Ich habe von Deutschland gesprochen, die Schwierigkeiten
besprochen, die dem Abschluß eines Handelsvertrages entgegenstehen.
Was sind das für Schwierigkeiten? Malz, Gerste, Hopfen, das
sind die Hauptpunkte, die die Schwierigkeiten bereiten. Wir haben
Schnitt- und Rundholz, gleichfalls eine Frage, die für uns
von Bedeutung ist; die Ausfuhr von Schnitt- und Rundholz ist eine
ganz außerordentliche. Die Staaten wünschen oder bemühen
sich soviel wie möglich, Rohprodukte hereinzubekommen, und
so will Deutschland heute Rundholz einführen und die Veredelung
des Produktes im eigenen Lande vornehmen, es will seine Arbeitslosen
beschäftigen. Aber auch wir haben ein Interesse, daß
unsere Holzindustrie, die in ihren Sägewerken Tausende von
Arbeitern beschäftigt, gleichfalls arbeite und Verdienst
habe. Wir haben ferner Schwierigkeiten in der Maschinenindustrie,
in der chemischen Industrie. Weil wir eine chemische Fabrik haben,
die in 12 Artikeln besonders leistungsfähig ist, wird der
Abschluß des Handelsvertrages mit Deutschland hinsichtlich
aller chemischen Produkte erschwert. Ebenfalls von außerordentlicher
Bedeutung bei den Verhandlungen ist die Frage der Markprioritäten,
weil sie mitberührt wird. Wir haben die Aufwertung der Spargelder,
die Verordnung zum Schutz des Arbeitsmarktes, die dem Gesetze
eigentlich widerspricht und die wieder bei den Verhandlungen Schwierigkeiten
bereiten wird, weil wir uns nicht absperren können. Wir haben
Zölle vom Brutto- und nicht vom Nettogewicht. Es ist geradezu
lächerlich, wenn wir Zölle für Seide einheben,
diese Zölle aber nicht vom reinen Produkt eingehoben werden,
sondern wenn die Verpackung mitberechnet, wenn der Karton, in
dem die Seide ist, zum Gewicht zugerechnet wird, also der Zoll
vom Bruttogewicht entrichtet werden soll. Wir haben bei der Frage
der optischen Erzeugnisse Differenzen bis zu 33%, die nach dem
neuen Zollvertrag entstehen sollen. Wir haben Schwierigkeiten
mit den Musikinstrumenten, wo auch die Etuis mitgewogen werden
und die Verzollung nach dem Gewichte erfolgt. Also lauter Schikanen,
könnte man eigentlich sagen, die nicht geeignet sind, unser
Ansehen im Auslande besonders zu heben, die von einer außerordentlichen
Kleinlichkeit zeugen und zeigen, daß unsere Handelsvertragsverhandlungen
nicht in dem Geiste geführt werden, in dem sie geführt
werden sollten, wenn wir in der Welt Freundschaft finden wollen.
Es fehlen uns 40.000 Waggons Getreide. Wir
brauchen sie, wir müssen sie einführen, und wenn wir
aus dem Auslande soviel einführen, dann ist die Frage, ob
es wirklich so von außerordentlichen Interesse für
den Staat ist, daß wir diese Produkte mit hohen Agrarzöllen
belasten.
Ich möchte noch auf Rußland zu sprechen
kommen. Auch dort laufen die Verhandlungen seit Jahren, kommen
aber nicht vom Fleck, weil die De-jure-Anerkennung des Sowjetstaates
am Widerstand der Nationaldemokraten scheitert. Nun hat man in
der letzten Zeit irgendeine Konvention - keinen Handelsvertrag
- mit Meistbegünstigung, Durchfuhrerleichterungen, geschlossen,
eine Zollkonvention, ein genaues Ein- und Ausfuhrkontingent, und
als Kompensation hat man den Russen die Konsularkonvention konzediert.
