Ètvrtek 12. èervence 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 153. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 12. Èervence 1928.

Øeè posl. Matznera (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wie durch Zeitungsnachrichten bekannt sein dürfte, haben verheerende Unwetter in weiten Landstrichen in Böhmen, Mähren und Schlesien, teilweise bis zur vollen Gänze die Feldfrüchte vernichtet. Ich habe einen großen Teil dieser verwüsteten Gemeinden besucht und besichtigt. Was da an Not, Elend und Jammer zu sehen war, ist glatt unbeschreiblich. Es gibt Gemeinden, die so vollständig verhagelt wurden, daß man sich vergeblich müht, nur einen einzigen aufrechtstehenden, unbeschädigten Getreidehalm auf dem ganzen Gemeindegebiete, ja sogar in mehreren Gemeindegebieten, zu finden. Die Getreidefelder, die eine normale gute Ernte versprachen, liegen, von den Eisschlossen zertrümmert, wie Spreu und Überkehr auf dem Ackerboden. Eisstücke in der Schwere von 18 bis 23 dkg lagen wie aus einem Sack ausgeschüttet über Tausende von Hektar Feldfrüchten ausgebreitet da. Tiere, die sich im offenen Felde befanden, liegen von den niederprasselnden Eisstücken erschlagen am Boden. Menschen, die sich gerade am Felde befanden, während dieses entsetzliche Unwetter tobte, kamen schwer verletzt, blutüberströmt vom Felde heimwärts. Pferdegespanne liefen im wilden Galopp durch die Felder, die Lenker und Fahrer mit schweren Beschädigungen an ihren Gliedern zurücklassend. Verwüstungen, nichts als Verwüstungen, soweit das Auge reicht. Die Dächer der Häuser und Scheunen sind vollkommen zertrümmert, es gibt viele Dächer, wo nicht ein Schieferstein ganz geblieben ist. Dazu sind fast alle Fensterscheiben zertrümmert. Der Sachschaden ist bei vielen Landwirten an Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ein ungeheuerer, es wurden mir Summen genannt von 10.000 bis 30.000 Kè bei nur einem Wirtschaftsbesitze. Wenn man die Schäden sieht, die an den Feldfrüchten, an der gesamten Ernte angerichtet wurden, so drängt sich einem die Frage auf: Wie wird es nur möglich sein, den Fortbestand dieser Wirtschaftsbetriebe zu ermöglichen? Kein Futter für das Vieh, kein Streustroh zur Verfügung, Kartoffel- und Rübenfelder vollständig zerschlagen, so steht der arme Landwirt rat- und hilfslos da. Da wird es Sache der Regierung sein müssen, helfend einzugreifen, nicht aber so, wie es sonst häufig geschehen ist, wo die armen Bittsteller mit schönen Redensarten und Versprechungen abgespeist wurden - nein - hier muß ausgiebige Hilfe zuteil werden, der Elementarschadensfond wird nur recht kärgliche Mittel abgeben können, da die im ganzen Staatsgebiete verursachten Schäden viel höher sind als im ganzen Fond vorhanden ist. Da müssen außerordentliche Maßnahmen von der Regierung in die Wege geleitet werden. In erster Linie müssen die Steuerämter angewiesen werden, keinerlei Steuereintreibungen bei den betroffenen Steuerträgern vorzunehmen. Gänzliche Steuerbefreiung der Liegenschaften muß auf Jahre hinaus eintreten und