Pátek 7. záøí 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 158. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 7. záøí 1928.

1. Øeè posl. Neuratha (viz str. 29 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! In der Besprechung des gegen die breiten Massen der Arbeitenden gerichteten Plünderungsfeldzuges der Zuckerbarone kommt eine gewisse Übereinstimmung hinsichtlich eines Punktes zum Ausdruck, nämlich in der ziffermäßigen Abschätzung der Beute. Fast alle Redner der verschiedenen Parteien stimmen darin überein, daß es ungefähr 240 Mill. Kè sind, die sich die Zuckerbarone aus den Taschen der arbeitenden Bevölkerung herausholen. Natürlich handelt es sich dabei keineswegs nur um das Industrieproletariat, geplündert werden nicht nur die Industriearbeiter, geplündert werden alle Proletarier, die Kleingewerbetreibenden, das kleinbürgerliche Element, kurz die Gesamtheit der arbeitenden Schichten der Bevölkerung. Wenn wir uns in Erinnerung rufen, wie sich die soziale Lage dieser Schichten während der letzten Jahre gestaltet hat, dann werden wir erst so richtig die Aktion der Zuckerbarone abschätzen können. Wir wissen, daß infolge der Politik der gegenwärtigen Regierung sich die Lebenshaltung der Arbeiterschaft ununterbrochen verteuert hat und wenn wir uns da nicht auf unsere eigenen statistischen Untersuchungen beziehen, sondern auf Bemerkungen aus den bürgerlichen Kreisen, dann wird man uns wenigstens nicht vorwerfen können und wollen, daß wir übertreiben. Ich zitiere hier beispielsweise die "Lidové Noviny", die unter anderem behaupten, daß seit dem Jahre 1926 die Preise verschiedener Lebensmittel folgendermaßen erhöht wurden: Weißbrot von 2.90 Kè auf 3.40 Kè, Butter von 28 Kè auf 30 bis 32 Kè, Fett von 20 Kè auf 21 Kè, Erbsen von 4.40 Kè auf 5.70 Kè, Kartoffel von 1.40 Kè auf 1.80 Kè, Kraut von 1 60 Kè auf 3 Kè und Rüben von 1.60 Kè auf 3.50 Kè. Was folgt daraus? Daraus folgt, daß sich die soziale, die materielle Lage der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung seit Jahr und Tag außerordentlich verschlechtert hat. Wenn nach einer allgemein anerkannten Durchschnittsberechnung eine fünfgliedrige Familie im Jahr 130 kg Zucker verbraucht und rund 270 Kè Zuckersteuer bezahlt, jetzt aber infolge des Raubzuges der Zuckerbarone um 80 bis 100 Kè mehr bezahlen soll, so bedeutet dies, daß Hundertausende Proletarier jetzt weniger Zucker essen wer den oder daß sie sich mit Ersatzmitteln behelfen oder den Konsum anderer Lebensmittel einschränken werden, denn es besteht, wie wir wissen, oder es bestand bis jetzt keine Möglichkeit für diese Schichten der Bevölkerung, einen solchen Betrag aus irgendwelchen Reserven oder aus der Tatsache irgendeiner Lohnerhöhung zu dekken. Im Gegenteil, wir wissen, daß, obwohl die Preise für die Lebensmittel sowie die Preise für verschiedene Bedarfsgegenstände erhöht wurden, von einer irgendwie wesentlichen Erhöhung der Löhne der Arbeiter bemerkenswerter Industrien keine Rede sein kann. Die Tatsache, daß die Zuckerbarone imstande waren, unter der Beihilfe der Regierung und der Koalitionsparteien, wie ich später noch beweisen werde, aus den Taschen der arbeitenden Bevölkerung 240 Mill. Kè herauszuholen, bedeutet eben auf dem anderen Pol notwendigerweise die Verringerung verschiedener Lebensmittel, bedeutet mit einem Wort die Erhöhung des Prozentsatzes der Kindersterblichkeit und des Prozentsatzes der lungen-tuberkulosen Proletarier. 240 Mill.-Raub au1 der einen Seite bedingt notwendigerweise auf dem anderen Pol die außerordentliche Verschlechterung der Iebenshaltung der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung. Diese Plünderungsaktion kommt niemandem überraschend und es ist nicht richtig, daß die Mitglieder der Regierung demgegenüber die ahnungslosen Engel waren oder sind, als die sie sich dem Parlament vorstellen.