So zeigen sich, wenn wir herumblicken, Schwierigkeiten
auf Schwierigkeiten mit allen Staaten, mit denen wir Handelsverträge
abschließen wollen. Unser Minister des Äußern
hat sich eine zeitlang bemüht, zu Ungarn in ein freundschaftliches
Verhältnis zu kommen. Die englische Agitation wegen des Vertrages
von Trianon hat diese Anknüpfung wieder vollständig
zerstört. Es ist von den Sympathien nichts übriggeblieben,
wir haben aber auch nichts beigetragen, um diese Sympathien auszubauen
und zu erweitern. Unser Außenministers war vor einigen Wochen
- es war zum erstenmale - in Berlin und hat auch dort versucht,
persönliche Beziehungen anzuknüpfen. Wir wissen nicht,
was war, aber ich stelle mir vor, daß auch die Frage des
Handelsvertrages einen Gegenstand der Erörterung gebildet
hat. Aber das Resultat steht noch aus. Und wenn sich die Herren
in Bukarest bemüht haben, Österreich wieder klar zu
machen, daß es an den Anschluß nicht denken dürfe,
dann waren diese Worte weniger nach Österreich und Wien gerichtet,
als vielmehr nach Berlin. Wenn Sie aber glauben, daß Sie
damit den Weg für die Handelsvertragsverhandlungen bahnen,
daß Sie durch eine solche Methode dazu kommen werden, unsere
Handelsbeziehungen mit dem Auslande zu verbessern und unsere Exportfähigkeit
zu steigern, dann befinden Sie sich auf einem Irrwege.
Es bleibt auch für uns nur ein Weg übrig:
Brechen Sie mit dem Protektionismus, der in allen Nachfolgestaaten
geübt wird, in hervorragender Weise auch bei uns,
suchen Sie endlich einmal den natürlichen Weg zu beschreiten,
Handelsbeziehungen mit der Welt anzubahnen, insbesondere mit unseren
Nach baren, die befähigt sind, tatsächlich unsere Waren
importieren zu können. Damit helfen Sie wirklich den Völkern,
die diesen Staat bewohnen, dadurch schaffen Sie Arbeit und Verdienst
und geben die Möglichkeit, daß sich der Staat entwickle
und seine Aufgabe erfülle. (Souhlas a potlesk
poslancù nìm. strany soc. demokratické.)
Hohes Haus! Einem Gebot der Not und der Zeit
gehorchend, sieht sich der Klub der Abgeordneten und Senatoren
des Bundes der Landwirte gezwungen, die Regierung auf die schwere
wirtschaftliche Lage der Landwirte aufmerksam zu machen und die
Forderung nach Abhilfe zu stellen. Das Verlangen der Landwirtschaft
nach ausreichendem Schutz vor der Überflutung des heimischen
Viehmarktes durch ausländisches Vieh wird immer dringender,
zumal tatsächlich eine teilweise Vernichtung der Heuernte
infolge Hochwassers eine allgemeine Verringerung derselben zur
Folge hat und weil mit Rücksicht des kalten, das Wachstum
behindernden Frühjahres Futtermangel bereits eingetreten
ist. Das Ausbleiben ausgiebiger Niederschläge seit mehr als
3 Wochen in weiten Gebieten zieht bereits katastrophale Aukwirkungen
nach sich, da die täglich sengenden Sonnenstrahlen die Herbstfütterung
arg bedrohen. Viele Landwirte und Kleinbauern sind gezwungen,
die Viehstände zu reduzieren, da dieselben als über
normal bezeichnet werden müssen und der Absatz in einzelnen
Gebieten seit fast einem Jahre stockt. Die Verschuldung der Landwirtschaft
greift immer mehr und mehr um sich und es ist bezeichnend, daß
in einem westböhmischen Gerichtsbezirke mit 14.000 Einwohnern,
7914 ha Ackerboden, 4226 ha Dauerwiesen, 1771 ha Weiden und 6011
ha Wäldern die Verschuldung der Landwirtschaft 25 Mill. Kronen
beträgt. Die Verarmung der Bauern und des Kleinbauernstandes
schreitet täglich vorwärts, die Maß nahmen müssen
in allerkürzester Zeit getroffen werden, um die schwierige
Lage, welche die Existenz der Landwirtschaft bedroht, zu beheben.
