Mittel ist, der Industrie auf die Dauer die notwendige Absatzbasis zu verschaffen.

Unter diesen Umständen ist es selbstverständlich, daß wir die Regierungserklärung verwerfen müssen. Weniger selbstverständlich, ja ganz unbegreiflich ist es dagegen, wie die Regierungsparteien, die sich vor einer Woche verpflichtet haben, die Verteuerung des Zuckers zu verhindern, für diese Regierungserklärung stimmen können, die ja ihrem Wesen nach nichts anderes bedeutet, als daß der Zucker trotz aller Redensarten der Koalitionsparteien verteuert wird. Am 2. September hat die "Deutsche Presse" geschrieben: "Fürs Erste muß vor allem der Regierung zugerufen wer den: hart bleiben! Der Zucker darf nicht teuerer werden, die Regierung darf sich auch nicht dem Versuch eines Oktrois durch eine mäßige Preiserhöhung heugen." Am selben Tage hat die christlichsoziale Reichsparteileitung beschlossen, die Regierung aufzufordern, alle gesetzlichen Mittel zu gebrauchen, um der Teuerung der Lebensmittel wirksam entgegenzutreten. Am 5. September hat die Reichsparteileitung des Bundes der Landwirte getagt und wie die "Landpost" mitteilt, zu der Zuckerverteuerung "schärfstens" Stellung genommen. Die Bevölkerung, die auf Abstimmung über das ministerielle Exposé wartet, ruft den Christlichsozialen zu: Bleibet hart, der Zucker darf nicht teuerer werden! Sie verlangt von den Landbündlern, daß sie nicht nur in Pressekommuniqées, sondern auch hier im Parlament gegen die Zuckerverteuerung schärfstens Stellung nehmen. Wenn die Regierungsparteien trotzdem für die Regierungserklärung stimmen, so heißt das nichts anderes, als daß die Agitation, die sie in den letzten Tagen gegen die Zuckerverteuerung geführt haben, eine Komödie, ein geradezu bewußter Betrug an der Bevölkerung gewesen ist, und es wird unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß der Bevölkerung die Augen geöffnet werden, daß die ohnehin wachsende Erkenntnis mehr und mehr verbreitet wird, daß sich die arbeitenden Massen nur durch den Sturz des herrschenden Bürgerblocks, nur durch die rücksichtslose Abrechnung mit den bürgerlichen Parteien eine Besserung ihrer Lebenshaltung erkämpfen können.

Wir unterbreiten heute gemeinsam mit den èechischen Sozialdemokraten dem Hause den Antrag, daß die zuständigen parlamentarischen Ausschüsse beauftragt werden, die gesamten Produktionsgrundlagen der Zuckerindustrie und des Rübenbaues zu untersuchen, die Kalkulationsgeheimnisse des Zuckerkartells aufzudecken und so die Lösungsmöglichkeiten herauszuarbeiten, die im Interesse der gesamten Bevölkerung liegen. Weigern sich die Regierungsparteien, diesen Weg zu beschreiten, wollen sie die Lösung der Zuckerkrise der Vereinbarung zwischen der kapitalistischen Regierung und dem Zuckerkapital überlassen, dann wird die Bevölkerung daraus ihre Konsequenzen zu ziehen wissen. Wenn die Mehrheit den Raubzug gegen die Bevölkerung billigt, dann wird die Bevölkerung um so rascher über die ganze Politik dieser Mehrheit zur Tagesordnung übergehen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

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