durchgeführt werden. Die Futtermittel- und Strohbeschaffung muß großzügig durch die Speicher- und Lagerhausgenossenschaften durchgeführt werden. Saatgut zum Herbstanbau sowie zum kommenden Frühjahrsanbau muß sofort bereitgestellt werden, die Geldmittelbeschaffung ist von Staatswegen in der zuvorkommendsten Weise zu regeln und Geld auf lange Sicht unverzinslich zu geben. In vielen Gemeinden in Schlesien und Nordmähren wurden Leistungszuchtkontrollvereine erhalten zu dem Zwecke, die Viehzucht auf eine hohe Stufe der Zucht und Milchleistung zu bringen. Diese Kontrollvereine wurden zum großen Teile aus eigenen Mitteln erhalten. Nun droht nach diesen Unwetterschäden diesen Vereinigungen die Einstellung ihrer segensreichen Tätigkeit. Doch nicht nur dies allein wäre eine große Schädigung, sondern die schon leistungsfähig aufgezüchteten Tiere müssen infolge der eintretenden Futternot so schnell als nur möglich abverkauft werden. Ebenso muß die übermäßige Einfuhr von fremden Vieh - Ochsen, Kühe und Schweine - aus Polen, Rumänien und Ungarn, die heute in langen Eisenbahnzügen in Unmassen trotz des Viehschutzzolles ins Èechoslovakische Gebiet gelangen, um die hier üblichen Viehpreise herunterzudrücken, sogleich eingedämmt werden. Es wurde mir mitgeteilt, daß die augenblickliche Not der schwer heimgesuchten Landgemeinden von gewissenlosen Händlern benützt wird, die ohnehin niedrigen Viehpreise immer tiefer herabzudrücken, um für ihre Taschen einen ungeheueren Gewinn zu erzielen. Die Vieh- und Fleischpreise beim Einkauf stehen derzeit ohnehin in keinem gerechten Verhältnis zum Verkaufspreise des Fleisches. Die Folge des noch stärkeren Sinkens des Lebendviehpreises wird die sein, daß die Kaufkraft der Bauernschaft unter Null sinken wird, wodurch Industrie, Handel und Gewerbe, die Beamten und die Arbeiterschaft gleichfalls schwer betroffen werden. Bedenken Sie alle, die Sie nicht der Landwirtschaft angehören, daß eine arme kaufschwache Landwirtschaft das Entstehen tausender Bettlerfamilien zur Folge hat. Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen, die frucht- und ährenspendende Landwirtschaft, die Fleisch und milchspendende Viehzucht ist und bleibt die einzige Ernährerin des Volkes in allen Staaten. Ein einziges Notjahr in der Landwirtschaft ist imstande, den Wohlstand eines Landes auf Jahre zurückzuwerfen, ja zu vernichten.

Ich gestatte mir, einen Antrag zu stellen, um dessen gänzliche Annahme ich bitte. Der Antrag lautet: "In Anbetracht der heurigen mißlichen Futterverhältnisse, in Berücksichtigung der schweren Schädigung weiter Gebietsteile der Landwirtschaft, hervorgerufen durch Unwetter, Eis und Hagelschlag, ist die Einfuhr von fremden Vieh jeglicher Art aus dem Auslande sofort einzustellen und darf erst wieder im Inlande bei geregeltem Viehverkaufe gestattet werden." Wenn das Abgeordnetenhaus und die Regierung diese Maßnahmen trifft, wird viel Unheil abgewendet werden, die landwirtschaftliche Lebensmittel verbrauchende Bevölkerung wird durch diese Maßnahme keinen Schaden erleiden.