An 22. Juni wurde das Gesetz über die landwirtschaftlichen
Zölle im Parlamente beschlossen. Bei der Beschlußfassung
ging man vor allem von dem Grundsatz aus, die Vorkriegszölle
zu erneuern und dadurch der landwirtschaftlichen Produktion des
Inlandes einen entsprechenden Schutz zu bieten. Die Vorkriegszölle
für tierische Produkte hatten die Stückzölle zur
Grundlage und so wurde auch im Juni 1926 trotz Warnung von Fachmännern
der Stückzoll für tierische Produkte in den Zolltarif
aufgenommen. Es wurde jedoch seinerzeit schon das Übereinkommen
getroffen, daß, falls sich die Stückzölle als
unzureichend erweisen sollten, die Umwandlung in Gewichtszölle
zum gegebenen Zeitpunkte vorgenommen wird. Die Stückzölle
erfüllen nur bei ganz leichtem Jungvieh ihren Zweck, während
bei schwerem Schlachtvieh überhaupt der Stückzoll nicht
in die Wagschale fällt. Die Krise der Landwirtschaft
in der Èechoslovakischen Republik, unter Berücksichtigung
der gegenwärtigen Verhältnisse, ergibt nun diesen Zeitpunkt,
welcher eine Reform der Viehzölle dringend fordert. Bei voller
Würdigung der Beschlüsse der Genfer Weltwirtschaftskonferenz
ist die Abänderung der Zölle für tierische Produkte
keinesfalls eine Hinwegsetzung über die Beschlüsse dieser
Konferenz, weil die Erhöhung der bisherigen Zollsätze
für tierische Produkte unvermeindlich ist, da die Zolltarifnovelle
vom 22. Juli 1926 in ganz unzureichender Weise diese Frage geregelt
hat. Die Landwirtschaft leidet seit längerer Zeit, welche
bis auf 1 1/2
Jahre zurückreicht, an einer Absatz- und Preiskrise des Viehes,
weil der Markt von ausländischen Viehimporten beherrscht
wird. Durch die ungeheure angewachsene Einfuhr von ausländischen
Schweinen, namentlich aus Polen, ist die einheimische Schweineproduktion
in Verfall geraten, was ein großer volkswirtschaftlicher
Nachteil ist. Ein ausreichender Schutz für den Bereich der
Tierproduktion ist für die Zukunft eine Existenzfrage der
Landwirtschaft, weshalb eine Erhöhung der Zollsätze
auch gegenüber den Beschlüssen der Genfer Weltwirtschaftskonferenz
gerechtfertigt werden kann und die Senkung der Zolltarife international
geregelt werden muß. Mit der beantragten Höhe der Zölle
wird das Ziel verfolgt, den wirtschaftlichen Kräften der
Landwirtschaft zu einer besseren Entwicklung zu helfen. Der Wettbewerb
der ausländischen Staaten, die unter viel günstigeren
Verhältnissen Viehzucht betreiben können, verhindert
es aber, daß sich die Viehproduktion des einheimischen Landwirtes
zu einer halbwegs genügenden Rentabilität entwickelt.
Die Landwirtschaftskrise in Deutschland hat es mit sich gebracht,
daß auf Grund von verschiedenen Verlautbarungen, neuerlich
Maßnahmen ergriffen werden sollen, welche die Landwirtschaft
dieses Staatsgebietes in ihrer Existenz als Viehzüchter ernstlich
bedrohen. Man trägt sich in Deutschland mit dem Gedanken,
daß Einfuhrscheinsystem für Schweine, Fleisch und Schinken
einzuführen. Noch ist uns erinnerlich, welch schwere Folgen
die Einfuhrscheine auf Getreide und Mahlprodukte, welche Deutschland
im Jahre 1925 eingeführt hatte, der Landwirtschaft dieses
Staates gebracht haben. Der Exporteur Deutschlands soll eine Prämie
von 1.28 Kè pro ein kg oder 98.40 Kè für ein
Stück Schwein im Gewichte von 80 kg erhalten. Unser gegenwärtiger
Viehzoll beträgt pro Stück Schlachtschwein 60 Kè,
so daß der Exporteur Deutschlands noch immer 38.40 Kè
per 1 Stück verdient, wenn er den gesamten
Zoll auf sich nehmen müßte. Deutschlands Schweinestand
ist auf 23 Mill. Stück gegenüber 22 1/2
Mill. Stück der Vorkriegszeit gestiegen, obzwar Deutschland
beabsichtigt, in erster Linie den englischen Markt zu beliefern
und zu gewinnen, so ist trotzdem das geplante Einfuhrscheinsystem
als Ausfluß der Landwirtschaftskrise in Deutschland eine
Gefahr für die Viehzucht im èechoslovakischen Staatsgebiete.