Die Geschichte des böhmischen Zuckerkartells ist zugleich auch die Geschichte derjenigen Methoden, die die Regierung bewußt angewendet hat und anwendet zur Förderung der Entwicklung des Kartellwesens in der Èechoslovakischen Republik. Daraus erklärt sich auch, daß die Regierung es fertig gebracht hat, vor kurzem erst auf eine Interpellation, die sich gegen die Kartelle richtete, mit einer einfachen Frozzelei zu antworten, indem sie erklärte, die Schaffung der Kartelle sei zu dem Zwecke notwendig, um diesen Industrien zu ermöglichen, auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig zu sein. Natürlich hat die Regierung im Wesen recht. Die Kartelle haben eben diesen Sinn, sie haben die Aufgabe, auf der Grundlage einer reaktionären Zollpolitik die Konsumenten des inneren Marktes zu plündern, um mit Hilfe dieser Plünderungsaktion auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Und daraus ergibt sich auch, daß nicht, wie man es hinzustellen beliebt, die Regierung die Kartelle in der Hand hat; umgekehrt wird ein Schuh daraus: die Kartelle haben die Regierung in den Händen, und wie wahr das ist, das zeigen uns gerade die letzten Ereignisse. Wir haben es miterlebt, daß die Regierung nach der Pfeife der Kartell magnaten zu tanzen hat. Ist es nicht merkwürdig, daß auch von sozialdemokratischer Seite die Sache so dargestellt wird, als ob die Regierung die Möglichkeit gehabt hätte, selbst wenn sie wollte, etwas gegen die Kartelle zu tun? Die Wortführer der sozialistischen Parteien sind sehr aufgeregt, wenn wir in der Diskussion mit ihnen über die Frage, wie der KIassenkampf zu führen sei, ihnen nachzuweisen bestrebt sind, daß ihre Politik den Sinn hat, die Konsolidierungsbestrebungen des Kapitalismus zu fördern. Aber wie z. B. beurteilen die Redner der sozialistischen Parteien das Verhältnis zwischen der Regierung und den Kartellen? Zum Beispiel sagte der Abg. Pohl hier: Wie kann sich eine von der Regierung abhängige Industrie erlauben, eine solche Verteuerung in Kraft treten zu lassen? In Wesen hat der Abg. Srba dasselbe gesagt. Ja, die Sache ist doch einfach genug. Niemand weiß es besser, als der stellvertretende Ministerpräsident Herr Šrámek, daß die Regierung, die es wagen wollte oder wagen würde, in irgendeiner wesentlichen Frage des Kartellprofites wider den Stachel zu löcken, die es wagen würde, gegen das Kartellwesen ernsthaft aufzutreten, daß diese Regierung an diesem Tage nicht nur von den Kartellmagnaten auf dem Gebiete der Zuckerindustrie, sondern auch von den mit ihnen verbündeten Kapitalisten der Èechoslovakischen Republik in die Luft gesprengt würde und daß man an ihre Stelle eine solche Regierung setzen würde, deren Mitglieder gefügigere Schachfiguren im Dienste der èechoslovakischen Industrie abgeben würden. Steht denn das Zuckerkartell etwa isoliert da, ist es nicht verbündet, was nur selbstverständlich ist, mit den anderen Kartellen der èechoslovakischen Industrie und steht hinter den Kartellen nicht die Macht des èechoslovakischen Finanzkapitals? Und ist die Regierung etwas anderes und kann sie etwas anderes sein, als der geschäftsführende Ausschuß eben dieser Industriekapitäne und der Macht des Finanzkapitals? Am 31. August hat sich, wie wir wissen, der Achterausschuß mit der Frage der Verteuerung des Žuckers beschäftigt. Am 1. September wurde offiziell erklärt, daß sich der Achterausschuß oder die Regierung, was im Wesen dasselbe ist, gegen die Verteuerung des Zuckers ausgesprochen haben, daß sie gegen die Verteuerung des Zuckers sind. (Výkøiky posl. Wünsche.) Aber zwei Tage später erhält der Achterausschuß prompt die fälligen Ohrfeigen vom Zuckerkartell, das mit einer enormen Verteuerung geantwortet hat.