Der Regierung dieses Staates wird es gewiß nicht schwer fallen, im Zeichen des Jubeljahres einige Millionen zur Linderung der vom Unwetter schwer betroffenen Landwirtschaft als Unterstützung zu geben. Es werden ja zu den Jubiläumsfeierlichkeiten viele viele Millionen von Kronen für Feste und Jubel ausgegeben werden. Recht und billig erscheint es daher, in diesem Jahre aller jener zu gedenken, die durch viele Versprechungen und Vertröstungen schon die ganzen Jahre über immer hingehalten wurden. Zur Feststellung einiger Tatsachen muß ich heute auch noch auf eine Angelegenheit zurückkommen, die sich bei der Beratung der Zollfrage zugetragen hat. Vor zwei Tagen hielt der Abg. Böhm vom Bund der Landwirte hier im Hause eine Rede, in der er mit hochtönenden Worten die Gewichtszölle für Vieh sowie auch die Flachszölle für die Landwirtschaft forderte. Als ich seinerzeit bei der Beratung des landwirtschaftlichen Zollschutzes meine Bedenken über die schleuderhaften Gesetzestexte zum Ausdruck brachte und eine Reihe von Verbesserungsanträgen der Partei des Bundes der Landwirte vorlegte... (Posl. Windirsch: Wo sind denn die Herren von Ihrem Klub?) Das ist ganz gleichgültig, wo sie sind! Wo sind denn Ihre Herren? (Posl. Windirsch: Die sind alle hier!) Sie haben ja fein gezählt! Als ich also eine Reihe von Verbesserungsanträgen der Partei des Bundes der Landwirte, d. h. dem Herrn Abg. Prof. Spina, dem jetzigen Arbeitsminister, dem Herrn Abg. Zierhut, derzeitigen Vizepräsidenten des Hauses und Herrn Abg. Dr. Hanreich mit dem Ersuchen vorlegte, mir diese Anträge zu unterschreiben, da ich zur ordnungsgemäßen Einbringung im Hause 21 Unterschriften benötige, mir aber noch 11 Unterschriften fehlten - da nahm Herr Abg. Prof. Spina diese Anträge von mir in seine Hand, sah sie durch und gab sie mir mit folgenden Worten zurück: "Herr Kollege, wir werden diese Anträge nicht unterschreiben".

Unter diesen den Herren des Bundes der Landwirte vorgelegten Anträgen war damals auch der Antrag auf Erstellung eines entsprechenden Flachsschutzzolles, der von der flachsbaubetreibenden Bevölkerung des Bärn-Römerstädter Bezirkes bei einer großen Bauerntagung gefordert worden war. Trotzdem verweigerten mir die maßgebenden Herren des Bundes der Landwirte ihre Unterschriften. Ist jene Behandlung, die mir mit meinen Zollanträgen vom Bund der Landwirte zuteil wurde, bauernfreundlich zu nennen? Als große Genugtuung empfinde ich es heute, daß die von mir vor genau 2 Jahren vorgelegten Forderungen heute von bündlerischer Seite in offener Parlamentsrede gefordert werden. Wie es sich mit dem Flachszoll verhält, genau so forderte die deutsche Nationalpartei schon vor 2 Jahren, daß der Stückzoll für Vieh in Gewichtszoll umgewandelt werde. Es wurde vom Bund der Landwirte abgelehnt. Heute verkündet der Abg. Böhm in wichtigtuerischer Weise die schon vor 2 Jahren von meiner Partei geforderten Gewichtszölle als unerläßlich. O Ironie des Schicksals! Kübelweise schüttete zwei Jahre lang die ganze bündlerische Parteipresse und deren Abgeordnete, Senatoren und Sekretäre Unrat über mich und die deutsche Nationalpartei und bezeichnete meine und meiner Partei Anträge für die Bauernschaft als demagogenhaft, und heute müssen alle diese Schimpfer und Schreier zugeben, daß wir recht haben, denn sie machen nun dasselbe, was wir schon lange wollten. Inzwischen hat allerdings die Bauernschaft schweren Schaden erlitten. Eine größere Genugtuung konnten die Herren Bündlerabgeordneten mir und meiner Partei nicht antun, als daß sie nun die Forderung nach Flachsschutzzoll und Viehgewichtszoll erheben. Doch alle die mir zugeschleuderten Grobheiten, Unwahrheiten und anderes mehr seien Euch verziehen, Ihr reuigen Sünder, die Ihr nun Euren Fehler einseht.