Wir wollen mit der Landwirtschaft des Deutschen Reiches ein freundschaftliches
Zusammenleben pflegen, müssen jedoch
ausdrücklich betonen, daß die Èechoslovakei
als ausgiebiges Absatzgebiet keinesfalls in Frage kommen kann,
wenn nicht die einheimische Landwirtschaft und namentlich die
deutsche, die zum Großteil auf Viehzucht angewiesen ist,
zugrunde gehen soll. Am schwersten leidet
Schaden die Viehzucht treibende Landwirtschaft des Inlands durch
die übermäßige polnische Einfuhr, die nur durch
die geheime Klausel im èechisch-polnischen Handelsvertrage,
die dem Parlamente nicht zur Genehmigung vorgelegt wurde und
im Texte des verlautbarten Gesetzes nicht erscheint, möglich
ist. Dadurch hält sich Polen bisher nachweisbar keineswegs
an das im Handelsvertrage festgesetzte Kontingent, sondern überschreitet
dasselbe in beträchtlichem Ausmaße. Hier endlich entsprechende
Maßnahmen zu ergreifen, ist hoch an der Zeit und die Gerüchte,
daß die polnische Grenze für die Vieheinfuhr offen
bleiben soll, beunruhigt die deutsche Landwirtschaft dieses Staates
in sehr hohem Maße. Der Klub der Abgeordneten und Senatoren
des Bundes der Landwirte beantragt daher mit Rücksicht auf
die geschilderten Verhältnisse die Reform der Viehzölle
durch folgende Maßnahmen:
1. Erhöhung des Schutzzolles durch Umwandlung
des Stückzolles in Gewichtszoll laut gestellter Anträge
für die Erlassung eines neuen definitiven Zolltarifes.
Meine Herren! Während wir in der
Èechoslovakei gegenwärtig einen Stückzoll eingeführt
haben, finden wir in allen übrigen Staaten den Gewichtszoll
und deshalb verlangen auch wir Gewichtszoll und zwar für
alle Rindvieharten einen allgemeinen Zoll von 150 Kè pro
100 kg Lebendgewicht und einen Minimalzoll
von 120 Kè, für Schweine 150 Kè allgemeinen
Zoll und 110 Kè Minimalzoll, für Fleisch, 100 kg,
frisch, 350 Kè allgemeiner Zoll und 240 Kè Minimalzoll,
zubereitet für 100 kg 500 Kè allgemeinen und 320 Kè
Minimalzoll usw. Wir fordern weiters die Zollfreiheit
für Zuchttiere zur Veredelung der Zucht, jedoch mit einer
ganz bestimmten Beschränkung. Dabei ist zu beachten, daß
eine Kontingentierung der Einfuhr festgelegt wird, sowie eine
30%ige Spannung zwischen allgemeinem und Minimalzoll bestimmt
wird. Ein noch zu bestimmendes Kontingent soll bei Rindern wie
auch bei Schweinen um 25% niedrigere Zollsätze erhalten,
als die vorgeschlagenen Minimalsätze vorsehen, und es wurde
dabei der Gedanke verfolgt, daß die Exportindustrie der
Èechoslovakei in erster Linie mit ihren
Erzeugnissen auch die benachbarten Agrarstaaten aufzusuchen gezwungen
ist, welche ihrerseits wiederum eine Begünstigung für
die Einfuhr ihrer wichtigsten Erzeugnisse, vor allem auch von
Vieh und Schweinen, erwarten. Die Begünstigungen können
aber nur soweit gehen, als sie nicht die Existenz der eigenen
Tierproduktion gefährden und einem tatsächlich bestehenden
Bedürfnis entsprechen. Die doppelten Zollsätze und zwar
allgemeine Sätze und Minimalsätze, die durch Handelsverträge
nicht unterschritten werden dürfen, weisen eine Spannung
bis zu 30% auf, damit zu Gunsten der einheimischen Exportindustrie
Kompensationsobjekte bei Abschluß von Handelsverträgen
zur Verfügung stehen.
Zur Begründung führen wir an: Die Èechoslovakische
Republik hat die niedrigsten Zölle in Mitteleuropa auf tierische
Produkte. Die èechoslovakischen Zölle für Vieh
sind derzeit pro Stück folgende: Ochsen 360 Kè, Stiere
240 Kè, Kühe 210 Kè, Jungvieh 126 Kè,
Kälber 40 Kè, Schweine von 50 bis 80 kg 60 Kè,
von über 120 kg 110 Kè.