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang die gemeinsame Interpellation der Regierungsparteien? Diese gemeinsame Interpellation sagt in ihrem ersten Satze, daß sie - nämlich diese Parteien - man denke - aus der Zeitung erfahren haben, daß das Zuckerkartell, jenes Kartell, das von der Regierung gefördert wird und in dessen Diensten die Regierung steht, daß dieses selbe Kartell sich entschlossen hat, den Zucker zu verteuern, und von dieser Tatsache bekamen die Herren Kramáø und Compagnie Kenntnis, als sie beim Frühstückkaffee saßen und die Zeitung lasen. Als sie diese Neuigkeit aus der Zeitung erfuhren, was taten sie dann? Dann haben sie sich hingesetzt und sich selbst interviewt sie haben bei sich selbst eine Interpellation eingereicht - um nachzufragen, was sie denn zu tun gedenken, um gegen die Verteuerungspolitik des Zuckerkartells auftreten zu können. Im dritten Satz der Interpellation, das heißt dort, wo die Fragen aneinander gereiht werden, die an die Regierung gerichtet werden, heißt es unter anderem: "Was gedenkt die Regierung zum Schutze der Verbraucher zu tun?" So fragen die Koalitionsparteien. Nach der Terminologie der Kramáøpartei hat man unter Verbraucher nicht nur die proletarischen Verbraucher, nicht nur die Industriearbeiter und das Kleinbürgertum zu verstehen, sondern nach der Ansicht dieser Herren sind ja auch die Kapitalisten und unter ihnen auch die Zuckerbarone Verbraucher. Was nun die Regierung im Interesse dieser Verbraucher zu tun gedenkt, das wissen wir schon. Sie gedenkt nämlich nichts zu tun, um den Plünderungsfeldzug der Zuckerbarone zu verhindern, sie gedenkt, absolut nichts zu tun, um die Verteuerung des Zuckers unmöglich zu machen. Dagegen, wenn die Frage von Seite der Koalitionsparteien so gestellt wird, was die Regierung zu tun gedenkt, um die Verbraucher zu schützen, soferne es sich um proletarische Verbraucher handelt, da wissen wir, was die Regierung zu tun gedenkt und wenn wir nicht alles wissen, das Budget, das uns der Herr Finanzminister vorgelegt und erläutert hat und mit dem sich das Parlament noch beschäftigen wird, dieses Budget wird uns kundtun, was die Regierung zu tun gedenkt, um die Verbraucher zu schützen. Wenn wir diese Anfrage aus der diplomatischen Sprache der Regierungsparteien in einfaches Deutsch übersetzen, so heißt das: Zwar haben die Vertreter der Arbeiterparteien die Möglichkeit und das Recht hier zu schwätzen, hier zu protestieren, hier den sogenannten parlamentarischen Kampf gegen die Verteuerung des Zuckers zu führen, aber soferne es sich irgend ein wesentlicher Teil der Arbeiterschaft einfallen lassen würde, Ernst zu machen und wirklich den Kampf gegen diese Regierung zu führen, dann weiß die Regierung, was sie zum Schutze der Verbraucher zu tun hat. Das wird uns das Budget sagen, vielmehr es sagt es uns schon: Der Schutz der Verbraucher besteht, wie wir wissen, in der Vermehrung der Bajonette, der Maschinengewehre, im Bau von Gendarmeriekasernen, mit einem Wort, wenn die Frage aufgeworfen wird, was geschehen soll, um die proletarischen Verbraucher zu schützen, dann zieht sich die Regierung auf den bekannten Satz zurück: "Anstatt Brot blaue Bohnen!" Was folgt daraus für uns? Daraus folgt, daß wir auf die Frage, was zu tun sei, um einen wirksamen Kampf gegen die Verteuerung nicht nur des Zuckers, sondern auch der übrigen Lebensmittel zu führen, daß wir auf diese Frage klare Antwort geben müssen.