Eine ungemein wichtige Forderung der Landwirtschaft wird es neuerdings werden, daß der Kunstdünger zollfrei aus Deutschland eingeführt werden darf, denn durch die gewaltig umsichgreifende Streu- und Futternot wird der Bauer gezwungen werden, viel Kunstdünger zu kaufen, um die Felder wieder ertragsfähig zu machen. (Posl. Windirsch: Kalisalze werden ja zollfrei hereingelassen!) Das wissen wir. Aber was ist's mit der Thomasschlacke usw.? Hoffentlich findet sich in Bündlerkreisen auch hiefür ein neuer Anwalt, der diese Forderung jetzt erhebt und damit wieder zugibt, daß der vor zwei Jahren von mir eingebrachte Antrag auf zollfreie Einführung von Kunstdünger ganz gerechtfertigt war.

Als Regierungspartei haben es ja die Herren Bündler in der Hand, die übergroße Not in der Landwirtschaft zu lindern. (Posl. Schweichhart: Sie sind das fünfte Rad am Wagen!) Ja, das sind sie. Wenn Sie wollen, bin ich gerne bereit, auch weiterhin bauernfreundliche, aber nicht regierungsfreundliche Anregungen zu geben und Vorschläge zu machen. Offizielle Anträge lege ich Ihnen heute nicht vor, weil ich weiß, daß Sie mir jetzt genau so wie vor zwei Jahren die nötigen Unterschriften verweigern würden. Sie werden noch viele heilsame Lehren und bittere Erfahrungen mit Ihrer Regierungspolitik machen müssen, bis Sie in die Reihen der deutschen Brüder zurückfinden werden.

Zum Schlusse wiederhole ich: Aufgabe dieser Regierung ist es, augenblicklich die Grenzen für Vieheinfuhr zu sperren, die Einfuhr fremden Vieh's und Fleisches so lange zu untersagen, bis die heimischen Notabverkäufe durchgeführt sind und sich wieder ein Bedarf an Zufuhr von fremdem Vieh bemerkbar macht. Diese Forderung ist für die Landwirtschaft eine dringliche, die auch der übrigen Bevölkerung nicht schadet und ist daher durchaus berechtigt. Die deutsche Nationalpartei, die immer für die berechtigten Forderungen der Landwirtschaft eingetreten ist, fordert daher alle Parteien des Hauses, die von der Wichtigkeit und Notwendigkeit eines gesunden und wirtschaftlich kräftigen Bauernstandes als der Grundlage jedes Gemeinwesens und Volkes überzeugt sind, auf für diese Forderung einzutreten. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Krebse (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Mit dem Regierungsantrag Druck Nr. 1603 soll der Finanzminister im Einvernehmen mit dem Ministerium für nationale Verteidigung ermächtigt werden, eine große Reihe militärischer Objekte in Prag, Preßburg, Komorn, Eger, Jung-Bunzlau, Königgrätz, Olmütz, Kaschau und in anderen Städten zu veräußern, und der Ertrag dieser zu veräußernden Militärobjekte soll für den Fonds für sachliche Bedürfnisse der Nationalverteidigung, also für den Rüstungsfonds, der mit dem Gesetz vom 17. Dezember 1926, Z. 240, eingerichtet worden ist, gewidmet werden. Der Herr Referent hat heute in seinen Ausführungen dargelegt, daß es notwendig sei, eine Reihe dieser Objekte zu veräußern, weil sie für militärische Zwecke unbrauchbar geworden seien, und er hat darauf hingewiesen, daß der Ertrag von der Finanzverwaltung wieder zu neuen Militär-Bauten verwenden werden wird, daß also ein Fonds geschaffen wird, der auf der einen Seite seinen Überschuß 1n den Rüstungsfonds direkt fließen läßt, andererseits