Meine Damen und Herren! Auf dem Tische des
Hauses liegt ein Gesetzentwurf, dessen § 1 in den einleitenden
Worten sagt: "Der Finanzminister wird ermächigt... ".
Damit ist festgestellt, daß auch dieses Gesetz wieder eines
von jenen vielen Gesetzen ist, die wir schlechtweg unter dem Namen
"Ermächtigungsgesetz" kennengelernt haben. Wir
waren der Meinung, daß nach 10jährigem Bestande.der
Republik die Verwaltung so geordnet ist, daß alle verwaltungstechnischen
Maßnahmen so geregelt sind, daß auch zur Frage des
Ankaufs von Grund und Boden und des Verkaufs von alten Objekten
wohl nicht erst eine Ermächtigung des Ministeriums notwendig
gewesen wäre, sondern daß man schon früher, und
ich möchte gleich vorausschicken, rechtzeitig hätte
vorsorgen können, um ohne besondere Ermächtigung die
in diesem Gesetze vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen.
In dem Gesetze heißt es weiter, daß über die
Verwendung des Erlöses noch besonders bestimmt wird, vor
allem der Finanzminister und der Minister für nationale Verteidigung
zu bestimmen und zu entscheiden haben.
Wenn wir den Inhalt des Gesetzes sachlich behandeln
wollen, wird es am besten sein, ihn in 3 Gruppen zu teilen: Die
erste Gruppe ist der Verkauf alter Objekte der Finanzbehörde,
wie es § 1, Abs. 2 vorsieht und die Verwendung des Erlöses
aus dem Verkauf dieser Objekte und der dazugehörenden Gründe
zur Errichtung von neuen Zentralämtern bezw. Amtsgebäuden.
Gegen die Bestimmung des § 1 haben wir wohl nichts einzuwenden,
denn wenn der Erlös aus dem Verkauf alter Objekte zur Errichtung
neuer Ämter verwendet wird, so können wir dem nur zustimmen,
weil wir ja wissen, daß gerade die alten Amtsgebäude
und Amtsräume alles andere nur nicht hygienisch einwandfrei
sind, und gewiß ist die Errichtung neuer Gebäude nicht
nur für die dort verkehrenden Parteien, sondern auch für
die Beamten eine Erlösung aus Schmutz, Unrat und nicht einwandfreien
Zuständen.
Als wichtiger für uns und eingehender
müssen wir uns beschäftigen mit der zweiten Gruppe,
d. i. der Verkauf militärischer Objekte und Verwendung des
Erlöses für den Rüstungsfond. Nach dem Gesetze
vom 17. Dezember 1926 ist diese Zuwendung der aus den alten militärischen
Objekten erzielten Erlöse zulässig, denn der Abs. 3
des § 1 dieses Gesetzes vom Jahre 1926 sagt, daß der
Fond auch durch Schenkungen, Vermächtnisse, Sammlungen usw.
vergrössert werden kann. Dem Fond wurde durch das genannte
Gesetz jährlich für 11 Jahre ein Betrag von 360 Millionen
zugewiesen, eine Ausgabe, die neben dem normalen Voranschlag des
Ministeriums für nationale Verteidigung besteht, und der
nun vergrößert werden soll durch den Erlös aus
den alten militärischen Objekten, obwohl der Herr Verteidigungsminister
im Jahre 1925 bei Einbringung der Vorlage bereits erklärt
hat, daß die Ausrüstung der Armee abgeschlossen sei.