Und nun die Zölle anderer Staaten. Diese betragen bei Schlachtvieh
in Deutschland pro 100 kg 144 Kè allgemeinen und 128 Kè
Minimalzoll. Ungarn hat pro 100 kg einen Zoll von 105 Kè,
Österreich hat ebenfalls einen Zoll von 105 Kè, Südslavien
hat einen Zoll von 660 Kè pro Stück, die Schweiz einen
solchen von 520 Kè pro Stück, Rumänien einen
solchen von 630 Kè pro Stück. Die Zölle für
Schweine betragen u. zw. für Ungarn pro 100 kg autonom 154
Kè, für Deutschland pro 100 kg 144 Kè und einen
Minimalzoll von 128 Kè. In Südslavien bei Schweinen
bis zu 100 kg der autonome Zoll 264 Kè, der Minimalzoll
198 Kè und bei Schweinen über 100 kg 462 Kè
mit einem Minimalzoll von 330 Kè. Aus dieser Zusammenstellung
ist zu ersehen, daß die meisten Nachbarstaaten
für Schlachtvieh Gewichtszölle eingeführt haben
und es ist absolut kein Anlaß vorhanden, daß wegen
der Umwandlung des Stückzolles in Gewichtszoll für tierische
Produkte Schwierigkeiten bei Abschlüssen von Handelsverträgen
zu entstehen brauchen, wie Koll. Dietl anzuführen
sich bemüßigt fühlte.
Die Èechoslovakei hat das Recht, in dieser Frage mit den
übrigen Ländern gleichen Schritt zu halten. Jede Ungleichheit
in derlei Belangen kann der Volkswirtschaft als übergeordnetem
Faktor zum Verhängnis werden. Angesichts solcher Tatsachen
klingt es kaum glaublich, daß
auf der letzten Tagung der èechoslovakischen Industriellen
ein maßgebender Sprecher, der im internen Betriebe der Staatspolitik
und der Staatswirtschaft steht, sich zu der Behauptung versteigen
konnte, daß die berechtigten Forderungen der um
die Existenz ringenden Landwirtschaft ein Hindernis für die
Abschlüsse von Handelsverträgen mit Südslavien
und Deutschland bilden. Man kann sich aber diesen unbegründeten
Vorwurf erklären, wenn man die weiteren Ausführungen
verfolgt, wo der Betreffende sagt: "Wie überhaupt die
Agrarier keinen Handelsvertrag mehr dulden, der auf ihre Kosten
gemacht wird". Ein wertvolles Geständnis, das besagt,
daß alle früheren Handelsverträge auf Kosten der
Landwirtschaft abgeschlossen worden sind. Und weil wir das nicht
mehr ertragen, weil wir uns gegen diese einseitige Wirtschaftspolitik
wehren, deshalb der unberechtigte Vorwurf. Wir können trotz
alledem mit allen unseren Nachbarn in Freundschaft leben, weil
wir nur das fordern, was die Not gebietet und was die Nachbarstaaten
schon seit Jahren auf dem Gebiete des Schutzes der tierischen
Produktion haben.
2. Der Viehstand im Inlande selbst hat seit
dem Jahre 1920 eine Zunahme von über 15% erfahren. Die stetig
zunehmende Einfuhr gefährdet die Existenz der Viehzüchter
in der Èechoslovakei ernstlich, was durch nachstehende
Zahlen belegt werden kann. Im Jahre 1926 wurden für 605 Millionen
Kè tierische Produkte eingeführt. Im Jahre 1927 betrug
die Einfuhr 725 Millionen und nach der Einfuhr der ersten drei
Monate im Jahre 1928 zu schließen,
dürften in diesem Jahre für 900 Millionen Kè
tierische Produkte eingeführt werden. Im ersten Vierteljahr
des Jahres 1927 wurden für 119 Millionen Kè, im ersten
Vierteljahr des Jahres 1928 für 213 Millionen Kè,
also um 94 Millionen Kè mehr an tierischen
Produkten in die Èechoslovakische Republik eingeführt.
Die Einfuhrziffern wurden auch von sozialdemokratischer und sozialistischer
Seite keinesfalls bestritten, sondern sogar in ihrer Presse bestätigt.