Vorschüsse für die Errichtung neuer militärischer Objekte gegeben werden. Uns kommt vor, und es ist nicht nur ein Gefühl, sondern es ist eine Tatsache, daß auf diese Art und Weise neue, große Millionenbeträge, die der Heeresverwaltung zugeführt werden sollen, verschleiert werden. Es handelt sich hier wirklich nicht um Kleinigkeiten. Wer die Objekte in Prag, oder die in Komorn, Olmütz oder Königgrätz kennt, und insbesondere jene in Prag - ich erinnere hier nur an die Kaserne des Georg von Podìbrad - weiß, daß das Objekte sind, die heute einen in die vielen Millionen gehenden Wert aufweisen und die bei der Assanierung der Stadt Prag sicherlich zu Phantasiepreisen an zubringen sind. Es wäre auch nichts dagegen einzuwenden, wenn diese Transaktionen gemacht werden würden und wenn diese Fonde vom Finanzministerium verwaltet würden, wenn sie nützlichen öffentlichen Zwecken zugeführt würden. Wir verwahren uns aber auf das Entschiedenste, daß diese Mittel neuerdings in verschleierter Form wieder Militärzwecken zur Verfügung gestellt werden, weil es klar ist, daß aus dem Ertrag eines so hochwertigen Objektes wie es z. B. die Podìbrad-Kaserne ist, wahrscheinlich zwei bis drei Kasernen werden gebaut werden können. Der Ertrag des Grundes und Bodens allein wird einen solchen Betrag abwerfen, daß eine gewaltige Summe für neue Kasernbauten zur Verfügung steht. Meine Herren, der Rüstungsfond hat uns ja schon im vorgegangenen Jahre im Budgetausschuß und auch im Hause beschäftigt. Der Rüstungsfond beträgt gegenwärtig 315 Mill. jährlich und ist vorläufig auf 11 Jahre festgelegt. Niemand erfährt heute schon und wird es in Zukunft erfahren, wie er verwendet wird. Die Ziffern, die uns das Oberste Rechnungskontrollamt zur Verfügung stellt, sind nichts anderes als Endziffern, kein Mensch hat eine Ahnung zu welchem Zwecke in Wirklichkeit diese Beträge ausgelegt werden. Der Rüstungsfond hatte zwei Aufgaben zu erfüllen. Und erfüllt sie auch jetzt und wird sie auch wieder mit diesen Summen zu erfüllen haben. Erstens die alljährliche Budgetsumme, die früher 1.730 Mill. betragen hat, scheinbar auf 1.400 Mill. zu ermäßigen und daher scheinbar eine Herabsetzung der Rüstungsausgaben anzuzeigen, zweitens die Militär-Ausgaben der parlamentarischen Kontrolle vollständig zu entziehen. Es ist immer wieder notwendig, auf diese Verschleierung der Heereserfordernisse hinzuweisen. Wir haben gegenwärtig im Budget wohl nur 1.400 Mill. - nur sage ich dazu kommen noch 350 Mill. aus dem Rüstungsfond, 26 Mill. die die Gebäudeverwaltung erfordert, die das Ministerium für öffentliche Arbeiten in seinem Budget stehen hat, 166 Mill. an Pensionen an Militärgagisten und endlich der Betrag der immer wieder vergessen wird, der militärische Anteil an der Staatsschuldverzinsung, die in dem letzten Jahrzehnt für die Militärverwaltung gemacht werden mußten, und der gering gerechnet mit einem Betrag von 300 Mill. anzusetzen ist. Wir haben in Wirklichkeit nicht 1.400 Mill. sondern 2.207 Mill. tatsächliche Heeresbedürfnisse und wir werden sie jetzt durch diese Zuwendungen aus dem Titel der Veräußerungen der militärischen Immobilien weiter erhöhen. So schaut also in Wirklichkeit das Bedürfnis der Staatsverwaltung auf dem Gebiete des Militärwesens aus.