Zunächst einige Worte zur Regierungserklärung. Ich behaupte, daß diese Erklärung das verlogenste Dokument ist, das jemals eine Regierung gewagt hat, dem Parlamente vorzulegen. Die Regierung bemüht sich darin zwischen "einerseits" und "andererseits" herumzutanzen und dann kommt sie mit der verschämten Andeutung, daß sie nicht gewillt ist, auch nur das Geringste gegen die Kartelle und gegen die Verteuerung des Zuckers zu tun. In der Erklärung heißt es: "Bis zu welchem Ausmaße vielleicht in der Zukunft eine Verteuerung des Zuckers zur Erhaltung der Industrie und der Zuckerproduktion, einer volkswirtschaftlich überaus wichtigen Produktion notwendig sein wird, kann derzeit präzise nicht gesagt werden." Aber gleich darauf kommt die unverschämte Darstellung, daß die Regierung gar nichts zu tun gedenkt, um dem Zuckerwucher in die Arme zu fallen. Es heißt da in der Regierungserklärung: "Vom Zuckerindustriellenverband wurde die Aufgabe der Regierung, die Teuerung, wie sie dahin formuliert, daß dies auf Kosten des Staates durch Herabsetzung der Zuckersteuer und der Handelssteuer zu geschehen hat. Aber ihre Aufgabe gegenüber der Zuckerindustrie erblickt die Regierung nicht darin., daß sie im Wege einer Herabsetzung der Verbrauchssteuer ersetzt, was mit Rücksicht auf diese Komponenten (die nämlich in der Re gierungserklärung aufgezählt sind) zum Gleichgewicht fehlt. Dieser Weg kann aus budgetären und prinzipiellen Gründen nicht beschritten werden. Es ist die gemeinsame Arbeit und der gute Wille aller beteiligten Faktoren erforderlich, wenn wir das Problem in seinem ganzen Umfange lösen wollen. Man kann aber nicht darüber verhandeln, daß zuerst die vom Verband diktierte Verteuerung herabgesetzt wird, sondern es muß im Gegenteil zuerst über alle Teile des Problems verhandelt werden und erst in letzter Linie über die Verteuerung." Das heißt also, die Regierung sagt jetzt ganz klar und kühl bis ans Herz hinan, daß sie weder den Willen, noch die Macht hat, irgendetwas gegen das Diktat des Zuckerkartells zu unternehmen, daß es bei der Preiserhöhung bleibt und daß sich die Regierung fügt und ganz nach der Pfeife der Zuckermagnaten tanzt.