Wenn wir den normalen Voranschlag des Verteidigungsministeriums
auch für das Jahr 1928 näher anschauen, müssen
wir an dieser Erklärung zweifeln, denn wir finden, daß
für Flugwesen im Jahre 1928 nicht weniger als 65,865.000
Kè eingestellt sind, für Artillerie und Handfeuerwaffen
16,065.060 Kè, für besondere Kampfmittel,
Scheinwerfer, Gasmasken usw. 2,683.160 Kè, für Munition
und Explosivstoffe 76,612.520 Kè. Wenn ich diese Ziffern
anführe, so deshalb, weil wir aus dem
Aufwand für die gleichen Posten im vorhergehenden Jahre 1927
feststellen können, daß diese Posten stabil geworden
sind, daß ein weiterer Abbau dieses Rüstungsaufwandes
nicht zu verzeichnen und auch nicht zu erwarten sein wird, ja
wir können feststellen, daß sogar in einzelnen
Posten der Aufwand pro 1928, wenn auch nicht bedeutend, so doch
wieder größer geworden ist, d. h. daß der Abschluß
der Ausrüstung der èechoslovakischen Armee noch nicht
zu verzeichnen ist, sondern daß der Verteidigungsminister
die von mir angeführte Post von
161 Millionen, die reinen Ausrüstungszwecken dient, allein
als laufende Ausgabe wird zu verzeichnen haben. Zu diesen 161
Millionen Kè laufender Ausgaben nur für diese einzelnen
Ausrüstungsgegenstände der Armee kommt der sog. Rüstungsfond
d. h., der Minister kann nun für die Ergänzung der Bewaffnung
der Armee, für die Anschaffung der Munitions- und
Explosivstoffe allein den Betrag von 521,181.000 Kè ausgeben,
davon 360,000.000 Kè unkontrollierbar. Und wir finden außer
diesen Schlußziffern auch nirgends Details
über diese Augaben angeführt, über die einzig und
allein der Minister für nationale Verteidigung und der Finanzminister
orientiert sind. Diese Ausgaben erfolgen nun aber regelmäßig
neben dem Budget von 1.4 Milliarden. Wenn wir nun die Ziffern
der von mir angeführten Posten der Jahre 1927 und 1928 vergleichen,
können wir feststellen, daß auch eine Steigerung über
diese angeblich feststehenden Beträge möglich und wahrscheinlich
sein wird. Diesem kontrollosen Fond nun sollen die Einnahmen aus
dem Erlös für die verkauften alten Kasernen und sonstigen
militärischen Objekte zufließen. Wir müssen gegen
diese Art der Verwendung protestieren und zwar deshalb, weil sicher
anzunehmen ist, daß, wenn in den nächsten Jahren die
Militärverwaltung irgendwie aus strategischen Gründen
an der Grenze oder in der Nähe der Reichshauptstadt neue
Kasernen für notwendig erklären wird, diese neuen Kasernen,
aber auch die Vermehrung der anderen Rüstungsausgaben, in
den von mir angeführten Posten keineswegs aus dem Rüstungsfond
erfolgen dürften, sondern eben wahrscheinlich wiederum im
ordentlichen Voranschlag des Ministeriums für nationale Verteidigung
erscheinen werden. Wir müssen weiter feststellen, daß
diese kontrollosen Ausgaben und Zuwendungen an diesen Fond, wie
sie aus dem Erlös für die militärischen Objekte
entstehen, der Korruption Tür und Tor öffnen und den
Protektionismus ebenfalls in breitestem Ausmaße ermöglichen.
Und wir müssen aus diesem Grunde dieser Art der Verwendung
der Gelder aus Verkäufen militärischer Objekte mit dem
größten Mißtrauen begegnen. Wenn wir nicht nur
der kontrollosen Ausgabe, sondern auch der Art dieser Ausgaben
Mißtrauen entgegensetzten und dagegen Protest erheben, so
deshalb, weil wir feststellen können, daß bei all diesen
Ausgaben in den letzten Jahren immer wieder Korruptionsaffären