Es ist tatsächlich mehr als ein Viertel sämtlicher Steuereinnahmen, die für die Militärverwaltung aufgewendet werden müssen. Ich höre den Herrn Minister des Äußeren von Zeit zu Zeit sein Lieblingslied, das Lied von der Abrüstung, auf den verschiedenen Konferenzen oder Zusammenkünften singen. Wie diese Abrüstung ausschaut, haben wir schon bei der Budget-Beratung, beim Kapitel Militärverwaltung gesehen. Auf Seite 131 unter den "Aufklärungen" im Kap. 5 des Ministeriums für nationale Verteidigung findet sich wörtlich folgender Passus: "Die Erhöhung einiger bleibender Posten entsteht dadurch, daß die durchschnittliche Mannschaftsanzahl bei der Gesetzesdurchführung, mit welchem der Friedensstand des èechoslovakischen Heeres ab 1. Oktober 1927, Z. 52/1927 Slg. d. G. u. V., und des Gesetzes über das jährliche Rekrutenkontingent, der Ersatzreserve und einiger Änderung des Wehrgesetzes, Z. 53/1927 Slg. d. G. u. V., um 6804 Mann größer ist, als im Jahre 1927 und daß auf die Dauer von 12 Wochen 8.000 Ersatz reservisten der militärischen Ausbildung obliegen werden, daß die Zahl der "Längerdienenden" etwa um 1000 auf 6000 steigen wird, weiters daß es um 35 Eleven, welche nicht in den Stand der militärischen Präsenzdienstzahl eingerechnet sind, mehr sein werden, als im vergangenen Jahre. Endlich steigen einzelne Posten deshalb, weil das Jahr 1928 ein Übergangsjahr ist." Wir werden das ganz genau kontrollieren können beim nächsten Staatsvoranschlag, der uns wohl in einigen Wochen vorliegen wird, ob tatsächlich das Jahr 1928 ein Übergangsjahr war oder ob es in Wirklichkeit neue Belastungen gebracht hat.

Aber, meine Herren, daß diese Abrüstung nicht nur materiell nicht durchgeführt wird, sondern auch geistig weder vorbereitet noch durchgeführt wird, das bezeugt uns eine ganze Reihe von anderen Äußerungen. Ich verweise da insbesondere auf die Rede des Ministers für nationale Verteidigung, der dieses Haus so respektiert, daß er bei einer Vorlage, die auch ihn sehr interessieren müßte, nicht einmal anwesend ist, die er in Taus gehalten hat. Damals sagte er ausdrücklich: "Selbst die stärksten Führer hätten mit einem Volke, das nicht vorbereitet ist, das große Befreiungswerk nicht vollenden können. So wird es auch in Hinkunft sein. Der Feind schläft auch heute nicht. Wir haben unseren Staat, aber unsere geographische Lage hat sieh nicht geändert. Und diese Tatsache zeigt uns, was wir weiter zu tun haben. Unter einem gemeinsamen Banner wurden wir niemals geschlagen - möge dies in Zukunft auch so sein."