Welches ist nun, meine Herren, das Mittel, das die arbeitende Bevölkerung in Anwendung zu bringen vermag, um sich gegen diese Plünderungsaktionen wirksam zu verteidigen? Es soll hier gleich gesagt werden, daß es natürlich ein Unsinn wäre, zu meinen, daß man auf dem Boden der kapitalistischen Gesellschaftsordnung mit irgendwelchen Mitteln imstande sein könnte, die Entwicklung der Kartelle aufzuhalten, einen ernsthaften Kampf gegen den Bestand der Kartelle zu führen. Die Entwicklung der Kartelle gehört in das System der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Solange diese Wirtschaftsordnung besteht, verhindert niemand die Entwicklung dieser Kartelle und verhindert erst recht niemand den früher oder später erfolgenden europäischen und internationalen Zusammenschluß dieser Kartelle, zumindest aber die Verständigung dieser Kartelle auf internationaler Grundlage, um erstens die Bevölkerung zu schröpfen und zweitens den Widerstand der arbeitenden Massen mit gemeinsamen Mitteln und gemeinsamer Kraftanstrengung zu unterdrücken. Wenn jemand durch parlamentarische Aktionen oder ähnliche Maßnahmen den Bestand der Kartelle zu gefährden, wenn jemand das ernsthaft glauben zu machen versucht im Namen einer marxistischen Theorie, ausgehend von der Plattform irgendeines Sozialismus, dann ist der Betreffende entweder ein Ignorant oder ein politischer Schwindler. Die Kartelle verschwinden mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und keinen Augenblick früher. Der Regierung können natürlich gelegentlich Personen angehören, die persönlich den Kampf gegen die Kartellwirtschaft ernst nehmen und ernst meinen, aber im wesentlichen ist die Sache so, daß die Regierung nur zu dem Zwecke da ist, um der Entwicklung der Kartelle und des Kartellwesens die Wege zu ebnen. Das einzige, was man auf dem Boden der kapitalistischen Gesellschaftsordnung gegen die Tendenzen der Kartellwirtschaft zu tun vermag, kann man nur tun auf dem Boden und mit den Mitteln des revolutionären Klassenkampfes. Das heißt: Es kann sich nicht darum handeln, durch irgendwelche parlamentarische Anträge oder Kombinationen die Entwicklung der Kartelle zu verhindern, sondern ausschließlich darum, durch einen erfolgreichen gewerkschaftlichen und politischen Kampf der Massen die Profite und insbesondere die Extraprofite der Kapitalisten um jene Beträge zu schmälern, um die man die Löhne und die Bezüge der Arbeiter und Angestellten erhöht. Aber man kann die Löhne und Bezüge der Arbeiter und Angestellten nicht erhöhen, wenn man nicht von dem Grundsatz ausgeht, daß die Macher der Kartelle, die Kapitalisten, das Finanzkapital und sein geschäftsführender Ausschuß, die Regierung, nur in dem Maße irgendwelche Zugeständnisse dem Proletariat machen, in welchem dieses Proletariat vermittels seiner Klassenkraft imstande ist, die Bourgeoisie zu solchen Zugeständnissen zu zwingen. Aber wenn wir hören, was die Vertreter der sozialistischen Parteien über diesen Punkt gesagt haben - eigentlich haben sie darüber nichts gesagt, aber was man als Schlußfolgerung ihrer Interpellationen darstellen kann - so ist dies eben die direkte oder indirekte Behauptung, daß man es im wesentlichen beim parlamentarischen Kampf und bei parlamentarisch en Aktionen bewenden lassen könne. Wenn es auf dem Boden des Parlaments nicht gelingt, die Zuckerbarone zurückzutreiben zutreiben, nun, dann sind alle Mittel und Kräfte erschöpft und die sozialistischen Parteien vermögen gegen die Politik der Zuckerbarone nichts mehr zu tun. In Wirklichkeit verhält sich das genau umgekehrt. In dem Augenblicke, in welchem die parlamentarischen Mittel erschöpft zu sein scheinen, gerade in diesem Augenblick beginnt erst der Kampf der arbeitenden Massen, aber nicht auf dem Boden des Parlamentes, sondern außerhalb des Parlamentes, derjenige Kampf, vor dem allein die Unternehmer und die Regierung Respekt hat, vorausgesetzt, daß es ein Kampf auf der Grundlage des internationalen revolutionären Klassenkampfes ist. (Výkøiky nìm. soc.