entstanden sind, weil immer und immer wieder festgestellt werden
konnte, daß diese unkontrollierten Ausgaben dazu verleiteten,
daß beamtete Funktionäre der Militärverwaltung
mit diesen Geldern nicht entsprechend gewissenhaft vorgegangen
sind. Wir haben solche Fälle genug zu verzeichnen, ich verweise
nur auf den Benzinskandal, der die Öffentlichkeit nicht nur
dadurch erregte, daß große Beträge für schlechtes
Benzin verausgabt wurden, sondern hauptsächlich, daß
bei der Fliegertruppe unserer Armee ungezählte Menschenleben
geopfert wurden und weil festgestellt wurde, daß gerade
das schlechte Benzin an einer ganzen Reihe von Unfällen der
Fliegertruppe Schuld gewesen ist. Wir haben weiter feststellen
können, daß von den amtlichen Organen bei den Einkäufen
nicht mit jener Gewissenhaftigkeit vorgegangen wurde und ebenfalls
nicht so einwandfrei gehandelt wurde, wie es notwendig war, weil
auch hier eine ganze Reihe schwerer Unfälle bei der Fliegertruppe
und der Verlust einer ganze Reihe von Menschenleben zu verzeichnen
waren, weil von Frankreich alte qualitativ und in der Type schlechte
Flugzeuge angekauft worden sind. Schon im Jahre 1926 haben wir
und hat unser Klubkollege Heeger von dieser Stelle aus
den Herrn Minister zur Verantwortung gezogen und von ihm verlangt,
daß er Rechenschaft über diese Ausgaben und über
die Art des Einkaufes der Materialien für die Fliegertruppe,
aber auch für die Munitionslager geben möge. Der Herr
Minister ist die Verantwortung schuldig geblieben. (Posl. Heeger:
Das macht er immer!) Sehr richtig. Wir sehen ja auch, wie
es bereits wiederholt angeführt wurde, daß der Herr
Minister heute trotz dieser wichtigen Frage hier fehlt. Wir müssen
weiter feststellen, daß gerade in diesem Punkte die Frage
des Sparens nicht entsprechend angewendet wird. Man spart zwar
bei den Beamtengehältern, man spart bei der sozialen Fürsorge,
man spart bei den kommunalen Verwaltungskörpern, aber man
spart nicht hier bei den Ausgaben der Militärverwaltung.
Wir stehen auf dem Standpunkte, daß, wenn schon die Militärverwaltung
über alte Objekte verfügt, die sie nicht mehr gebrauchen
kann, die vielleicht ihren modernen Anforderungen nicht mehr entsprechen,
daß dann die vereinnahmten Gelder, der Erlös für
den Verkauf dieser Objekte, nicht wieder militärischen Rüstungszwecken
zugeführt wird, sondern daß diese Beträge als
Bedeckung verwendet werden für die Durchführung der
angeblich infolge des Mangels an Bedeckung nicht durchzuführenden
sozialen Maßnahmen. Ich verweise darauf, daß gerade
die Sozialversicherung der über 60 Jahre Alten deshalb ausgeschaltet
wurde, weil man immer wieder erklärte, daß die Bedeckungsfrage
mit ein Hindernis sei. Wir haben bei anderen Fragen öfters
den Vorwurf hören können, daß wir soziale Einrichtungen
fordern, aber uns um die Bedeckungsfrage nicht kümmern. Hier
könnte aus dem Erlös eine ganze Reihe von Beträgen
ihre Verwendung finden zur Bedeckung der Ausgaben für soziale
Zwecke und es wäre vielleicht möglich, daß gerade
jetzt, wo die Frage der Behandlung der Novelle zur Sozialversicherung
vertagt werden soll, die "Osmièka" und die ihr
angeschlossenen Parteien sich damit beschäftigen könnten,
ob nicht die Novelle dahin gehend zu erweitern wäre, den
Erlös aus dem Verkauf der militärischen
Objekte zu verwenden, um das Gesetz auf die über die 60 Jahre
Alten zu erweitern und sie ebenfalls in den Genuß der Versicherung
einzubeziehen.