Aus dieser Äußerung ist insbesondere interessant die Tatsache, daß die militärische Lage, die geographische Lage dieses Staates sich nicht geändert hat. Ich glaube, daß selbst der Herr Minister für nationale Verteidigung Udržal nicht der Meinung sein wird, daß sich diese geographische Lage in den nächsten Jahrhunderten irgendwie ändern kann, insoferne, als es unmöglich sein wird, daß jemals die Grenzen dieses Staates mit den Grenzen seiner militärischen Verbündeten zusammenfließen werden. Das wird wohl nicht einmal der Herr Minister Udržal glauben, aber wir haben aus dieser Situation gerade von seiner Seite und von der Seite, die er repräsentiert, die also die hohe Militärkaste in diesem Staate darstellt, ein Bild bekommen, das geradezu erschreckend ist, wenn wir es nicht nur auf diesen Staat, sondern auf ganz Europa ausdehnen. Vor mir liegt eine Statistik, die von der Reichszentrale für Heimatdienst in Berlin ausgearbeitet ist und uns nachweist, welche Militärstände gegenwärtig in Europa zu verzeichnen sind. Frankreich kann auf einen Raum von 10 km heute 69.122 bewaffnete Männer aufstellen, Belgien 38.401, Polen 11.181 und selbst die verhältnismäßig kleine Èechoslovakei 8.506, während Deutschland demgegenüber, also einer Gesamtziffer von ungefähr 120.000 Mann nur 243 Mann aufzustellen in der Lage ist. An Geschützen können die genannten Staaten auf einen Raum von 10 km aufstellen: Frankreich 51, Belgien 48, Polen 9, Èechoslovakei 7, während Deutschland kein einziges Geschütz größeren Kalibers aufmarschieren lassen kann. An Maschinengewehren Frankreich 576, Belgien 262, Polen 54, Èechoslovakei 50, Deutschland 2, an Kampfflugzeugen Frankreich 36, Belgien 25, Polen 5, Èechoslovakei 3, Deutschland 0, an Kampfwagen Frankreich 41, Belgien 14, Polen 1, Èechoslovakei 4, Deutschland 0. Meine Herren, wohin soll dieser Rüstungswahnsinn überhaupt führen und gegen wen wird denn gerüstet? Die Èechoslovakei hätte am allerwenigsten Ursache, ihre Rüstungen offenkundig in diesen Konzern einzuspannen, sie, die nach den Worten des Herrn Minister für Nationalverteidigung Udržal ihre geographische Lage nicht ändern kann, die tatsächlich zu nahezu zwei Dritteln ihres Gesamtumfanges eine deutsche Staatsgrenze besitzt, die also auch dieser Tatsache Rechnung tragen müßte. Aber es ist ja nicht nur die Staatsgrenze, die hier in Frage kommt. Haben wir nicht auch noch andere Bindungen, wirtschaftliche Bindungen, die aus der geographischen und geopolitischen Lage entspringen? Die èechoslovakische Staatspolitik kann aber aus ihren Kreislauf nicht heraus und hier setzt der große Fehler ein, der auch bei den deutschen Regierungsparteien zu verzeichnen ist. Sie haben insbesondere in der Außenpolitik dieses Staates vollkommen versagt, gerade sie, deren Staatstreue heute doch wirklich auch èechische Parlamentarier nicht mehr irgendwie in Frage stellen können, die die schwersten Belastungsproben bestanden haben. Sie hätten die Aufgabe gehabt, ein offenes und ehrliches Wort in der außenpolitischen Orientierung dieses Staates zu sagen und damit diesen Staat von dem beklemmenden Rüstungswahnsinn und Rüstungsfieber zu befreien, die die Steuerträger, die sie immer wieder in den Vordergrund bei jeder sozialpolitischen Gesetzgebung schieben, Milliarden und abermals Milliarden kosten. Sie hätten damit vielleicht nicht nur unserem Volke, sondern wahrscheinlich auch der ganzen europäischen Lage einen unschätzbaren Dienst leisten können. Jawohl, Minister Prof. Dr. Spina hat einmal in einer Rede in Herrnskretschen gesagt: "Wir schielen nicht nach Deutschland, wir schauen frei und offen hinüber." Aber den tapferen und mutigen Worten hat die politische Tat gefehlt. Sie hätten die Herstellung einer starken Verbindungsbrücke zwischen dem Reich und diesem Staate sein müssen. Die ganze geographische und geopolitische Lage, die ganze Wirtschaft, die mehr als zur Hälfte von