-dem. poslancù.) Ich glaube, daß man über die Frage, ob der Kampf gegen die Zuckerbarone im Parlament zu führen ist oder ausschließlich im Parlament, ob er wirksam durch den Kampf der breiten Massen auf gewerkschaftlichem Gebiete ergänzt werden müßte, keine Witze machen kann. Das sind zu ernste Fragen, als daß man jemandem gestatten könnte, darüber Witze zu reißen. (Výkøiky posl. Grünznera. Místopøedseda Stivín zvoní.) Was nun die Frage des ehrlichen Kampfes betrifft, so wollen wir ihr keineswegs ausweichen, sondern darauf die erforderliche Antwort geben. Natürlich ist Ehrlichkeit des Kampfes die erste Bedingung, die erfüllt sein muß, wenn in diesem proletarischen Abwehrkampf ein Erfolg gezeitigt wer den soll. Aber erinnern wir uns der jüngsten Gewerkschaftskämpfe in der Èechoslovakischen Republik, z. B. der Kämpfe, die die Bauarbeiterschaft in Nord- und Westböhmen zu bestehen hatte. Ich frage: Ist es eine Tatsache, ist es notorisch oder nicht, daß während dieses Kampfes reformistische Verbände unter Führung Tetenkas und Hausmanns mit den Methoden des gelben Streikbruches den Arbeitern in den Rücken gefallen sind? (Posl. Grünzner: Das brauchen Sie uns nicht zu sagen, wir haben das verurteilt!) Ich muß sagen, daß mir von einer solchen Art der Verurteilung dieser Streikbrechermethoden nichts bekannt ist, im Gegenteil, die Art und Weise, wie man diese Methoden angewendet hat seitens der von mir genannten Verbände, wurde in der sozialistischen Parteipresse, besonders vom "Karlsbader Volkswillen" durchaus gebilligt. Also, der internationale Gewerkschaftskampf hat zur Voraussetzung die ehrliche Führung dieses Kampfes, das ist klar. Diese ehrliche Führung des Kampfes aber erfordert, daß man mit der Methode bricht, wie sie wie gesagt - während der letzten Kämpfe in Anwendung gebracht wurde. Im übrigen ist der Streit darüber, ob und wie der Kampf außerhalb des Parlamentes zu führen ist, nicht mit theoretischen Formeln zu erledigen. Es handelt sich einfach darum, die Frage aufzuwerfen, ob die sozialistischen Parteien bereit sind, nicht nur einen parlamentarischen Kampf gegen die Regierung hier zu führen, sondern ihn durch Methoden des Klassenkampfes außerhalb dieses Parlaments zu ergänzen. Sie haben es nicht zu schwer, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Entweder ist es richtig, daß man das Kartellwesen parlamentarisch nicht bekämpfen kann... (Posl. Wünsch: Panzerkreuzer!) Nun, daraus folgt, daß man es außerhalb des Parlaments bekämpfen muß. (Výkøiky. - Místopøedseda Stivín zvoní.) Wer also von dem entscheidenden Grundsatz ausgeht, daß man die Politik der Regierung, die nichts anderes ist als eine Wiederspiegelung der Wirtschaftspolitik der èechoslovakischen Kapitalistenklasse, nicht erfolgreich ausschließlich mit parlamentarischen Mitteln bekämpfen kann, der muß eben ernst machen, und wenn er A sagt, muß er das B nachfolgen lassen, das heißt, er muß außerhalb des Parlamentes tun, was in seiner Kraft steht, um es zu ermöglichen, daß die Arbeiter ohne Unterschied der nationalen Zugehörigkeit auf internationaler Grundlage den wirtschaftlichen, gewerkschaftlichen und politischen Kampf gegen die èechoslovakische Bourgeoisie und ihre Regierung führen.