Es war dies der neueingetretene Abgeordnete Klapka,
der im "Èeské Slovo" unter Hinweis auf
die Unmöglichkeit der Grünen Internationale diese Zahlen
festgelegt hat und ich bediene mich lieber der Argumente des Andersdenkenden
als der eigenen, weil geglaubt werden könnte, daß wir
in dieser Hinsicht kein objektives Urteil abgeben
wollen. Das internationale Agrarbüro hat die Aufgabe, die
Differenzen der Landwirtschaft der verschiedenen Staaten zu bereinigen,
namentlich in Zollfragen. Am Prager Schweinemarkte vom 2. Juli
wurden 97 inländische und 5859 ausländische Schweine
verkauft (Hört! Hört!), darunter 4608
polnische Schweine. Im Juli 1927 kostete ein Kilogramm Schlachtgewicht
bei Schweinen 16 Kè, gegenwärtig in den größten
Industriezentren 12 Kè, in den landwirtschaftlichen Gebieten
10 Kè, so daß jetzt der Bauer und Kleinbauer für
ein Schwein 320 bis 450 Kè weniger
bekommt als im Vorjahre, was einen großen Verlust für
die Landwirtschaft bedeutet. Die Steuern und Löhne sind gegenüber
dem Vorjahre dieselben geblieben; ja das Umsatzsteuerpauschal
wurde ohne Begründung erhöht. Die Naturalbewertung
für die Bemessung der Krankenkassenbeiträge bei der
immer unerträglicher werdenden Lage der Landwirtschaft sucht
man zu erhöhen.
Nun zur Aufhebung des administrativen Bewilligungsverfahrens
als handelspolitische Maßnahme. Als Übergang von der
fast vollständigen Unterbindung des internationalen Warenverkehrs
in der Kriegszeit und zur Wiederherstellung des Anschlusses an
den Weltverkehr war die Einschaltung des allgemeinen Bewilligungsverfahrens
notwendig. Gegenwärtig, wo der Anschluß an den Weltverkehr
erfolgt ist, stellt es sich als eine überflüssige handelspolitische
Maßnahme dar. Trotz Bewilligungsverfahrens führt Polen
eine vielfach höhere Anzahl von Schweinen ein, als das im
Handelsvertrag festgesetzte Kontingent beträgt. Es wird die
Kontingentierung der Schweineeinfuhr Polen gegenüber auf
das nachdrücklichste gefordert.
Der Stillstand der seit mehr als zwei Jahren
ins Stocken geratenen Verhandlungen mit Deutschland wegen eines
Veterinärabkommens bedeutet eine völlige Grenzsperre
in den Grenzgebieten.
Nun bezüglich der Erhöhung der Umsatzsteuer
für eingeführte tierische Produkte. In den Bestimmungen
des Gesetzes über die Umsatzsteuer ist ausdrücklich
festgelegt, daß die heimische Produktion nicht höher
mit Steuern belastet werden soll, wie die eingeführte Ware.
Für tierische Produkte verlangt die Finanzverwaltung für
eingeführte Ware ein Prozent, während bei einigermaßen
Umsatz für die heimische Ware oft 3% gezahlt werden müssen.
Deutschösterreich verlangt für eingeführte Ware
5 bis 6%. Wir verlangen die Erhöhung der Umsatzsteuer auf
eingeführte Ware und die Beseitigung derselben im Inlande.
Weiters verlangen wir die Tarifermäßigungen bei Schlachtviehtransporten
in einzelnen Gebieten des Inlandes. Es wurden in verschiedenen
Teilen des èechoslovakischen Staatsgebietes,
so z. B. in Aussig, Schlachtviehhöfe geschaffen und die Anlieferung
von Vieh aus weiter Entfernung wird durch die hohen Frachtsätze
erschwert. Die Herabsetzung der Frachtsätze auf eine bestimmte
Entfernung und für ein begrenztes Gebiet ist daher notwendig,
weil durch die herabgesetzten Frachtsätze die Anlieferung
von Vieh für Produzenten und Konsumenten durch annehmbare
Preise von Vorteil ist. Nicht unterlassen werden kann der Hinweis
auf die außerordentlich großen Schwankungen bei den
Vieh- und Fleischpreisen. Wir sehen diese großen Schwankungen
bis zum Ende des Jahres 1922, im Feber 1923 nähern sich die
Vieh- und Fleischpreise am weitesten, die Spanne beträgt
63%, allerdings nur wenige Tage. Von da an entfernen sich die
beiden Kurven immer weiter von einander. Die Spanne zwischen Vieh-
und Fleischpreisen betrug: im Jahre 1921 100%, im Jahre 1922 91%,
im Jahre 1923 113%, im Jahre 1924 117%, im Jahre 1925 115%, im
Jahre 1926 148%, im Jahre 1927 198% und im Jahre 1928 214%. Eine
Erhöhung des Fleischpreises ist selbst bei einer Steigerung
des Viehpreises keinesfalls gerechtfertigt, eine Lebensmittelpreiserhöhung
ist nicht zu befürchten. Der Vieheinfuhr müssen unbedingt
in kürzester Zeit Schranken gesetzt werden und die schwierige
Lage, die sich in der Landwirtschaft zu einer wahren Katastrophe
auszuwirken droht, muß durch rasches Handeln behoben werden.