der Entwicklung Deutschlands und des österreichischen Nachbarstaates abhängig ist, die ganze zukünftige Entwicklung dieses Landes weist auf eine Verbindung und Annäherung zur großen deutschen mitteleuropäischen Wirtschaft hin. Wenn die Regierungsparteien sich zu einem außenpolitischen Faktor, der nicht zu umgehen gewesen wäre, gemacht hätten, wenn ihre wohlbegründeten Vorschläge, welche die ganze mitteleuropäische Welt. ja darüber hinaus, die ganze europäische Welt geradezu erwartete und die von den Staaten Mitteleuropas allein eingeleitet werden kann, wenn sie sie eingeleitet hätten, dann hätten sie sich ein gewaltiges Verdienst für den Frieden dieses Erdteils erringen können. Dann erst wäre aber auch ihre innerpolitische Bedeutung gestiegen. In diesem Augenblick wäre es ohne gewaltiges Aufsehen in der ganzen politischen Welt gar nicht möglich gewesen, daß die deutschen Parteien aus der Regierung hätten entfernt werden können. Eine solche auf die Befriedung der europäischen Lage gerichtete Politik hätte sie zu einem gewaltigen innerpolitischen und außenpolitischen Faktor erheben können. Sie haben auf diesem Gebiete vollständig versagt und vergessen, daß auch Dr Kramáø. als er einer Regierungspartei in Österreich angehörte, ruhig das Wort vom überspielten Klavier des Zweibundes gebraucht hat und seine politische Konzeption in den Vordergrund der politischen Erörterung gestellt hat. Sie haben weder den Mut gehabt, innerpolitisch und nationalpolitisch das zu leisten, was Sie versprochen haben und was von Ihnen erwartet werden konnte, noch haben Sie die glänzende außenpolitische Situation. da jetzt infolge der vollständigen Vereinsamung der Èechoslovakei geradezu sie zur Hauptachse Ihrer gesamten Politik hätte werden können, benützt. So muß natürlich der Staat die Politik weiter machen, die ursprünglich bei seiner Geburt inauguriert wurde. Die Regierungsparteien haben ihn nicht befreit von der Zwangsläufigkeit und so ist er weiter gezwungen, eine Rüstungs- und Militärpolitik zu machen, ist weiter gezwungen, bei jeder kleinsten Vorlage zu berücksichtigen, daß die militärische Ausgestaltung dieses Staates noch immer weiter und weiter umsichgreift, daß neue Mittel, die für volkswirtschaftlich notwendige Belange verwendet werden könnten, wieder in den Rachen des Militärs geworfen werden. Es handelt sich ja nicht um 20 oder 30 Millionen, die hier in diesem Gesetzchen beschlossen werden. Es sind hunderte Millionen. Wenn diese zur Fürsorge für unsere Arbeiterwohnungen, für die soziale Fürsorge verwendet würden, für unsere Kriegsverletzten oder zur Verbesserung und Intensivierung unserer Landwirtschaft - auch das wäre notwendig - dann könnten sie vor die Öffentlichkeit hintreten. (Posl. L. Wenzel: Wie schaut es jetzt noch nach der Hochwasserkatastrophe aus?) Jawohl, auch heute ist noch nichts geschehen, trotzdem ein Jahr vorübergegangen ist. Nach außen sehen wir diesen Staat als kriegsgerüsteten Staat vor uns, der gerade seinen Nachbaren gegenüber ein Waffenlager darstellt, wie es in Europa auf einem so kleinen Raum noch nicht der Fall war, im Innern ist er weiterhin èechisch zentralistisch wie bisher. Nichts haben die deutschen Regierungsparteien an diesen Dingen in Wahrheit ändern können und sie haben daher nicht nur unserem Volke gegenüber ihre Aufgabe nicht gelöst, sondern ich behaupte auch diesem Staate gegenüber, denn dieser Staat müßte und hätte aus seiner Vereinsamung und aus seiner jetzigen katastrophalen politischen Lage befreit werden müssen. Das aber, meine Herren, werden Sie und nicht wir vor der Geschichte zu verantworten haben. Für uns muß es nur der Anlaß sein, die Vorlage in ihrer jetzigen Form abzulehnen. Wir werden daher für jene Anträge stimmen, die darauf hinausgehen, die Regierungsvorlage abzulehnen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)


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