Ich habe hier die Frage des sogenannten Panzerkreuzers keineswegs aufgeworfen. Aber wenn da in Zwischenrufen die Sache so gedeutet worden ist, als ob man ein Gleichheitszeichen setzen könnte zwischen den Rüstungen der kapitalistischen Staaten und denen der Sowjetunion, dann muß man sich auf das allertiefste Niveau der politischen Diskussion begeben; denn das sollte sogar ein politischer Analphabet verstehen, daß es nicht nur das Recht, sondern absolute Pflicht der Sowjetunion der Bauern und Arbeiter ist, sich zu rüsten, so gut sie kann, und daß man sie in dieser Rüstung international zu unterstützen hat, wenn man die Bestrebungen der sowjetrussischen Arbeiter und Bauern verstehen will. (Potlesk komunistických poslancù.) Wenn aber die Sozialdemokraten sich für den Panzerkreuzer einsetzen, dann setzen sie sich einfach für den Imperialismus, für den Todfeind des internationalen Proletariats ein. (Potlesk komunistických poslancù.) Das ist der Unterschied. Ich glaube, daß es nicht so schwer zu begreifen ist, au ch wenn man Sozialdemokrat und selbst wenn man sozialdemokratischer Vertrauensmann ist; wenn die Sowjetunion rüstet und wenn sie in ihren Rüstungsbestrebungen notwendiger- und selbstverständiger Weise von dem klassenbewußten Proletariat der ganzen Welt unterstützt wird, dann geschieht es nicht im Interesse des Imperialismus, sondern gegen den Imperialismus, nicht nur im Interesse der sowjetrussischen, sondern der Arbeiter der ganzen Welt. (Souhlas a potlesk komunistických poslancù)

Ich glaube, daß das Geschrei verschiedener sozialistischer Führer über den Zucker in diesem Augenblick ein wenig Mißtrauen auslösen muß. (Posl. Schweichhart: Er muß sich in Rußland einschmeicheln! - Výkøiky komunistických poslancù.) Das ist allerdings ein gelungener Witz, es ist nett, daß Sie mich durchschaut haben, jetzt bin ich enthüllt und entlarvt, da läßt sich nichts machen. (Výkøiky na levici.) Ich wiederhole, daß die Art und Weise, wie die sozialistischen Parteien die Zuckerfrage behandeln, uns einigermaßen mit Mißtrauen erfüllen muß.

Was die Interpellationen betrifft, kann man nicht bestreiten, daß in ihnen der Regierung einige Wahrheiten gesagt werden. Aber wenn wir uns überlegen, welche Schlußfolgerungen aus den Interpellationen wir und welche die sozialistischen Parteien ziehen, dann ist das Mißtrauen berechtigt, weil wir überzeugt sind, daß Ihnen die Sache deswegen gelegen gekommen ist, weil es sich während der letzten Wochen herausgestellt hat, daß der ganze Kuhhandel der sozialistischen Parteien mit der Regierung bezüglich der Sozialversicherung zu nichts geführt hat, daß es im wesentlichen bei den reaktionären Bestimmungen bleibt, wie sie die Regierungsparteien formuliert haben, und daß also entweder die sozialistischen Parteien, ohne das Geringste erreicht zu haben, doch den Weg gehen, den die èechischen Sozialdemokraten konsequent zu gehen entschlossen sind, den Weg in die Regierung. Aber die Entscheidung ist bereits gefallen, wenn wir uns das "Právo Lidu" anschauen oder uns nach der Haltung der èechischen sozialdemokratischen Partei orientieren. Und da die deutschen Sozialdemokraten mit den èechischen eng verbrüdert sind, gilt dies entschieden auch für die deutschen. Aber sie werden die Frage der Sozialversicherung und den Kampf um ihre Verbesserung auf diese Weise nicht verdecken können. Es wird dafür gesorgt werden, daß dieser Kampf, unterstützt von den breiten Massen der arbeitenden Menschen, in entschlossener Weise fortgesetzt werden wird.