Der Staat muß ein Interesse daran haben, daß er mit
seinen Lebensmitteln vom Auslande unabhängig ist und daß
er nicht wichtige Zweige der Landwirtschaft mit aller Macht weiter
in die Verschuldung treibt, die ganze Volkswirtschaft, deren wichtigster
Bestandteil die Landwirtschaft ist, würde sonst auf das schwerste
geschädigt werden. Die Forderung nach Einführung eines
Gewichtszolles für Vieh und nach einer Verminderung der Einfuhr
tierischer Produkte ist in vollem Maße berechtigt und muß
erfüllt werden, ehe es zu spät ist. Wir verlangen deshalb
die sofortige Einleitung von Verhandlungen zum Schutze der tierischen
Produktion.
Eine schon seit Jahrzehnten mit allem Nachdruck
verfochtene, aber bisher nicht berücksichtigte Forderung
unserer Landwirtschaft ist die nach Einführung eines angemessenen
Flachszolles. Der Flachs war schon seit jeher das Stief- und Sorgenskind
unter den landwirtschaftlichen Handelsgewächsen und infolge
der Behandlung der Flachszollfrage wie bisher ist die Anbaufläche
von Jahr zu Jahr zurückgegangen. Im Jahre 1900 betrug in
Böhmen, Mähren und Schlesien die Anbaufläche 42.000,
gegenwärtig nur mehr nicht ganz 22.000 ha. Diese Anbaufläche
genügt selbstverständlich nicht, um der Textilindustrie
den Flachsbedarf zu decken und es sind im Vorjahre für 250
Millionen Kè aus dem Auslande eingeführt worden. Es
ist eine unerläßliche Voraussetzung, daß der
Anbau von Flachs, mit dessen Rentabilitätsverlust
viele unserer Gebirgsgemeinden ihre einzige Geldquelle verloren
haben und damit zu ständigen Notstandsgebieten geworden sind,
bei uns wieder zu jener volkswirtschaftlichen Bedeutung gelangt,
die ihm nach den gegebenen natürlichen Verhältnissen
gebührt. Der Anbau von Flachs kann in den Ländern
der jetzigen Èechoslovakei nur dann die ehemalige volkswirtschaftliche
Bedeutung erlangen, wenn ihm durch Einführung eines angemessenen
Flachszolles sowie durch Bevorzugung jener Industrieunternehmungen,
die heimischen Flachs verarbeiten, bei öffentlichen
Lieferungen eine stetig aufsteigende Entwicklung ermöglicht
wird. Es ist sehr interessant festzustellen, daß unverkaufter
inländischer Flachs ins Ausland befördert, bei der nächsten
Bahnstation umkartiert wird und wieder als ausländisches
Produkt ins Inland zurückgelangt. Eine zielbewußte
erfolgversprechende Förderung des heimischen Flachsbaues
liegt unzweifelhaft auch im Interesse der èechoslovakischen
Leinenindustrie, da Rußland die Ausfuhr von Flachs immer
mehr und mehr einschränkt. Wir verlangen
deshalb auf ausländischen Roh- und Brechflachs ehebaldigst
dem Schutzbedürfnis des heimischen Flachsbaues voll Rechnung
tragende Einfuhrzölle. Für staatliche Lieferungen, sowie
für Lieferungen an die Länder und sonstigen öffentlichen
Selbstverwaltungsverbände im Sinne der Regierungsverordnung
vom 17. Dezember 1920, S. d. G. u. V. Nr. 667, ist der Ursprungsnachweis
für Leinenwaren in dem Sinne einzuführen, daß
bei der Vergebung von derartigen öffentlichen Lieferungen
nur solche Webereien berücksichtigt werden dürfen, welche
nachweisbar entsprechend große Mengen Flachsgarne aus im
Einvernehmen mit den Interessentenvertretungen des heimischen
Flachsbaues amtlich bestimmten Spinnereien beziehen.