Bei der dritten Gruppe haben wir den Ankauf
von Liegenschaften auf der Letná. Es soll auf diesem Gelände
das kommende Parlamentsgebäude und eine Reihe von Zentralämtern
errichtet werden. Soweit wir aus dem Motivenbericht entnehmen
können, ist der Kaufpreis für dieses Gelände mit
40 Mill. veranschlagt worden und sollen die Gebühren und
sonstigen Ausgaben weitere 30 Mill. beanspruchen. Auch hier können
wir feststellen, daß die Art, wie die Frage des Ankaufs
dieses Geländes behandelt wurde, nicht einwandfrei ist, und
daß auch hier Protektionismus und Schiebungen möglich
sind. Wir wissen, daß das Projekt für ein neues Parlamentsgebäude
bereits im Jahre 1920 fertig war und wenn das Finanzministerium,
vorausschauend und in Kenntnis der Kosten, die aus dem Neubau
des Parlamentsgebäudes entstehen, gehandelt hätte, dann
hätte das Finanzministerium sich schon im Jahre 1920 bemühen
müssen, den auch damals für diesen Zweck schon zur Verfügung
stehenden Grund zu erwerben. Wir müssen fragen, warum das
Ministerium, abgesehen von einer eventuellen Beschlagnahme dieses
Grundes und Bodens doch zumindest den Kauf nicht rechtzeitig in
die Wege geleitet hat? Das Finanzministerium hat im Motivenbericht
den Umfang des Grundstückes, das angekauft werden soll, mit
34.000 Klaftern angegeben, das sind 3 1/2
ha, und der Preis pro Quadratklafter mit 1.200 Kè. Es ist
festgestellt, daß im Jahre 1920 der Preis
ungefähr 25% dieses jetzt festgesetzten Preises betragen
hat und daß man also vielleicht mit einem Kaufpreis von
10 Mill. Kè das gleiche Grundstück hätte erwerben
können. Es liegt hier der Verdacht nahe, daß seitens
des Ministeriums der rechtzeitige Ankauf dieses
Grundstückes nicht nur verabsäumt wurde, sondern daß
man vielleicht den Besitzern die Möglichkeit geben wollte,
zuzuwarten und das Grundstück zu verkaufen, bis mit Rücksicht
auf die Erweiterung der Stadt Prag und das Steigen der
Grundpreise die Eigentümer einen entsprechend höheren
Betrag dafür verlangen und erhalten können. Heute 40
Mill., vor 7 Jahren 10 Mill. Kè, das ist eine Differenz
von 30 Mill., die von Seite der Finanzverwaltung nicht ganz berechtigt
und auch nicht ganz einwandfrei verausgabt
wird. Dasselbe gilt natürlich auch bei den projektierten
Neubauten. Wir sind der Meinung, daß projektierte Neubauten
ausgeschrieben werden sollen, daß solche Unternehmungen
nicht durchgeführt werden dürfen, ohne daß die
breiteste Öffentlichkeit und vor allem auch das Parlament
über alle Details informiert ist und wenn wir hier unsere
Bedenken äußern, so haben wir, glaube ich, ein Recht
dazu. Ich mache hier aufmerksam und besonders den Herrn Finanzminister,
daß wir den Dingen die größte Aufmerksamkeit
widmen werden und daß vor allem, wenn wieder bei den Transaktionen
des Ministeriums für nationale Verteidigung später wieder
Skandale entstehen, wenn wieder festgestellt werden sollte, daß
nicht einwandfrei vorgegangen worden ist bei diesen Transaktionen,
wir den Herrn Minister mit der vollen Verantwortung belasten.
Wir machen ihn heute schon darauf aufmerksam und warnen ihn vor
der Art der Durchführung, wie sie in der Vorlage vorgesehen
ist. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda
dr Buday.)
Wir haben weiters bei diesem Teil der Vorlage
einen Antrag eingebracht, der dahingeht, daß wenn das neue
Parlamentsgebäude errichtet ist, dieses Gebäude, das
gegenwärtig der parlamentarischen Arbeit dient und dem Parlamente
zur Heimstätte geworden ist, wieder jenem Zwecke zurückgegeben
wird, dem es früher diente, d. h. daß es wieder eine
Kunststätte für die Bevölkerung Prags wird und
vor allem eine Kunststätte auch für die Deutschen Prags
und der weiteren Umgebung und wir werden diesen unseren Antrag,
den wir bereits im Ausschuß entsprechend begründet
haben, auch hier im Parlamente vorbringen. Wir ersuchen Sie, diesem
Antrage sowie auch den anderen Anträgen, die wir zur Vorlage
eingebracht haben, zuzustimmen. Wir werden für den Rückverweisungsantrag
unserer èechischen Genossen stimmen u. zw. aus den von
mir angeführten Gründen, weil wir der Annahme sind,
daß die Vorlage bei ihrer Durchführung alle die von
uns vorgebrachten Bedenken rechtfertigen wird. Ich erkläre
im Namen meines Klubs, daß wir dem
Rückverweisungsantrag der èechischen Fraktion zustimmen.
(Potlesk poslancù nìm. soc. dem. strany dìlnické.)