Ich will hier zum Schlusse ganz ausdrücklich Folgendes feststellen: Es scheint, daß die èechoslovakische Bourgeoisie von der Ansicht und Überzeugung ausgeht, daß die kommunistische Partei der Èechoslovakischen Republikn folge der letzten Ereignisse in ihren Grundlagen so erschüttert ist, daß man sich nunmehr allerlei Frechheiten gegenüber der kommunistischen Partei leisten kann. Aber was die breiten Massen der arbeitenden Menschen heute schon erkennen können und müssen, das ist, daß in dem Augenblicke, in welchem die Bourgeoisie mit Recht oder Unrecht die Ansicht vertritt, daß die kommunistische Partei in ihrer Aktionsfähigkeit irgendwie geschwächt sein könnte, die Ausbeuter ihre Häupter erheben und der Angriff der Ausbeuter sofort einsetzt. Mit einem Worte: Daß die Bourgeoise ganz richtig von dem Grundsatze ausgeht, wenn es möglich wäre - wie es nicht möglich ist, was wir noch beweisen werden - die Grundiagen der kommunistischen Parteien zu erschüttern, hätte die Bourgeoisie in ihrem Kampfe gegen die Arbeiterklasse das leichteste Spiel, weil das entscheidendste Hindernis aus dem Weg geräumt wäre. Diese Erkenntnis schöpft die Arbeiterklasse, und nicht nur die kommunistische Arbeiterklasse, aus dem Verhalten der Regierung, der Bourgeoisie und der sozialistischen Parteien. Denn wie man zur Kartellfrage steht, so steht man zu der Frage der kapitalistischen Entwicklung. Die Art und Weise, wie der Kapitalismus versucht sich zu behaupten, seine Wirtschaftsweise zu entwickeln, fand bis jetzt und mindestens seit 1914 stets die vollste Unterstützung der Sektionen der II. Internationale. In dem Augenblick, in dem sich die Regierung und mit ihr die Bourgeoisie einbilden, daß man es jetzt leichter haben werde im Kampfe gegen die kommunistische Partei, sehen wir, wie mit der Bourgeoisie sich auch die sozialistischen Parteien anschicken zu triumphieren. Aber sie triumphieren zu früh und vergebens.

Die Arbeiterklasse wird infolge der letzten Ereignisse erkennen und verstehen, daß sie verloren ist, daß man sie schlagen und zurückdrängen kann, wenn es gelingt, die organisatorischen Grundlagen der kommunistischen Partei irgendwie zu erschüttern. Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, wer Marxist ist und einiges vom Marxismus versteht, versteht auch, daß es keine Macht gibt, die imstande wäre, die kommunistische Bewegung irgendwie zu erledigen, der verwachsen und verwurzelt ist mit den Grundlagen und der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Die kommunistische Bewegung wird erledigt und beseitigt sein an dem Tage, an dem die kapitalistische Gesellschaftsordnung beseitigt ist, und nicht früher. Wir schöpfen unsere Kraft nicht aus der Kritik und Beurteilung der politischen Parteien bezüglich unserer Arbeit und Taktik. Nein, wir schöpfen unsere Kraft aus der niederdrückenden Tendenz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, aus dieser Gesellschaftsordnung selbst. In dem Maße, in welchem der Druck der Bourgeoisie auf die breiten Massen der Arbeitenden zunimmt, in diesem Maße nimmt auch zu die Verbindung dieser breiten Massen mit ihrer entschlossendsten Führung, mit der kommunistischen Partei. Machen und tun Sie, was Sie wollen, freuen Sie sich gemeinsam mit der Bourgeoisie! Es werden nicht viele Tage und Wochen ins Land ziehen und es wird sich herausstellen, daß bei den entscheidenden Kämpfen, ob es sich nun um Panzerkreuzer oder Zuckerzölle handelt, daß bei diesen entscheidenden Kämpfen nur eine Partei an der Spitze des klassenbewußten, unterdrückten, niedergetretenen Proletariates steht, die kommunistische Partei der Èechoslovakischen Republik. (Potlesk komunistických poslancù.)

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